Der Tafsir von
Teil 15
Von Surach 17
„Die Nachtreise“ – Surach 18 „Die Höhle“ Ajach 74
Einführung zu
der Surach „Die Nachtreise“
Wenn wir einen Rückblick auf die bisher erläuterten
Lehren im Qur’an werfen, finden wir, dass in den ersten sieben Surachs ein
Überblick über die frühe geistige Geschichte des Menschen bis hin zu der
neuentstandenen Gemeinschaft des Islam skizziert wurde. Die Surachs 8 bis 16
bildeten eine weitere Serie, die sich mit der Ausformung und Erhaltung der
neuen Gemeinschaft befasst sowie mit Allahs Handeln mit den Menschen, die als
Gemeinschaft verstanden und im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Beziehungen und
organisierten Gruppen betrachtet werden (vergleiche auch die Einführung zu den
Surachs 8; 10 und 16). Hier beginnt nun eine neue Serie (Surachs 17-29), die in
drei Teile geteilt werden kann. Die Surachs 17-21 beginnen mit einem Hinweis
auf die Himmelsreise des Propheten, Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, von der weiter unten noch ausführlich die Rede sein soll, und gehen weiter
zu der geistigen Geschichte mit Schwerpunkt auf dem Einzelmenschen anstelle der
Nationen. Die Geschichten aus vergangenen Zeiten und von den früheren Propheten
werden hier unter diesem Gesichtspunkt beleuchtet. Die Surachs 22-25 beziehen
sich auf Pilgerfahrt, ’Ibadach und Gebet, Keuschheit, Privatsphäre und so
weiter mit Bezug auf das geistige Wachstum des Einzelmenschen. Die Surachs
26-29 kehren thematisch wieder zu den Geschichten der Vergangenheit und
früherer Propheten zurück und veranschaulichen das Wachstum des Einzelnen in
seiner Beziehung zu den Gemeinschaften und die Reaktion der Gemeinschaften auf
die Lebensführung ihrer großen Persönlichkeiten.
Nun wollen wir aber Surach 17 für sich selbst
betrachten. Sie beginnt mit der mystischen Vision der Himmelsreise des
Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,:
er wurde eines Nachts von der Heiligen Moschee (von Mekka) zur Fernsten Moschee
(in Quds) gebracht und durfte einige Wunderzeichen Allahs sehen. Die meisten
Kommentatoren verstehen diese Nachtreise wörtlich, sprechen aber auch von
anderen Anlässen, wo eine geistige Reise oder Vision geschah. Selbst wenn
angenommen wird, dass die Reise leiblich stattgefunden hat, wird zugegeben,
dass der Körper in fast geistige Feinheit verwandelt wurde. In den Hadisen
finden wir Einzelheiten dieser Reise, deren Studium es uns ermöglicht, ihre
mystische Bedeutung zu erfassen. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, wurde zunächst zum Schauplatz früherer Offenbarungen nach
Jerusalem gebracht und dann durch die sieben Himmel bis zum erhabenen Thron
geführt und in die geistigen Mysterien der Menschenseele eingeweiht, die in
Raum und Zeit ihren Kampf bestehen muss. Professor Miguel Asin von der
Universität Madrid hat gezeigt, dass diese Miraadsch-Literatur einen großen
Einfluss auf die europäische Literatur des Mittelalters ausgeübt hat, besonders
auf Dantes Divina Comedia.
Die Bezugnahme auf diese große mystische Geschichte
der Miraadsch (der Himmelsreise) ist eine passende Einleitung für die Reise der
Menschenseele in ihrem geistigen Wachstum im Leben. Bei einem solchen Wachstum
muss der erste Schritt durch moralisches Verhalten geschehen - die Achtung der
gegenseitigen Rechte von Eltern und Kindern, Güte gegenüber unseren
Mitmenschen, Mut und Festigkeit im Augenblick der Gefahr, das Bewusstsein
persönlicher Verantwortung und der Anwesenheit Allahs durch Gebet und
Lobpreisung.
Die Miraadsch soll in der 27. Nacht des Monats
Radschab (nach anderen Überlieferungen beispielsweise auch am 17.
Rabi-Al-Auwal) im Jahr vor der Hidschra stattgefunden haben. Dies gibt einen
Anhaltspunkt, den Zeitpunkt der Offenbarung des Anfangsverses zu bestimmen,
obwohl Teile dieser Surach auch früher offenbart worden sein können.
Einführung:
Dies ist eine der mekkanischen Surachs, die ihre
Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Aqidach richten, hier der Artikel der
Einigkeit Allahs und der Auferstehung. Doch ihr herausragendster Teil ist der
Persönlichkeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
gewidmet, den Wundern und schlagenden Beweisen, die auf seine Wahrhaftigkeit
hindeuten. (Safwat Al-Tafaasrr)
Die Surach beinhaltet verschiedene Themen. Die
meisten von ihnen widmen sich den Artikeln der Aqidach, andere den Verhaltensregeln
des Einzelnen und der Gemeinschaft. Wieder andere enthalten Erzählungen über
die Kinder Israels, die mit der Al-Aqsa Moschee, dem Ziel der nächtlichen Reise
zusammenhängen. (Qutb)
Zusammenfassung:
Die geistigen Erfahrungen der prophetischen
Persönlichkeiten werden ausgeführt, damit Allahs Zeichen den Menschen
verdeutlicht werden können: der Mensch wird zum Bösen verführt und muss zu
einem Gefühl persönlicher Verantwortung geleitet werden. (Ajachs 1-22)
Dass wir Allah dienen, zeigt sich auch in unseren
zwischenmenschlichen Beziehungen, in Güte gegenüber Eltern, Verwandten und
Fremden, die sich in Not befinden, Freundlichkeit gegenüber Kindern, Reinheit
der sexuellen Beziehungen, Gerechtigkeit und Achtung vor Menschenleben, Schutz
der Waisen, Ehrlichkeit in allem Handeln und Vermeidung von Hochmut. (Ajachs
23-40)
Hochmut verursachte den Fall von Iblis, aber die
Kinder Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurden über andere Geschöpfe
erhöht. Sie werden für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen. Das Gebet zur
bestimmten Zeit und in der Nacht ist gut für den Menschen, und der Qur’an
bietet sich als Heilmittel und Barmherzigkeit an. (Ajachs 61-84)
Offenbarung (des Qur’an) ist ein Zeichen der Gnade
Allahs, und die Menschen sollten sie ohne Ausflüchte aufnehmen. Seid demütig in
Gebet und Lobpreisung. (Ajachs 85-111)
Die Nachtreise
Im Namen
Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.
1. Gepriesen sei Der, Der Seinen Diener1
des Nachts2 von der Heiligen Moschee zur fernen Moschee3
reisen ließ, deren Umgebung Wir gesegnet haben4, um ihm einige
Unserer Zeichen zu zeigen.6 Wahrlich, Er ist der Allhörende, der
Allsehende.7
1. Nämlich den Propheten Muhammad - Friede
sei mit ihm. (Darjabadi)
Im Zusammenhang mit dieser Erhebung, die keinem
anderen Menschen zuteil wurde, wird mit Nachdruck auf die Stellung des Prophet
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hingewiesen, nämlich als Diener
Allahs. Diese Bezeichnung darf nicht vergessen werden, um ihm nicht einen Hauch
von Göttlichkeit beizumessen, wie es in der christlichen Lehre in Bezug auf
Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde. (Qutb)
2. Das Wort “Lailan“ (in einer Nacht) wurde
zusätzlich hinzugefügt, um das Wunderbare an dieser Reise zu betonen, die in
einer einzigen Nacht stattfand. (Darjabadi)
Normalerweise dauerte diese Reise vierzig Nächte.
(Safwat Al-Tafaasir)
3. Masdschid ist ein Ort des Gebetes. Hier
bezieht sich der Ausdruck auf die Kaba in Mekka. Sie war noch nicht von den
Götzen gereinigt und ihrer Bestimmung als Gebetshaus für den einzigen Gott
zurückgegeben worden. Dies war symbolisch für die neue Botschaft, die der
Menschheit übermittelt wurde. (Juusuf `Allii)
„Die ferne Moschee“ muss sich auf das Grundstück
des Tempels von Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Quds auf dem
Berg Mora beziehen, in dessen Nähe sich der Felsendom befindet, der auch
`Umar-Moschee genannt wird. Diese und die als ferne Moschee bekannte Moschee
(Al-Masdschid Al-Aqsa) wurden im Jahre 68 nach der Hidschra von Amir 'Abdul-Malik
vollendet. Ferne Moschee deswegen, weil sie der am weitesten westlich gelegene
Gebetsort war, den die Araber zur Zeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, kannten. Sowohl für Juden als auch für Christen war es
eine heilige Stätte. Die Regierungsgewalt über dieser Gegend lag jedoch in der
Hand der Christen, denn sie war ein Teil des byzantinischen Reiches, das auch
den Patriarchen von Quds unterhielt. Folgendes sind die wichtigsten Daten in
Verbindung mit dem Tempel: Er wurde um 1004 v. Isa, Allahs Segen und Frieden
auf ihm von fertig gestellt; von den Babyloniern unter Nebukadnezar um 586 v.
Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zerstört; um 515 v. Isa, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, unter Esra und Nehemia wieder aufgebaut; um 167 v. Isa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, von einem der Nachfolger Alexanders in einen
kafir Götzentempel verwandelt; zwischen 17 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf
ihm. und 29 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Herodes restauriert
und schließlich 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Kaiser Titus
völlig dem Erdboden gleichgemacht. Diese Wechselfälle gehören zu den
bedeutendsten Zeichen der Geschichte des Islams. (Juusuf `Allii)
4. Sowohl im materiellen als auch im
geistigen Sinne. (Darjabadi)
Das Grundstück des alten Tempels Suleymaans, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, symbolisiert hier die lange Reihe der israelitischen
Propheten, die dem letzten Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
vorausging. Darauf spielt die Wendung: „deren Umgebung Wir gesegnet haben"
an. Die Nebeneinanderstellung dieser beiden heiligen Stätten soll zeigen, dass
der Qur’an nicht eine „neuen" Islam proklamiert, sondern eine Fortsetzung
und Weiterentwicklung derselben Botschaft Allahs ist, die von den Propheten in
alter Zeit verkündet wurde. (Asad)
5. Das Wort „“Israa“ bedeutet „Reise bei
Nacht", enthält also in sich schon die Zeitangabe. (Qutb)
Dies bezieht sich auf die Miraadsch (Himmelsreise
des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vergleiche auch die
Einleitung zu dieser Surach. (Juusuf `Allii)
Diese nächtliche Reise von der Heiligen Moschee zur
fernen Moschee stellt eine Verbindung zwischen den großen monotheistischen
Diins von Ibrahiim und Ismail bis hin zu Muhammad - Friede sei mit ihnen allen
- her sowie auch zwischen den heiligen Stätten aller monotheistischen Diins, so
als ob mit dieser wundersamen Reise für den letzten Propheten, Allahs Segen und
frieden auf ihm, das Erbe der Heiligen Stätte der früheren Propheten proklamiert
würde. So schließt sich der Kreis der Botschaften Allahs zu einer Einheit.
Allahs Botschaft ist unabhängig von Raum und Zeit. (Qutb)
6. Diese Nachtreise ist eins der Zeichen
Allahs, die die Herzen für die wunderbaren Horizonte dieses Daseins öffnet und
die verborgenen Möglichkeiten in der Natur des Menschen enthüllt. Denn der
Mensch ist auf vielerlei Weise vor anderen Geschöpfen ausgezeichnet, und in ihn
hat Allah diese feinen Geheimnisse hineingelegt. (Qutb)
In diesem Ajach wird nur ein Teil der Reise
erwähnt, nämlich der von Mekka nach Quds. Als Zielsetzung wird hier genannt,
dass Allah Seinem Gesandten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einige
Seiner Zeichen zeigen wollte. Weitere Einzelheiten erwähnt der Qur’an nicht.
Nach Berichten in den Hadisen wurde der Prophet Muchammed, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, nächst nach Quds geführt, wo er in Gemeinschaft mit den
anderen Propheten das Bebet verrichtete. Dann wurde er in höhere Sphären
gebracht, wo er jeweils einige der größten Propheten traf, bis er schließlich
den höchsten Ort des Himmels erreichte und Allah selbst gegenüberstand. Unter
anderen wichtigen Aufträgen wurde ihm hier auch das tägliche fünfmalige Gebet
geboten. Während dieser Reise wurden ihm Paradies und Hölle gezeigt. Die
mekkanischen Götzendiener verspotteten seinen Bericht von dieser Reise, und
selbst einige Muslime waren skeptisch. Über diese Reise bestehen
unterschiedliche Meinungen. Einige sagen, sie haben im Traum stattgefunden,
andere wieder sind der Ansicht, der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden
auf ihm, völlig wach gewesen und habe diese Reise mit seinem physischen Körper
angetreten, während wieder andere der Meinung sind, es habe sich um eine
mystische Vision gehandelt. Auf den Einwand, warum Allah Seinen Dienern eine
solche Reise machen ließ, um ihm Seine Zeichen zu zeigen, wo Er doch nicht an
einen Ort gebunden, sondern allumfassend ist, muss darauf hingewiesen werden,
dass Er, wenn Er sich Seinen Geschöpfen verständlich machen will, deren
beschränkte Ausdrucksweise berücksichtigt. Ein Geschöpf kann nicht zur gleichen
Zeit das ganze Universum übersehen, wie es Allah kann. Es muss daher an einen
Ort gebracht werden, wo Seine Manifestationen für sein Wahrnehmungsvermögen
konzentriert sind. Viele Zeichen, die dem Propheten Muchammad, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, gezeigt wurden, waren Symbole, beispielsweise für Lohn und
Strafe im zukünftigen Leben. Alle Propheten waren ihrem Rang entsprechend in
der Lage, ähnliche Zeichen Allahs zu sehen. (Maududi)
7. Allahs Wissen umfasst alle Dinge, ohne
jedes Hindernis wie Raum oder Zeit. Deswegen kann Er alles hören und sehen. Die
Himmelsreise war eine Reflektion solchen Wissens außerhalb von Raum und Zeit.
(Juusuf `Allii)
Niemand hat Anteil an diesen Eigenschaften in ihrem
absoluten Sinne. (Darjabadi)
2. Und Wir haben Muusa das Buch gegeben8
und es zur Rechtleitung für die Kinder Israels gemacht:9 „Nehmt
niemanden anstelle von Mir10 zum Sachwalter!"11
8. Der folgende Abschnitt aus der Geschichte
der Kinder Israels wird im Qur’an nur an dieser Stelle erwähnt. Er beinhaltet
das Ende der Kinder Israels, zu dem sie gelangt sind, und die Ablösung ihrer
Macht. Zunächst wird auf das Buch des Propheten Muusa, Allahs Segen und Frieden
auf ihm, - die Thora hingewiesen, und die darin enthaltene Ermahnung und die
Erinnerung an ihren Urvater Nuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Diese
Ermahnung und diese Erinnerung sind eine Bestätigung dessen, was Allah in
dieser Surach versprach, dass Er kein Volk bestraft, bis Er ihnen einen
Propheten geschickt hat, der sie ermahnt und erinnert. (Qutb)
Das Buch: nämlich die Offenbarung, die Muusa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhielt. Es wurde eindeutig festgelegt, dass
Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Anhänger Allah als über allem stehend
anerkennen sollten: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst
dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im
Himmel, noch von dem, was unten auf der Erde, noch von dem, was im Wasser unter
der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht..." (Exodus 20:3-6).
In der Tat ging der Geist der Lehre Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
weiter. Sie stellte alle Dinge Allahs Fürsorge anheim; auf keinen anderen soll
der Mensch vertrauen. Dies ist Islam, und die Himmelsreise des Propheten
Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, darauf hinweisen, dass es seit
alters her Allahs Lehre war. Dennoch wurde sie gerade von denen verletzt, die
dafür hätten verantwortlich sein sollen. (Juusuf `Allii)
9. Da dieser Ajach allem Anschein nach keine
Verbindung zum vorigen hat, könnte der oberflächliche Leser hier einen Bruch
vermuten. Wir müssen die Sache aber im Gesamtzusammenhang der Surach sehen. Sie
soll die Kafirs von Mekka warnen: derjenige, den ihr der Hochstapelei
beschuldigt und dessen offenbartes Buch ihr ablehnt, hat gerade jetzt große
Zeichen Allahs gesehen. Ihr solltet daher aus der Geschichte der Kinder Israels
lernen, die ebenfalls Allahs Buch ablehnten und dafür bestraft wurden.
(Maududi)
Da hier von der„ fernen Moschee" die Rede ist,
dem Herz des heiligen des, Allah von den Kindern Israels besiedeln ließ,
aus dem Er sie dann aber vertrieb, ist hier die passende Stelle, von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und
den Kindern Israels zu berichten. (Qutb)
10. Beachte den Wechsel von „Wir" im
ersten zu „Mir" im zweiten Satz. Der erste Satz bezieht sich auf Allahs
Herrlichkeit als himmlischer Herrscher, der zweite bezieht sich auf Sein
persönliches Interesse an allen unseren Angelegenheiten. (Juusuf `Allii)
11. Der Begriff “Wakil“ bezeichnet „jemanden,
dem die Angelegenheiten eines anderen anvertraut sind", oder „jemanden,
der für das Verhalten eines anderen verantwortlich ist". Wenn er auf Allah
angewandt wird, wird er manchmal mit „Vertrauter" oder „Beschützer"
übersetzt oder auch mit „jemand, der für alles sorgt". Im hier
vorliegenden Fall (wie auch in Surach 36:62) bezieht sich der Begriff
offensichtlich auf Allahs Macht, ausschließlich das Schicksal aller
geschaffenen Wesen und Dinge zu bestimmen. (Asad)
“Wakil“ ist jemand, der vertrauenswürdig ist und an
den man sich um Rechtleitung und Hilfe wenden kann. (Maududi)
Keiner ist wirklich mu’min, der nicht seine Sache
Allah anheim stellt. (Qutb)
3. O ihr Nachkommen derer, die Wir mit
Nuch (in seinem Schiff) getragen haben! Er war wahrlich ein dankbarer Diener.12
12. Allah erinnert die Kinder Israels an ihre
Abstammung von denen, die Allah auserwählte, um mit Nuch, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, als einzige gerettet zu werden. Auch die Bezeichnung Nuchs,
Allahs segen und Frieden auf ihm, als Diener Allahs ist beabsichtigt, um die
Gleichartigkeit der Eigenschaften aller Propheten hervortreten zu lassen.
(Qutb)
Allah für Essen, Trank, Kleider und all seine Habe
zu danken. Aus diesem Grunde wurde er mit der Bezeichnung dankbarer Diener
bedacht. (ibn Kasir)
Die einzigen Nachkommen Nuchs, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, nach der Sintflut waren diejenigen, die mit ihm auf sein
Schiff gerettet worden waren. Sie hatten besonders Grund, Allah zu preisen. Sie
fielen jedoch in Götzendienst, Laster und Verbrechen zurück. Hier werden sie an
die aufrichtige und vorbehaltlose Hingabe Nuchs, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, selbst erinnert im Gegensatz zur Würdelosigkeit seiner Nachkommen, besonders
der Kinder Israels. (Juusuf `Allii)
Ihr solltet Allah allein zu eurem Beschützer
nehmen, wie eure Vorfahren, die der Flut entgingen, weil sie Allah allein zu
ihrem Beschützer gemacht hatten. (Maududi)
4. Und Wir offenbarten den Kindern
Israels in der Schrift13: „Ihr werdet gewiss zweimal Unheil auf
Erden stiften,14 und ihr werdet fürwahr
voll großer Überheblichkeit sein."15
13. In dem Buch, das Allah Muusa, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, offenbarte, damit es eine Rechtleitung für die Kinder
Israels ist, wird ihnen mitgeteilt, was ihnen zugedacht ist, wenn sie Unrecht
auf Erden begehen. Und diese Zerstörung soll eine Warnung sein, damit sie sich
hüten, denn Allah handelt nach Seinen unabänderlichen Gesetzmäßigkeiten
(Sunnach Allah). (Qutb)
Dies scheint sich auf die glühenden Worte des
Propheten Jesajas und ähnliche Warnungen zu beziehen, beispielsweise Jesaja 24
(das ganze Kapitel); 5:20-30 oder 3:16-26. (Juusuf `Ali)
Wahrscheinlich bezieht es sich auch auf die
Voraussagen Jeremias', Jachjas und Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihnen
allen. (Asad)
14. Auf welche beiden Anlässe bezieht sich
dies? Möglicherweise ist „zweimal" eine Redewendung, die bedeuten soll
„mehr als einmal". Es kann aber auch sein, dass es sich
1. auf die Zerstörung des Tempels durch die
Babylonier und
2. auf die Zerstörung Quds durch Titus bezieht,
wonach der Tempel nie wieder aufgebaut wurde. Vergleiche auch oben Fußnote
Beide Ereignisse waren ein Strafgericht Allahs für
die Vergehen der Juden und ihre Arroganz. (Juusuf `Allii)
Ibn 'Abbas sagte: „Ihr erstes Vergehen war die
Tötung Sakarias und ihr zweites die Tötung des Jachjas, Allahs Segen und
Frieden auf ihnen beiden. (Safwat Al-Tafaasir)
Allah verurteilt niemanden zum Unheilstiften, denn
Er kann niemals Schlechtigkeit gebieten. Durch Sein Wissen jedoch weiß Er schon
vorher, was sein wird. (Qutb)
15. Hoch hinaufsteigen
in Rebellion und Vergehen gegen Allah und Menschen. (Darjabadi)
Da sowohl in der Bibel als auch im Qur’an erwähnt
wird, dass sich die Kinder Israels vielmals gegen Allahs Gesetz auflehnten,
muss auf jeden Fall angenommen werden, dass sich der Ausdruck „zweimal"
nicht auf zwei einzelne Anlässe, sondern auf zwei bestimmte historische Epochen
bezieht. (Asad)
Dawuud war der erste, der das Volk Israel vorn
Folgen ihres Verhaltens warnte, beispielsweise in Psalm 106. Es folgten die
biblischen Propheten bis hin zu Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. .
,,... und euch mit großem Stolz erheben (und
zweimal dafür bestraft werden)". (Juusuf `Allii)
5. Und als das Versprochene für das
erste der beiden (Vergehen) eintraf,16 setzten Wir gegen euch von
Unseren Dienern solche ein, die über gewaltige Kampfkraft verfügten,17
und sie drangen in das Innerste der Häuser ein.18 So ging das Versprechen
in Erfüllung.19
16. Als das erste Urteil vollstreckt wurde.
(Darjabadi)
17. Eine treffende Beschreibung für den
kriegerischen Nebukadnezar und seine Babylonier. Sie waren Diener Allahs in dem
Sinne, dass sie Werkzeuge für Allahs Zorn waren, der sich über die Juden
ergießen sollte, denn sie drangen in ihr Land ein, in ihren Tempel und ihre
Häuser und führten die Juden - Männer, Frauen und Kinder - in die
Gefangenschaft. Vergleiche auch Jesaja 3:16-26. (Juusuf `Allii)
Auch in der Bibel wird der Begriff „Mein
Diener" auf Nebukadnezar angewandt (Jeremia 25:9). (Darjabadi)
18. Nebukadnezar ging gnadenlos gegen das
besiegte Volk vor. (Darjabadi)
19. Quds wurde zerstört. Der Tempel, der
Königspalast und die Häuser der Stadt wurden verbrannt, die Mauern
niedergerissen, der Oberpriester und andere führende Persönlichkeiten
hingerichtet, und viele Menschen in die Gefangenschaft fortgeführt. Dieses
Ereignis sollte in der jüdischen Geschichte und Literatur eine bedeutende Rolle
spielen. (Darjabadi)
Dass Allah starrsinnigen Sündern Heimsuchung
„schickt", ist hier, wie überall im Qur’an, eine Umschreibung für das
natürliche Gesetz von Ursache und Wirkung, dem auf lange Sicht das Leben des
Menschen - besonders auch das kollektive Leben von Gemeinschaften und Nationen
- unterworfen ist. (Asad)
6. Dann führten Wir euch wieder zur
Macht über sie zurück20 und gewährten euch Reichtum und Nachkommen21
und ließen eure Schar an Zahl wachsen.22
20. Von ibn 'Abbaas und Qutaada wird
überliefert, dass dies Goliath und seine Soldaten waren, die sie zuerst
besiegten und beherrschten. Dann aber, als diese in Sünde versanken, ließ Allah
die Kinder Israels die Oberhand über sie gewinnen, und Dawuud, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, tötet Goliath. (ibn Kasir)
Nachdem die Kinder Israels den Schmerz der Unterwerfung
und Erniedrigung genug zu kosten bekommen hatten, kehrten sie wieder zu ihrem
Herrn zurück und handelten recht. Zugleich wurden ihre Eroberer überheblich und
stolz. Sie wurden grausam und lasterhaft. So wandte sich das Schicksal der
Eroberten und Erniedrigten zu ihren Gunsten. (Qutb)
Um 520 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
kehrten die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft zurück und begannen ein
neues Leben. Sie bauten den Tempel wieder auf. In Verbindung mit Esra führten
sie verschiedene Reformen durch und bauten ein neues Judentum auf. Eine
Zeitlang ging es ihnen gut. Ihre früheren Unterdrücker, die Babylonier, waren
inzwischen im persischen Reich aufgegangen. Persien wiederum ging im Reich
Alexanders auf. Ganz Westasien wurde hellenisiert, auch die neue Schule der
Juden, die in Alexandria ein bedeutendes Zentrum hatte. Ihre Basis in Filistin
blieb jedoch bestehen und erlebte unter der Asmonäer-Dynastie (167-63 v. Isa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm) eine neue Blüte. Eine andere Dynastie, zu der
Herodes gehörte, genoss fast unabhängige Macht. 65 v. Isa, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, h ging die Herrschaft in Syrien und Filistin an die Römer
über, und die jüdischen Könige übten eine Art Marionettenherrschaft aus. Die
Juden verhielten sich aber wiederum hartnäckig abweisend gegenüber Allahs
Gesandtem, nämlich zur Zeit von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und das
unvermeidliche Strafgericht folgte in der vollständigen und endgültigen
Zerstörung des Tempels unter Titus im Jahre 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden
auf ihm.
(Juusuf `Allii)
Durch ein euch freundlich gesinntes Volk.
(Darjabadi)
21. Nach der Rückkehr aus dem babylonischen
Exil folgte eine neue Blütezeit. Vergleiche auch Hesekiel 1:9-11. (Darjabadi)
22. Vergleiche auch Hesekiel 2:64-65.
(Darjabadi)
Wir ließen eure Zahl an Männern mehr werden als die
eures Feindes, um euch in die Lage zu versetzen, zur Macht zurück zu gelangen.
(Safwat Al-Tafaasir)
7. Wenn ihr Gutes tut, so tut ihr das Gute
für euch selbst, und wenn ihr Übles tut, so ist es zu eurem eigenen (Schaden).23
Und als das Versprochene für das zweite Vergehen eintraf,24 da
wurden eure Gesichter entstellt,25 und sie betraten den Tempel,26
so wie sie ihn das erste Mal betreten hatten,27 und sie brachten
völlige Zerstörung über alles, was in ihre Gewalt gelangt war.28
23. Bevor die Erzählung hier weitergeführt
wird, wird die Basis von Handeln und Vergeltung festgesetzt die Basis, die
unabänderlich ist im Diesseits und im Jenseits. Nach ihr bemisst sich die
Belohnung wie auch die Bestrafung, die natürliche Frucht des eigenen Handelns.
(Qutb)
Dieser Satz ist ein Einschub. Wenn jemand Allahs
Gesetz befolgt, nützt er damit sich selbst; er tut damit keinem anderen einen
Gefallen. Ebenso trägt Böses seine eigenen Früchte. (Juusuf `Allii)
Böses fällt nur auf euch selbst zurück. All dies
wurde den Juden durch ihre Propheten verkündet. (Darjabadi) Vergleiche auch
Surach 10:108. (Anm. d. Übers.)
24. Dies bezieht sich auf die zweite
Zerstörung des Tempels unter Titus im Jahre 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden
auf ihm. (Asad)
25. Der Qur’an nennt wiederum nicht die Leute,
die Allah gegen die Kinder Israels geschickt hat, da dies nicht zur Lehre
beiträgt. (Qutb)
Grund für dieses Strafgericht war, dass sie den
Propheten Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abgewiesen hatten. „Euer
Gesicht entstellen" bedeutet, alles Ansehen und alle Macht zu zerstören,
die jemand hat. Das Gesicht steht für die Persönlichkeit eines Menschen.
(Juusuf `Allii)
„Jemandes Gesicht entstellen" bedeutet,
äußerste Schande über jemanden zu bringen. (Asad)
26. Titus zerstörte Quds vollständig. (Juusuf
`Allii)
Sie entweihten den Tempel von Quds. (Darjabadi)
27. Eure Feinde unter Nebukadnezar.
(Darjabadi)
28. Es gab eine Hungersnot, und Massaker
fanden statt. Überall herrschte Fanatismus. (Juusuf `Allii)
8. Möge29 euer Herr sich
eurer erbarmen.30 Doch wenn ihr es von neuem tut,31
dann werden Wir erneut so handeln.32 Und Wir haben die Hölle zum
Gefängnis für die Kafirs gemacht.33
29. Auf Allah bezogen bedeutet das Wort “'asa“
(wörtlich: „vielleicht") die Gewissheit, dass dieses Ereignis eintrifft.
(Darjabadi)
30. Indem Er sie von euch ablassen lässt. (Ibn
Kasir)
Falls ihr Reue zeigt. (Al-Dschalalain)
Die Schlussfolgerung der vorher erwähnten
Offenbarung und Versprechen wird hier aufgeführt. Nämlich, dass eine hart
durchgeführte Bestrafung manchmal den Weg zur Erbarmung führt, wenn man die
Lehre daraus zieht. (Qutb)
Wir kommen jetzt in die Zeit des letzten Propheten.
Trotz ihrer gesamten Vergangenheit hätten die Juden noch eine Möglichkeit
gehabt, Allahs Vergebung zu erlangen, wenn sie nicht auch diesen Propheten
hartnäckig abgelehnt hätten. Wenn sie ihre Ungerechtigkeit fortsetzen, wird
Allah sie wiederum strafen. (Juusuf `Allii)
31. Wenn ihr zu eurer alten Lebensweise der
Ungerechtigkeit und Auflehnung zurückkehrt. (Darjabadi)
32. In unserer Bestrafung. (Darjabadi)
33. Sie wird sie so umschließen, dass keiner
ihr entfliehen wird. (Qutb)
Hasiran wird von ibn 'Abbas als Gefängnis
bezeichnet, während Mudschahid sie als Matte oder Unterlage auslegt. (ibn
Kasir)
Es gibt sehr wohl Schmach in diesem Leben, aber die
endgültige Schmach liegt im zukünftigen Leben, und dann ist sie unabwendbar.
(Juusuf `Allii)
Obgleich diese Warnung an die Kinder Israels
gerichtet ist, bedeutet dies nicht, dass sie nur für diese gilt. In der Tat ist
all dieses an die mekkanischen Götzendiener gerichtet. Sie wurden jedoch nicht
direkt angesprochen, sondern eine Episode aus der Geschichte der Kinder Israels
wurde benutzt, um sie indirekt durch dieses Beispiel zu warnen. (Maududi)
Die allegorische Bezugnahme auf die jüdische
Geschichte in Verbindung mit der mystischen Bedeutung der Himmelsreise des
Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, schildert den ständigen Kampf der
individuellen Seele gegen das Böse. Es gibt Rückschläge und Strafen. Wenn die
Seele jedoch sich selbst und Allah gegenüber aufrichtig ist, gibt Allah ihr
Kraft und Erfolg in ihrem Kampf. Denn Allahs Gnade ist unbegrenzt und wendet
sich der leidenden Menschheit immer wieder zu. (Juusuf `Allii)
9. Wahrlich, dieser Qur’an leitet zu
dem, was richtig ist,34 und bringt den
Mu’mins, die gute Werke tun, die frohe Botschaft, dass ihnen großer Lohn zuteil
werden wird.
34. Nachdem die Instabilität der Seele am
jüdischen Beispiel erwähnt wurde, wird nun auf das Heilmittel hingewiesen, das
hier hätte helfen können. Die Botschaft des Qur’an gilt für alle. Wer den Iman verinnerlicht und diesen Iman durch sein Verhalten
zum Ausdruck bringt, erntet seine geistigen Früchte. Wer aber den Islam
ablehnt, kann der Strafe nicht entgehen. Abgesehen von der Vergangenheit,
abgesehen von Fragen der nationalen Geschichte gibt es eine geistige Hoffnung -
und eine geistige Gefahr - für jeden einzelnen. (Juusuf `All)
Der Islam erstellt sein Gebäude zugleich auf dem
Iman und der Rechtschaffenheit. Denn es gibt keinen
Iman ohne Tat und keine Tat ohne Iman. Ersteres gilt als unvollendet und
letzteres als ohne Wurzel und Basis. (Qutb)
Der Qur’an führt zur Aufrichtigkeit im Seelen- und
Gefühlsbereich durch die klare, einfache Aqida, in der nichts Kompliziertes
oder Obskures zu finden ist, die von der Last des Aberglaubens und der Illusion
befreit ist, die das wahre Wesen des Menschen frei macht zum Handeln, und die
eine Verbindung zwischen den Gesetzmäßigkeiten der äußeren Natur und den
Gesetzmäßigkeiten im Inneren des Menschen herstellt. (Qutb)
Das heißt der ethischen Rechtschaffenheit
entsprechend und zum Guten des individuellen und gesellschaftlichen
menschlichen Lebens. Nachdem also aufgezeigt wurde, dass Ungerechtigkeit immer
gleichbedeutend mit Leugnen der Wahrheit ist, kehrt der Qur’an hier wieder zu
seinem grundlegenden Thema zurück, dass nämlich Allah dem Menschen immer durch
Offenbarung und Seine Propheten Rechtleitung anbietet. (Asad)
10. Denjenigen jedoch, die nicht an das
Jenseits den Iman verinnerlichen, haben Wir schmerzliche Strafe bereitet.35
35. Dies soll alle Individuen oder Nationen
warnen, die aus den Ermahnungen des Qur’an nicht lernen wollen. (Maududi)
Die Belohnung der Rechtschaffenen sowie die
Bestrafung der Kafirs erfahren beide Parteien am Tag
der Auferstehung. (ibn Kasir)
Abschnitt 2
11. Und36 der Mensch
erbittet das Schlechte in der gleichen Weise, wie er das Gute herbeiwünscht.37
Wahrlich, der Mensch ist immer voreilig.38
36. Meiner Ansicht nach ist die Konjunktion
“wa“ („und") in diesem Zusammenhang als nachdrücklicher Hinweis auf den
Sachverhalt zu verstehen. (Asad)
37. Der Mensch pflegt, wenn er verärgert ist,
Schlechtes für sich selbst und für seine Familie herbeizuwünschen, in der
gleichen Art und Weise, wie er das Gute herbeiruft. (Al-Dschalalain)
In seiner Unwissenheit Oder Hast hält der Mensch
Böses für gut und wünscht sich, was er nicht haben sollte. Der weise und
wissende Mensch hat Geduld und setzt nicht seine eigenen Wünsche über Allahs
Weisheit. Mit Zufriedenheit empfängt er Allahs Gaben und betet darum, in seinen
Wünschen und Bitten recht geleitet zu werden. (Juusuf `Allii)
In einem Hadis von Ibn 'Abbas, Mudschahid und
Qatada überliefert, heißt es: „Wünscht euch oder eurem Eigentum nichts Böses
herbei, denn das könnte in eine Stunde fallen, in der Allah euren Wunsch erhört
und ihn euch gewährt." (ibn Kasir)
Der Mensch, der sich nicht durch den Qur’an
rechtleiten lässt, ist seinen eigenen Leidenschaften ausgeliefert, er, der von
Natur aus voreilig handelt ohne zu wissen, was für ihn gut und schlecht ist. Er
ist ungestüm in seiner Art und handelt oft erregt, auch wenn dies böse Folgen
für ihn hat. Solches tut er, weil er Ziel und Folgen der Dinge nicht kennt. Er
tut manchmal etwas, das eigentlich Böses für ihn darstellt und sucht dies rasch
herbeizuführen, teils unwissentlich, doch manchmal auch wissentlich, ist aber
nicht in der Lage, die Wirkung seiner Taten zu kontrollieren oder sich zu
zügeln. (Qutb)
Vergleiche Surach 2:216 - „vielleicht verabscheut
ihr etwas, das gut für euch ist, während ihr etwas liebt, das schlecht für euch
ist; und Allah weiß, während ihr nicht wisst". Mit anderen Worten:
Rechtleitung Allahs ist das einzige Kriterium dafür, was gut und böse ist.
(Asad)
38. Dies beantwortet die Forderung der kafir
Mekkaner an den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die
Strafe herbeizubringen, die er ihnen angedroht hatte. Damit schließt sie eng an
den vorigen Ajach an.
Der Ajach enthält aber auch eine angedeutete
Warnung für jene Muslime, die um Bestrafung der Kafirs
beteten, die sie verfolgten und Allahs Botschaft ablehnten. Auch unter ihnen
gab es Menschen, die später den Islam annahmen und sich dafür einsetzten, so
dass sie dadurch in der ganzen Welt bekannt wurden. Deswegen spricht Allah:
„Der Mensch ist ungeduldig und hastig". Er betet um Erfüllung seiner
unmittelbaren Bedürfnisse, auch wenn die Erfahrung oft zeigt, dass es ihm
geschadet hätte, wenn Allah seine Bitte
erhört hätte. (Maududi)
12. Wir haben die Nacht und den Tag zu
zwei Zeichen gemacht,39 und während Wir das Zeichen der Nacht
erlöschen ließen, erhellten Wir das Zeichen des Tages,40 auf dass
ihr Gaben eures Herrn zu erlangen suchet41 und (mit eurer Hilfe) die
Anzahl der Jahre und die Berechnung (der Zeit) kennen möget.42 Und
ein jedes Ding43 haben Wir genau erklärt.44
39. Die Nacht ist eine Vorbereitung auf den
Tag. Vielleicht wünschen wir uns - wie der letzte Ajach sagt - den Tag, wenn
wir Ruhe für die Nacht brauchen. Beides sind Zeichen Allahs. Finsternis und
Licht stehen aber auch für Unwissenheit und Wissen. Oder aber für Trauer und
Freude, die beide wichtig für unsere Entwicklung sind. (Juusuf `Allii)
Auch wenn der Begriff Ajach im Qur’an meist im
Sinne von „Bottschaft Allahs" verwendet wird, müssen wir daran denken,
dass er in erster Linie „Zeichen" bedeutet, oder „Merkmal". Er
bezeichnet wahrnehmbare Phänomene aller Art (unabhängig davon, ob sie mit den
Sinnen oder mit dem Intellekt wahrgenommen werden können), die mit etwas
verbunden sind, das selbst nicht direkt wahrnehmbar ist, also Symbole. Wie aus
dem folgenden deutlich wird, beziehen sich die „zwei Symbole" hier auf
geistige Finsternis und Licht. (Asad)
Von den Zeichen, die Allah Seinen Gesandten mitgab,
geht der Text zu den Zeichen dieses Daseins über. (Qutb)
40. Von dem verborgenen Gesetz des Daseins,
das Tag und Nacht festlegt, hängt das Streben des
Menschen nach Verdienst und das Wissen der Zeitberechnung ab. Auch der Erwerb
des Menschen an Gutem oder Schlechtem und seine Vergeltung ist
eng mit ihm verbunden. Ein Zusammenhang besteht auch zwischen ihm und den
Folgen von Rechtleitung und Irrtum. Mit der Zeit hängt auch Allahs Versprechen
zusammen, nicht zu strafen, bevor Er die Menschen durch einen Propheten gemahnt
hat. (Qutb)
41. Durch physisches Licht erkennen wir
physische Fakten. Und diese physische Gabe Allahs ist auf zweierlei Weise gut
für uns:
1. wir können unseren Lebensunterhalt erwerben oder
auch durch die physischen Wissenschaften Wissen erwerben und eine gewisse
Kontrolle über die Naturphänomene erlangen; und
2. der tägliche Aufgang und Untergang der Sonne
ermöglicht uns, Tage und Jahre zu berechnen, denn das natürliche Jahr ist das
Sonnenjahr. Das geistige Licht ist jedoch noch kostbarer; durch dieses können
wir ebenfalls zwei Ziele erreichen, nämlich
1. unseren geistigen Lebensunterhalt und Wissen;
und
2. die Berechnung der Stadien, die wir in unserer
geistigen Entwicklung durchlaufen. Wir sollten geduldig sein und nach allem als
etwas streben, das von Allah kommt - in Freude und Trauer, in Wissen oder bei
fehlendem Wissen um jene Dinge, die wir nicht erfassen können. Wir sollten uns
über das freuen, was Allah uns gegeben hat, und nicht ungeduldig das zu
erlangen versuchen, was Er uns in Seiner Weisheit vorenthalten hat. Nach allem
sollten wir unter der Rechtleitung des allwissenden Allahs streben. (Juusuf
`Allii)
Indem ihr eurer Arbeit und euren Geschäften
nachgeht. (Darjabadi)
42. Und andere Zeiteinteilungen, die durch den
regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht bestimmt werden können. (Darjabadi)
Dieser Satz bezeichnet auch „die Lebensjahre (eines
Menschen), die er zählt". Dies beinhaltet offensichtlich eine Aufforderung
zur geistigen Selbstkritik angesichts der Vergänglichkeit des irdischen Lebens.
(Asad)
43. Alles, was für den Islam notwendig ist.
(Darjabadi)
44. Nichts in dieser gesamten Existenz ist
Sache des Zufalls oder der Willkür. Und die Präzision des verborgenen Gesetzes,
das den Wechsel von Tag und Nacht bewirkt, drückt die Genauigkeit der Planung
und der Ordnung in Allahs Schöpfung aus. (Qutb)
Allah fordert den Menschen auf, die Weisheit zu
studieren, die der Vielfalt in der Welt zugrunde liegt, und nicht verwirrt zu
sein und sich nach Monotonie zu sehnen. Das ganze System beruht auf der
Vielfalt und Verschiedenheit der Dinge, wie beispielsweise Tag und Nacht, ohne
die es in der Welt kaum Leben geben könnte. Ebensolche Weisheit liegt in der
Erschaffung von Menschen mit verschiedenen Temperamenten, Gedanken und
Neigungen. Ohne dies hätte der Sinn der Schöpfung des Menschen nicht erfüllt
werden können. (Maududi)
13. Und jedem Menschen haben Wir sein
Geschick45 an seinen Nacken geheftet, und Wir werden am Tag der
Auferstehung ein Buch hervorbringen,46 das vor ihm offen gelegt
wird.47
45. “Taa'ir“ bedeutet wörtlich „Vogel"
und damit ein Omen, das Schicksal. Vergleiche auch Surach 36:19. Wie die alten
Römer versuchten auch die Araber, die Geheimnisse des menschlichen Schicksals
aus dem Vogelflug zu lesen. Selbst heutzutage versuchen viele Menschen, die
Zukunft mit ähnlichen abergläubischen Praktiken vorauszusagen. Im vorigen Ajach
haben wir von Zeichen Allahs, erfahren, aber die dienen keinem solchen primitiven
Zweck. Unser wirkliches Schicksal hängt nicht von Vögeln oder Omen oder Sternen
ab, sondern von unseren guten und bösen Handlungen, die an uns festhängen. Der
Mensch schafft sein eigenes Schicksal.
(Juusuf `Allii)
Die Qur’anische Vorstellung von „Schicksal"
bezieht sich weniger auf äußere Umstände als auf die Richtung, die das Leben
eines Menschen nimmt, auf das geistige Schicksal des Menschen, das von seiner
moralischen Entscheidung abhängt. Es ist von ihm selbst abhängig. (Asad)
46. Einen Bericht, in dem alle seine
Handlungen verzeichnet sind. (Darjabadi)
Gemeint ist, dass die Taten jedes Menschen, ob
klein oder groß, für ihn verwahrt werden. (ibn Kasir)
47. Seine Taten werden somit bloßgelegt. Er
kann sie weder verbergen noch ignorieren. (Safwat Al-Tafaasir)
Unsere Handlungen, gute wie böse, sind in einem
Buch aufgezeichnet, das am Tag des Gerichts offen vor uns liegt, wie sehr wir
uns jetzt auch immer unwissend stellen oder versuchen, Einblick in Geheimnisse
zu erlangen, die uns nichts angehen. (Juusuf `Allii)
14. „Lies dein Buch! Deine eigene Seele
genügt heute zur Abrechnung über dich."48
48. Er braucht dazu keinen anderen als Zeugen
oder um abzurechnen. (Qutb)
Unsere wirklichen Ankläger sind unsere eigenen
Taten. Warum betrachten wir nicht sie, statt die Zeit mit sinnlosem Aberglauben
zu vergeuden? (Juusuf `Allii)
Am Tag des Gerichts sieht der Mensch die Wahrheit
über sein gesamtes vergangenes Leben. Ähnliche Allegorien gibt es im Qur’an an
verschiedenen Stellen, beispielsweise in Surach 37:19 oder 39:68 oder besonders
deutlich in Surach 50:22, wo gesagt wird: „Jetzt haben Wir den Schleier von dir
gehoben, und heute ist deine Sicht scharf." (Asad)
15. Wer sich rechtleiten lässt, so ist
es nur zu seinem eigenen Besten,49 und wer sich irreführen
lässt, so geht dies nur zu seinen eigenen Lasten.50 Und keiner trägt
die Last eines anderen Sünders.51 Auch pflegen Wir niemals zu
strafen,52 ohne vorher einen Gesandten geschickt zu haben.53
49. Zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil.
(Darjabadi)
50. Der Qur’an besteht auf der Lehre von der
persönlichen Verantwortlichkeit. Als Grundlage der Ethik wird uns deutlich
gemacht, dass unsere eigenen guten und bösen Handlungen unsere höchste
Entwicklung fördern oder behindern. (Juusuf `Allii)
Wenn jemand dem rechten Weg folgt, tut er damit
nicht Allah oder Seinem Gesandten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
oder irgendeinem Reformer des Islam einen Gefallen, sondern er selbst hat den
Nutzen davon. Wenn er jedoch vom rechten Weg abweicht, dann schadet er damit
nicht Allah oder Seinem Gesandten oder einem Reformer des Islam, denn sie
wollen die Menschen nur vor Falschem schützen und ihnen den rechten Weg zeigen.
Sie verfolgen damit keine eigennützigen Ziele. Ein weiser Mensch wird daher den
rechten Weg einschlagen, sobald ihm deutlich wird, was Wahrheit und was Trug
ist. Wenn jemand aufgrund seiner Vorurteile und Eigeninteressen die Wahrheit
ablehnt, dann wird er sein eigener Feind. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 10: 108. (Anm. d. Übers.)
51. Die Lehre von einer stellvertretenden
Sühne wird hier verurteilt. Für die Bösen kann nicht das Heil erlangt werden,
indem ein Unschuldiger für sie bestraft wird. Keiner kann die Last eines
anderen tragen; das wäre ungerecht. Jeder muss seine eigene persönliche
Verantwortung tragen. Vergleiche auch Surach 6:164. Allahs Zorn wendet sich
jedoch niemals gegen jemanden, bevor dieser nicht durch einen Propheten gewarnt
worden ist.
(Juusuf `Allii)
Der Qur’an betont immer wieder die Lehre von der
persönlichen Verantwortung, denn niemand kann dem rechten Weg folgen, ohne die
damit verbundenen Implikationen voll verstanden zu haben. Es bedeutet, dass
jeder ganz allein für sein moralisches Verhalten verantwortlich ist und niemand
diese Verantwortung mit ihm teilen kann. Ein weiser Mensch sollte deshalb nicht
das Verhalten anderer imitieren oder sein eigenes Verhalten mit den Handlungen
anderer zu rechtfertigen versuchen. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 35:18 und 39:7 mit den
entsprechenden Fußnoten sowie auch Surach 53:38, wo dieser Grundsatz der Ethik
zum ersten Mal im Qur’an ausgedrückt wird. (Asad)
52. Allah straft kein Volk und keine
Gemeinschaft ohne Warnung. (Darjabadi)
53. Es gehört zu Allahs besonderer
Barmherzigkeit gegenüber Seinen Geschöpfen, dass Er sie nicht bestraft allein
aufgrund der Beweise, die Er in diesem Dasein ausgebreitet hat, oder aufgrund
der Verpflichtung, die Er ihnen seit Adam, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
abgenommen hat, sondern erst dann, wenn Er Gesandte zu ihnen geschickt hat, um
sie zu warnen und zu ermahnen. (Qutb)
So dass ihr vollständig die Bedeutung von Richtig
und Falsch versteht. Vergleiche auch Surach 6:131-132 und die entsprechende
Fußnote, sowie Surach 28:59 (die der Offenbahrung dieser Surach unmittelbar
vorausgeht). (Asad)
Es wäre ungerecht, wenn jemand bestraft würde, der
den rechten Weg gar nicht kennt. (Maududi)
16. Und wenn Wir eine Stadt der Vernichtung preisgeben wollen,54 dann lassen Wir Unseren Befehl55
an jene ergehen, die sich dem Wohlleben ergeben haben. Doch sie lebten weiter
ausschweifend in ihr,56 Hierauf wird das
Urteil57 gegen sie fällig und Wir zerstören sie ganz und gar.58
54. Infolge der ständigen Gesetzlosigkeit ihrer
Einwohner. (Darjabadi)
Allahs Wille hat für das menschliche Leben Gesetze
geschaffen, die unabänderlich sind. Sie richten sich nach Ursache und Wirkung,
und danach vollzieht sich Allahs Wille und Urteil. Allah würde niemals zu
freveln befehlen. Doch die Existenz von Menschen, die sich völlig dem Wohlleben
ergeben haben, ist in sich ein Beweis dafür, dass diese Gesellschaft von Grund
auf zerstört ist. Und damit hat sie die Bestimmung Allahs gegen sich erwirkt.
(Qutb)
55. Wörtlich: „Unser Gebot", nämlich sich
zu bessern. Der Begriff “Qarja“ (wörtlich: „Stadt") bedeutet gewöhnlich -
wenn auch nicht immer - „eine Gemeinschaft" oder „Leute einer
Gemeinschaft". (Asad)
56. Allahs Barmherzigkeit gibt den Bösen jede
Gelegenheit zur Umkehr. Wenn die Bosheit so überhandnimmt, dass eine Bestrafung
unvermeidlich wird, selbst dann wirken Allahs Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
zusammen. Von denen, die große Gaben von Allah erhalten haben - seien es
Reichtum oder gesellschaftliche Stellung oder Begabungen oder andere Möglichkeiten
- wird erwartet, dass sie begreifen und gehorchen. An sie sind zunächst das
Gebot zur Selbstbesinnung und die Warnung gerichtet. Wenn sie weiterhin Böses
tun, bleibt kein Platz mehr für Argumente. Sie können sich nicht auf ihre
Unwissenheit berufen. Allahs Urteil ergeht gegen sie und wird vollstreckt.
(Juusuf `Allii)
An diejenigen, die sich unter Ausschluss aller
moralischen Bedenken mit den „guten Dingen des Lebens" befassen. Aufgrund
ihres Reichtums an Besitz und Einfluss sind diese Leute die tatsächliche
Führungsspitze ihrer Gesellschaft und damit moralisch für das Verhalten ihrer
Anhänger mitverantwortlich. (Asad)
57. “Qaul“ bedeutet hier „Wort",
„Befehl", „Gesetz", „Urteil, das nach einem bestimmten Gesetz gegen
jemanden ausgesprochen wird." (Juusuf `Allii)
Vergleiche auch Surach 10:33 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
58. Sie und ihre Bewohner wurden der
Vernichtung preisgegeben. (Al-Dschalalain)
Vergleiche auch Surach 5:16. Allah hat das Gewissen
geschaffen, damit die Menschen dadurch geleitet werden. Wenn sie ihrem Gewissen
nicht folgen, sondern jenen einflussreichen Leuten, die die tatsächlichen
Führer der Gesellschaft sind, selbst aber Korruption in der Gesellschaft
verbreiten, dann verdient dieses Volk Allahs Zorn. Umgekehrt ist dies eine
Ermahnung für jede Gemeinschaft, dass sie sorgfältig ihre Führer auswählen
sollte, denn wenn letztere böse sind, führen sie die Gemeinschaft ihrem
Untergang entgegen. (Maududi)
17. Und wie viele Generationen haben Wir nach Nuch59
vernichtet! Und es genügt, dass Dein Herr mit der Schuld Seiner Diener vertraut
ist und sehr wohl sieht.60
59. Die Sintflut bildet einen Neuanfang in der
Geschichte. Aber selbst danach wurden hunderte von Staaten, Städten und
Generationen wegen ihrer Schlechtigkeit vernichtet. (Juusuf `Allii)
Vergleiche Surach 7:59-64 und 11:25-49. (Anm. d.
Übers.)
Die Ermahnung ist an die kafir Quraischiten
gerichtet, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Lüge
bezichtigten. Allah will ihnen mit diesen Worten zeigen, dass sie nicht edler
sind als jene, die Er bestraft hat dafür, dass sie Seine Gesandten
verleugneten. (ibn Kasir)
60. Die Bösen sollen nicht denken, sie seien
mit ihrer Bosheit unbemerkt davongekommen, nur weil ihnen eine gewisse
Lebensspanne und zeitweiliger Luxus gewährt worden ist. Allah beobachtet und
beachtet alles, Offenkundiges wie Geheimes. Er kennt die verborgenen
Motivationen und Gedanken der Menschen und braucht kein anderes Beweismittel. (Juusuf
`Allii)
Er braucht keine weiteren Zeugen. (Darjabadi)
18. Wenn jemand nach Vergänglichem61
strebt, so lassen Wir ihn unverzüglich daran teilhaben, soviel Wir wollen und
für wen Wir es wünschen.62 Dann bereiten Wir für ihn die Hölle,63
in der er verachtet und ausgestoßen Qualen erleiden wird.64
61. Wer ausschließlich dieses Leben leben
will, so dass er nicht nach Höherem trachtet als nach dieser Erde, dem gibt
Allah sofort seinen Anteil daran, wenn Er will. (Qutb)
Hier wird erklärt, warum der Erfolg manchmal den
Bösen recht zu geben scheint.
1. Vergängliche Dinge sind in der ewigen Ordnung
der Dinge nur von geringem Wert;
2. sie werden nach einem bestimmten Plan Allahs
verteilt, nicht weil ihre Empfänger sie sich wünschen; und
3. das Ziel der Bösen ist schließlich ewiges Elend
und Verlust der Gnade - die Hölle, die schlimmer ist als Vernichtung in den
Begriffen dieser Welt. (Juusuf `Allii)
Vergängliche Güter sind ganz sicher kein Zeichen
für Allahs Zustimmung, sondern Er verteilt sie in Übereinstimmung mit Seinem
allumfassenden Plan. (Darjabadi)
62. Allah gewährt ihnen großzügig alles, was
sie von den Annehmlichkeiten dieser Welt wünschen. (Darjabadi)
63. Wörtlich: „Wir teilen ihm die Hölle
zu". (Asad)
Wer sich nur seinen Neigungen und Begierden hingibt,
und nicht darauf achtet, wie er diese irdischen Freuden zu erreichen sucht, der
begeht unwillkürlich solche Sünden, die ihn direkt zur Hölle führen. (Qutb)
64. Verachtet für sein falsches Handeln und
Tun, als er das Vergängliche dem Fortdauernden vorzog. (ibn Kasir)
Dann wird Hochmut und Arroganz gedemütigt. Diese
Schande und der Ausschluss davon, „Allahs Angesicht sehen zu dürfen", ist
schon in sich eine Strafe, deren Schwere nicht in Begriffen dieser Welt
ausgedrückt werden kann. (Juusuf `Allii)
Jemand, der nicht an das zukünftige Leben den Iman
verinnerlicht und nur für den Erfolg in dieser Welt kämpft, dient damit dieser
Welt und verhält sich falsch, denn er hat kein Gefühl für seine persönliche
Verantwortung gegenüber Allah. Damit verdient er diese Strafe. (Maududi)
19. Wer aber nach dem Jenseits strebt65
und sich eifrig darum bemüht und mu`min ist,66 dem wird sein
Bemühen dereinst gedankt.67
65. Hier kommt das Gegenstück zum letzten
Ajach. Wer nur irdischen Erfolg wünscht, bekommt ihn manchmal und missbraucht
ihn. Auch diejenigen, deren Blick auf das zukünftige Leben gerichtet ist,
bekommen ihren Anteil an Allahs Überfluss, vorausgesetzt, sie erfüllen die
Bedingungen, die in der nächsten Fußnote ausführlich erläutert werden. Ihre
Wünsche und Bestrebungen aber sind vor Allah wohlgefälliger. (Juusuf `Allii)
66. Und er verinnerlicht den
Iman an die Vergeltung und Belohnung. (ibn Kasir)
Der bloße Wunsch nach moralischem und geistigem Gut
genügt nicht. Er muss sich in ernsthaftem Streben äußern und von einem Iman
getragen sein. Unter solchen Voraussetzungen sind menschliche Wünsche für Allah
annehmbar. (Juusuf `Allii)
Streben nach dem Guten des zukünftigen Lebens setzt
Iman an Allah und Verantwortungsbewusstsein Ihm gegenüber voraus. Daher bezieht
sich das Wort „Iman" in diesem Zusammenhang offensichtlich auf die
Erkenntnis der absoluten Einheit und Einzigartigkeit Allahs sowie die
Bereitschaft, die Rechtleitung zu akzeptieren, die Er dem Menschen durch die
prophetischen Offenbarungen schickt. (Asad)
Das Leben auf dieser Erde ist angemessen für Vieh,
Reptilien, Insekten und anderes Getier. Das Leben des Jenseits ist würdiger für
den Menschen, denn dort ist er in Allahs Nähe, Der ihm Ehre erwies und ihn aufs
beste erschaffen hat. (Qutb)
67. Er wird für alle Bemühungen in seinem
Streben nach dem zukünftigen Leben belohnt. (Maududi)
20. Jeden von ihnen, die einen wie die
anderen, versehen Wir mit den Gaben deines Herrn.68 Und die Gaben
deines Herrn werden niemandem versagt.69
68. Hier handelt es sich um die Gaben des
Diesseits. (Al-Dschalalain)
Was diese oder jene erhalten, sind nichts anderes
als Allahs Gaben. Sowohl die einen, die das diesseitige Leben suchen, bekommen
davon, wie auch die anderen, die das Jenseits erstreben. (Qutb)
69. Im Diesseitigen Leben werden die Gaben
Allahs niemandem vorenthalten. (Al-Dschalalain)
Allah versorgt alle, die Gerechten wie die
Ungerechten. Der Unterschied wird jedoch aus den beiden nächsten Versen
deutlich. (Juusuf `Allii)
Allah schenkt Gerechte und Ungerechte, aber es sind
die Gaben Allahs und keines anderen. Die Diener dieser Welt sind nicht in der
Lage, den an dem zukünftigen Leben Orientierten Allahs Gaben vorzuenthalten,
und umgekehrt. (Maududi)
21. Schau, wie Wir den einen von ihnen vor den anderen den Vorzug
gegeben haben,70 doch das Jenseits ist größer an Rang stufen und
größer an Auszeichnung.71
70. In irdischen Gütern, ohne Rücksicht
darauf, ob die Empfänger gut oder böse sind. Reichtum und Einfluss sind kein
Kriterium für die Nähe eines Menschen zu Allah. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 16:71 mit den entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
Die Verschiedenheit der Menschen auf dieser Erde
ist offensichtlich in ihren Mitteln, ihre Richtungen und Taten. (Qutb)
Auf der Erde gibt es Reiche wie auch Arme, Hübsche
wie auch Hässliche, solche die jung sterben und andere, die uralt werden. (ibn
Kasir)
71. Der Mensch soll nicht meinen, alle Gaben
Allahs seien von gleichem Wert. An geistigen Werten orientierte Menschen haben
einen weit höheren Stellenwert vor Allah als diejenigen, die nur an
Vergänglichem interessiert sind. Es wäre daher völlig falsch, den irdischen
Wohlstand eines Bösen mit dem scheinbaren Mangel bei einem geistig orientierten
Menschen zu vergleichen. Nach richtigen Maßstäben gemessen gibt es zwischen
beiden keinen Vergleich. (Juusuf `Allii)
Der höhere Rang derjenigen, die nach dem
zukünftigen Leben streben, äußert sich nicht in Überlegenheit in materiellen
Dingen, sondern liegt auf einer ganz anderen Ebene. Sie genießen die wahre Ehre
und Zuneigung, die den Tyrannen und Einflussreichen versagt bleibt. Alles, was
sie auf dieser Welt erwerben, erwerben sie nämlich auf ehrliche Weise, während
jene unlautere und grausame Methoden anwenden. Sie geben es sinnvoll und für
rechtschaffene Zwecke aus, erfüllen ihre Pflichten anderen gegenüber, spenden
für Arme und Bedürftige, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen, während jene ihre
Mittel für Vergnügen und Luxus ausgeben oder damit Korruption und andere
Missstände verbreiten. Deswegen sind die Mutaqis vorbildlich in jeder Hinsicht
und somit besonders erhöht. (Maududi)
Die Ungleichheit im Jenseits ist noch gewaltiger
als die auf der Erde. Denn während die einen die untersten Stufen der Hölle
erleiden, genießen die anderen die höchsten Stufen des Paradieses. Und wie es
mehrere Stufen in der Tiefe der Hölle gibt, enthält das Paradies hundert
Rangstufen. (ibn Kasir)
22. Setze nicht neben Allah eine andere
Gottheit,72 damit du nicht verachtet und enttäuscht zurückbleibst.73
72. Die scheinbare Ungleichheit der Gaben
Allahs lässt kurzsichtige Menschen an Allahs Gerechtigkeit zweifeln. Der Fehler
liegt jedoch im mangelnden Wissen und Iman dieser Menschen. Es gibt keine
Entschuldigung für sie, wenn sie andere Wesen als Allah anbeten und verehren.
Niemand außer Allah ist unserer Verehrung würdig. (Juusuf `Allii)
Dieser Satz kann auch übersetzt werden: „Erfindet
nicht eine andere Gottheit neben Allah" oder „Stellt keine andere Gottheit
an Allahs Seite". (Maududi)
Nachdem Allah zuvor erklärt hat, dass das Glück,
das Jenseits zu erlangen, davon abhängt:
1. dass man es will,
2. dass man sich bemüht dahin zu streben und
3. dass man mu`min ist. Nun werden die Einzelheiten
dieses Bemühens in Form von 25 Geboten dargestellt. 1. Die Einzigartigkeit
Allahs: „Setze keine Gottheiten neben Allah." (Safwat Al-Bajaan)
73. Wenn unvernünftige Menschen sich der
Verehrung anderer Gottheiten zuwenden, werden sie nicht nur enttäuscht, sondern
verlieren bei ihren Mitmenschen den Respekt und sind auf geistiger Ebene zum
Elend verurteilt. Alle ihre Begabungen und Handlungen nützen ihnen nichts.
(Juusuf `Allii)
Abschnitt 3
23. Und dein Herr hat entschieden,74
dass ihr niemanden außer Ihm75 anbeten und den Eltern
Wohltaten erweisen76 sollt. Falls einer von ihnen oder beide bei dir
ein hohes Alter erreichen,77 dann sage
niemals ein mürrisches Wort78 zu ihnen und schelte sie nicht,79
sondern sprich in gütiger Weise mit ihnen.80
74. In den nun folgenden Ajachs sind die
Grundprinzipien dargelegt, auf denen der Islam die Gesamtstruktur des
menschlichen Lebens aufbaut. Sie bilden sozusagen das Manifest des Aufrufs, das
der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegen Ende seines
Aufenthalts in Mekka verkündete, vor Beginn des neuen Stadiums in Medina. Auf
diese Weise sollte jeder wissen, dass die neue islamische Gesellschaft und der
islamische Staat auf solchen ideologischen, moralischen, kulturellen, wirtschaftlichen
und rechtlichen Grundlagen aufgebaut werden sollte. (Maududi)
75. Das Verbot, niemand anderem zu dienen.
(Safwat Al-Bajaan)
Auf das Verbot des Götzendienstes (im letzten
Ajach) folgt hier unmittelbar das Gebot, Allah allein zu dienen. Dass es sich
dabei um ein unbedingtes Gebot handelt, wird durch das Wort “qada“ (wörtlich:
„Er bestimmte") besonders betont. (Qutb)
Dieses Gebot ist sehr umfassend. Es verbietet nicht
nur die Anbetung irgendeines anderen als Allah, sondern bedeutet auch, dass wir
Allah allein vorbehaltlos gehorchen und uns Ihm allein hingeben. Seine Gebote
und Sein Gesetz sind allein des Gehorsams würdig, und Seine Autorität steht
über allem. Dies ist also nicht nur eine Anweisung, die sich auf das Bekenntnis
zum Islam und die individuelle Praxis bezieht, sondern sie dient als Grundlage
des moralischen, kulturellen und politischen Systems, wie es in Medina durch
den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verwirklicht wurde.
Ihr oberstes Prinzip ist, dass Allah allein der Souverän und Gesetzgeber ist.
(Maududi)
76. 4. Gebot: die Eltern gütig behandeln.
(Safwat Al-Bajaan)
Während Allah die letztendliche wirkliche Ursache
dafür ist, dass der Mensch ins Dasein kommt, sind die Eltern die äußere,
unmittelbare Ursache. Deswegen folgt auf den Aufruf, Allah allein zu dienen,
unmittelbar das Gebot, die Eltern zu lieben und zu ehren. Darüber hinaus soll
der ganze vorliegende Abschnitt - bis einschließlich Ajach 39 - zeigen, dass
Freundlichkeit und gerechtes Handeln zwischen den Menschen zur Vorstellung
„Streben nach dem Guten im zukünftigen Leben" unbedingt dazugehören.
(Asad)
Es liegt in der Natur der Eltern, für ihre Kinder
zu sorgen, oft bis zur Selbstaufgabe. Und wie die neue Pflanze den Samen
aussaugt, bis er zu Krümeln wird, nehmen auch die Kinder die ganze Kraft und
Mühe und Fürsorge der Eltern in Anspruch, bis sie eines Tages schwach und
greise sind. Doch die Kinder vergessen dieses sehr schnell. Deshalb braucht
Allah nicht den Eltern ihre Kinder ans Herz zu legen, sondern umgekehrt erweckt
der Qur’an mit diesem Gebot Güte und Barmherzigkeit in den Herzen der Kinder.
(Qutb)
77. Die Worte „bei dir" illustrieren die
Vorstellung der Schutzsuche und Zufluchtnahme im Zustand des hohen Alters und
der Schwäche. (Qutb)
Die geistigen und moralischen Pflichten werden hier
gegenübergestellt. Wir sollen Allah allein dienen, weil niemand außer Ihm
unseres Dienstes würdig ist, nicht weil Er „ein eifersüchtiger Allah ist, der
die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied bei den
Kindern..." (Exodus 20:5). Beachte, dass ’Ibadach sowohl individuell als
auch gemeinschaftlich geschieht, daher der Plural “Ta'buduu“. Die
Freundlichkeit gegenüber den Eltern ist eine individuelle gute Handlung, daher
der Singular taqul, qul und so weiter. (Juusuf `Allii)
Ein Alter, in dem es manchmal schwer ist, es ihnen
recht zu machen. (Darjabadi)
78. 5. Gebot: den Eltern gegenüber kein Wort
des Verdrusses zu äußern. (Safwat Al-Bajaan)
Ein Wort oder Ton, der Verachtung, Abscheu oder
Lieblosigkeit ausdrückt. (Asad)
Oder irgendein anderes respektloses Wort. Das heißt
betrachte die Fürsorge für sie nicht als Last oder sei nicht abweisend zu
ihnen. (Darjabadi)
79. 6. Gebot: Sie nicht zu schelten. (Safwat
Al-Bajaan)
Dies muss besonders betont werden angesichts der
furchtbaren Unsitten, die in manchen Gesellschaften üblich sind, wie
beispielsweise die, alt gewordene Eltern zu verlassen oder „abzuschieben".
(Darjabadi)
80. 7. Gebot: Mit ihnen in gütiger Weise zu
sprechen. (Safwat Al-Bajaan)
Beachte im Gegensatz hierzu die Praxis in
„fortschrittlichen" westlichen Familien. In einer Gesellschaft, die
wesentlich technologisch ausgerichtet und zunehmend immer mehr nach rein
mechanischen Gesichtspunkten organisiert ist, hat das Verhalten eines Kindes seinen
Eltern gegenüber keine große soziale Bedeutung. So verliert der europäische
Vater von Tag zu Tag mehr Autorität über seinen Sohn, und der Sohn verliert
ständig mehr Respekt vor seinem Vater. Ihre gegenseitigen Beziehungen werden
zunehmend durch die mechanistische Gesellschaft zerstört... (Darjabadi)
24. Und aus Barmherzigkeit senke die
Schwingen der Demut auf sie hernieder81 und sprich: „Mein Herr!
Erbarme Dich ihrer, so wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war."82
81. Dies ist das 8. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Als ob die Demut Flügel hätte, die sie senkt als
Zeichen der Ergebung. So ist auch diese Barmherzigkeit, die in ihre Sanftheit
und Zärtlichkeit wie Unterwürfigkeit erscheint. Eine Unterwürfigkeit, die
keinen Befehl zu verweigern vermag. (Qutb)
Vergleiche Surach 15:88 und die entsprechende
Fußnote. Das Bild ist das eines Vogels, der seine Flügel zärtlich über seine
Jungen ausbreitet. Es trifft auf zweifache Weise zu:
1. Als die Eltern stark waren und das Kind hilflos,
überschütteten sie es mit ihrer Zärtlichkeit; wenn nun das Kind erwachsen ist
und die Eltern alt und schwach, sollte es dann den Eltern nicht ähnliche
zärtliche Fürsorge erweisen? 2. Darüber hinaus sollte der Mensch dies alles mit
Demut betrachten: erinnert ihn die elterliche Liebe nicht an jene große Liebe
Allahs gegenüber Seinen Geschöpfen? Hierin liegt weit mehr als menschliche
Dankbarkeit; sie reicht bis in die größten geistigen Höhen hinauf. (Juusuf
`Allii)
Vergleiche auch Surach 15:88 und 26:215 sowie die
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
82. Dieses Bittgebet ist das 9. Gebot. (Safwat
Al-Bajaan) Nämlich in ihrem hohen Alter und nach ihrem Tod.
(ibn Kasir)
Beachte, dass wir aufgefordert werden, Vater und
Mutter zu ehren, nicht „auf dass es dir wohl ergehe und du lange lebest auf
Erden" (Exodus 20:12), sondern auf einer viel höheren und allgemeineren
Grundlage, wie sie einer vervollkommneten Beziehung würdig ist. In erster Linie
wird nicht nur Respekt verlangt, sondern liebevolle Fürsorge und Demut. Darüber
hinaus ist dieses Gebot mit dem Gebot verbunden, Allah allein zu dienen:
Göttliche Liebe wird für uns in der elterlichen Liebe symbolisiert. In beiden
Fällen kann nichts von dem, was wir tun, das ausgleichen, was wir empfangen
haben. Schließlich wird dadurch unser eigener geistiger Fortschritt geprüft:
wir können nicht Allahs Vergebung erwarten, wenn wir uns denen gegenüber
unfreundlich oder rücksichtslos verhalten, die uns aufgezogen haben. (Juusuf
`Allii)
Dies ist eine zärtliche Erinnerung an die eigene
hilflose Kindheit, wie sie von den Eltern aufs beste behütet worden ist. Nun
sind die Eltern selbst in einer ähnlichen Lage von Hilflosigkeit, die wiederum
der Zärtlichkeit und der Fürsorge bedarf. (Qutb)
Umgekehrt bedeutet dies, dass die Erziehung der
Kinder Sache der Eltern ist und nicht etwa des Staates. (Darjabadi)
25. Euer Herr weiß sehr wohl, was in euren Seelen ist.83
Wenn ihr gütig seid,84 dann ist Er allverzeihend gegen die, die sich
Ihm zuwenden.85
83. Dieser Einschub erfolgt, bevor es mit den
Geboten, Pflichten und Verhaltensregeln weiter geht, um das Tor zur Umkehr für
den zu öffnen, der einen Fehler oder eine Nachlässigkeit begeht, sie aber bald
bereut. (Qutb)
Bloßes äußerliches Verhalten genügt nicht; es kommt
auf die innere Haltung an. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 11:31 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
84. Gewohnheitsmäßig, und den Eltern gegenüber
immer gehorsam und respektvoll. (Darjabadi)
„Wenn ihr rechtschaffen seid, (wird Er euch eure
Irrtümer vergeben)". Dieser Einschub verdeutlicht die Bedeutung dieses
elliptischen Satzes. (Asad)
85. Nach der inneren Haltung des Herzens und
den verborgenen und geheimen Absichten urteilt Allah. Er kennt dies alles. (Juusuf
`Allii)
Solange das Herz gütig ist, ist die Tür zur
Vergebung offen. Und die „awwabun" (Umkehrer) sind jene, die immer, wenn
sie einen Fehler begehen, bald zu ihrem Herrn reuig umkehren. (Qutb)
26. Und gibt dem Verwandten, worauf er
ein Anrecht hat,86 und ebenso dem Armen und dem Reisenden.87
Hüte dich jedoch vor Verschwendung.88
86. Das heißt Freundschaft Zuneigung und Hilfe
in Notzeiten. (Darjabadi)
Dies ist das 10. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Nach der Erwähnung der Eltern, und wie man sie
gütig behandeln soll, wendet er sich nun den Verwandten zu. In einem Hadis
steht: „Deine Mutter und dein Vater, dann der Nächste und der Nächste. (ibn
Kasir)
87. In diesem Satz sind die Gebote 11 und 12
enthalten. (Safwat Al-Bajaan)
Der Qur’an macht den Anspruch von Verwandten, Armen
und Reisenden auf angemessenem Unterhalt zu eurem von Allah vorgeschriebenen
Recht. Es ist somit keine Gefälligkeit oder eine gnädige Gewährung. (Qutb)
Im jüdischen Dekalog, der einem primitiven und
hartherzigen Volk gegeben wurde, hat solche verfeinerte Freundlichkeit
gegenüber in Not befindlichen Menschen und Reisenden (das heißt Fremden, denen
man zufällig begegnet), keinen Platz. Damals bestand auch keine Gefahr, das
Vermögen sinnlos zu verschwenden. Selbst das Gebot, Vater und Mutter zu ehren,
kommt nach der rituellen Einhaltung des Sabbat. Hier
ist ’Ibadach mit Freundlichkeit gekoppelt - gegenüber Eltern, Verwandten,
Bedürftigen, Menschen, die sich fern von zu Hause befinden, auch wenn sie uns
völlig fremd sind. Sie haben Rechte, die wir erfüllen müssen. (Juusuf `Allii)
Vergleiche auch Surach 2:177. Der Begriff ihn
“As-Sabil“ (wörtlich: „Sohn der Straße") bezeichnet einen Reisenden, der
sich fern von seiner Heimat befindet, besonders dann, wenn ihm aufgrund seiner
Lebensumstände nicht genügend Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung
stehen. Im weiteren Sinne bezeichnet er eine Person, die vorübergehend oder auf
Dauer nicht in ihre Heimat zurückkehren kann, beispielsweise einen politischen
Flüchtling oder jemanden, der im Exil lebt. (Asad)
88. Nicht verschwenderisch zu sein, ist das
13. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Alle Freundlichkeit, Großzügigkeit und
Hilfsbereitschaft sind durch unsere eigenen Mittel bedingt. Es nützt nichts,
wenn wir nur geben, um als großzügig bekannt zu werden. Viele Familien
ruinieren sich durch extravagante Ausgaben bei Hochzeiten, Beerdigungen und so
weiter, oder „um Freunden oder Verwandten einen Gefallen zu tun". Dieses
Gebot war kaum jemals notwendiger als für die Muslime unserer Zeit. (Juusuf
`Allii)
Der Qur’an verbietet Verschwendung, das heißt
unberechtigte Ausgaben. Mudschahid sagt: „Wenn jemand sein gesamtes Eigentum
aus berechtigten Gründen ausgibt, ist er kein Verschwender. Wenn er aber ein
“Mudd“ (ein Hohlmaß= 18L.) im Unrecht ausgibt, ist er ein Verschwender."
Es geht nämlich nicht um die Höhe der Ausgaben, sondern um den rechten Zweck.
(Qutb)
Sinnlos und zu keinem guten Zweck. (Asad)
27. Wahrlich, die Verschwender sind
Brüder der Scheytane,89 und der Scheytan ist seinem Herrn gegenüber
undankbar.90
89. Vergleiche auch oben Fußnote 88. Die
Verschwender werden als „Brüder der Scheytane" bezeichnet, weil sie ihre
Mittel für lügnerische, schädliche und sündige Dinge ausgeben. (Qutb)
Ah bedeutet nicht nur „Bruder", sondern auch
„Gefährte" oder ähnliches. (Darjabadi)
90. Der Scheytan erfüllt nämlich nicht die
Pflicht, die er Allah für Seine Wohltaten schuldet. Das gleiche tun auch seine
Brüder, indem sie ihre Aufwendungen nicht für erlaubte Dinge und in gebühriger
Weise einsetzen. (Qutb)
Verschwender sind nicht einfach nur dumm, sondern
gehören zur gleichen Art wie die Bösen. Der Oberste der Bösen (beachte den
Übergang vom Plural zum Singular!) kam durch seine Undankbarkeit Allah
gegenüber zu Fall. Wer also Allahs Gaben verschwendet und missbraucht, ist
Allah gegenüber undankbar. (Juusuf `Allii)
28. Und wenn du dich91 von
ihnen92 wegwenden musst93 und (selbst) einen Gnadeerweis
deines Herrn zu erbitten suchst, so sprich zu ihnen in besänftigender Weise.94
91. Aufgrund deiner Unfähigkeit, ihnen zu
helfen. (Darjabadi)
92. Von denen, die materielle Hilfe von dir
erbitten. (Darjabadi)
93. Wenn du gegenwärtig nicht die Mittel hast,
anderen zu helfen, und deine Hilfeleistung hinausschieben musst, bis Allah
deine eigene Situation erleichtert hat. (Darjabadi)
Wenn du selbst in Not bist und anderen nicht helfen
kannst. (Asad)
94. Dies ist das 14. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Er soll sie auf bessere Zeiten vertrösten. (Qutb)
Es kann zweierlei Gründe dafür geben, sich von
jemandem „abzuwenden:
1. man hat vielleicht nicht die Mittel, sie zu
unterstützen und ihnen ihre Rechte zu gewähren; oder
2. man muss sie vielleicht meiden, weil sie andere
Absichten haben. In beiden Fällen besteht kein Grund, unfreundlich mit ihnen zu
sprechen. Man soll sich nicht auf kühle Höflichkeit beschränken, sondern sich
um die Art von Freundlichkeit bemühen, die aus Mitgefühl und Verständnis kommt
und die Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang erleichtert. (Juusuf
`Allii)
Der Mensch soll sein Vermögen und sein Einkommen
nicht nur für sich selbst verwenden. Er soll sich Mühe geben, auf bescheidene
Weise seine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und außerdem Verwandten, Nachbarn
und anderen bedürftigen Personen ihr Recht zu gewähren. Diese Haltung trägt
dazu bei, eine Atmosphäre der Zusammenarbeit, Sympathie und Gerechtigkeit in
der Gemeinschaft zu schaffen. Wenn sich jemand bei einem anderen entschuldigen
muss, weil er ihm nicht helfen kann, sollte er Allah bitten, ihm diese Hilfe bald
wieder zu ermöglichen. Auf dieser Grundlage entstand schließlich das Gebot,
Sakach („Armensteuer") und Sadaqa (freiwillige Spende) zu zahlen. Die
Rechte der Waisen wurden dadurch ebenso bestimmt wie die Sitte, dass jeder
Haushalt einen Reisenden drei Tage beherbergen sollte. Dadurch entstanden
Gefühle der gegenseitigen Solidarität, die so weit gingen, dass die Menschen
aus eigenem Antrieb diesen moralischen Verpflichtungen nachkamen, die weder
eingeklagt noch gesetzlich erzwungen werden konnten. (Maududi)
29. Und fessele deine Hand nicht an
deinen Nacken,95 doch strecke sie auch nicht unendlich aus,96
damit du nicht zu tadeln bist und nicht mittellos dasitzt.97
95. 15. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
„Die Hand an den Nacken gebunden" ist eine
Umschreibung für Geiz und besonders für die Abneigung dagegen, anderen zu
helfen. (Asad)
Vergleiche auch den Ausdruck für Geiz in Surach
5:67. Wir sollen nicht so freizügig sein, dass wir uns selbst ins Elend bringen
und von vernünftigen Menschen getadelt werden müssen, aber es ist ebenso
falsch, unsere Mittel denen vorzuenthalten, die ein Anrecht auf unsere Hilfe
haben, oder sie nicht für gute Zwecke einzusetzen. Wir müssen jedoch den
Mittelweg zwischen unseren Möglichkeiten und den Bedürfnissen anderer Menschen
finden. (Juusuf `Allii)
96. 16. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Sei weder geizig noch zu großzügig, sondern befolge
den Mittelweg zwischen diesen Extremen. (Darjabadi)
97. Wenn wir Ajach 27 und 29 zusammen lesen,
wird deutlich, dass der Qur’an die Menschen ermahnt, dem goldenen Mittelweg zu
folgen, das heißt, sie sollen weder geizig sein und ihr Vermögen aus dem Umlauf
ziehen, noch extravagant ihre eigene Wirtschaft ruinieren. Sie sollen lernen,
sich auf ausgeglichene Weise zu verhalten, so dass sie Geld ausgeben, wo es
ausgegeben werden sollte, aber es nicht verschwenden und sich selbst in
Schwierigkeiten bringen. Dies sind nicht nur moralische Instruktionen für
Individuen. Sie sollen ebenso die islamische Gesellschaft vor Extravaganz
schützen. Im islamischen Staat von Medina wurden dementsprechend praktische
Maßnahmen ergriffen. Viele Formen von Luxus und Extravaganz wurden gesetzlich
verboten und geahndet. Soziale Reformen wurden durchgeführt, um alle Bräuche zu
unterbinden, die zu solchen Extravaganzen führten. Die Pflicht, Sakach zu
zahlen, trug dazu bei, dass Geiz als Haltung abgebaut wurde. Es entstand eine
öffentliche Meinung, die es den Menschen ermöglichte, zwischen Großzügigkeit
und Verschwendung sowie zwischen Geiz und Sparsamkeit zu unterscheiden. Diese innere
moralische Haltung wurde ein Bestandteil des islamischen Gesellschaftslebens,
so dass bis heute geizige Menschen getadelt und großzügige Menschen überall
geachtet werden. (Maududi)
30. Wahrlich, dein Herr gewährt reichlich Unterhalt98 wem
Er will und beschränkt ihn auch.99 Denn Er ist fürwahr mit
Seinen Dienern vertraut und sieht sie wohl.100
98. Das heißt Er versorgt reichlich und
großzügig. (Darjabadi)
99. Wenn ein unvernünftiger Verschwender
vorgibt, seine Großzügigkeit sei gut für viele Menschen, auch wenn sie ihn
selbst ruiniert, dann wird er hiermit daran erinnert, dass Allah für alle
Menschen sorgt. Er kennt die wahren Bedürfnisse jedes einzelnen und erfüllt
sie. Einigen gibt Er reichlich, aber allen gibt Er nach gerechtem Maß. Wer sind
wir, dass wir vorgeben könnten, großzügiger zu sein? (Juusuf `Allii)
Er misst Seine Versorgung den Umständen
entsprechend zu. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 13:26 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
100. Der Mensch ist nicht in der Lage, die
Weisheit zu erkennen, die in der ungleichen Versorgung der einzelnen liegt. Es
wäre falsch, eine künstliche Gleichmacherei herbeiführen zu wollen. Das beste
wirtschaftliche System ist eins, das auf den Geboten Allahs zur Verteilung des
Eigentums beruht. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 17:17; 17:96; 35:31 und
42:27 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
Abschnitt 4
31. Und tötet nicht eure Kinder101
aus Furcht vor Armut. Denn Wir gewähren ihnen und euch Unterhalt.102
Wahrlich, sie zu töten ist ein großes Vergehen.103
101. „Tötet nicht eure Kinder" stellt das
17. Gebot dar. (Safwat Al-Bajaan)
Bei den Arabern war es verbreitet, neugeborene
Mädchen zu töten. In einer Gesellschaft, die sich ständig im Kriegszustand
befand, galt ein Sohn als Quelle der Kraft, während eine Tochter als Quelle der
Schwäche angesehen wurde. Bis heute ist in einigen Ländern Kindestötung aus
wirtschaftlichen Gründen nicht unbekannt. Dieses Verbrechen gegen das Leben von
Kindern wird hier als eins der größten Verbrechen beschrieben.
(Juusuf `Allii)
Historisch kann sich dies auf den vorislamischen
arabischen Brauch beziehen, unerwünschte neugeborene Mädchen lebendig zu
begraben (vergleiche auch Surach 81:8-8 und die entsprechenden Fußnoten), oder
auf die gelegentliche Sitte, männliche Kinder ihren Göttern zu opfern, die
jedoch wesentlich seltener war. Darüber hinaus hat dieses Gebot jedoch zeitlose
Gültigkeit, denn es bezieht sich auch auf Abtreibungen „aus Furcht vor
Armut", das heißt aus rein wirtschaftlichen Gründen. (Asad)
102. An dieser Stelle erwähnt der Qur’an die
Versorgung der Kinder vor der der Eltern, in Surach 6:15 jedoch ist es
umgekehrt: „Wir versorgen euch und sie." Hier handelt es sich um die
Furcht vor einer (eventuellen) Verarmung, die in Zukunft durch die Kinder
eintreten könnte, und deswegen wird ihre Versorgung der der Eltern
vorausgeschickt. In Surach 6 wird ihre Tötung aus bereits vorhandener Armut der
Eltern verboten. Deswegen wird dort die Versorgung der Eltern zuerst erwähnt.
(Qutb)
103. Selbst die Gegner des Propheten Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, müssen zugeben, dass er mit dem Verbot der
Kindestötung eine bedeutende soziale Reform durchgesetzt hat. (Darjabadi)
32. Und kommt der Unzucht nicht nahe,104
denn das ist fürwahr eine Abscheulichkeit105 und ein übler Weg.106
104. Das ist das 18. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Zwischen dem Verbot, Kinder zu töten, und dem
Verbot der Unzucht und des Ehebruchs besteht nämlich ein Zusammenhang, ebenso
wie auch zum Verbot des Tötens überhaupt. Von einem anderen Standpunkt aus
betrachtet ist Töten im Ehebruch impliziert, denn er führt oft zur Abtreibung
oder Kindestötung, und ein Kind aus einer ehebrecherischen Verbindung, wenn es
am Leben gelassen wird, muss oft ein verachtetes oder elendes Leben führen. Was
Tötung in einer anderen Form darstellt. Sie sind auch eine Art des Tötens für
die Gemeinschaft, weil sie ihr soziales Gefüge untergräbt,
die Ehe zum unnötigen Gebilde degradiert und somit
auch die Familie, in deren Schoß die Kinder wohlbehütet aufwachsen,
in Frage stellt. (Qutb)
Das arabische Wort “Sinaa“ ist umfassender als das
deutsche Wort „Ehebruch", das außereheliche Beziehungen verheirateter
Personen bezeichnet, oder „Unzucht", das sich auf unverheiratete Personen
bezieht. Es umfasst jede Art außerehelicher sexueller Beziehungen. (Darjabadi)
Wörtlich: „nähert euch nicht dem Ehebruch".
Damit wird das Verbot intensiviert. (Asad)
Vergleiche auch Surach 6:151 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
105. Ehebruch ist an sich abscheulich und
erniedrigend für die Seele. Der Islam verurteilt Ehebruch, Promiskuität und
Unkeuschheit in jeder Form. (Darjabadi)
106. Wörtlich: „es ist übel als Weg". Und
es ist ein Übel, das den Weg zu anderen Missständen öffnet. Ehebruch ist nicht
nur an sich schandhaft und nicht mit Selbstrespekt oder dem Respekt vor anderen
in Einklang zu bringen, sondern er führt zu weiteren Übeln. Er zerstört die
Grundlage des Familienlebens; er wirkt sich gegen die Interessen der schon
geborenen oder noch ungeborenen Kinder aus; er kann Morde, Fehden und den
Verlust von Ruf und Eigentum verursachen sowie auch auf Dauer die sozialen
Bindungen lösen. Wir sollten ihn nicht nur meiden, sondern auch jede Annäherung
oder Versuchung in dieser Richtung. (Juusuf `Allii)
Ehebruch führt zu anderen Lastern und hat eine
äußerst zersetzende Wirkung. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 4:22. (Anm. d. Übers.)
33. Und tötet keine Seele, die (zu
töten) Allah verboten hat, es sei denn mit Berechtigung.107 Wird jedoch
jemand unrechtmäßig getötet, so geben Wir seinem nächsten Anverwandten
Ermächtigung,108
doch soll er beim Töten das Maß nicht überschreiten,109 denn ihm
wird gewiss Hilfe zuteil.110
107. Dies ist das 19. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Islam ist der Diin des Lebens und des Friedens.
Nach Abgötterei ist Mord das größte Verbrechen, denn Allah ist Derjenige, Der
das Leben schenkt, und außer Ihm steht es niemandem zu, es wieder zu nehmen, es
sei denn mit Seiner Zustimmung und innerhalb der Rahmenbedingungen, die Er
dafür gesetzt hat. Jedes Leben ist unverletzlich, es sei denn, es lägen
rechtliche Gründe vor. Diese rechtlichen Gründe sind genau festgelegt. In „Al
Sahihein", wird erwähnt, dass der Prophet Muhammad - Friede sei mit ihm -
sagte: „Das Blut eines Muslims, der bezeugt, dass es außer Allah keinen Gott
gibt, und dass Muhammad Sein Gesandter ist, darf nicht vergossen werden, es sei
denn aus drei Gründen: als Vergeltung für ein anderes Menschenleben; wenn ein
Verheirateter Ehebruch begeht; oder wenn er den Islam aufgibt und zugleich in
seiner Gemeinschaft Zwietracht gestiftet hat." (Qutb)
Als Vollstreckung eines Gerichtsurteils oder in
einem gerechtfertigten Krieg (vergleiche auch Surach 2:190 und die
entsprechende Fußnote) oder in individueller legitimer Selbstverteidigung.
(Asad)
Dies bedeutet nicht nur, dass man andere nicht
töten darf, sondern ist auch ein Verbot des Selbstmordes, der auch eine Art von
Mord ist. Wenn jemand glaubt, er sei „Herr seiner selbst" und habe daher
das Recht, sich selbst zu töten oder sein Eigentum zu vernichten, dann vergisst
er, dass jede Seele Allah gehört und niemand das Recht hat, sie zu töten oder
auch nur zu missbrauchen. Diese Welt ist ein Ort, wo wir geprüft werden, wobei
es für die Prüfung keine Rolle spielt, ob unsere Lebensumstände günstig oder
ungünstig für uns sind. Es wäre falsch, davor davonzulaufen, geschweige denn
ein so furchtbares Verbrechen wie Selbstmord zu begehen. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 6:151 und 4:92 mit den
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
108. Vergeltung darf nur nach Gerechtigkeit
geübt werden. Den Angehörigen des Opfers steht das Recht zu, entweder den
Mörder hinzurichten oder statt dessen von ihm Blutgeld
anzunehmen oder ganz auf Strafe zu verzichten. (Qutb)
Unter strengen Bedingungen ist es erlaubt, *ein
Leben für ein Leben zu nehmen. Diese Forderung steht dem Erben eines Ermordeten
zu; er darf jedoch die Bedingungen nicht überschreiten. (Juusuf `Allii)
In diesem Zusammenhang wir der Begriff “Wali“
(wörtlich: „jemand der sich für jemandes Rechte einsetzt) meist auf den Erben
oder nächsten Angehörigen des Opfers bezogen. Samachsari betont jedoch, dass es
sich auch auf die Regierung beziehen kann, die „sich für die Rechte aller
Bürger einsetzt". Der Ausdruck “qutila masluuman“ („unrechtmäßig
getötet") weist darauf hin, dass hier nur Fälle von absichtlichem Mord
gemeint sind, denn das Wort “Sulm“ wird im Qur’an nur für absichtliches, nie
aber für versehentliches Unrecht gebraucht. (Asad)
109. Das 20. Gebot. (Safwat Al-Tafasir)
Das Gesetz steht auf seiner Seite. Einige
Kommentatoren sind der Ansicht, das „er" beziehe sich auf den Erben der
Person, gegen die sich die Vergeltung richtet, denn auch auf seiner Seite steht
das Recht, wenn der Erbe des Ermordeten seine Rechte überschreitet. (Juusuf
`Allii)
Als Gegenleistung für die Machtbefugnis, die dem
Erben über den Mörder gegeben wird, wird er dazu verpflichtet in dieser
Hinsicht keine Überschreitung zu begehen, indem er beispielsweise einen anderen
als den, der die Tat begangen hat, für ihn tötet oder dessen Leiche
verstümmelt. (Qutb)
Der Verteidiger der Rechte des Opfers darf also die
Strafe nicht gegen einen anderen als den tatsächlichen Mörder verhängen,
sondern er muss auch je nach der Lage des Falles mildernde Umstände anerkennen
und gegebenenfalls von einer Bestrafung überhaupt absehen. (Asad)
Übertreibung wäre auch, mehr Personen als den
Mörder selbst zu töten, den Täter zu foltern oder seine Leiche zu entstellen
oder ihn zu töten, nachdem man schon Blutgeld angenommen hat, und ähnliches.
(Maududi)
110. Das heißt, in diesem Leben wird von seinem
Mörder Vergeltung gefordert, und im zukünftigen Leben wird ihm ein Segen
zuteil, den Allah allen schenkt, die ohne rechtmäßigen Grund getötet wurden
(Rasi).
Einige Kommentatoren beziehen jedoch das „er"
auf den Verteidiger der Rechte des Ermordeten und interpretieren den Satz: „Das
Gesetz ist auf seiner Seite, darum darf er nicht mehr als die gerechte
Vergeltung verlangen." (Asad)
Auf welche Weise die Hilfe kommt, wird hier nicht
definiert, denn zur Zeit der Offenbarung war der islamische Staat noch nicht
gegründet. Danach aber wurde deutlich gemacht, dass der Erbe des Opfers nicht
berechtigt war, Vergeltung zu fordern, indem er einfach den Täter ermordete.
Nur die islamische Regierung ist bevollmächtigt, für Vergeltung zu sorgen.
(Maududi)
34. Und kommt nicht dem Besitz der Waisen nahe, es sei denn zu
(ihrem) Vorteil,111 bis sie ihre Volljährigkeit erreicht hat.112
Und haltet das Versprechen ein.113 Wahrlich, für (die
Einhaltung) des Versprechens wird Rechenschaft gefordert.114
111. Das 21. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Auf die Unverletzlichkeit von Ehre und Leben ist in
den nun folgenden Abschnitten von der Unverletzlichkeit des Eigentums von
Waisen und von vertraglichen Vereinbarungen die Rede. Der Islam schützt all
dieses, und der Prophet Muchammad - Friede sei mit ihm - sagte: „Für jeden
Muslim ist Blut, Ehre und Eigentum jedes anderen Muslims unantastbar."
Dieses Gebot wird in Bezug auf das Eigentum der Waise noch intensiviert, indem
vor der bloßen Annäherung gewarnt wird, es sei denn zu ihrem Vorteil."
Denn Waisen sind zu schwach, um selbst Eigentum zu verwalten oder zu schützen,
deswegen obliegt diese Pflicht der islamischen Gemeinschaft, bis die Waise
selbst das geschäftsfähige Alter erreicht hat. (Qutb)
Vergleiche auch Surach 6:152, und andere
Abschnitte, die sich auf die Rechte der Waisen beziehen, beispielsweise Surach
2:220. Wenn jemand das Vermögen einer Waise anrührt, sollte das nur geschehen,
um es zu vermehren oder gegen etwas besseres
einzutauschen, niemals aber um eines persönlichen Vorteils willen. Ein
Geschäft, das zwischen gleichwertigen Partnern völlig legal ist, kann zwischen
einer Waise und dem Vormund unfair sein. (Juusuf `Allii)
112. “Aschud“ bedeutet das Alter, wenn die
Waise die volle Reife der Durchsetzungskraft und Vernunft erreicht hat, etwa
zwischen dem Alter von 18 bis 30 Jahren. Das Volljährigkeitsalter kann bei 18
oder 21 Jahren liegen, oder in bestimmten Fällen im islamischen Recht niedriger
als 18 Jahre. Im Falle einer Waisen müssen strengere Normen beachtet werden.
(Juusuf `Allii)
Auch dies war nicht nur eine moralische
Verpflichtung. Nach Gründen des islamischen Staates wurden rechtliche und administrative
Maßnahmen ergriffen, um die Rechte der Waisen zu garantieren. Einzelheiten
finden wir in der Hadis- und Fiqch- Literatur. Das Prinzip wurde auf alle
diejenigen Bürger ausgeweitet, die nicht in der Lage waren, ihre eigenen
Interessen wahrzunehmen. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, selbst erklärte: „Ich bin der Vormund dessen, der keinen Vormund
hat". (Maududi)
113. Dies ist das 22. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)
Der bestimmte Artikel („haltet das Versprechen
ein") hat hier verallgemeinernde Bedeutung und wird am besten übersetzt:
„jeden Vertrag". (Juusuf `Ali)
114. Allah wird dereinst nicht nur danach
fragen, ob jemand zu seinem Wort gestanden hat, sondern auch denjenigen zur
Rechenschaft ziehen, der sein Wort gebrochen hat. (Qutb)
Für jedes Versprechen wird Rechenschaft gefordert,
oder jedes Versprechen wird untersucht. (Asad)
Dies ist nicht nur eine moralische Verpflichtung
für Einzelpersonen, sondern wurde nach Gründung des islamischen Staates
Leitprinzip für alle inneren und äußeren Angelegenheiten der Gemeinschaft und
der Regierung. (Maududi)
35. Und gebt volles Maß, wenn ihr
ausmesst, und wiegt mit richtigem Gewicht.111 Dies bringt
Gutes (ins Diesseits) und einen guten Ausgang (dereinst).116
115. Hier folgen Gebot 23 und 24. (Safwat
Al-Tafaasir)
Vom Einhalten der Verträge geht es nun zur
Gewissenhaftigkeit beim Zumessen und Wiegen. (Qutb)
“Mustaqim“ bedeutet wörtlich: „gerade". Dieser
Begriff hat im Qur’an ausnahmslos eine geistige oder moralische Bedeutung.
Deswegen bezieht er sich - wie in einer ähnlichen Redewendung in Surach 6:152 -
nicht nur auf geschäftliche Vorgänge, sondern auf alle zwischenmenschlichen
Beziehungen. (Asad)
Als Teil der Aufgabe einer islamischen Regierung
ergab sich daraus die Überwachung der Handelsgeschäfte und die Verhinderung und
strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen diese
Gebot. (Maududi)
116. Ehrlichkeit beim Ausmessen und Wiegen
bringt Gutes im Diesseits und einen guten Ausgang im Jenseits entsprechend dem
Wortlaut des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm: „Wer die
Möglichkeit hat Verbotenes zu tun, aber aus Furcht vor Allah davon ablässt, dem
wird Allah vor dem Jenseits einen besseren Ersatz im Diesseits schenken".
(Qutb)
Volles Maß und Gewicht geben ist nicht nur in sich
selbst gut und richtig, sondern bringt darüber hinaus geistige und materielle
Vorteile. (Juusuf `Allii)
Das Ziel dieses Verhaltens ist das beste in dieser
Welt und das beste im zukünftigen Leben. In dieser Welt, weil dadurch
gegenseitiges Vertrauen entsteht. Auf dieser Grundlage gedeiht die Wirtschaft,
und es entwickelt sich allgemeiner Wohlstand. Das Ziel des zukünftigen Lebens
ist ohnehin völlig von Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Taqwa abhängig.
(Maududi)
Vergleiche auch Surach 4:59. (Anm. d. Übers.)
36. Und halte dich nicht an das, wovon
du keine Kenntnis hast.117 Denn wahrlich, sowohl das Gehör wie das
Gesicht und das Herz, sie alle werden dereinst darüber zur Rechenschaft
gezogen.118
117. Das 24. Gebot. (Safwat Al-Tafaasir)
Neugier veranlasst uns manchmal, uns in Dinge
einzumischen, die böse sind. Wir sollen uns vor dieser Gefahr schützen. Wir
sollten nur auf Berichte von Leuten hören, die uns gut und zuverlässig bekannt
sind, und Dinge sehen, die gut und lehrreich sind; ebenso sollen wir in uns
Gefühle und Gedanken pflegen, von denen wir berechtigterweise annehmen können,
dass sie uns geistig nützlich sind. Für die Nutzung aller dieser Fähigkeiten,
die uns gegeben wurden, werden wir zur Rechenschaft gezogen. Sinnlose Neugier
wird verurteilt. (Juusuf `Allii)
Dies bezieht sich auf unbegründete Annahmen über
Ereignisse oder Menschen (damit auch auf Verleumdung und üble Nachrede), auf
Aussagen, die nicht bewiesen werden können, sondern auf bloßen Vermutungen
beruhen, oder auf Einmischung in eine gesellschaftliche Situation, die wir
nicht richtig abschätzen können. (Asad)
Diese kurzen Worte beschreiben den vollkommenen Weg
für Herz und Vernunft, nämlich den Weg tatsächlichen Wissens. Wer ihn
beschreitet, fällt nicht Unwissenheit und Illusion zum Opfer und handelt und
urteilt nicht auf der Grundlage bloßer Vermutungen. (Qutb)
118. Vernunft und Herz wie auch Gehör und
Gesicht gehören zu den großen Dingen, die Allah dem Menschen anvertraut hat.
Für ihre Anwendungsweise sind wir Allah verantwortlich. Der Gesandte Allahs -
Friede sei mit ihm - sagte: „Die größte Lüge ist, wenn jemand behauptet, dass
seine Augen etwas gesehen haben, was sie nicht sehen konnten." (Qutb)
Dieses Gebot bedeutet, dass wir niemals Vermutungen
und Annahmen statt tatsächlichem Wissen folgen sollen. Es bezieht sich auf alle
Aspekte des islamischen Lebens, auf Recht, Politik und Moral ebenso wie auf
Wissenschaft, Kunst und Erziehung. Die islamische Ethik verlangt, sich vor
Misstrauen zu hüten und niemanden ohne entsprechende Untersuchung zu
verdächtigen. Dies gilt im Strafrecht ebenso wie für außenpolitische
Beziehungen. Auch Wissenschaft, die auf bloßen Vermutungen und irrationalen
Vermutungen beruht, wird abgelehnt. Damit wird der Aberglaube von der Wurzel
her vernichtet. (Maududi)
37. Und gehe nicht voll Hochmut auf der
Erde umher.119 Du kannst ja wahrlich weder die Erde spalten noch die
Berge an Höhe erreichen.120
119. Dies ist das 25. und letzte Gebot. (Safwat
Al-Bajaan)
Hochmut, Arroganz und Überschätzung unserer Macht
und Fähigkeiten sind der erste Schritt zu vielen Missständen. Sie sind völlig
unberechtigt, denn alle unsere Fähigkeiten wurden uns von Allah geschenkt.
(Juusuf `Allii)
Vergleiche auch Surach 31:18; 40:75 und 57:23.
(Anm. d. Übers.)
120. Wenn der Mensch kein Gefühl für den
Allmächtigen empfindet, so wird er überheblich durch das, was er an Reichtum,
Macht, Kraft und Schönheit erreicht hat. Würde er aber daran denken, dass dies
alles Allahs Gaben sind, und dass er in Wirklichkeit klein und schwach ist vor
Allahs Macht und Stärke, so würde er seinen Hochmut zurücknehmen und seine
Einbildung in Zaum halten. Mit seinem kleinen schmächtigen Körper ist er nichts
im Verhältnis zu den mächtigen Gebilden, die Allah erschaffen hat. Er ist stark
nur durch die Kraft, die Allah ihm gab, angesehen durch die Ehre, die ihm von
Allah verliehen wurde, edel durch den Geist, den Allah ihm einhauchte, damit er
in engem Kontakt zu Ihm stehe, nach Ihm trachte und Seiner stets eingedenk sei.
(Qutb)
Dieses Gebot warnt vor der Verhaltensweise von
Tyrannen und selbstherrlichen Menschen und gilt nicht nur für einzelne, sondern
ebenso für das kollektive Verhalten der muslimischen Gemeinschaft.
Verantwortliche des islamischen Staates sollten frei von jeder Spur von
Tyrannei, Arroganz, Hochmut und Eitelkeit sein. In Verhalten, Kleidung und
Wohnung sollten sie bescheiden sein. (Maududi)
38. Das Übel all dessen ist bei Allah
verhasst.121
121. Allah lehnt alles das, was Er verboten
hat, ab; oder: Er lehnt Ungehorsam gegenüber allen diesen Geboten ab. (Maududi)
Nach Ansicht einiger Kommentatoren bezieht sich
dies auf den Inhalt der letzten beiden Ajachs. Wahrscheinlicher ist jedoch,
dass es sich auf alle genannten Gebote bezieht, ob sie eindeutig ausgesprochen
oder impliziert sind. (Asad)
39. Dies gehört zu dem, was dir dein
Herr an Weisheit122 offenbart hat. Und nimm dir nicht mit Allah eine
andere Gottheit,123 sonst wirst du in
die Hölle geworfen, getadelt und verstoßen.124
122. Die in Ajach 23-39 erläuterten Gebote
gehen weit über den Dekalog hinaus, indem sie Motivationen hervorheben und
besondere Aufmerksamkeit auf die Schwachen und Hilflosen lenken. Für all dies
sind wir verantwortlich, wenn wir ein geistiges Verständnis für Allah erlangen
wollen. Es beginnt mit der Aufforderung, Allah zu dienen, und endet mit einer
ähnlichen Aufforderung, die das Argument abrundet. Damit wird die Tatsache
betont, dass Liebe zu Allah die Liebe zu unseren Mitmenschen und Mitgeschöpfen,
ausgedrückt in praktischer Hilfe, einschließt. (Juusuf `Allii)
Beachte, dass das Wort “Hikma“ (normalerweise
übersetzt mit „Weisheit") von dem Verb “hakama“ („er hielt zurück"
oder „er schränkte ein", nämlich von einer nicht wünschenswerten
Verhaltensweise) hergeleitet ist. Es bedeutet daher in erster Linie „etwas, das
von bösem oder unvernünftigem Verhalten abhält", oder im positiven Sinne
„Einsicht in das, was besser ist". Da dieser Begriff sich hier besonders
auf das bezieht, was „hassenswert vor Allah ist", impliziert er ethisches
Unterscheidungsvermögen (die Kenntnis dessen, was richtig und falsch ist)
seitens des Menschen. Dies setzt wiederum das Vorhandensein absoluter, Allah
gewollter ethischer Werte voraus. (Asad)
123. Da es keine Grundlage für die Annahme
absoluter ethischer Werte gibt, das heißt unabhängig von der Zeit und den
gesellschaftlichen Umständen, ohne einen Iman an Allah und Seine letztendliche
Entscheidung, schließt der Abschnitt, wie er angefangen hat: mit einem Aufruf
zur Erkenntnis von Allahs Einheit und Einzigartigkeit. (Asad)
124. Das Wort „getadelt" veranlasst uns zu
einem Rückblick auf Ajach 29 dieser Surach. Dazwischen liegt eine Aufzählung
von Vergehen, die aus Gier und der egoistischen Rücksichtslosigkeit gegenüber
den Rechten anderer Menschen begangen werden. Das Wort „stoßen" erinnert
uns an Ajach 18 dieser Surach; von dort an bis hierher werden Vergehen
aufgeführt, die uns um Allahs Gnade bringen. Letzteres ist natürlich weiter
gefasst als ersteres. Auf subtile Weise werden hier die beiden Gedankengänge
verknüpft. (Juusuf `Allii)
40. Hat denn euer Herr für euch Söhne
aus ersehen125 und für Sich Töchter unter den Engeln genommen?126 Ihr sprecht da wahrlich ein schwieriges
Wort.
125. Damit sind die mekkanischen Götzendiener
angesprochen. Sie maßen Söhnen einen sehr hohen Wert bei. (Darjabadi)
126. Vergleiche auch Surach 16:57-59. Das
Gebot, Allah zu dienen, beinhaltet auch das Verbot, anderen als Allah zu dienen
oder Allah auf falsche Weise zu dienen. In der Gesellschaft, in der Töchter
verachtet wurden und sogar ihr Leben eigens geschützt werden musste, war es
besonders abwegig, Allah Töchter zuzuschreiben. (Juusuf `Allii)
Dies ist eine Frage, die die ganze Missbilligung
ausdrückt. Eine Missbilligung der Behauptung, die Engel seien Allahs Töchter.
Allah ist gleichermaßen erhaben über Ehepartner und Kind, wie auch über
Teilhaber oder Ebenbild! Während die Götzendiener selbst Söhne vorzogen und
ihre Töchter oft aus Angst vor Armut, Schwäche oder Schande töteten, schrieben
sie gleichzeitig Allah Töchter zu. Wenn nun aber Allah Derjenige ist, Der Söhne
und Töchter schenken kann, sollte Er ihnen dann die höhergesetzten Söhne geben
und Sich Selbst die Töchter, die niedriger geschätzt sind, vorbehalten? Diesen
Diskurs führt Allah auf, um ihnen zu zeigen wie schwach und unsinnig ihre
Behauptung ist. (Qutb)
Im vorislamischen Arabien stellte man sich die
Engel als eine Art weibliche Untergottheiten vor und bezeichnete sie als
„Töchter Allahs" trotz der Verachtung, die man für weibliche Nachkommen
hegte. (Asad)
Abschnitt 5
41. Und Wir haben in diesem Qur’an (die
Dinge) auf verschiedenste Weise dargelegt,128 damit sie ermahnt
seien,129 doch es lässt sie nur umso mehr (von der Wahrheit) abrücken.130
127. Vergleiche auch Surach 53:22. (Anm. d.
Übers.)
128. Nämlich das Thema der absoluten Reinheit
und Einheit Allahs. (Darjabadi)
129. Im Qur’an werden die Dinge von allen
Gesichtspunkten her erläutert, individuell wie rational, durch Geschichten, Gleichnisse
und in Form kategorischer Gebote. Die Bösen jedoch entfernen sich oft noch mehr
von der Wahrheit, statt von solchen Lehren zu profitieren. (Juusuf `Allii)
Um die Lehre des Monotheismus zu erklären und zu
festigen, benutzt der Qur’an verschiedene Wege und Methoden, damit die Menschen
ermahnt werden mögen. Der Iman an die Einheit Allahs braucht nicht mehr als
eine Erinnerung und die Rückkehr zur menschlichen Naturanlage und ihrer Logik,
wie auch zu den Zeichen dieses Daseins und ihrer Beweisführung. (Qutb)
130. Vergleiche auch Surach 35:42 und 25:60.
(Anm. d. Übers.)
Je mehr sie den Qur’an hören,
umso mehr fliehen sie vor ihm aus Angst, dass der Islam, den er beinhaltet,
über den ihrigen dominieren könnte. (Qutb)
42. Sprich: „Gäbe es neben Ihm Gottheiten,
so wie sie sagen,131 so würden selbst diese danach trachten, zum
Herrn des Thrones zu gelangen.132
131. Nämlich die Götzendiener (Darjabadi)
132. Es gibt nur einen Allah. Gäbe es jene
angeblichen Ungottheiten, dann müssten diese sich doch wieder an Allah und
Seine Macht halten, denn sie könnten ohne Ihn nichts tun. Die islamische
Vorstellung von der Einheit Allahs ist damit ganz anders als polytheistische
Vorstellungen von einem Pantheon mit einem obersten Gott.
(Juusuf `Allii)
Die Untergottheiten würden vielleicht versuchen,
mit Allah zu konkurrieren, ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen und ihren eigenen
Willen durchzusetzen. (Darjabadi)
Der Begriff 'arg (wörtlich: „Thron" oder
passender „Sitz der Macht") wird im Qur’an benutzt, um Allahs absolute
Herrschaft über alles Existierende zu bezeichnen. Darüber hinaus sind sich die
Kommentatoren über die Bedeutung dieses Ajachs nicht völlig einig. Einige
verstehen ihn dahingehend, dass die Untergottheiten versuchen würden, Allah Seine Macht zu nehmen und Chaos im Universum
hervorzurufen. Andere - unter ihnen besonders Tabari und ibn Kasir - bieten
eine bessere, wenn auch komplizierter Erklärung. Ausgehend von der legitimen
Annahme, dass diejenigen, die an die Existenz mehrerer Gottheiten glauben,
diese nur als Mittel zwischen Mensch und Allah ansehen, argumentieren sie wie
folgt: würden diese gottähnlichen Mittler tatsächlich existieren, dann müssten
auch sie Ihn als höchstes Wesen anerkennen und damit zugeben, dass sie keine
eigenständige Macht besitzen und letztendlich von Ihm völlig abhängig sind.
Diese unvermeidliche Schlussfolgerung bedeutet eine Ablehnung aller
Eigenschaften Allahs dieser imaginären „Mittler". Ist es dann nicht
folgerichtiger, sich direkt an Allah zu wenden, der allmächtig ist und alles
sieht und hört? (Asad)
43. Gepriesen sei Er und Hocherhaben
über das, was sie zu sagen pflegen!"133
133. Das heißt weit entfernt ist Er von aller
Unvollkommenheit und der Unvollständigkeit, die impliziert ist, wenn von Nachkommen
die Rede ist. Schon allein die Vorstellung einer "Begrenzung"
bedeutet die Möglichkeit eines Vergleiches oder einer Korrelation eines
Objektes mit einem anderen: Allah aber ist einzigartig, "nichts ist Ihm
gleich" (vergleiche Surach 42:11 und 2:4). Jeder Versuch, Ihm oder Seine
Attribute einzugrenzen, ist eine logische Unmöglichkeit und vom ethischen
Standpunkt her betrachtet eine Sünde. (Asad)
44. Ihn preisen die sieben Himmel134
und die Erde und wer (auch immer) in ihnen ist,135 und es gibt nichts,
was nicht Sein Lob singt.136 Doch ihr könnt deren Lobpreisung nicht
verstehen.137 Er ist wahrlich nachsichtig, verzeihend.138
134. Vergleiche Surach 2:29. Der Begriff
“Sama'“ („Himmel") bezeichnet alles, was über etwas anderem ausgebreitet
ist, so beispielsweise den sichtbaren Himmel, der sich wie ein Gewölbe über der
Erde erhebt. So wird der Begriff im Qur’an in erster Linie gebraucht. Im
weiteren Sinne bezeichnet er das „kosmische System". Die Zahl sieben ist
im semitischen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit „mehrere", so wie
siebzig für „viele" steht. Wenn wir dies im Zusammenhang mit der
linguistischen Definition betrachten, dass jeder “samaa'“ “samaa'“ ist in Bezug
auf das, was sich darunter befindet", dann können wir die „sieben
Himmel" als eine „Mehrzahl kosmischer Systeme" erklären. (Asad)
135. Das gesamte Universum und alles darin
bezeugt, dass ihr Schöpfer und Herr frei von allen Fehlern und Mängeln und weit
darüber erhaben ist, dass jemand Anteil an Seiner Göttlichkeit haben könnte.
(Maududi)
136. Jedes auf seine Weise und in seiner
Sprache. Doch verstehen könnt ihr sie nicht, solange ihr nicht mit euren Herzen
hinhorcht und sie nicht auf die verborgenen Geheimnisse dieses Daseins richtet.
Würde die Seele zur Klarheit und Lauterkeit gelangen, so würde sie in die Lage versetzt,
das Leben in Belebtem und Unbelebtem zu hören und zu fühlen. (Qutb)
Sie verkünden nicht nur die Herrlichkeit ihres
Schöpfers, sondern beweisen, dass Er in jeder Hinsicht vollkommen und allen
Lobes würdig ist. Alles Existierende beweist, dass sein Schöpfer Einer ist,
dessen sämtliche Eigenschaften vollkommen sind. (Maududi)
137. Die ganze Schöpfung, belebte wie
unbelebte, verkündet Sein Lob, die belebte bewusst, und die unbelebte, indem
sie die Einheit und Herrlichkeit Allahs bezeugt. Mystiker glauben, dass auch
unbelebte Geschöpfe beseelt sind, ein weiterer Ausdruck für Allahs Macht. Die
ganze Natur bezeugt Seine Macht, Weisheit und Güte. Es sind nur solche wie
„ihr", das heißt diejenigen, die ihre eigenen natürlichen Neigungen
ablehnen und den Islam nur deswegen ablehnen, weil sie in begrenztem Maße einen
freien Willen bekommen haben - die nicht einmal das begreifen, was jedes andere
Geschöpf begreift und mit Stolz und Freude verkündet. Welch unendliche
Erniedrigung für euch! Dennoch erträgt Allah geduldig euer Verhalten und
vergibt euch. So weit geht Seine Güte. (Juusuf `Allii)
138. Er sucht euch nicht unmittelbar mit Seiner
Vergeltung heim, sondern vergibt euch selbst jetzt noch, wenn ihr bereut und
umkehrt. (Darjabadi)
Vor allem ist Er so langmütig und bereit zu
vergeben, dass Er Individuen wie Gemeinschaften genügend Gelegenheit zur Umkehr
einräumt, Seine Gesandten und vorbildliche Persönlichkeiten schickt, um sie zu
ermahnen und zu leiten, und alle vergangenen Fehler und Irrtümer vergibt, wenn
jemand aufrichtig bereut und den rechten Weg beschreitet. (Maududi)
45. Und wenn du den Qur’an vorträgst,139
führen Wir zwischen dir und denen, die nicht ans Jenseits den Iman
verinnerlichen,140 eine unsichtbare Schranke herbei.141
139. Dieser Abschnitt schließt an Ajach 41 oben
an. (Asad)
140. Die absichtlich den Islam ablehnen und
zurückweisen. (Darjabadi)
141. Einige der angesehenen Quraischs hörten
sich zwar den Qur’an an, doch sie mühten sich, ihre Herzen nicht dadurch
erweichen zu lassen. Sodann senkte Allah eine unsichtbare Schranke zwischen
ihnen und dem Gesandten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Qutb)
Einen unsichtbaren Schleier. Einige Kommentatoren
verstehen “mastuur“ („unsichtbar") hier als gleichbedeutend mit “Saatir“:
ein Schleier, der unsichtbar macht, ein dichter oder dunkler Schleier. Ich bin
jedoch der Ansicht, dass die Bedeutung von “mastuur“ im Sinne von
„verborgen" oder „unsichtbar" mehr mit der mystischen Bedeutung des
ganzen Abschnittes übereinstimmt. Wenn die gesamte Natur, die äußere wie die in
uns selbst, Allahs Lob verkündet, dann sind jene Unglückseligen, die sich
selbst von ihrer besseren Natur getrennt haben, völlig von den Gesandten Allahs
und Seiner Offenbarung isoliert; dann
1. sind sie ihrer Gemeinschaft nicht würdig, und
2. müssen die Gesandten Allahs und ihre Botschaft
vor dem Schaden und Schmerz geschützt werden, die Lästerung gegenüber Allahs
oder Auflehnung ihrer makellosen Natur zufügen. Dadurch, dass der Schleier
unsichtbar ist, ist er nicht weniger real. (Juusuf 'Allii)
Vergleiche auch Surach 41:4; 31:7 und 36:9 sowie
die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
46. Und Wir haben ihre Herzen verhüllt,142
so dass sie nicht verstehen, und Taubheit in ihre Ohren gelegt.143
Wenn du deinen Herrn, den Einen, Einzigen, im Qur'an erwähnst,l44
dann kehren sie ihre Rücken und rücken (noch mehr von der Wahrheit) ab.145
142. Vergleiche auch Jesaja 6:9-10: „Und er
sprach: Gehe hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehts nicht; sehet
und merkt's nicht! Verstocke das Herz dieses Volkes und lass ihre Ohren taub
sein und ihre Augen blind, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit
ihren Ohren noch verstehen mit ihren Herzen und sich nicht bekehren und
genesen." (Darjabadi)
143. Wenn aufgrund ihrer absichtlichen
Ablehnung der Wahrheit sich jener unsichtbare Schleier über die Kafirs senkt,
bewirkt dies, dass ihr Verstand getrübt wird, so dass sie nichts begreifen, und
ihre Ohren verstopft, so dass sie nicht hören. Mit anderen Worten verdichten
sich die Ergebnisse des Bösen, so dass sie Allahs Gnade ausschließen. (Juusuf
'Allii)
Vergleiche auch Surach 6:25 und 2:7 und die
entsprechenden Fußnoten. (Asad)
Nach diesen Gesetzmäßigkeiten schließen sich
diejenigen, die nicht an das zukünftige Leben den Iman verinnerlichen, selbst
davon aus, vom Qur’an Nutzen zu ziehen. Allah führt diese Gesetzmäßigkeit auf
sich selbst zurück und sagt: Das natürliche Ergebnis solchen Kufr ist, dass das
Herz eines solchen Menschen unempfindlich und seine Ohren der Botschaft des
Qur’ans gegenüber taub werden, denn der Qur’an fordert ja gerade zum Iman an
das zukünftige Leben auf und begründet damit seine Botschaft. (Maududi)
144. Wobei du die Existenz von Gottheiten neben
Ihm oder Vermittlern zwischen Menschen und Allah leugnest. (Darjabadi)
145. Sie weichen der Lehre von der Einheit
Allahs aus, die ihr soziales Gefüge bedroht, das auf falschem Diin und
Gottheiten basiert. (Qutb)
Eine solche Abneigung empfinden sie gegenüber der
Lehre von der Einheit Allahs. (Darjabadi)
47. Wir wissen sehr wohl,146 worauf sie hören, wenn sie dir zuhören. Und
wenn sie sich insgeheim untereinander besprechen,147
dann sagen die Ungerechten:148 „Wahrlich, ihr folgt niemand anderem
als einem Mann, der unter einem Zauberbann steht!"149
146. Allah kennt am besten ihre Absichten.
(Darjabadi)
147. Vergleiche auch Fußnote 143 oben. Da dies
der Fall ist, kann ihre einzige Absicht beim Zuhören nur die sein, darüber zu
spotten, statt sich belehren zu lassen. Sie geben zwar vor zuzuhören. Aber wenn
sie mit ihresgleichen zusammentreffen, zeigen sie ihr wahres Gesicht.
Vergleiche auch Surach 2:14. Sie können nicht umhin einzusehen, dass in Allahs
Wort eine einzigartige Anziehungskraft und Schönheit liegt, dass es tröstet,
hilft und viele Menschen erhöht, die es mit der richtigen Einstellung
aufnehmen. Darum geben sie vor, solchen Menschen überlegen zu sein, und lachen
sie aus, weil sie jemandem zuhören, der ihrer Ansicht nach unter dem Einfluss
magischer Kräfte steht. (Juusuf `Allii)
Sie wollen in der Botschaft des Qur’ans etwas
finden, was sie bemängeln können. (Asad)
148. Zu Muslimen, die sich vielleicht in ihrer
Gesellschaft befinden. (Darjabadi)
149. Diese Worte zeigen, dass sie doch
ergriffen sind von der Sprache des Qur’ans. Sie spüren in ihrem Inneren, dass
sie für einen Menschen zu hoch gegriffen ist. Sie führen dies aber auf einen
Zauber und dessen Kraft zurück. Wären sie gerecht, so hätten sie sagen müssen:
„Dies muss Allahs Wort sein, denn solches könnte niemals von einem Menschen,
oder einem anderen Geschöpf verfasst sein. (Qutb)
Den Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, als besessen oder von magischen Mächten beeinflusst zu erklären,
unterscheidet sich nicht von modernen Behauptungen, er sei Epileptiker oder ein
Opfer von Autosuggestion gewesen. (Darjabadi)
Auf diese Weise versuchten sie, Muslime von Allahs
Botschaft abzubringen. (Maududi)
48. Schau auf welche Weise sie dir die
Gleichnisse prägen,150 doch sie sind irregegangen und sie werden nie
einen Weg finden können.151
150. Indem sie dich einmal als Dichter und
einmal als Narren oder als Wahrsager oder Magier bezeichnen. (Darjabadi)
151. Das hier benutzte Wort ist “Sabilan“,
„einen Weg", nicht „den Weg". Sie sind in die Irre gegangen und haben
den Weg verloren. Sie können keinerlei Mittel finden, zu diesem Weg
zurückzukehren, sich selbst zu rechtfertigen oder ihre boshaften Vergleiche
gutzumachen. (Juusuf `Allii)
49. Und sie sagen:152 „Wenn
wir zu Knochen153 und Staub154 geworden sind, sollen wir
dann in einer neuen Schöpfung wiedererweckt werden?"155
152. Nämlich die Götzendiener, die eine
Auferstehung leugnen. (Darjabadi)
153. In unseren Gräbern, wenn das Fleisch
zerfallen ist. (Darjabadi)
154. Und wenn selbst diese Knochen zerbröckelt
sind. (Darjabadi)
155. Sie wollen nicht wahrhaben, dass Allah,
der sie einmal aus nichts erschaffen hat, sie immer wieder neu erschaffen kann,
mitsamt der Erinnerung an ihre Vergangenheit, so dass Er sie dafür zur
Rechenschaft ziehen kann, wie sie ihre Begabungen und Möglichkeiten genutzt
oder missbraucht haben, die Er ihnen gegeben hatte. Was ist eine neue
Schöpfung, wenn nicht dies? (Juusuf `Allii)
Sie wollen nämlich nicht darüber nachdenken, dass
sie ursprünglich nicht lebendig waren und dass das zukünftige Leben nicht
anders entsteht als das jetzige. Vor der Allmacht Allahs stellt sich das eine
nicht schwerer dar als das andere, denn das Instrument jeder Erschaffung ist
das „Sei!" und es ist. (Qutb)
50. Sprich: „Selbst wenn ihr zu Stein
oder zu Eisen würdet,156
156. Dinge, die noch weiter vom Leben entfernt
sind als die Knochen eines toten Menschen. (Darjabadi)
51. Oder sonst zu einer anderen
Schöpfung, die ihr selbst für noch härter haltet!"157 Da werden
sie sagen: „Wer wird uns wiedererwecken?"158 Sprich:
„Derjenige, Der euch das erste Mal erschuf." Alsdann werden sie ihre Köpfe
vor dir schütteln und sagen: „Wann wird das sein?"159 Sprich:
„Es mag sein, dass es schon nahe bevorsteht.160
157. Knochen, Staub oder Asche mögen vielleicht
noch Überreste von der Persönlichkeit enthalten, deren Bestandteile sie einst
bildeten. Aber selbst wenn die Menschen zu Stein oder zu Eisen würden oder zu irgend etwas, dessen Belebung ihnen völlig unvorstellbar
erscheint, wäre es für Allah dennoch nicht unmöglich. Er hat eine eindeutige
Botschaft gesandt, dass wir über unser Leben Rechenschaft ablegen müssen, und
Seine Botschaft ist notwendigerweise wahr. (Juusuf `Allii)
158. Vergleiche auch Surach 10:4 und die
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
159. Und obwohl das Problem auf eine ganz klare
Weise gelöst wurde, bleiben sie hartnäckig und heben oder senken ihre Köpfe
missbilligend und spottend. (Qutb)
Der Skeptiker ändert seine Taktik, wenn er sich in
die Enge getrieben fühlt. Das Argument, dies könne nicht geschehen, ist nicht
mehr haltbar. Er wird verunsichert und sagt: Na, also wann geschieht es
dann?" Den wirklichen Zeitpunkt kennt kein Mensch. In der Tat gilt es bei
diesem Ereignis gar keine Zeit mehr. Unsere relativen Vorstellungen von Zeit
und Raum entfallen vollständig, und uns scheint, als sei es nicht zu lange
hinausgezögert worden, sondern zu plötzlich eingetroffen. Siehe auch den
nächsten Ajach. (Juusuf `Allii)
Sie schütteln verständnislos den Kopf. (Darjabadi)
160. Vergleiche Surach 33:63; 42:17; 21:109;
72:25 und 70:6-7 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.) Nehmt euch
in acht. Denn dieser Tag wird unweigerlich kommen.
(ibn Kasir)
Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, kann diesen festgelegten Zeitpunkt nicht kennen. Möglicherweise ist es
früher, als sie vermutet haben. Um so passender wäre
es für sie, sein Eintreffen zu fürchten, während sie noch leugnen und spotten.
(Qutb)
52. Eines Tages wird Er euch rufen, und
ihr
werdet antworten,161 indem ihr Ihn lobpreist.162
Und ihr werdet glauben, ihr hättet nur kurze Zeit verweilt."163
161. Sie antworten auf diesen Ruf. (Darjabadi)
162. Bei diesem Ajach kann es sich um eine
Fortsetzung der wörtlichen Rede handeln, die im letzten Ajach mit dem Satz: „Es
mag sein, dass es... " begonnen hat, muss aber nicht. Im letzteren Falle
wäre die Antwort an den Skeptiker dort abgeschlossen, und diese Worte wären
eine allgemeine Feststellung, die sich auch auf die Rechtschaffenen bezieht,
die auferstehen und Allahs Lob verkünden. Insgesamt ziehe ich jedoch vor,
diesen Ajach als Teil der Antwort zu betrachten. (Juusuf `Allii)
Selbst wenn sie das ganze Leben lang Allah
geleugnet haben, sind sie letztendlich in diesem Augenblick nur in der Lage,Ihn zu verherrlichen. (Qutb)
In der Welt und im Grab. (Darjabadi)
Die Mu’mins preisen Allah, weil sie bereits im
irdischen Leben an Ihn den Iman verinnerlichten und ihre Überzeugung
verwirklichten. Auch die Kafirs werden zwangsläufig
Allah preisen, und zwar aufgrund ihrer eigenen inneren Veranlagung, die sie in
ihrer Unvernunft unterdrückt hatten. Alle solche Unterdrückung verschwindet in
diesem neuen Leben, so dass sie unwillkürlich in Allahs Lob einstimmen.
(Maududi)
163. Die Wertschätzung des Lebens in dieser
Welt wird durch diese bildliche Darstellung gemindert werden. Es ist wie ein
Schatten, der schnell weicht. (Qutb)
Wie stark die geistige Blindheit im irdischen Leben
auch gewesen sein mag, die „neue Schöpfung" öffnet die Augen für die
Wahrheit. Über Allahs Wirklichkeit kann sich dann niemand mehr täuschen, und
alle müssen zwangsläufig die Wahrheit erkennen und Allahs Lob verkünden. Alle
werden auch überrascht sein über die scheinbar kurze Zeitspanne, die seit ihrem
vergänglichen Erdenleben verstrichen ist. (Juusuf `Allii)
Abschnitt 6
53. Und sage Meinen Dienern,164
dass sie nur so sprechen sollen, wie es am besten ist.165 Denn der
Scheytan richtet fürwahr Unheil an zwischen ihnen. `Wahrlich, der Scheytan ist
dem Menschen ein offenkundiger Feind.167
164. Von denen, die die Wiederauferstehung
leugnen, wendet sich nun der Text ab zu den Mu’mins, um sie zu leiten. (Qutb)
...die Mu’min sind. (Al-Dschalalain)
Zu den Muslimen, die natürlich empört über das
Verhalten der Kafirs waren. (Darjabadi)
165. Sie sollen in ihren Unterhaltungen und
Disputen auf die guten Worte achten und nur das beste
aussprechen. (ibn Kasir)
Dieses Gebot bezieht sich auf zwei Situationen.
1. Selbst mit deinen Gegnern und den Feinden Allahs
solltest du auf gute Weise sprechen: wie könntest du über andere urteilen? Das
Urteil steht Allah allein zu, denn Er kennt euch (die ganze Menschheit) am
besten, und dein persönliches Wissen ist günstigstenfalls unvollkommen.
2. Untereinander solltet ihr nicht misstrauisch
sein, sondern höflich und mit der besten Redeweise miteinander verkehren. Ein
falsches oder unfreundliches Wort kann alle eure Bemühungen zunichte machen,
Einigkeit herzustellen, denn die Kräfte der Zwietracht sind zahlreicher als die
Kräfte der Einigkeit. (Juusuf `Allii)
Vergleiche auch Surach 16:125 und 29:46 sowie die
entsprechenden Fußnoten. (Asad)
Selbst mit Kafirs und anderen Gegnern des Islams
sollen die Mu’mins immer auf die beste Weise sprechen. Sie sollen weder harte
Worte benutzen noch übertriebene Feststellungen machen, sondern in der
Diskussion distanziert bleiben und nur das sagen, was wahr und angemessen ist,
trotz allem provozierenden Verhalten der Opponenten. (Maududi)
166. Sie sollen überall und unter allen
Umständen Gutes sprechen, um damit Scheytans List entgegenzuwirken, der durch
böse Worte Unfrieden und Streit anstiften will. Gute Worte erfreuen die Herzen
und vereinigen sie. (Qutb)
167. Ihm macht es Vergnügen, unter den Menschen
Spaltungen zu verursachen. (Darjabadi)
Die Mu’mins sollen sich vor Scheytans Provokationen
hüten: wenn ihr im Gespräch mit euren Gegnern spürt, dass Zorn in euch
aufsteigt, sollt ihr gleich verstehen, dass Satan euch erregt, um eurem
Gespräch zu schaden, denn er nutzt Menschen aus, um Streit zwischen ihnen zu
säen. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 7:22 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
54. Euer Herr kennt euch am besten.168
Wenn Er will, erbarmt Er sich euer,169 oder wenn Er will, bestraft
Er euch.170 Und Wir haben dich nicht als ihren Sachverhalter
entsandt.171
168. Er kennt die Neigungen und Dispositionen
jedes einzelnen. (Darjabadi)
Er weiß am besten, wer von euch Seine Rechtleitung
verdient und wer nicht. (ibn Kasir)
169. Indem Er euch recht leitet. (Darjabadi)
...indem er euch zum Gehorsam und zur Umkehr
verhilft. (ibn Kasir)
Der Mensch sollte sich nicht einen Augenblick lang
Illusionen hingeben, die auf den Schluss hinauslaufen, er sei weiser als Allah.
Allahs Wissen ist allumfassend. Wenn Er sich jemandem als barmherzig erweist,
den wir als böse empfinden, oder jemanden straft, den wir für rechtschaffen
halten, dann liegt der Fehler in unserem Wissen und unseren Schlussfolgerungen,
nicht aber in Allahs gerechtem Plan. Nicht einmal die Propheten wurden gesandt,
die Angelegenheiten der Menschen zu entscheiden, sondern nur um Allahs
Botschaft zu verkünden. Um so weniger können sich
gewöhnliche Menschen anmaßen, über andere zu urteilen. Allahs Wille und Plan
übersteigt alles menschliche Wissen. (Juusuf `Allii)
170. Dies soll die Mu’mins davor warnen, dass
sie für sich eine Sonderstellung beanspruchen, indem sie beispielsweise für
sich selbst das Paradies erwarten und für ihre Gegner die Hölle. Allah allein
hat die Macht, diese Entscheidung zu treffen, denn Er allein kennt die
bekannten und die geheimen Regungen im Menschen. Er wird entscheiden, ob jemand
Barmherzigkeit verdient oder Strafe. Wir können zwar anhand der Offenbarung
sehen, dass eine bestimmte Art von Mensch Barmherzigkeit verdient und eine
andere Allahs Zorn auf sich zieht, aber niemand hat das Recht, über das
spezielle Schicksal eines einzelnen Menschen zu spekulieren. (Maududi)
171. Deswegen kommt es auch gar nicht in Frage,
auf Kafirs Zwang auszuüben. (Darjabadi)
Das Wort “wakil“ übersetze ich in diesem
Zusammenhang mit „jemand, der das Schicksal (eines anderen Wesens) bestimmen
kann". Vergleiche auch Ajach 2 dieser Surach und die entsprechende
Fußnote. Eine alternative, ebenso annehmbare Übersetzung wäre: „Wir haben dir
bei deinem Auftrag nicht die Verantwortung für ihr Verhalten auferlegt."
(Asad)
Wenn nicht einmal der Prophet Muchammed, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, selbst das Schicksal der Menschen entscheiden kann,
sollten wir uns hüten, jemandem Paradies oder Hölle zuzusprechen. (Maududi)
55. Und dein Herr weiß, was in den
Himmeln und auf Erden ist.172 Und Wir haben einigen der Propheten
mehr Wohltaten erwiesen als en anderen,173 und Wir gaben Dawuud die
Psalmbücher.174
172. Es ist uns nicht nur verboten, über den
Wert gewöhnlicher Menschen zu urteilen, sondern wir dürfen auch keine falschen
Normen zur Beurteilung der Propheten und Gesandten aufstellen. Selbst wenn
einer von ihnen dem ungebildeten arabischen Volk entstammte, so war er dennoch
in der Lage, eine Barmherzigkeit für die gesamte Welt zu werden. Wenn einer von
ihnen mit Allah direkt sprach oder das Leben eines anderen mit einem Wunder
begann, dann dürfen wir daraus keine Überlegenheit des einen über den anderen
herleiten. Es bedeutet nur, dass Allahs Weisheit für uns unermesslich ist.
(Juusuf `Allii)
Allahs vollkommenes Wissen umfasst alle Wesen im
Himmel und auf der Erde: Engel, Propheten, Menschen und Dschin. Aufgrund dieses
Wissens von Seinen verschiedenen Geschöpfen hat Er die Propheten mit
verschiedenen Gaben ausgestattet. (Qutb)
173. Die Gründe für diesen Unterschied in den
Gaben kennt Allah allein. Doch ihre Form ist ausführlich behandelt worden in
der Erläuterung zu 2:253. (Qutb)
Dies scheint eine Anspielung auf Muhammads, Allahs
Segen und frieden auf ihm, Rolle als
letzter Prophet zu sein: trotz seiner persönlichen Unfähigkeit, „das Schicksal
der Menschen zu bestimmen", denen er Allahs Botschaft überbrachte, sollte
seine Botschaft diejenige sein, die die Zeit überdauerte. (Asad)
Die Zeitgenossen des Propheten Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, sahen in ihm nichts Außergewöhnliches. Er schien ein
gewöhnlicher Mitbürger zu sein. Während sie jedoch einerseits die großen
Persönlichkeiten ihrer Geschichte ehrten, verachteten sie den Propheten
Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der in ihren Augen dem Vergleich
nicht standhielt. Allah hat mit diesem Ajach ihre Einwände beantwortet, indem
Er sagte, dass Er sehr wohl alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde kennt und
weiß, wer von ihnen würdig ist, ein Prophet zu sein. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 27:15 und 2:253 mit den
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
174. Die geistigen Gaben an die Propheten
können verschiedener Art sein, je nach den Bedürfnissen ihrer Umwelt und der
Zeit, in der sie leben, so wie es Allah seiner Weisheit entschieden hat. Als hervorragendes Beispiel wird hier die Gabe
der Musik und des Gesangs an Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dies
bedeutet nicht, dass Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dadurch anderen
Propheten überlegen wäre. Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhielt die
Psalmen, die zu Allahs Lob im ’Ibada gesungen werden sollten. Vergleiche auch
Surach 4:163, wo über Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die gleichen
Worte gesagt werden. (Juusuf `Allii)
“Sabuur“ ohne den bestimmten Artikel Al- bedeutet
auch „ein Buch" oder „eine Schrift". (Darjabadi)
Bücher waren in bestimmten Zeitspannen dauerhafter
als die materiellen Wunder. (Qutb)
So wie Dawuuds, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
Buch der Weisheit Allahs (der Psalter) den Ruhm seines irdischen Königreiches
überdauerte, so wird Muchammads, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Botschaft,
der Qur’an das wechselnde Schicksal seiner Anhänger überdauern. (Asad)
Möglicherweise wurde Dawuud, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, besonders erwähnt, um zu zeigen, dass Prophetentum nichts mit
Weltflucht zu tun hat, denn gegen Muchammad - Friede sei mit ihm - wurde oft
eingewandt, er sei ein Mensch dieser Welt. Hier wird gesagt: Obwohl Dawuud,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein König war, der mehr als gewöhnliche
Menschen in irdische Angelegenheiten verwickelt war, wurde er von Allah zum
Propheten erwählt und mit Psalmen beschenkt. Ebenso wurde Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, erwählt, obgleich er Frau und Kinder hatte, sein
Leben wie ein gewöhnlicher Mensch lebte, Handel trieb und alle Pflichten
erfüllte, die für einen Menschen zur Aufrechterhaltung seines Lebens notwendig
waren. In Mekka nahm man demgegenüber an, ein frommer Mensch müsste der Welt
entsagen und sich asketisch zurückziehen, um an Allah zu denken. (Maududi)
56. Sprich:175 „Ruf
diejenigen an, an die ihr außer Ihm glaubt.176 Doch sie haben weder
die Macht, Schaden von euch abzuwenden, noch einen Ausweg zu finden."177
175. Nämlich all diejenigen, die an die
Existenz irgendeiner göttlichen Macht außer Allah glauben. (Asad)
176. Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht,
bezieht sich das auf die Verehrung von Heiligen oder Engeln. (Asad)
177. In den vorigen Ajachs wurde das Misstrauen
der Menschen gegeneinander und den Propheten gegenüber verurteilt. Am
schärfsten wird hier die Vorstellung verurteilt, andere Wesen könnten Allah
gleich sein oder in dieselbe Kategorie wie Er gehören. Allah allein gehört alle
Macht, und jene Wesen haben keine Macht. Sie können die Schwierigkeiten der
Menschen nicht beseitigen. Sie können sie nicht einmal beeinflussen oder
ändern, so dass die Menschen Erleichterung empfinden. Warum sollte man dann
Abgötterei betreiben? (Juusuf `Allii)
Sie können eure Laster auch nicht selbst übernehmen
- in Anspielung auf die christliche Lehre von der „stellvertretenden
Sühne". (Asad)
Diese Warnung betont die Lehre von Allahs Einheit
und verurteilt Götzendienerei. Dementsprechend ist Götzendienerei nicht darauf
beschränkt, andere als Allah anzubeten, sondern es gehört dazu ebenso, andere
außer Ihm um Hilfe anzurufen, denn dies wäre schon ein Teil der Verehrung. Kein
anderer als Allah hat die Macht, Gebete zu erhören, Schwierigkeiten zu
erleichtern oder die Situation eines Menschen zu ändern. Wer glaubt, jemand
anderes hätte dazu die Macht, macht sich der Götzendienerei schuldig. (Maududi)
57. Diejenigen, die sie anrufen,178 trachten (selbst) nach der Gunst ihres
Herrn,179 ja sogar jene von ihnen, die (Ihm) am nächsten sind,180
und sie hoffen auf Seine Barmherzigkeit und fürchten Seine Strafe.181
Wahrlich, vor der Strafe deinen Herrn muss man auf der Hut sein.
178. Soweit sie nicht reine Phantasieprodukte
sind, sondern wirkliche Lebewesen und gute Diener Allahs, wie Propheten,
Heilige und Engel. (Darjabadi)
179. Durch gewissenhaften Gehorsam gegenüber
Seinen Gesetzen und Geboten. (Darjabadi)
180. Wenn Menschen, Heroen, Propheten oder
Engel verehrt werden, ist dies sinnlos:
1. Wenn sie selbst gute und heilige Wesen sind und
Allah nahe stehen, brauchen sie doch ihrerseits Mittel und Wege, um Zugang zu
Ihm zu finden, und bemühen sich darum, das heißt sie leben in der Hoffnung auf
Allahs Gnade.
2. Obwohl es aufgrund ihres Wesens ausgeschlossen
ist anzunehmen, dass sie sich Allahs Zorn zuziehen könnten, sind sie nur
Geschöpfe und unterliegen dem Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit.
(Juusuf `Allii)
Etwa auch die größten Propheten und die Engel.
(Asad)
181. Wie alle sterblichen Wesen. Sie können
nicht einmal sich selbst nützen oder vor Schaden bewahren. (Darjabadi)
Selbst
Propheten, Heilige und Engel hoffen auf Allahs Gnade und fürchten Seinen Zorn
und wetteifern miteinander, Seine Nähe zu erlangen. (Maududi)
Strafe deines Herrn muss man auf der Hut sein.
58. Und es wird keine Stadt geben,182
die Wir nicht vor dem Tag der Auferstehung der Vernichtung preisgegeben haben
werden183 oder die Wir nicht184 mit strenger Strafe
belegt haben werden.185 Das ist in einem Buch niedergeschrieben.186
182. Keine von Kafirs
bevölkerte Stadt. (Darjabadi)
Damit sind die Bewohner gemeint. (Al-Dschalalain)
183. Nach Allahs Beschluss wird der Tag der
Auferstehung erst eintreffen, wenn kein Leben mehr auf der Erde besteht. Auch
werden einige der Städte, die sich des Frevels schuldig gemacht haben, ihre
Strafe schon vorher bekommen haben. (Qutb)
Da alles in der Welt vergänglich ist und vergeht,
sollte sich der Mensch nach dem zukünftigen Leben ausrichten. (Asad)
184. Im zukünftigen Leben. (Darjabadi)
185. Dieser Ajach kommentiert den letzten Satz
des vorigen Ajachs: „Der Zorn deines Herrn ist etwas, vor dem du dich hüten
sollst." Die Kafirs fordern gedankenlos Allahs
Zorn heraus. Wissen sie aber, was sie da tun? Selbst die besten unter uns
müssen vor Furcht zittern, wenn sie sich die Folgen vor Augen führen, sofern es
keine Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit gibt. (Juusuf `Allii)
186. Wörtlich: „in einem Buch", das heißt
in Übereinstimmung mit den unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten, die Allah für
Seine Schöpfung festgelegt hat. (Asad)
59. Und Wir lassen nur deshalb davon
ab, Zeichen187 herabzusenden, weil die früheren (Generationen) sie
als Lüge abgetan haben.188 So gaben Wir den Tamud189 die
Kamelstute als einen leuchtenden Beweis,190 doch sie taten unrecht
an ihr.191 Und Wir senden die Zeichen nur herab, um Furcht
einzuflößen.192
187. Besondere Wunder, wie sie von den
Götzendienern gefordert werden. (Darjabadi)
Die Botschaften Allahs wurden immer von Wundem
begleitet, um die Gesandten zu bestätigen und den Menschen vor der Behauptung
im Falle ihrer Leugnung Angst einzuflößen. Das Wunder des Islam ist der Qur’an,
das Buch, das die vollkommene Lebensweise vorzeichnet. Er spricht das
Denkvermögen und das Herz an und entspricht den natürlichen Anlagen des
Menschen. Er bleibt für viele Generationen offen, was nicht der Fall ist bei materiellen Wundern, die nur von einer einzelnen
Generation gesehen werden. (Qutb)
188. Vergangene Generationen behandelten
Zeichen und Wunder mit Ablehnung und Verachtung und beschworen damit ihren
eigenen Untergang herauf. Nur Allahs Barmherzigkeit gewährt ihnen eine Frist
und verhindert die Vollstreckung einer sofortigen Strafe. (Juusuf `Allii)
Dieser elliptische Satz macht eine wichtige Aussage
über die Bedeutung des Qur’ans. An vielen Stellen betont der Qur’an die
Tatsache, dass der Prophet Muhammad - Friede sei mit ihm - keine ähnlichen
Wunder wie frühere Propheten tun konnte, die damit angeblich ihre verbale
Botschaft bestätigen konnten. Sein einziges Wunder war der Qur’an selbst - eine
Botschaft, die vollkommen in ihrer Klarheit und ethischen Aussagekraft ist, die
für alle Zeiten und alle menschlichen Entwicklungsstufen bestimmt ist und nicht
nur die Gefühle, sondern auch die Vernunft der Menschen anspricht und allen
offen steht, ungeachtet der Volkszugehörigkeit oder der sozialen Umgebung, die
aber auch für immer unverändert bewahrt bleiben sollte. Da sich die früheren
Propheten ausnahmslos in ihrer eigenen Zeit an ihre eigene Volksgemeinschaft
wandten, war die Lehre notwendigerweise durch die gesellschaftlichen und
intellektuellen Bedingungen der jeweiligen Gemeinschaft und Zeit bestimmt. Und
da die Völker, an die sie sich wandten, noch nicht das Entwicklungsstadium des
unabhängigen Denkens erreicht hatten, brauchten diese Propheten symbolische
Zeichen oder Wunder, damit die Menschen die innere Wahrheit ihrer Botschaft
begreifen konnten. Die Botschaft des Qur’an wurde demgegenüber in einer Zeit
offenbart, in der die Menschheit (und besonders die Bewohner jener Regionen,
die zuvor durch die jüdisch-christliche religiöse Entwicklung hervorgehoben
waren) einen Reifegrad erreicht hatte, der es ihr in Zukunft ermöglichte, eine
religiöse Lehre ohne die Hilfe überzeugender Zeichen und demonstrativer Wunder
zu begreifen, die in der Vergangenheit - wie der obige Ajach betont - oft nur
Anlass zu neuen Missverständnissen gegeben hatten. (Asad)
189. Um ein Beispiel zu nennen. (Darjabadi)
190. Damit ihr klar sehen könnt. Um euch die
Augen zu öffnen. (Darjabadi)
Als Beispiel wird die Geschichte von den Tamuud
angeführt. Eine schöne Kamelstute wurde als Wunderzeichen geschickt. In ihrer
Bosheit schnitten sie ihr die Sehnen durch. Statt dass sie also dadurch ermahnt
wurden, war sie die Ursache für ihren Untergang, denn ihre Rebellion wunde
dadurch bloßgestellt. Für eine ausführliche Wiedergabe der Geschichte
vergleiche auch Surach 7:73 und die entsprechenden Fußnoten. (Juusuf `Allii)
191. Statt Nutzen von diesem Wunder zu haben,
beschleunigten sie damit das Strafgericht Allahs. (Darjabadi)
192. Zeichen wie Erdbeben, Donner, Sonnen- und
Mondfinsternis. Qatada erzählte: „Allah flößt den Menschen Angst ein durch
Zeichen, die Er gerade dafür auserwählt, auf dass sie ermahnt werden und
umkehren.
(Safwat Al-Tafaasir)
Zeichen, Wunder und Symbole schickt Allah als
Warnung, um den Übeltätern Furcht einzuflößen und sie auf den rechten Weg
zurückzubringen. Furcht kann ein Motiv sein, verhärtete Herzen zur Umkehr zu
bewegen, vergleiche auch Surach 2:74 und die entsprechenden Fußnoten. Einige
Herzen sind jedoch so hart, dass selbst dies nicht mehr wirkt. Da den Menschen
ein begrenzter freier Wille gegeben wurde, können sie in diesem Rahmen frei
entscheiden. Wenn sie sich dann jedoch tatsächlich für das Böse entschieden
haben, schiebt Allah in Seiner unendlichen Barmherzigkeit die Strafe auf und
hält den Anlass ihrer unmittelbaren Selbstzerstörung zurück, indem Er die
Zeichen zurückhält, die sie vielleicht zu noch größeren Verbrechern
herausfordern und damit um so eher ihren Untergang herbeiführen würden. (Juusuf
`Allii)
Zeichen ` Wunder werden nicht zum Zeitvertreib
gezeigt. Sie sollen den Menschen demonstrieren, dass Allah Seinem Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beisteht, und dass sie die
furchtbaren Folgen ihres Ungehorsams berücksichtigen sollen. (Maududi)
60. Und (gedenke der Zeit) als Wir zu
dir sagten: „Wahrlich, dein Herr umfängt die Menschen."193 Und
die Erscheinung, die Wir dich sehen ließen, haben Wir zu einer Prüfung für die
Menschen gemacht,194 ebenso wie den verfluchten Baum im Qur'an.195
Und Wir
versuchen, um damit Furcht in ihnen zu
erwecken,196 doch es steigert nur noch ihre
Widersetzlichkeit.
193. Mit Seinem Wissen und Seiner Macht. Darum
lass nicht ab von der dir auferlegten Aufgabe, denn Allah wird dich vor den
Menschen beschützen. (Al-Dschalalain)
Dies kann sich auf Surach 72:28 beziehen, die
bereits früher in Mekka offenbart worden waren. Aber das Argument ist zeitlos.
Dieser Ajach besteht aus drei Teilen. Zeichen oder Wunder geschehen oder
geschehen nicht, ganz entsprechend Allahs allweisen Plan der Barmherzigkeit und
Gerechtigkeit. Dies widerspricht in keiner Weise der anscheinenden Freiheit,
die den Bösen gewährt wird, denn
1. sind alle Geschöpfe ohnehin in Allahs Hand, und
Seine Verzögerung aufgrund Seiner Barmherzigkeit beeinträchtigt nicht Seine
Macht;
2. sind die Visionen der Wahrheit, wie sie
prophetische Menschen erhalten, selbst Zeichen, aufgrund derer sie die Kafirs
warnen können; und
3. ist es manchmal barmherziger, den Menschen noch
einmal Zeit und Gelegenheit zu geben, indem die Sache noch nicht gleich
entschieden wird. (Juusuf `Allii)
Er umfasst sie mit Seinem Wissen. (Darjabadi)
194. Einige Kommentatoren sind der Ansicht,
dies beziehe sich auf die Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, (siehe oben Ajach 1), andere beziehen es auf andere
geistige Visionen. Visionen dieser Art sind Wunder und damit Stein des Anstoßes
für die Kafirs. Sie ermutigen demgegenüber die
Mu’mins. Auf diese Weise sind sie „eine Prüfung für die Menschen". (Juusuf
`Allii)
Da die Erfahrung der Himmelsreise den
widersprüchlichsten Interpretationen offen stand und steht und von daher
Zweifel an ihrer Wirklichkeit erwecken kann, ist sie - wir aus dem folgenden
hervorgeht - „eine Prüfung für die Menschen": wer schwach im Iman oder
oberflächlich war, wurde in seiner Überzeugung von Muchammads, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, Glaubwürdigkeit erschüttert, während diejenigen, die an Allah
den Iman verinnerlichten, darin ein außerordentliches Beispiel für die geistige
Zuwendung sehen, die Allah Seinen auserwählten Dienern schenkt. Sie wurden
dadurch also in ihrem Iman an die Botschaft des Qur’an bestärkt. (Asad)
195. Der Baum Saqquum, ein bitterer Baum, der
am Grunde der Hölle wächst, Symbol für alles, was unangenehm ist. Vergleiche
auch Surach 37:62-65 und 56:52, die beide früher als diese Surach offenbart
wurden. Er ist eine Heimsuchung für Übeltäter. (Juusuf `Allii)
Der „Baum der tödlichen Frucht" als eine der
Manifestationen der Hölle. Im obigen Ajach wird er als „verflucht"
bezeichnet, weil er offensichtlich die Hölle selbst symbolisiert. (Asad)
196. Durch ständige Warnungen und Bestrafungen.
(ibn Kasir)
Abschnitt 7
61. Und als Wir zu den Engeln sprachen:197 „Werft euch
vor Adem198 nieder." Da warfen sie sich (alle vor ihm)
nieder, bis auf Iblis.199 Der sagte:200 „Soll ich mich
vor jemandem niederwerfen, den Du aus Lehm geschaffen hast?"201
197. Vergleiche Surach 7:11-18, wo es wie hier
um die Versuchung der individuellen Menschenseele geht, während in Sure 2:30-38
vom kollektiven Menschen die Rede ist, der in Adem, Allahs Segen und Frieden
auf ihm, dargestellt wird. Arroganz, Eifersucht, Trotz und Hass sind die
Bestandteile der Geschichte von Iblis.
(Juusuf `Allii)
198. Dem ersten Menschen. (Darjabadi)
199. Der Schwerpunkt liegt bei dieser
Darstellung auf der Verachtung Iblis' gegenüber Adem, Allahs Segen und Frieden
auf ihm, (hier als Prototyp für die ganze Menschheit steht). Deswegen schließt
dieser Ajach wahrscheinlich an den Schluss von Ajach 53 oben an: „Scheytan ist
der offenkundige Feind des Menschen". Die Betonung der Würde des Menschen,
ausgedrückt in Allahs Gebot an die Engel, sich vor Adem, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, niederzuwerfen, verbindet diese Allegorie mit den Ajachs
70-72. (Asad)
Die Geschichte soll den Kafirs verdeutlichen, dass
ihre arrogante und indifferente Haltung Allah gegenüber dieselbe
ist, die Scheytan bewies. Sie folgen in der Tat Scheytan, der ein verschworener
Feind des Menschen ist, und gehen in die Falle, die er seit Anbeginn der
Menschheitsgeschichte für die Nachkommen Adems, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, aufgestellt hat. (Maududi)
200. In reiner Verachtung. (Darjabadi)
201. Während er selbst, der aus Feuer
erschaffen war, sich für besser hielt. (Darjabadi)
Dieser Text zeigt die eigentlichen Gründe für seine
Fehlleitung auf, um die Menschen davor zu warnen. Es ist nur der Neid, den er
gegen Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, liegt, der ihn zwar den Lehm
erwähnen, das Einhauchen von Allahs Geist in diesem Leben jedoch verschweigen
lässt. (Qutb)
62. Er fuhr fort:202 „Siehst
Du, dies ist jener, den Du mehr geehrt hast als mich. Wenn Du mir eine Frist
gewährst bis zum Tag der Auferstehung, so werde ich gewiss seine Nachkommen in
meine Gewalt bringen bis auf einige wenige."203
202. Nachdem er seines Ungehorsams wegen
verworfen worden war. (Darjabadi)
Nun sucht Iblis diese
Geschöpf verächtlich zu machen, indem er seine Schwäche aufdeckt, nämlich seine
Neigung zur Sünde, und er sagt dies frohlockend. (Qutb)
203. Die Macht des Bösen über den Menschen ist
auf den freien Willen des Menschen zurückzuführen. Er liefert sich selbst dem
Bösen aus. Nur über diejenigen, die Allah treu dienen, hat das Böse keine
Macht. Dies wird ausdrücklich in Ajach 65 unten und an anderen Stellen erwähnt.
(Juusuf 'Ali)
Iblis vergisst, dass in den Menschen die
Bereitschaft steckt zum Guten und zur Rechtleitung ebenso wie zum Schlechten
und zum Irrtum. Auch, dass der Mensch, wenn er die Verbindung mit Allah
aufrechthält, vor Sünde und Irrtum bewahrt wird. (Qutb)
Vergleiche Surach 7:16-17. Das Verb “ichtanaka“
bedeutet wörtlich: „er band ein Seil um den Unterkiefer (beispielsweise eines
Pferdes)", nämlich um es zu führen. Die Form “ichtanaka“ bedeutet daher:
„er veranlasste (ein anderes Wesen), ihm blindlings zu folgen" oder
„blindlings zu gehorchen". (Asad)
Scheytan verlockt die Menschen mit falschen
Erwartungen und Erfolgsversprechungen. (Maududi)
63. Er (Allah) sprach: „Hinfort mit
dir! Wer auch immer von ihnen dir folgt, fürwahr, die Hölle soll euer Lohn sein,
eine überaus reichlicher Lohn!204
204. Die Macht des Bösen wird fortgeschickt,
aber nicht ohne eine deutliche Warnung: Tu, was du kannst; wenn jemand von
ihnen seinen freien Willen missbraucht und dir bewusst folgt, muss er mit dir
zusammen die Folgen tragen. Ihr alle seid persönlich für euch selbst
verantwortlich. (Juusuf `Allii)
Wenn Allah dem Scheytan seinen Wunsch gewährt, so
geschieht das nur unter dem Aspekt, dass die Menschen mit genügend Verstand und
Willen ausgestattet sind, dass sie es in der Hand haben, Iblis zu folgen oder
sich von ihm abzuwenden. (Qutb)
64. Und führe ins Verderben205
wen du kannst von ihnen mit deiner (verführerischen) Stimme,206
und ziehe gegen sie mit all deinen Reitern und Mannen,207 und sei
ihr Teilhaber an Gut und Kindern,208 und mache ihnen
Versprechungen."209 Doch was ihnen Scheytan
verspricht ist nichts als Verblendung!210
205. Tu das Schlimmste, was du tun kannst; ihr
seid jedoch gewarnt, dass dieser Weg zum Untergang führt.
(Juusuf `Allii)
Das folgende ist eine Verkörperung der Mittel der
Verführung, der Umzingelung und der Besitzergreifung von Sinnen, Gefühlen und
Willen. (Qutb)
206. Es sind jene, die zur Auflehnung gegen
Allah aufrufen. (ibn Kasir)
Durch die Einflüsterung böser Gedanken. (Darjabadi)
Das Böse stellt dem Menschen viele Fallen. Dazu
gehören Stimmen, die persönliche Verführung, die Böses als gut erscheinen
lässt. (Juusuf `Allii)
207. Der machtvolle Ansturm des Bösen wird hier
mit dem Bild der Kavallerie und Infanterie dargestellt. Wenn andere
Verführungskünste versagen, geschieht der Angriff mit Waffengewalt aller Art.
(Juusuf `Allii)
Wie Qatada sagt, finden sich diese Reiter und
Mannen, die dem Scheytan gehorchen, unter den Dschin wie auch unter den
Menschen. (ibn Kasir)
208. Wenn auch die gewaltsamen Angriffe auf
Widerstand stoßen, hat das Böse andere Waffen bereit. Greifbare Früchte werden
dem Menschen vor die Augen gehängt, verführerische Gewinne und Nachkommen, die
gewissen verführerischen Leidenschaften entstammen. Oder vielleicht auch
Kinder, die Lastern oder irdischen Reichtum anhängen, und so weiter. Satan
macht Zukunftsversprechungen aller Art. (Juusuf `Allii)
Nach Ibn 'Abbas und Mudschahid ist dies die
Verführung, Gelder für sündige Dinge auszugeben. Und nach 'Ataa ist es das
Zinsnehmen. Al-Hassan meint, dieses bedeute, ihre Gelder mit Verbotenem zu
verdienen und sie für Verbotenes auszugeben. Im allgemeinen
müsste es aber heißen, dass alles, worin oder womit Allah Ungehorsam gezollt
und dem Scheytan gefolgt wird, eine Teilhaberschaft bedeutet. (Ibn Kasir)
209. Versprich ihnen alles mögliche!
(Darjabadi)
Dass es zum Beispiel weder Auferstehung noch
Vergeltung geben wird. (Al-Dschalalain)
210. Dieser Satz ist eingefügt, um aufzuzeigen,
was Scheytans Versprechungen wert sind. (Juusuf `Allii)
Vergleiche auch Surach 4:120 und die entsprechende
Fußnote. (Asad)
Vergleiche auch Surach 14:22. (Anm. d. Übers.)
65. „Doch wahrlich, über Meine Diener
sollst du keine Macht haben."211 Und dein Herr genügt als
Beschützer.212
211. Seine Macht erstreckt sich nur über jene,
die sich ihm zuwenden. Jene jedoch, die gefestigt sind durch eine immerwährende
Verbindung zu Allah und Ihm dienen, über deren Herzen hat der Scheytan keine
Macht. (Qutb)
Um den Sinn vollständig zu erfassen, muss dieser
Ajach zusammen mit den beiden vorigen Ajachs gelesen werden. Das Böse hat nur
Macht über Menschen, die seinen Verführungen nachgeben. (Juusuf `Allii)
Dies verdeutlicht noch einmal, dass Scheytan nach
islamischer Vorstellung nicht eine Art „böse Gottheit" ist. Der Mensch
selbst erwirbt durch seine Schwäche die Gewohnheit, Fehler zu machen. Scheytan
hat keine Macht, denn sein Einfluss ist auf Überredung und Einflüsterung
beschränkt. (Darjabadi)
212. Da das Böse keine Macht über die
aufrichtigen Diener Allahs hat, sollen diese völlig Ihm vertrauen. Er ist in
der Lage, für ihre Anliegen zu sorgen und sie durch Seine Gnade vor Schaden und
Gefahr zu schützen.
(Juusuf `Allii)
Er beschützt, stärkt und hilft euch. (ibn Kasir)
66. Euer Herr ist es, Der die Schiffe
auf dem Meer dahintreibt,213 auf dass ihr
Seine Wohltaten zu erlangen sucht.214 Er ist wahrlich barmherzig
gegen euch.
213. Dieser Abschnitt von Ajach 66-72 schließt
eng an den vorherigen an. Er teilt dem Menschen mit, dass er seinen wahren
Herrn erkennen und im Gehorsam Ihm gegenüber standhaft sein soll, wenn er sich
vor den Verführungen und falschen Versprechungen Scheytans schützen will, der
seit Anbeginn der Schöpfung sein Feind ist. Scheytan will beweisen, dass der
Mensch nicht die Ehre wert ist, mit der Allah ihn gesegnet hat. In diesem
Abschnitt werden Argumente für die Lehre von Allahs Einheit vorgelegt, die den
Menschen im Iman bestärken und widerstandsfähig gegen Götzendienerei machen
sollen.(Maududi)
214. Dieses Bild vom Meer und der Fähigkeit,
die es mit Allahs Hilfe dem Menschen ermöglicht, es zu befahren und durch
Handel materielle Gewinne, durch menschliche Kontakte gesellschaftliche Gewinne
und durch den Erwerb von Wissen geistige Gewinne zu erlangen, wird immer wieder
vorgeführt, um Allahs Güte dem Menschen gegenüber zu illustrieren. Vergleiche
auch Surach 2:164. (Juusuf 'Allii)
Wir sollten versuchen, aus den wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen, erzieherischen und intellektuellen Möglichkeiten solcher
Reisen Nutzen zu ziehen. (Maududi)
67. Und wenn ihr in Not geratet auf dem
Meer, entschwunden sind dann (aus eurem Sinn) jene, die ihr anstelle von
Ihm anruft.215 Doch sobald Er euch aufs Land rettet, wendet ihr euch
ab. Wahrlich, der Mensch ist meist undankbar!216
215. Vergleiche auch Surach 6:24 und die
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
Den Missetaten des Scheytans werden hier die
Wohltaten Allahs gegenübergestellt. Während Scheytan nur schlechtes für den
Menschen will, geht Allah barmherziger mit ihm Um, indem Er ihm hilft, ihn
rechtleitet und seine Versorgung leicht erreichbar macht. (Qutb)
Euer eigenes inneres Wesen kennt keinen anderen
Herrn als Allah, und tief in eurem Innern fühlt ihr, dass Er allein die Macht
hat, euch Gewinn oder Verlust zu geben. Sonst würde kein Mensch gerade zu dem
Zeitpunkt Allah anrufen, wo er feststellt, dass niemand anderes sein Unglück
abwenden kann. (Maududi)
216. Allahs Barmherzigkeit und Seine Gaben
werden wieder der Undankbarkeit des Menschen gegenübergestellt. In der Gefahr
erinnert sich dieser an den Einen wahren Allah. Sobald aber die Gefahr
abgewendet ist, fällt er wieder in sein eigenes Wunschdenken zurück. Vergleiche
auch Surach 10:22-23. (Juusuf `Allii)
Er verwirft wieder den
Iman an den einen Gott und kehrt zurück zu seiner gewohnten Art, der Gunst
Allahs mit Undankbarkeit zu begegnen. (Al-Dschalalain)
Mit Ausnahme desjenigen, dessen Herz ständig in
Verbindung mit Allah bleibt. (Qutb)
68. Seid ihr denn sicher, dass Er euch
nicht in der Erde versinken,217 oder dass
Er nicht einen Steinregen218 auf euch niedergehen lässt? Und ihr
werdet niemanden finden, der euch beschützen könnte.
217. Meint ihr denn, dass ihr, wenn ihr das
Festland erreicht habt, vor Allahs Vergeltung und Bestrafung verschont würdet?
(ibn Kasir)
Nur mit Allahs Gnade und Hilfe ist der Mensch auf
dem Land oder auf der See sicher. Wie oft hören wir von gewaltigen Erdbeben
oder Tornados. Da kommt der Untergang so plötzlich, dass die Opfer keine Zeit
mehr haben, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Sie werden einfach
ausgelöscht. (Juusuf `Allii)
218. In jeder Lebenslage ist der Mensch in
Allahs Hand, auf dem Land ebenso wie auf dem Meer. Wie sollte er sich da in
falscher Sicherheit wiegen? (Qutb)
“Haasib“ ist ein Sturm, der Sand oder Steine vor
sich hertreibt. (Darjabadi)
69. Oder seid ihr sicher, dass Er euch nicht wieder dorthin219
zurückführt und dann einen Sturmwind gegen euch entsendet und euch ertrinken lässt
für eure Undankbarkeit?220 In diesem (Augenblick)
werdet ihr keinen finden, der euch gegen Uns verteidigen221 könnte!
219. Wörtlich: „darein" oder
„darauf". (Asad)
Angesprochen sind jene Widersetzlichen, die Allah,
den Einzigen anriefen, als sie in Not waren und so das Festland erreichten.
(ibn Kasir)
220. Wenn ein Mensch vor Allahs Zorn flieht,
ist kein Ort sicher für ihn. Er flieht vielleicht vom Meer aufs Land und wieder
zurück vom Land aufs Meer. Aber sein Leben ist von Dem abhängig, in Dessen Hand
unser aller Schicksal liegt. (Juusuf `Allii)
221. “Tabi“ bedeutet Anhänger oder „jemand, der
sich für jemandes Interessen einsetzt". (Darjabadi)
70. Wir haben fürwahr die Kinder Adems
geehrt222 und sie über Land und Meer getragen223 und sie
mit guten Dingen versorgt,224 und Wir zeichneten sie aus gegenüber
den meisten unserer Geschöpfe.225
222. Nämlich die Menschen. Der Mensch ist ein
geehrtes und würdiges Geschöpf. (Darjabadi)
Allah hat den Menschen besonders geehrt, indem Er
ihm die Fähigkeit zum vernünftigen Denken gegeben hat (vergleiche Surach 2:31
und die entsprechende Fußnote), durch die er allen anderen belebten Wesen
gegenüber überlegen ist, selbst den Engeln. Indem diese besondere Auszeichnung
des Menschen hier betont wird, schließt dieser Ajach an Ajach 61 oben an und
setzt das dortige Thema fort. (Asad)
223. Die Beförderung des Menschen zu Land und
auf dem Meer geschieht dadurch, dass er sich die Naturgesetze dienstbar macht
und sie seiner Natur anpasst. Gäbe es dies nicht, so wäre es für den Menschen
nicht möglich zu überleben, da er von Natur aus zu schwach wäre. Doch Allah
gibt ihm die Möglichkeit und die Fähigkeit dazu. (Qutb)
Vergleiche auch Surach 10:22 und die entsprechenden
Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
224. Der Mensch hingegen vergisst durch lange
Gewohnheit, dass Allah ihn mit guten Gaben beschenkt hat. Er kennt ihren Wert
erst, wenn sie ihm einmal genommen werden, um dies allzu schnell wieder zu
vergessen, als da sind: Sonne, Wind, Wasser, Gesundheit, Bewegungsfähigkeit,
die Sinne, der Verstand, Speise und Trank und all das, was im unermesslichen
Universum ist. (Qutb)
225. Die Ehre und Würde, die Allah dem Menschen
gegeben hat, wird hier besonders erwähnt, um die sich daraus ergebenden
Verpflichtungen zu betonen. Der Mensch wurde in eine Ehrenstellung gegenüber
der Schöpfung erhoben; er hat Fähigkeiten bekommen, durch die er sich auf dem
Land und zur See und schließlich auch in der Luft von einem Ort zum anderen
bewegen kann; alle Mittel für Unterhalt und Wachstum aller Aspekte seines
Wesens werden von Allah zur Verfügung gestellt, und seine geistigen Fähigkeiten
(das größte Geschenk Allahs) erheben ihn über die übrige Schöpfung Allahs.
Sollte er dann nicht erkennen, worin sein edler Auftrag besteht, und sich auf
sein wahres Leben im Jenseits vorbereiten? (Juusuf `Allii)
Abschnitt 8
71. Und gedenke des Tages, an dem Wir226 die Menschen
gruppenweise mit ihren Führern227 herbeirufen werden. Und wem seine
Aufzeichnungen228 in seine rechte Hand gegeben werden, diese werden
ihre Bücher (gerne) lesen,229 und nicht das
Geringste soll ihnen vorenthalten werden.230
226. Zum Gericht. (Darjabadi)
227. Das Wort “Imaam“ hat verschiedene
Bedeutungen, vergleiche beispielsweise Surach 2:124 und die entsprechende
Fußnote. Die Kommentatoren sind unterschiedlicher
Ansicht über die hier gemeinte Bedeutung. Einige verstehen es so, dass jede
Gruppe von Menschen mit ihrem jeweiligen Führer erscheint, der Zeuge für ihre
Tugenden oder Vergehen ist; vergleiche auch Surach 16:84. Nach einer anderen
Ansicht handelt es sich bei dem “imaam“ um ihre Offenbarung, ihre heilige
Schrift. Nach einer dritten Ansicht ist der “imaam“ das Verzeichnis ihrer
Handlungen, von dem im nächsten Satz die Rede ist. (Juusuf `Allii)
Ibn 'Abbas ist der Ansicht, dass mit “imaam“ hier
das Verzeichnis ihrer Handlungen gemeint ist. Abu Al'aljia, Al'Hasam, und
Al-Dachhak teilen diese Meinung, die auch wir als wahrscheinlicher erachten,
bestärkt durch den Text im 96:12: „und alles haben Wir in einem detaillierten
Buch aufgezählt." (ibn Kasir)
Rasi ist der Meinung, der Ausdruck “imaam“
bezeichne hier ganz abstrakt die bewusste gute oder böse Neigung, die das
Verhalten einer Person bestimmt und die Motivationen für seine Handlungen
steuert. Vergleiche auch Surach 53:39 und die entsprechende Fußnote. (Asad)
228. Den Bericht, in dem alle seine Handlungen
verzeichnet sind. (Darjabadi)
Dieses Symbol wird. im Qur’an oft verwendet, um die
Anerkennung der Rechtschaffenheit im geistigen Sinne zu beschreiben, so wie die
„linke Hand" das Gegenteil bedeutet. Vergleiche auch Surach 69:19 und 84:7
und die entsprechenden Fußnoten. (Asad)
229. Mit großer Freude. (Darjabadi)
Die Ungerechten bekommen ihr Verzeichnis der Taten
in die linke Hand. Sie schämen sich darüber und versuchen, es hinter ihrem
Rücken zu verstecken. Vergleiche auch Surach 69:7-13. (Maududi)
230. Wörtlich: „um den Wert eines Fatiil“, ein
winziges Häutchen in der Rille eines Dattelkerns, das keinerlei Wert hat.
(Juusuf `Allii)
Dieser letzte Satz bezieht sich offensichtlich
sowohl auf die Rechtschaffenen als auch auf die Ungerechten. (Asad)
72. Doch wer in diesem (Leben) blind
war,231 der wird (auch) im Jenseits blind232
und am weitesten vom Weg abgeirrt sein.
231. Am Tag des Gerichts erhalten die Gerechten
das Verzeichnis ihrer Taten und danken glücklich Allah für Seine Gnade. Die
Ungerechten waren bereits in diesem irdischen Leben blind, und im zukünftigen
Leben können sie das Licht von Allahs Angesicht nicht sehen. Sie werden im
Gegenteil feststellen müssen, dass sie sich um so
weiter von ihrem Weg entfernt haben, je länger sie gegangen sind. Beachte die
Gedankenassoziation: Blindheit - das Licht nicht sehen - sich immer weiter vom
rechten Weg entfernen. (Juusuf `Allii)
Blind gegenüber den Zeichen Allahs und Seinen
klaren Beweisen. (Ibn Kasir) Im Herzen blind.
(Safwat Al-Tafaasir)
232. Vergleiche auch Surach 20:124-125. Dieser
Abschnitt zeigt, dass das zukünftige Leben eines Menschen nicht nur durch seine
irdische Lebensweise bedingt, sondern eine organische Fortsetzung dessen ist,
wobei sich eine natürliche Entwicklung bemerkbar macht und zuvor vorhandene
Tendenzen intensiviert werden. (Asad)
73. Und beinahe hätten sie dich in
Versuchung geführt,233 weg von dem, was Wir dir offenbart haben,
damit du etwas anderes über Uns erdichtest.234 Denn dann hätten sie
dich ganz gewiss zum Freund genommen.235
233. Einige Götzendiener hatten versucht, den
Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu einigen Zugeständnissen
als Gegenleistung für ihren Übertritt zum Islam zu erpressen. (Darjabadi)
Wenn der Text auf einige Versuche der Götzendiener,
den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu verführen
hindeutet, so geht er doch im einzelnen nicht darauf
ein. Er soll nur Allahs besondere Gnade ihm gegenüber betonen, durch die Er ihn
an der Wahrheit festhalten lässt und ihn vor Versuchung schützt. (Qutb)
234. Mutaqi Menschen - wie hier dem Prophet
geschieht es immer wieder, dass Versuchungen an sie herantreten in Form von
attraktiven irdischen Dingen, wenn sie Zugeständnisse machen würden. Dadurch
könnte die ganze von Allah gesandte Botschaft entstellt werden. Der Prophet
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hätte Reichtum und soziale Position
von den Quraisch akzeptieren und ihre Götzen „nur respektieren" können.
Ein unehrlicher Mensch wäre mit Vergnügen auf einen solchen Vorschlag
eingegangen. Gesandte Allahs jedoch sind widerstandsfähiger und weisen alle
solche Betrügereien zurück. (Juusuf `Allii)
235. Dies bezieht sich auf ein
Kompromissangebot der Quraisch: sie verlangte vom Propheten Muchammed, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, eine gewisse Anerkennung ihrer Stammesgottheiten und
versprach als Gegenleistung, ihn als Prophet anzuerkennen und zu ihrem Führer
zu machen. Dieses Angebot lehnte der Prophet Muchammed, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, selbstverständlich ab. (Asad)
74. Und wenn Wir dich nicht gefestigt
hätten,236 fürwahr, dann hättest du dich ihnen fast ein wenig
gefällig gezeigt.237
236. In besonders hohem Maße, und hätte Allah
ihn nicht als Prophet ohnehin immun gegen absichtliche Verbrechen gemacht...
(Darjabadi)
237. Auch eine geringfügige Abweichung am
Wegesanfang führt zu vollkommenem Fehlgehen. Wenn ein Mann, dem eine Mission
auferlegt ist, einem Teil seiner Aufgabe nicht nachkommt, auch wenn dieser ganz
minimal ist, wird er die Kraft nicht besitzen, es bei diesem einen Mal zu
belassen, denn seine Bereitschaft zu kapitulieren steigert sich bei jedem
Schritt, den er rückwärts macht. (Qutb)
Vom rein menschlichen Standpunkt aus erscheint es
politisch klug, klein “Zugeständnisse“ an menschliche Schwächen zu machen, um
einen Auftrag Allahs zu erfüllen. Dem Gesandten Allahs wird jedoch die Kraft
gegeben, solchen Versuchungen zu widerstehen. (Juusuf `Allii)
In deinem Eifer, die Götzendiener für den Islam zu
gewinnen. (Darjabadi)
Dies bedeutet hier, dass der Iman des Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, es ihm unmöglich machte, etwas von
dieser Art in Erwägung zu ziehen. (Asad)
75. Doch dann238 hätten Wir dich gewiss die doppelte
(Strafe) in diesem (Leben) und die doppelte (Strafe) im Tod kosten lassen!239
Dann hättest du niemanden gefunden, der dir gegen Uns hätte beistehen können.240
238. Rein hypothetisch. (Darjabadi)
239. Das vielfache von dem, womit normale Leute
bestraft werden. (Asad)
Wäre ein Kompromiss mit dem Bösen und ein Verrat an
seiner Aufgabe für einen Propheten überhaupt möglich, dann gäbe es für ihn
keine Ausnahme im Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit. Da in diesem Fall
Kraft und Verantwortung größer sind, würde auch die Strafe vergrößert. Sie wäre
zweifach: eine Bloßstellung in diesem Leben und die Strafe für einen Verrat an
der Wahrheit im zukünftigen Leben. (Juusuf `Allii)
Nämlich einmal für den eigenen Verrat an Allahs
Offenbarung, und dann dafür, dass er durch sein Beispiel andere auf Irrwege
geführt hätte. Die Bedeutung dieses Abschnittes geht jedoch weit über ihren
historischen Rahmen hinaus: er bringt den Gedanken zum Ausdruck, dass jedes
bewusste Vergehen gegen eine grundlegende Wahrheit ein unverzeihlicher Fehler
ist. (Asad)
240. Gegenleistungen für einen Kompromiss mit
dem Bösen sind trügerisch. Es kann sich um Einfluss, Position oder andere
Möglichkeiten handeln oder aber auch um Reichtum und Lebensgenuss. Diese aber,
selbst wenn man sie dadurch erlangt, nützen nichts gegen Allahs Urteil. (Juusuf
`Allii)
Dieser Ajach darf keineswegs als eine Herabsetzung
der Person des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verstanden
werden. Die Absicht ist vielmehr, auf die Huld Allahs dem Propheten Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegenüber hinzuweisen. “Laula“ ist ein
Partikel, das darauf hindeutet, dass es von vorneherein ausgeschlossen war.
(Safwat Al-Tafaasir)
76. Und beinahe hätten sie dich dazu
gebracht, das Land zu verlassen, um dich daraus zu vertreiben,241
doch dann242 wäre ihr Verbleib darin243 nur von kurzer
Dauer gewesen,244
241. Wie es im Fall des Propheten Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, geschah, versuchen die Feinde, den Gesandten
Allahs durch Drohungen aus ihrer Gesellschaft zu vertreiben. Sie rechnen bei
ihrem Plan jedoch nicht mit Allah. Wer die Rechtschaffenen verfolgt, gräbt sich
sein eigenes Grab. (Juusuf `Allii) ~
Ein Jahr nach der Offenbarung dieser Surach zwangen
die Kafirs den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, Mekka zu verlassen. Nach weiteren acht Jahren betrat er
Mekka wieder als Sieger, und wiederum zwei Jahre später war ganz Arabien von
den Götzendienern befreit. (Maududi)
Diese Surach wurde zu einer Zeit offenbart, als die
Verfolgung sowohl physisch als auch moralisch, unter der der Prophet Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger zu leiden hatten, ihren
Höhepunkt erreicht hätte. (Asad)
Als die Versuchungen der Götzendiener keinen Erfolg
beim Propheten, Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hatten, wollten
sie ihn aus dem Land - Mekka - verscheuchen. Doch Allah gab ihm ein, auszuwandern.
Hätten sie ihn vertrieben, so hätte sie Allah zugrunde gehen lassen, wie es
Seiner Gesetzmäßigkeit entsprach. Doch sie wurden aufgrund Seiner Weisheit und
Kenntnis vor dieser Bestrafung bewahrt. (Qutb)
242. Wenn du die Stadt wirklich verlassen hättest.
(Darjabadi)
243. Wörtlich: „nach dir". (Asad)
244. Diese Voraussage wurde fast zwei Jahre
später erfüllt, als gerade jene Führer der Quraisch in der Schlacht von Badr
getötet wurden. (Asad)
Wörtlich: hätten sie nur ein wenig verweilt. (Anm.
d. Übers.)
77. So wie es (Unser) Brauch war bei
Unseren Gesandten245, die Wir vor dir geschickt haben.246
Und du wirst in Unserer Vorgehensweise keine Abänderung finden.
245. Das heißt, die Völker, die ihre Propheten
vertrieben, wurden ausnahmslos vernichtet. (Asad)
Oder sie wurden der Herrschaft ihrer Feinde
unterworfen, oder sie wurden von den Anhängern ihres Propheten besiegt.
(Maududi)
Jene zu vernichten, die sie vertrieben haben.
(Al-Dschalalain)
Die Gesetzmäßigkeiten Allahs können nicht
individuell abgeändert werden, sondern sind ewig und unabänderlich. (Qutb)
246. Den
Muslimen wird mitgeteilt, dass der Konflikt zwischen Iman und Kufr kein Problem
ist, dem sie allein gegenüberstehen. Der einzige Iman
ist von manchem Volk abgelehnt worden, und es fehlte nicht an früheren
Nationen, die ihre Gedanken Institutionen auf der Grundlage des Kufrs
aufbauten. Es ist daher ihre Pflicht zu sehen, was das Schicksal dieser beiden
war: der Bekenner des Imans und derer, die kafir waren. In der Geschichte kann
man ablesen, wie Allah mit den Rechtschaffenen und den Bösen verfuhr. (Siddiqi)
Das
heißt, Ende (der Untergang in dieser Welt. Reist über die Erde und lasst euch
von den Spuren ihres Untergangs warnen, die ihr da zu sehen bekommt.
(Darjabadi)
Die
Geschichte berichtet vom Untergang dieser Völker, und im Qur`an wird an
verschiedenen Stellen davon berichtet. Die gesamte Erde ist Schauplatz
menschlichen Lebens, und die Erde und das Leben sind ein aufgeschlagenes Buch,
aus dem Einsichten gewonnen werden können. (Qutb)
Nur
Allahs Wahrheit ist dauerhaft und wird am Ende den Sieg davontragen. In der
Niederlage dürfen wir nicht entmutigt sein oder den Kampf aufgeben. Iman
bedeutet Hoffnung, Aktivität, beständiges Streben nach dem Ziel. (Juusuf
'Allii)
Abschnitt 9
78. Verrichte das Gebet247 von der Neigung der Sonne248
bis zum Anbruch der Nacht249 und (lies) den Qur'an bei Anbruch
des Tages.250 Wahrlich, das Lesen des Qur’ans bei Anbruch des Tages
wird (von den Engeln) bezeugt.251
247. Wahre seine Zeiten. (Safwat Al-Tafaasir)
Die Kommentatoren verstehen dies als das Gebot der
fünf täglichen Gebete, nämlich die vier während des Niedergangs der Sonne vom
Zenith bis zum Anbruch der Nacht und das frühe Morgengebet, dem gewöhnlich
Rezitation des Qur’ans folgt. Die ersten vier Gebete sind „Suchr"
unmittelbar nachdem die Sonne ihren Höchststand überschritten hat; „`Asr"
am späten Nachmittag; „Marib" unmittelbar nach dem Sonnenuntergang; und
nachdem das Abendrot abgeklungen und die Nacht angebrochen ist. Unterschiedliche
Ansichten bestehen bezüglich einiger Worte oder Sätze, nicht aber über die
allgemeine Aussage dieses Abschnitts. (Juusuf `Allii)
Angesprochen ist sowohl der Prophet Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, als auch der Leser. (Darjabadi)
Entgegen der Meinung mancher Qur’an-Kommentatoren,
die diesen Worten die Gebetszeiten entnehmen, neige ich zu der Auffassung, die
besagt, dass was in diesen Ajachs genannt wird, als eine Sonderbestimmung für.
den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu erachten ist: Die
Zeiten des vorgeschriebenen Gebets stehen jedoch durch Tat und Wort des
Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist. (Qutb)
Das Gebot des regelmäßigen Gebets folgt unmittelbar
auf die Erwähnung von Schwierigkeiten und Hindernissen. Dies bedeutet auch,
dass Standhaftigkeit in widrigen Lebensumständen durch regelmäßiges Gebet
erlangt werden kann. (Maududi)
248. Wir haben den arabischen Wortlaut
übersetzt mit „von der Neigung der Sonne...“. Obwohl einige Gefährten des
Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der Ansicht waren, dies
beziehe sich auf den Sonnenuntergang, ist die Mehrheit von ihnen der Meinung,
dass es sich um ihren Niedergang vom Zenith handelt, darunter `Umar, Anas und
wichtige Gelehrte wie Hasan Basri, Mudschahid und Dschafar Saadiq. (Maududi)
249. Dies umfasst die beiden Abendgebete Marib
und `Ischa. (Darjabadi)
Nach der Ansicht einiger Kommentatoren bedeuten die
arabischen Worte „völlige Dunkelheit der Nacht", während andere sie als „Mitternacht"
verstehen. Nach der ersten Ansicht ist damit der Anfang der Zeit für das
`Ischa-Gebet gemeint und nach letzterer das Ende davon. (Maududi)
250. Die Qur’anrezitation hat, so wie auch das
Gebet, bei Tagesanbruch besonders starke Wirkung. (Qutb)
Wie aus der Praxis (Sunnach) des Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hervorgeht, umschreibt dieser Vers
vollkommen die täglichen fünf Gebete, die für jeden Mann und jede Frau eine
Pflicht sind. Obgleich in jedem Gebet Abschnitte aus dem Qur’an rezitiert
werden, wird hier das Morgengebet besonders hervorgehoben, weil der Prophet
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach Anweisung Allahs zu dieser
Zeit die Qur’anrezitation verlängerte und auf diese Weise diesem Gebet ein
besonderes Gewicht gab. (Asad)
251. Das Morgengebet wird besonders
hervorgehoben, denn der Morgen ist eine „heilige Zeit", in der besonders
geistige Einflüsse nach der Ruhe der Nacht auf die Seele wirken. (Juusuf
`Allii)
Die meisten klassischen Kommentatoren verstehen
hier, dass das Morgengebet „sowohl von den Engeln des Tages als auch denen der
Nacht" bezeugt wird. Rasi vertritt demgegenüber die Ansicht, dass es sich
bei dem „Zeugen" um den Funken der Erleuchtung Allahs in der Seele des
Menschen handelt - die Verfeinerung seiner inneren Wahrnehmungsfähigkeit zu
einer Zeit, wenn Dunkelheit und Stille der Nacht dem lebenspendenden Licht des
Tages weichen müssen - so dass das Gebet hier zu einem Mittel wird, tiefere
Einsicht in den Bereich der geistigen Wahrheiten zu gewinnen und auf diese
Weise Verbindung mit allem Heiligen aufzunehmen. (Asad)
Das Gebot der täglichen fünf Gebete kam anlässlich
der Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. An
anderen Stellen im Qur’an ist ebenfalls von den Gebetszeiten die Rede,
beispielsweise in Surach 11:114; 20:130 und 30:17-18. (Maududi)
79. Und unterbrich dafür deinen
Schlaf in der Nacht,252 ein zusätzlicher (’Ibadach) für dich.253
Auf dass dein Herr dich in einen glorreichen Rang erhebe.254
252. Dies richtet sich besonders an den
Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der gewöhnlich mehr als
die fünf vorgeschriebenen Gebete verrichtet. Tahadschud ist ein Gebet nach
Mitternacht bis in die frühen Morgenstunden. (Juusuf `Allii)
Tahadschud bedeutet wörtlich die Unterbrechung des
Schlafes. Man steht auf, nachdem man einen Teil der Nacht im Schlaf verbracht
hat, und verrichtet dieses Gebet. (Maududi)
“Bihi“ (wörtlich: „damit" oder „mit ihm",
also mit seiner Rezition) bezieht sich auf den Qur’an, denn der Qur’an ist der
Geist und Wesen des Gebets. (Qutb)
253. Zusätzlich zu den obligatorischen fünf
Gebeten. Dies ist also kein Gebot, sondern eine Empfehlung, obgleich der
Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst meist den größten
Teil der Nacht im Gebet verbrachte. (Asad)
“Nafl“ bedeutet wörtlich „zusätzlich zu einer
Pflicht". (Maududi)
Das Wort “'asa“ (wörtlich: es mag sein, oder
möge...) dient, wie die Kommentatoren erklären, im Sprachgebrauch des Qur’ans
der Festsetzung und Bestimmung, da es ein edles Versprechen Allahs ist, das
nicht unerfüllt bleiben wird. (Safwat Al-Tafaasir)
254. Im zukünftigen Leben sollte dem Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der höchste Rang - maqaam machmuud
- zuteil werden. In diesem liegt eine große mystische Bedeutung einschließlich
seiner besonderen Auszeichnung vor allen anderen Propheten. Der unmittelbare
Bezug ist möglicherweise die Hoffnung, dass die Verfolgung in Mekka bald
vorüber sein und das Werk in Medina beginnen wird. (Juusuf `Allii)
Gebet, Qur’anrezitation und Nachtwache sowie diese
ständige Verbindung mit Allah ist der Weg, der zu dieser lobenswerten Stellung
führt. Wenn nun Allah Seinem auserwählten Gesandten dies alles befielt, um wie
viel notwendiger ist es dann für andere Menschen, sich dieser Mittel zu
bedienen, wenn sie im zukünftigen Leben einen hohen Rang zu erlangen suchen.
(Qutb)
Nach einem Hadis ist damit auch die Möglichkeit der
Fürsprache für andere gemeint, wie sie dem Propheten Muchammad, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, gegeben wird. (Darjabadi)
Wenn jetzt die Kafirs voll damit beschäftigt sind,
dich zu schmähen und überall zu verleumden, so ist doch die Zeit nicht fern, wo
dich die ganze Welt lobt, und im zukünftigen Leben werden alle Geschöpfe dich
zu recht loben. (Maududi)
80. Und sprich: „Mein Herr! Lass
meinen Eingang wahrhaftig sein,255 und lass meinen Ausgang
wahrhaftig sein,256 und gewähre mir Deine hilfreiche Macht!"257
255. Zu jedem Lebensabschnitt, auch in den Tod.
(Darjabadi)
Einen zufriedenen Eingang nach Medina, bei dem ich
nicht zu sehen bekomme, was mir zuwider ist.
(Al-Dschalalain)
Während Qatada meint, dass dies der Eingang in
Medina bedeutet, meint Al'Afi von ibn 'Abbas übernommen, dass dies ein
Eintreten in den Tod bedeutet. (ibn Kasir)
Lass meinen Ausgang aus Mekka so sein, dass mein
Herz kein Heimweh danach empfindet. (Al-Dschalalain)
Dieses Gebet zeigt, dass sich die Zeit der
Auswanderung (Hidschra) nähert. Darum lehrte Allah Seinen Gesandten, so zu
beten, sowie unter allen Umständen der Wahrheit zu folgen. Wenn er auswanderte,
so sollte es um der Wahrheit willen geschehen, und wo immer er hinging, es
sollte für die Sache der Wahrheit sein. (Maududi)
Das Eintreten in jede Angelegenheit und in jedem
Ort. (Safwat Al-Bajaan)
256. „Ausgang" und „Eingang" können
hier auf vier verschiedene Arten interpretiert werden:
1. Eingang in den Tod und Ausgang bei der
Auferstehung. Für die Rechtschaffenen, die ihre Seele durch Gebet gereinigt und
geistige Lehren aus dem Qur’an angenommen haben (vergleiche den vorigen Ajach),
bedeutet dies jedesmal eine vollere Erkenntnis von Wahrheit und Ehre und die
Freude darüber. Entgegengesetzt ist die Wirkung für diejenigen, die sich von
Allah entfernt haben. Für sie wird die Wahrheit bitter, und statt der Ehre
erwartet sie Bloßstellung und Erniedrigung.
2. Der Eintritt des Propheten Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, in ein neues Leben in Medina, das noch in der
Zukunft verborgen lag, und den Auszug aus einem Leben unter der Verfolgung und
in einer Umgebung der Lüge in Mekka, dessen Bewohner noch dem Polytheismus
anhingen.
3. Wiederum auf die bevorstehende Auswanderung
bezogen kann das Gebet bedeuten: „Lass uns aus reinen, wahrhaftigen Absichten
und in geistiger Würde auswandern, nicht aus Zorn gegen die Bewohner von Mekka
oder unsere Verfolger oder aus Interessen irdischer Macht in Medina oder
ähnlichen niederen Motiven.
4. ganz allgemein Eingang und Ausgang in jedes
Lebensstadium. (Juusuf `Allii)
Allah lehrte Seinen Gesandten Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, dieses Bittgebet, um Allah damit anzurufen und damit
seine Gemeinde lernt, wie sie sich zu Allah wendet. Wahrhaftiger Ausgang und
Eingang sind gleichbedeutend mit der Wahrhaftigkeit der ganzen Reise. (Qutb)
Vergleiche auch Psalm 121:8. (Anm. d. Übers.)
257. Was wir auch immer planen, unser Erfolg
ist von Allahs Hilfe abhängig. Wie edel auch immer unsere Absichten sein mögen,
wir haben nicht das Recht, Menschenleben in Gefahr zu bringen, bevor wir Allahs
Auftrag dazu haben. Propheten handeln nur in Allahs Auftrag und nach Seiner
Inspiration. (Juusuf `Allii)
Gib mir Macht und Autorität oder lass mir eine
Regierung zur Seite stehen, damit ich mit ihrer Hilfe die korrupte Welt reformieren
kann. Macht ist notwendig, um Laster unter Kontrolle zu bringen und das Gesetz
der Gerechtigkeit durchzusetzen. Nach einem Hadis vernichtet Allah durch die
Macht der Regierung die Missstände, die nicht durch die Lehre des Qur’an
abgeschafft wurden. (Maududi)
81. Und sprich: „Nun ist die Wahrheit
gekommen258 und die Falschheit ist verschwunden. Wahrlich, die
Falschheit ist zum Untergang bestimmt."259
258. Die Wahrheit hat gesiegt und bleibt
bestehen. (Darjabadi)
Mit dieser Macht, die dir von Allah verliehen ist,
verkünde das Kommen der Wahrheit und das Verschwinden der Falschheit. (Qutb)
Vergleiche auch Surach 8:8; 21:18 und 42:24. (Anm.
d. Übers.)
259. Der Trug muss von seinem Wesen her
vergehen, denn er ist das Gegenteil der Wahrheit; die Wahrheit aber ist
beständig. (Juusuf `Allii)
Zur Zeit dieser Offenbarung hatten die Verfolgungen
ihren Höhepunkt erreicht. Viele Muslime waren nach Abessinien ausgewandert, und
die Zurückgebliebenen litten unter unsagbaren Schwierigkeiten, wobei das Leben
des Propheten Muchammad, Allahs Segen und frieden auf ihm, ständig in Gefahr
war. Allem Anschein nach hatte also der Trug überall die Oberhand, und es gab
keinerlei Anzeichen dafür, dass die Wahrheit jemals siegen könnte. Deswegen
spotteten die Kafirs besonders über diese Ankündigung. Die Vorhersage des
Sieges wurde jedoch wahr, als zehn Jahre später der Prophet Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, wieder in Mekka einzog und gerade dies verkündete,
während er die Götzen in der Ka'ba zerbrach. (Maududi)
82. Und Wir senden im Qur’an das
herab, worin Heilung260 und Barmherzigkeit für die Mu’mins ist.261
Doch für den Ungerechten mehrt es nur den Verlust.262
260. Ein Heilmittel für alle moralischen,
gesellschaftlichen und geistigen Krankheiten des Menschen. (Darjabadi)
261. Im Qur’an liegt eine Heilung und
Barmherzigkeit für diejenigen, deren Herzen vom Iman erleuchtet und geöffnet
werden. Sie finden im Qur’an Ruhe, Sicherheit und Zufriedenheit. Dies ist das
Heilmittel gegen teuflische Einflüsterungen, Angst und Ratlosigkeit, denn durch
ihn werden dem Menschen Ruhe und Sicherheit verliehen. Er fühlt Allahs
Zufriedenheit mit sich und Wohlgefallen am Leben. Innere Unruhe, Gier, Hass,
Neid und vieles andere dergleichen sind demgegenüber Krankheiten, die dem
Herzen zusetzen und ihn schwächen. Somit ist der Qur’an eine Gnade für die
Mu’mins. (Qutb)
Vergleiche auch Surach 10:57. (Anm. d. Übers.)
262. Sie können weder Nutzen aus ihm ziehen,
noch können sie ihn richtig vernehmen. (ibn Kasir)
Da sie nicht an den Qur’an den Iman verinnerlichen
wollen, verstricken sie sich immer mehr in Kufr und Irrtum.
(Safwat Al-Tafaasir)
In Allahs Offenbarung liegt Heilung für unsere
zerbrochenen Seelen, Hoffnung auf eine geistige Zukunft und Freude über die
Vergebung unserer Fehler. Alle, die den Iman verinnerlichen und recht handeln,
teilen dieses Privileg. Nur wer gegen Allahs Gesetz rebelliert, erleidet einen
Verlust. Je stärker sie sich gegen die Wahrheit wenden, um so
tiefer fallen sie ins Elend. (Juusuf `Allii)
Mit den „Übeltätern" sind Menschen gemeint,
die aus Selbsttäuschung oder überschwänglicher Liebe zu dieser vergänglichen
Welt jede Möglichkeit der Rechtleitung Allahs von vornherein zurückweisen und
schließlich geistigem Nihilismus zum Opfer fallen. (Asad)
Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, hasste dies alles mit den Worten zusammen: „Der Qur’an ist entweder ein
Beweismittel für oder gegen dich." (Maududi)
83. Und wenn Wir dem Menschen
Wohltaten erweisen, dann wendet er sich ab und entfernt sich (von Uns).263
Und wenn ihn Schlimmes berührt, ist er zutiefst verzweifelt.264
263. Wohlstand lässt den Menschen eitel und
übermütig werden, wenn er nicht an den Geber denkt und Ihm dankt und Ihn
preist. Not hingegen lässt ihn verzweifeln, sofern er die Bindung zu Allah
nicht aufrechterhält. (Qutb)
264. Hier offenbart sich der Wert des Imans und
der Barmherzigkeit, die er einem schenkt. (Qutb)
Die Wahrheit rettet uns vor zwei Extremen: wenn wir
glücklich sind, rettet sie uns davor, deswegen übermütig zu werden, denn wir
erkennen, dass alles von Allah kommt; wenn wir Schwierigkeiten erleiden,
brauchen wir nicht zu verzweifeln, denn wir wissen, dass Allah unsere Zuflucht
und Hilfe ist. (Juusuf `Allii)
Vergleiche Surach 11:9-10 und die entsprechenden
Fußnoten. (Asad)
84. Sprich: „Jeder handelt auf seine
Art und Weise.265 Doch euer Herr weiß es am besten, wer auf dem
rechten Weg ist.“ 266
265. Entsprechend seiner natürlichen
Veranlagung und seinen Neigungen. (Darjabadi)
„Schakilach": Richtung, Veranlagung,
Willensrichtung, Iman. (ibn Kasir)
266. Wenn die Ungerechten ihrer Wege gehen,
soll uns das nicht entmutigen. Es liegt in ihrer Natur. Wir sollen an der
wahren Rechtleitung festhalten. (Juusuf `Allii)
Abschnitt 10
85. Und sie befragen dich über den
Geist.267 Sprich: „Das Wissen über den Geist ist allein meinem Herrn
vorbehalten.
Und was ihr an Wissen erhalten habt, ist sehr gering."269
267. Was ist Offenbarung? Wer bringt sie? Diese
und ähnliche Fragen werden immer gestellt, wenn von Offenbarung die Rede ist.
Hier wird uns die Antwort gegeben. Offenbarung ist eins jener hohen geistigen Geheimnissen die nicht in Begriffen alltäglicher
menschlicher Erfahrung erklärt werden können. Sie ist geistig. Der Geist
Dschibrils kommt nicht aus seinem eigenen Willen heraus, sondern auf Allahs
Geheiß und offenbart, was Allah ihm zu offenbaren befiehlt. Vom gesamten
geistigen Wissen können gewöhnliche Sterbliche nur einen geringen Teil
begreifen. Und nur das, was sie, wie ungenau auch immer, begreifen können,
können sie erhalten. Wir sind nicht in der Lage, etwas zu fordern, was wir uns
wünschen. Wenn wir das täten, würden wir uns damit nur lächerlich machen, denn
Rechtleitung kommt von Allahs Weisheit, nicht von unserem irdischen Wissen.
(Juusuf `Allii)
“Ruuch“: die Seele des Menschen. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 16:2. Einige Kommentatoren
sind der Ansicht, dass sich dies hier besonders auf die Offenbarung des Qur’an
bezieht, andere verstehen darunter die Seele, insbesondere die des Menschen.
Letztere Interpretation klingt jedoch nicht überzeugend, da sich sowohl der
vorige wie auch der folgende Vers ausdrücklich auf den Qur’an bezieht und damit
auf das Phänomen der göttlichen Offenbarung. (Asad)
Wenn wir den Ajach in seinem Zusammenhang lesen,
wird deutlich, dass das Wort “Ruch“ (wörtlich: „Seele" oder „Geist")
hier für den Engel steht, der die Offenbarung bringt. Vergleiche auch Surach
40:15 und 42:52. (Maududi)
Der Weg, den der Qur’an immer beschritten hat, ist
der, dass er den Menschen nur Antworten auf Sachen gibt, die für sie von
Wichtigkeit sind und die sie mit ihrem Verstand begreifen können. Sie sollten
ihre Energie nicht an falscher Stelle vergeuden. (Qutb)
268. Dies bedeutet keine Beschränkung des
menschlichen Verstandes, sich zu bestätigen, sondern eine Leitung für diesen
Verstand, die Grenzen seines eigenen Wissens zu erkennen und entsprechend
seinen eigenen Möglichkeiten zu begreifen. “Ruuch“ („Geist") gehört zu den
unfassbaren, heiligen Geheimnissen Allahs, die außer Ihm keiner begreifen kann.
Das Wissen des Menschen ist, gemessen an Allahs absolutem Wissen, eng begrenzt.
Somit kann er nicht all die Geheimnisse dieses Daseins mit seinem begrenzten
Verstand erfassen. (Qutb)
Erschaffen, wie andere Wesen. Damit wird der
Standpunkt polytheistischen Diins zurückgewiesen, nach dem der Geist oder die
Seele des Menschen eine unabhängige Entität ist, die gleich Allah ewig
existiert. (Darjabadi)
269. Wenig im Vergleich zu Allahs Wissen. Der
Mensch besitzt nur soviel Wissen, wie er erfassen und verwenden kann. Dazu
gehört nicht die genaue Kenntnis des Geistes. Selbst die physische Natur ist
für Wissenschaftler schwierig zu erklären. Jedes gelöste Problem wirft gleich
wieder eine neue, bisher unvorstellbare Serie von Problemen auf. Das Wissen
kann sich erweitern, ist aber immer begrenzt. (Darjabadi)
86. Und wahrlich, wenn Wir wollten,
könnten Wir gewiss das hinwegnehmen, was Wir dir offenbart haben.270
Dann würdest du keinen Sachwalter für dich in dieser (Sache) gegen Uns finden.271
270. Durch Auslöschen aus Schrift und
Gedächtnis. (Darjabadi)
Auch das geistige Wissen, das wir erlangen,
bekommen wir durch Allahs Gnade und Gunst. Wer könnte Ihn zur Rechenschaft
ziehen, wenn Er es uns vorenthalten würde? (Juusuf `Allii)
Allah weist auf die Offenbarung an den Propheten
Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und ihre Erhaltung hin. Damit hat
Allah den Menschen Seine besondere Gunst erwiesen. Denn durch den Qur’an
erhalten sie, eine Generation nach der anderen, Rechtleitung und Wohlergehen.
(Qutb)
271. Niemand kann dich mit anderen Mitteln zur
Rechtleitung versehen. Dies spielt auf die Tatsache an, dass die Rechtleitung
Allahs die einzige Quelle für ethische Werte im absoluten Sinne ist. Das
„Wegnehmen" bezeichnet ihre Entfernung aus Herzen und Gedächtnis der
Menschen und ihr Verschwinden in schriftlicher Form. (Asad)
87. Es sei denn durch Barmherzigkeit
von deinem Herrn.272 Wahrlich, Seine Gnade gegen dich ist sehr groß.273
272. Durch die Gnade Allahs ist die Offenbarung
im Herzen des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und dem
seiner Gefährten erhalten geblieben. (Safwat Al-Tafaasir)
Nur Allahs Barmherzigkeit kann sich für uns
einsetzen. Wir können diesen Satz in seinem weitesten abstrakten Sinne
interpretieren wie auch im konkreten Sinne des Beinamens unseres Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der als „Barmherzigkeit für die
Welten" bezeichnet wird. Damit kommen wir von der abstrakten Frage auf die
konkrete Frage nach dem Qur’an, auf den sich ausdrücklich die folgenden Ajachs
beziehen. (Juusuf `Allii)
273. Deswegen besteht keine Gefahr, dass dieser
Fall eintritt. (Darjabadi)
Obgleich diese Ajachs an den Propheten Muchammed,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet sind, werden damit die Kafirs
angesprochen, die den Qur’an entweder als Werk des Propheten Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, selbst oder eines anderen Menschen ansehen. Ihnen
wird hier gesagt, dass er Allahs Wort ist. Der Prophet Muchammad, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, hat nicht die Fähigkeit, ein solches Buch hervorzubringen,
sondern ist von der Offenbarung abhängig. (Maududi)
88. Sprich: „Wenn sich auch alle
Menschen und Dschin274 zusammentun würden, um etwas von gleicher Art
wie diesen Qur’an hervorzubringen,275
könnten sie niemals etwas von gleicher Art wie ihn hervorbringen, auch wenn sie
einander dabei unterstützen."276
274.
Was sind Dschin? In Surach 18:15 erfahren wir, dass Iblis einer der Dschin war,
und es wird darauf hingewiesen, dass dies der Grund dafür war, dass er Allah
nicht gehorchte. In diesem Abschnitt, aber auch in anderen lesen wir, dass
Allah den Engeln befahl, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
niederzuwerfen, und alle gehorchten außer Iblis. Das bedeutet, dass Iblis mit
zu der Gemeinschaft der Engel gehörte. An vielen Stellen werden Dschin und
Menschen zusammen erwähnt. In Surach 55: 14-15 ist die Rede davon, dass der
Mensch aus Lehm erschaffen wurde, die Dschin hingegen aus der Feuerflamme. Das
Wort stammt von der Wurzel “dschanna“ ("verborgen sein", im Aktiv:
"verbergen", wie in Surach 6:76). Es wird deswegen gesagt, dass der
Begriff Dschin die verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen
bezeichnet. Andere halten sie für wilde Völker, die in Urwäldern und Gebirgen
versteckt leben. Ohne dogmatisch sein zu wollen, bin ich auf Grund intensiven
Studiums der diesbezüglichen Abschnitte des Qur’an der Ansicht, dass der
Begriff einfach "Geist" bedeutet, im Sinne einer unsichtbaren oder
verborgenen Kraft. In Folklore und Märchen wie beispielsweise 1001 Nacht werden
sie in phantastischen Formen personifiziert, aber damit befassen wir uns hier
nicht. (Juusuf 'Allii)
Trotz
aller klaren Zeichen haben einige Menschen verborgene Wesen zu Partnern Allahs
gemacht, die lediglich Geschöpfe ihrer Phantasie und ihres Wunschdenkens sind.
In ihrer Unwissenheit gehen sie so weit, diesen verschiedene Kräfte und Aufgaben
zuzuschreiben, so dass sie angeblich das Universum lenken und auf das Schicksal
der Menschen einwirken; So kommen beispielsweise Vorstellung von einem
Regengott, einer Göttin des Reichtums, einem Gott der Krankheit und ähnliches
zustande. Solche "Gottheiten" sind imaginäre Wesen, die unter
verschiedenen Namen von allen polytheistischen Völkern der Erde geschaffen
wurden. (Maududi)
275. So wie “Ruuch“ zu den Geheimnissen Allahs
gehört, die Allah vorbehalten bleiben (vergleiche oben Fußnote 268), so ist
auch der Qur’an das alleinige Werk Allahs. Kein Geschöpf, weder Dschin noch
Mensch, kann etwas ähnliches hervorbringen. (Qutb)
Kein Kompendium von Gesetz und Ethik, kein System
der Soziologie könnte jemals an den Qur’an heranreichen. (Darjabadi)
In seiner Sprachreinheit und -gewandheit.
(Al-Dschalalain)
Vergleiche auch Surach 2:23; 10:37-38; 11:13; 6:93
und 8:31, wo teilweise sogar eine regelrechte Herausforderung ausgesprochen
wird. (Anm. d. Übers.)
276. Der Qur’an besteht nicht aus Lauten und Redewendungen,
die die Menschen und Dschin nachzuahmen versuchen könnten, sondern er ist wie
alle anderen Werke Allahs eine einzigartige Schöpfung. Die, die selbst
geschaffen sind, sind nicht imstande, ähnliches zu bewerkstelligen. (Qutb)
Der Beweis für den Qur’an liegt in seiner Schönheit
und in seinem Wesen sowie in den Umständen, unter denen er verkündet wurde. Die
Welt wird herausgefordert, ein solches Buch hervorzubringen, aber es ist ihr
nicht gelungen. Er ist das einzige offenbarte Buch, dessen Text bis heute rein
und unverfälscht erhalten geblieben ist. (Juusuf `Allii)
89. Und Wir haben wahrlich für die
Menschen in diesem Qur’an (die Lehren) in (vielfältig) abgewandelter Form durch
Gleichnisse dargelegt.277 Doch die meisten Menschen lehnen ihn ab,278 einzig aus Kufr.
277. Im Qur’an wird alles von verschiedenen
Gesichtspunkten her erklärt, durch Gebote, Gleichnisse, Beispiele, Geschichten,
Parabeln und so weiter. Er gibt nicht nur Geschichten wieder oder legt
abstrakte Theorien vor, sondern leistet jede denkbare Hilfe zu unserem äußeren
und inneren Leben. (Juusuf `Allii)
Das Wort “Matal“ (wörtlich: „Gleichnis",
„Parabel", „Beispiel") ist hier mehr oder weniger gleichbedeutend mit
“Wasf“ („Beschreibung mittels eines Vergleichs" oder „Definition").
Im weiteren Sinn bedeutet es „eine Lehre". (Asad)
278. Eine Art der Undankbarkeit besteht darin,
dass wir zwar Lippenbekenntnisse zum Qur’an leisten, ihn aber nicht in der
gehörigen Weise studieren (vergleiche Surach 2:121) und seinen Geboten und
Normen nicht folgen. (Juusuf `Ali)
Anstatt Nutzen aus dem Qur’an und seinen
vielfältigen ausgelegten Lehren und Beispielen zu ziehen, machten die Menschen
ihre Gefolgschaft von Wundern abhängig, die sie dem Prophet Muchammed, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, abverlangten. (Qutb)
Das heißt, sie sind nicht bereit, Gedanken zu
akzeptieren, die ihren eigenen Kufr Neigungen widersprechen. (Asad)
90. Und sie sagen:279 „Wir
werden an dir niemals den Iman verinnerlichen, ehe du nicht einen Quell aus der
Erde für uns hervorsprudeln lässt;280
279. Nämlich die mekkanischen Götzendiener.
(Darjabadi)
280. Vergleiche Surach 2:60. (Juusuf `Allii)
Wie dies. (Asad)
91. Oder ehe du nicht einen Garten
besitzt mit Dattelpalmen und Weinreben, und Ströme inmitten von ihm hervorsprudeln
lässt im Überfluss;281
281. Dieses unübersichtliche Chaos von
Wunderforderungen der Kafirs steht genau im Gegensatz
zu den nüchternen und vernünftigen Argumenten, die im letzten Satz von Ajach 93
beginnen und in Abschnitt 11 und 12 fortgesetzt werden. Es erinnert an die
materialistische Phantasie der jüdischen Skeptiker, die für den Fall des
jüdischen Volkes (siehe unten Ajach 104) verantwortlich waren. Für ein
durstiges Volk unterwegs in einem trockenen Land ist eine Wasserquelle wie bei
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oder wie der Brunnen Samsam ein großes
Wunder. Aber Wunder sind nicht dazu da, dass kafir Pöbel sie anstarrt. Ein
schöner, gut bewässerter Garten ist ein Symbol der Glückseligkeit, aber der
Skeptiker kann nicht Allah befehlen, einen solchen nur zum Vergnügen
hervorzubringen. Dasselbe gilt für ein goldgeschmücktes Haus, abgesehen davon,
dass die Symbolik hier materialistischer ist. Dass der Himmel einstürzt oder
Allah von Angesicht zu Angesicht sichtbar wird oder der Mensch auf einer Leiter
in den Himmel steifst oder ein gebundenes Buch vom Himmel fällt, das alles sind
irrelevante Vorschläge, die zwischen geistigen und materiellen Dingen keinen
Unterschied machen. (Juusuf `Allii)
Hier scheint es sich um eine ins lächerliche
verzerrte Anspielung auf das im Qur’an so oft erwähnte Paradies zu handeln.
(Asad)
92. Oder du den Himmel, so wie du
behauptet hast, Stück nach Stück auf uns herabfallen lässt, 282 oder
Allah und die Engel leibhaftig herbeibringst;283
282. Vergleiche Abschnitte wie beispielsweise
Surach 82:1 und die folgenden Ajachs oder Surach 25:25, wo vom Zusammenbruch
des Firmaments als Zeichen einer Weltkatastrophe die Rede ist, mit dieser
lächerlichen Forderung der Skeptiker. (Juusuf `Allii)
283. Vergleiche Surach 2:55 und 4:153, wo vom
Wunsch der Kinder Israels die Rede ist, Allah von Angesicht zu Angesicht zu
sehen, und Surach 6:8-9, wo Engel herabkommen sollen, um die Menschen zu
überzeugen.
(Juusuf `Allii)
93. Oder du ein Haus aus Edelsteinen besitzt,
oder aufsteigst in den Himmel,284 doch selbst dann werden Wir erst
an dein Aufsteigen den Iman verinnerlichen, wenn du ein Buch zu uns herabkommen
lässt, das wir lesen können."285 Sprich: „Gepriesen sei mein
Herr!286 Bin ich denn etwas anderes als ein
Mensch, der (von Allah) gesandt ist?"287
284. Vergleiche Surach 6:35, wo von einer
Himmelsleiter die Rede ist. (Juusuf `Allii)
285. In dem deine Bestätigung steht.
(Al-Dschalalain)
Auch in Surach 6:7 ist von dem unvernünftigen
Gedanken materialistischer Skeptiker die Rede, eine geistige Offenbarung sollte
greifbar und in gebundener Form vom Himmel kommen. (Juusuf `Allii)
Die Anspielung auf diese „Bedingungen" sind
nicht nur rein historischer Art, sondern veranschaulichen eine weit
verbreitete, psychologisch widersprüchliche Geisteshaltung, eine merkwürdige
Mischung aus Skeptizismus und primitiver Leichtgläubigkeit, die den Iman an
einen Propheten von seinen Wundern abhängig macht. Da das einzige Wunder, das
dem Propheten Muhammad - Friede sei mit ihm - von Allah gegeben wurde, der
Qur’an selbst ist (vergleiche Ajach 59 dieser Surach), wird er im nächsten
Abschnitt aufgefordert zu erklären, dass diese Forderungen irrelevant und
unverschämt sind. (Asad)
286. Er allein ist allmächtig! (Darjabadi)
Wunder liegen allein in Allahs Macht. (Asad)
287. Ein Gesandter Allahs ist ein Mensch, der
Allahs Befehl folgt, nicht jemand, der die Launen und Neugier der Kafirs befriedigt. Größere Wunder als alles, was ihre
unvernünftige Phantasie sich vorstellen konnte, lagen vor ihnen. Der Qur’an war
ein solches Wunder und bleibt ein solches durch alle Zeiten. Warum
verinnerlichten sie den Iman dann immer noch nicht?
Der wahre Grund war Trotz und Eifersucht wie bei Iblis, siehe den nächsten
Ajach. (Juusuf `Allii)
Er bleibt an den Grenzen seines Menschseins stehen
und wirkt nur im Bereich seines Auftrages ohne wenn und aber. (Qutb)
Abschnitt 11
94. Und was die Menschen vom
verinnerlichen des Imans abhielt, als die Rechtleitung zu ihnen kam, war nichts
anderes als dass sie sich sagten:288 „Hat Allah etwa einen Menschen zum
Gesandten gemacht?289
288. Wörtlich: „außer dass sie sagten". Das Verb
“qaala“ (auch das Nomen “Qaul“) wird oft benutzt im Sinne von „eine Meinung
äußern" oder „eine Überzeugung zum Ausdruck bringen; im obigen Fall geht
es eindeutig um einen Einwand. (Asad)
289. Wenn ein Mensch zu Ehren kommt, freuen
sich seine aufrichtigen Mitmenschen für ihn, denn seine Ehre strahlt auf sie
aus. Wer aber Böses in seinem Herzen hat wie sein Prototyp Iblis (vergleiche
oben Ajach 61 und die entsprechenden Fußnoten), wird eifersüchtig. Für solche
Menschen ist allein die Tatsache, dass ihr Mitmensch Allahs Gnade empfängt,
Grund genug, sie gegen ihn aufzubringen. Alle anderen Gründe sind Vorwände.
(Juusuf `Allii)
Die Tatsache, dass Propheten Menschen sind, war
immer ein Stein des Anstoßes für götzendienerische Völker. (Darjabadi)
Im Gegensatz dazu kam es jedoch auch oft vor, dass
mu’min Anhänger eines Propheten diesen nachträglich für übermenschlich („Sohn
Gottes" oder „Inkarnation Gottes") erklärten. Unwissende Menschen
haben nie begreifen können, dass Menschen Gesandte Allahs sein konnten.
(Maududi)
Da die meisten Menschen den wahren Wert ihrer
Menschlichkeit und die Würde, die sie bei Allah genießen, nicht begreifen,
halten sie es für ausgeschlossen, dass ein Mensch von Allah gesandt wird. Sie
können auch nicht begreifen, dass Engel auf der Erde nicht lebensfähig wären,
da ihre Beschaffenheit nicht an Lebensbedingungen der Erde angepasst sind. Allah müsste sie dann zu Menschen umgestalten, was es
für die Menschen schwer machen würde, sie als Engel zu erkennen. (Qutb)
95. Sprich: „Wenn es Engel gäbe, die
sicher auf Erden wandeln könnten,290
wahrlich, dann hätten Wir vom Himmel einen Engel291 als Gesandten zu
ihnen herabgeschickt."292
290. Wenn Engel die Erde bewohnten, dann könnte
ein Engel vom Himmel als Gesandter zu ihnen geschickt werden, denn sie könnten
einander verstehen, und Allahs Botschaft könnte ohne Schwierigkeiten erklärt
werden. Die Erde ist jedoch von Menschen bewohnt, die selbst untereinander in
Rassen, Völker und Gruppe unterteilt sind. Zu jeder Gruppe ist ein Gesandter
aus ihren eigenen Mitte geschickt worden: zu den `Ad ihr Bruder Huud
('Vergleiche Surach 11:50), zu den Tamuud ihr Bruder Salich, Allahs Segen und
Frieden auf ihnen beiden, Surach 11:61), und so weiter. In der Tat schafft das
Auftreten eines Engels bei bösen Menschen Schwierigkeiten und Auflehnung, wie
es bei den Engeln der Fall war, die zu Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
kamen (Surach 11:77-80). Jedenfalls können sie unter Menschen ihren Auftrag
nicht effektiv ausführen. (Juusuf `Allii)
291. Wenn Allah beschlossen hätte, dass die
Engel auf der Erde leben sollten, dann hätte Er diese doch in menschlicher
Gestalt erschaffen. Denn dies ist die Form, die den Gesetzmäßigkeiten der
Schöpfung und der Natur dieser Erde angepasst ist. Deshalb heißt es in Surach
6:9: „Hätten Wir einen Engel zum Gesandten gemacht, so hätten Wir ihm die
Gestalt eines Menschen gegeben". (Qutb)
292. Prinzipiell werden Gesandte zu einem Volk
ihrer eigenen Art geschickt. (Darjabadi)
Allah weist in mehreren Stellen des Qur’ans darauf
hin, dass es eine besondere Güte und Gnade für die Menschen ist, wenn Er ihnen
einen Gesandten ihresgleichen schickt. Denn die gemeinsame Sprache ermöglicht
es ihnen, ihn zu verstehen und von ihm zu lernen. (ibn Kasir)
Gesandte Allahs übermitteln nämlich nicht nur eine
Botschaft, sondern sollen die Menschen entsprechend dieser reformieren. Sie
müssen die Grundsätze der Botschaft auf die Lebensumstände der Menschen
anwenden und selbst in der Praxis vorleben. Sie müssen darüber hinaus in der
Lage sein, Missverständnisse zu beseitigen, die bei den Hörern der Botschaft
entstehen könnten, und die Mu’mins dazu zu erziehen, eine Gesellschaft zu
gründen, die diese Lehre als Grundlage hat. Sie müssen sich mit denjenigen
auseinandersetzen, die Allahs Botschaft ablehnen und bekämpfen. Da all dies in
einer menschlichen Gesellschaft geschehen muss, kann nur ein menschlicher
Gesandter diese Aufgabe erfüllen. Würde ein Engel als Gesandter geschickt, dann
könnte er zwar die Botschaft verkünden, nicht aber unter Menschen leben und ihr
Leben und ihre Probleme teilen, um sie zu reformieren. Nur ein Mensch ist für
diese Aufgabe geeignet. (Maududi)
Vergleiche auch Surach 6:8 und 15:7 mit den
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
96. Sprich: „Allah genügt als Zeuge
zwischen mir und euch.293 Er ist fürwahr mit Seinen Dienern vertraut
und sieht sie wohl."294
293. Wenn ihr einen wahren Zeugen sucht, dann
braucht ihr nicht irgendwelche spektakulären Wunder, sondern das Zeugnis des
ewig lebenden Allahs. Allah ist überall anwesend - und bei euch. Reinigt eure
Herzen und bittet Ihn um Vergebung und Beistand, und Er wird euch führen und
euch den Weg weisen. (Juusuf `Allii)
294. Er kennt ihr Inneres und ihr Äußeres.
(Al-Dschalalain)
Allah hört und sieht sämtliche Bemühungen des
Propheten, die Menschen zu verändern, und ebenso hört und sieht Er ihre
Anstrengungen gegen Allahs Botschaft. Er genügt als Zeuge, denn Er hat
letztendlich zu urteilen. (Maududi)
97. Und wen Allah rechtleitet, der ist
fürwahr rechtgeleitet,295 und wen Er
irregehen lässt, für die wirst du niemals einen Beschützer finden außer Ihm.
Und diese werden Wir am Tage der Auferstehung (umgedreht) auf ihren Gesichtern296
zusammenscharen, blind, stumm und taub.297 Die Hölle wird ihr
Aufenthaltsort sein. Jedesmal, wenn das Feuer nachlässt, werden Wir (noch)
Feuerglut
für sie298 hinzufügen.
295. Eure unaufrichtigen Haarspaltereien sind
sinnlos. Die einzige wahre Rechtleitung kommt von Allah. Wenn ihr nicht Seine
Gnade sucht, seid ihr verloren. Außer Ihm gibt es keinen wahren Freund und
Beschützer. (Juusuf `Allii)
Allah hat Gesetzmäßigkeiten (Sunnach) für
Rechtleitung und Irrtum festgesetzt und ließ die Menschen entsprechend diesen
Gesetzen verfahren. Eines dieser Gesetze ist, dass der Mensch sowohl für die
Rechtleitung als auch für Irrtum ausgerüstet ist. Strebt er nun nach
Rechtleitung, so verdient er, von Allah geleitet zu werden. Wer aber, durch
seine Abwendung von den Zeichen der Rechtleitung, die Irreführung verdient, den
kann niemand vor Allahs Strafe schützen. (Qutb)
Wenn ein Mensch der Wahrheit den Rücken kehrt und
sich mit Trug zufrieden gibt, dann kann ihn keine Macht der Welt vom Trug
abbringen und zur Wahrheit führen. Seiner eigenen Entscheidung entsprechend hat
er eine Abneigung gegen die Wahrheit und eine Vorliebe für Trug. (Maududi)
296. In einer erniedrigenden und quälenden
Form. (Qutb)
Niedergeworfen auf ihre Gesichter. (Darjabadi)
297. Sie werden blind, taub und stumm
auferweckt, weil sie sich so schon in diesem Leben verhalten haben: sie wollten
die Wahrheit nicht sehen, hören oder sprechen. (Maududi)
Von ibn Malik ist der Prophet Muchammed, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, gefragt worden sein: „Wie werden die Menschen auf ihren
Gesichtern zusammen geschart?" Er antwortet: „Derjenige, Der sie auf ihren
Füßen schreiten lässt ist auch imstande, sie auf ihren Gesichtern laufen zu
lassen." (ibn Kasir)
298. Wenn ihr auf eurem bösen Weg besteht,
nimmt dieser ein böses Ende. Ihr identifiziert euch immer mehr mit dem Bösen.
Ihr kommt zu Schanden wie Leute, die ihr Gesicht verloren haben, und verliert
eure Fähigkeit, euch ein Urteil zu bilden, die Allah euch dereinst gegeben
hatte. Statt zu sehen, werdet ihr blind für Allahs Zeichen. Statt die Harmonie
und Musik der Sphären zu hören, wie sie sich im Leben reiner und heiliger
Menschen widerspiegeln, hört ihr nur undeutliche Laute wie Taube. Statt euch im
Gebet an Ihn wenden zu können, um Seine Gnade zu erbitten und Sein Lob zu
verkünden, bleibt ihr stumm. Das Feuer eurer Strafe nimmt nicht ab, sondern
wird nur stärker, je tiefer ihr in die Hölle kommt. (Juusuf `Allii)
Mit der Wendung „für sie" soll wahrscheinlich
der individuelle Charakter des Leidens betont werden, das im Qur’an allegorisch
als „lodernde Flamme" bezeichnet wird. (Asad)
98. Dies ist ihre Vergeltung dafür,
dass sie nicht an Unsere Zeichen den Iman verinnerlichten, sondern sagten:
„Wenn wir zu Knochen geworden und vermodert sind,299
sollen wir dann in einer neuen Schöpfung wiedererweckt werden?"300
299. In unseren Gräbern. (Darjabadi)
300. Hier wird der Satz von Ajach 49 oben
wiederholt. Diese Erinnerung rundet das Argument ab. Nach verschiedenen
ethischen Vorschriften, mit denen Iman verbunden ist, folgte eine Diskussion
des Kufrs. Seine verschiedenen Hintergründe wurden analysiert und die
entsprechende Strafe wurde geschildert. Im nächsten Abschnitt wird dann Pharao
als Beispiel für den Kufr dargestellt und die Surach mit einer Ermahnung zum
Iman abgeschlossen. (Juusuf `Allii)
Diese Leugnung der Macht Allahs, Tote wieder
aufzuerwecken, ist gleichbedeutend mit einer Leugnung Seiner Allmacht und damit
Seines Wesens. All dies ist in den Worten „taub und blind und stumm" im
letzten Ajach enthalten. (Asad)
99. Sehen sie denn nicht,301 dass Allah, Der die Himmel
und die Erde erschaffen hat,302 die Macht besitzt, ihresgleichen
(wieder) zu erschaffen?303 Doch Er hat für sie eine Frist
festgesetzt, über die es keinen Zweifel gibt.304 Aber die Ungerechten wollten
unbedingt ihre Gotteslästerung weiterführen.305
301. Diejenigen, die die Möglichkeit einer
Auferstehung leugnen. (Darjabadi)
302. Der ursprüngliche Schöpfer, der alles ins
Dasein gerufen hat und dessen Schöpferkraft nicht abgenommen hat. (Darjabadi)
303. Allah, der alles im Himmel und auf Erden
erschaffen hat, hat sicherlich auch die Macht, individuelle Seelen
wiederzuerwecken, nachdem ihre Körper zerfallen sind, mit der Erinnerung an ihr
vergangenes Leben und zu einer Fortsetzung ihrer geistigen Geschichte. Er hat
jedoch für jedes Stadium unserer Existenz eine Frist festgelegt, die wir weder
verlängern noch verkürzen können. (Juusuf `Allii)
Wörtlich: „dieselben wie sie zu schaffen", das
heißt sie individuell aufzuerwecken, wobei jeder dieselbe Identität
(„Gleichheit") hat wie vor seinem oder ihrem Tod. (Asad)
304. Wörtlich: „einen Termin (Adschal) für
sie". Da “Adschal“ in erster Linie „ein bestimmter Termin (an dem etwas
fällig wird)" bedeutet, bezieht sich dies offensichtlich auf die
unausweichliche Tatsache der Auferstehung. (Asad)
305. Dieser Satz veranlasst uns zu einem
Rückblick auf Ajach 89 oben, wo die Darlegung der wirklichen Hintergründe für
die ablehnende Haltung der Skeptiker gegenüber dem Qur’an anfing. (Juusuf
`Allii)
100. Sprich: „Wenn ihr Verfügungsgewalt
hättet über die Schätze der Barmherzigkeit meines Herrn,306
dann würdet ihr damit geizen aus Furcht, dass sie zu Ende gehen,307
denn der Mensch ist gar knauserig!"308
306. Wenn die höchsten Gaben Allahs zu eurer
Verfügung ständen. Angesprochen sind die Kafirs.
(Darjabadi) Angesprochen sind jene, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, zu solchen undurchführbaren Dingen zwingen wollten, wie
Häuser aus Gold, Palmen und Weinrebengärten, sprudelnde Quellen... etc. (Qutb)
307. Gerade die, die Wunder verlangen, sind so
geizig, dass wenn ihnen die Herrschaft über die Schätze der Barmherzigkeit
Allahs übertragen würde, sie diese zurückhalten würden, aus Angst sie zu
erschöpfen. Allahs Barmherzigkeit dagegen kann niemals versiegen. (Qutb)
Da der Mensch von Natur aus abhängig von seinem
materiellen Eigentum ist, versucht er instinktiv, es für sich zu behalten.
Allah ist demgegenüber unabhängig und steht deswegen über jedem Bedürfnis,
Seiner Großzügigkeit Grenzen aufzuerlegen. Diese implizierte Bezugnahme auf
Allahs Gnade und Großzügigkeit ist notwendig, weil sowohl im vorigen als auch
im folgenden Ajach die Tatsache betont wird, dass Er nie aufhört, die Menschen
durch Seine Propheten einem guten Leben zu leiten. (Asad)
308. Ein neues Argument richtet sich hier an
jene, die Allahs Offenbarung auf einen begrenzten Kreis von Menschen beschränkt
wissen wollen, zu denen sie dann selbst gehören. Unmittelbar bezog sich dies
auf die Juden, die nicht begreifen konnten, wie es möglich war, dass Nichtjuden
Offenbarung und Rechtleitung erhielten, die sogar noch dem überlegen war, was
sie selbst für sich beanspruchten. Eine solche Tendenz ist jedoch unter den
Menschen weit verbreitet. Eine spezielle Rasse, Kaste oder Kultur sieht sich
selbst als Treuhänder für Allahs Botschaft, obgleich diese universal ist.
Allahs Gnade ist universal, und Er verteilt Seine Gaben weit unter den
Menschen. Sie werden nicht weniger, indem Er sie austeilt. Nur ein Geizhals
hortet sein Eigentum aus Angst, es könnte verbraucht werden. Seid ihr geistige
Geizhälse, die Allahs Botschaft der Menge vorenthalten wollen? Ist das der
Grund, warum ihr das Auftreten eines neuen Lehrers bestreitet, der als Barmherzigkeit
zu allen Menschen, ja zur gesamten Schöpfung kommt? (Juusuf `Allii)
101. Und Wir haben Muusa neun klare Beweise gegeben.309
So frage die Kinder Israels danach.310 Als er damals zu ihnen311
kam, da sagte Pharao zu ihm: „Ich glaube wahrhaftig, O Muusa dass du unter
Zauberbann stehst."312
309. Dass auch die Anhäufung von Wundern nicht
dazu angetan ist, verhärtete Herzen zum Iman zu führen, zeigt die Geschichte
von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Ihm wurden neun klare Beweise
gegeben, doch Pharao und sein Gefolge leugneten sie allesamt. Das Beispiel
Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und der Kinder Israels wird hier
aufgeführt, da es zum Thema und zum Anfang dieser Surach passt. Es endet mit
der Erwähnung des Jenseits und des Tages der Auferstehung, von dem mehrfach in
dieser Surach die Rede ist. (Qutb)
Neun deutliche Zeichen: vergleiche auch Surach
7:133 und die entsprechenden Fußnoten. Die Geschichte von Pharao (oder ein
Ausschnitt daraus) soll hier den Niedergang einer Seele durch Stolz auf
äußerliche Macht und Würde veranschaulichen. (Juusuf `Allii)
Nach ibn 'Abbas sind diese neun Wunder: der Stab,
die Hand, Ernteschäden, Dürre, die Flut, die Heuschrecken, die Läuse, die
Frösche und das Blut. (ibn Kasir)
102. Er antwortete: „Du weißt sehr wohl, dass dies alles von
niemand anderem herabgesandt worden ist als dem Herrn der Himmel und der Erde
als sichtbare Beweise.313 Doch denke ich, O Pharao, dass du der
Vernichtung anheim fallen wirst."314
310. Die Juden der heutigen Zeit, nämlich
darüber, was der Qur’an in der Beziehung aussagt. Sie werden es auf der
Grundlage ihrer eigenen Schriften bestätigen müssen. Diese Aufforderung bezieht
sich offensichtlich auf Ajach 104 und erklärt, warum die Geschichte von Muusa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Pharao in diesem Zusammenhang erwähnt
wurde. (Asad)
Nach Rasi dient die Befragung hier nicht dazu, den
Propheten zu lehren, sondern die Wahrhaftigkeit seiner Aussage nach Maßgabe der
Juden und ihrer Gelehrten aufzuzeigen. Sie ist also eine Beweisführung.
(Safwat Al-Tafaasir)
311. Zu ihnen: nämlich zu Pharao, der in seiner
Ratsversammlung saß, umgeben von den Würdeträgern seines Volkes. Vergleiche
auch Surach 7:103. (Juusuf `Allii)
312. Zu einem anderen, späteren Zeitpunkt in
dieser Szene nennen Pharaos Würdenträger Muusa, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, einen „äußerst geschickten Zauberer" (siehe Surach 7:109). Hier kam
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zwar mit seinen neun Zeichen, hatte
sie aber noch nicht gezeigt, deswegen warf man ihm vor, das Opfer von Magie zu
sein. Das ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, besessen zu sein. (Juusuf
`Allii)
313. Wir können sehr wohl annehmen, dass Muusa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, Pharao aufforderte, sich an seine
Vergangenheit zu erinnern, denn er war an seinem Hof aufgezogen worden und
hatte alle Wissenschaften der Ägypter studiert. Daher konnte er auch nicht
besessen sein oder naiv und von der ägyptischen Magie beeinflusst. Er sollte
etwas Größeres zeigen: nicht die trügerische Magie der ägyptischen Zauberer,
sondern die wahren Zeichen, die von Allahs Allmacht stammten. Diese sollten die
Augen des Volkes öffnen, und wenn Pharao sich dem Iman widersetzte, sollte
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihm vor seinem Untergang warnen. Dies
ist der Weg einer Seele, die sich durch ihren Stolz herabziehen lässt. (Juusuf
`Allii)
Du weißt es sehr wohl in deinem Inneren.
(Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 6:109 und die entsprechende
Fußnote. (Asad)
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, konnte
dies kategorisch sagen, denn die Plagen, die Ägypten heimsuchten, konnten nicht
durch Magie oder menschliches Wirken hervorgebracht werden. Nur jemand, der
nicht über seine Verstandeskräfte verfügte, konnte annehmen, dies sei von einem
anderen als dem Herrn der Welten bewirkt worden. (Maududi)
314. Das heißt: ich bin nicht von Magie
beeinflusst, aber du bist dem Untergang geweiht, weil du auf deinem Kufr
beharrt hast, obwohl du so viele Zeichen Allahs gesehen hast. (Maududi)
103. So wollte er315 sie von
der Erde aus dem Land verschwinden lassen,316 doch Wir ließen ihn
ertrinken und die mit ihm waren allesamt,317
315. Daraufhin versucht Pharao auf verschiedene
Weise, nicht nur Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu vernichten,
sondern dessen ganzes Volk. Die Geschichte wird vollständiger in Surach 7
wiedergegeben. Allahs Zorn bricht über Pharao und alle diejenigen herein, die
ihn physisch und geistig begleiteten. Die Ägypter, die den Weg zur Umkehr
fanden, waren Pharaos Zorn ausgeliefert, wurden aber vor Allahs Zorn gerettet
(vergleiche Surach 7:121-120). (Juusuf `Allii)
316. Die Antwort Pharaos auf die Wahrheit war
die jedes Tyrannen: auf Gewaltanwendung zurückzugreifen, um sie auszurotten.
(Qutb)
317. Selbst Denkmäler wie die
große Sphinx, die in der Lage zu sein schien, den Jahrtausenden zu widerstehen,
waren teilweise verschüttet. Die meisten Pyramiden sind stark beschädigt. Der
Gegensatz zwischen Ägypten und Israel ist ein Teil der Geschichte. Auch Israel
erwies sich schließlich als unwürdig, und im Laufe der Zeit gewannen die
Araber, die von ihnen als Ismaeliten verachtet wurden, die Oberhand. In den
europäischen Ghettos erlitten die Juden Verfolgung und Unterdrückung, und ihr
Schicksal im Dritten Reich ist bekannt. Auch die Araber oder Türken oder
irgendeine andere Nation hatten keine Sonderbevollmächtigung von Allah.
Rechtschaffenheit ist der Prüfstein. (Juusuf ‘Allii)
104. Und wir sagten danach318
zu den Kindern Israels: „Bewohnt das Land."319 Doch wenn die
Zeit des Jenseits gekommen ist,320 werden Wir euch in einer bunt
zusammengewürfelten
Menschenmenge321
herbeibringen.
318. Nach Pharaos Untergang. (Darjabadi)
319. Allah ließ zwar jene Leute, die
unterdrückt wurden, das Land erben, machte sie aber fair ihre Taten und
Verhalten zugleich verantwortlich. (Qutb)
Die Israeliten wurden im Verheißenen Land, in
Palästina, angesiedelt. Dort gründeten sie ihr Reich. Durch ihre Vergehen
verwirkten sie jedoch Allahs Gnade und werden dafür wie alle anderen Menschen
und Völker entsprechend dem Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit von Gott
zur Rechenschaft gezogen. (Juusuf `Allii)
Dieser Teil von der Geschichte Muusas, Allahs Segen
und Frieden auf ihm, und der Israeliten ist genau auf die Götzendiener von
Mekka anwendbar, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, die Mu’mins aus ihrem Gebiet
vertreiben wollten. Ihnen wird gesagt: wenn ihre euch ähnlich verhaltet wie
Pharao, dann trifft euch ein ähnliches Schicksal. (Maududi)
320. Die Stunde der Auferstehung.
(Al-Dschalalain)
321. Das heißt: ihr und eure Feinde. Denn nach
ibn 'Abbas, Mudschahid Qatada und Al-Dachhak bedeutet “lafif“: eure Gesamtheit.
(ibn Kasir)
Nach Rasi bezeichnet der Ausdruck “lafif“ eine
Menschenmenge, die aus unzähligen heterogenen Elementen zusammengesetzt ist,
guten und bösen, starken und schwachen, glücklichen und unglücklichen, kurz,
die Menschheit in allen ihren Aspekten. Dies soll hier offensichtlich den
Gedanken zurückweisen, dass die Kinder Israels aufgrund ihrer Abstammung von
Ibrahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein „auserwähltes Volk" sind,
das a priori für Allahs Gnade prädestiniert ist. Der Qur’an weist diesen Anspruch
zurück, indem er sagt, dass am Tag des Gerichts die ganze Menschheit gerichtet
wird und niemand eine privilegierte Stellung hat. (Asad
105. Und Wir haben ihn322 in
Wahrheit herabgesandt und in Wahrheit ist er herabgekommen.323 Und
dich haben Wir wahrlich nur als Verkünder froher Botschaft und als Warner
geschickt.324
322. Um die Wahrheit auf der Erde einzusetzen.
(Qutb)
Der Qur’an wurde in Wahrheit von Allah offenbart:
er wurde nicht von Menschen gefälscht. Er ist in Wahrheit herabgekommen: er
wurde niemals entstellt oder geändert, während er der Menschheit übermittelt
wurde.
(Juusuf `Allii)
323. Ohne jede Entstellung, oder „im
angemessensten Augenblick", als sich die Welt nach Rechtleitung sehnte.
(Darjabadi)
Wahrheit ist sein Thema und Wahrheit ist sein Ziel.
Seine Stütze ist die Wahrheit und nach ihr ist sein Bestreben. (Qutb)
324. Mit dieser Wahrheit, die er erhielt,
sollte der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, frohe Botschaft
verkünden, und mit ihr sollte er warnen. (Qutb)
Ein Freudenbote für die Mu’mins, die ihm folgen,
und ein Warner für diejenigen, die sich seiner Botschaft widersetzen. (Ibn
Kasir)
Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, sollte ein Gesandter sein; er war nicht dafür verantwortlich, wenn die
Kafirs seine Botschaft zurückwiesen. Seine Aufgabe bestand darin, sie zu
verkünden und zu erläutern und sie als ein Vermächtnis in der Welt
zurückzulassen. (Juusuf `Allii)
Es ist weder Aufgabe eines Propheten, Wunder zu
tun, um die Menschen zu überzeugen, die seine Botschaft nicht aufgrund ihres
Inhalts beurteilen, noch die Entscheidung zwischen Wahrheit und Trug zu fällen.
Da der Qur’an mit der Wahrheit offenbart wurde, sollte der Prophet Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Menschen vorlegen und ihnen mitteilen,
dass sie selbst für ihre Entscheidung dafür oder dagegen verantwortlich sind.
(Maududi)
106. Und Wir haben den Qur’an
unterteilt,325 damit du ihn den Menschen in Abschnitten vortragen
kannst,326 und so sandten Wir ihn nach und nach herab.327
325. Er ist getrennt in 23 Jahren
herabgekommen. (Al-Dschalalain)
Wir haben ihn deutlich gemacht und frei von Mängeln
und die Gebote darin erklärt. (Darjabadi)
Wörtlich: „den Wir in (aufeinander folgende) Teile
geteilt haben", oder, nach Ansicht anderer Kommentatoren: „den Wir
deutlich dargelegt haben." (Asad)
326. Langsam und deutlich, damit die Zuhörer in
der Lage sind, sie zu begreifen. (Darjabadi)
Jeweils nach den gegebenen Umständen und
Erfordernissen. (Al-Dschalalain)
327. Das Wunder besteht darin, dass diese
Teile, die zu unterschiedlichen Zeiten und unter verschiedenen Umständen
herabgesandt wurden, so eng und harmonisch zusammenpassen, wie es der Fall ist.
Offenbarung ist immer fortschreitend. Auch frühere Offenbarungen waren dies.
Jede von ihnen kennzeichnete ein Stadium in der Entwicklung der geistigen
Geschichte der Welt. Der Mensch nimmt nicht mehr auf, als der Bereitschaft
seines geistigen Entwicklungsstandes entspricht. Allahs Offenbarung kommt als
Licht, das unsere Probleme beleuchtet und uns in tatsächlichen Situationen den
Weg weist. (Juusuf `Allii)
Dieser Ajach bezieht sich sowohl auf die
historische Tatsache, dass der Qur’an schrittweise offenbart wurde, als auch
darauf, dass er dennoch ein integriertes Ganzes bildet und deswegen nur
verstanden werden kann, wenn man ihn in seiner Gesamtheit betrachtet.
Vergleiche auch Surach 20:114 und die entsprechende Fußnote. (Asad)
107. Sprich: „Es ist gleich, ob ihr an
ihn den Iman verinnerlicht oder nicht, - wahrlich, diejenigen, denen vordem328
Wissen gegeben worden ist, werden, wenn er ihnen vorgetragen wird, demütig
niederfallen, indem sie mit ihrem Antlitz den Boden berühren."329
328. Iman oder Kufr der Menschen beeinträchtigt
nicht die Schönheit und Herrlichkeit der Offenbarung Allahs. Wer über geistiges
Wissen und Einsicht verfügt, erkennt Allahs heiliges Wort sofort, wenn er es
hört, und wirft sich nieder, um Allah zu preisen. Unter den Wissenden sind auch
diejenigen, die frühere Offenbarungen empfangen haben und diese von entstelltem
Gedankengut freigehalten haben. (Juusuf `Allii)
Wörtlich: „vor ihm", das heißt bevor ihnen der
Qur’an als solcher zur Kenntnis gelangte. (Asad)
Dies bezieht sich auf diejenigen Leute der Schrift,
die ihre heiligen Schriften gut kannten und sich von Thematik und Formulierung
her ein Urteil bilden konnten. (Maududi)
329. Dies geschah im Fall einiger Juden, die
schließlich den Islam annahmen. (Darjabadi)
108. Und sie werden sagen: „Gepriesen
sei unser Herr, die Verheißung unseres Herrn ist fürwahr in Erfüllung
gegangen!"330
330. Die Empfänger früherer Offenbarungen
finden im Qur’an und im Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
der ihn übermittelte, die Erfüllung von Allahs Versprechen. Wer geistig darauf
vorbereitet war, fand auf dieselbe Weise die Erfüllung seiner geistigen
Sehnsucht. (Juusuf `Allii)
Hierbei kann es sich um eine Anspielung auf die
zahlreichen Voraussagen von der Ankunft des Propheten Muhammad - Friede sei mit
ihm - in der Bibel handeln, besonders beispielsweise in Deuteronomium 18:15 und
18. Im weiteren Sinne bezieht sich jedoch die „Erfüllung des Versprechens
Allahs" darauf, dass Er eine bestimmte Offenbarung, den Qur’an, offenbart
hat, so dass von da an die Menschen auf allen Ebenen ihrer geistigen, kulturellen
und gesellschaftlichen Entwicklung geleitet werden konnten. (Asad)
109. Und sie fallen weinend nieder auf
ihr Angesicht, und es lässt sie noch zunehmen an Demut.331
331. Ein Gefühl ernsthafter Demut ergreift
einen Menschen, der erkennt, wie er trotz seiner eigenen Unwürdigkeit in
Verbindung mit der Wahrheit Allahs gebracht wird. (Juusuf `Allii)
Ihre Ergriffenheit ist so stark, dass Worte nicht
ausdrücken können, was in ihrem Inneren vorgeht. Somit drücken ihre Tränen das
aus, was sie nicht mit Worten zu sagen vermögen. (Qutb)
Beim Lesen oder hören des arabischen Textes folgt
an dieser Stelle eine Niederwerfung. (Anm. d. Übers.)
110. Sprich: „Ruft Ihn an als Allah
oder als Erbarmer,332 bei welchen Namen ihr Ihn immer anruft - Ihm
gehören die schönsten Namen.333 Und sprich dein Gebet nicht zu laut334
und nicht zu leise,335 sondern suche zwischen diesem einen
Mittelweg"336
332. Vergleiche auch Surach 7:180. “Rachman“
beschreibt eine der Eigenschaften Allahs. Seine Gnade und Barmherzigkeit
begegnet dem mit Fehlern behafteten Menschen, noch bevor er das Bedürfnis
danach verspürt, und Allahs Gnade bewahrt die Menschen vor vielen Vergehen. Wir
können Allah entweder mit Seinem einfachen Namen rufen, der all Seine Attribute
umfasst oder mit einem der Namen, die jene Attribute bezeichnen, durch die wir
versuchen, mit unserem begrenzten Verstand Sein Wesen zu erklären. Das Attribut
der Barmherzigkeit – “Rachman“ - war den kafir Arabern besonders zuwider (siehe
Surach 25:60 und 21:36) und wird deswegen im Qur’an besonders betont. (Juusuf
`Allii)
333. Makhul erzählte, dass ein Götzendiener den
Propheten Allahs Segen und Frieden auf ihm, hörte, wie er im Sudschud sagte:
„Du Erbarmer, Du Barmherziger", da sagte er: „Er (der Prophet, Allahs
Segen und Frieden auf ihm) behauptet, einen Einzigen anzubeten, dabei ruft er
zwei an!" Alsdann wurde dieser Ajach herabgesandt. Das gleiche überliefert
auch ibn Dscharir von ibn 'Abbas. (ibn Kasir)
Die schönsten Namen Allahs sind zahlreich. In den
Hadisen sind 99 aufgezählt, die dem Gedenken Allahs herangezogen werden. Zu
diesem Thema gibt es zahlreiche Kommentare und Abhandlungen. (Juusuf `Allii)
Jeder Name beleuchtet und verdeutlicht einen
besonderen Aspekt Seiner allumfassenden Vollkommenheit. (Darjabadi)
Vergleiche auch Surach 7:180 und die entsprechenden
Fußnoten. “Rachman“ ist ausschließlich auf Allah anwendbar und bezeichnet den,
der „sich selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben hat" (vergleiche Surach
6:12 und 54). (Asad)
334. Damit die Kafirs es nicht hören und
darüber spotten. (Darjabadi)
In einem Hadis, das sich wohl in erster Linie auf
Bittgebete bezieht, werden die Muslime aufgefordert, nicht überlaut zu
sprechen, „denn Allah ist nicht taub oder weit entfernt". (Anm. d. Übers.)
335. Sonst könnten deine Gefährten, die hinter
dir beten, deine Rezitation nicht vernehmen. (Ibn Kasir)
Vergleiche Surach 7:205. Gebete sollen mit Ernst
und Demut gesprochen werden, ob es sich um gemeinschaftliche oder persönliche
Gebete handelt. Eine solche Haltung verträgt sich nicht mit überlautem
Aussprechen der Worte, wenn auch bei öffentlichen Gebeten laut genug gesprochen
werden muss. Selbstverständlich muss der Gebetsruf laut gesprochen werden, aber
Qur’anrezitationen sollten weder so laut sein, dass sie die Aufmerksamkeit der
Gegner auf sich lenken, noch so leise, dass sie nicht von der ganzen
Gemeinschaft gehört werden können.
(Juusuf `Allii)
336. Eine Art und Weise, die Wärme und Eifer
mit Sanftheit und Demut verbindet. (Darjabadi)
111. Und sprich: „Preis sei Allah, Der
sich niemals einen Sohn genommen hat331 und Der keinen
Teilhaber an Seiner Herrschaftsgewalt hat338 und Der niemanden
braucht, um Ihn vor Schmach zu beschützen." So rühme Ihn allenthalber!339
337. Durch Adoption, wie es auch eine Version
der christlichen Lehre von der Gottessohnschaft entspricht. (Darjabadi)
Das heißt, Der frei ist von der Unvollkommenheit,
die mit der Notwendigkeit verbunden ist, ein Kind als Erweiterung des eigenen
Seins zu haben. Da diese Aussage nicht nur die christliche Lehre von der
Gottessohnschaft zurückweist, sondern die logische Unmöglichkeit einer solchen
Vorstellung betont, wird der Satz am besten in der Gegenwart übersetzt und das
Wort “Walad“ in seiner Grundbedeutung „Nachkomme", die sich auf beide
Geschlechter bezieht. (Asad)
338. Als Teilhaber oder Untergottheit. Damit
werden alle Lehren des Polytheismus zurückgewiesen. (Darjabadi)
339. Ein erster Schritt zum Verständnis des
Wesens Allahs besteht darin, unsere Vorstellungen von Aberglaube zu reinigen
wie etwa dem, Allah habe Kinder oder Partner, oder Er sei abhängig von anderen
Wesen, die Ihn schützen. Wir müssen erkennen, dass Er der Eine und die Einzige
Realität ist. Seine Größe und Herrlichkeit liegt jenseits all dessen, was wir
uns vorstellen können. Die Surach begann mit der Verkündung von Allahs Lob und
schließt in demselben Stil. Von einem anderen Gesichtspunkt her wird in der
nächsten Surach dieses Thema aufgegriffen. (Juusuf `Allii)
Der Schluss dieser Surach fasst die zentrale These
dieser Surach zusammen. (Qutb)
Einführung zu Surach
18 “Die Höhle“
In der Einführung zu Surach 17 wurde erklärt, wie
die fünf Surachs 17 bis 21 das Thema von der geistigen Entwicklungsgeschichte
des Individuums ausführen, und wie sie in die Gesamtthematik passen.
Diese spezielle mekkanische Surach kann als eine
Lektion über die Kürze und das Mysterium des Lebens bezeichnet werden. Zuerst
kommt die Geschichte von den Höhlengefährten, die eine lange Zeit hindurch dort
schliefen und dennoch glaubten, es haben sich nur um einen Tag oder weniger
gehandelt. Dann ist da die Geschichte von dem geheimnisvollen Lehrer, der
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm zeigt, dass das Leben selbst eine
Parabel ist. Und schließlich ist da die Geschichte von Sul-Qarnain, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, dem mächtigen Herrscher des Westens und Ostens, der
einen eisernen Wall baute, um die Schwachen vor den Starken zu schützen. Diese
Parabeln beziehen sich auf die Kürze, Unsicherheit und Eitelkeit dieses Lebens,
auf die vielen Widersprüche darin, die nur durch Geduld und volles Wissen
verstanden werden können, und auf die Notwendigkeit, unsere geistigen Gewinne
vor den Einflüssen des Bösen zu schützen.
Zusammenfassung:
Der Qur’an ist eine Leitung und eine Warnung.
Dieses Leben ist kurz und voller Gefahren. Wie aus der
Geschichte von den jungen Männern in der Höhle deutlich wird, ist unser
Zeitempfinden mangelhaft. Sie hatten Iman, Wahrhaftigkeit, Geduld und andere
Tugenden. Aber ihr Leben war ein Geheimnis, das nur von wenigen ergründet
werden kann. (Ajachs 1-22)
Wissen ist für Allah: sei auf der Hut vor
unbegründeten Vermutungen und falschen Erwartungen. Lerne aus der Parabel des Qur’ans von dem Mann, der stolz
auf seine irdischen Güter ist und schließlich alles verliert. (Ajachs 23-44)
Dieses Leben ist unsicher und veränderlich: Güte
und Tugend sind besser und wünschenswerter. Denn der Tag der Abrechnung naht
mit Barmherzigkeit und Zorn. (Ajachs 45-59)
In seinem Durst nach Wissen vergaß Muusa, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, seine Grenzen. Er wurde zu Geduld und Iman ermahnt
und verstand es, als ihm die Widersprüchlichkeiten des Lebens erklärt wurden.
(Ajachs 60-82)
Sul-Qarnain hatte ein riesiges Reich. Er strafte
die Schuldigen und belohnte die Guten und schützte die Schwachen vor den
Gesetzlosen. Aber er war mu’min und schätzte Allahs Rechtleitung. Allah ist
Einer, und ’Ibadach ist Rechtschaffenheit. (Ajachs 83-110)
Der überwiegende Teil dieser Surach besteht aus
Erzählungen. Sie beanspruchen 71 der 110 Ajachs dieser Surach. Die wenigen
verbleibenden Ajachs bestehen entweder aus erklärenden Bemerkungen zu diesen
Erzählungen oder aber aus einigen Szenen des Jüngsten Tages. Hinzu kommen
einige Beispiele des Lebens, die einen bestimmten Sinn oder einen Gedanken illustrieren.
Doch was all diese Geschichten vereint, und um deren Achse sich ihre ganze
Thematik dreht, ist die Richtigstellung von Bekenntnis, Denken und Ansichten.
Im ersten und im letzten Ajach wird eine Richtstellung des Bekenntnisses
vorgenommen. Beide Ajachs proklamieren die Einzigkeit Allahs, verneinen den
’Ibadach und bekräftigen die Offenbarung. Auch im Verlauf der Surach wird des öfteren hierauf hingewiesen, so zum Beispiel in der
Erzählung der Höhlenbewohner und an ihrem Ende, in der Geschichte der beiden
Gärten und an ihrem Schluss und bei der Beschreibung der Szenerie Tage der
Auferstehung. (Qutb)
Die Höhle
Im Namen
Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.
l. Preis sei Allah,l
Der Seinem Diener das Buch herabsandte2 und nichts Krummes hineingelegt
hat.3
l. Vergleiche Surach 17:111. Das Thema der
letzten Surach, dass Allah gut ist und alles Lob Seiner
Geschöpfte verdient, denen Er eine eindeutige Offenbarung hat zukommen
lassen, wird in dieser Surach fortgesetzt. Der Geist der Menschen entwickelt
sich schrittweise nach oben, durch Allahs Gnade und Barmherzigkeit. (Juusuf
`Allii)
2. Allah hat Seinem Diener Muchammad - Friede
sei mit ihm - den Qur’an herabgesandt; dafür wird Er hier gepriesen. Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist Sein Diener, nicht Sein Sohn oder
Partner. (Qutb)
Schon im ersten Ajach zeichnet sich der Verlauf
dieser Surach ab, geradlinig und einfach, nämlich dass Allah Derjenige ist. Der
das Buch offenbart hat. Darum gebührt Ihm unser Lobpreis. Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, und somit alle Geschöpfe sind Seine Diener. Niemand
ist Allahs Sohn und Er hat keinen Teilhaber. (Qutb)
3. Einige Menschen stellen sich vor, ein
heiliges Buch müsse voll sein mit Mysterien - dunklen Andeutungen, zweideutigen
Ausdrücken, Worten, die so weit von der menschlichen Sprache entfernt sind,
dass sie alles oder nichts bezeichnen können. kafir Orakel waren in eine
Sprache eingekleidet, die dem Hörer eine Bedeutung nahezuhringen schienen.
während sie sich durch die nachfolgenden Ereignisse oft als das Gegenteil
erwiesen. Sie waren eindeutig krumm, nicht gerade. Das Wort „gerade"
(qayjim) wird im nächsten Ajach benutzt, um den Qur’an zu bezeichnen, im
Gegensatz zu dem Wort „krumm" ('Iwadsch). Vergleiche auch Surach 19:36 und
die entsprechende Fußnote. (Juusuf 'All)
Der Islam bietet keine unerreichbaren Ideale, kaum
theologische Komplikationen, keine mystischen Sakramente und keine
Priesterhierarchie. (Darjabadi)
Der Begriff “'Iwadsch“ bedeutet „Krumme" oder
„Abweichung (vom Weg)". sowie auch „Entstellung" und
„Erwartung". Der obige Satz soll das direkte, unzweideutige Wesen des
Qur’ans hervorheben und seine Reinheit' von allem Obskuren und allen inneren
Widersprüchen betonen. Vergleiche auch Surach 4:82: „Wenn er von jemand anderem
wäre als (von) Allah, dann würden sie darin gewiss viele Widersprüche
finden." (Asad)
Nichts darin ist so kompliziert oder
undurchsichtig, dass es jenseits menschlichen Verständnisses läge. Es gibt auch
nichts, dass vom geraden Weg der Wahrheit abweichen und im Inneren einer
wahrheitsliebenden Person Zweifel und Unsicherheit auslösen würde. (Maududi)
2. (Er hat den Qur’an) gerade4
(gemacht), um damit vor strenger Strafe von Ihm zu warnen,5 und den
Mu’mins, die gute Werke tun, die frohe Botschaft zu verkünden, dass ihnen ein
schöner Lohn zuteil werde.6
4. Hier folgt das Wort „gerade"
(“qayjim“), um der Eigenschaft des Buches als „ohne Krümmung" Nachdruck zu
verleihen. (Qutb)
“Qayjim“: „gerade", etwas, das keine Ecken und
Winkel hat, die für die Menschen geheimnisvoll wirken können; was klar und
eindeutig spricht; was zum rechten Weg leitet. Vergleiche auch Surach 9:36, wo
dieses Adjektiv auf eindeutiges Verhalten angewendet wird, im Gegensatz zu
Verhaltensweisen, die andere Menschen verwirren und täuschen. Der Qur’an ist
vor allen Dingen gerade, klar und eindeutig. Seine Anweisungen sind schlicht
und für jeden verständlich. Ein Buch, das von den größten Geheimnissen des
geistigen Lebens handelt, muss notwendigerweise Teile beinhalten, deren volle
Bedeutung einigen Gemütern eher deutlich wird als anderen, die nicht so gut
vorbereitet sind. Hier gibt es jedoch nirgends irgendwelche Mystifizierungen
oder Bestrebungen, die Tatsachen in dunkle Aussprüche einzukleiden, die der
menschlichen Vernunft widersprechen. Allah will eindeutig vor geistigen
Gefahren warnen und die Menschen zur höchsten Glückseligkeit leiten. (Juusuf
`Allii)
In sich selbst eindeutig, und gleichzeitig ein
Maßstab und eine Norm. (Darjabadi)
5. Die Kafirs. (Darjabadi)
Jene, die nicht an das Buch den Iman verinnerlichen
und sich ihm widersetzen. (ibn Kasir)
6. Nämlich das Paradies. (Darjabadi)
Der Lohn, der hier den Mu’mins verkündet wird, ist
an eine Bedingung geknüpft, nämlich an den sichtbaren Beweis des Imans: gute
Werke zu verrichten. (Qutb)
3. In dem werden sie auf ewig bleiben.7
7. Der „Lohn" ist keine materielle Sache
oder durch Zeit und Raum begrenzt. Er ist ein Zustand der Glückseligkeit.
(Juusuf `Allii)
4. Und um jene8 zu warnen,
die behaupten, dass „Allah sich einen Sohn genommen hat."9
8. Nach der allgemeinen Warnung im letzten
Ajach ergeht hier eine besondere Warnung. (Qutb)
9. Eine Warnung ist nicht nur für jene
notwendig, die Allah oder Seine Botschaft leugnen, sondern auch für all jene,
deren falsche Vorstellungen von Allah die den Islam entwerten, indem sie
annehmen, Allah habe einen Sohn, denn Allah ist Einer und hoch erhaben über
alle Vorstellungen physischer Reproduktion. (Juusuf `Allii)
Dies bezieht sich eindeutig auf die Christen, und
zwar besonders auf diejenigen unter ihnen, die glauben, Isa, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, sei wohl ein Mensch, obgleich seine Geburt auf wunderbare
Weise stattfand, aber er sei als Sohn Allahs angenommen worden, nämlich durch
jenen äußersten Grad an der Weisheit Allahs und Macht, mit dem er erfüllt war.
(Darjabadi)
Dies bezieht sich auch auf jene kFIR Araber, die
von Allah behaupten, Er habe Kinder. (Maududi)
5. Sie besitzen keinerlei Wissen
darüber,10 ebenso wenig wie ihre Väter.11
Ungeheuerlich ist das Wort, das aus ihrem Mund hervorkommt.12 Was
sie da sprechen, ist nichts anderes als eine Lüge.
10. Sie haben keine Beweismittel für diese
ihre Behauptungen. (ibn Kasir)
Die meisten klassischen Kommentatoren (und meines
Wissens alle früheren Übersetzer) beziehen das Pronomen “bihi“ auf die Aussagen
„Allah hat einen Sohn genommen" und verstehen damit diesen Satz als „sie
haben kein Wissen davon", das heißt kein Wissen von einem solchen
Geschehnis. Diese Interpretation ist jedoch insofern „schwach", als
fehlendes Wissen nicht unbedingt eine objektive Verneinung der betreffenden
Tatsache bedeutet. Es ist daher offensichtlich, dass “bihi“ nicht „davon"
bedeuten kann, sondern nur „von Ihm", nämlich „von Allah". Der Satz
muss daher bedeuten, dass diejenigen, die solchen Anspruch erheben, kein
wirkliches Wissen von Ihm haben, da sie Ihm etwas zuschreiben, das nur von
unvollkommenen, geschaffenen Wesen ausgesagt werden kann. Diese Interpretation
wird auch von Tabari und Baydawi gestützt. (Asad)
11. Die diese Irrlehre erfunden haben.
(Darjabadi)
Ihre Ahnen, denen sie nacheiferten, um allesamt in
die Irre zu gehen. (Safwat Al-Tafaasir)
12. Die Behauptung ist widerwärtig und
entehrend. (Safwat Al-Bajaan)
Dass Allah einen Sohn haben könnte, hat weder in
der Wirklichkeit noch in der Vernunft eine Grundlage. Es ist lediglich ein
„Wort" oder eine „Aussage" aus ihrem Mund. Es ist nicht einmal ein
Dogma, das vernünftig begründet oder so erklärt werden kann, dass es mit Gottes
geistiger Natur übereinstimmt. (Juusuf `Allii)
Diese Aussage wird als „ungeheuerlich"
bezeichnet, denn sie beruht nicht auf irgendwelchem Wissen darüber, dass Allah
einen Sohn gezeugt oder adoptiert haben könnte. Sie
haben lediglich ihre Liebe zu jemandem übertrieben und eine solche Beziehung
erfunden, und sie sind sich nicht der ungeheuerlichen Gotteslästerung bewusst,
die ihre Aussage beinhaltet. (Al-Manar)
6. Willst13 du dich zu Tode
grämen14 ihretwegen, wenn sie nicht an diese Worte15 den
Iman verinnerlichen?
13. Wörtlich: „es könnte sein, dass
du..." und so weiter. Der Partikel “la'alla“ weist jedoch in diesem
Zusammenhang nicht auf eine Möglichkeit hin, sondern eher auf eine rhetorische
Frage, die einen Tadel für die betreffende Haltung beinhaltet. (Asad)
14. In einer vernünftigen Welt würde die
Verkündung eines vernünftigen Diins wie der Islam allgemein akzeptiert. Die
Welt ist jedoch gar nicht vernünftig. Dass eine Botschaft auf so viel
Widerstand stieß, machte den Verkünder des Islam traurig. Er wollte den Weg zum
Heil weisen. In der mekkanischen Zeit erntete er dafür nichts als Verachtung
und Verfolgung durch die einflussreichen Leute der Stadt, nicht nur für sich
selbst, sondern auch für die Wahrheit, die er verkündete. Ein weniger starkes
Herz wäre vielleicht verzweifelt, denn es hätte die Aufgabe, die Welt von Trug,
Aberglauben, Egoismus, Unrecht und Unterdrückung zu befreien, als hoffnungslos
empfunden. Hier wird er getröstet und ermahnt, sich nicht zu Tode zu grämen: er
tat nur seine Pflicht. Und wie aus den späteren Ereignissen hervorgehen sollte,
ging der Samen der Wahrheit auf, auch wenn dies noch nicht so bald sichtbar
wurde. Jene „Führer" stolzierten nur in fremden Federn einher, und ihre
Herrlichkeit sollte bald für immer vergehen. (Juusuf `Allii)
15. Das heißt an den Qur’an, der die Lehre von
der vollkommenen Einheit verkündet. (Darjabadi)
Dies bezieht sich auf den wirklichen Grund der
Sorge und Trauer des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zur
Zeit der Offenbarung dieser Surach. Er war nicht traurig über die Verfolgung,
unter der er und seine Gefährten zu leiden hatten, sondern über die Irrwege und
moralische Degeneration seines Volkes. Obgleich er versuchte, sie aus diesem
entwürdigenden Zustand zu befreien, hielten sie hartnäckig daran fest. Er war
traurig, denn er war überzeugt, dass ihr Verhalten sie unweigerlich Allahs Zorn
ausliefern würde. Er setzte sich Tag und Nacht für ihre Rettung ein, aber allem
Anschein nach wollten sie das Strafgericht Allahs herausfordern. Er selbst hat
seine Gefühle folgendermaßen beschrieben: „Ich kann dies in einem Gleichnis
schildern. Jemand entzündet ein Feuer, um Licht zu verbreiten. Aber die
Nachtfalter fielen ständig hinein und verbrannten bei lebendigem Leibe. Er
versuchte, sie vor dem Feuer zu schützen, aber die Nachtfalter machten seine
Bemühungen zunichte. Dasselbe gilt für euch und mich. Ich halte euch am
Rocksaum fest, um euch vom Feuer fernzuhalten. aber ihr habt es darauf
abgesehen, hineinzufliegen." In diesem Ajach ist ein Trost für den
Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, enthalten: da du nicht
verantwortlich dafür bist, sie zum Islam zu zwingen, solltest du sich auch
nicht ihretwegen zu Tode grämen. Deine Aufgabe besteht nur darin, frohe
Botschaft zu verkünden und zu warnen, nicht Menschen zum Islam zu bewegen.
(Maududi)
Diese rhetorische Frage ist in erster Linie an den
Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet. der traurig über die
Feindseligkeit war, die die Mekkaner seiner Botschaft entgegenbrachten, und
über ihr zu erwartendes geistiges Schicksal. Darüber hinaus bezieht sie sich
jedoch auch auf jeden, der vom Wahrheitsgehalt einer ethischen Forderungen
überzeugt ist, dann aber von der Gleichgültigkeit entmutigt wird, mit der seine
gesellschaftliche Umgebung darauf reagiert. (Asad)
7. Wir haben wahrlich das, was auf
Erden ist, zu einem Schmuck für sie gemacht,16 auf dass Wir sie
prüfen,17 wer von ihnen der Beste ist im Tun.18
16. Die Güter dieser Welt - irdische Macht,
Ruhm. Reichtum, Position und alles, wofür sich Menschen einsetzen - sind nur
ein vorübergehendes Schauspiel. Ihr Vorhandensein oder Fehlen hat keinen Einfuß
auf den wahren Wert eines Menschen in der geistigen Welt, der Welt. die
bestehen bleibt. Dennoch haben sie ihren Nutzen. Sie prüfen die echten
Qualitäten eines Menschen. Wer ihr Sklave wird, verliert seinen Rang in der
geistigen Welt. Wer sie nutzt, wenn sie ihm zur Verfügung stehen. und nicht
verzweifelt. wenn er sie nicht hat, zeigt seine wirkliche Qualität. (Juusuf
'Allii)
Hier teilt Allah mit, dass Er diese Welt
vergänglich gemacht und ihren Schmuck zum Schwinden verurteilt hat. So gilt sie
als ein Ort der Prüfung und nicht als ein Ort des Verweilens. (ibn Kasir)
17. Das heißt. Allah lässt in ihrer jeweiligen
Haltung - moralisch oder unmoralisch - gegenüber materiellen Gütern und
Vorteilen dieser Welt ihren wahren Charakter offenbar werden. In gründlicherer
Analyse bedeutet dieser Abschnitt, dass das wirkliche Motiv, das der Weigerung
des Menschen, an Allahs geistige Botschaft den Iman zu verinnerlichen (siehe
den vorigen Ajach). fast immer in der übertriebenen, blinden Bindung an die
Güter dieser Welt liegt, verbunden mit falschem Stolz auf das, was man für
eigene Errungenschaften hält. Vergleiche auch Surach 16:22 und die
entsprechenden Fußnoten. (Asad)
18. Allah weiß alles. Doch die Vergeltung
Allahs richtet sich nur nach dem, was die Menschen in ihrem Leben durch
Handlungen verwirklichen. Der Text schweigt über diejenigen, deren Handlungen
nicht gut sind. Der Wortlaut ist so. dass sie nicht gesondert erwähnt zu werden
brauchen. (Qutb)
8. Und Wir werden fürwahr das, was auf
ihr19 ist, zu unfruchtbarem Staub machen.20
19. Auf der Erde. (Juusuf 'Allii)
Am Jüngsten Tag. (Darjabadi)
20. Nach all der Schönheit wird sich die Erde
zu einer unfruchtbaren Ruine ohne Nutzen verwandeln. (ibn Kasir)
Die schönste Szenerie dieser Erde wird wie Staub
und Sand. wenn diese Welt vergeht und die wahren geistigen Werte wieder zur
Geltung gebracht werden. (Juusuf 'Allii)
Ohne jedes Leben und jede Aktivität. (Darjabadi)
Alles. was ihr in dieser Welt seht und attraktiv
findet. ist nur ein vorübergehender Schmuck, der euch prüfen soll. Leider seid
ihr jedoch dem Missverständnis zum Opfer gefallen, dies alles sei zu eurem
Vergnügen geschaffen worden, und habt euer Vergnügen
zu eurem einzigen Lebensziel gemacht. Deswegen beachtet ihr euren wahren Freund
nicht. Ihr müsst begreifen, dass dies alles eine Prüfung für euch ist, durch
die festgestellt werden soll, wer von euch sich von seinem wahren Lebensziel
ablenken lässt. und wer standhaft am wahren ’Ibadach festhält. Dies alles hat
ein Ende. wenn eure Prüfung vorüber ist, und nichts bleibt auf der Erde zurück.
(Maududi)
9. Oder21 meinst du (etwa),22
dass die Gefährten der Höhle23 und die Inschrift24 Unsere
einzigen wundersamen Zeichen gewesen sind?25
21. (Und da das Leben dieser Welt nur eine
Prüfung ist). glaubst du wirklich, dass die (Parabel von den) Männern in der
Höhle und (ihre Verbundenheit mit) der Schrift wunderbarer ist...?" Dieser
Einschub stellt die elliptisch implizierte Verbindung zwischen dem langen
folgenden Abschnitt und den beiden vorigen Ajachs dar. (Asad)
22. Hier folgt eine wunderbare Geschichte oder
Allegorie. Wir lernen daraus
1. von der Relativität der Zeit:
2. von der Unwirklichkeit der Positionen von
Unterdrücker und Unterdrückten. Verfolgern und Verfolgten auf dieser Erde.
3. von der Wahrheit der endgültigen Auferstehung.
wo die wahren Werte wiederhergestellt werden; und
4. von der Macht von Iman und Gebet. zum Richtigen
zu führen. Wenn diese Dinge auch wunderbar erscheinen, sie geschehen täglich
auf Allahs Erde. (Juusuf 'Allii)
23. Die ..Gefährten der Höhle" sind junge
Männer. deren Anzahl wir nicht kennen. Sie mussten sich in eine Höhle
zurückziehen. weil sie mu’min waren. Dort schliefen sie eine unbekannte Anzahl
von Jahren. Schließlich wurden sie wieder erweckt und debattierten über den
Zeitraum. den sie so verbracht hatten. (Qutb)
Die kafir Quraisch hatten die Gewohnheit. dem
Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Fangfragen zu stellen,
die sie nicht selten von Juden und Christen nahmen und von denen sie glaubten.
der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, könne sie nicht
beantworten. Auf diese Weise wollten sie ihn unglaubwürdig machen. Bei einer
diese Fragen ging es um die im Umlauf befindliche christliche Legende von den
Siebenschläfern von Ephesus. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden
auf ihm, erzählte ihnen nicht nur die wesentlichen Ereignisse der Geschichte.
sondern wies sie darauf hin. dass es Variationen gab. und tadelte die Menschen.
über solche Details zu streiten (siehe unten Ajach 22). Am wichtigsten ist
jedoch. dass er die Geschichte (der Inspiration entsprechend) als Parabel
behandelte. die auf geistige Lehren von höchstem Wert hinweise. Dies ist
Offenbarung im höchsten Sinne des Wortes. (Juusuf 'Allii)
24. “Rajim“: “Inschrift". So wird das
Wort von Al-Dschalalain interpretiert, und die meisten Kommentatoren stimmen
damit überein. Vergleiche auch die nächste Fußnote. Andere nehmen an. dies sei
der Name des Hundes. Siehe unten Ajach 13. (Juusuf 'Allii)
Einige Gefährten des Propheten Muchammed, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, und ihre Nachfolger waren der Meinung. es sei der
Name des Ortes gewesen. wo das Ereignis stattfand und der irgendwo zwischen
Ayla und Filistin gelegen haben soll. Andere Kommentatoren sind der Ansicht. es
bedeute eine „Inschrift". die an der Höhle zur Erinnerung an die Schläfer
aufgestellt wurde. (Maududi)
“Al Rayim" ist die Inschrift. auf der die Vor-
und Nachnamen der Höhlenbewohner eingraviert sind.
(Al-Dschalalain)
Während die einen Gefährten des Propheten
Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, meinten. dass “Al Rajim" der
Name des Tales sei. zu dem die Höhle gehörte. meinen andere, dass es der Name
des Berges sei. in dem sich die Höhle befand. Said ibn Dschubair wiederum nennt
eine Steintafel, auf der die Geschichte der Höhlenleute aufgeschrieben steht
und die am Eingang der Höhle aufgestellt worden ist. Doch Abdur-Rachman ibn
Sayd ibn Muslim sagte. Dass “Al-Rayjim". das Buch bedeutet und stützt sich
auf die Ajachs 9 und 20 von Surach 89. in denen steht “Kitaahun Marq mi".
das heißt: ein geschriebenes Buch. Und diese Interpretation erscheint uns als
die wahrscheinlichste. (ibn Kasir)
25. Wörtlich: “…dass die Gefährten der Höhle
...wundersamer waren…“ Dies bedeutet.
dass die Allegorie oder Parabel. die auf dieser Geschichte beruht, völlig mit
der ethischen Lehre übereinstimmt, die im Qur’an insgesamt verkündet wird. und
damit nicht ..wundersamer" ist als andere Aussagen.
Die meisten Kommentatoren neigen zu der Ansicht.
dass sich diese Geschichte auf die Anfangsphase des Christentums bezieht,
nämlich auf die Christenverfolgungen unter Kaiser Decius im dritten
Jahrhundert. Nach der Legende zogen sich einige Christen aus Ephesus mit ihrem
Hund in eine verborgene Höhle zurück, um ihrem Diin entsprechend leben zu
können, und verbrachten dort einen sehr langen Zeitraum in einem wundersamen
Schlaf. Als sie schließlich erwachten - ohne zu wissen, dass sie so lange
geschlafen hatten - schickten sie einen der Gefährten in die Stadt, um
Nahrungsmittel zu kaufen. In der Zwischenzeit hatte sich die Lage völlig
verändert. Das Christentum wurde nicht mehr verfolgt, sondern war sogar
Staatsreligion des Römischen Reiches geworden. Die alte Münze (aus der
Regierungszeit von Decius), mit der der junge Mann für seine Einkäufe bezahlen
wollte, erregte die Neugier der Leute. Sie fingen an, den Fremden auszufragen,
und so kam die Geschichte von den jungen Männern in der Höhle und ihrem
wundersamen Schlaf ans Licht. Es scheint jedoch, dass die christliche Fassung
der Legende die spätere Entwicklung einer sehr viel älteren Überlieferung ist,
die auf vorchristliche, jüdische Quellen zurückgeht. Dies wird aus mehreren
authentischen Hadis deutlich, die bei allen klassischen Kommentatoren erwähnt
werden, und nach denen die jüdischen Rabbiner von Medina die mekkanischen
Opponenten des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
Veranlassten, durch die Frage nach dieser Geschichte „seine Glaubwürdigkeit zu
überprüfen“ In einen, Kommentar bemerkt ibn Kasir zu diesem Hadis: „Es wird
gesagt, dass sie Anhänger von Isa der Sohn der Marjam, Allahs Segen und Frieden
auf ihnen beiden, waren aber Allah weiß es besser: denn es ist offensichtlich,
dass sie viel früher lebten als in der Zeit des Christentums. Denn wären sie
Christen gewesen, warum sollten dann den jüdischen Rabbinern daran gelegen
sein, ihre Geschichte zu bewahren, so sich die Juden doch von allen
freundschaftlichen Beziehungen zu ihnen (den Christen) abgetrennt hatten?"
Wir können daher mit Sicherheit annehmen, dass die Legende der Gefährten der
Höhle - befreit von ihrer christlichen Formulierung und ihrem aufgesetzten
christlichen Hintergrund - eigentlich jüdischen Ursprungs ist. Wenn wir die
Geschichte auf ihre wesentlichen Züge reduzieren - freiwilliger Rückzug von der
Welt, jahrelanger „Schlaf" in einer verborgenen Höhle und wunderbares „Erwachen"
nach einem unbestimmten Zeitraum - haben wir eine bemerkenswerte Allegorie vor
uns, die sich auf eine Bewegung bezieht, die in der Geschichte des Judentums
eine wichtige Rolle spielt, nämlich die asketische Essener-Bruderschaft in den
Jahrhunderten vor dem Auftreten Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
besonders auf denjenigen Zweig davon, der in selbstauferlegter Abgeschiedenheit
in der Nachbarschaft des Toten Meeres lebte und in jüngster Zeit, nach der
Entdeckung der Schriftrollen vom Toten Meer, als „Qumran-Gemeinschaft"
bekannt wurde. Der Ausdruck „Ar-Radschim" im obigen Ajach (von mir
übersetzt mit „Schriften") stützt diese Theorie. Nach Tabari betrachteten
einige der frühesten Autoritäten diesen Ausdruck als gleichbedeutend mit
“marquum“ („etwas Geschriebenes"). Da es historisch erwiesen ist, dass die
Mitglieder der Quran-Gemeinschaft sich völlig dem Studium, dem Abschreiben und
der Bewahrung der heiligen Schriften widmeten, und da sie ihrer völligen
Reinheit wegen sehr bewundert wurden, ist es mehr als wahrscheinlich, dass ihre
Lebensweise einen so starken Eindruck auf die Phantasie ihrer mehr weltlich
gesinnten Diinsgenossen machte, dass sie allmählich zur Legende von den „Leuten
der Höhle" wurden, die zahllose Jahre lang „schliefen", das heißt von
der Außenwelt abgeschnitten waren, und „erwachten", als ihre geistige
Aufgabe erfüllt war. Was immer der Ursprung dieser Legende sein mag, die
Tatsache bleibt bestehen, dass sie im Qur’an in rein allegorischem Sinne
gebraucht wird, nämlich als Veranschaulichung von Allahs Macht, Tod (den
„Schlaf") und Leben (das „Erwachen") hervorzubringen; und zweitens
als Gleichnis für die Frömmigkeit, die Menschen veranlasst, eine böse Welt zu
verlassen, um ihren Iman zu erhalten, und für Allahs Anerkennung dieses Islams,
indem Er ihnen ein geistiges Erwachen gewährt, das die Zeit und den Tod
überdauert. (Asad)
Diese Geschichte wird aufgeführt als ein Beispiel
des Imans und wie diese der Seele Sicherheit verleiht. Sie ziehen den Islam den
irdischen Genüssen und Gütern vor und begeben sich in die Höhle, als es zu
schwierig wird, nach dem Islam unter den Menschen zu leben. So behütet sie
Allah, beschützt sie und umfasst sie mit Seiner Barmherzigkeit. (Qutb)
Ihre Angelegenheit ist nicht wundersamer als die
Erschaffung von Himmel und Erde, die Verschiedenheit von Tag und Nacht und die
Dienstbarmachung von Sonne, Mond und Sternen und vieles mehr. (ibn Kasir)
10. (Zu der Zeit), da die jungen Männer
in der Höhle Zuflucht suchten,26 sprachen sie: „Unser Herr, gib uns aus der Fülle
Barmherzigkeit und bereite den Weg zum rechten
Handeln."27
26. Eine mündlich überlieferte Volkserzählung
ist bezüglich der Daten notgedrungen ungenau und variiert in ihren Details. Ein
syrischer Autor legte irgendwann im 6. Jahrhundert die Geschichte schriftlich
nieder. Nach seiner Version handelt es sich um sieben junge Männer, die sich
während der Regierungszeit von Kaiser Decius (249-251 n.C.), der die Christen
gewaltsam verfolgte, zum Schlafen zurückzogen und in der Regierungszeit des Kaisers
Theodosium II (408-450 n.C.) erwachten. (Juusuf `Allii)
27. Die jungen Männer versteckten sich in der
Höhle, aber sie vertrauten auf Allah und legten im Gebet ihre Sache in Seine
Hände. Dann fielen sie allem Anschein nach in einen Schlaf und wussten nichts
von den Ereignissen in der Außenwelt. (Juusuf `All)
Wörtlich: „und versieh uns, aus unserem Zustand
heraus (min amrinaa), mit einem Bewusstsein für das, was richtig ist
(ruschd)." Dieser Abschnitt ist eine Art Einführung zu der Allegorie von
den Leuten der Höhle und zeichnet in groben Zügen vor, was ab Ajach 13
gründlicher ausgeführt wird. (Asad)
11. Da legten Wir in der Höhle (eine
Hülle) über ihr Gehör28 für eine Anzahl von Jahren.
28. „So legten Wir (eine Hülle) über ihr
Gehör", das heißt Wir versiegelten ihre Ohren, so dass sie nichts hörten.
Da sie sich in einer Höhle befanden, sahen sie auch nichts. Es war, als ob sie
gestorben wären, und ihr Wissen und ihre Vorstellungen blieben auf dem
Zeitpunkt stehen, als sie sich in die Höhle zurückgezogen hatten. Wie eine Uhr,
die im Augenblick eines Unfalls stehen bleibt, so dass anhand dessen nachher
der genaue Zeitpunkt des Unfalls bestimmt werden kann. (Juusuf `Allii)
So dass sie ungestört schlafen konnten. (Darjabadi)
Allah veranlasste, dass sie - physisch oder
metaphorisch - von den Lauten und dem Treiben der Außenwelt abgeschnitten
wurden. (Asad)
12. Dann weckten wir sie wieder,29
um zu wissen,30 welche von den beiden Parteien die Zeitspanne ihres
Verweilens besser zu berechnen vermochte.31
29. Weckten sie oder ließen sie auferstehen
aus ihrem Schlaf oder dem Zustand, in den sie verfallen waren (siehe unten
Ajach 18), so dass sie wieder anfingen, die Dinge um sich herum wahrzunehmen,
aber nur mit dem Gedächtnis aus der Zeit, als sie aufgehört hatten, mit der
Welt in Verbindung zu stehen. (Juusuf `Allii)
Oder: „sandten sie aus" - ein Hinweis auf die
Rückkehr zum aktiven Leben dieser Welt. (Asad)
30. Wörtlich: „so dass Wir erfahren". Da
Allah jedoch alles mit Seinem Wissen umfasst, bedeutet „erfahren" hier,
dass Er es verwirklicht und damit Seinen Geschöpfen bekannt macht. (Asad)
31. Die zwei Parteien sind nach Meinung von
ibn 'Abbaas zum einen die Höhlenbewohner und zum anderen die Leute, die sie zu
Gesicht bekamen. Doch Mudschahid ist der Meinung, dass es die Höhlenleute
waren, die sich in zwei Parteien spalteten im Streit über die Zeit ihres
Verweilens. (Safwat Al-Tafaasir)
Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, hatten sie
jedes Zeitgefühl verloren. Obgleich sie alle zusammen gekommen und ebenso lange
am gleichen Ort gelegen hatten, waren ihre Eindrücke von der Zeit, die
inzwischen vergangen war, ganz unterschiedlich. Die Zeit ist somit mit unserer
eigenen inneren Erfahrung verbunden. Wir müssen lernen, dass Menschen, die
ebenso gut sind wie wir, dennoch anders auf bestimmte Tatsachen reagieren
können, und dass in solchen Fällen Streit sinnlos ist. Richtig ist zu sagen:
„Allah weiß es am besten" (siehe unten Ajach 19). (Juusuf `Allii)
Das Verb “achsa“ bedeutet nicht nur „er
rechnete" oder „er berechnete", sondern auch „er begriff". Da
eine „Berechnung der in der Höhle verbrachten Zeit keinen besonderen Einfluss
auf die ethische Bedeutung dieser Parabel haben kann, ist hier offensichtlich
die zweite Bedeutung gemeint: wer „besser begreift", nämlich die geistige
Bedeutung des Zeitsprunges zwischen ihrem „Einschlafen" und
„Erwachen". (Asad)
Abschnitt 2
13. Wir wollen dir ihre Geschichte in
richtiger Weise berichten.32 Es sind fürwahr junge Männer gewesen,
die an ihren Herrn den Iman verinnerlichteten, und Wir mehrten sie noch an
Rechtleitung.33
32. Das heißt ohne die vielen legendenhaften
Ausschmückungen, die in vergangenen Zeiten die Bedeutung dieser Geschichte oder
Parabel verschleiert haben. (Asad)
33. Nämlich durch Inspiration, wie sie ihre
Angelegenheit regeln sollten. (Qutb)
Ihr Iman brachte sie weiter auf dem Weg der
Wahrheit voran. Iman ist kumulativ. Jeder Schritt führt höher, mit Allahs Gnade
und Hilfe. (Juusuf `Ali)
Allah vertiefte ihr Bewusstsein für den rechten
Weg. (Asad)
Da sie mu’min waren, vermehrte Allah ihr Vertrauen
auf die Rechtleitung und ermöglichte ihnen, fest und standhaft den Weg der
Wahrheit zu gehen, selbst unter Einsatz ihres Lebens. (Maududi)
14. Und wir stärkten ihre Herzen,34 als sie sich erhoben35 und
sprachen: „Unser Herr ist der Herr der Himmel und der Erde. Niemals werden wir
eine andere Gottheit außer Ihm anrufen, denn dann würden wir wahrlich eine
Ungeheuerlichkeit aussprechen."36
34. So dass sie keine Angst hatten, frei zu
sprechen und die Wahrheit von der Einheit zu verkünden, die sie deutlich in
ihren eigenen Herzen erkannten. (Juusuf `Allii)
Wenn Allah die Herzen festigt, dann zeigen sie
Unerschrockenheit und Zuversicht durch die Wahrheit, die sie erfahren haben.
Sie sind stolz auf den Glauben, den sie erwählt haben. (Qutb)
35. Wir können annehmen, dass sie öffentlich
auftraten, um ihre Überzeugung zu verkünden, bevor sie sich in die Höhle
zurückzogen. Die Geschichte beginnt eigentlich mit Ajach 13, und die Ajachs
9-12 können als eine Art Einführung verstanden werden. Da der Schwerpunkt auf
einer geistigen Lektion beruht, werden die in der Einführung erwähnten Fakten
in der Geschichte nur gestreift. (Juusuf `Ali)
Wörtlich: „als sie aufstanden", das heißt
ihren missgeleiteten Mitmenschen oder den Herrschern, die die Mu’mins
verfolgten, gegenübertraten. (Asad)
36. Dies zeigt, dass die jungen Männer
wirkliche Monotheisten und Nachfolger ihres Propheten waren. (Darjabadi)
Etwas anderes wäre eine ersonnene Lüge. (ibn Kasir)
15. „Doch dieses unser Volk hat sich
Götter außer Ihm genommen.37 Warum bringen sie nicht einen klaren
Beweis dafür herbei?38 Wer ist also
ungerechter als der, der eine Lüge erdichtet?"39
37. In den ersten drei nachchristlichen
Jahrhunderten war neben den kafir Gottheiten auch der Kaiserkult im Römischen
Reich verbreitet. Die Statue der Diana (Artemis) in Ephesus war eines der
antiken Weltwunder. Die Stadt selbst hatte einen großen Hafen und war die Hauptstadt
von Kleinasien. Wir können uns vorstellen, wie die heidnischen Kulte dort
wucherten. Paulus predigte dort drei Jahre lang, wurde angegriffen und musste
schließlich die Stadt verlassen (Apostelgeschichte 19:1-41). (Juusuf 'Allii)
38. Sie übernahmen die Anbetung der Götzen
gedankenlos und ohne jeglichen Beweis für die Richtigkeit ihres Tuns. (Safwat
Al-Tafaasir)
Dies ist der Weg zum Iman: Wenn der Mensch starke
Anzeichen und Hinweise für einen Sachverhalt findet, dann geht er diesen nach
und findet den Beweis, der Herz und Verstand zufrieden stellt. (Qutb)
Das Adjektiv “bayjin“ („klar, deutlich")
bezeichnet einen Beweis, der der Vernunft zugänglich ist. (Asad)
39. Das heißt jemand, der imaginäre Gottheiten
erfindet und die Wahrheit von Allahs Einheit zur Lüge erklärt oder Seine
Existenz überhaupt leugnet. (Asad)
16. „Und da ihr40 euch von
ihnen abgesondert habt und von dem, was sie außer Allah anbeten,41
so zieht euch in die Höhle zurück.42 Euer Herr wird Seine
Barmherzigkeit über euch ausgießen und euch in eurer Angelegenheit einen
Ausweg finden lassen."43
40. Ihr Brüder im
Diin. Dies besprechen die jungen Männer unter sich. (Darjabadi)
41. Unter Lebensgefahr. (Darjabadi)
Sie waren keine Gesandten für ihr Volk, die dazu
berufen waren, sie mit dem Islam zu konfrontieren und sie dazu aufzurufen, um
dann das gewöhnliche Schicksal der Gesandten zu erleiden, sondern einfach nur
junge Männer, die die Rechtleitung erkannten inmitten einer ungerechten und
kafir Gesellschaft. Somit begriffen sie, dass es für sie unmöglich würde,
weiterhin unter ihrem Volk zu leben, denn sie hätten weder ihre Überzeugung
enthüllen können, noch weiter so tun, als ob sie ihre Götzen verehren. Doch
noch wahrscheinlicher ist, dass ihre Überzeugung aufgedeckt worden wäre, und so
blieb ihnen nichts übrig, als zu fliehen. (Qutb)
42. Nach diesem gemeinsamen Beschluss
verließen sie die Stadt und zogen sich in eine geheime Höhle zurück, um dem Tod
oder dem Zwang zur Verleugnung des Islams zu entgehen. (Maududi)
43. Das heißt: Habt keine Angst vor
irgendetwas, sondern legt eure Sache in Allahs Hände. Jetzt werdet ihr
verfolgt, aber Er wird eure Probleme lösen und euch Trost und Erleichterung
geben. (Juusuf `Allii)
So ließ Allah in der Höhle Seine Gnade über ihnen
walten, indem Er sie unauffindbar machte für ihre Verfolger. (ibn Kasir)
Der Begriff “mirfaq“ bezeichnet „etwas, von dem
jemand Nutzen hat", sei es konkret oder abstrakt. In diesem Fall hat er
offensichtlich eine geistige Bedeutung. (Asad)
17. Und du44 hättest sehen
können, wie die Sonne beim Aufgang sich von ihrer Höhle nach rechts neigte, und
beim Untergang sich von ihnen nach links abwandte,45 während sie im
Inneren (der Höhle) lagen.46 Dies gehört zu den Zeichen Allahs.47
Wen Allah leitet, der ist fürwahr rechtgeleitet, und wen Er irregehen lässt,
für den wirst du niemals einen Beschützer finden, der ihn auf den rechten Weg
führt.48
44. Angesprochen ist der Leser. (Darjabadi)
45. In den Breiten von Ephesus, das heißt weit
über dem nördlichen Wendekreis, ist eine Höhle, deren Eingang in nördlicher
Richtung liegt, niemals der Sonnenhitze ausgesetzt, denn die Sonnenseite. liegt
im Süden. Wenn die jungen Männer auf dem Rücken lagen, das Gesicht nach Norden
gewandt, das heißt zum Höhleneingang hin, dann ging die Sonne auf ihrer rechten
Seite auf und an ihrer linken Seite unter, während sie sich in der kühlen,
angenehmen Mitte aufhielten. (Juusuf `Allii)
Daraus geht hervor, dass der Höhleneingang im
Norden lag. Deswegen konnte kein Sonnenlicht in die Höhle eindringen, und etwa
Vorübergehende konnten nicht sehen, was sich in der Höhle befand. (Maududi)
46. Wo weder Sonnenhitze noch die Enge der
Höhle sie bedrückte. (Darjabadi)
Sie befanden sich in ihrem geräumigen Inneren, und
die Sonnenhitze konnte sie nicht stören. Dies ist meiner Ansicht nach eine der
vielen Anspielungen im Qur’an auf die Glückseligkeit der Rechtschaffenen im
Paradies mit seinem „dauerhaften Schatten". Vergleiche auch Surach 4:57
und die entsprechende Fußnote. (Asad)
47. Dass Er sie zu dieser Höhle führte, deren
Klima sie am Leben erhielt. (ibn Kasir)
Der ganze hier erwähnte Vorgang. (Darjabadi)
48. Die jungen Männer, die an Allah den Iman
verinnerlichten und auf Ihn vertrauten, fanden Zuflucht in der Höhle und waren
vor der Verfolgung und Gewalt der Götzendiener geschützt. So wurde ihr Gebet
(siehe oben Ajach 16) erhört. (Juusuf `Allii)
Für Rechtleitung und Irrtum gibt es
Gesetzmäßigkeiten. Wer sich durch die Zeichen Gottes leiten
lässt, den führt Allah diesen Gesetzmäßigkeiten entsprechend, und er befindet
sich wahrhaftig auf dem rechten Weg. Wer sich gegen die Rechtleitung sperrt,
für den gelten die Gesetzmäßigkeiten seines Irrweges, und er wird niemanden
finden können, der ihn dann rechtleitet. (Qutb)
Abschnitt 3
18. Und du hättest meinen können, dass
sie wach seien, während sie doch schliefen. Und Wir ließen sie sich nach rechts
und nach links drehen,49 während ihr Hund mit ausgestreckten Pfoten
auf der Schwelle lag.50 Wenn du sie beobachtet hättest, hättest du
gewiss die Flucht vor Ihnen ergriffen und du hättest gewiss Grauen vor ihnen
empfunden.51
49. Einige Gelehrte meinten, dass Allah,
obwohl Er sie in einen tiefen Schlaf versetzte, ihre Augen sich nicht schließen
ließ, damit sie durch ihre Berührung mit der Luft vor der Verwesung verschont
blieben. Ihre Wendung zweimal im Jahr hatte, wie einige Vorfahren sagten, den
Zweck, dass die Erde sie nicht zerfraß. (ibn Kasir)
Vielleicht waren ihre Augen offen, während ihre
Sinne in Schlaf versunken waren. Sie drehten sich von einer Seite auf die
andere, wie es Menschen im Schlaf tun. (Juusuf `Allii)
Wenn ein Vorbeigehender sie zufällig in der Höhle
entdeckt hätte, wie sie sich von einer Seite auf die andere drehten, so hätte
er geglaubt, dass sie nicht schlafen, sondern sich nur ausruhen. (Maududi)
50. In der Tradition heißt der Hund Qitmir.
(Juusuf `Allii)
Er lagerte am Eingang, um sie zu bewachen, wurde
aber vom Schlaf übermannt wie sie auch. (ibn Kasir)
Er war Ihnen treu gefolgt, als sie sich in die
Höhle zurückziehen mussten. Hunde gehörten zu den ersten zahmen Haustieren und
sind für ihre Wachsamkeit und Treue gegenüber dem Menschen bekannt. (Darjabadi)
51. Dieses anschauliche Bild von den Schläfern
erklärt den menschlichen Mechanismus, durch den Allah ihre Sicherheit vor ihren
kafir Verfolgern bewirkte. (Juusuf `Allii)
Sie hätten durch ihren schlafend-wachen Zustand und
durch ihr ständiges Drehen, ohne jedoch aufzuwachen, dem, der sie zu sehen
bekam, Angst eingeflößt. Dies war von Allah mit Bedacht so geregelt, damit
keiner mit ihnen Unfug trieb, bis die festgesetzte Frist zu Ende ging. (Qutb)
Ein zufälliger Beobachter hätte sofort die
geheimnisvolle, ehrfurchterweckende Ausstrahlung gespürt, die diese Männer
umgab, und wäre sich dessen bewusst gewesen, dass er vor Allahs auserwählten
Dienern stand. (Asad)
Niemand wagte die Höhle zu betreten, denn es war
darin stockfinster, und der Hund bewachte den Eingang. Wenn jemand dennoch die
jungen Männer darin entdeckt hätte, dann wäre ihm unheimlich zumute gewesen, und
er wäre fortgelaufen. Auf diese Weise blieb ihr Zufluchtsort eine so lange Zeit
hindurch vor der Außenwelt geheim. (Maududi)
19. So also weckten Wir sie wieder auf,52 damit53 sie einander befragten.54
So sprach einer von ihnen: „Wie lange habt ihr (nun so) verweilt?" Sie
sagten: „Wir verweilten (wohl) einen Tag oder den Teil eines
Tages."55 Da sagten sie (alle): „Euer Herr weiß (am besten) wie
lange ihr verweiltet.56 Schickt also einen von euch mit diesem eurem
Geld in die Stadt.57 Er soll schauen, wer die reinste Speise hat und
euch Essen von ihm bringen.58 Und er soll sehr höflich sein59
und niemandem Kenntnis von euch geben.60
52. Das heißt auf dieselbe wunderbare Weise,
wie Allah sie in Schlaf hatte fallen lassen. (Darjabadi) 53. Vergleiche oben
Ajach 12 und die entsprechende Fußnote. (Asad)
54. Dies ist der Höhepunkt der Geschichte.
Ihre eigenen menschlichen Eindrücke sollten miteinander verglichen werden. Sie
sollten zu der Einsicht kommen, dass mit dem besten Willen und den ehrlichsten
Nachforschungen Menschen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen können;
dass sie also nicht ihre Zeit mit nutzlosen Debatten vergeuden, sondern sich
ihrer Hauptaufgabe im Leben zuwenden sollten; und dass Allah vollkommenes
Wissen über die Dinge besitzt, die uns merkwürdig, inkonsistent oder
unerklärlich erscheinen oder bei verschiedenen Menschen verschiedene Eindrücke
auslösen. Der relative oder mangelhafte Eindruck von der Zeit gibt uns einen
Einblick in den Zustand, wo es keine Zeit mehr gibt, von der Auferstehung, wenn
alle die kleinen Eindrücke unseres irdischen Lebens durch die endgültige
Realität korrigiert werden. Das Mysterium der Zeit hat viele Denker verwirrt.
(Juusuf `Allii)
Mir erscheint es, als ob der Partikel „li in
li-jatasaa 'aluu" (meist übersetzt mit: „damit sie einander fragen")
nicht den Zweck bezeichnen soll („damit"), sondern in diesem Zusammenhang
nur auf die Folge hinweist („da begannen sie einander zu fragen"). (Asad)
55. Die Kommentatoren erklärten dies so: Sie
gingen am frühen Morgen in die Höhle, und Allah erweckte sie am Ende des Tages.
Als sie aufwachten, dachten sie zuerst, die Sonne ginge unter und meinten, es
wäre ein ganzer Tag gewesen. Als sie jedoch sahen, dass die Sonne noch nicht
unterging, meinten sie, es wäre nur ein Teil des Tages gewesen, den sie
verschliefen. Niemandem hätte es einfallen können, dass sie 309 Jahre
geschlafen hatten.
(Safwat Al-Tafaasir)
Vergleiche Surach 2:259, wo in der Parabel von dem
Mann, den Allah sterben ließ und nach hundert Jahren auferweckte, dieselbe
Frage gestellt und ebenso beantwortet wird. Die bemerkenswerte Gleichheit von
Frage und Antwort an diesen beiden Stellen ist offensichtlich nicht zufällig.
Sie weist gezielt auf die Identität des Grundgedankens hin, der in diesen
beiden Allegorien zum Ausdruck kommt: nämlich Allahs Macht, „Lebendes aus dem
Toten hervorzubringen und Totes aus dem Lebenden" (vergleiche Surach 3:27;
6:95; 10:31 und 30:19), das heißt Leben neu erschaffen, es vergehen zu lassen
und es neu hervorzubringen. Darüber hinaus spielt dieser Ajach auf den
trügerischen, erdgebundenen Charakter der menschlichen Vorstellung von
„Zeit" an. (Asad)
56. Das heißt, sie verstanden - im Gegensatz
zu ihren Kameraden, die sich Gedanken darüber machten, was „wirklich" mit
ihnen geschehen war, dass der Zeitraum, der zwischen ihrem „Einschlafen"
und ihrem „Erwachen" vergangen war, keine eigene Realität und keinen Sinn
hatte. Ebenso verhält es sich mit dem Tod eines Menschen und seiner
Auferstehung (vergleiche Surach 17:52 und die entsprechende Fußnote). (Asad)
57. Sie geben nun ihre fruchtlose
Meinungsverschiedenheit auf und wenden sich den praktischen Erfordernissen des
Lebens zu. Ihre Gedanken und Vorstellungen sind jedoch an dem Zeitpunkt stehen
geblieben, als sie in die Höhle gegangen waren. Das Geld, das sie bei sich
hatten, war zur Zeit jenes Tyrannen geprägt worden, der die Religion der
Einheit verfolgen ließ und die kafir Kulte verbreitete. (Juusuf `Allii)
58. Das heißt, was nicht als Götzenopfer
ungenießbar war. (Darjabadi)
Das reinste, bekömmlichste, vielleicht auch das
passendste für diejenigen, die Götzendienst ablehnten. Denn in ihrer
Vorstellung war die Welt immer noch so, wie sie sie bei ihrem Eintritt in die
Höhle gekannt hatten.
(Juusuf `Allii)
59. Er soll sich so verhalten, dass er nicht
irgendwo Verdacht erregt. (Darjabadi)
60. Damit der Tyrann sie nicht verfolgen und
belagern kann. (Darjabadi)
Sie hatten Angst, aufgespürt und dann gesteinigt zu
werden oder solange gefoltert zu werden, dass sie von ihrer Überzeugung abgehen
würden. (Qutb)
20. Wahrlich, sollten sie Oberhand über
euch gewinnen,61 werden sie euch steinigen oder
euch zwingen, zu ihrem Bekenntnis zurückzukehren,62 doch dann würdet
ihr niemals mehr erfolgreich sein."63
61. Es kann kaum mit Worten beschrieben
werden, mit welcher Grausamkeit die Verfolger in der Zeit des Kaisers Decius
gegen ihre Opfer vorgingen. (Darjabadi)
62. Sie glauben, die Welt hätte sich nicht
verändert und dass die grausamen Verfolgungen, die sie kennen gelernt hatten,
immer noch anhielten, wo ein Mensch den Islam mit seinem Leben bezahlen musste,
wenn er sich nicht der kafir Götterverehrung anschloss. (Juusuf `Allii)
Wie viele ihrer Brüder im Islam. Viele Muslime
wurden gezwungen, öffentlich den Islam abzuschwören. (Darjabadi)
63. Das heißt, ihr könnt dann niemals das
geistige Gut erlangen, das euch nach eurem Wissen, eurem Lernen und eurer
Erfahrung zusteht. Aus Furcht vor Menschen die Wahrheit aufzugeben, die man
erlangt hat, ist die verächtlichste Form der Feigheit und verschließt mit Recht
den Zugang zum Heil, wenn strenge Gerechtigkeitsnormen angelegt werden. Aber
selbst dann hilft Allahs Barmherzigkeit dem Feigen, solange die Möglichkeit zur
Umkehr offen bleibt. (Juusuf `Allii)
Während ihres „Schlafes" hatte für die
Menschen in der Höhle die Zeit stillgestanden, so dass sie annehmen mussten,
die Außenwelt sei ihnen immer noch feindlich gesinnt. An diesem Punkt wird die
Geschichte abrupt (denn wie wir wissen befasst sich der Qur’an nicht mit Erzählungen
um ihrer selbst willen) und im folgenden als Allegorie
von Tod und Auferstehung und der Relativität der Zeit, wie sie sich im
Bewusstsein des Menschen manifestiert, weitergeführt. (Asad)
21. Auf diese Weise64 entdeckten Wir sie (den
Menschen), damit sie wissen sollten, dass was Allah verspricht, die Wahrheit
ist,65 und dass es keinen Zweifel66 an der Stunde
gibt.67
Als sie68 untereinander in Streit gerieten über ihre
Angelegenheit,69 da meinten (einige):
„Errichtet ein Gebäude über ihnen!70 Ihr Herr kennt sie am besten.
Doch die Einflussreichen unter ihnen sagten:71 „Wir werden gewiss
eine Gebetsstätte über ihnen bauen."72
64. Und als Wir sie auferweckten, machten Wir
die Menschen auf sie aufmerksam. (Al-Dschalalain)
Der Qur’an überspringt eine lange Zeitspanne, um
die nächste Szene aufzugreifen. Nun nehmen wir an, dass die Bewohner der Stadt
mu’min wurden, da sie die jungen Männer freudig aufnahmen, als sie von ihnen
erfuhren, dass sie vor sehr langer Zeit wegen des Islams die Flucht ergriffen hatten.
(Qutb)
So: auf diese Weise, mit diesen Mitteln, das heißt
durch die Aussendung eines der Schläfer mit dem alten Geld, um in der Stadt
einzukaufen. Seine altmodische Kleidung, seine Sprache und sein Auftreten sowie
das längst ungültig gewordene Geld erregte sofort die Neugier der Leute. Als
sie seine Geschichte erfuhren, erkannten sie, dass Allah, der Seine Diener so
schützen und nach so langer Zeit aus dem Schlaf erwecken kann, auch die Macht
hat, Tote aufzuerwecken, und dass Sein Versprechen der Güte und Barmherzigkeit
Seinen aufrichtigen Dienern gegenüber wahr ist und so auf treffende Weise
demonstriert wurde. Den Männern in der Höhle andererseits wurde deutlich, dass
Allah seine Situation ändern kann, bevor wir es bemerken, dass also unsere
Hoffnung auf Ihn nicht sinnlos ist, und dass selbst dann, wenn wir am Rande der
Verzweiflung stehen, eine Umwälzung in der Welt wirksam ist, bevor die Welt
selbst es erkennt. (Juusuf `Allii)
Das heißt durch die Legende, die sich um die Männer
in der Höhle entspannte, und besonders durch den allegorischen Gebrauch, den
der Qur’an davon macht. (Asad)
65. Nach der syrischen Überlieferung hatte der
Ladeninhaber den Verdacht, der junge Mann habe irgendwo einen alten Schatz
gefunden, und brachte ihn vor den Herrscher. Beim Verhör stellte sich heraus,
dass die Jünglinge vor Jahrhunderten Schutz in der Höhle gefunden hatten. Die
Nachricht von ihrem Schlaf und Wiedererwachen verbreitete sich schnell in der
Stadt, und eine große Menschenmenge machte sich sogleich auf den Weg zur Höhle.
Auf diese Weise erfuhren auch die anderen, wie lange sie in der Höhle
geschlafen hatten. Nachdem sie ihre Brüder im Islam begrüßt hatten, legten sie
sich erneut nieder und starben. (Maududi)
66. Der wunderbare lange Schlaf und ihr
Erwachen erinnert deutlich daran, wie die Toten zum Leben erweckt werden.
(Darjabadi)
67. Die Lehre, die wir aus der Geschichte der
Höhle ziehen können, ist, dass sie durch ein praktisches fühlbares Beispiel den
Beweis für die Auferstehung nach dem Tode erbringt. Nach der syrischen
Überlieferung gab es zu jener Zeit in Ephesus hitzige Debatten über die
Auferstehung und das Leben nach dem Tod. Obgleich das Volk unter dem Einfluss
des Römischen Reiches das Christentum angenommen hatte, waren noch Spuren von
altrömischem Götzendienst übrig geblieben, und auch die griechische Philosophie
hatte ihren Einfluss noch nicht verloren. Trotz des Islams gab es also
Menschen, die nicht an die Auferstehung den Iman verinnerlichten oder zumindest
skeptisch waren. Darüber hinaus leugnete die jüdische Sekte der Sadduzäer, die
einen großen Bevölkerungsanteil der Stadt stellte, offen die Auferstehung und
gegründete dies mit der Thora, während die Gelehrten
kein starkes Gegenargument anführen könnten. Der Schlaf der jungen Leute und
ihr Erwachen war ein Beweis. (Maududi)
68. Die Einwohner der Stadt. (Darjabadi)
69. Sobald der Mensch einen Schimmer von der
Wahrheit erhascht, fängt er an, darüber zu streiten. Die Schläfer konnten nicht
beurteilen, wie lange sie in der Höhle geblieben waren, aber sie ließen weise
die Sache auf sich beruhen und wandten sich den wichtigeren Dingen ihres Lebens
zu. Die Stadtbewohner konnten sich nicht über die Bedeutung des Ereignisses
einigen: sie fingen an, über unwesentliche Einzelheiten zu streiten. Welche Art
von Gedenkstätte sollten sie errichten? Ein Haus oder eine Gebetsstätte? Die
Gebetsstätte wurde schließlich gebaut. Aber die wahre Bedeutung der geistigen
Lektion ging verloren, bis sie im Qur’an erklärt wurde. (Juusuf `Allii)
Wörtlich: „Sie diskutierten ihren Fall (amrahum)
unter sich": ein Hinweis darauf, dass die Legende von den Männern in der
Höhle die Gedanken der Menschen lange Zeit beschäftigt hat, was zu vielen
Diskussionen und widersprüchlichen Interpretationen führte. Der nächste Satz
erklärt, warum Allah „die Aufmerksamkeit (der Menschen im Qur’an auf diese
Geschichte) gelenkt hat". (Asad)
70. Wörtlich: „über ihnen"; dies
erscheint sowohl hier als auch in der folgenden Bezugnahme auf eine
Gebetsstätte, deren Bau diejenigen vorschlugen, deren „Meinung schließlich die
Oberhand behielt". Meiner Ansicht nach bedeutet dies, dass sie das Gebäude
„zu ihrem Gedächtnis" errichten wollten. (Asad)
Die Rechtschaffenen wollten eine Mauer um den
Höhleneingang errichten, so dass die Schläfer in ihrem Zustand ungestört
verbleiben konnten, denn sie waren der Ansicht, dass Allah am besten weiß, was
es mit ihnen auf sicht hatte. (Maududi)
Mauert einfach den Höhleneingang zu und lasst sie
so wie sie sind. (ibn Kasir)
71. Dies waren die römischen Herrscher und
Priester, die den rechtschaffenen Menschen widersprachen. Zu jener Zeit war im
römischen Reich die Verehrung von Heiligen und deren Gräbern weit verbreitet.
Diejenigen, die „die Oberhand behielten", waren die einflussreichen Leute
in Kirche und Regierung. (Maududi)
72. Nach der Art der Juden und Christen, die
über den Gräbern ihrer Propheten und Heiligen Gebetsstätten bauten, ein
Beispiel, dem oft auch Muslime folgen, obwohl der Prophet Muchammad, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, diesen Brauch entschieden abgelehnt hat. (Qutb)
22. (Einige) werden sagen,73 es waren drei und der vierte von ihnen war
ihr Hund. (Andere) sagen, es waren fünf und der sechste war ihr Hund, wobei sie
nur Mutmaßungen anstellen. (Wieder andere) sagen: es waren sieben und der achte
war ihr Hund.74 Sprich: „Mein Herr
ist Derjenige, Der ihre Zahl am besten
kennt, und nur den wenigsten ist sie bekannt".75 Darum lass
dich auf keinen Disput darüber ein, außer mit einer eindeutigen Vorgabe.76
Und erkundige dich bei keinem von ihnen über sie.77
73. Das Futur der Form “sayjaquuluun“ weist
noch einmal auf den legendären Charakter der Geschichte an sich hin und
bedeutet, dass jede Spekulation über ihre Einzelheiten für ihre parabolische,
ethische Zielsetzung irrelevant ist. (Asad)
Einige von denjenigen, denen du diese Geschichte
erzählst. (Darjabadi)
74. Jahrhundertelang gab es Kontroversen über
die Anzahl der Schläfer: waren es drei oder fünf oder sieben? Man suchte
Antworten nicht aus tatsächlichem Wissen, sondern aus Vermutungen. Nach der
bekanntesten Version waren es sieben. Der Streitpunkt war völlig unwesentlich:
wirklich wichtig war die geistige Lektion. (Juusuf `Allii)
Während Allah die beiden ersten Aussagen mit den
Worten abschwächte, dass dies nur Vermutungen sind, hatte Er die dritte Aussage
nicht weiter kommentiert. Er hat sie vielmehr bestätigt mit den Worten „und ihr
achter war ihr Hund." (ibn Kasir)
75. Es ist über mehrere authentische Personen
überliefert, dass ibn Abbas gesagt hat: „Ich bin einer der wenigen, die Allah
ausgenommen hat. Ihre Anzahl war sieben." (ibn Kasir)
Wie wirkliche Bedeutung der Geschichte ist nur
wenigen bekannt. Die meisten Menschen debattieren über nutzlose Details, von
denen sie selbst kein tatsächliches Wissen haben. (Juusuf `Allii)
76. Unwesentliche Kontroversen sind ziel- und
sinnlos, dennoch werden sie seit undenklichen Zeiten von oberflächlichen
Menschen über religiöse Themen geführt. Wenn es sich um eine Angelegenheit
handelt, die wesentlich ist und auf Faktenwissen und Erfahrung beruht, sollen
wir sie offen verkünden, so dass die Welt Allahs Wahrheit erfahren kann.
(Juusuf `Allii)
Nicht anders als mit der wahren Wiedergabe
offenbarter Tatsachen. (Darjabadi)
Auf eine Weise, dass dadurch eine
selbstverständliche ethische Lehre aus der Geschichte gezogen werden kann.
(Asad)
77. Denn sie haben kein fundiertes Wissen
darüber. (ibn Kasir)
Geschichtenerzähler wissen sehr wenig von der
wahren Bedeutung der Geschichten und Parabeln. Im Qur’an liegt eine klare
Erläuterung vor. Wir brauchen nicht mehr auf Einzelheiten wie die Anzahl der
Schläfer oder die in der Höhle verbrachte Zeit einzugehen. (Juusuf `Allii)
Nur solche Menschen, die kein Interesse an der
Wahrheit, sondern an oberflächlichen Dingen haben, verschwenden Zeit und
Energie mit Spekulationen über Nebensächlichkeiten. Deswegen gebietet Allah
Seinem Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm: „Lass dich nicht
auf nutzlose, irrelevante Debatten über solche Dinge ein, auch wenn andere dich
hineinziehen wollen, sondern konzentriere dich stattdessen auf die wesentlichen
Punkte deiner Aufgabe." (Maududi)
Abschnitt 4
23. Und sage niemals über irgendetwas:
„Das werde ich bestimmt morgen tun,"78
78. So wie mit dem vorigen Ajach verboten
wurde, über Vergangenes sinnlose Spekulationen anzustellen, so wird hier eine
ähnliche Spekulation über zukünftige Ereignisse verboten, in die der Mensch
keine Einsicht haben kann. (Qutb)
24. Ohne hinzuzufügen: „So Allah
will."79 Und erinnere80 dich deines Herrn,81 wenn du es vergessen hast und sprich: „Möge
mich mein Herr immer näher zum richtigen Tun führen."82
79. Jede Bewegung, jeder Laut und jeder
Atemzug der Lebewesen ist von Allahs Willen abhängig. (Qutb)
Die Ajachs 23 und 24 sind eingeschoben. Wir sollten
uns niemals nur auf unsere eigenen Mittel und Möglichkeiten verlassen und
darüber Allah vergessen. Wenn wir dennoch vergessen, sollen wir zu Ihm
zurückkehren und Ihn in Erinnerung behalten, wie es die jungen Männer in der
Höhle taten. (Juusuf `Allii)
Nach Ansicht fast aller Kommentatoren sind diese
beiden eingeschobenen Ajachs in erster Linie an den Propheten Muchammed, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, gerichtet, der auf die Frage einiger kafir Quraisch
nach den wirklichen Ereignissen in Verbindung mit der Höhle gesagt haben soll:
„Ich werde eure Frage morgen beantworten." Daraufhin wurde ihm
vorübergehend als Zeichen des Tadels die Offenbarung Allahs vorenthalten.
Darüber hinaus drückt diese Ermahnung ein allgemeines Prinzip aus, das für alle
Mu’mins gilt. (Asad)
80. In allen Dingen und bei jeder neuen
Initiative. (Darjabadi)
81. Sobald du dich wieder erinnerst.
(Darjabadi)
82. Wenn du Auskunft brauchst über etwas dir
Unbekanntes, so frage Ihn danach und ersuche Seine Hilfe, das Richtige zu tun.
(ibn Kasir)
Ein geometrischer vollkommener Kreis ist ein Ideal.
Irgendein Kreis, den wir zeichnen, kann nicht so vollkommen sein, dass nicht
noch einer denkbar wäre, der dem idealen Kreis näher käme. Ähnlich besteht in
unserem Leben immer die Hoffnung, uns noch mehr Allah zu nähern. (Juusuf `Ali)
Dies bedeutet nicht, dass der Mensch nicht über
zukünftige Dinge nachdenken oder nicht planen soll, oder so einfach in den Tag
hinein lebt, ohne die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden. Es bedeutet
vielmehr, dass er bei seiner Planung berücksichtigen muss, dass es Verborgenes
für ihn gibt und einen Planer, Der dieses Verborgene ins Werk setzt. Wohl soll
er seine Entscheidungen treffen, aber er soll bei seinen Entscheidungen Allah
um Hilfe bitten und sich bewusst sein, dass „Allahs Hand über seiner Hand"
ist. So soll er nicht ausschließen, dass Allahs Plan anders verlaufen kann als
sein eigener. Erreicht er das, worum er sich bemüht hat, so war es auch Allahs
Wille. Wenn nicht, so ist er weder traurig darüber noch verzweifelt er, denn
alles liegt einzig und allein bei Allah. (Qutb)
25. Und sie83 verweilten in
der Höhle dreihundert Jahre und noch neun dazu.84
83. Nämlich die Schläfer in der Höhle.
(Darjabadi)
84. Dies scheint Kunde von Allah über die Zeit
ihres Verweilens in der Höhle, von ihrem Eintreten bis zu ihrer Entdeckung zu
sein, und nicht wie Qataada meint, dass dies die Aussage von Menschen sei. Die
Überlieferungskette der Aussagen Qataadas ist unterbrochen, während die erstere
von vielen Kommentar-Wissenschaftlern wie z.B. Mudschahid unterstützt wird.
(ibn Kasir)
Dieser Ajach sollte im Zusammenhang mit dem
nächsten Ajach gelesen werden. In der mündlichen Überlieferung entstanden im
Laufe der Zeit verschiedene Versionen von der Geschichte. In den schriftlichen
Quellen ist von 372 Jahren oder weniger die Rede. 300 Jahre des Sonnenkalenders
würden 309 Jahren des Mondkalenders entsprechen. Der nächste Ajach weist jedoch
darauf hin, dass dies alles nur Vermutungen sind. Die Anzahl der Jahre kennt
Allah allein. (Juusuf `Allii)
Dies schließt offensichtlich an die in Ajach 22
oben erwähnten „Vermutungen" an, die im nächsten Ajach mit den Worten
zurückgewiesen werden: „Mein Herr weiß am besten, wie lange sie dort
zubrachten", oder auch „Mein Herr weiß am besten, wie viele sie
waren" in Ajach 22. (Asad)
26. Sprich: „Allah weiß am besten, wie
lange sie verweilten. Denn Ihm gehört (das Wissen um) das Verborgene der Himmel
und Erde. Wie allsehend und allhörend ist Er.85 Sie86
haben außer Ihm keinen Beschützer, und an Seinen Entscheidungen lässt Er
niemanden
teilhaben.87
85. Dies ist die endgültige Entscheidung in
dieser Angelegenheit. Sie kommt von keinem Geringeren als vom Kenner der
Geheimnisse der Erde und des Himmels, dem Allsehenden, dem Allhörenden. Jeder
Disput und jeder Streit ist somit beendet. (Qutb)
86. Wer sind „sie" in diesem Satz? Es
kann sich um die Gefährten der Höhle handeln, denn sie stellten sich unter
Allahs Schutz und lehnten es ab, Ihm irgend etwas
beizugesellen. Es kann sich aber auch auf die Menschen allgemein beziehen, die
auf Abwege geraten und „Götzendiener" werden, indem sie Allah imaginäre
Partner zuschreiben. (Juusuf `Allii)
87. Wörtlich: bei Seinem Gebot, nämlich bei
Seiner Herrschaft über die Welt, oder bei Seinem Urteil am Tag des Gerichts.
(Juusuf `Allii)
Er hat es nicht nötig, jemanden daran zu
beteiligen. (Al-Dschalalain)
27. Und trage vor,88
was Dir vom Buch deines Herrn offenbart worden ist,89 Dessen Worte90
von niemandem verändert werden können.91 Und du wirst fürwahr außer
Ihm keine Zuflucht finden.
88. Nach der Erörterung der Geschichte von den
Schläfern in der Höhle beginnt hier eine Schilderung der Situation der Muslime
in Mekka zur Zeit der Offenbarung dieser Surach. (Maududi)
Im Anschluss an diese Geschichte wird der Prophet
Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
aufgefordert, sich an dem zu orientieren, was ihm von seinem Herrn
offenbart wurde. Denn ausschließlich darin steht die Wahrheit. (Qutb)
89. Deine Pflicht beschränkt sich auf diese
Verkündung. (Darjabadi)
90. Seine Worte: Seine Gebote, Entscheidungen,
Befehle. (Juusuf `Allii)
91. Keiner kann sie umändern, verdrehen oder
entfernen. (ibn Kasir)
Obwohl damit in erster Linie der Prophet Muchammad,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, angesprochen war, richtet sich die Warnung an
die Kafirs, dass sie nämlich nicht erwarten sollten, der Prophet Muchammed,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, könnte ihretwegen Veränderungen am
offenbarten Text vornehmen. Er wird keine Kompromisse eingehen, und sie müssen
seine Lehre entweder in ihrer Ganzheit akzeptieren oder die Folgen tragen. Dies
war eine Antwort auf die wiederholte Forderung der
Kafirs nach Kompromissen. Vergleiche auch beispielsweise Surach 10:15.
(Maududi)
28. Und fasse dich in Geduld mit denen,
die ihren Herrn morgens und abends anrufen im Trachten nach Seinem Angesicht,92
und wende deine Augen nicht von ihnen ab,93 um nach irdischen
Verlockungen zu trachten,94 und gehorche nicht dem, dessen Herz Wir
von Unserem Gedenken abgelenkt haben und der nur seinen Begierden folgt,95
so dass sein ganzes Tun verloren ist.96
92. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, sollte seine Zeit mit jenen verbringen, die von morgens bis
abends Allahs gedenken, Ihm lobpreisen und anrufen, egal ob diese Menschen arm
oder reich, stark oder schwach sind, denn alle sind Allahs Geschöpfe. (Ibn
Kasir)
Es wird berichtet der Anlass für die Offenbarung
dieses Ajachs seien Forderungen der adligen Quraischiten gewesen, die vom
Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verlangten, er solle die
armen Muslime verjagen, falls er Wert darauf lege, dass sie den Islam annähmen.
Oder aber er solle ihnen gesonderte Sitzungen einräumen. Die Antwort darauf ist
die, dass der Islam andere Werte und Maßstäbe setzt als die der Unwissenden.
Somit wird der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
aufgefordert, sich in Geduld zu fassen mit den Mu’mins, indem er den Umgang mit
ihnen pflegt und sie lehrt. Denn in ihnen steckt viel Gutes, und sie sind es,
die sich für Allahs Auftrag erhoben. (Qutb)
Vergleiche Surach 6:52 und die entsprechende
Fußnote. Allahs wahrhaftige Diener sind diejenigen, deren Herzen zu jeder Zeit
des Tages ihm zugewendet sind, und die keinen irdischen Gewinn anstreben,
sondern Allahs Gnade und Ihn selbst, Seine Anwesenheit und Nähe. Das
„Gesicht" ist das Symbol für die Persönlichkeit oder das Selbst. Selbst
wenn ihnen irdische Güter fehlen, ermöglicht ihre Gesellschaft weit mehr innere
und geistige Befriedigung als irdische Macht oder irdische Attraktionen.
(Juusuf `Allii)
93. In deinem Eifer, die Reichen und Mächtigen
zu gewinnen. (Darjabadi)
Übergehe sie nicht, das heißt tausche sie nicht
gegen die Reichen und Mächtigen. (ibn Kasir)
94. Deine Interessen sollten sich nicht auf
die angenehmen Lebensäußerungen richten, deren sich manche erfreuen. Denn sie
sind die Zier des Diesseits. Das Ziel jener jedoch, die Allahs Wohlgefallen
suchten, ist weit höher als dieser vergängliche Genuss. (Qutb)
Die Würde des Islam hängt nicht vom Reichtum und
Einfluss derer ab, die für ihn gewonnen werden, sondern von ihrer moralischen
und geistigen Größe. (Darjabadi)
Vergleiche auch Sure 6:52 und die entsprechende
Fußnote. (Asad)
29. Und sprich: „Die Wahrheit ist von eurem Herrn." So möge
wer will, (sie) annehmen und wer will, möge (sie) ablehnen.97 Doch
für die Ungerechten98 haben Wir ein Feuer bereitet, dessen Wände sie
gleich einem Zelt einschließen.99 Und wenn sie um Erleichterung flehen,
werden sie mit Wasser gleich geschmolzenem Metall getränkt,100
das die Gesichter röstet.101
Welch ein schlechter Trank und welch ein schlimmes Ruhebett!
95. Gehorche ihnen nicht, wenn sie
beispielsweise verlangen, dass du sie mehr als die Armen begünstigst. Würden
sie an Allah denken, dann würden sie ihren Hochmut zügeln und sich der
Gegenwart Allahs erinnern, vor dem alle Menschen gleich sind. Sie würden das
Band des Islams, der die Menschen miteinander verbindet, in sich spüren. (Qutb)
Infolge seiner Hartnäckigkeit. (Darjabadi)
Samachsari und Rasi übersetzen das Verb “arfalnaa“
- in Übereinstimmung mit der Lehre des Qur’ans - mit „den Wir als achtlos
vorgefunden haben". Vergleiche auch Surach 14:4 und die entsprechende
Fußnote. (Asad)
Wir lenkten sein Herz ab, als er nur von dem
Gedanken an sich, an sein Eigentum, an seine Nachkommen, an seine Vergnügungen
und Gelüste erfüllt war. In seinem Haus gab es keinen Raum mehr für Allah.
(Qutb)
96. Seine ganzen Bemühungen waren töricht,
unmäßig und eine Zeitverschwendung. (ibn Kasir)
Allahs Gnade sorgt sich um diejenigen, die von
Allahs Wegen abgeirrt sind, und versucht sie zur Rückkehr zu bewegen. Wenn ein
solcher Mensch sich jedoch weigert und seinen Gelüsten folgt, erreicht er
irgendwann einen Punkt, wo sein Fall hoffnungslos wird. Dann erreicht Allahs
Gnade ihn nicht, und er bleibt in seinem Stolz und seinem Übermut sich selbst
überlassen. Nimm dich in acht, dass du nicht einem
solchen Menschen folgst oder seine Freundschaft anstrebst. (Juusuf `Allii)
Jemand, der sich einem solchen Menschen anschließt
und ihm nachgibt, wird wahrscheinlich denselben Weg einschlagen und ihm in den
Irrtum folgen. (Maududi)
97. Da die Wahrheit nicht biegbar ist, sollte
man sie annehmen, wie sie ist. Wem sie so nicht gefällt, sollte gehen. Kein
Entgegenkommen sollte es im Glauben geben, denn der ist Allahs Eigentum und
nicht das des Menschen. (Qutb)
Unsere Entscheidungsfreiheit bringt ein
entsprechendes Maß an Verantwortung mit sich. Die Wahrheit wird uns angeboten
und immer wieder zu unserer Kenntnis gebracht. Wenn wir sie abweisen, müssen
wir alle die furchtbaren Folgen auf uns nehmen, die mit dem Höllenfeuer
dargestellt werden. Seine Flammen umgeben uns wie ein Zelt. (Juusuf `Allii)
Das Element der Rechtleitung und der Kontrollmöglichkeiten
für die Aktivitäten des Ego zeigt, dass das Ego eine
freie, persönliche Wirkmacht ist. Es hat seinen Anteil am Leben und an der
Freiheit des Letztendlichen Ego, das Seine eigene Willensfreiheit eingeschränkt
hat, indem Es ein begrenztes Ego mit der Fähigkeit zu eigener Initiative hat
entstehen lassen. (Darjabadi)
98. Rasi erklärt den Begriff “Saalimuun“
(wörtlich: „die Ungerechten") im obigen Zusammenhang folgendermaßen:
„diejenigen, die ungerecht gegen sich selbst sind, indem sie Allahs Wahrheit
zurückweisen." (Asad)
99. Sie umfasst sie
wie ein Armreif das Handgelenk. (Safwat Al-Tafaasir)
Wir haben es für sie bereitgestellt und werden es
in ihre Gegenwart bringen. Es ist ein Feuer, das wie ein Zelt die Ungerechten umschließt,
so dass es keinen Ausweg daraus gibt und keine Hoffnung auf Befreiung. (Qutb)
Der Ausdruck „suraadiq" bedeutet wörtlich
„Plane" oder „äußere Decke des Zeltes" und bezieht sich hier auf die
wogenden „Wände aus Rauch", die die Ungerechten einschließen. Diese
Symbolik soll die Ausweglosigkeit des Leidens im zukünftigen Leben betonen.
(Asad)
Nach einigen Kommentatoren ist der Satz im Futur zu
verstehen und bezieht sich auf die Höllenflammen in zukünftigen Leben. Wir sind
jedoch der Ansicht, dass seine Flammen bereits hier in dieser Welt die
Ungerechten umfasst haben, die sich von der Wahrheit entfernt haben, und dass
sie ihm nicht entkommen können. (Maududi)
100. Wenn sie bei der Hitze nach etwas
Trinkbarem lechzen. (Qutb)
Von unangenehmen Aussehen. (Darjabadi)
Das arabische Wort „muchl" hat verschiedene
Bedeutungen. Einige übersetzen es mit „öliger Belag", andere mit „Lava“
oder „geschmolzenes Metall" und wieder andere mit „Eiter und Blut".
(Maududi)
101. Mit seiner glühenden Hitze. (Darjabadi)
Wenn es ihnen nahe kommt. (Al-Dschalalain)
30. Diejenigen aber, die den Iman
verinnerlichen und gute Werke tun - Wir lassen führwahr den Lohn dessen nicht
verloren gehen, der recht handelt.102
102. Die Bezeichnung des Feuers als ein
Ruhelager am Ende des vorigen Ajachs ist als Ironie aufzufassen, denn sie
werden dort nicht eingewiesen, um es sich darin bequem zu machen. Vielmehr
dient dieser Ausdruck dem Vergleich mit dem Ruhelager der Mu’mins im Paradies
im nächsten Ajach. (Qutb)
Wie immer wieder betont wird, werden die
Rechtschaffenen weit über ihre Verdienste hinaus belohnt. Vergleich auch
beispielsweise Surach 28:84 und 30:39. Keine einzige ihrer guten Handlungen
bleibt unberücksichtigt, und Allahs Gnade wird ihre Fehler auslöschen. (Juusuf
`Allii)
31. Sie sind es, denen Gärten der Ewigkeit zuteil werden sollen,
durch die Ströme fließen. Darin werden sie mit Armreifen aus Gold geschmückt
sein103 und sie werden grüne Gewänder aus feiner Seide und schwerem
Brokat tragen.104 Behaglich werden sie dort auf Ehrensitzen lehnen.105
Welch eine Belohnung und welch ein schönes Ruhelager.106
103. Die Paradiesbewohner werden mit goldenen
Armreifen geschmückt wie die Könige in alter Zeit. Dies soll zeigen, dass sie
wie die Könige dieser Welt geehrt werden, während ein klafir und böser König
dort erniedrigt wird. (Maududi)
104. Das Paradies wird in Bildern von einem
angenehmen Leben geschildert, wie wir es uns in unserem gegenwärtigen Zustand
vorstellen können: Gärten, Quellen mit kristallklarem Wasser, die schönsten und
kostbarsten Schmuckstücke und Kleider. Die Farbe grün wird besonders erwähnt,
denn sie erfrischt das Auge und passt gut in den Garten. (Juusuf 'Allii)
105. Wie alle Schilderungen im Qur’an von
Geschehnissen im zukünftigen Leben ist die obige Bezugnahme auf den„
Schmuck" der Mu’mins mit Gold, Juwelen und Seide (vergleiche ähnliche
Abschnitte in Surach 22:23; 35:33 und 76:2 1) und die Ehrensitze (araa'ik), auf
denen sie sitzen, offensichtlich eine Allegorie. In diesem Fall ist es ein
Gleichnis von der Herrlichkeit, dem immer frischen Leben (symbolisiert durch
„gründe Gewänder") und die ruhmvolle Erfüllung, die sie als Ausgleich für
die vielen selbstlosen Handlungen, die sie aufgrund ihres Imans in ihrem
irdischen Leben getan haben, erlangen werden. Mit Bezug auf die Symbolik dieser
paradiesischen Freuden lenkt Rasi unsere Aufmerksamkeit auf die
unterschiedliche Konstruktion der beiden Teile dieses Satzes: der erste Teil
steht im Passiv („sie werden geschmückt") und der zweite im Aktiv („sie
tragen"). Seiner Ansicht nach bezieht sich das Aktiv auf das, was die
Rechtschaffenen durch ihre- Handlungen verdient haben, während das Passiv all
das bezeichnet, was ihnen über ihre Verdienste hinaus von Allah geschenkt wird.
(Asad)
106. Dieses Bild ist eine entgegengesetzten
Parallele zu dem Bild des Elends in Ajach 29 oben. (Juusuf `Allii)
Wer nun will, der soll den Iman verinnerlichen, und
wer will, soll den Iman ablehnen. Wer will, soll sich zu den armen Mu’mins
gesellen, selbst wenn ihre Gewänder nach Schweiß riechen sollten. Wem aber der
Geruch der Gewänder, die die durch Allahs Gedenken geläuterten Herzen umhüllen,
nicht gefällt, den hüllt das Feuer ein. (Qutb)
Abschnitt 5
32. Und führen ihnen das Gleichnis107
von zwei Männern an. Dem einen von ihnen gaben Wir zwei Rebengärten umsäumt von
Dattelpalmen, und zwischen beiden legten Wir Getreidefelder an;108
107. Um die völlige Wertlosigkeit eines vom
Islam getrennten diesseitigen Lebens zu veranschaulichen. (Darjabadi)
Zum Verständnis dieser Parabel sollten wir Surach
8:28 im Auge behalten, wo den arroganten mekkanischen Führern gesagt wird, dass
ihretwegen die armen Gefährten des Propheten Muchammad, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, nicht vernachlässigt werden. (Maududi)
Dieses Gleichnis sollte für die Mu`mins wie auch
für die Kafirs angeführt werden, für die Mu`mins, die den Morgen und den Abend
im Gedenken ihres Herrn verbringen, jedoch in Armut leben müssen ebenso wie für
die hochmütigen Kafirs, die mit Allahs Gnade in Wohlstand leben. (Safwat
Al-Bajaan)
108. Hier folgt ein einfaches Gleichnis, bei
dem es um den Gegensatz von zwei Menschen geht. Der eine war stolz auf sich
selbst und vergaß, dass alles, was er hatte, von Allah kam und eine Prüfung in
diesem Leben war. Der andere besaß nichts und vertraute auf Allah. Der irdische
Reichtum des ersten verging, so dass nichts übrig blieb. Der zweite war
letztendlich glücklicher. (Juusuf 'Allii)
Diese Parabel schließt an Ajach 7 dieser Surach an
und soll die Aussage veranschaulichen: „Alles Schöne und Gute auf der Erde ist
ein Mittel, durch das Allah die Menschen prüft". (Asad)
33. Jeder der beiden Gärten brachte
seine Früchte hervor, und es mangelte an nichts, und Wir ließen inmitten von beiden
einen Bach hervorsprudeln;109
109. Das Wasser floss darin umher. (ibn Kasir)
Das Wort „tasliim" (wörtlich: „unterdrückt,
ungerecht behandelt") wird hier im Sinne von „es mangelte" oder „er
hielt zurück" gebraucht. Damit wird ein Kontrast hergestellt zwischen dem
Garten, der frei und reichlich seine Früchte austeilte, und seinem Besitzer,
der ungerecht und undankbar war. (Qutb)
34. Und er brachte ihm (reichlich)
Früchte110 ein. Da sagte er während eines Streites zu seinem
Gefährten: „Ich bin reicher an Vermögen als du und mächtiger an
Gefolgschaft."111
110. „Tamar" bedeutet nicht nur
„Früchte", sondern auch „Eigentum" und „Reichtum", der sich
vermehrt, oder Reichtum verschiedener Art. (Darjabadi)
111. Die beiden Männer begannen einen Vergleich
miteinander. Der Arrogante war stolz auf sein Eigentum und seine große Familie
und Dienerschaft. In seiner Selbstzufriedenheit glaubte er, dies würde ihm
immer erhalten bleiben. Unrecht tat er auch, indem er auf seinen Gefährten
hinabblickte, der, wenn er auch arm war, doch der bessere der beiden war.
(Juusuf `Allii)
Dies ist das einzige Verlangen eines unmoralisch
Denkenden. (ibn Kasir)
35. Und er ging in seinen Garten112
und war (dabei) ungerecht gegen sich selbst113 und er sprach: „Ich
denke nicht, dass dies (alles) jemals vergehen wird,114
112. Zusammen mit seinem Gefährten, um ihn zu
quälen. (Darjabadi)
Er betrachtete seinen Garten als ein
selbstgemachtes „Paradies". Damit verhielt er sich wie jene gemeinen
Menschen, die, sobald sie Reichtum und Macht erlangt haben, dem Missverständnis
zum Opfer fallen, ihnen sei das Paradies schon in dieser Welt zuteil geworden,
und sie brauchten nichts anderes mehr. (Maududi)
113. Durch seine Eitelkeit und Undankbarkeit.
(Safwat Al-Tafaasir)
Er war so voll von Eitelkeit und Verblendung, dass
er nicht nur vergaß, Allah für Seine Gaben zu danken, sondern den Geber selbst.
Zudem dachte er, dass seine Gärten niemals vergehen könnten und leugnete von
Grund auf das Kommen des Jüngsten Gerichts. (Qutb)
Nicht sein Reichtum ruinierte ihn, sondern seine
Geisteshaltung. Nicht so sehr seinem Nachbarn gegenüber verhielt er sich
ungerecht, sondern sich selbst. In seiner Liebe zum Materiellen vergaß er das
Geistige oder vernachlässigte es absichtlich. Wie aus Ajach 37 hervorgeht, nahm
er seinen Gefährten mit in den Garten, um ihn mit seiner eigenen Wichtigkeit zu
beeindrucken, aber der Gefährte ließ sich dadurch nicht aus dem Gleichgewicht
bringen. (Juusuf `Allii)
114. Er begründet seine Ansicht mit den
unmittelbaren, materiellen Ursachen. (Darjabadi)
36. Noch glaube ich, dass die Stunde
(des Gerichts) je eintreten wird. Und selbst wenn ich zu meinen Herrn
zurückgebracht werde,115 werde ich dort
gewiss etwas Besseres als ihn im Tausch vor finden."116
115. Vor Allahs Gericht. (Asad)
„Selbst falls eine solche Möglichkeit der
Auferstehung besteht..." (Darjabadi)
116. Hier macht sich der gierige Geist des Materialisten bemerkbar. „Besser" bedeutet seiner
Ansicht nach mehr Reichtum und mehr Macht von derselben Art, wie er sie in
diesem Leben genossen hatte, während in Wirklichkeit selbst das, was er besaß,
auf einer unwirklichen Grundlage ruhte, vergänglich war und ihn selbst mit sich
herabziehen sollte. (Juusuf 'Allii)
„Mein Wohlstand ist ein deutlicher Beweis dafür,
dass Allah mich liebt." (Maududi)
In Ihrem Stolz bilden sich die Mächtigen und
Reichen dieser Welt ein, dass die Werte, die sie auf dieser vergänglichen Welt
einheimsten, für sie auch in der himmlischen Welt vorbehalten werden. (Qutb)
37. Da antwortete ihm sein Gefährte
tadelnd: „Willst du denn etwa Den leugnen,117
Der dich aus Staub118 erschaffen hat, dann aus einem Samentropfen,
um aus dir einen Mann119 werden zu lassen?
117. Sein armer Gefährte, der weder Reichtum
noch Diener oder Wächter besaß und weder einen Garten noch Früchte sein eigen
nannte, war jedoch mit etwas ausgezeichnet, das dauerhafter und wertvoller war,
nämlich mit seinem Iman. So erinnert er seinen Genossen an seine verächtliche
Herkunft aus Wasser und Schlamm und warnt ihn vor den Folgen seiner Eitelkeit
und Überheblichkeit. (Qutb)
118. Vergleiche Surach 3:59 und 23:12 sowie die
entsprechenden Fußnoten. (Asad)
119. Dies sind die drei Schöpfungsstadien des
Menschen: zuerst aus Staub und Erde, die selbst aus dem Nichts entstanden ist
und die physische Grundlage seines Körpers bildet; dann aus dem Produkt der
Erde, das sich im Körper seiner Eltern gebildet hat, dem Samentropfen (und der
empfangsbereiten Zelle); nachdem die verschiedenen Elemente miteinander auf
angemessene Weise miteinander verbunden sind und ihm die Seele eingehaucht
wurde, ist der Mensch fertig. Vergleiche Surach 87:2 und 15:28-29. (Juusuf
'Allii)
Ist es nicht Kufr, dann noch die Auferstehung zu
leugnen? (Darjabadi)
Iman ist nicht darauf beschränkt, dass man Allahs
Existenz leugnet, sondern äußert sich auch in Arroganz, Eitelkeit und Leugnung
des zukünftigen Lebens. Wenn der betreffende Mensch auch mit Worten Allahs
Existenz bestätigte, so wirft ihm sein Nachbar doch Kufr vor, denn jemand, der
seinen Reichtum und ähnliche Dinge für Früchte seiner eigenen Fähigkeiten hält
und nicht Allahs Gnadengeschenke darin erkennt, und der glaubt, sie seien
beständig und niemand könne sie ihm wegnehmen und er sei niemandem dafür
Rechenschaft schuldig, dessen Bekenntnis ist nur ein Lippenbekenntnis, während
er in Wirklichkeit kafir ist. Er bestätigt Allah zwar als ein Wesen, nicht aber
als seinen Herrn. (Maududi)
Kufr bedeute nicht nur Unglaube, sondern auch
Undankbarkeit. (Anm. d. Übers.)
38. Ich aber (bekenne) mich120
zu Allah, meinem Herrn, und ich stelle meinem Herrn nichts anderes zur Seite.121
120. Ich aber sage nicht das gleiche wie du,
sondern bekenne mich zu dem Einzigen Gott. (ibn Kasir)
Was jedoch mich anbetrifft. (Darjabadi)
121. Wörtlich: „Ich werde nicht jemanden (oder
etwas) meinem Herrn an die Seite stellen", das heißt: ich kann für
Reichtum oder Armut keine andere Ursache als Ihn sehen. (Asad)
So diene ich niemandem außer Ihm. (ibn Kasir)
39. Und warum122 hast du
nicht, als du in deinen Garten gingst, gesagt: Es ist Allahs Wille? Es gibt
keine Macht außer bei Allah!123 Wenn du
mich heute ärmer an Vermögen und Kindern siehst als dich,124
122. Der
Partikel “lau-la“ („wenn nicht gewesen wäre" oder „wäre nicht") wird
manchmal synonym zu “hal-la“ benutzt und kann deswegen mit „warum nicht"
oder ähnlich übersetzt werden. In diesem Falle würde aber weder die wörtliche
Übersetzung noch die Frageform den Sinn genau wiedergeben. Dieser wird erst
dann deutlich, wenn wir daran denken, dass “lau-la“ außer seiner Grundbedeutung
auch einer der Partikel ist, die Beharrlichkeit zum Ausdruck bringen. Wenn ihm
ein Verb im Futur folgt, wird dadurch eine dringende Ermahnung ausgedrückt,
folgt ihm aber ein Verb in der Vergangenheit, wie es oben der Fall ist, dann bedeutet
es einen Tadel für etwas, das nicht getan worden ist, obgleich es hätte getan
werden sollen. Dies ist auf Deutsch schwierig wiederzugeben. (Asad)
123. Wenn wir in der Lage sind, etwas zu tun,
dann nur mit Allahs Hilfe. (Maududi)
124. Das Argument des Gefährten unterteilt sich
in fünf Teile:
1. er erhebt Einspruch gegen den Arroganten, der
Allah leugnete;
2. aus seiner eigenen geistigen Erfahrung heraus
bekennt er, dass Allah Einer ist, und dass Er gut ist;
3. er weist ihn auf eine bessere Art hin, Allahs
Gaben zu genießen, nämlich in Dankbarkeit Ihm gegenüber;
4. er bringt Zufriedenheit mit Allahs Handeln ihm
gegenüber zum Ausdruck; und
5. er warnt vor der Vergänglichkeit irdischer Güter
und Allahs sicherer Strafe für unangebrachten Stolz.
(Juusuf `Allii)
40. So mag es sein, dass mein Herr mir
etwas Besseres gibt125 als deinen Garten, auf ihn126 aber
ein Strafgericht vom Himmel herabsendet und er zu feinem Sand wird,127
125. Entweder in diesem Leben oder im
zukünftigen. (Darjabadi)
126. Auf Deinen Garten, um dessentwegen du so
hochmütig geworden bis. (Darjabadi)
127. Kahl und unbewachsen. (Qutb)
Wörtlich: eine Abrechnung, das heißt eine
Wasserflut, die die Bäume des Gartens fällt und die Pflanzungen vernichtet.
(Qutb)
Oder irgendein anderes unvorhersehbares Unheil.
(Darjabadi)
41. Oder dass sein Wasser in den Boden
versickert und du es nicht mehr ausfindig machen kannst."128
128. Mit „der Abrechnung" im vorigen Ajach
ist auch ganz allgemein ein Strafgericht Allahs gemeint, und meiner Ansicht
nach kann auch ein Erdbeben gemeint sein, denn es verändert Wasserläufe und
zerstört Kanäle, lässt das Wasser versickern und wirft Sand und Gestein auf, so
dass weite Landstriche verwüstet werden. (Juusuf `Allii)
42. Und seine Früchte wurden (der
Vernichtung) preisgegeben,129 und es blieb
ihm (nichts als) seine Hände zu ringen130 über das, was er dafür
ausgegeben hatte und was nun ganz und gar verwüstet dalag. Und er sagte: „Wehe
mir, hätte ich doch meinem Herrn nichts anderes an die Seite gestellt!"131
129. Alles wurde völlig zerstört, nachdem er
die Ermahnungen und Warnungen seiner mu’min Gefährten in den Wind geschlagen
hatte.
Plötzlich geht der Text vom Anblick des Wachstums
und der Blüte über zum Anblick des Ruins und der Verwüstung, vom Zustand der
Eitelkeit und der Überheblichkeit zum Zustand der Reue und der Bitte um
Vergebung. Denn das, was der mu’min Mann befürchtete, wurde bittere Realität.
(Qutb)
130. In völliger Verzweiflung. (Darjabadi)
„Früchte", „preisgegeben" und „er rang
die Hände": alle diese Ausdrücke müssen sowohl metaphorisch als auch
wörtlich verstanden werden. All sein Eigentum und seine Zufriedenheit waren
dahin. Was hatte er nicht alles investiert! Alle seine Gedanken waren damit
erfüllt gewesen, alle seine Hoffnungen war darauf
aufgebaut, es war die alles verschlingende Leidenschaft seines Lebens gewesen.
Hätte er nur auf Allah geschaut statt auf die vergänglichen Dinge dieser Welt!
(Juusuf `Allii)
131. In diesem Falle stellten sein eigenes Ich
und der Mammon Rivalen Allahs für ihn dar. (Juusuf `Allii)
Obwohl er das Wort der Götzendienerei nicht direkt
aussprach, hatte er jedoch die irdischen Werte über die des Islams gestellt.
(Qutb)
43. Und er hatte keine Anhängerschar,132
die ihm anstelle von Allah hätte helfen können, noch konnte er sich selbst
helfen.133
132. Das heißt: „er hatte keine Sippschaft oder
Nachkommenschaft mehr, mit der er sich zu brüsten pflegte".
(ibn Kasir)
133. Wirkliche Freundschaft und Hilfe findet
der Mensch nur bei Allah. Es gibt keine Macht und keine Hilfe außer Seiner, und
Sein Lohn ist der beste Lohn. (Qutb)
Er hatte Beziehungen aufgebaut und Leute von sich
abhängig gemacht und war stolz auf seine zahlreiche Nachkommenschaft. Wo aber
war all dies, als die Abrechnung kam? Er konnte sich nicht selbst helfen, und
wie konnte er dann erwarten, dass andere ihm beistanden? (Juusuf `Allii)
44. Denn es gibt da keinen anderen
Beistand außer den von Allah, dem Wahren. Er ist der
Beste (was die) Belohnung (angeht) und der Beste (im Hinblick auf den) Ausgang.134
134. Manche Kommentatoren sind der Ansicht,
dass das Attribut „Al-Haq" sich auf den Beistand bezieht, dann würde es
hier heißen: „und es gibt kein wahren Beistand außer bei Allah." (ibn
Kasir)
Er ist der beste Ausgang für den, der Beistand bei
Ihm sucht. (Al-Dschalalain)
Alles andere ist sinnlos und nur Zeitverschwendung.
Die einzige wahre Hoffnung liegt bei Allah. Andere Gewinne oder Erfolge sind
illusorisch: der beste Gewinn und der beste Erfolg kommt von Ihm. (Juusuf
`Allii)
Mit diesen Worten sollen sowohl arme Mu’mins
getröstet als auch arrogante Kafirs getadelt werden. (Darjabadi)
Abschnitt 6
45. Und präge für sie das Gleichnis des
diesseitigen Lebens.135 Es ist wie Wasser, das Wir vom Himmel
herabsenden und das die Pflanzen der Erde aufnehmen. Doch bald darauf wird
(alles) zu Spreu, die die Winde verwehen. Und es ist Allah, Der Macht hat über
alle Dinge.136
135. Für ihre Vergänglichkeit. (ibn Kasir)
Mit diesem Hinweis auf seinen vergänglichen Luxus.
(Darjabadi)
136. Regenwasser an sich ist gut, aber es ist
nicht dauerhaft, und man kann darauf kein festes Fundament aufbauen. Schnell
wird es von der Erde absorbiert und bringt die blühende Erscheinung von
Pflanzen hervor - eine zeitlang. Bald welken diese dahin und werden zu
trockener Spreu, die der schwächste Wind umherweht wie ein Nichts. Das Wasser
ist fort und auch die Vegetation, der es vorübergehend ein luxuriöses Auftreten
ermöglicht hatte. Ebenso ist es mit dem Leben in dieser Welt im Gegensatz zum
inneren und wirklichen Leben, das nach dem zukünftigen Leben schaut. Allah ist
die einzige dauerhafte Macht, an der wir uns orientieren können, erhaben über
alles andere. (Juusuf `Allii)
Vergleiche auch das biblische Gleichnis in Psalm
90:5-6: „Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, sie sind wie ein Schlaf,
wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst, das am Morgen blüht und sprosst und
des Abends welkt und verdorrt." (Darjabadi)
Allahist allmächtig. Er gibt Leben und Tod, Er verursacht
Aufstieg und Niedergang. Auf Sein Gebot hin wechseln die Jahreszeiten. Wenn ihr
heute im Wohlstand lebt, solltet ihr nicht dem Irrtum anheim fallen, dies könne
ewig dauern. Auf Allahs Geheiß sind euch die Dinge gegeben worden, und durch
einen weiteren Befehl kann Er sie euch wieder wegnehmen. (Maududi)
Der ganze Ablauf des diesseitigen Lebens wurde mit
Absicht in diesen drei aneinander gereihten kurzen Sätzen dargestellt, um zu
illustrieren, wie kurz und unbedeutend es ist. (Qutb)
Man könnte diesen Satz auch so formulieren: „Und
dem Können Allahs sind keine Grenzen gesetzt."
(An. d. Übers.)
46. Gut und Kinder sind die Zier des
diesseitigen Lebens.137 Doch bleibende gute Werke138 sind
es, die bessere Belohnung bei deinem Herrn erfahren und (Anlass) zur schönsten
Hoffnung geben.139
137. Das an sich schon vergänglich ist.
(Darjabadi)
138. „Al-baaijaat as-saalihaat" bedeutet
wörtlich: „Handlungen des Gehorsams, oder gute Werke, deren Früchte dauerhaft
sind". (Darjabadi)
Nachdem der Text das vergängliche Leben
eindrucksvoll illustriert hat, setzt er den Werten, nach denen die Menschen
gewöhnlich streben, die anderen Werte gegenüber, die fortdauernd sind und die
es verdienen angestrebt zu werden. Gut und Kinder sind eine Zier, sind aber
keine Werte, an denen die Menschen gemessen werden. Die Wahren Werte haben nur
bleibende Werke, aufrichtige Lehren und ’Ibadach. (Qutb)
139. Die Grundlage der Hoffnung auf noch
größeren Lohn, weit über unsere Verdienste hinaus. (Darjabadi)
Andere Dinge sind vergänglich, aber gute Handlungen
sind vor Gott von bleibendem Wert:
1. durch Allahs Gnade gehen sie von uns aus und
sind an sich schon ein Lohn für unseren Iman;
2. sie werden zur Grundlage für unsere Hoffnung auf
den höchsten geistigen Lohn im zukünftigen Leben.
(Juusuf `Allii)
47. Und an dem Tage, an dem Wir die
Berge in Bewegung versetzen,140 wirst du die Erde eingeebnet
hervorkommen sehen,141 und Wir werden sie alle142
versammeln, und niemanden werden wir auslassen.143
140. Sie zerfallen zu Geröll. (Darjabadi)
So werden sie angetrieben wie die Wolken, die in
der Luft schweben. (Safwat Al-Tafaasir)
Wenn die Erdumdrehung aufhört, bewegen sich die
Berge wie Wolken. Dasselbe ist im Qur’an in Surach 27:88 beschrieben. (Maududi)
141. Am Jüngsten Tag bleibt nichts von den
jetzigen Landschaftsmerkmalen bestehen. (Juusuf 'Allii)
Völlig entblößt von allen Erhöhungen. (Darjabadi)
Keine Vegetation und keinerlei Gebäude bleiben
darauf zurück. (Maududi)
142. Mu’mins und Kafirs. (Al-Dschalalain)
143. Vom ersten bis zum letzten Menschen werden
alle, die jemals gelebt haben, am Tag der Auferstehung versammelt. (Maududi)
48. Und in einer Reihe werden sie
deinem Herrn vorgeführt: „Nun seid ihr wahrlich144 zu Uns gekommen,
so wie Wir euch beim ersten Mal erschaffen haben.145 Ihr aber habt
geglaubt, dass Wir euch keine Frist setzen würden.146
144. Er spricht zu denen, die zu Lebzeiten die
Auferstehung geleugnet haben. (Asad)
145. Vergleiche Surach 6:94. (Asad)
Im Hadis heißt es: „Die ganze Menschheit, vom
ersten bis zum letzten, werden in Reihen auf einer Ebene
zusammengeschart." Und von Muqaatil überliefert: „Sie werden in einer
Reihe nach der anderen vorgeführt, wobei jede Gemeinde jeweils in einer Reihe aufgestellt
wird." (Safwat al Tafasir)
Einzeln, barfuss und nackt und isoliert. (Safwat
Al-Tafaasir)
Wir werden so dastehen, wie wir erschaffen sind,
ohne die zufälligen Besitztümer, die wir in diesem Leben gesammelt haben mögen,
denn diese sind dann vergangen. (Juusuf `Allii)
Nun seht ihr, dass sich die Botschaft des Propheten
Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als wahr erwiesen hat. Sie haben
euch mitgeteilt, dass Allah euch wieder zum Leben erwecken wird, so wie Er euch
aus dem Mutterleib hervorgebracht hat aber ihr habt es nicht glauben wollen.
Nun seht selbst, ob ihr nicht doch ein zweitesmal zum Leben erweckt worden
seid. (Maududi)
146. Erst jetzt werden die Skeptiker von der
Wirklichkeit überzeugt sein, der sie gegenüberstehen. (Juusuf `Allii)
Ihr habe die ganze Zeit bestritten, dass euch dies
widerfahren würde. (ibn Kasir)
49. Und das Buch wird offen gelegt
werden,147 und ihr werdet die Übeltäter in
Sorge sehen wegen dessen, was darin ist.148 Und sie werden sagen:
„Wehe uns! Was ist mit diesem Buch, das weder Kleines noch Großes ausließ, ohne
es vermerkt zu haben? Und sie werden dort all das gegenwärtig finden, was sie
getan haben, und dein Herr tut niemandem unrecht.149
147. Das Buch der Taten, in dem alle Handlungen
aufgezeichnet sind. (Darjabadi)
In die Hand jedes einzelnen Menschen. (Darjabadi)
148. Sie fürchten die Konsequenzen der
aufgezählten Taten. (Qutb)
149. Die Übertäter hatten die ganze Zeit über
gewusst, dass Satan ihr Feind ist. Dennoch sind sie ihm gefolgt, bis er sie in
diese kritische Lage gebracht hat. Wie merkwürdig ist es, jemandem zu folgen,
der seit Anbeginn der Schöpfung (siehe nächster Ajach) als ihr Erzfeind gilt?
(Qutb)
Die Menschen werden für alle ihre Handlungen in
diesem Leben persönlich zur Rechenschaft gezogen. Dies geschieht in
vollkommener Gerechtigkeit. In den Vorstellungen dieser Welt ausgedrückt: es
kommt zu einer genauen Berichterstattung über alles, was wir in diesem Leben
getan haben; der Bericht wird uns vorgelegt, so dass er uns überzeugt. Da es ein
vollkommener Bericht ohne Auslassungen oder Fehleintragungen ist, überzeugt er
vollkommen. Strafe ist die Folge der eigenen Handlungen, sie wird nicht
ungerecht zugeteilt. (Juusuf `Allii)
Weder werden ungerechte Handlungen registriert, die
gar nicht begangen wurden, noch wird jemand für mehr bestraft als das, was er
verdient hat, noch werden Unschuldige bestraft. (Maududi)
Abschnitt 7
50. Und (gedenke der Zeit) als Wir den Engeln
befahlen:150 „Werft euch vor Adam nieder!"151 Da
warfen sie sich (alle vor ihm) nieder bis auf Iblis.152 Er gehörte
zu den Dschin153 und er lehnte sich gegen das Gebot seines Herrn
auf. Wollt ihr euch ihn und seine Anhänger154 zu Beschützern nehmen
an Meiner Stelle, obwohl sie euch Feinde sind?155
Schlecht ist der Tausch der Ungerechten!156
150. Vergleiche Surach 2:34, wo die Geschichte
von Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Sündenfall erzählt wird. Dies wird
hier erwähnt, um die individuelle Verantwortlichkeit des Menschen zu betonen.
Iblis ist euer Feind, und ihr kennt seine Geschichte. Wollt ihr ihm trotzdem
folgen, statt eurem Allbarmherzigen Schöpfer und Herrn zu gehorchen? Das wäre
ein schlechter Tausch. (Juusuf `Allii)
Diese kurze Bezugnahme auf eine im Qur’an oft
erwähnte Geschichte soll in diesem Zusammenhang die angeborene Fähigkeit des
Menschen zum begrifflichen Denken und die damit verbundene Pflicht betonen,
zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Da eine absichtliche Entscheidung
des Menschen für moralisch falsches Verhalten - von der im vorigen Abschnitt die
Rede ist - fast immer die Folge seiner übertriebenen Bindung an die
Verlockungen des irdischen Lebens ist, wird hier die Aufmerksamkeit auf die
Tatsache gelenkt, dass diese Bindung das Mittel ist, durch das Satan (oder
Iblis) den Menschen veranlasst, moralische Erwägungen außer acht zu lassen und
sich selbst geistig zu ruinieren. (Asad)
151. Als Zeichen der Ehrung und der Begrüßung.
(ibn Kasir)
152. Vergleiche Surach 2:34 und die
entsprechende Fußnote. (Darjabadi)
153. Vergleiche Surach 6:100 und die
entsprechende Fußnote. (Juusuf `Allii)
Damit ist gesagt, dass Satan nicht etwa ein
„gefallener Engel" ist, wie es der Mythos oft darstellt. Dschin sind aus
Feuer erschaffen, nicht aus Licht wie die Engel, und können sich wie Menschen
frei für Gut oder Böse entscheiden. (Darjabadi)
Er war eines der dort anwesenden unsichtbaren
Wesen. (Asad)
154. Iblis ist der Vater der (sinn denn er hat
Nachkommen, was an anderen Stellen erwähnt wird. Engel aber haben keine
Nachfahren. (Al-Dschalalain)
Eigentlich Satans Nachkommen: diese Bezeichnung
brauchen wir nicht wörtlich zu verstehen. Alle seine Anhänger sind seine
Nachkommen, selbst die bösen Gedanken, die im Menschen durch Satans Einfluss
geboren werden. (Juusuf `Allii)
155. Die immer nur Böses für euch wünschen. (Darjabadi)
Diese Anspielung auf jene uralte Geschichte soll
die Sinnlosigkeit verdeutliche, Satan trotz der uralten Feindschaft statt Gott
zum Freund auszuwählen. Dies äußert sich, indem man die Mittel zum Ungehorsam
wählt und die des Gehorsames gegenüber Gott meidet.
(Qutb)
156. Welch eine entsetzliche Entscheidung, wenn
der Mensch mittels seiner begrenzten Wahlfreiheit Böses statt Gutes, Satan
statt Gott wählt! Dies wäre wirklich ein übler Tausch! Denn der Mensch ist
Allahs Geschöpf, von Ihm beschützt und versorgt. Er würde dann seinen
Beschützer und Erhalter verlassen, um der Sklave seines Feindes zu werden.
(Juusuf `Allii)
51. Ich habe sie157 weder
der Schöpfung der Himmel und der Erde,158 noch ihrer eigenen
Schöpfung bewohnen lassen159 und Ich würde auch niemals solche zum Reistand
nehmen, die (andere) irre führen.160
157. Scheytan und seine Schar. (Darjabadi)
158. Sie sind Geschöpfe wie andere Geschöpfe
auch und haben keinen Einblick in das Verborgene. (Qutb)
159. Das heißt: „Da sie erschaffene Wesen und
nicht gleich mit Mir sind, wie könnt ihr sie da zu euren Herren Machen?"
Eine Anspielung auf reale oder imaginäre Wesen, denen Menschen bewusst oder
(wie durch Befolgung satanischer „Einflüsterungen") unbewusst göttliche
Eigenschaften zuschreiben. (Asad)
Den Ungläubigen soll damit deutlich gemacht werden,
dass die Satane kein Anrecht auf ihren Gehorsam und ihre Verehrung haben, denn
sie haben keinen Anteil an der Schöpfung, sondern sind selbst Geschöpfe. Allah
allein ist der Verehrung würdig. (Maududi)
160. Die Irreführer sind die Satane.
(Al-Dschalalain)
Allah will, dass der Mensch gut ist. Wie könnte Er
sich dann das Böse zum Partner erwählen? (Juusuf `Allii)
161. Zu den Götzendienern. (Darjabadi)
Am Tage des Jüngsten Gerichts vor aller Welt. (ibn
Kasir)
52. Am Tage, da Er sprechen wird:161
„Ruft doch Meine “Teilhaber“, diejenigen, von denen ihr behauptet, dass es sie
gebe!"162 Dann werden sie sie rufen, doch sie werden nicht
hören, und Wir werden zwischen ihnen einen Abgrund der Verdammnis163
auftun.164
162. Ruft diejenigen um Schutz an, die ihr für
Meine Partner hieltet und deren Hilfe und Unterstützung ihr erwartet!
(Darjabadi) In dieser Situation helfen keine unbewiesenen Behauptungen. (Qutb)
Vergleiche auch Surach 6:22 und die entsprechende
Fußnote. (Asad)
Dieses Thema ist schon an verschiedenen Stellen im
Qur’an behandelt worden. Es wird immer wieder betont, dass Götzendienst darin
besteht, Allahs Gebote und Rechtleitung zu verlassen und den Geboten und der
Führung anderer als Allah zu folgen, selbst wenn man ein Lippenbekenntnis zur
Einheit Allahs ablegt. Wir sehen nicht selten in dieser Welt, dass Menschen die
satanischen Kräfte sogar verfluchen, ihnen aber dennoch gehorchen. (Maududi)
163. Nämlich zwischen die Götzendiener und ihre
„Gottheit".- (Darjabadi)
Das Personalpronomen „ihnen" (baynahum)
bezieht sich auf den Gläubigen und den Kafirs, wie Abdullah Ibn `Umar sagt,
denn Allah wird mit dem Ort des Verderbens die Rechtgeleiteten von den
Irregeführten trennen.
(ibn Kasir)
164. So dass die Götzendiener vollends an
ihrer. „Gottheiten" verzweifeln. (Darjabadi)
„Eine unüberbrückbare Kluft" oder „eine Kluft
der Vernichtung": eine Anspielung auf die weite Kluft der Unwirklichkeit,
die jene Götzendiener von den gotteslästerlichen Produkten ihrer Phantasie
trennt, oder auch die Kluft, die sie von jenen heiligen Menschen trennt, die
sie verehrt haben, obwohl letztere niemals den Anspruch auf göttlichen Status
erhoben haben. Samachsari und Rasi sehen letztere Interpretationsmöglichkeit
besonders auf Isa und Marjam, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. (Asad)
Ihre Freundschaft in dieser Welt wird sich im
zukünftigen Leben in bittere Feindschaft verwandeln. (Maududi)
53. Und die Sünder werden das Feuer
sehen und gewiss sein, dass sie hineinfallen werden, und sie werden kein
Entrinnen daraus finden.165
165. Vergleiche auch Ajach 29 und die
entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)
Da es sie umzingeln wird. (Safwat Al-Tafaasir)
Abschnitt 8
54. Und Wir haben wahrlich in diesem
Qur’an für die Menschen (die Dinge) durch alle (möglichen) Gleichnisse166
dargelegt. Doch der Mensch bestreitet die meisten Dinge.167
166. Matal (wörtlich: „Gleichnis",
„Beispiel") bedeutet in diesem Zusammenhang „Lektion". Vergleich auch
Surach 17:89 und die entsprechende Fußnote. (Asad)
Um sich ermahnen zu lassen. (Al Dschalalain)
167. Mit Ausnahme derer, die Allah rechtleitet.
(ibn Kasir)
Er ist das einzige unter den Geschöpfen Allahs, das
streitsüchtig ist. (Qutb)
Wenn sich die Menschen nicht die Gewohnheit
angeeignet hätten, zu streiten und sich zu sperren, dann hätten sie
herausgefunden, dass die Beispiele und Parabeln in den heiligen Schriften eine
vollkommene Lösung für ihre Probleme bieten, und sie wären freudig Allahs Ruf
gefolgt. (Juusuf `Allii)
55. Und was die Menschen davon abhielt
den Iman zu verinnerlichen, als die Rechtleitung zu ihnen kam, und ihren Herrn
um Verzeihung zu bitten, war nichts anderes, als dass sie wollten, es werde mit
ihnen ebenso verfahren wie mit den früheren Völkern168 oder dass die
Strafe sichtbar über sie komme.169
168. Die Hartnäckigkeit und Widerspenstigkeit
des Menschen fordert immer wieder eine Wiederholung dessen heraus, was den
Bösen und denen, die die Wahrheit leugneten in alten Zeiten geschehen ist. Aus
Neugier oder als Herausforderung spielen sie mit der Möglichkeit eines
Strafgerichts und verlangen, dass es sofort über sie hereinbricht. Es kommt
jedoch noch früh genug, und dann erscheint es ihnen als zu plötzlich.
Vergleiche auch Surach 13:6 und die entsprechende Fußnote. (Juusuf `Allii)
Sie haben genügend Rechtleitung bekommen, um dem
rechten Weg folgen zu können. Doch sie verlangen ständig, von der gleichen
Strafe getroffen zu werden wie die Leugner vor ihnen. Dies tun sie, weil sie
die Strafe für unwahrscheinlich halten oder um darüber zu spotten. Oder aber
sie wollen die Strafe zuerst sehen, bevor sie bereit sind den
Iman zu verinnerlichen. (Qutb)
Die Strafe in dieser Welt. (Darjabadi)
169. Wörtlich: „von Angesicht zu
Angesicht" oder „in der Zukunft". Beide Behauptungen des Begriffes
“qubulanu“ sind in der Vorstellung vom „zukünftigen Leben" enthalten.
(Asad)
Der Qur’an hat keine Möglichkeit ausgelassen, die
Wahrheit zu erklären. Argumente, Parabeln, Gleichnisse und alle möglichen
effektiven Methoden, das Herz des Menschen anzurühren, wurden auf die
bestmögliche Weise angewendet. Wenn er die Wahrheit immer noch nicht annehmen
will, dann kann nur Allahs Zorn ihm seinen Irrtum verdeutlichen. (Maududi)
56. Und Wir entsenden die Gesandten nur
als Verkünder der frohen Botschaft170 und als Warner. Jene jedoch,
die kafir sind, argumentieren mit Lüge, um die Wahrheit zu untergraben,171
und sie nehmen Meine Zeichen und das, wovor sie gewarnt worden sind, um Spott
zu treiben.
170. Die Leugner zu bestrafen ist nicht Sache
der Propheten. Sie sollen nur frohe Botschaft verkünden und warnen. Vernichtung
eines Volkes entsprechend den dafür vorgesehenen Gesetzmäßigkeiten ist Allahs
Sache. (Qutb)
Gesandte Allahs sind nicht gekommen, um uns mit
Dialektik zu amüsieren oder vulgäre Neugier auf Wunder oder Ungewöhnliches zu
befriedigen. Es gibt nichts „Krummes" (vergleiche oben Ajach 1) in ihrer
Verkündigung. Sie verkünden die Wahrheit, nicht auf abstrakte Weise, sondern
mit besonderem Bezug auf unser Verhalten. Sie bringen frohe Botschaft vom Heil,
damit wir nicht an unseren Fehlern verzweifeln, und sie warnen uns vor den
Gefahren des Bösen. Nutzlose Kontroversen über Worte stören nur die Erfüllung
ihres Auftrages oder machen ihn lächerlich. Dies käme gerade den Kafirs
gelegen, die eine an sie gerichtete ernste Ermahnung ins Lächerliche ziehen
wollen. (Juusuf 'Allii)
Die Botschaft der Propheten ist nach ihrem Inhalt
zu beurteilen, und ihr Wahrheitsgehalt hängt nicht von Äußerlichkeiten wie
Wundern oder einem Strafgericht Allahs in dieser Welt ab. (Darjabadi)
Ein Prophet soll nicht Allahs Strafgericht über die
Menschen bringen, sondern sie lehren, es zu vermeiden. (Maududi)
171. Die Wahrheit ist deutlich und klar, aber
die Kafirs streiten, als ob sie durch Lüge die
Wahrheit entkräften könnten. (Qutb)
57. Und wer ist ungerechter als der,
der auf die Zeichen seines Herrn aufmerksam gemacht wird und sich dann davon
abwendet und das vergisst, was seine Hände vorausgeschickt haben?172
Wir haben wahrlich eine Hülle über ihre Herzen gebreitet, so dass sie ihn173
nicht begreifen, und Taubheit in ihre Ohren gelegt. Und so werden sie, wenn du
sie zur Rechtleitung aufrufst,174 niemals
den rechten Weg finden.
172. In Anbetracht der Macht des Bösen, wie es
die Herzen der Menschen ergreift, und in Anbetracht all des Unrechts, das
Menschen getan haben, wäre es der Gipfel der Ungerechtigkeit und der Dummheit,
sich von Warnungen abzuwenden, die ausdrücklich zu ihrem Nutzen ausgesprochen
werden. Aber irgendwann ist ein Stadium der Verhärtung erreicht, wo sie sich
durch ihr eigenes Verhalten der Gnade Allahs unzugänglich gemacht haben. Dann
legt sich ein Schleier über ihre Herzen, und sie werden eine zeitlang sich
selbst überlassen, damit sie vielleicht zu sich selbst kommen und umkehren und
Allahs Barmherzigkeit suchen. Wenn sie dies nicht tun, dann zu ihrem eigenen
Nachteil. Siehe auch den nächsten Ajach. (Juusuf `Allii)
Seine Fehler und Übeltaten. (Darjabadi)
Indem er auf seinem ungerechten Verhalten beharrte.
(Asad)
173. Die Wahrheit, den Qur’an. (Darjabadi)
Von jemandem, der sich über Allahs Zeichen und
Seine Ermahnungen lustig macht, kann man nicht mehr erhoffen, dass er den
Qur’an begreift oder aus ihm Lehren zieht. Deswegen verhüllt Allah ihre Herzen
und lässt Schwerhörigkeit auf ihren Ohren lasten, so dass sie den Qur’an weder
begreifen noch hören können. (Qutb)
174. „Auf den rechten Weg" oder wörtlich „zur
Rechtleitung". (Asad)
58. Und dein Herr ist der
Allverzeihende,175 voll von Barmherzigkeit.176
Wenn Er sie hätte strafen wollen nach ihrem Verdienst, hätte Er gewiss die
Strafe für sie beschleunigt.177 Doch ihnen ist eine Frist gesetzt,
vor der178 sie keine Zuflucht finden werden.
175. Er vergibt ihnen selbst dann noch, wenn
sie nur sich Ihm hingeben, und Er gewährt ihnen eine Bedenkzeit in diesem
Leben. (Darjabadi)
176. Er gewährt ihnen Zeit, so dass sie bereuen
und sich bessern können. (Asad)
177. Er gewährt ihnen Aufschub, vergisst sie
jedoch nicht. (Qutb)
178. “Min duunihi" (wörtlich: “außer
welchem" oder “jenseits dessen") kann sich auf die „unbestimmte
Zeit" oder auf „euer Herr" am Anfang dieses Ajachs beziehen. Die
meisten Kommentatoren neigen zu ersterer Interpretation, und dementsprechend
habe ich übersetzt. Ich schließe mich aber der Ansicht derer an, die letztere
Interpretationsmöglichkeit vertreten, und die meiner Ansicht nach bessere
Übersetzung würde dann lauten: „Sie haben ihre bestimmte Frist, und sie finden
außer Allah keine Zuflucht". Das bedeutet, dass selbst während der ihnen
zugestandenen Frist, wo sie sich selbst überlassen sind, weil sie Allahs Gnade
zurückgewiesen haben, ihnen Allahs Barmherzigkeit offentsteht, wenn sie bereuen
und umkehren. Aber nichts außer Allahs Barmherzigkeit kann sie retten. (Juusuf
`Allii)
Vergleiche auch die ähnlichen Abschnitte in Surach
16:61 und 35:45. Die „Zeitbegrenzung" (mau'id) bedeutet in diesem
Zusammenhang das Ende des irdischen Lebens oder - wie im nächsten Ajach - den
Punkt, an dem keine Umkehr mehr möglich ist. (Asad)
59. Dies waren die Städte,179
die Wir zugrunde richteten, als sie unrecht taten,180 und für ihre
Vernichtung setzten Wir eine bestimmte Frist.181
179. Deren Einwohner in vergangenen Zeiten für
ihre Ungerechtigkeit exemplarisch bestraft wurden. (Darjabadi)
180. Wörtlich: „als (oder nachdem) sie Böses
getan hatten", das heißt ständig über einen langen Zeitraum hinweg. (Asad)
Gemeint sind die untergegangenen Städte von Sabaa,
Tamud, Madjan und Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk, an denen die Quraisch auf ihren
Handelsreisen vorbeikamen und die den Arabern gut bekannt waren. (Maududi)
181. Allahs Gesetzmäßigkeiten (Sunnach Allah)
erfahren keine Veränderungen, und Allah bricht Sein Versprechen nicht. (Qutb)
Ebenso haben heutige
Kafirs eine festgesetzte Frist. (Darjabadi)
Die Fälle exemplarischer Bestrafung in vergangenen
Zeiten unterstanden auch der Regel, dass Allah den Bösen Spielraum gibt, so
dass sie vielleicht umkehren und Seine Barmherzigkeit erlangen. (Juusuf `Allii)
Abschnitt 9
60. Und (gedenke der Zeit)182 als Muusa183
zu seinem Diener184 sprach: „Ich werde nicht ablassen,185 ehe ich nicht den Zusammenfluss der beiden
Meere erreicht habe,186 auch wenn es eine Ewigkeit dauern
sollte."187
182. Dies ist die dritte Geschichte in dieser
Surach. (Safwat Al-Tafaasir)
Der Partikel „id" (der gewöhnlich „als"
bedeutet) dient im Qur’an oft dazu, die Aufmerksamkeit auf eine plötzliche
Wendung im Thema zu lenken, ohne dabei den kontinuierlichen Gedankenfluss zu
unterbrechen. In diesem Fall kennzeichnet er offensichtlich eine Verbindung mit
Ajach 54 oben und leitet eine Allegorie ein, die die Tatsache veranschaulichen
soll, dass Wissen, besonders geistiges Wissen, unerschöpflich ist, so dass kein
Mensch, nicht einmal ein Prophet, den Anspruch erheben kann, eine Antwort auf
alle Fragen zu besitzen, die einen Menschen in seinem Leben beschäftigen. In
den letzten beiden Ajachs dieser Surach wird dieser Gedanke weiter ausgeführt.
Die folgende Parabel von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner
Suche nach Wissen (Ajachs 60-82) wurde im Laufe der Zeit zum Kern zahlloser
Legenden, mit denen wir uns hier nicht befassen wollen. Nach einer
Überlieferung wurde Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einst dafür von
Allah getadelt, dass er sich einmal als den weisesten Menschen bezeichnete. In
einer Offenbarung wurde ihm daraufhin mitgeteilt, dass ein „Diener
Allahs", der „am Zusammenfluss der beiden Meere" lebe, ihm an
Weisheit weit überlegen sei. Als eben Wunsch äußerte, diesen Mann zu finden,
gebot ihm Allah, „einen Fisch in einem Korb mitzunehmen" und zu wandern,
bis dieser Fisch verschwinden werde. Sein Verschwinden sollte dann das Zeichen
sein, dass er am Ziel angelangt wäre. Diese Überlieferung ist zweifellos eine
Einführung in die Parabel des Qur’ans. Der dort wie auch hier erwähnte
„Fisch" ist ein uraltes religiöses Symbol, das möglicherweise das Wissen
Allahs ist oder ewiges Leben bedeutet. Zum „Zusammenfluss der beiden
Meere", ~en viele der frühen Kommentatoren geographisch zu identifizieren
versuchten (vom Zusammentreffen des Roten Meeres mit dem Indischen Ozean am Bab
Al-Mandeb bis zum Zusammenfluss des Mittelmeeres und des Atlantik an der Straße
von Gibraltar), bietet Baydaawi eine rein allegorische Erklärung: die „beiden
Meere" repräsentieren die beiden Quellen der Ströme des Wissens - durch
Beobachtung und intellektuelle Koordination äußerer Phänomene erreichbares
(`Ilm As-Sahir) und durch intuitive, mystische Einsicht erlangtes Wissen (`Ilm
Al-Baatin), dessen Zusammentreffen das Ziel von Suche ist. (Asad)
183. Diese Geschichte aus dem Leben des
Propheten Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird im Qur’an nur an dieser
Stelle erwähnt. Weder wird der Ort genannt, wo es geschah - abgesehen von der
Bezeichnung „Zusammenfluss der beiden Meere" - noch die historischen
Begleitumstände. Auch nähere Einzelheiten über den „Diener Allahs", dem
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, begegnete, werden nicht erwähnt, wie
etwa sein Name, oder ob er ein Prophet, ein Weiser oder ein Freund Allahs war.
Diese Angaben sind auf verschiedene Weise überliefert worden, beispielsweise
bei ibn 'Abbaas und anderen. Wir wollen uns hier in erster Linie an den Text
des Qur’an halten. (Qutb)
Diese Episode aus der Geschichte Muusas, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, soll vier Punkte veranschaulichen:
1. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hatte
das gesamte Wissen Ägyptens studiert. Dies umfasste jedoch nicht alles, so wie
auch die gesamte heutige Gelehrsamkeit mit ihren Wissenschaften, Künsten und
der Literatur, nicht alles Wissen umfasst. das Wissen Allahs ist unbegrenzt.
Selbst nachdem Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, im Propheten berufen
worden war, war sein Wissen nicht so vollkommen, dass es nicht noch weiterer
Zusätze bedurft hätte.
2. Ständige Bemühungen sind notwendig, um unser
Wissen auf dem neusten Stand zu halten. Wir sehen, wie Muusa, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, sich in dieser Richtung Mühe gibt.
3. Der geheimnisvolle Mensch, dem Muusa, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, begegnet und dem die Überlieferung den Namen Hidr
(wörtlich: „grün") gibt, ist das Symbol für jene Art von Wissen, das immer
frisch, grün und lebendig ist, stets in Verbindung mit dem tatsächlichen
gelebten Leben, nicht in Büchern und Überlieferungen zementiert. Letztere Art
des Wissens hat seinen Nutzen, ist jedoch nur die Grundlage für erstere, die
wirkliches Wissen ist und direkt von Allah kommt (vergleiche Ajach 65 unten).
4. Im Leben gibt es viele Widersprüche. Scheinbarer
Verlust mag in Wirklichkeit ein Gewinn sein, scheinbare Grausamkeit erweist
sich vielleicht als Barmherzigkeit, Böses mit Gutem zu vergelten ist vielleicht
in Wirklichkeit Gerechtigkeit und nicht Freigiebigkeit. Allahs Wissen
übersteigt jede menschliche Berechnung. (Juusuf `Allii)
184. Wörtlich: „junger Mann" (fataa), ein
Begriff, der im frühen arabischen Sprachgebrauch unabhängig vom Alter auf einen
Diener angewendet wurde. Nach der Tradition handelt es sich hier um Juusch’a,
der nach Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Tod der Führer der Kinder
Israels werden sollte. (Asad)
Er hieß Juusch'a ibn Nuun. Er diente Muusa, Allahs
Segen und Frieden auf ihm, folgte ihm und war sein Schüler. (Al-Dschalalain)
Vergleiche Numeri 11:28. Hebräische Diener nahmen
an den Festen und Familienereignissen teil. (Darjabadi)
185. Ich werde immer weiterreisen. (Darjabadi)
186. Wo jener Diener Allahs zu finden ist.
(Darjabadi)
Wenn irgendeine geographische Bestimmung für eine
Geschichte notwendig sein sollte, die eine Parabel ist, dann ist der
wahrscheinlichste Ort das Zusammentreffen der beiden Arme des Rote Meeres,
nämlich des Golfes von Suez und des Golfes von Aqaba. Sie umschließen die
Sinai-Halbinsel, auf der Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und die
Kinder Israels die Jahre ihrer Wanderschaft verbrachten. Bei den beiden Meeren
kann es sich auch um die beiden großen Ströme des Wissens handeln, die in h und
Hidr zusammentreffen sollten.
(Juusuf `Allii)
187. „Huqub" bedeutet eine endlos lange
Zeitspanne. Manchmal wird sie auf 30 Jahre begrenzt. (Juusuf `Allii)
Die Orientalisten haben wie üblich versucht, die
„Quellen" dieser Geschichte zu „erforschen". Ihrer Ansicht nach kann
sie auf drei Hauptquellen zurückgeführt werden:
1. das Gilgamesch-Epos;
2. den Alexander-Roman und
3. die jüdische Legende von Elia und Rabbi Joshua
ben Levi.
Diese Theorien sind jedoch an den Haaren
herbeigezogen und unhaltbar. (Maududi)
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
"wollte unbedingt ein bestimmtes Ziel erreichen, wie viel Zeit es ihn auch
kosten würde. Ob mit „huqub" ein Jahr oder 80 Jahre gemeint sind - wichtig
ist seine Entschlossenheit und nicht der Zeitraum. (Qutb)
61. Doch als sie ihren Zusammenfluss188
erreichten, vergaßen sie ihren Fisch,189 der seinen Weg zum Meer
nahm und davonschwamm.190
188. Das heißt der Punkt, an dem sich die
beiden Meere vereinigten. (Juusuf `Allii)
189. Sie schliefen an dieser Stelle, als der
gesalzene Fisch von einigen Wasserspritzern des Meeres zum Zappeln gebracht
wurde, so dass er aus dem Korb fiel, in dem Juuschu’a ihn getragen hat. Der
Diener wachte auf und sah, wie der Fisch seinen Weg ins Meer nahm. Dag,
Vergessen wird hier beiden angelastet, obwohl Josua derjenige war, der
vergessen hatte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, darüber zu berichten.
(ibn Kasir)
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte
einen Diener Allahs finden, der ihn in solchem Wissen unterweisen sollte, wie
er es noch nicht erworben hatte. Er sollte einen Fisch mitnehmen. Den Ort, wo
er seinen geheimnisvollen Lehrer treffen sollte, würde er daran erkennen, dass
dieser Fisch dort verschwand. (Juusuf `Allii)
190. Möglicherweise war dieser Fisch gebraten.
Dass er wieder lebendig wurde und seinen Weg ins Meer fand, war ein Zeichen
Allahs für Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, woran er den Ort erkennen
konnte, an dem das Treffen stattfinden würde. (Qutb)
„Sarab" bedeutet wörtlich „Spur,
Eingrabung". Das heißt: Die Spur, die er im Wasser hinterließ.
62. Und als sie (diesen Ort) hinter
sich gelassen hatten,191 sagte er zu seinem
Diener: „Bringe uns unser Mittagsmahl, denn wir haben wahrlich auf unserer
Reise viel Mühe erlitten."192
191. Den Platz an dem sie den Fisch vergaßen.
(ibn Kasir)
192. Als sie den Zusammenfluss der beiden Meere
erreicht hatten, vergaß Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Fisch, und
sein Begleiter vergaß ihm mitzuteilen dass er gesehen hatte, wie dieser auf
wunderbare Weise ins Meer gelangte. Sie gingen weiter, aber das Wandern fiel
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, immer schwerer, und er wurde immer
erschöpfter. Wenn ähnlicherweise unser altes Wissen erschöpft ist und wir an
die Schwelle neuen Wissens gelangen, dann haben wir ein Gefühl des Fremdseins, der
Schwere und der Schwierigkeit, besonders wenn wir eine neue Erkenntnis
übergehen und sie uns nicht zu eigen machen wollen. Eine Erfrischung ist
notwendig, auch wenn sie unserer althergebrachten Verhaltensweise entspricht.
Dann jedoch müssen wir umkehren und die anerkannte Fundgrube des Wissens
suchen, -die wir angestrebt hatten. Dies herauszufinden ist unsere Aufgabe, die
wir nicht ohne Mühe erfüllen können. (Juusuf `Allii)
63. Da sagte er: „Sieh nur!193 Als wir uns dem Felsen begaben, da habe ich den
Fisch ganz vergessen. Doch niemand anderer als Scheytan ließ mich vergessen,194 darauf zu achten. Und er nahm seinen Weg zum
Meer auf wundersame Weise."
193. Wörtlich: „Hast du gesehen?" Obwohl
sie als Frage formuliert ist, ist diese Redewendung - wie auch ihr modernes
Äquivalent „Ist das denn zu fassen?" - nicht mehr als eine plötzliche
Erinnerung an oder Überraschung über ein ungewöhnliches Ereignis. (Asad)
194. Der Begleiter sah mit eigenen Augen den
Fisch im Meer davonschwimmen, dennoch „vergaß" er, dies seinem Herrn
mitzuteilen. Bei diesem „Vergessen" handelt es sich um mehr als Vergessen.
Die Trägheit hatte ihn daran gehindert, diese wichtig
Nachricht weiterzugeben. Trägheit ist in solchen Fällen fast ebenso schlimm wie
aktiver Trotz, der Impuls Scheytans. Neues Wissen und geistiges Wissen wird
also nicht nur durch Unwissenheit versäumt, sondern manchmal durch schuldhafte
Nachlässigkeit. (Juusuf `Allii)
64. (Muusa) sagte: „Das war gerade, was
wir wollten."195 So kehrten sie ihren Fußspuren folgend dorthin
zurück.
195. Das Verschwinden des Fisches zeigte den
Ort an, wo ihre Suche enden sollte. (Asad)
Dieses Treffen war scheinbar ein Geheimnis zwischen
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinem Herrn. So weihte er seinen
Diener in dieses Geheimnis erst ein, als es stattfand. (Qutb)
65. Und so fanden sie einen Unserer
Diener,196 dem Wir Barmherzigkeit von Uns verliehen hatten197
und den Wir in unserem Wissen unterwiesen hatten.198
196. Ibn K'ab erzählte, dass er Allahs
Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sprechen hörte: „Eines Tages, als
seine Predigt in seinem Volk hielt, wurde er gefragt, wer der gelehrteste
Mensch sei. Und Muusa antwortet: „Ich bin es". Daraufhin wurde er von
Allah getadelt, dass er sein Wissen nicht auf Allah zurückgeführt hat. Und Er
offenbarte ihm, dass Er einen Diener habe, der wissender sei als er." (Ibn
Kasir)
Es war Hidr, wie übereinstimmend die authentischen
Hadis erzählen. (Ibn Kasir)
„Einen Unserer Diener": sein Name wird im
Qur’an nicht genannt, aber der Überlieferung nach heißt er Hidr. Eine Reihe von
malerischen Volkserzählungen ranken sich um seine
Person, mit denen wir uns aber hier nicht befassen wollen. Hidr bedeutet
„grün": sein Wissen ist stets frisch und grün und stammt aus den Quellen
des Lebens selbst, denn es kommt von Allah. Er ist ein geheimnisvolles Wesen,
das sorgfältig gesucht werden muss. Er kennt die Geheimnisse der Widersprüche
im Leben, die gewöhnliche Menschen nicht begreifen oder falsch verstehen, wie
wir im weiteren Verlauf der Geschichte sehen werden. (Juusuf `Allii)
Es gibt keinen Grund anzunehmen, er sei identisch
mit Elias, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wie es unter Einfluss jüdisch
Überlieferungen oft geschehen ist. Diese Vermutung ist nicht nur deswegen
falsch, weil sie der Erklärung es Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
widerspricht, sondern auch schon deswegen absurd, weil der Prophet Elias
mehrere hundert Jahre nach Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden,
geboren wurde. (Maududi)
197. Die meisten Gelehrten sind der Ansicht,
dass Hidr ein Prophet oder ein Freund Allahs war. (Qutb)
198. Hidr hat zwei besondere Gaben von Allah:
1. Barmherzigkeit aus Seiner eigenen Gegenwart; und
2. Wissen aus Seiner Gegenwart. Ersteres befreite
ihn von den gewöhnlichen Umständen des täglichen Lebens eines Menschen, und
letzteres ermöglichte ihm, den inneren Sinn und die Geheimnisse der Ereignisse
zu deuten, wie wir im weiteren Verlauf der Geschichte sehen werden. Vom
mystischen Standpunkt aus ist darüber viel geschrieben worden. (Juusuf `Allii)
Dieses besondere Wissen unterschied sich von der
Kenntnis der Wahrheiten Allahs, wie sie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, mitgeteilt worden waren, war diesem jedoch nicht überlegen. (Darjabadi)
66. Da sagte zu ihm: „Darf ich dir folgen, auf dass du mich einiges von dem
lehrst, was dir an Wissen zuteil wurde über das rechte Tun?"199
199. Ohne den vollen Sinn seiner Bitte zu
verstehen, spricht Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diese einfache
Frage aus. Er möchte etwas von jenem besonderen Wissen erfahren, das Allah Hidr
mitgeteilt hat.
(Juusuf `Allii)
67. Er antwortete: „Wahrlich, du wirst
es niemals bei mir aushalten.200
200. Ich verfüge über Wissen, das mir von Allah
verliehen wurde und von dem du keine Kenntnis hast, wie auch du von Dingen
weißt, von denen ich keine Ahnungen habe. (ibn Kasir)
Hidr lächelt verständnisvoll und sagt, es wird
vieles geben, das Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bei ihm sieht und
nicht völlig versteht und worüber er ungeduldig werden wird. Höchstes geistiges
Wissen erscheint oft den Menschen paradox, wenn sie keinen Schlüssel dazu
haben. (Juusuf `Allii)
Das Wissen dieses Mannes war nicht menschliches
Wissen, das man auf normale Weise erlangt, sondern ein Wissen, das von Allah
durch mystische Intuition unmittelbar verliehen wurde. Deswegen sollte es für
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, schwierig werden, Geduld zu zeigen
angesichts des Verhaltens dieses Mannes, obwohl er ein Prophet und Gesandter
Allahs war. Da dieses Verhalten dem Anschein nach der rationalen Logik
widerspricht, muss man zuerst die verborgene Weisheit kennen, die dahinter
steckt, sonst bleibt es einem unverständlich. (Qutb)
68. Und wie könntest du auch Geduld
zeigen gegenüber etwas, dessen Sinn du nicht begreifst?"201
201. Oder: worüber du keine umfassende Kunde
besitzt. (Anm. d. Übers.)
Hidr macht Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
seiner Unzulänglichkeit wegen keine Vorwürfe. Jeder
von uns kann nur seiner eigenen unvollkommenen Einsicht folgen und nach bestem
Wissen urteilen. Wenn wir Iman haben, werden wir vor manchem falschen Schritt
bewahrt. (Juusuf `Allii)
Über mysteriöse Ereignisse, die ihm sicherlich als
Allahs Gesetz widersprüchlich erscheinen. (Darjabadi)
Wörtlich: „was du nicht mit (deiner) Erfahrung
(hubran) erfasst": nach Rasi eine Anspielung darauf, dass nicht einmal ein
Prophet wie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die innere Wirklichkeit
der Dinge vollkommen begreifen kann, oder allgemeiner gefasst: auf die
mangelnde Gleichmut des Menschen, wenn er mit etwas konfrontiert wird, was er
nie zuvor erlebt hat oder nicht unmittelbar begreifen kann. Schein und
Wirklichkeit entsprechen einander nicht immer; darüber hinaus berührt die
Geschichte auf feine Weise die grundlegende Wahrheit, dass der Mensch nicht
wirklich etwas begreifen oder auch nur sich vorstellen kann, was keine
Entsprechung - zumindest in seinen Bestandteilen - in seiner eigenen
intellektuellen Erfahrung hat. Darin liegt der Grund dafür, dass der Qur’an in
Bezug auf alles, was der Wahrnehmung der Geschöpfe unzugänglich ist (Al-Rayb),
Gebrauch von Gleichnissen und Allegorien macht. (Asad)
69. Da sagte Muusa: „Du wirst mich,
wenn Allah will, gewiss geduldig finden, und ich werde mich dir nicht
widersetzen in dem, was du gebietest."202
202. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,
hat Iman. Er nimmt die wahrhaftige Haltung des Lernenden dem Lehrer gegenüber
an und verspricht, ihm in allen Dingen zu gehorchen - mit Allahs Hilfe. Der
Lehrer zweifelt, erlaubt ihm jedoch, ihm zu folgen, unter der Bedingung, dass
er über nichts Fragen stellt, bis der Lehrer selbst anfängt, davon zu sprechen.
(Juusuf `Allii)
70. Er sagte: „Wenn du mir folgst, dann
befrage mich über nichts, bevor ich nicht (selbst) zu dir darüber
spreche."203
203. Er verleiht seinen Worten mehr Nachdruck
und nennt Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Bedingung, bevor sie
aufbrechen. (Qutb)
Abschnitt 10
71. So zogen sie los,204
bis sie ein Schiff bestiegen, in das er ein Loch schlug. Da sagte Muusa: „Hast
du ein Loch hineingeschlagen, damit du seine Besitzer ertrinken lässt? Du hast
führwahr etwas Schlimmes getan!"205
204. Muusa,
Allahs Segen und Frieden auf ihm, und sein Lehrer. (Darjabadi)
Nachdem sich Muusa, Allahs Segen und Frieden auf
ihm, mit der Bedingung einverstanden erklärt hatte.
(Al-Dschalalain)
205. Der äußere Eindruck ist der, dass die Tat
des Dieners Allahs das Schiff und ihre Passagiere in Gefahr bringt. Vor Empörung
darüber vergisst Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Vereinbarung.
Denn nur in der Theorie akzeptiert der Mensch Dinge, die in der Praxis mit
seinen Vorstellungen kollidieren. So ergeht es auch Muusa, Allahs Segen und
Frieden auf ihm, der sich mit etwas, das er nicht kennt, einverstanden erklärt.
Und als es darauf ankommt, hält er die Prüfung nicht durch, denn die Theorie
hat einen anderen Geschmack als die praktische Erfahrung. (Qutb)
Nachdem sie auch noch unentgeltlich die beiden
mitnahmen. (Safwat Al-Tafaasir)
72. Da antwortete er: „Habe ich nicht
gesagt, dass du nicht in der Lage sein wirst, Geduld mit mir zu haben?"206
206. Geduldig und sanft weist der Diener Allahs
Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf ihre gegenseitige Vereinbarung
hin, und dieser bedauert seine Vergesslichkeit. (Qutb)
73. Muusa sagte: „Mache mir nicht zum Vorwurf, dass ich
vergesslich gewesen bin und mute mir nicht zuviel zu bei meiner Aufgabe."207
207. Stelle mich nicht für ein Versagen meines
Gedächtnisses zur Rede. (Darjabadi)
Das heißt, versage mir nicht die Erleuchtung, die
mir durch deine Belehrung zuteil werden kann.
(Anm. d. Übers.)
74. So zogen sie (weiter),208
bis sie einen Jüngling trafen, den er erschlug.209 Da sagte: „Hast
du einen Unschuldigen erschlagen,210 der
selbst niemanden getötet hat?211 Da hat du wahrlich etwas
Entsetzliches getan!"
208. Der Diener Allahs akzeptiert die
Entschuldigung, und die beiden wandern weiter. (Qutb)
Nachdem sie das Schiff verließen. (Al-Dschalalain)
209. Der noch nicht ganz erwachsen war.
(Darjabadi)
Die Erklärung folgt unten in Ajach 80-81. (Juusuf
`Allii)
210. Denn da er noch nicht erwachsen war, hätte
er nicht einmal zur Vergeltung getötet werden dürfen. (Darjabadi)
211. Das macht die Tat noch furchtbarer.
(Darjabadi)
Wenn bei der Versenkung eines Schiffes nur die
Möglichkeit bestanden hatte, dass Menschen dabei ertranken in, so war dies hier
vorsätzlicher Mord an einem Menschen, nicht nur der Versuch. Dies war so
furchtbar, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, keine Geduld bewahren
konnte. In diesem Fall war es weder Vergesslichkeit noch Unachtsamkeit, sondern
absichtliche Missbilligung. (Qutb)