Von Suura 7 "Die Höhen" Aja 88 bis Suura 8 "Die Beute" Aja 40

 

 88. Die Anführer seines Volkes, die hochmütig waren, sagten: "Wir werden dich, O Schu'aib, und die, die mit dir den Imaan verinnerlicht haben, gewiss aus unserer Stadt vertreiben,253 oder aber ihr254 kehrt zu unserem Bekenntnis zurück."255 Da sagte er: "Und selbst wenn uns dies widerwärtig ist?

253. Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sanfte, überzeugende Argumente stießen auf harte Herzen. "Werft ihn mitsamt seinen Anhängern hinaus!" Wenn Höflichkeit und Bitte um Toleranz gegen eifernde Borniertheit stehen, dann bleibt kein Platz für Logik. Aber Borniertheit und Unaufrichtigkeit haben ihre eigenen Methoden, Toleranz vorzugeben. Man sagt: ,,O doch, wir sind tolerant und ge­duldig. Aber wir setzen uns für unser Land und unsere Religion ein. Kehrt zum Weg unserer Vorfahren zurück, dann werden wir euch großmütig verzeihen!" "Weg unserer Vorfahren" -das bedeutet Unterdrückung, Ungerechtigkeit, Hochmut gegenüber Armen und Schwachen, Betrügereien unter dem Deckmantel der Religion, und so weiter. Die Rechtschaffenen waren wahrscheinlich die Armen und die Schwachen. Ist wohl ein solcher "Weg" gut für sie? Vielleicht beinhaltet die Aufforderung sowohl einen Bestechungsversuch als auch eine Drohung: "Wenn du zurückkehrst und ein Auge zudrückst, werden wir dir von unserem Wohlstand ein paar Brocken abgeben. Wenn nicht, dann bist du unten durch!" (Juusuf 'Allii)

254. Du und sie. (Darjabaadi)

255. Dies bedeutet nicht, dass Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  jemals ihrer Religion gefolgt ist, denn ein Prophet kann niemals zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens ein Götzendiener sein. Als er anfing, seine Landsleute zum Islam aufzurufen, wurde er jedoch von ihnen für einen Menschen gehalten, der aus ihrer Sicht von der Religion abgefallen ist. (Darjabaadi)

Der Imaan kennt weder Zögern noch Zaudern. Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  blieb bei einem Punkt stehen, bei dem er keinen Schritt rückwärts machen konnte. Dieser Punkt war ein friedliches Zusammenleben mit seinem Volk, mit der Bedingung, jeden das denken zu lassen, was er will. Doch ein Verkünder Allahs darf sich nicht angesichts von Drohungen von seinem Standpunkt abbringen lassen, sonst wäre das ein Verrat an dem Recht, das er repräsentiert! So blieb er standfest und wählte die Austreibung, anstatt ihr Angebot anzunehmen. Er wandte sich an Allah, seine Zuflucht und sein Beschützer, und bat Ihn um Beistand und Hilfe. (Qutb)

 

89. Wir würden fürwahr eine Lüge gegen Allah ersinnen, wenn wir zu eurem Bekenntnis zurückkehren würden, nach-, dem uns Allah davor gerettet hat256 Und wir könnten auch niemals zu ihm zurückkehren, außer wenn Allah, unser Herr, es will.257 Unser Herr umfasst alle Dinge mit Seinem Wissen. Auf Allah vertrauen wir.258 Unser Herr, entscheide Du zwischen uns und unserem Volk nach der Wahrheit,259 und Du bist der beste Richter.260

256. Die Antwort der Rechtschaffenden ist dreifach:

1. Zurückkehren klingt schön. Aber stellt ihr euch etwa vor, wir könnten die Unsitten praktizieren, die wir verabscheuen?

2. Ihr verlangt, dass wir unser Gewissen und Allah verleugnen, nachdem wir eure schlechte Lebensweise erkannt haben.

3. Weder Bestechungsversuche noch Drohungen noch ein Appell an unseren Patriotismus oder unseren Sinn für die Religion unserer Vorfahren können uns bewegen; unsere Sache liegt bei Allah, Dessen Willen wir gehorchen und auf Den allein wir vertrauen. Sein Wissen erkennt alle eure Vorwände. (Juusuf ‘Allii)

Hier kommt der Abscheu zum Ausdruck, der ein Mu’min empfinden muss, wenn ihm Kufr vorgeschlagen werden. (Darjabaadi)

257. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass man jemals mit Allahs Zustimmung zum Kufr zurückkehren könnte. Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat bereits mit Bestimmtheit abgelehnt, zu den Wegen der Kaafirs "zurückzukehren, nachdem Allah uns davon befreit hat". Der menschliche Wille ist jedoch unzuverlässig, und er und seine Anhänger können sich nur durch Allahs Willen leiten lassen. (Juusuf ‘Allii)

Dies ist die Demut der Rechtschaffenen. Sie schauen stets zu Allah und verlassen sich niemals allein auf sich selbst. (Darjabaadi)

Wo immer der Islam die Menschen aufruft, die Macht aus den Händen derer zu entfernen, die sie sich anmaßen, und sie sämtlich auf Allah zurückzuführen, bedeutet dieser Aufruf Wiedergewinnung der Menschlichkeit und Befreiung aus der Sklaverei Geschöpfen gegenüber. Er befreit sie davon, der Willkür der Mächte des Bösen gehorchen zu müssen. (Qutb)

258. Er will uns nicht irregehen lassen. (Darjabaadi)

Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, stellt die Sache Allah anheim, seinem Herrn, und akzeptiert Allah für sich und die Seinen. So hat er die Kraft abzulehnen, wenn ihm die Mächte des Bösen anbieten, in ihre Religion zurückzukehren. Aber er ist weder für sich noch für die Seinen sicher, was Allahs Willen mit ihnen vorhat. Doch sie vertrauen gerade auf diesen Willen und auf das umfas­sende Wissen Allahs und darein ergeben sie sich. (Qutb)

259. Nachdem sie den unaufrichtigen Kritikern unter den Kaafirs geantwortet haben, wenden sich die Rechtschaffenen im Gebet zu Allah. Die endlosen Kontroversen in dieser Welt über abstrakte oder spekulative Dinge hören niemals auf, selbst wenn beide Seiten in ihren Religionsanschauungen aufrichtig sind. Die Entscheidung muss Allah überlassen werden, der auf dem Thron der Wahrheit sitzt und Dessen Entscheidungen deshalb frei sind von den Irrtümern und Unvollkommenhei­ten, denen menschliche Richter unterliegen. In diesem Ruf zu Ihm haben die Aufrichtigen nichts zu fürchten, denn ihre Motivationen sind rein. (Juusuf ‘Allii)

260. "Du bist der beste Richter" -denn das Verb "fataha" افْتَحْ kann übersetzt werden mit "öffnen", aber auch mit "entschei­den". Bei Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  kann es sich kaum um eine Bitte um Entscheidung gehandelt haben, denn er hatte keinerlei Zweifel darüber, wer recht hatte, deswegen ziehe ich die Übersetzung "Du bist der Beste derer, die (die Wahrheit) eröffnen" vor. (Asad)

So verhält sich ein Freund Allahs Ihm gegenüber. Er kennt den Ursprung aller Kraft und den schützenden Zufluchtsort und weiß, dass sein Herr zwischen Imaan und Tyrannei gerecht entscheidet. Er vertraut allein auf seinen Herrn. (Qutb)

 

90. Und die Anführer seines Volkes, die kaafir waren, sagten:261 "Wenn ihr Schu'aib folgt, werdet ihr ganz gewiss verloren sein."262

261. Zu ihren Landsleuten, besorgt über den wachsenden Einfluss Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm,. (Darjabaadi)

262. Die Entgegnung der Kaafirs ist charakteristisch. Da alle ihre Bestechungsversuche und Machenschaften versagt ha­ben, verlegen sie sich auf Drohungen. Sie sagen: "Wenn ihr so weitermacht, bringt ihr euch selbst ins Verderben." Das heißt, die Mu’mins werden verfolgt, beschimpft, geächtet und boykottiert, und ihre Familien und Untergebenen werden beleidigt, ausgelacht und gequält, wenn immer sie in die Gewalt des Gegners geraten; ihre Häuser werden zerstört und ihr Namen selbst dann noch lächerlich gemacht, wenn sie nicht mehr da sind. Aber wie Aja 92 besagt, ihre bösen Pläne bringen böse Früchte: die Bösen waren es, die sich ins Verderben brachten. (Juusuf ‘Allii)

Wir sollten diesen Satz nicht kursorisch übergehen, sondern über seine Implikationen nachdenken. Die Führer der Madjaniter wollten ihr Volk von folgendem überzeugen: Wir ruinieren uns, wenn wir die Grundprinzipien von Ehrlichkeit, Recht­schaffenheit, Aufrichtigkeit und Moral akzeptieren und praktizieren. Unser Handel und Gewerbe kann eindeutig niemals Gewinn bringen, wenn wir diese Prinzipien darauf anwenden und ehrliche Geschäfte machen. Wenn wir außerdem nicht unsere geographische Lage an der Kreuzung der Handelsstraßen ausnutzen und die Karawanen ungestört durchreisen lassen und friedliche Bürger werden, haben alle diese politischen und wirtschaftlichen Vorteile ein Ende. Damit verlieren wir auch den Einfluss und die Achtung bei unseren Nachbarländern.

Diese Angst vor dem "Ruin" war keine Eigenart von Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Volk. In jedem Zeitalter haben korrupte Völker dieselben Befürchtungen und Ängste gehabt, wenn sie mit Wahrheit, Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit konfrontiert wurden. Es war immer ihr Standpunkt gewesen, man könne wirtschaftlich, politisch und andere weltliche Aktivitäten nicht ohne Lüge, Unehrlichkeit und Unmoral durchführen. (Mauduudi)

 

91. Und es kam das Erdbeben über sie,263 so dass sie am Morgen hingestreckt am Boden lagen.264

263. Schließlich, nachdem alle Erklärungen und Warnungen fehlgeschlagen hatten. (Darjabaadi)

Vergleiche oben Aja 78. Wie die von den einst von den Samuud bewohnte Narra, so finden sich auch im angrenzenden

Gebiet von Madjan (dem biblischen fälschlich veränderten Midian) deutliche Anzeichen von Vulkanausbrüchen und Erdbeben. (Asad)

264. Ein Erdbeben überkam sie bei Nacht, und sie wurden in ihren eigenen Häusern begraben. Ergänzende Einzelheiten werden in Suura 26: 189 erwähnt, wo von "der Strafe eines Tages überschattender Finsternis" die Rede ist, was als ein Hinweis auf einen Regen von Asche und Lava verstanden werden kann, wie er Vulkanausbrüche begleitet. Ein furchtbarer Tag ließ sie in ihre Häuser fliehen, wo das Erdbeben sie dann verschüttete. Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm,   Klage in Aja 93 ist ähnlich wie die von Salich, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  in Aja 79, mit zwei Unterschieden:

1. Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Warnungen waren gegen die zahlreichen Verfehlungen seines Volkes gerichtet, darum steht hier "Botschaften" im Plural, während Salich, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  sich in erster Linie gegen die egoistische Überheblichkeit wandte und daher seine Botschaft im Singular ausgedrückt wird;

2. die Kultur der Samud war höher entwickelt, und diese gingen deswegen an ihrem eigenen Stolz zugrunde; wie Salich, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  sagte: "Ihr liebt keine guten Ratgeber"; die Madjaniter hingegen waren ein unzivilisiertes Volk, und ihre Vernunft war Argumenten oder Islam gegenüber wenig empfänglich, deswegen sagt Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm,   hier: sie waren ein Volk, das nicht den Imaan verinnerlichen wollte. (Juusuf ‘Allii)

 

92. Diejenigen, die Schu'aib der Lüge beschuldigten, wurden als ob sie nie dort gewohnt hätten.265 Diejenigen, die Schu'aib der Lüge beschuldigt hatten, sie waren es, die verloren waren.266

265. Völlig vernichtet. (Darjabaadi)

266. Die Vernichtung der Madjaniter hat sich in den Schriften der Nachbarvölker niedergeschlagen. In Psalm 83:5-9 ruft bei­spielsweise David Gott um Hilfe an gegen die Unterdrücker, "denn sie sind miteinander eins geworden und haben einen Bund wider Dich gemacht", wobei er sagt: "Mach! mit ihnen wie mit Midian ...". Und Jesaja tröstet sein Volk: "Darum spricht Gott, der Herr Zebaoth: Fürchte dich nicht, mein Volk...vor Assur, der dich mit dem Stecken schlägt... denn es ist nur noch eine kleine Weile, so wird meine Ungnade ein Ende haben... alsdann wird der Herr Zebaoth eine Geißel über ihn schwingen wie in der Schlacht Midians... " (Jesaja 10:24-26). (Mauduudi)

 

93. Da wandte sich Schu'aib von ihnen ab und sagte:267 ,,O mein Volk, ich habe euch wahrlich die Botschaft meines Herrn überbracht und gab euch aufrichtigen Rat. 68 Wie sollte ich also betrübt sein über ein kaafir Volk?"269

267. Als Klage über ihr Ende. (Darjabaadi)

268. Aber ihr verharrtet in Ablehnung und Trotz. (Darjabaadi)

269. Jede dieser Geschichten bezieht sich ebenso auf den Propheten Muchammed -Friede sei mit ihm -und sein Volk, die Quraisch. In jeder Geschichte gibt es zwei Parteien, den Propheten und sein Volk. Überall sind die Botschaften des Propheten, seine Lehre und seine Ermahnungen und alle anderen Einzelheiten genau entsprechend. Auch auf der anderen Seite war das jeweilige Volk tief in Kufr, Unmoral und Starrsinn verstrickt, und die Führer lehnten die Botschaft ab. Da sich die Quraisch dem Propheten gegenüber ebenso verhielten, wurden sie durch diese Geschichten indirekt vor den Folgen ihres Verhaltens gewarnt. (Mauduudi)

 

Abschnitt 12

94. Und Wir haben keinen Propheten zu einer Stadt gesandt, ohne ihre Bewohner mit270 Leid heimzusuchen, damit sie de­mütig würden.271

270. Die die Warnungen des Propheten missachteten. (Darjabaadi)

271. Der Mensch ist rein erschaffen. Ein Prophet wird dann notwendig, wenn Verfall und Sünde entstehen, die er bekämpfen soll. Sein Erscheinen ist mit vielen Prüfungen und Leiden verbunden, vor allem für diejenigen, die sich ihm in seinem Protest gegen das Unrecht anschließen. Selbst ein so friedfertiger Prophet wie 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte: "Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert" (Matthäus 10:34). Dies gehört alles zu Allahs Plan, denn wenn wir Seiner wür­dig werden wollen, müssen wir Demut lernen. (Juusuf ‘Allii)

Weder aus Vergnügen, noch um Seine Rachegefühle zu befriedigen, sucht Allah Seine Geschöpfe mit Ungemach heim, wie die kaafir Legenden von ihren Göttern erzählen. Er -Der Erhabene -tut das, um die Naturanlagen des Men­schen, in denen noch ein Schimmer Gutes schlummert, aufzuwecken, damit sie sich in Demut Ihm zuwenden und Ihm dienen. Denn in dem Moment, in dem die Menschen sich Allah unterordnen, befreien sie sich von der Untertänigkeit ande­ren gegenüber. Sie befreien sich von der Versklavung des Scheytaans, ihrer Leidenschaften und Begierden. Aus all diesen Gründen erfordert Allahs Wille, die Völker, die Seinen Gesandten ablehnen heimzusuchen, damit der Schmerz das Gute in ihren Herzen entfacht.(Qutb)

 

95. Dann änderten Wir ihre üble Lage hin zum Guten, so dass sie sich erholten. Und sie sagten:272 "Auch unsere Väter wurden bereits von Unhell und Gedeih getroffen."273 Da kamen Wir ganz plötzlich über sie, ohne dass sie es wahr­nahmen.274

272. Überheblich und voller Verachtung für den jeweiligen Propheten und seinen Aufruf. (Darjabaadi)

273. Allah gibt den Ungerechten viel Spielraum. Sie wachsen und vermehren sich und werden übermütig. Weder Heimsuchungen noch Leiden lehren sie das, was sie lernen sollen, nämlich Geduld und Demut und Freundlichkeit gegenüber Anderen. Glück und Unglück schreiben sie dem Zufall zu. "Solche Dinge geschehen zu allen Zeiten," sagen sie, "unsere Vorfahren haben früher solche Erfahrungen gemacht, und unsere Nachkommen werden sie später machen. So ist das Leben nun ein­mal." Ist es das wirklich? Die Vernichtung ereilt sie mitten in ihrer Achtlosigkeit. (Juusuf ‘Allii)

Wörtlich: "dann setzen Wir Gutes an die Stelle des Schlechten." (Asad)

274. In einer Zeit völliger Unachtsamkeit, die aus Gedankenlosigkeit und Lasterhaftigkeit resultiert. (Qutb)

Vergleiche Suura-6:42-45. (Asad)

Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat diesen Vorgang wie folgt beschrieben: "Heimsuchung hilft dem Mu’min, sich zu bessern, bis er von allen Unreinheiten befreit und geläutert aus diesem Schmelzofen herauskommt. Bei einem Heuchler hingegen wirkt Heimsuchung wie bei einem Esel: er weiß nicht, warum sein Herr ihn festbindet und losbindet."

In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, dass  ein ähnlicher Vorgang wie der hier beschriebene sich bei den Quraisch in Mekka abspielte, als diese Suura offenbart wurde. Dieser geschichtliche Hintergrund ist wichtig für das Verständnis die­ser Ajas. (Mauduudi)

 

96. Und wenn die Bewohner der Städte nur den Imaan verinnerlicht hätten und mutaqi geworden wären, hätten Wir sie gewiss mit Segen vom Himmel und von der Erde überhäuft."275 Doch weil sie (alles) leugneten, 276 suchten Wir sie heim für das, was sie erworben hatten.277

275. So wie beispielsweise Regen und fruchtbare Felder. (Darjabaadi)

Dies ist die andere Seite vom Ablauf der Gesetzmäßigkeiten Allahs. Wenn die Bewohner der Städte den Imaan verinnerlicht hätten, statt abzulehnen, und wenn sie Taqwa gehabt hätten statt Gedankenlosigkeit, hätte Allah sie mit Seinem Segen von "Himmel und Erde" überhäuft, ohne Abrechnung. In diesen und in den vorherigen Worten liegt eine der Religionswahrheiten des menschlichen Lebens und des Daseins. Imaan an Allah und Taqwa bringt Segen in jeder Hinsicht. Dies ist ein Versprechen Allahs. Und niemand hält sein Versprechen besser als Er. (Qutb)

276. Sie wiesen die Propheten zurück. (Darjabaadi)

277. So kehrt die Erörterung zu ihrem Ausgangspunkt am Anfang der Suura (Aja 4-5) zurück. Der Untergang, der jeder Ge­meinschaft bevorsteht, die entgegen den immer gültigen moralischen Wahrheiten lebt, ist nämlich letztlich Selbstzerstö­rung: das ist die tatsächliche Bedeutung von "Allah wird sie durch das ergreifen, was sie (bi-ma) selbst tun". (Asad)

 

97. Fühlten sich die Bewohner der Städte denn sicher,278 dass nicht Unser Unheil in der Nacht über sie komme,279 während sie schlafen?

278. Bezogen auf die Bewohner von Mekka zur Zeit des Propheten; Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Sind die Bewohner der Städte denn sicher...". (Darjabaadi)

Bezogen auf die Bewohner der in den vorigen Ajas erwähnten Städte: "Fühlten sich die Bewohner der Städte denn sicher...". (Juusuf ‘Allii)

279. Dieser Aja muss mit den beiden folgenden Ajas zusammen gelesen werden. Sie bilden einen Kommentar zu den Geschichten der zuvor erwähnten fünf Propheten. Allahs Strafe kann bei Nacht oder bei Tag hereinbrechen, ob nun die Menschen überheblich Allahs Gesetzen trotzen oder in Lethargie und unrealistische Träumereien versunken sind. Wer kann Allahs Plan entgehen, und wer kann sich davon ausgenommen fühlen außer denen, die ihren eigenen Untergang anstreben? (Juusuf ‘Allii)

 

98. Oder fühlten sie die Bewohner der Städte etwa sicher, dass nicht Unser Unheil am helllichten Tag über sie komme, während sie sich die Zeit vertrieben?280

280. So wie es in Herculaneum und Pompei der Fall war. Plinius der Jüngere schildert die Ereignisse folgendermaßen: "Der Tag wurde zur Nacht und das Licht zur Finsternis. Eine unbeschreibliche Menge von Staub und Asche wurde aufgewirbelt und überflutete Land, Meer und Luft. Sie begrub unter sich zwei ganze Städte, Herculaneum und Pompei, während die Leute im Theater saßen." (Darjabaadi)

Wenn sie sich sicher fühlen und nicht auf die Gefahr vorbereitet sind, die ihnen droht. (Asad)

 

99. Fühlten sie sich denn sicher vor dem Plan Allahs?281 Aber niemand kannsich sicher fühlen vor Allahs Plan, außer dem Volk, das verloren ist.282

281. "Makr" مَكْر bedeutet einen geheimen Plan, der vor demjenigen verborgen ist, gegen den er sich richtet und ihn in seiner Illusion belässt, bis ihn plötzlich die Ernüchterung trifft. (Mauduudi)

282. Achtlosigkeit und Gedankenlosigkeit führt ganz sicher zum Untergang. Und wer Allahs Plan gegenüber achtlos ist, hat diesen Untergang auch verdient. (Qutb)

Das heißt moralisch verloren und deswegen dem Untergang geweiht. Der Begriff "makr Allah" مَكْرَ اللّهِ  ("Allahs Plan") bezeichnet hier Seine unbegreifliche Planung, die an anderen Stellen im Qur’an mit dem Ausdruck "Sunna Allah" ("Gewohnheit Allahs"') bezeichnet wird, vergleiche besonders Suura 33:62, 35:43 und 48:23. (Asad)

Hiermit werden die Erzählungen abgeschlossen, die von den Propheten handeln, die von ihren eigenen Völkern abgewiesen wurden, sich jedoch kompromisslos für Allahs Botschaft einsetzten und in der Lage waren, diejenigen zu retten, die den Imaan verinnerlichten. In jedem einzelnen Fall gab es besondere Umstände und besonders vorherrschende Sünden und Laster. Die Völker, die als ganze nicht für Allahs Botschaft gewonnen werden konnten, gingen unter. Soweit wurden die Laster der einzel­nen Nationen behandelt. In der Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erfahren wir zunächst vom Kampf gegen die Sklaverei in Ägypten, einer der damaligen führenden Weltmächte, und von der Errettung der Israeliten und ihren Wanderungen, wobei sie sich schließlich als unwürdig erwiesen und in einem anderen Sinne zum Wandern veranlasst wurden, als sie den neuen Propheten (Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm) zurückwiesen. (Juusuf ‘Allii)

 

Abschnitt 13

100. (Dient) es denen, die die Erde nach ihren vorherigen Besitzern geerbt haben,283 nicht als Rechtleitung, dass Wir, wenn Wir wollten, sie für ihre Schuld bestrafen284 und ihre Herzen versiegeln,285 so dass sie nicht zu hören vermögen. 86

283. Wörtlich: "nach ihren (früheren) Besitzern". Diejenigen, die "die Erde geerbt haben", sind die Menschen, die jetzt darauf leben. (Asad)

284. Öffnet die Erfahrung vergangener überheblicher Völker nicht die Augen der gegenwärtigen Generation? (Darjabaadi)

Durch diese Warnungen im Qur’an will Allah nicht bezwecken, dass die Menschen verunsichert werden und in ständiger Angst leben, vom Untergang überrascht zu werden. Ständige Angst vor dem Untergang lähmt nämlich die Fähigkeiten des Menschen und verhindert seine Handlungen, Lebensäußerungen und Aktivitäten auf der Erde. Allah will vielmehr den Menschen dadurch zu Wachsamkeit, Empfindsamkeit und Taqwa anhalten und ihn veranlassen, Selbstkontrolle zu üben und aus den Erfahrungen der Menschen und aus der Geschichte zu lernen. (Qutb)

285. Allah kann sie ebenso vernichten wie die rebellischen Völker in alten Zeiten. (Darjabaadi)

Es ist schade, dass die nachfolgenden Nationen nicht aus den Fehlern derer lernen, die ihnen vorangegangen sind. Die Antwort auf die Frage, warum diese Völker untergegangen sind, nachdem sie solche Blüte erreicht hatten, wird ihnen ihre Irrtümer und ungerechten Handlungen aufzeigen, die dazu führten. Sie können dann auch begreifen, dass der Herrscher, der sie für ihre Fehler bestrafte, allmächtig ist und das gesamte Universum beherrscht und auch jetzt Völker degradieren kann, wenn sie dieselben Irrtümer begehen wie ihre Vorläufer. (Mauduudi)

 

101. Dies sind die Städte, über deren Geschehnisse Wir dir berichtet haben. Ihre Gesandten kamen zu ihnen mit klaren Beweisen. Aber sie waren nicht bereit, an das den Imaan zu verinnerlichen, was sie vorher als Lüge verworfen hatten.287 Auf diese Weise versiegelt Allah die Herzen jener, die kaafir sind.288

286. Die Geschichten, die hier erzählt worden sind, sollen gegenwärtigen und zukünftigen Generationen als Warnung dienen, nachdem sie das Land, die Herrschaft und die Erfahrung der Vergangenheit geerbt haben. Sie sollen wissen, dass ihnen dasselbe Schicksal bevorsteht, wenn sie dieselben Fehler begehen. Wenn sich durch ihre Überheblichkeit ihre Herzen ver­härten, hören sie jedoch nicht auf die Ratschläge, die ihnen gegeben werden. (Juusuf ‘Allii)

Vergleiche Suura 2:7. Hier haben wir wiederum eine Bestätigung dafür, dass das, was der Qur’an als "Allahs Strafe" (oder auch als "Allahs Belohnung") bezeichnet, tatsächlich eine Folge des Handelns des Menschen selbst ist, nicht eine willkür­liche Handlung Allahs: "durch ihre Schuld oder Sünden" (bi-dunubihim) "setzt Allah ein Siegel auf ihre Herzen". Dies wird am Ende von Aja 101 weiter ausgeführt. (Asad)

Wenn jemand absichtlich seine Augen verschließt, kann ihm das Sonnenlicht nicht helfen, und wenn er nicht hören will, kann niemand ihn dazu veranlassen. (Mauduudi)

Mit diesem Siegel sind sie nicht imstande, auf gut gemeinte Ratschläge zu hören, über sie nachzudenken und sich ermahnen zu lassen. Ihre Seelen sind von den eigenen Gedanken und Begierden so voll, dass sie für andere Dinge keinen Platz mehr finden können. (Al-Manar)

287. Diejenigen, die zwar die Botschaft gehört, sie aber zurückgewiesen haben, finden es nachher um so schwieriger umzukeh­ren. Das Böse hat ihnen den Zugang zu Allahs Gnade blockiert. Es beginnt damit, dass sie den Bund mit Allah brechen. Danach fallen sie mit jedem Schritt tiefer ins Elend. (Juusuf 'Allii)

Dass sie die Wahrheit leugneten, war kurzsichtig und unvernünftig. (Darjabaadi)

Eine Anspielung auf die instinktive Unwilligkeit der Menschen, Vorstellungen -sowohl positive als auch negative ­aufzugeben, die sie gewohnt sind. (Asad)

288. Aus diesem wird deutlich, dass mit "Versiegelung des Herzens" ein Gemütszustand gemeint ist, der durch bestimmte Ge­setzmäßigkeiten verursacht wird. Wenn jemand durch seine Vorurteile, seinen Egoismus oder ähnliches sich weigert, die Wahrheit einzusehen, dann wird er so verstockt, dass er auf seinen Irrtümern besteht, ohne seine eigenen Beobachtungen und die Ratschläge anderer zu beachten. (Mauduudi)

 

102. Und Wir fanden in den meisten von ihnen keine Bündnis(treue),289 sondern Wir fanden, dass die meisten von ihnen fürwahr Frevler waren.

189. Radschib erklärt den Begriff "ahd" ("Bund", "Vertrag") als "innere Verbindung mit dem Rechten". Raschid Rida' schließt sich dieser Interpretation an und erklärt darüber hinaus diesen Begriff als die instinktive Fähigkeit des Menschen, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden und auf diese Weise den Forderungen des eigenen Gewissens zu folgen. Vergleiche auch Suura 2:27. (Asad)

Hier könnte der im Menschen angelegte Bund mit Allah gemeint sein, der in Aja 172 dieser Suura erwähnt wird. (Qutb)

Die Kaafirs zeigen keinerlei Respekt gegenüber den drei Bündnissen, die für jeden Menschen verbindlich sind. Sie akzeptieren weder den natürlichen Bund, der den Menschen von seiner Geburt an zum Diener Allahs macht, noch den sozialen Vertrag, der jedes Individuum zur Einhaltung des gesellschaftlichen Kodex der Gemeinschaft verpflichtet, deren Mitglied es ist, noch den persönlichen Bund, den jeder Mensch mit Allah schließt, wenn er niedergeschlagen oder hilflos ist. (Mauduudi)

 

103. Dann entsandten290 Wir nach ihnen Muusa291 mit Unseren Zeichen zu Pharao und seinen Anführern, aber sie lehnten sie zu Unrecht ab.292 So schau, wie das Ende derer war, die Unheilstiften.

290. Wörtlich: "Wir ließen aufstehen". (Darjabaadi)

291. Die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Pharao und den Israeliten wird hier mit der gleichen Zielsetzung erzählt wie die übrigen Geschichten, wenn auch andere wichtige Lehren für die Quraisch, die Mu’mins und die Juden darin erzählt sind. Die kaafir Quraisch werden aufgefordert, sich nicht durch die anscheinend günstige Verteilung der Macht im Anfangsstadium der Auseinandersetzung zwischen Wahrheit und Trug täuschen zu lassen. Die ganze Geschichte des Konflikts zeigt, wie ein einzelner Mensch eine Bewegung ins Leben ruft, die Wahrheit in seinem Volk, ja sogar in der ganzen Welt zu verkünden, und ohne materielle Hilfsmittel gegen die Lüge ankämpft, die von großen Nationen und mächtigen Staaten gestützt wird. Trotz all dessen geht die Wahrheit siegreich aus dem Konflikt hervor. Die Quraisch werden warnend darauf hingewiesen, dass alle die Machenschaften, die die Kaafirs gegen den Boten der Wahrheit richteten, um seine Botschaft zu unterdrücken, sich letztlich gegen sie selbst wandten.

Zwei Lehren richten sich an die Mu’mins, die der Verfolgung durch die Kaafirs ausgesetzt waren. Sie sollten nicht den Mut verlieren, weil sie zahlenmäßig unterlegen und schwächer als ihre Gegner waren. Sie sollten außerdem aus der Geschichte der Juden lernen, deren Fehler zu vermeiden.

Die Geschichte der Israeliten wurde auch zu deren eigenem Nutzen wiedergegeben. Sie werden aufgefordert, die Folgen des Ungehorsams zu bedenken und dem Propheten zu folgen, der die wahre Religion vertrat, wie sie von allen früheren Propheten gelehrt worden war, nachdem er sie gereinigt hatte. (Mauduudi)

292. Wörtlich: "Sie taten ihnen Unrecht". (Asad)

"Sie begingen Unrecht an diesen Zeichen", "sie verhielten sich diesen (Zeichen) gegenüber ungerecht", das heißt sie verinnerlichten nicht den Imaan daran und wiesen sie zurück. Der Ausdruck im Qur’an wendet oft das Wort "Sulm" (Ungerechtigkeit, Unrecht) und das Wort "Fisq" (Sündhaftigkeit) an anstelle von "Kufr" und "Schirk" (Götzen dienst) deshalb, weil "Kufr" und ,,Schirk" die hässlichsten Formen von Ungerechtigkeit und Sündhaftigkeit sind. (Qutb)

Sie behandelten die Zeichen ungerecht, indem sie sie ablehnten und sie als Magie betrachteten. Dies war Ungerechtigkeit in dem Sinne, dass sie sie nicht gebührend beachteten, sondern missdeuteten und verspotteten. Als die Magier selbst die Tatsache bezeugen mussten, dass es außerhalb ihrer magischen Fähigkeiten lag, solche Zeichen zu produzieren, war es ungerecht, sie dennoch als Zauberkunststücke zu verspotten. (Mauduudi)

 

104, Muusa293 sagte: ,,O Pharao,294 ich bin wahrlich ein Gesandter des Herrn der Welten,295

293. Die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist an verschiedenen Stellen im Qur’an erwähnt worden und soll in jedem Zusammenhang eine andere Lehre vermitteln. In Suura 2:49-71 ist sie ein Appell an die Juden von ihrer eigenen Schrift her und soll ihnen ihren wahren Platz in der Religionsgeschichte der Menschheit zeigen und wie sie diese Würde verwirkt haben. Hier gibt es eine instruktive Parallele zur Geschichte der Sendung Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm,: wie beide Männer zu kämpfen hatten

1. gegen einen über­heblichen, ungerechten, kaafir und abergläubischen äußeren Feind, und

2. gegen einen ebensolchen inneren Feind un­ter ihrem eigenen Volk.

Bei Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war der äußere Feind Pharao und die Ägypter, die mit ihrer älteren und überlegeneren Kultur prahlten. Beim Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, waren die äußeren Gegner die Juden selbst und die Christen seiner Zeit. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, führte sein Volk trotz dessen rebellischer Haltung ins Gelobte Land. Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  gelang es, durch seine eigene Charakterfestigkeit und mit Allahs Hilfe die Widerstände in seinem eigenen Volk zu überwinden. Was zur Zeit der Offen­barung dieser Ajas nur ein Hoffnungsschimmer war, wurde noch vor dem Ende seines irdischen Wirkens Wirklichkeit. (Juusuf ‘Allii)

294. "Fir'aun" فِرْعَوْن ("Pharao") ist ein dynastischer Titel, nicht der Name eines bestimmten ägyptischen Königs. Er wurde auf altägyptische, in Hieroglyphenschrift erhaltene Wörter zurückgeführt, nämlich Peraa, das bedeutet "großes Haus". Das nun ist ein Buchstabe, der im Prozess der Arabisierung angehängt wurde. Wer war der Pharao in der Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm? Wenn die Inschriften uns weiterhelfen könnten, dann könnten wir diese Frage mit einiger Sicherheit beantworten; dies ist jedoch leider nicht der Fall. Möglicherweise war es ein früher Pharao der 13. Dynastie, wie beispielsweise Tutmosis I. um 1540 v. Chr. (Juusuf ‘Allii)

Der Pharao galt als Nachkomme des Sonnengottes und begründete seine Macht auf seiner besonderen Beziehung zu die­sem, oft als Inkarnation verstanden. Jede neue königliche Dynastie, die in Ägypten an die Macht kam, stellte sich als Nachkommenschaft des Sonnengottes vor, der als oberster Gott verehrt wurde, und jeder Herrscher beanspruchte auf Grund dessen für sich selbst göttliche Verehrung. (Mauduudi)

Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, spricht ihn an mit "Pharao". Er sagt nicht etwa "mein Herr" oder "Majestät" wie diejenigen, die nicht wissen, wer in Wirklichkeit ihr Herr ist. Er spricht ihn jedoch höflich mit seinem Titel an, um ihm die Wahrheit seiner Angelegen­heit nahe zubringen. (Qutb)

295. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, übermittelt dieselbe Wahrheit, die jeder Gesandte vor ihm gebracht hatte: die Wahrheit der Herrschaft Allahs für alle Welten. Allein Ihm ist vorbehaltlos zu dienen. (Qutb)

 

105. Es ist meine Pflicht, nichts anderes als die Wahrheit über Allah zu sagen.296 Ich bin bereits zu euch gekommen mit einem klaren Beweis von eurem Herrn.297 So lasse also die Kinder Israels mit mir ziehen."298

296. Dies ist an Pharaos Volk insgesamt gerichtet. (Darjabaadi)

297. Beachte, wie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, indem er Pharao und die Ägypter anspricht, nicht von seinem Gott oder dem Gott seines Volkes spricht, sondern von eurem Gott und vom Herrn der Welten. Seine Sendung gilt auch nicht nur seinem Volk: "Ich bin zu euch gekommen (ihr Ägypter) von eurem Herrn". Der Geist dieser Version unterscheidet sich völlig von dem derselben Geschichte, wie sie im Alten Testament erzählt wird (Exodus, Kapitell l-15). In Exodus 3:18 heißt es: "...danach sollst du mit den Ältesten Israels hineingehen zum König von Ägypten und zu ihm sagen: Der Herr, der Gott der Hebräer, ist uns erschienen...". (Juusuf ‘Allii)

298. Die bis jetzt von deiner Herrschaft verfolgt und unterdrückt worden sind. Vergleiche in der Bibel: "Danach gingen Moses und Aaron hin und sprachen zum Pharao: So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen, damit es mir ein Fest halte in der Wüste" (Exodus 5:1). (Darjabaadi)

Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war mit zwei Aufträgen zu Pharao geschickt worden: Erstens sollte er diesen auffordern, sich Allah zu unterwerfen. Zweitens sollte er ihn auffordern, die Israeliten aus der Sklaverei freizugeben. Je nach den Erfordernissen erwähnt der Qur’an die beiden Aufträge zusammen oder jeweils für sich. (Mauduudi)

Im Namen dieser Wahrheit, der Wahrheit der uneingeschränkten Herrschaft Allahs über alle Welten, fordert Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Pharao auf, die Kinder Israels freizugeben. Die Kinder Israels waren allein Allahs; so dürfen sie nicht vom Pharao als seine Diener angesehen werden. Der Mensch darf weder zwei Herren noch zwei Gottheiten dienen. Wer Allahs Diener ist, kann keineswegs der Diener Anderer außer Allah sein. (Qutb)

 

l06. (Pharao) sagte: "Wenn du mit einem Zeichen gekommen bist, dann weise es vor, wenn du wahrhaftig bist."299

299. Bei der Erklärung Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, dass die Herrschaft der Welten Allah gehört, ist Pharao und seiner Obrigkeit nicht entgangen, dass sie die Zerstörung seiner Macht beinhaltet. Hier nutzt er die Gelegenheit, Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der ohne Beweis behauptet, Allahs Gesandter zu sein, als Lügner hinzustellen. (Qutb)

Der folgende Dialog verdeutlicht die Psychologie der beiden Seiten. Pharao sitzt in seiner Versammlung, umgeben von Ministern und Fürsten. In ihrer Arroganz amüsieren sie sich über die Kühnheit und die anscheinende Revolte der israeliti­schen Führer und verlassen sich auf ihre eigene weltliche Überlegenheit, unterstützt von der der Magie, die Teil der altägyptischen Religion war. Ihnen gegenüber stehen zwei Männer, Muusa, mit seinem Auftrag von Allah, und sein Bruder Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, der ihn unterstützen soll. Auch sie sind zuversichtlich, aber nicht in ihre eigenen Kräfte und Fähigkeiten, sondern in den Auftrag, den sie erhalten haben. Als erstes müssen sie durch Allahs Wunder zeigen, dass die ägyptische Magie der Macht Allahs nicht standhalten kann. (Juusuf ‘Allii)

 

107. Da warf (Muusas) seinen Stock und siehe, er wurde (für alle) deutlich (sichtbar) zu einer Schlange.300

300. Die Schlange spielte in der ägyptischen Mythologie eine große Rolle. Der Sieg des Sonnengottes Ra über die Schlange Apophis stellt den Sieg des Lichts über die Finsternis dar. Viele ihrer Göttinnen und Götter hatten die Form von Schlangen, um dadurch ihren Feinden Angst einzujagen. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Stab in Schlangengestalt sprach die Ägypter sofort an. Ihre anfängliche Verachtung verwandelte sich in Angst. Hier war jemand, der das Tier bändigen konnte, das der große Sonnen­gott selbst nur mit viel Mühe hatte überwinden können! (Juusuf ‘Allii)

 

108. Und er zog seine Hand hervor301 und siehe, sie war weiß für (alle), die hin­ bückten.302

301. Aus den Falten seines Gewandes an seiner Brust. (Darjabaadi)

302. Das zweite Zeichen, das Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen zeigte, war für die Ägypter noch verwirrender. Er zog seine Hand aus seinem Ge­wand über seiner Brust, und sie war weiß und strahlte wie mit dem Licht Allahs. Dies sollte jeden Hintergedanken an das Böse widerlegen, den die Schlange vielleicht hervorgerufen hatte. Dies war nicht das Werk des Bösen -schwarze Magie oder Illusion. Seine Hand war verwandelt -durch ein Licht, das kein ägyptischer Magier hervorrufen konnte. Im Islam ist die "weiße Hand" Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sprichwörtlich geworden als Symbol für die Herrlichkeit Allahs, die jeden verwirrt, der sie erblickt. (Juusuf ‘Allii)

Vergleiche Exodus 4:6-8. (Darjabaadi)

Wie aus Suura 20:22,17:12 und 2.8:32 hervorgeht, war Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Hand "weiß ohne einen Schatten", das heißt von strahlendem Licht als Zeichen seiner Prophetenwürde, nicht, wie in der Bibel behauptet wird, von Aussatz. (Asad)

 

Abschnitt 14

109. Da sagten die Anführer aus dem Volke Pharaos:303 "Dies ist wahrlich ein kenntnisreicher Zauberer.304

303. Priester und Militärbefehlshaber hatten nach dem König die höchste Stellung im Land. Aus ihren Reihen wurden die Mini­ster und Berater des Königs ausgewählt. (Darjabaadi)

304. Im damaligen Ägypten stand die Magie in voller Blüte. In die Reihen der Magier wurde dann auch spontan Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eingeordnet, der sich als Prophet zu erkennen gab. (Darjabaadi) 

 

110. Er will euch aus eurem Land vertreiben.305 Was also gebietet ihr nun?"306

305. Das heißt, "er will euch entmachten". Der Plural "euch" bezieht sich auf den Pharao und die herrschende Klasse. (Asad)

War der Prophet Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ich, eine Gefahr für Pharao und seinen Staat? Wie konnte ein mittelloser Mann aus einem Sklavenvolk einen reichen und mächtigen König bedrohen, der darüber hinaus von seinem Volk als Gottheit verehrt wurde? Die Antwort ist, dass der Anspruch, ein Prophet zu sein, in sich selbst bedeutete, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eine Revolution im bestehenden Lebenssystem hervorrufen würde, einschließlich der politischen Ordnung. Der Beauftragte des Herrn der Welten kommt nicht, um als Untertan eines Menschen zu leben, sondern als Führer und Leiter. Deswegen spürten Pharao und seine Fürsten die drohende Gefahr einer politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Revolution. Pharao und seine Fürsten kannten die große Per­sönlichkeit des Propheten Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und wussten, dass er einen aufrichtigen und starken Charakter besaß. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, der in der königlichen Familie aufgewachsen war, hatte Kenntnisse von allen Wissenschaften seiner Zeit erworben und war voll aus­gebildet in den Künsten der Verwaltung und Kriegsführung, so wie es für Mitglieder der königlichen Familie als wichtig angesehen wurde. Das achtjährige harte Wüstenleben hatte dazu beigetragen, die Folgen des bequemen Lebens im Königspalast zu beseitigen. Als daher dieser große, ernste und fromme Mann Pharao gegenüberstand und sich als Prophet zu erkennen gab, konnte dieser seinen Anspruch nicht einfach vom Tisch wischen. Als sie darüber hinaus seine Zeichen sahen, wurden sie von Ehrfurcht ergriffen und fühlten sich zu dem Eingeständnis gedrängt, dass vielleicht doch eine höhere Macht hinter ihm stand. Auf diese Weise ist es anscheinend ein Widerspruch, dass sie ihn gleichzeitig als Magier bezeichnen und andererseits die Befürchtung zum Ausdruck bringen, er könnte sie aus ihrem Land vertreiben. Wenn sie wirklich Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, für einen Magier gehalten hätten, dann hätten sie nicht befürchtet, dass von ihm eine Revolution ausgehen könnte, denn das hat die Magie niemals in der Weltgeschichte bewirkt. (Mauduudi)

306. So debattierten sie unter sich. (Darjabaadi)

Die beiden Zeichen riefen bei den Ägyptern die gewünschte Wirkung hervor. Sie waren beeindruckt, aber sie beurteilten sie nach ihren eigenen Maßstäben. Sie folgerten: "Diese beiden sind Magier; wir wollen also unsere besten Magier aussu­chen, um ihnen zu zeigen, dass diese über größere Macht verfügen.“ Aber wie alle weltlich orientierten Menschen waren sie besorgt um ihre eigene Macht und um ihr Eigentum. Es war längst nicht Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Absicht, die Ägypter aus ihrem Land zu vertreiben. Er wollte lediglich der ägyptischen Unterdrückung ein Ende bereiten. Aber die Ägypter hatten ein schlech­tes Gewissen und schlossen von sich auf andere. Sie diskutierten die Angelegenheit auf einer völlig falschen Basis. (Juusuf ‘Allii)

 

111. Sie sagten:307 "Halte ihn und seinen Bruder auf308 und schicke in die Städte (Leute), um zur Versammlung aufzurufen,309

307. Zu Pharao, als Ergebnis ihrer Beratungen. (Darjabaadi)

308. Eine Zeitlang, unter einem Vorwand. (Darjabaadi)

Nämlich Aaron, der -wie an zahlreichen anderen Stellen im Qur’an erwähnt wird –Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bei der Erfüllung seines Auf­trages begleitete. (Asad)

309. In die Städte des Landes, wo genügend Magier zur Verfügung standen. (Darjabaadi)

 

112. (Und) um alle kenntnisreichen Zauberer herbeizuholen."310

310. Diese Worte zeigen, dass die Berater des Pharao sehr wohl zwischen einer durch ein Wunder Allahs hervorgerufenen Veränderung und den Auswirkungen von Magie unterscheiden konnten. Sie versuchen jedoch, den prophetischen Anspruch zurückzuweisen, indem sie sagten: "Dieser Mann ist ein Zauberer." Sie wollten damit sagen, dass der Stab sich nicht wirklich in eine Schlange verwandelt hatte, sondern nur scheinbar. Deswegen rieten sie dem Pharao, die besten Zauberer zu versammeln, damit sie zeigen konnten, dass sie ebenso gut in der Lage waren, Stöcke und Stricke in Schlangen zu ver­wandeln, um auf diese Weise den Eindruck zu überbieten, den Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Wunder im Volk hervorgerufen hatte. (Mauduudi)

 

113. Da kamen die Zauberer zu Pharao.311 Sie sagten: "Uns wird doch gewiss eine große Belohnung312 zuteil, wenn wir die Gewinner sind."

311. Der Pharao ist in gewissem Grade beeindruckt. Bevor er aber entscheidet, welches Gewicht er diesem Zeichen beimessen soll, will er sehen, was seine eigenen Magier ausrichten können. Vergleiche auch Exodus 7:11: "Da ließ der Pharao die Weisen und Zauberer rufen, und die ägyptischen Zauberer taten ebenso mit ihren Künsten." (Darjabaadi)

312. Der Partikel "la" لأَ vor dem Nomen "Adschr" لأَجْر ("Belohnung") bezeichnet eine Betonung, die in diesem Zusammenhang die Bedeu­tung "eine große Belohnung" ergibt. (Asad)

Sie sind professionelle Zauberer, ebenso wie die Weissager von damals. In beiden Fällen ist der Lohn die Zielsetzung. Den falschen Herrschern zu dienen ist auch die Aufgabe derer, die die Religion zum Beruf machen. Sie bestätigen im Namen der Religion seine Herrschaft, er wiederum belohnt sie fürstlich dafür. (Qutb)

Die berühmtesten Magier des Pharao kamen. Ihre Kunst bestand aus Tricks und Täuschungen, und als erstes dachten sie daran, für sich selbst etwas herauszuschlagen. Der Pharao und sein Rat würden sich in ihrer gegenwärtigen Angstsituation auf alles einlassen. Das taten sie dann auch. Pharao versprach ihnen nicht nur jeden gewünschten Lohn, wenn sie die merkwürdigen Kräfte dieser beiden Männer überwanden, sondern er versprach ihnen auch die höchste Würde. Und so beginnt der Kampf mit der üblichen Beachtung der Höflichkeitsregeln zwischen den Kontrahenten, bevor es ernst wird. (Juusuf ‘Allii)

Der Vorschlag der Berater des Pharao zeigt, dass sie die Lage missverstanden haben. Sie gingen von ihren Befürchtungen aus, was die Magie dieses anscheinend mächtigen Zauberers ihnen antun könnte. Deswegen rieten sie dem Pharao, ihre mächtigsten Zauberer aus dem ganzen Land zusammenzurufen und Muusa und Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, einstweilen hinzuhalten. Die Pro­pheten Allahs konnten es sich leisten, so lange zu warten. Die Zeit arbeitet immer für die Wahrheit. (Juusuf ‘Allii)

 

114. Er antwortete: ,,O ja, und ihr werdet gewiss zu meinen Vertrauten gehören."313

313. Über die große Belohnung hinaus soll euer Rang erhöht werden. (Darjabaadi)

 

115. Da sagten sie:314 ,,O Muusa! Willst du (zuerst) werfen315 oder werfen wir zuerst?"

314. Zu Beginn des Wettkampfes. (Darjabaadi)

315. Deinen Stab. (Darjabaadi)

 

116. Er antwortete: "Werft ihr."316 Und als sie317 warfen, bezauberten sie die Au­gen der Menschen und flößten ihnen Angst und Schrecken ein,318 als sie die­sen Zauber vollbrachten.319

316. Die Herausforderung ist klar daran zu erkennen, dass sie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Wahl überlassen. Daraus wird es auch ersichtlich, dass sie großes Vertrauen in ihre Künste setzen. Andererseits ist aber auch die Zuversicht Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aus seinen Worten:" Werft ihr" deutlich zu erkennen. (Qutb)

317. Ihre Stricke und Stäbe. (Darjabaadi)

318. Vergleiche Exodus 7:12: "Ein jeder warf seinen Stab hin, da wurden Schlangen daraus..." Der Qur’an unterstützt nicht die Vorstellung, dass sich die Stricke und Stäbe der Magier tatsächlich in Schlangen verwandelten. Er bestätigt lediglich, dass die Magier die Augen der Zuschauer "bezauberten" oder täuschten. Die Ergebnisse moderner europäischer Forscher stimmen eher mit dem Qur’an überein als mit der Bibel. (Darjabaadi)

319. Denn die Zuschauer fielen der Illusion zum Opfer, dass sie Schlangen herumkriechen sähen. (Darjabaadi)

 

117. Und wir gaben Muusa ein: "Nun wirf du deinen Stock!"320 Und siehe, er verschlang,321 was sie durch Betrug hervorgebracht hatten.322

320. Muusa und sein Bruder Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, wurden den geschicktesten Zauberern Ägyptens gegenübergestellt, aber sie waren ruhig und zuversichtlich und überließen den Zauberern die erste Runde. Wie gewöhnlich machten deren Tricks einen großen Eindruck auf die Zuschauer. Als jedoch Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seinen Stab hinwarf, wurde die Illusion durchbrochen und die Täuschung bloßgelegt.

Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ich, Stab war das Symbol seiner Autorität. Es muss sich um einen einfachen Hirtenstab gehandelt haben, mit dem er Futter für seine Tiere herabschlagen konnte. Mit Allahs Gnade war er in der Lage, damit alle Trägereien zu entlarven und der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen. (Juusuf ‘Allii)

321. In Form einer riesigen Schlange. (Darjabaadi)

322. Die falschen Schlangen der Magier. (Darjabaadi)

Was bedeutet, dass Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Handlung ein echtes Wunder war, während die der Zauberer nur eine Sinnestäuschung war. Vergleiche auch Suura 20:66. (Asad)

Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Stab die Stöcke und Stricke verschlang, die von den Magiern hingeworfen waren und nun als Schlangen erschienen. Was der Qur’an sagen will, ist, dass der Stab die falsche Magie verschlang, die sie hervorgebracht hatten, sobald er sich in eine Schlange verwandelt hatte. Es bedeutet ganz einfach, dass der Schlan­genstab überall die Wirkung der Magie zunichte machte, so dass die Stäbe und Stricke nicht mehr als Schlangen erschienen, sondern sich in ihrer eigentlichen Form zeigten. (Mauduudi)

 

118. So trat die Wahrheit klar zutage, und was sie vollbracht hatten, wurde zunichte,323

323. Das Trügerische bläht sich auf und täuscht die Augen und flößt Angst in die Herzen ein. Aber nichts bleibt davon übrig, wenn es der Wahrheit gegenübergestellt wird. (Qutb)

 

119. Und sie wurden dort besiegt324 und kehrten erniedrigt zurück.325

324. Der Pharao und seine Fürsten hatten sich blamiert. (Darjabaadi)

325. In den Augen der Zuschauer. (Darjabaadi)

Die Großen des Hofes waren hartherzig, und dass sie auf diese Weise bloßgestellt wurden, erregte ihren besonderen Zorn gegenüber allen, die in ihre Hände fielen. Die Wirkung auf die Niedrigerstehenden, die von ihnen unterdrückt worden waren, war demgegenüber ganz anders. Ihr Gewissen erwachte. Sie fielen vor Allah nieder und bekannten sich zum Islam. (Juusuf ‘Allii)

 

120. Doch die Zauberer fielen in Anbetung nieder.326

326. Sie erkannten in Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den wahren Gesandten Allahs. (Darjabaadi)

Wörtlich: "Die Zauberer wurden niedergeworfen" -wie Samachsari formuliert: sie fielen nieder, als wenn sie von einer höheren Macht hingeworfen worden wären. (Asad)

 

121. Sie sagten: "Wir verinnerlichen nun den Imaan an den Herrn der Welten,327

327. Sie bekannten den Imaan an Allah. (Darjabaadi)

Dies hat ihr Gewissen ergriffen. Die Zauberer wussten am besten über ihre Zauberkünste Bescheid. So konnten sie auch am besten beurteilen, ob das, was Muusa und Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, zustandebrachten, dazu gehörte oder ob es einer höheren Macht zuzu­schreiben war. (Qutb)

 

122. Den Herrn von Muusas und Haruun.328

328. Diese Niederlage kehrte die Sache für Pharao völlig um. Er hatte alle fähigen Zauberer des Landes engagiert, um öffent­lich zu demonstrieren, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein Zauberer war, oder um zumindest Zweifel an seinem Auftrag zu erwecken. Nach ihrer Niederlage jedoch bekannten seine eigenen Experten einstimmig, dass es sich bei dem, was Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vorgeführt hatte, keineswegs um Magie handelte, sondern vom Herrn der Welten bewirkt wurde und jede Magie dagegen machtlos war. Ihre Meinung konnte nicht so einfach ignoriert werden, denn niemand kann Magie besser beurteilen als ein Magier. Als die Zauberer ihr Bekenntnis zum Islam aussprachen, wurde es für Pharao und seine Minister unmöglich, Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, für einen Magier zu erklären. (Mauduudi)

 

123. Pharao sprach:329 "Verinnerlicht ihr etwa den Imaan an ihn,330 bevor ich es euch gestatte? Das ist ganz gewiss eine List, die ihr in der Stadt ersonnen habt,331 um ihre Bewohner von dort zu vertreiben.332 Doch bald schon werdet ihr erfahren, was mit euch geschieht.333

329. Mit äußerstem Unbehagen. Muusas und Haruuns, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, Sieg war vollständig. Die Magie Ägyptens war überwunden worden, und dennoch verhärtete der Pharao sein Herz und verschloss absichtlich seine Augen gegenüber den Tatsachen. (Darjabaadi)

330. Dieses Pronomen kann sich entweder auf Allah oder auf Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beziehen; eine ähnliche Formulierung in Suura 20:71 und 26:49 weist jedoch darauf hin, dass es sich hier auf Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bezieht. (Asad)

331. Eine Verschwörung mit Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Darjabaadi)

Vergleiche Suura 20:71, wo Pharao den Zauberern vorwirft, Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sei ihr Führer und Lehrmeister,. (Qutb)

332. Dies alles ist ein Komplott, um die Ägypter zu vertreiben und die Israeliten an ihrer Stelle im Land anzusiedeln. (Darjabaadi)

333. Pharao und seine Berater waren doppelt verärgert, einmal, weil ihre Geringfügigkeit der Macht Allahs gegenüber bloßgestellt worden war, und zweitens, weil ihnen ihre Machtinstrumente genommen worden waren. Diese Männer, die Zaube­rer, erkannten sofort die Zeichen Allahs, und auf sie bezogen war Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,\ Auftrag erfüllt. Sie kehrten ihrem früheren Leben mit aller Täuschung, Unterdrückung der Schwächeren und allem Götzendienst den Rücken und bekannten sich zu Allah. Wie gewöhnlich nehmen es verstockte Sünder besonders übel, wenn ihre ehemaligen Komplizen aus Sünde und Irrtum gerettet werden. Da sie von sich auf andere schließen, werfen sie ihnen Verrat vor, und wenn es ihnen möglich ist, rächen sie sich bitter. Hier droht der Pharao den bekehrten Zauberern die höchste Strafe für Verrat an. Sie bleiben jedoch standhaft und beten zu Allah um Geduld und Ausdauer. Ihr Einfluss verbreitete sich wahrscheinlich stillschweigend im ganzen Volk, bis er schließlich in der Person von Amenophis IV. den Thron selbst erreichte. (Juusuf ‘Allii)

 

124. Ich werde fürwahr eure Hände und Füße wechselseitig schneiden und euch allesamt kreuzigen."334

334. Die Kreuzigung war eine bei vielen antiken Völkern verbreitete Art der Bestrafung, unter anderem auch bei den Ägyptern. (Darjabaadi)

Die grammatische Form der Verben bedeutet wörtlich: "ich werde (eure Hände und Füße) in großer Anzahl abschneiden lassen", und "ich werde euch in großer Anzahl kreuzigen lassen". Das bedeutet, dass entweder die bekehrten Zauberer viele waren, oder dass sie in Ägypten eine große Anhängerschaft hatten. Die letztere Annahme scheint durch die in der Bibel erwähnte Tatsache gestützt zu werden, dass viele Ägypter sich den Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten anschlos­sen. Vergleiche Exodus 12:38: "Und es zog auch mit ihnen viel fremdes Volk..." (Asad)

 

125. Da sagten sie:335 "Wahrlich, wir kehren zu unserem Herrn zurück.336 

335. Mit der edlen Haltung wahrer Märtyrer. (Darjabaadi)

336. Das heißt, wir kehren zu unserem liebevollen und fürsorglichen Herrn zurück, deswegen verlieren wir nichts. (Asad)

Mit "wir" könnten die Mu’mins sich selbst meinen. Sie befürchten nichts von dem, was er ihnen droht, denn sie kehren auf jeden Fall zu ihrem Herrn zurück, dessen Barmherzigkeit und Vergebung sie erhoffen. Es könnte aber mit "wir" auch Pharao und seine Vertrauten gemeint sein, die ebenfalls zum Herrn zurückkehren. (Al-Manar)

 

126. Doch du übst nur Rache an uns, weil wir an die Zeichen unseres Herrn den Imaan verinnerlichen, als sie zu uns kamen.337 Unser Herr, wappne uns mit Geduld,338 und nimm uns als Muslime zu Dir."339

337. Und weil wir Aberglauben und Vielgötterei verlassen haben. (Darjabaadi)

338. So dass uns diese Heimsuchungen nicht ins Wanken bringen können. (Darjabaadi)

339. Mit ihrer Geduld und Beständigkeit zeigen diese Ägypter, dass ihre Umkehr aufrichtig war. Auf diese Weise war -was sie betrifft –Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Auftrag erfüllt, und sie müssen sehr zahlreich gewesen sein. Sie waren Märtyrer des Islams, und ihr Martyrium bewirkte im Volk zweierlei:

1. Da sie die besten von denen waren, die den ägyptischen Aberglauben praktiziert hatten, gab ihre Bekehrung und ihr Verschwinden dem ganzen System einen empfindlichen Stoß.

2. Die indirekte Wirkung ihres Martyriums auf die ägyptischen Massen muss weit größer gewesen sein als zahlenmäßig feststellbar ist.

Allahs Funke war entzündet, und der stille geistige Kampf muss seither immer weiter angedauert haben, obwohl die Geschichte, die sich hauptsächlich mit nach außen sichtbaren Ereignissen befasst, die langsamen und allmählichen Verän­derungsprozesse in der ägyptischen Religion verschweigt. Aus einem chaotischen Pantheon von Tieren und Tiergottheiten, der Verehrung der Sonne und anderer Himmelskörper und der Anbetung des Pharao als Verkörperung der Macht erkann­ten die Ägypter allmählich die Einheit und Barmherzigkeit Allahs. Nach zahlreichen Ansätzen des Monotheis­mus in Ägypten selbst erreichte sie das Evangelium Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und schließlich der Islam. (Juusuf ‘Allii)

 

Abschnitt 15

127. Und. die Anführer aus dem Volk Pharaos sagten: "Willst du zulassen,340 dass Muusa und sein Volk Unheil stiften im Land341 und dich und deine Götter ver­lassen?342 Da sagte er: "Wir werden ihre Söhne töten und ihre Frauen am Leben lassen343 und wir haben wahrlich Allgewalt über sie."344

340. Sie waren jetzt wirklich um ihre Sicherheit besorgt. (Darjabaadi)

341. Nämlich frei die Lehre von der Einheit Allahs zu verbreiten. (Darjabaadi)

Ihrer Ansicht nach würde der Aufruf, Allah allein zu dienen, Unfrieden im Lande stiften, denn er hebt ihr ganzes Machtsy­stem aus den Angeln. (Qutb)

342. Das heißt die religiöse und weltliche Macht des Pharao in Frage stellen. (Darjabaadi)

Wenn davon die Rede ist, dass Pharao für sich göttliche Macht beanspruchte, dann nicht in dem Sinne, dass er sich für den Schöpfer und Beherrscher dieses Universums ausgab oder vorgab, er könne dieses Dasein erhalten und steuern. Er verlangte vielmehr von seinem unterdrückten Volk göttliche Verehrung in dem Sinne, dass er für dieses Volk Gesetzgeber und Richter war, dass sein Wille und sein Befehl bedingungslos ausgeführt wurde und dass er die entscheidende Instanz in allen Angelegenheiten war. Dies ist die Bedeutung der Göttlichkeit in der Sprache und in Wirklichkeit. So war es auch bei den Ägyptern, die dem Pharao keine rituelle Dienste erwiesen, sondern sie hatten genau wie er selbst ihre Götter. Sie hatten sich kritiklos seinen Befehlen unterzuordnen und seine Gesetze zu befolgen. In diesem Sinne ist auch die Kritik in Suura 9:31 und an anderen Stellen im Qur’an zu verstehen, wo die Schriftbesitzer dafür kritisiert werden, dass sie "ihre Mönche und Rabbiner als Herren neben Allah" annehmen. (Qutb)

343. So wie es vor Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Geburt bereits geschehen war. (Darjabaadi)

Diese beiden Zeiten der Verfolgung hatten eines gemeinsam: die Söhne der Israeliten wurden getötet und das Leben ihrer Töchter verschont, so dass ihr Volk auf diese Weise allmählich ausgerottet werden sollte und die Überlebenden sich mit anderen Völkern vermischten. Während der archäologischen Ausgrabungen in Ägypten wurde 1896 eine Inschrift gefun­den, die besagt: "Die Israeliten sind ausgerottet worden, und kein Same für ihre Fortpflanzung ist übrig geblieben". (Mauduudi)

344. Vergleiche Exodus 5:6-9: "Darum befahl der Pharao am selben Tage den Vögten des Volkes und ihren Aufsehern und sprach: Ihr sollt dem Volk nicht mehr Häcksel geben, dass sie Ziegel machen wie bisher; lasst sie selbst hingehen und Stroh dafür zusammenlesen... Man drücke die Leute mit Arbeit, dass sie zu schaffen haben und sich nicht um falsche Reden kümmern." (Darjabaadi)

Pharaos Verurteilung der Zauberer ist schon drastisch genug, aber sein Rat ist noch nicht zufrieden. Was sollte mit Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und den Israeliten geschehen? Sie hatten anscheinen einen Sieg davongetragen und würden nun mehr Unheil stiften als je zuvor. Sie appellierten an Pharaos Stolz, Aberglauben und Machtbewusstsein indem sie sagen: "Wo bleibt deine Macht, wenn du sie gewähren lässt? Sie werden sowohl deine Götter als auch dich in Frage stellen." Pharao reagiert. Innerlich war er bereits durch Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, anscheinende Macht eingeschüchtert und wagte nicht, offen gegen diesen selbst vorzugehen. Aber bereits vor Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Geburt hatte er den berechnenden Befehl erlassen, die Kinder Israels auszurotten. Unter Mitwirkung der Hebammen (vergleiche Exodus 1:14) sollten alle männlichen Kinder getötet werden; die weiblichen sollten sie für die Ägypter am Leben erhalten. Auf diese Weise sollte das Volk Israel ausgerottet werden. Dieser Befehl war immer noch in Kraft und sollte gelten, bis das Volk vernichtet beziehungsweise absorbiert war. Aber die Bosheit und Heimtücke der Ägypter nützten nichts gegen Allahs Plan mit den Mu’mins. Vergleiche auch unten Aja 129. (Juusuf ‘Allii)

 

128. Da sagte Muusa zu seinem Volk:345 "Bittet Allah um Beistand und habt Ge­duld.346 Wahrlich, die Erde ist Allahs. Er gibt sie zum Erbe wem Er will von Seinen Dienern. Und das Ende wird (ein gutes) sein für die Mutaqi."347

345. Besorgt über die Nachricht von diesem neuen Unterdrückungsakt. Es muss ein bitterer Augenblick für ihn gewesen sein. Nachdem er zuerst als Befreier aufgetreten war, stand er nun anscheinend seinem Volk gegenüber als Mensch da, der ihnen Schaden zufügte. Allem Anschein nach waren sie vom Regen in die Traufe gekommen. (Darjabaadi)

346. Der Islam wird letztendlich siegen. (Darjabaadi)

Das ist der Rat eines Propheten, der Allahs Wirklichkeit sieht und dessen Herz von der Erkenntnis erleuchtet ist, der die tatsächliche, existenzielle Wirklichkeit erkennt und die darin wirksame Macht sieht. Er kennt Allahs Wirklichkeit und weiß, welche Hoffnung die Standhaften auf sie setzen können. Alle, die zum Dienst gegenüber dem Herrn der Welten aufrufen, haben außer Ihm keine Zuflucht und keinen Freund und Helfer. Es ist ihre Aufgabe, geduldig und standhaft zu sein, bis Er ihnen entsprechend Seiner Weisheit und Seinem Wissen Hilfe zukommen lässt. (Qutb)

347. Beachte den Gegensatz zwischen dem arroganten Tonfall des Pharao und der Demut und dem Islam, den Muusa, Allahs Segen und Frieden lehrt lehrt. Im Endeffekt wurde die Arroganz gedemütigt und der Islam beschützt und gefördert. (Juusuf ‘Allii)

Die Erde gehört Allah. Pharao und sein Volk haben nur ein Nutzungsrecht. Doch Allah gibt das Land Seinen auserwählten Dienern zum Erbe, entsprechend Seinen Gesetzen und Seiner Weisheit. (Qutb)

 

129. Sie sagten: "Ungemach suchte uns heim, bevor du zu uns kamst und nachdem du zu uns gekommen bist."348 Er sagte: "Möge euer Herr euren Feind vernichten349 und euch zu Statthaltern auf Erden machen,350 damit Er sieht, wie ihr handeln werdet."351

348. Sie sprachen zu Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nörgelnd und unzufrieden. (Darjabaadi)

Sie verstanden und berücksichtigten scheinbar nicht Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Rat. (Al-Manar)

349. In der Reaktion des Volkes liegt ein Unterton von Nörgelei. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  beschwichtigt ihre Unzufriedenheit durch sein eigenes Vorbild an Mut und Standhaftigkeit und mit seiner Zukunftsvision, die sich erfüllte, sobald die Zeit reif dazu war. Verglei­che unten Aja 137. (Juusuf ‘Allii)

Vergleiche auch Exodus 5:20-21: "Und als sie von dem Pharao weggingen, begegneten sie Muusa und Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, die dastan­den und auf sie warteten, und sprachen zu ihnen: Der Herr richte Seine Augen wider euch und strafe es, dass ihr uns in Verruf gebracht habt vor dem Pharao und seinen Großen und habt ihnen so das Schwert in ihre Hände gegeben, uns zu töten." (Darjabaadi)

In diesem Zusammenhang ist dies der erste Hinweis auf die Unbeständigkeit und eine Schwäche des Imaans, die der Qur’an so oft den Kindern Israels vorwirft. Dies sowie das, was aus den Ajas 138-140 und 148ff. hervorgeht ist der Grund, warum die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hier zusammen mit den Geschichten früherer Propheten ausgeführt ist, deren Warnungen von ihrem jeweiligen Volk zurückgewiesen wurden. (Asad)

350. Die verachteten und versklavten Israeliten sollten gerettet und zu Herren in Palästina gemacht werden. Daawuud und Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, waren Könige, die in der späteren Geschichte eine nennenswerte Rolle gespielt haben. Aber Israels Größe war bedingt: sie sollten nach ihren Taten beurteilt werden. Sobald sie versagten, wurde ihre Ehre und Macht auf andere Völker übertra­gen. Allah schenkt Seine Gaben denen, die rechtschaffen sind und Seinen Geboten folgen. (Juusuf ‘Allii)

351. Das heißt, "er wird euch nach euren Handlungen beurteilen." Wie aus Aja 137 hervorgeht, der 'sich auf die "Standhaftig­keit in widrigen Umständen" bezieht, die die Kinder Israels in der Folgezeit zeigten, hat die von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vorgehaltene Hoff­nung ihnen geholfen, ihre moralische Schwäche zu überwinden. Die Worte "Allah wird sehen, wie ihr handelt" bedeuten jedoch gleichzeitig eine deutliche Warnung. (Asad)

 

Abschnitt 16

130. Wahrlich, Wir haben die Leute Pharaos mit Jahren der Dürre und des Mangels an Früchten heimgesucht,352 auf dass sie sich ermahnen ließen.

352. Als Warnung. (Darjabaadi)

Pharao und seine Vertrauten setzten ihre Ungerechtigkeit und Gewalt fort. Sie merkten nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen ihrem Kufr und ihrer Grausamkeit einerseits und ihrer Heimsuchung durch Dürre und Missernte auf der anderen Seite gab. (Qutb)

 

131. Wenn Gutes zu ihnen kam, dann sagten sie: "Wir haben es verdient."353 Doch wenn Übles sie traf, schrieben sie dieses Unheil Muusas zu354 und denen, die mit ihm waren. Aber wahrlich, ihr Unheil liegt bei Allah,355 doch die meisten von ihnen wissen nichts.356

353. Wir haben dies verdient; es ist das Ergebnis unseres Wissens und unseres Fleißes. (Darjabaadi)

354. Der Ausdruck "tatayjara bihi" bedeutet "er schrieb ihm ein böses Omen zu". Er stammt von dem vorislamischen arabischen Brauch, aus dem Vogelflug die Zukunft vorherzusagen. Deswegen wird das Nomen "ta'ir" (wörtlich: "Vogel" oder "fliegendes Wesen") in klassischem Arabisch oft benutzt, um "Schicksal" oder "Geschick" zu bezeichnen, sowohl im guten als auch im bösen Sinne, wie es im nächsten Satz des obigen Ajas der Fall ist. Weitere Belege gibt es in Suura 3:49, 5:11,17:13,2.7:47 und 36:18-19. (Asad)

355. Ihre abergläubischen Vorstellungen schrieben die Strafe für ihre eigene Bosheit irgendeinem schlechten Omen zu. Sie glaubten, Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger könnten ihnen Unglück bringen. Sie schauten nicht in ihr eigenes Ich, um die Wurzel des Un­heils und die Ursache für ihre Bestrafung zu finden. So etwas geschieht in jedem Zeitalter. Die Menschen machen den Rechtschaffenen Vorwürfe für das, was sie im Gegensatz zu anderen Menschen tun, statt ihre eigenen Fehler zu sehen, die von Allah bestraft werden. (Juusuf ‘Allii)

356. Pharao und seine Berater missdeuteten die Ereignisse. Während sie das Gute auf ihr eigenes Streben zurückführten, warfen sie das Schlechte, das sie traf, dem Einfluss von Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinen Anhängern vor. In Wirklichkeit hat alles, was ihnen widerfuhr, einen einzigen Ursprung, nämlich Allahs Befehl. Von daher traf sie sowohl das Gute als auch das Schlechte als Heimsuchung und Prüfung, so dass sie vielleicht aufmerksam würden. Die meisten von ihnen wollten dies aber nicht wahrhaben. Auch heutzutage will man oft im Namen von "Wissen" und "Vernunft" nicht wahrhaben, dass Allahs Ratschluss in irgendeinem Zusammenhang zu den Ereignissen steht. (Qutb)

 

132. Und sie sagten: "Mit was immer für Zeichen du auch zu uns kommst, um uns damit zu betören, wir werden gewiss nicht an dich den Imaan verinnerlichen"357

357. Dies ist eine Art von Trotz und Widerstand gegen Allahs Botschaft. Da sie an Magie und Zauberei glaubten, hielten sie alles Ungewöhnliche für nichts als Magie und verhärteten sich gegenüber der Wahrheit. (Juusuf ‘Allii)

Dies ist die Widerspenstigkeit, die nicht durch Ermahnung zu zähmen ist und auch nicht durch Beweise. Anstatt nachzu­denken leugnen sie weiterhin sämtliche Beweise. (Qutb)

Dies war der Gipfel des Starrsinns, für Magie zu erklären, was keinesfalls Magie sein konnte. Nicht einmal ein Dummkopf konnte glauben, dass durch Magie eine Hungersnot im ganzen Land bewirkt werden könnte. Vergleiche auch Suura 2.7: 13-14, wo dieser Sachverhalt ausgeführt wird. (Mauduudi)

 

133. Da sandten Wir die Flut358 und Heuschrecken359 und Läuse300 und Frösche361 und Blut auf sie herab362 ­eindeutige Zeichen.363 doch sie waren hochmütig und sie blieben ein sündiges Volk.364

358. "Tufun": weit verbreitete Katastrophe, die Zerstörung und viele Todesopfer bewirkt. Dies kann eine Überschwemmung sein, ein Wirbelsturm oder eine Epidemie unter Menschen und Vieh.

"...siehe, so wird die Hand des Herrn kommen über dein Vieh auf dem Felde, über die Pferde, Esel, Kamele, Rinder und Schafe, mit sehr schwerer Pest. Aber der Herr wird einen Unterschied machen zwischen dem Vieh der Israeliten und dem der Ägypter, dass nichts sterbe von allem, was die Israeliten haben. Und der Herr bestimmte eine Zeit und sprach: Morgen wird der Herr solches an dem Lande tun. Und der Herr tat es am andern Morgen; da starb alles Vieh der Ägypter, aber von dem Vieh der Israeliten starb nicht eins. Und der Pharao sandte hin, und siehe, es war von dem Vieh Israels nicht eins gestorben. Aber das Herz des Pharao wurde verstockt, und er ließ das Volk nicht ziehen.

Die sechste Plage: Blattern

Da sprach der Herr zu Mose und Aaron: Füllt eure Hände mit Ruß aus dem Ofen, und Mose werfe ihn vor dem Pharao gen Himmel, dass er über ganz Ägyptenland staube und böse Blattern aufbrechen, an den Menschen und am Vieh in ganz Ägyptenland. Und sie nahmen Ruß aus dem Ofen und traten vor den Pharao, und Mose warf den Ruß gen Himmel. Da brachen auf böse Blattern an den Menschen und am Vieh, so dass die Zauberer nicht vor Mose treten konnten wegen der bösen Blattern; denn es waren an den Zauberern ebenso böse Blattern wie an allen Ägyptern. Aber der Herr erstockte das Herz des Pharao, dass er nicht auf sie hörte, wie denn der Herr zu Mose gesagt hatte.

Die siebente Plage: Hagel

Da sprach der Herr zu Mose: Mach dich morgen früh auf und tritt vor den Pharao und sage zu ihm: So spricht der Herr, der Gott der Hebräer: Lass mein Volk ziehen, dass es mir diene; sonst werde ich diesmal alle meine Plagen über dich selbst senden, über deine Großen und über dein Volk, damit du innewirst, dass meinesgleichen nicht ist in allen Landen. Denn ich hätte schon meine Hand ausrecken und dich und dein Volk mit Pest schlagen können, dass du von der Erde vertilgt würdest, aber dazu habe ich dich erhalten, dass meine Kraft an dir erscheine und mein Name verkündigt werde in allen Landen. Du stellst dich noch immer wider mein Volk und willst es nicht ziehen lassen. Siehe, ich will morgen um diese Zeit einen sehr großen Hagel fallen lassen, wie er noch nie in Ägypten gewesen ist von der Zeit an, als es gegründet wurde, bis heute. 19Und nun sende hin und verwahre dein Vieh und alles, was du auf dem Felde hast. Denn alle Menschen und das Vieh, alles, was auf dem Felde gefunden und nicht in die Häuser gebracht wird, muss sterben, wenn der Hagel auf sie fällt. Wer nun von den Großen des Pharao das Wort des Herrn fürchtete, der ließ seine Knechte und sein Vieh in die Häuser fliehen. 21Wessen Herz sich aber nicht an des Herrn Wort kehrte, der ließ seine Knechte und sein Vieh auf dem Felde.

Da sprach der Herr zu Mose: Recke deine Hand aus gen Himmel, dass es hagelt über ganz Ägyptenland, über Menschen, über Vieh und über alles Gewächs auf dem Felde in Ägyptenland. Da streckte Mose seinen Stab gen Himmel, und der Herr ließ donnern und hageln, und Feuer schoss auf die Erde nieder. So ließ der Herr Hagel fallen über Ägyptenland, und Blitze zuckten dazwischen, und der Hagel war so schwer, wie er noch nie in ganz Ägyptenland gewesen war, seitdem die Leute dort wohnen. Und der Hagel erschlug in ganz Ägyptenland alles, was auf dem Felde war, Menschen und Vieh, und zerschlug alles Gewächs auf dem Felde und zerbrach alle Bäume auf dem Felde. Nur im Lande Goschen, wo die Israeliten waren, da hagelte es nicht.

Da schickte der Pharao hin und ließ Mose und Aaron rufen und sprach zu ihnen: Diesmal hab ich mich versündigt; der Herr ist im Recht, ich aber und mein Volk sind schuldig. Bittet aber den Herrn, dass er ein Ende mache mit diesem Donnern und Hageln, so will ich euch ziehen lassen, dass ihr nicht länger hier bleiben müsst. Mose sprach zu ihm: Wenn ich zur Stadt hinauskomme, will ich meine Hände ausbreiten zum Herrn, so wird der Donner aufhören und kein Hagel mehr fallen, damit du binnewirst, dass die Erde des Herrn ist.
" Exodus 9:3-24 (Juusuf ‘Allii)

359. "Denn sie bedeckten den Erdboden so dicht, dass er ganz dunkel wurde. Und sie fraßen alles, was im Lande wuchs, und alle Früchte auf den Bäumen, die der Hagel übrig gelassen hatte, und ließen nichts Grünes übrig an den Bäumen und auf dem Felde in ganz Ägyptenland." Exodus 10:15

Ägypter werden wissen, welche furchtbare Plage Heuschrecken sein können und welche furchtbaren Verwüstungen sie innerhalb von wenigen Tagen oder sogar Stunden anrichten können. Sie kommen in Schwärmen und fallen über jedes bisschen Grün her. (Darjabaadi)

360. "Vergebt mir meine Sünde nur noch diesmal und bittet den Herrn, euren Gott, dass er doch diesen Tod von mir wegnehme." Exodus 8:17.

Läuse waren den reinlichen Ägyptern besonders verhasst und als so unrein angesehen, dass Priester ihren gesamten Körper enthaaren mussten, damit keine Laus und kein anderes unreines Ungeziefer sich daran nieder­lassen konnte. (Darjabaadi)

361. "Er sprach: Morgen. Mose antwortete: Ganz wie du gesagt hast; auf dass du erfahrest, dass niemand ist wie der Herr, unser Gott." Exodus 8:6.

Eine der altägyptischen Gottheiten, Hika, hatte einen Froschkopf. Wir können annehmen, dass der Frosch ein heiliges Tier war, das nicht getötet werden durfte. Wie konnten Frösche nach dieser abscheulichen Plage weiterhin als heilig betrachtet werden? Die ganze Lehre von den heiligen Tieren muss erschüttert worden sein, als Hikas heiliges Tier, das Symbol der Fruchtbarkeit und Produktivität, zum Gegenstand des Abscheus wurde. (Darjabaadi)

362. "Mose und Aaron taten, wie ihnen der HERR geboten hatte, und Mose hob den Stab und schlug ins Wasser, das im Nil war, vor dem Pharao und seinen Großen. Und alles Wasser im Strom wurde in Blut verwandelt. Und die Fische im Strom starben, und der Strom wurde stinkend, so dass die Ägypter das Wasser aus dem Nil nicht trinken konnten; und es war Blut in ganz Ägyptenland."  Exodus 7:20-21.

Dass diese Plage gerade den heiligen Fluss Nil betraf, muss dessen Verehrern einen empfindlichen Schock versetzt haben. Der Nil, der sonst der größte Segen für Ägypten war, verwandelte sich in einen Fluch. (Darjabaadi)

363. In Suura 17:101 ist die Rede von neun deutlichen Zeichen. Dabei handelt es sich um 1. den Stab (siehe oben Aja 107),

2. die strahlende Hand (siehe oben Aja l08),

3. die Jahre der Dürre um des Hungers (siehe oben Aja 130),

4. die Missernten (siehe oben Aja 130), und die fünf in diesem Aja erwähnten Plagen, nämlich

5. Seuchen bei Mensch und Tier,

6. Heuschrecken,

7. Läuse,

8. Frösche und

9. die Verwandlung des Wassers in Blut. (Juusuf ‘Allii)

364. "Und Moses und Aaron haben diese Wunder alle getan vor dem Pharao; aber der Herr verstockte ihm das Herz, so dass er die Kinder Israels nicht ziehen ließ aus seinem Lande" (Exodus 11:10). (Darjabaadi)

 

134. Und wann immer eine Bestrafung über sie kam, sagten sie: ,,O Muusa! Bitte deinen Herrn für uns365 bei dem Versprechen, das du von Ihm hast, wenn du die Bestrafung von uns abwendest, werden wir gewiss an dich den Imaan verinnerlichen und die Kinder Israels mit dir ziehen lassen."366

365. Dass er nämlich die Plage von uns nimmt, wenn wir den Imaan verinnerlichen. (Darjabaadi)

366. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, forderte zweierlei:

1. "Kommt zu Allah und beendet die Unterdrückung", und

2. "Lasst die Kinder Israels mit mir aus Ägypten ziehen."

Dies wurde zunächst verachtet und lächerlich gemacht. Als aber die Plagen die Ägypten heimsuchten, versprachen diese jedes mal, sich zu bessern und baten Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, sich für sie einzusetzen, damit die Plage abgewendet würde. Wenn sie jedoch abgewendet wurde, kehrten sie zu ihrer früheren Haltung zurück, bis die endgültige Vergeltung kam. Dies ist in allen Zeiten typisch  für die Haltung eines gewohnheitsmäßigen Sünders gewesen. (Juusuf ‘Allii)

 

135. Doch als Wir die Strafe von ihnen abwendeten367 entsprechend einer festgesetzten Frist, die sie zu erfüllen hatten,368 siehe, da wurden sie wortbrüchig.369

367. Auf Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Fürbitte und Gebet hin. (Darjabaadi)

368. Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Vermittlung war auf Gebete beschränkt. Jede Plage hatte entsprechend Allahs Beschluss ihre bestimmte Dauer. Allahs Gesetz ist nicht wankelmütig wie menschliche Willensäußerungen. Vermittlung bedeutet zweierlei:

1. dass Allahs Name angerufen und Seine Anwesenheit dem Sünder ins Bewusstsein gerufen wird, nachdem er versprochen hat, sich zu bessern, und

2. dass der Sünder eine neue Chance bekommt, wenn das Gebet erhört wird. (Juusuf ‘Allii)

Wörtlich: "bis zu einem Termin, den sie erfüllen sollten." Das heißt, indem ihnen eine Frist gegeben wurde, ihr Verspre­chen zu erfüllen. (Asad)

369. Vergleiche Exodus 8:15: "Da sprachen die Zauberer zum Pharao: Das ist Gottes Finger. Aber das Herz des Pharao wurde verstockt, und er hörte nicht auf sie, wie der Herr gesagt hatte. (Darjabaadi)

 

136. Da übten Wir Vergeltung an ihnen und Wir ließen sie im Meer ertrinken,370 weil sie Unsere Zeichen als Lüge verworfen hatten und ihnen gegenüber immer achtlos waren.371

370. Als der Pharao die Kinder Israels schließlich ziehen ließ, wählten diese nicht die Hauptstraße nach Kanaan, die am Mittelmeer entlang und über Gaza führte, denn sie waren unbewaffnet und wären dort auf sofortigen Widerstand gestoßen, sondern den Weg durch die Wüste am Sinai. Sie mussten den sumpfigen Nordzipfel des Roten Meeres durchqueren, wobei Pharao mit seinem Heer auf seiner Verfolgungsjagd ertränkt wurde. Vergleiche auch Suura 2:50. (Juusuf ‘Allii)

371. Wo fanden die Verhandlungen zwischen Moses und Pharao statt? Die Hauptstadt des Landes während der 18. Dynastie war Theben (No-Ammon), aber diese lag mehr als 600 km südlich des Deltas, wo die Israeliten lebten. Auch Memphis, das an der Spitze des Deltas in der Nähe des heutigen Kairo lag, war über 100 km von ihrem Wohngebiet entfernt. Die Verhandlungen müssen also entweder in einer in der Nähe von Gosen gelegenen Residenz stattgefunden haben, oder in Zoan (Tanis), der von einer früheren Dynastie erbauten Hauptstadt des Deltas, die der regierenden Dynastie selbstver­ständlich noch zur Verfügung stand und die nicht weit von den israelitischen Siedlungen entfernt war. (Juusuf ‘Allii)

 

137. Und wir ließen das Volk jener, die für schwach gehalten wurden,372 das Land erben373 vom Osten bis zum Westen,374 das wir reichlich gesegnet hatten.375 So ging das Wort deines Herrn auf das Schönste für die Kinder Israels in Erfüllung,376 weil sie geduldig waren.377 Und wir zerstörten, was der Pharao und sein Volk gebaut und errichtet hatten.378

372. Das Volk, das vom Pharao unterdrückt worden war und keine Bedeutung zu haben schien. (Darjabaadi)

373. Beispielsweise unter Suleymaans, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Herrschaft. (Darjabaadi)

374. In Palästina. Dies bezieht sich auf das Land östlich und westlich des Jordan, der den Lebensnerv des ganzen Landes bildet und als Fluss einmalig auf der Erde ist. (Darjabaadi)

375. Palästina wird als "gesegnet" bezeichnet, weil es das Land ist, in dem Ibraahiim, Ishaaq und Jaquub, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, gelebt hatten und zahlreiche Propheten dort aufgetreten waren. (Asad)

376. Das heißt das Versprechen der Befreiung der Kinder Israels von der Unterdrückung des Pharao und ihrer Ansiedlung im Heiligen Land. (Darjabaadi)

377. Vergleiche Aja 128 und 129. (Asad)

378. Das verachtete Volk Israel wurde unter Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eine große und ruhmreiche Nation. Er herrschte über ein großes Gebiet und war zweifach gesegnet. Sein Land und sein Volk war erfolgreich, und er selbst war mit Weisheit von Allah gesegnet. Sein Einfluss und sein Ruhm verbreitete sich in Ost und West. So erfüllte sich Allahs Versprechen an Israel. Beachte, dass Syrien und Palästina einmal unter ägyptischer Herrschaft gestanden hatten. Gleichzeitig erlitten der hochmütige Pharao und seine Leute eine Demütigung. Die hervorragenden Baudenkmäler, die sie mit so viel Geschick und Stolz errichtet hatten, fielen dem Wüstensand zum Opfer. Ihre großen Städte wie Theben (No-Ammon), Memphis (Noph, das dem Stier des Osiris geweiht war) und andere wurden völlig vernichtet, als wenn sie nie existiert hätten, und die Archäologen mussten ihre Ruinen aus dem Sand ausgraben.

Selbst Denkmäler wie die große Sphinx, die in der Lage zu sein schien, den Jahrtausenden zu widerstehen, waren teilweise verschüttet. Die meisten Pyramiden sind stark beschädigt. Der Gegensatz zwischen Ägypten und Israel ist ein Teil der Geschichte. Auch Israel erwies sich schließlich als unwürdig, und im Laufe der Zeit gewannen die Araber, die von ihnen als Ismaeliten verachtet wurden, die Oberhand. In den europäischen Ghettos erlitten die Juden Verfolgung und Unter­drückung, und ihr Schicksal im Dritten Reich ist bekannt. Auch die Araber oder Türken oder irgendeine andere Nation hatten keine Sonderbevollmächtigung von Allah. Rechtschaffenheit ist der Prüfstein. (Juusuf ‘Allii)

Die Geschichte von den Leiden der Kinder Israels in Ägypten, ihre Errettung durch Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihre Überquerung des Roten Meeres (oder wahrscheinlich des heute so genannten Golfs von Suez) und die Vernichtung Pharaos und seines Heeres wird ausführlich in der Bibel (Exodus, Kapitel 1-14) berichtet. Der Qur’an bringt andererseits keine zusammenhängende Erzählung, denn seine Aufgabe besteht nicht in historischer Berichterstattung. Wenn der Qur’an Ereignisse der Vergangen­heit aufgreift -ob sie in der Bibel oder in der arabischen Tradition überliefert sind -tut er dies nur, um Elemente hervor­zuheben, die für seine ethische Lehre relevant sind. (Asad)

 

138. Und wir ließen die Kinder Israels das Meer überqueren379. Alsdann kamen sie zu einem Volk,380 das sich ganz und gar den Götzen hingab.381 Sie sagten: ,,O Muusa, mache uns einen Gott gleich ihren Göttern."382 Er antwortete: "Ihr seid wahrlich ein unverständiges Volk!383

379. Bei ihrem Auszug aus Ägypten nach Sinai. (Darjabaadi)

380. Unterwegs auf ihren Wanderungen. (Darjabaadi)

381. Um welches Volk handelt es sich hier? Es muss auf der Halbinsel Sinai gewesen sein. Zwei Vermutungen sind möglich:

1. Die Amalekiter der Sinaihalbinsel befanden sich in dauerndem Kriegszustand mit den Israeliten. Sie waren wahrscheinlich ein polytheistisches Volk, aber wir wissen sehr wenig über ihre Religion.

2. Aus der ägyptischen Geschichte wissen wir, dass Ägypten seit uralten Zeiten Kupferminen auf der Sinaihalbinsel betrieb. Vielleicht haben sich dabei ägyptische Ansiedler befunden.

Wie alle Bergarbeiterlager, so sammelten sich auch hier die Angehörigen der unteren Bevölkerungs­schichten. Wenn eine Mine stillgelegt wurde, muss die Siedlung oder der Überrest davon noch weiter degeneriert sein. Von aller Zivilisation abgeschnitten muss ihr religiöses Leben noch weiter abgeflacht sein, ohne die veredelnden Einflüsse, die ein fortschrittliches Volk selbst seiner Götzendienerei angedeihen lässt. Vielleicht hat Apis, der heilige Stier von Mem­phis, für diese Menschen seine gesamte allegorische Bedeutung verloren, und nur grobe, abergläubische Riten waren von ihrer Religion übrig geblieben. Der Text spricht von "einigen Götzen, die sie hatten", was bedeutet, dass sie nur den Bruchteil einer vollständigen Religion hatten. Dies war eine Falle auf dem Weg der Israeliten, von denen viele in den Generationen der Sklaverei in Ägypten in Unwissenheit und Aberglauben abgesunken waren. (Juusuf ‘Allii)

Bei den Götzen muss es sich jedenfalls um Bilder von Stieren gehandelt haben, die die Kinder Israels anregten, das goldene Kalb zu machen. Ansonsten kann jeder Bibelleser die Vielzahl und Vielfalt der Götzendienstformen feststellen, mit denen die Israeliten in Berührung kamen. Dabei handelt es sich nicht nur um äußeren Kontakt. Götzendienst und die damit verbundenen Entartungen übten anscheinend auf irgend etwas im Charakter dieses Volkes eine starke Anziehungskraft aus. (Darjabaadi)

382. In diesem Zeitalter der Weltgeschichte war die Menschheit so anfällig für Götzendienst und die Israeliten waren so sehr vom ägyptischen Aberglauben infiziert, dass sie selbst von Allah eine Abbildung gemacht und diese verehrt hätten, wenn Er ihnen erschienen wäre. (Darjabaadi).

Die Sklaverei in Ägypten muss einen tiefen Eindruck ihrer Kultur bei den Israeliten hinterlassen haben. Dies geht offen­sichtlich auch aus Josuas Aufforderung in Josua 24: 14-15 hervor: "So fürchtet nun den Herrn und dient ihm treulich und rechtschaffen und lasst fahren die Götter, denen eure Väter gedient haben jenseits des Euphratstromes und in Ägypten, und dienet dem Herrn.

Gefällt es euch aber nicht, dem Herrn zu dienen, so wählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen euere Väter gedient haben jenseits des Stroms, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt, Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen," (Mauduudi)

Eine weitere Szene aus der Geschichte: Kaum sind die Kinder Israels sicher über das Meer gelangt, nachdem ihr Prophet sie im Namen Allahs aus der Hand des tyrannischen Pharao gerettet hat, da entdecken sie ein heidnisches Volk, das sich mit seinen Götzen befasst -und schon verlangen sie von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ausgerechnet von dem Gesandten des Herrn der Welten, er sollte ihnen Götzen geben, so dass sie diesen aufs neue dienen könnten! (Qutb)

383. Nur aus Unwissenheit und Torheit kann jemand den Weg von der Einheit Gottes zur Vielgötterei wählen. Wissen und Vernunft führen ausnahmslos zur Erkenntnis des einzigen Gottes, Sie betrachten dieses Dasein mit seinen Gesetzmäßigkei­ten, die die Gegenwart des Schöpfers und Lenkers bezeugen. (Qutb)

 

139. Das, womit jene Leute sich befassen, ist zum Scheitern verurteilt384 und wertlos ist alles, was sie tun."385

384. Wenn die zweite Vermutung in Fußnote 381 richtig ist, war dieser Götzenkult nur ein Bruchstück des ägyptischen Diins, und Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Antwort ist spitz: "Verlangt ihr, nachdem ihr aus der Sklaverei des lebendigen Ägypten befreit worden seid, nach der Sklaverei eines toten Kults, dem sogar das noch fehlt, von dem ihr befreit worden seid"

"Mutabbar" bedeutet wörtlich: "in Stücke zerbrochen", "zerschmettert". (Juusuf ‘Allii)

Ihr Götzenkult wird von Gott zerschmettert. (Darjabaadi)

385. Dieser Götzendienst und das danach ausgerichtete Leben samt den ganzen falschen Vorstellungen und Lebensweisen sind das Ergebnis ihrer Abweichung von der Einzigkeit Allahs, Sie sind genauso zum Scheitern verurteilt wie alles Unwahre. (Qutb)

 

140. Und er sagte (weiter): "Soll ich euch386 einen anderen Gott außer Allah suchen, wo Er euch den Vorrang vor aller Welt gegeben hat?387

386. Ausgerechnet für euch! (Darjabaadi)

387. Und euch durch den Imaan an Allah so viel Würde verliehen hat. (Darjabaadi)

Indem er aus eurer Mitte so viele Propheten erweckt hat. (Asad)

Ihre Erwählung vor aller Welt und ihr Erbe des Heiligen Landes ist bedingt durch ihr Bekenntnis zur Einheit Gottes. (Qutb)

 

141. Und (gedenket der Zeit) als Wir euch vor dem Volk Pharaos retteten, das euch schlimme Pein zufügte, indem es eure Söhne tötete, eure Frauen sm Le­ben ließ. Darin war eine schwere Prüfung (für euch) von eurem Herrn.388

388. Allah erinnert die Kinder Israels durch Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Es war eine zweifache Heimsuchung:

1. Solange die Sklaverei andauerte, sollten die Menschen Geduld und Standhaftigkeit im Unglück lernen.

2. Nachdem sie gerettet waren, sollten sie Demut, Gerechtigkeit und rechtschaffenes Handeln lernen. (Juusuf ‘Allii)

Die ägyptische Knechtschaft war in der Tat eine furchtbare Prüfung. Selbst der Wunsch der Ägypter, das Leben der israeli­tischen Frauen zu schonen, während die männlichen Israeliten hingemetzelt wurden, verschlimmerte nur deren Verbitterung. Der Hass der Ägypter war grausam, doch ihre "Liebe" war noch viel grausamer. "Da kam ein neuer König in Ägypten zur Herrschaft, der. ..sprach zu seinem Volk: ,Seht, das Volk der Israeliten wird für uns zu zahlreich und zu stark. Wir wollen klug gegen sie vorgehen, damit es nicht noch zahlreicher wird'. ..Sie setzten darum über es Fronvögte, damit sie es durch ihre Fronarbeit bedrückten. ..Aber je mehr sie es bedrückten, desto zahlreicher wurde es, und desto mehr breitete es sich aus, so dass sie vor den Israeliten ein Grauen erfasste. Deshalb zwangen die Ägypter die Israeliten zur Arbeit und verbitterten ihnen das Leben durch harte Fron in Lehm und Ziegeln und durch allerlei Feldarbeit, durch alle Arbeiten, zu denen man sie zwang." (Altos Testament, Exodus 1: 8-14). Die Aufseher des Pharao stellten kein Stroh zur Verfügung, verlangten aber von den Israeliten, dass sie trotzdem Ziegeln herstellten (Exodus 5:5-19). Und weiter heißt es in Exodus 1:22: "Da gab der Pharao seinem ganzen Volk den Befehl: ,Werft alle Knaben, die den Hebräern geboren wer­den, in den Fluss; alle Mädchen aber lasst am Leben!' " Es war aufgrund dieses Erlasses, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach seiner Geburt drei Monate lang versteckt gehalten wurde. Und als man ihn nicht mehr länger verbergen konnte, wurde er in ein Käst­chen aus Papyrusschilf gelegt und in den Nil gesetzt, wo er von der Pharao Tochter und Frau (Suura 28:9) gefunden und in die Familie aufgenommen wurde (Exodus 2:2-10) -siehe auch Suura 20: 37-40. Auf diese Weise wurde Muusa as von den Feinden seines Volkes erzogen und von Allah dazu ausersehen, sein Volk zu befreien. Durch Allahs Weisheit trugen somit  Gelehrsamkeit, Erfahrungen und selbst die Grausamkeiten der ägyptischen Feinde zur Errettung seines Volkes bei. (Juusuf ‘Allii)

Darjabaadi schreibt, dass nach jüngsten archäologischen Forschungen Thotmas III der Pharao der Unterdrückung und Amenhotep II der Pharao des Exodus gewesen sei, so dass der Exodus in die Zeit zwischen 1447 und 1417 vor der christlichen Zeitrechnung falle (siehe auch Marston "The Bible is True", Seite 171).

 

Abschnitt 17

142. Und wir trafen mit Muusa eine Abmachung für dreißig Nächte389 und Wir ließen (weitere) zehn folgen. So war die Zeit seines Herrn von vierzig Nächten vollendet.390 Und Muusa sagte zu seinem Bruder Haruun: "Vertritt du mich bei meinem Volk391 und tue gutes, doch folge niemals dem Pfad der bös handelnden.392

389. Hier folgt ein neuer Aspekt aus der Geschichte Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, und zwar die Vorbereitung für das Zusammentreffen mit seinem Herrn. Sowie seine innere Einstellung auf dieses große Ereignis in diesem irdischen Leben. (Qutb)

390. Dieser Abschnitt enthält einen guten Teil mystische Belehrung, und die Parallele zwischen Israel und Islam wird fortgesetzt. Die vierzig Tage von Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Aufenthalt in Allahs Gegenwart ist mit dem vierzigtägigen Fasten Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in der Wüste vergleichbar, bevor dieser zu predigen begann , und mit der vierzigjährigen Vorbereitung des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm.

"Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn." Matthäus 4:2

In jedem dieser Fälle hatte der Gesandte allein gelebt, abgetrennt von seinem Volk, bevor er seinen Auftrag bekam. Die Zahl vierzig ist aufgeteilt in dreißig und zehn; dies wiederum kommt zum Ausdruck in dem dreißigtägigen Fasten im Monat Ramadan und dem zehntätigen an den Tagen vor der Pilgerfahrt im Monat ’Sul-Hadsch. (Juusuf ‘Allii)

Nach Aussage von verschiedenen Gefährten des Propheten, besonders ibn Abbas, verbrachte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die ersten dreißig Nächte in geistiger Vorbereitung und Fasten, und in den restlichen zehn Nächten wurde ihm das Gesetz offenbart (’Samachsari und Ra’si). Im arabischen Sprachgebrauch schließt ein Zeitraum, der mit "Nächten" angegeben wird, die Tage mit ein. (Asad)

391. Als stellvertretender Führer meines Volkes während meiner Abwesenheit auf dem Berg. (Darjabaadi)

392. Wenn aus irgendeinem Grund der geistige Leiter eines Volkes abwesend ist, müssen seine Pflichten stellvertretend von seinem Bruder wahrgenommen werden nicht notwendigerweise von einem Blutsverwandten, sondern von jemandem aus seiner Gemeinschaft oder Bruderschaft. Der Stellvertreter soll seine Aufgabe in aller Demut erfüllen und sich stets bewusst sein, dass

1. er lediglich ein Stellvertreter und an die Anweisungen dessen gebunden ist, den er vertritt;

2. Recht und Gerechtigkeit das Wesen der Machtausübung sind; und

3. dass das Böse durch die Abwesenheit des geistigen Leiters die beste Gelegenheit hat, so dass er sich gegen alle für ihn gelegten Fallen absichern muss. (Juusuf ‘Allii)

Obgleich Haruun drei Jahre älter war als sein Bruder Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden,, unterstand er diesem bezüglich des Prophetenamtes. Haruun war zum Propheten berufen worden, um Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, Hilfestellung zu leisten, und zwar als Antwort auf dessen Gebet. Vergleiche Suura 25:35 (Mauduudi)

Muusa wusste, dass Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, mit ihm zusammen zum Propheten berufen worden war. Es ist jedoch Recht und Pflicht der Muslime, sich untereinander zu beraten und zu ermahnen. Zudem kannte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Schwere seiner Aufgabe und die Natur der Kinder Israels ganz genau. Sein Bruder Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wiederum nahm die Ermahnungen bereitwillig an. (Qutb)

 

143. Und als Muusa zu dem von Uns festge­setzten Zeitpunkt kam und sein Herr unmittelbar zu ihm sprach,393 sagte er: "Mein Herr, zeige Dich mir, damit ich Dich schauen kann!"394 Da sagte Er: "Niemals wirst du Mich sehen können. Doch schaue auf diesen Berg. Wenn er unverrückt fest stehen bleibt, so wirst du Mich sehen."395 Doch als sein Herr sich auf dem Berg enthüllte,396 machte Er ihn zu Staub.397 Und Muusa fiel ohnmächtig zu Boden. Als er wieder zu sich kam, sagte er: "Erhaben bist Du!398 Dir wende ich mich reuevoll399 wieder zu und ich bin der Erste der Mu’mins."400

393. Direkt, nicht durch die Vermittlung eines Engels. (Darjabaadi)

394. Selbst der Beste von uns kann übermütig werden oder zu geistigen Ambitionen verleitet werden, die in dem bis dahin erreichten Stadium noch nicht gerechtfertigt sind. Einen Teil von Allahs Herrlichkeit hatte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bereits in der leuchtenden Hand gesehen, die im Licht Allahs erstrahlte (vergleiche Suura 7: 108 und Fußnoten). Aber er war immer noch ein sterblicher Mensch, und seine Sendung zu seinem eigenen Volk sollte nach dem Bund auf dem Sinai beginnen. Es war voreilig von ihm, Allah sehen zu wollen. (Juusuf ‘Allii)

In dem Augenblick, als Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Worte seines Herrn unmittelbar hört, steigt in ihm die Sehnsucht, Allah zu sehen, und er vergisst, wer er ist um was er ist, um bittet um etwas, was für Menschen in diesem irdischen Leben nicht möglich ist. (Qutb)

Vergleiche Exodus 33:18: "Und Mose sprach: Lass mich Deine Herrlichkeit sehen." (Darjabaadi)

395. Sein Herr weist ihn freundlich zurecht und lässt ihn wissen, warum er Ihn nicht sehen kann: er könnte dies nicht ertragen. (Qutb)

396. Damit dir die menschliche Unzulänglichkeit noch weiter verdeutlicht wird. (Darjabaadi)

Ein Berg ist stärker und fester und weniger empfindlich als das menschliche Wesen. Und trotzdem hat er dem Anblick des Herrn nicht standgehalten. (Qutb)

397. Allah, der Erhalter aller seiner Geschöpfe, kommt auch unseren unverständigen Bitten mit Barmherzigkeit und Verständnis entgegen. Selbst die reflektierte Herrlichkeit Allahs ist zu groß für die große Substanz der Materie. Der Berg, auf den sie strahlte, wurde zu Staub, und Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, konnte nur überleben, indem er sein leibliches Bewusstsein verlor. Als er aus dieser Ohnmacht wieder erwachte, erkannte er den wahren Sachverhalt und den Abstand zwischen den groben körperlichen Sinnen und der wahren Herrlichkeit von Allahs Macht. Sofort wandte er sich reumütig zu Allah und bekannte seinen Imaan. Von der übergroßen Herrlichkeit geblendet, konnte er mit seinen physischen Augen nicht mehr sehen. Aber durch den Imaan konnte er einen kurzen Einblick in die Wirklichkeit bekommen und beeilte sich, diesen zu bekennen. (Juusuf ‘Allii) 

398. Weit erhaben bist Du über das, was materielle Sinne erfassen können! (Darjabaadi)

399. Für die Bitte, die ich im Überschwang der Liebe zu Dir an Dich gerichtet hatte. (Darjabaadi)

400. "Der erste Mu’mins": vergleiche auch den Ausdruck "der Erste, der sich Allah hingibt" in Suura 6:14 und 6:616. "Der Erste" bedeutet nicht der Erste in der zeitlichen Reihenfolge, sondern den Eifrigsten im Islam. Es hat die intensive, nicht die komparative Bedeutung. (Juusuf ‘Allii)

Die Propheten sind immer die ersten, die sich Allah hingeben, nachdem sie Seine Macht und Herrlichkeit erfahren haben, und aufgrund Seiner Worte, die ihnen offenbart wurden. (Qutb)

 

144. Da sagte (Allah): ,,O Muusa! Wahrlich, Ich habe dich wahrhaftig vor (allen) Menschen auserwählt401 durch Meine Botschaft402 und durch Meine Wor­te.403 So nimm, was Ich dir gegeben ha­be und sei Einer der Dankbaren."404

401. "Vor Anderen auserwählt": nämlich vor seinen Zeitgenossen. Er hatte einen wichtigen Auftrag, und er hatte die Ehre, mit Allah selbst zu sprechen. (Juusuf ‘Allii)

402. Wörtlich "Durch Meine Botschaft", das heißt, "durch die Botschaft, die Ich dir anvertraut habe". (Asad)

403. Das Prophetentum und die Schrift. (Darjabaadi)

404. Allahs Offenbarung dient zum Besten Seiner Geschöpfe, die sie mit Ehrfurcht und Dankbarkeit annehmen sollten. Wäh­rend Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diese großen geistigen Erfahrungen auf dem Berg machte, war sein Volk unten undankbar genug, Allah zu vergessen und das Goldene Kalb zu verehren (siehe unten Aja 147). (Juusuf ‘Allii)

 

145. Und Wir schrieben ihm auf Tafeln405 zu allen Dingen406 Ermahnungen und ausführliche Darlegungen:407 "Darum halte daran fest und gebiete deinem Volk, nach besten (Kräften daran) festzuhalten. Bald schon werde Ich408 euch die Stätte der Frevler zeigen."409

405. Vergleiche Exodus 32: 15-16: "Mose wandte sich und stieg vom Berge und hatte die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand; die waren beschrieben auf beiden Seiten. Und Gott hatte sie selbst gemacht und selbst die Schrift eingegraben." (Darjabaadi)

"Übergabe der zwei Gesetzestafeln an Mose

"Und als der Herr mit Mose zu Ende geredet hatte auf dem Berge Sinai, gab er ihm die beiden Tafeln des Gesetzes; die waren aus Stein und beschrieben von dem Finger Gottes." Exodus 31:18

"Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst sie nicht anbeten noch ihnen dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. Den Sabbattag sollst du halten, dass du ihn heiligest, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Rind, dein Esel, all dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt, auf dass dein Knecht und deine Magd ruhen gleichwie du. Denndu sollst daran denken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst und der Herr, dein Gott, dich von dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm. Darum hat dir der Herr, dein Gott, geboten, dass du den Sabbattag halten sollst.

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat, auf dass du lange lebest und dir's wohlgehe in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was sein ist.

Das sind die Worte, die der Herr redete zu eurer ganzen Gemeinde auf dem Berge, aus dem Feuer und der Wolke und dem Dunkel mit großer Stimme, und tat nichts hinzu und schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln und gab sie mir.
"

Deuteronomium 5:6-22. (Mauduudi)

Es gibt unterschiedliche Ansichten der Kommentatoren bezüglich dieser Tafeln. Einige beschreiben sie ausführlich, vermutlich aufgrund von Überlieferungen in der jüdischen Literatur. Von alledem ist nichts in den Aussprüchen des Gesand­ten Allahs enthalten. So begnügen wir uns mit der sicheren Aussage des Textes im Qur’an, ohne etwas hinzuzufügen. Laut Qur’an war darauf das Gesetz sowie eine Verdeutlichung aller Dinge gemäß Allahs Botschaft niedergelegt. (Qutb)

406. Vergleiche Suura 6:154. Alle Dinge, die für sie notwendig waren und ihrem Entwicklungsstand entsprachen, in erster Linie das Gesetz. Vergleiche in diesem Zusammenhang auch den Satz "ledern von euch haben Wir ein Gesetz und eine Lebens­weise gegeben" in Suura 5:48 mit den entsprechenden Fußnoten. (Asad)

407. Die Gesetztafeln enthielten die wesentliche geistige Wahrheit, von der die Gebote, Erklärungen und Interpretationen her­geleitet wurden, die der Prophet dem Volk verkünden sollte. So wie es bei der Scharia der Fall ist, gab es auch hier Dinge, die völlig verboten waren, solche, die verpönt waren, und solche, bezüglich derer es weder Gebot noch Verbot gab und die entsprechend den herrschenden Umständen gehandhabt werden sollten, positive Handlungen und Pflichten sowie Emp­fehlungen für Menschen, deren Eifer es ihnen ermöglicht, mehr zu tun als das, was die Norm fordert, und Dinge, die besonders für Menschen von höchster geistiger Entwicklung gedacht waren. Kein Mensch wird über sein Vermögen hinaus belastet; wir sollen jedoch versuchen, auf die beste uns mögliche Weise zu handeln. (Juusuf ‘Allii)

408. Beachte den Übergang vom "Wir", das Autorität ausdrücken soll (Plurals Majestatis), zu "Ich", das persönliche Fürsorge zeigt und darauf hinweist, dass Allah Selbst die Rechtschaffenden leitet. (Juusuf ‘Allii)

409. Dies hat zwei Bedeutungen, eine wörtliche und eine übertragene. Wörtlich verstanden liegen die Häuser und Stätten der Bösen, sowohl Individuen als auch Völker, verlassen wie im Falle der alten Ägypter, der 'Ad oder Samud. Im übertrage­nen Sinne ist das "Haus" der innere Zustand der Menschen. Wenn dich der äußere Erfolg der Kaafirs verwirrt oder verunsichert, dann untersuche ihre innere Angst und Unsicherheit, und die wirst Allah für Seine gnädige Leistung dankbar sein. (Juusuf ‘Allii)

Übereinstimmend mit den Interpretationen von Tabari (unter Bezugnahme auf Mutahid und Hassan Basri) und Ibn Ka’sir übersetze ich: "Ich werde euch den Weg zeigen, den die Frevler gehen werden."

Einige Kommentatoren sind der Ansicht, dieser Satz schließe Allahs Ermahnungen an Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ab, aber die Pluralform der Anrede in "Ich werde euch zeigen" macht es wahrscheinlicher, dass es sich um den Anfang eines Einschubs handelt, der zweifellos mit dem vorhergehenden Abschnitt zusammenhängt, aber nicht auf Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beschränkt ist, sondern sich auf die Allgemeinheit bezieht. (Asad)

Auf eurer Weiterreise werdet ihr an den Ruinenstätten jener Völker vorbeikommen, die Allahs Gesetz ablehnten, Allah nicht dienen wollten, ungehorsam waren und starrsinnig den Weg des Irrtums verfolgten. Wenn ihr diese Dinge seht, werdet ihr selbst sehen, wie es denjenigen ergeht, die eine solche Lebensweise annehmen. (Mauduudi)

 

146. Ich werde diejenigen von Meinen Zei­chen abwenden, die ohne Recht hochmütig sind auf Erden.410 Und wenn sie auch alle Zeichen sehen, verinnerlichen  sie doch nicht den Imaan daran. Und wenn sie den Weg der Rechtschaffenheit sehen, so schlagen sie ihn doch nicht ein. Und wenn sie den Weg der Lasterhaftigkeit sehen, folgen sie ihm. Dies als Strafe da­für, dass sie Zeichen411 leugnen und sie ständig 412 missachten.

410. Der Gedankengang kann folgendermaßen vereinfacht paraphrasiert werden. Das Recht besteht bereits auf der Erde, so wie Allah sie erschaffen hat: die Natur gehorcht Allahs Gesetzen, wie sie für jeden Teil der Schöpfung festgelegt sind. Durch das Geschenk des freien Willens stört jedoch der Mensch gelegentlich das Gleichgewicht. Grundübel dessen ist seine Arroganz, so wie es bei Iblis der Fall gewesen war. Allahs Zeichen sind überall. Wenn sie jedoch verachtet und verworfen werden, wird Allah solchen Menschen Seine Gnade entziehen, denn Sünde verhärtet das Herz und macht es für die Wahrheit unzugänglich. Mangel an Imaan verursacht eine Art Blindheit gegenüber geistigen Tatsachen und eine Art Taubheit gegenüber den Warnungen vor dem Tag der Auferstehung, wenn selbst der Beste von uns Seine Gnade braucht, um das Heil zu erlangen, geistig umschrieben mit "Anblick Allahs". Wenn wir absichtlich die Warnung abgelehnt haben, können wir dann auf etwas anderes hoffen als auf Gerechtigkeit -gerechte Strafe für unsere Sünden? (Juusuf ‘Allii)

Das ist eine göttliche Gesetzmäßigkeit: wer hochmütig ist, lässt sich nicht vom Beispiel anderer warnen und kann deswegen nicht von etwas lernen, was ihm als Lehre gezeigt wird. Ein hochmütiger Mensch betrachtet sich selbst als erhaben da­rüber, sich Allah hinzugeben, und missachtet Seine Gebote, als wenn er nicht Allahs Geschöpf und Diener wäre. Eine solche Haltung ist offensichtlich nicht berechtigt, denn kein Diener hat das Recht, sich so zu verhalten, als ob er gar nicht Allahs Diener wäre, während der doch auf Allahs Erde lebt. Darauf bezieht sich die Wendung "die ohne Recht hochmütig sind." (Mauduudi)

Wer sich auf der Erde hochmütig aufführt und selbst dann nicht den Imaan verinnerlicht, wenn er alle Zeichen sieht, und den Weg der Rechtleitung nicht geht, obwohl er ihn vor sich sieht, der wird von Seinen Zeichen abgewendet in dem Sinne, dass er keinen Nutzen davon hat und nicht darauf reagiert. Dabei handelt es sich sowohl um die Zeichen des sichtbaren Daseins als auch um die Zeichen in der Schrift, die den Propheten offenbart wurden, denn er missachtet diese Zeichen und erklärt sie für unwahr. Niemals kann es einem Diener Allahs anstehen, sich auf Erden hochmütig zu betragen. Größe ist eine Eigenschaft Allahs allein. (Qutb)

411. "Unsere Zeichen": hier kehrt der Text wieder zum Plural der unpersönlichen Würde und Autorität zurück, nachdem vor­her der Singular "Ich" persönliche Fürsorge und Leitung für die Rechtschaffenen ausgedrückt hatte. (Juusuf ‘Allii)

412. Sie beachteten niemals deren Bedeutung. (Darjabaadi)

Wie so oft im Qur’an wird hier gezeigt, dass Allah die Sünder infolge ihres eigenen Verhaltens und als Ergebnis ihrer eigenen freien Entscheidung irregehen "lässt". "Diejenigen, die ohne Recht hochmütig sind auf Erden", sind offensichtlich solche Menschen, die denken, ihr eigenes Urteil darüber, was Gut und Böse ist, sei allein maßgebend, und die deswegen ableh­nen, ihre eigenen Angelegenheiten dem Kriterium absoluten (das heißt offenbarten) Normen gegenüberzustellen; verglei­che diesbezüglich auch Suura 96:6-7. (Asad)

 

147. Und jene, die Unsere Zeichen leugnen und ebenso das Zusammentreffen im Jenseits,413 deren Taten werden wertlos sein.414 Können sie denn anders belohnt werden als nach dem, was sie zu tun pflegten?415

413. Wörtlich: "das Zusammentreffen" (Iiqa) -obgleich dies eine für die Zukunft festgelegte Tatsache ist. (Asad)

414. Am Tage der Auferstehung kommt die Wertlosigkeit ans Tageslicht. (Darjabaadi)

Diese Handlungen sind wertlos, denn sie erfüllen nicht die beiden Bedingungen, die menschlichen Taten Wert und Würde verleihen. Erstens sollten Handlungen mit dem Gesetz Allahs in Einklang stehen. Zweitens sollte das Ziel der Handlungen Gutes im zukünftigen Leben sein, nicht einfach nur Erfolg in dieser Welt. (Mauduudi)

415. Hier endet der Einschub, der mit dem Satz "Ich werde euch die Stätten der Frevler zeigen" begann. (Asad)

Abschnitt 18

148. Und das Volk von Muusa nahm sich in seiner Abwesenheit416 des Standbild eines Kalbes,417 das aus ihrem Schmuck(gemacht war) und zu blöken schien,418 (zum Götzen).419 Sahen sie denn nicht, dass es nicht zu ihnen sprechen konnte und dass es sie nicht auf den rechten Weg zu leiten vermochte.420 Sie nahmen es sich (zum Götzen)421 und sie taten fürwahr Unrecht.422

416. In seiner Abwesenheit, als er sich auf dem Berg befand. (Darjabaadi)

Während sich Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in der Gegenwart seines Herrn aufhielt, gerade in diesem Augenblick höchster geistiger Erhebung, erlitt sein Volk einen Rückfall und machte sich eine Statue, die ein Kalb darstellte, das zwar zu blöken schien, aber kein Leben in sich hatte, und beteten diese an. (Qutb)

417. Das Goldene Kalb und seine Verehrung durch die Israeliten wird in Suura2:51 erwähnt und in Suura 20:85-97 näher erläutert. Beachte, wie in jedem Fall die Formulierung mit der Aussage des Gesamtzusammenhangs übereinstimmt. Ein Erzähler, der nur Bericht erstatten will, erzählt die Geschichte in allen Einzelheiten und damit Schluss. Ein vollendeter Künstler, der das Ziel hat, Lehren und Aussagen zu unterstreichen, bringt jeden einzelnen Punkt an seiner angemessenen Stelle. Ihm selbst sind alle Einzelheiten bekannt, aber er schweift nicht ab, sondern gibt seinem Werk mit äußerster literarischer Geschicklichkeit genau den Anstrich, der überall notwendig ist, um das geistige Bild zu vervollständigen. Nicht eine Story ist seine Zielsetzung, sondern eine Belehrung. Beachte hier den Gegensatz zwischen der intensiven geistigen Begegnung Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf dem Berg Sinai und der gleichzeitigen Entartung seines Volkes in seiner Abwesenheit. Wir können seinen rechtschaffenen Zorn und die bittere Trauer verstehen (Aja 150). Die Leute hatten all ihren Goldschmuck eingeschmolzen und eine Statue gemacht, die vielleicht dem Stier des Osiris ähnelte, wie in der Stadt Memphis in Ägypten, der sie soeben den Rücken gekehrt hatten. (Juusuf ‘Allii)

"Und die Israeliten hatten getan, wie Mose gesagt hatte, und hatten sich von den Ägyptern silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider geben lassen. Dazu hatte der Herr dem Volk Gunst verschafft bei den Ägyptern, dass sie ihnen willfährig waren, und so nahmen sie es von den Ägyptern zur Beute." Exodus 12:35-36. (Darjabaadi)

418. Ein Bild oder eine Statue von einem Kalb: "Dschasad" bedeutet wörtlich Körper. In Suura 21:8 wie auch in Suura 38:34 wird das Wort offensichtlich für einen menschlichen Körper gebraucht, aber im letzteren Falle klingt auch die Bedeutung eines Standbildes ohne eigentliches Leben oder Seele an. Im vorliegenden Abschnitt verstehe ich verschiedene Hinweise:

1. dass es sich um ein bloßes lebloses Standbild handelte;

2. dass es als solches keine Geräusche machen konnte; bei dem Anschein des Blökens, der gleich darauf erwähnt wird, muss es sich daher um einen Betrug gehandelt haben;

3. im Gegensatz zum Stier des Osiris hatte es nicht einmal die Symbolik des Osiris hinter sich;

der Osirismythos in der lebenden Reli­gion Ägyptens enthielt wenigstens einige ethische Prinzipien. (Juusuf ‘Allii)

419. Das Blöken des Goldenen Kalbes war offensichtlich ein Trick, den die ägyptischen Hintermänner des Kultes anwandten. In seinem Buch "Die letzten Tage von Pompei" schildert Lytton einen von den Isispriestern praktizierten Trick: Men­schen, die hinter den Statuen verborgen waren, führten damit die Allgemeinheit irre. (Juusuf ‘Allii)

Dass das Kalb blökte, ist auch im Talmud erwähnt, nicht aber in der Bibel. (Darjabaadi)

Das Goldene Kalb der Israeliten war offensichtlich das Ergebnis jahrhundertslanger ägyptischen Einflüsse. In Memphis verehrten die Ägypter den heiligen Stier Apis, von dem sie dachten, er sei eine Inkarnation des Gottes Phat. Man dachte, dass ein neuer Apis immer in dem Augenblick geboren wurde, in dem der alte stirbt, während die Seele des letzteren zu Osiris ins Totenreich einging, um in Zukunft als Osiris-Apis verehrt zu werden. Das Geräusch, das das Goldene Kalb von sich gab, wurde möglicherweise durch Windeffekte hervorgerufen, wie es auch bei einigen der hohen ägyptischen Tempelfiguren der Fall war. (Asad)

420. Weder in dieser Welt noch in der zukünftigen. (Darjabaadi)

Wer ist ungerechter als jemand, der einem Geschöpf von Menschenhänden dient, während er selbst ein Geschöpf Allahs ist! (Qutb)

421. Vergleiche Exodus 32:4: "...und sie sprachen: das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat"

"Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben's angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat." Exodus 32:8. (Darjabaadi)

422. Die versündigten sich an sich selbst. (Darjabaadi)

Sie schienen ihre Befreiung aus der Sklaverei und ihren sicheren Durchzug durch das Meer, während der Pharao und sein Heer darin ertranken, völlig vergessen zu haben. Obgleich sie wussten, dass alle diese wunderbaren Ereignisse nur durch die übernatürliche Macht des ewigen Allahs hatten geschehen können, vergaßen sie Ihn. Dieses treulose Verhalten des Volkes Israel veranlasste einige seiner Propheten, es mit jener treulosen Frau zu vergleichen, die allen Männern außer ihrem eigenen Ehemann ihre Gunst erweist und ihn sogar in der Hochzeitsnacht mit anderen betrügt. (Mauduudi)

 

149. Und als sie es zutiefst bereuten423 und sahen, dass sie in der Tat irregegangen waren, sagten sie: "Wenn unser Herr sich unser nicht erbarmt und uns verzeiht, werden wir wahrscheinlich unter den Verlierern sein."424

423. Wörtlich: "als es auf ihre Hände fallengelassen wurde" eine Redewendung, die äußerste Reue bedeutet und wahrschein­lich daher kommt, dass man als Zeichen der Trauer oder Reue die Hände aufeinander schlug. (Asad)

424. Der gesamte Aja 149 ist ein Einschub, der sich auf einen späteren Zeitpunkt bezieht, denn die Reue des Volkes Israel kam erst nach Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Rückkehr vom Berg Sinai, von dem im nächsten Aja die Rede ist. (Asad)

 

150. Uns als Muusa zu seinem Volk zurückkehrte,425 zornig und bekümmert,426 sagte er: "Schlecht habt ihr in meiner Abwesenheit an meiner Stelle gehandelt. Habt ihr427 die Entscheidung eures Herrn nicht abwarten können?"428 Und er warf die Tafeln hin429 und erfasste seinen Bruder am Schopf und zerrte ihn zu sich her.430 (Haruun) sagte: "Sohn meiner Mutter!431 Das Volk hielt mich für schwach432 und hätte mich beinahe getötet.433 Lass also die Feinde nicht über mich frohlocken und zähle mich nicht zum Volk jener, die Unrecht tun."434

425. Nach den vierzig Tagen auf dem Berg, in intensivem Gespräch mit dem Allmächtigen. (Darjabaadi)

426. Völlig erschüttert über den Rückfall seines Volkes nicht nur in Gedanken und Worten, sondern in der Tat durch Materialismus gröbster Art in ihrer Anbetung des Kalbes. (Darjabaadi)

427. "Habt ihr euch beeilt...": Konntet ihr in eurer Ungeduld nicht auf mich warten? Euer Rückfall in den Götzendienst hat nur Allahs Zorn beschleunigt. Wenn ihr gewartet hättet, dann hätte ich auf den Tafeln die schönste und beste Lehre in den Geboten Allahs gebracht. In Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Rede liegt leichte Ironie. Es gibt auch ein Wortspiel: “Idschl“ ("Kalb") und "adschila" ("sich beeilen"). Keine Übersetzung kann diese Feinheiten übermitteln. (Juusuf ‘Allii)

428. Wörtlich: "darüber hinausgegangen". Der Ausdruck "über etwas hinausgehen" ist gleichbedeutend mit "etwas verlas­sen" oder "etwas versäumen". (Asad)

429. Vergleiche Exodus 32:19. (Darjabaadi)

Er stellte die Tafeln ab. Es wird nicht gesagt, dass er die Tafeln zerbrach; in der Tat erfahren wir aus Aja 154 unten, dass die Tafeln ganz blieben. Sie enthielten Allahs Botschaft. In der Annahme, Allahs Gesandter habe die Tafeln in seinem Zorn zerbrochen, wie es aus der alttestamentlichen Erzählung hervorgeht, liegt eine Spur Respektlosigkeit, wenn nicht gar Kufr. Hier sowie in dem Punkt, Haruun habe (der alttestamentlichen Erzählung zufolge) veranlasst, das Gold zu bringen, und daraus das Goldene Kalb gemacht (vergleiche Exodus 32: 10), unterscheidet sich unsere Version von der des Alten Testaments. Wir können nicht annehmen, dass Haruun, der von Allah zum Propheten berufen war, um Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu unterstützen, sich so weit vergessen konnte, sein Volk zum Götzendienst zu verführen, was immer sonst seine menschli­chen Schwächen gewesen sein mögen, (Juusuf ‘Allii)

Dieses Vorgehen zeugt von der überaus großen Aufregung, in der sich Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, befand. Denn diese Tafeln, die die Worte des Herrn enthielten, hätte er niemals hingeworfen, wenn ihn nicht die Wut übermannt hatte und er die Selbstbeherrschung nicht verloren hätte. (Qutb)

430. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war nur ein Mensch. Angesichts des Auftrags und der Ermahnung, die er Haruun gegeben hatte (vergleiche oben Aja 142), war er mit Recht entsetzt über die Wendung, die die Dinge genommen hatten. Er ließ jedoch seinen Zorn nicht an den Gesetzestafeln aus, sondern fuhr seinen Bruder an, der die Verantwortung hatte. Dieser erklärte sogleich den Vorfall. (Juusuf ‘Allii)

431. Diese Anredeform soll an die Geschwisterliebe appellieren, denn Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist in diesem Augenblick von rechtschaffenem Zorn und Empörung erfüllt. Muusa und Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, waren Vollbrüder. (Darjabaadi)

432. Sie haben meine Warnungen missachtet. (Darjabaadi)

Wörtlich: "sie machten mich (oder hielten mich für) äußerst schwach." Im Gegensatz zum biblischen Bericht (Exodus 32:1-5) wirft der Qur’an Aaron nicht vor, tatsächlich an der Herstellung oder Verehrung des Goldenen Kalbes beteiligt gewesen zu sein. Seine Schuld bestand lediglich darin, angesichts der Götzendienerei seines Volkes passiv geblieben zu sein, aus Furcht, eine Spaltung unter seinem Volk hervorzurufen (vergleiche Suura 20:92-94). (Asad)

Er gestand seine Schuldlosigkeit und Hilflosigkeit in dieser Angelegenheit. (Darjabaadi)

433. Nach jüdischen Quellen wurde Hur sofort getötet, als er einschritt, um den Israeliten Vorhaltungen über ihren Götzendienst zu machen, und Aaron wurde dasselbe Schicksal angedroht. (Darjabaadi)

434. Aarons Rede ist sanft und voller Bedauern. Er spricht Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, mit "Sohn meiner Mutter" an einem Ausdruck der Zuneigung. Er erklärt, wie das abtrünnige Volk ihn beinahe getötet hätte, weil er seine Einwände vorbrachte. Und er bringt ein­deutig zum Ausdruck, dass diese Götzendienerei weder von ihm ausgegangen war noch mit seiner Zustimmung geschah. in Suura 20:85 erfahren wir, dass jemand, der der Samiri genannt wurde, das Volk irregeführt hatte. Dies wird an Ort und Stelle näher erläutert. (Juusuf ‘Allii)

 

151. Da betete Muusa:435 "Mein Herr! Verzeih mir und meinem Bruder und lass uns in Deine Barmherzigkeit eingehen, denn Du bist ja der Barmherzigste aller Barmherzigen."436

435. Wörtlich: Er sagte. (Anm. d. Übers.)

Da betete Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm tief bewegt von Haruuns Schuldlosigkeit. (Darjabaadi)

436. Da Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von der Schuldlosigkeit seines Bruders überzeugt war, verwandelte sich sein Zorn in Sanftmut. Er betete um

Vergebung für sich selbst und für seinen Bruder: für sich selbst für seinen Zornesausbruch, und für seinen Bruder, weil dieser nicht in der Lage gewesen war, sein Volk von der Götzendienerei abzubringen. Wie ein richtiger Führer identifiziert er sich in allem, was geschehen ist, mit seinem Stellvertreter. Und weit mehr noch: wie aus Aja 155 unten hervorgeht, identifiziert er sich in seinem Gebet mit seinem ganzen Volk. Hier gibt es wiederum Parallelen dazu, wie sich der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seinem Volk gegenüber verhielt. (Juusuf ‘Allii)

 

Abschnitt 19

152. Wahrlich, diejenigen, die sich das Kalb (zum Götzen) genommen haben, werden dem Zorn ihres Herrn zu spüren be­kommen und die Erniedrigung im dies­seitigen Leben.437 So belohnen Wir jene, die Lügen erdichten.438

437. Die Folgen äußerten sich auf zweifache Weise:

1. geistig, indem ihnen Allahs Gnade entzogen wurde, und

2. selbst im gegenwärtigen irdischen Leben darin, dass die Rechtschaffenen die Gesellschaft des Ungerechten meiden und er somit isoliert ist. (Juusuf ‘Allii)

Nach dem Sündenfall wird in der rabbinischen Theologie die Verehrung des Goldenen Kalbes als die Sünde angesehen, die dem Volk Israel die schwerwiegendsten Folgen eintragen hat. "Israel hat kein Unheil erlitten, das nicht teilweise eine Strafe für die Verehrung des Goldenen Kalbes darstellt" (The Jewish Encyclopaedia). (Darjabaadi)

438. Im gesamten Qur’an wird dieser Ausdruck benutzt, um folgende Phänomene zu bezeichnen:

a) die Zuschreibung Eigenschaften Allahs zu irgendeiner konkreten oder imaginären Person, und

b) falsche Aussagen über Allah, Seine Attribute oder den Inhalt Seiner Botschaften. Im obigen Zusammenhang bezieht er sich auf jede Art von falscher Vorstellung, die den Menschen von der Verehrung des Einen Allahs abbringt. (Asad)

Dies gilt für alle Menschen, die falsche Aussagen über Allah machen oder anderen Wesen als Allahs Eigenschaften zuschreiben, bis zum Jüngsten Tag, und ohne Rücksicht auf ihre Volkszugehörigkeit. (Qutb)

 

153. Und jene, die Übles tun, dann aber reuevoll umkehren439 und den Imaan verinnerlichen,440 gegen die ist dein Herr fürwahr nach alledem verzeihend, barmherzig.441

439. Indem sie ihre vergangene Treulosigkeit und Abgötterei aufgeben und ablehnen. (Darjabaadi)

440. Nach ihrer Umkehr. (Darjabaadi)

441. Allah ist nicht despotisch oder vergeltungssüchtig. (Darjabaadi)

Dies enthält ein Urteil und ein Versprechen. Das Urteil gegen diejenigen, die das Kalb verehrten und sich damit den Zorn des Herrn und Erniedrigung im diesseitigen Leben zuzogen. Das Versprechen liegt in der Berücksichtigung Seiner Barm­herzigkeit und des Grundsatzes, dass Allah jenen verzeiht, die reuevoll zurückkehren. (Qutb)

 

154. Als sich Muusas Zorn gelegt hatte, nahm er die Tafeln wieder auf.442 In dem, was auf ihnen aufbewahrt ist, ist Rechtleitung und Barmherzigkeit443 für diejenigen, die vor ihrem Herrn Ehrfurcht empfinden.

442. Die Gesetztafeln, nicht ihre Bruchstücke. Dies bedeutet, dass er sie nicht von sich geworfen und zerschlagen hatte. (Darjabaadi)

443. Das heißt Gebote, die den Menschen auf den richtigen Weg leiten, der schließlich in Allahs Barmherzigkeit endet. (Darjabaadi)

 

155. Und Muusa wählte aus seinem Volk sieb­zig Männer zu dem von Uns festgesetzten Zeitpunkt aus.444 Und als das große Beben sie erfasste,445 sagte er: "Mein Herr! Wenn Du gewollt hättest, hättest Du sie bereits vordem446 und auch mich vernichten können.447 Doch willst Du uns vernichten für das, was die Unwissenden unter uns getan haben? Dies ist wahrlich nichts anderes als eine Prüfung von Dir.448 Durch sie lässt Du irregehen, wen Du willst, und leitest recht, wen Du willst. Du bist unser Schützer. So vergib uns und sei uns barmherzig, denn Du bist der beste der Vergebenden.

444. Siebzig von denen, die nicht das Kalb angebetet hatten. (Darjabaadi)

Siebzig von den Ältesten wurden ausgesucht und auf den Berg mitgenommen, aber an einem Ort zurückgelassen, der sich in einigem Abstand von der Stelle befand, wo Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, mit Allah gesprochen hatte. Sie sollten stille Zeugen sein, aber ihr Imaan war noch nicht vollkommen, und sie wagten es, zu Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu sagen: "Wir wollen nicht eher den Imaan verinnerlichen, als bis wir Allah mit eigenen Augen gesehen haben," (vergleiche Suura 2:55). Sie wurden von Donner und Blitz betäubt und wären ohne Allahs Barmherzigkeit und Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Fürsprache für sie vernichtet worden. (Juusuf ‘Allii)

Bibel und Talmud erwähnen dieses Ergebnis nicht, obgleich die Bibel sagt, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erneut auf den Berg gerufen wurde, um anstelle der zerbrochenen Gesetzestafeln neue zu empfangen (vergleiche Exodus, Kapitel 34). (Mauduudi)

Über den Grund für die Erwählung der siebzig Vertreter gibt es verschiedene Überlieferungen. Möglicherweise sollten sie Reue bekunden und Vergebung für die Kinder Israels erbitten für die Sünden, die sie begangen hatte. In Suura 2:54 wird die Buße erwähnt, die ihnen auferlegt wurde, nämlich, dass die Folgsamen die Schuldigen töten sollten; diesem Gebot kam das Volk nach, bis Allah ihnen erlaubte, es genug sein zu lassen, und ihre Buße annahm. (Qutb)

445. "Radschfa": eine gewaltige Erschütterung, ein Erdbeben. Meiner Ansicht nach bezieht es sich auf dasselbe Ereignis wie das Wort "Sa'iqa" in Suura 2:55, wo Blitz und Donner das Gebirge erzittern ließen. (Juusuf ‘Allii)

Die meisten Kommentatoren sind der Meinung “Radschfa“ bedeute hier "Erdbeben", so wie es offensichtlich an anderen Stel­len im Qur’an der Fall ist (beispielsweise in den Ajas 78 und 91 dieser Suura). Wir müssen jedoch bedenken, dass dieses Wort jede "gewaltsame Erschütterung" bezeichnen kann. Da kein Grund zu der Annahme besteht, hier sei ein Erdbeben gemeint, können wir auch annehmen, dass das gewaltsame Beben, das die siebzig Ältesten ergriff, ein Zittern aus Reue und Furcht vor Gottes Strafe war. (Asad)

446. Bevor sie mit mir an diesen Ort gekommen sind. (Darjabaadi)

447. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist schuldlos, aber er identifiziert sich mit seinem ganzen Volk und setzt sich für dieses ein. Er erkennt, dass es eine Prüfung war, in der einige Menschen versagt haben. Ein solches Versagen ist strafwürdig. Er bittet jedoch um Gnade für alle, die aus Schwäche und nicht aus Trotz gefehlt haben und aufrichtig umgekehrt sind, obgleich alle, die abtrünnig geworden sind, in unterschiedlichem Grade Strafe verdient haben. (Juusuf ‘Allii)

448. Vergleiche Suura 2:26. (Juusuf ‘Allii)

Jede Prüfung ist entscheidend für die Menschen: wie die Spreu vom Weizen trennt sie das Wertlose aus einer gemischten Masse heraus. Bei solchen entscheidenden Anlässen geht der Erfolgreiche nur durch Allahs Gnade und Hilfe unbeschadet aus dieser Prüfung hervor. (Mauduudi)

 

156. Und bescheide uns Gutes in diesem Leben und im Jenseits. Wir haben uns wahrlich Dir in Reue zugewandt."449 Er sagte: "Mit Meiner Strafe treffe Ich, wenn Ich will,450 doch Meine Barmherzigkeit umfasst alle Dinge.451 Aber Ich habe sie für jene bestimmt, die mutaqi sind und ’Sakat geben452 und für jene, die an Unsere Zeichen den Imaan verinnerlichen,- 453

449. In Demut und Aufrichtigkeit. (Darjabaadi)

Wir sind zu Dir zurückgekehrt und bitten um Deine Hilfe. (Qutb)

450. Dies geschieht in Übereinstimmung mit Allahs absolutem Willen, der sich nur nach Recht und Gerechtigkeit richtet und nach dem Verdienst des Menschen. Denn Gerechtigkeit ist eine der Eigenschaften Allahs. (Qutb)

451. Allahs Barmherzigkeit ist in allen Dingen und für alle Dinge. Die gesamte Natur verfolgt eine gemeinsame Zielsetzung zum Wohl aller Seiner Geschöpfe. Unsere Fähigkeiten und Verständnismöglichkeiten sind alle Beispiele für Seine Gnade und Barmherzigkeit. Jedes Einzelwesen unter Seinen Geschöpfen hat Nutzen von den anderen und empfängt diesen als Allahs Gnade ihm selbst gegenüber; und es trägt seinerseits zum Wohl der anderen bei und ist insofern ein Teil von Allahs Barmherzigkeit diesen gegenüber. Seine Barmherzigkeit ist allumfassend und überall anwesend, während Seine Gerechtig­keit und Strafe denen vorbehalten ist, die gegen Seinen Plan handeln. (Juusuf ‘Allii)

Auch: Liebe und Fürsorge. (Darjabaadi)

Allah beherrscht Seine Schöpfung durch Seine Barmherzigkeit, nicht durch Seinen Zorn. Immer bringt Er Seinen Geschöp­fen Bannherzigkeit entgegen und zeigt Seinen Zorn nur denen, die sich gegen Ihn auflehnen und hochmütig sind. (Mauduudi)

Vergleiche auch Suura 6: 12 und 6:54. (Asad)

452. Zu Sakat siehe Fußnote 58 zu 1:43. (Anm. d. Übers.)

453. Auf die persönliche Gnade und Barmherzigkeit sowie auf deren Gegenteil bezieht sich das persönliche Fürwort "Ich", während sich das Pronomen "Wir" im PlurAlliis majestatis auf das unpersönliche Gesetz bezieht, nach dem Allahs Zeichen in Seinem Universum zusammenwirken. (Juusuf ‘Allii)

 

157. Jene, die dem Gesandten folgen, dem des Lesens und Schreibens unkundigen Propheten,454 dessen Eigenschaften sie bei sich erwähnt finden,455 in der Tho­ra456 und im Evangelium.457 Er gebie­tet das Rechte458 und verwehrt ihnen Unrecht,459 und er erlaubt ihnen das Gute und verbietet ihnen das Schlechte460 und nimmt die Bürde und die Fes­seln,461 die ihnen angelegt waren, von ihnen. -Diejenigen also, die an ihn den Imaan verinnerlichen, ihn unterstützen und ihm hel­fen und dem Licht462 folgen, das mit ihm herabgesandt worden ist,463 die sind wahrlich die Erfolgreichen.464

454. Dem Propheten des Islam. (Darjabaadi)

Nach der Antwort auf Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Gebet im vorigen Aja nimmt der Qur’an hier die Gelegenheit wahr, zur Nachfolge des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufzurufen, unter Hinweis auf die Vorhersagen in den früheren Schriften. (Mauduudi)

455. Dieser Aja ist das Zitat einer Voraussage des Propheten Muchammed, des Letzten der Propheten, an Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. Vorhersagen befinden sich in der Thora und dem Evangelium. In der heute von den Juden akzeptierten Form der Thora (Deuteronomium 18:15) sagt Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen"; der einzige Prophet, der eine Scharii'a wie Muusa brachte, war Muchammed, und stammte aus der Nachkommenschaft Ismails, des Bruders von Ishaaq, der Israels Stammvater war. In der Fassung des Evangeliums, wie es heute bei den Christen akzeptiert wird, verspricht Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einen weiteren "Tröster": siehe Johannes 14: 16. (Juusuf ‘Allii)

456. Einige weitere Beispiele für Hinweise auf den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, im Alten Testament:

-Deuteronomium 33:2. Nach Muusa (vom Berg Sinai) und 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, (von Seir) kommt die Anspielung auf den Berg Paran, der bei Mekka liegt, wo der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geboren wurde. Er war es, der schließlich als Sieger mit 10.000 seiner Gefährten die Stadt betrat und "ein feuriges Gesetz in seiner Hand hielt".

-Genesis 17:20. Dieses Versprechen Allahs, Ismail zu segnen, fand seine vollkommene Erfüllung in der Person des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm.

-Genesis 49: 10. Erst nach der Ankunft dieses Gesandten aus dem Volk der Ismaeliten fand das Prophetentum in Israel sein Ende, und unter ihm scharten sich die Völker der Welt zusammen.

-Psalm 45:17. "Muchammed" bedeutet wörtlich "der Gepriesene". Sein Name, zusammen mit dem seines Schöpfers, wird täglich fünf mal von den Moscheen überall in der Welt ausgerufen.

-Jesaja 42:1-4. Hier geht es um Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den "Gottesknecht", Seinen Auserwählten (Mustafa), der "das Recht unter die Heiden bringt". (Darjabaadi)

457. Einige weitere Beispiele für Hinweise auf den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, im Neuen Testament:

-Matthäus 21:42-44. Es geht um die Nachkommen Israels, die so lange von den Juden und Christen verachtet worden waren. Gerade ein solcher Ismailit war es, der schließlich die höchste Ehre erlangte.

-Lukas 24:49. Nach Ankunft des Propheten wurde die bis dahin Jerusalem erwiesene Ehrerbietung auf die Ka'ba in Mekka übertragen.

-Johannes 1:19-25. Die Gelehrten befragen Johannes, den Täufer, und es geht eindeutig daraus hervor, dass sie außer Iljas und Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, noch einen weiteren Propheten erwarten, der so gut bekannt war, dass die Bezeichnung "der Prophet" genügt.

–Johannes 7:40-41. Eine weitere deutliche Bezugnahme auf "den Propheten".

-Johannes 14: 16; 15:26; 16:8-13. Alle diese Beschreibungen des "Trösters" passen genau auf den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dieser letzte Prophet brachte eine bleibende Botschaft, die von der Wahrheit Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Zeugnis ablegte und "in aller Wahrheit leitete". Vor allem gab er Allahs Wort so weiter, wie er es empfangen hatte. (Darjabaadi)

458. Was Vernunft und Gesetz gutheißen. (Darjabaadi)

459. Was Vernunft und Gesetz verabscheuen und ablehnen. (Darjabaadi)

460. Er erlaubt die guten und reinen Dinge, die sie selbst für verboten erklärt haben, und verbietet jene schlechten und abscheu­lichen Dinge, die sie für erlaubt erklärt haben. (Mauduudi)

461. "Adschfal": Plural von "dschul", ein Eisenkragen, ein Joch. In dem Formalismus und der Exklusivität der Juden lagen viele Restriktionen, die durch den Islam aufgehoben wurden, in ihm gibt es Freiheit im Imaan an Allah, von Universalität in der Vielfalt der Völker, Sprachen, Traditionen und Kulturen. (Juusuf ‘Allii)

Es befreit sie von den Belastungen, die ihnen von der Haarspalterei ihrer Rechtsgelehrten und der überspitzten Frömmigkeit ihrer religiösen Führer sowie durch die abergläubischen Restriktionen und TAbuus des gewöhnlichen Volkes auferlegt worden waren. Er macht ihr Leben frei von Fesseln, die sie selbst angelegt haben. (Mauduudi)

Dies bezieht sich auf die zahlreichen komplizierten Rituale und Verpflichtungen, die im Gesetz Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, festgelegt sind, sowie auf die Tendenz zur Askese, die in den Lehren der Evangelien zum Ausdruck kommt. Der Qur’an weist darauf hin, dass diese "Belastungen" oder "Fesseln", die als Mittel der geistigen Disziplin bestimmten Gemeinschaften auferlegt wor­den waren und bestimmten Stadien in der Entwicklung des Menschen entsprechen, unnötig waren, sobald Allahs Bot­schaft an die Menschen vervollkommnet ist. (Asad)

462. Das das Leben jedes Menschen erleuchtet, der sich davon leiten lässt. (Darjabaadi)

463. Das Licht, dass mit ihm herabgesandt wurde: "Mit ihm", nicht "zu ihm", wodurch betont werden soll, dass das Licht, das er brachte, jeden erleuchtet, der sich dieser universalen Bewegung anschließt. (Juusuf ‘Allii)

464. "Falah": Erfolg sowohl im allgemeinen als auch im geistigen Sinne. Rechtes Verhalten ist das Tor zu Glück und Wohlbefinden. Im geistigen Sinne ist Imaan mit seinen Früchten das Tor zu Heil und Frieden. (Juusuf ‘Allii)

Abschnitt 20

158. Sprich: ,,O ihr Menschen!465 Ich bin wahrlich der Gesandte Allahs für euch alle466 –Desjenigen, Dem die Herrschaft über Himmel und Erde ge­hört.467 Es gibt keine Gottheit außer Ihm. Es ist es, Der Leben gibt und ster­ben lässt. So verinnerlicht den Imaan an Allah und an Sei­nen Gesandten -an den des Lesens und Schreibens unkundigen Prophe­ten,468 -der an Allah und Seine Wor­te469 den Imaan verinnerlicht hat. So folgt ihm, damit ihr rechtgeleitet sein möget.470

465. Beachte die universale Anrede. Die Botschaft des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist an die ganze Menschheit gerichtet, nicht an ein bestimmtes Volk. (Darjabaadi)

466. Bisher haben wir in dieser Suura von verschiedenen Propheten gehört, die mit ihrer jeweiligen Botschaft an ihr jeweiliges Volk gesandt worden waren. In jeder dieser Lebensbeschreibungen gibt es eine Art Vorausblick auf den Lebenslauf des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Jetzt werden wir aufgefordert, den Aufruf des letzten Propheten zu hören, der an die ganze Menschheit gerichtet ist. Wir brauchen uns nicht länger mit Teilwahrheiten abzugeben. Es geht nicht darum, Israel aus der Knecht­schaft zu befreien, Midjan Geschäftsethik zu lehren, Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk von sexuellen Perversionen abzubringen, die Samud von

Größenwahn und Machtmissbrauch oder die 'Ad von Arroganz und Ahnenkult. Wir werden ganz schlicht mit dem Problem von Leben und Tod, mit der Botschaft von Allahs an die ganze Menschheit konfrontiert. (Juusuf ‘Allii)

Dieser Aja ist mitten in die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und den Kindern Israels eingeschoben, um den vorherigen Abschnitt näher zu erläutern. Jeder der früheren Propheten war allein zu seinem eigenen Volk gesandt: so wendet sich das Alte Testament nur an die Kindes Israels, und selbst 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, dessen Botschaft eine größere Tragweite hatte, betrachtete sich selbst als "nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel" (Matthäus 15:24) gesandt. Im Gegensatz dazu ist die Botschaft des Qur’an universal und weder zeitgebunden noch durch eine besondere kulturelle Umwelt bedingt. Deswegen wird der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dem diese Botschaft offenbart wurde, als "Barmherzigkeit für alle Welten" (Suura 21: 107) bezeichnet sowie in Suura 33:40 als "Siegel aller Propheten", das heißt als der Letzte von ihnen. (Asad)

467. Diese, die letzte und vollständige Botschaft. Sie ist nicht auf ein Land oder eine Geschichtsepoche beschränkt wie die Botschaften, die zuvor gekommen waren. Jede dieser Botschaften enthielten einige Änderungen und Richtigstellungen der Gesetzgebung, entsprechend der menschlichen Entwicklung. Schließlich kam die letzte Botschaft vollkommen und unab­änderlich in ihrer Wurzel, doch anpassungsfähig an jede Erneuerung in sekundären Dingen. Sie kam für alle Menschen, da es nach ihr keine Botschaft mehr geben wird -an niemanden und nirgendwo. Dieser Aja, der den Propheten beauf­tragt, seine Botschaft an die gesamte Menschheit zu richten, ist ein Mekkanischer Aja. Er tritt den Behauptungen entge­gen, die besagen, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der seine Botschaft zuerst nur an die Mekkaner gerichtet hatte, erst durch den dort erlangten Erfolg dazu übergegangen sei, seine Botschaft den Schriftbesitzern zu überbringen, und daraufhin habe er seine Botschaft über die Grenzen der arabischen Halbinsel hinausgetragen. (Qutb)

468. Der Begriff "'ummi" (wörtlich: "ungelehrt"), wie er hier und in Aja 157 oben auf den Propheten angewandt wird, hat drei besondere Bedeutungen:

1. Er war nicht in den menschlichen Wissenschaften versiert; dennoch besaß er höchste Weisheit und eine wunderbare Kenntnis früherer heiliger Schriften. Beides waren Zeichen seiner Inspiration. Es war ein Wunder höchster Art, ein "Zeichen", das jeder kritisch überprüfen konnte und bis jetzt überprüfen kann.

2. Alles organisierte menschliche Wissen tendiert dahin, "zementiert" zu werden und die Färbung oder den Geschmack einer bestimmten Denk­richtung anzunehmen. Der höchste Lehrer sollte frei von diesen Färbungen und Tendenzen sein, so wie eine saubere Tafel benötigt wird, wenn eine besonders eindrucksvolle und klare Botschaft darauf geschrieben werden soll.

3. In Suura 3:20 und 62:2 wird diese Bezeichnung auf die kaafir Araber angewandt, da sie vor der Erscheinung des Islams ungelehrt und unwissend waren. Der Letzte und Größte aller Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte unter ihnen berufen und ihre Sprache zum Träger des neuen, vollen universalen Lichts werden: auch dies hat eine besondere Bedeutung. (Juusuf ‘Allii)

469. Auch: "Seine Gebote". (Darjabaadi)

470. Es gibt keine Hoffnung, dass die Menschen durch das, wozu der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sie anruft, rechtgeleitet werden, wenn sie nicht gewillt sind, ihm zu folgen. Und es genügt nicht im Herzen daran den Imaan zu verinnerlichen, wenn der Imaan nicht in die Tat umgesetzt wird. Nur das ist die wahre Hingabe. (Qutb)

 

159. Und unter dem Volk Muusas gibt es eine Schar, die zur Wahrheit leitet und dementsprechend gerecht handelt.471

471. Nämlich Menschen wie die, von denen in Suura 3: 113-115 die Rede ist. Mit diesem Aja kehrt die Erörterung zur moralischen Geschichte der Kinder Israels zurück. Die Betonung der Tatsache, dass es immer unter ihnen rechtschaffene Men­schen gegeben hat, soll diese Rechtschaffenheit in Kontrast setzen zu der aufrührerischen Sündhaftigkeit, derer sich die meisten von ihnen ihre ganze biblische Geschichte hindurch schuldig machen. Gleichzeitig liefert dies Hinweise darauf, dass, auch wenn das Fehlverhalten einiger ihrer Mitglieder oft ganze Gemeinschaften ins Verderben stürzt, Allah die Men­schen individuell beurteilt, nicht kollektiv. (Al-Manar)

So waren sie, als Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, unter ihnen weilte, und auch nach Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gab es Leute, die andere mit der Wahrheit rechtleiteten und gerecht unter den Menschen urteilten. Unter diesen gab es auch einige, die die Botschaft des letzten Gesandten, des "ungelehrten" Propheten annahmen, den sie aus der ihnen bereits vorliegenden Thora kannten. Einer der ersten von Ihnen war' Abdullah ibn Salam, ein bekannter Gefährte des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, der die Juden seiner Zeit ständig an das erinnerte, was die Thora über den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, enthielt. (Qutb)

 

160. Und Wir teilten sie in zwölf Stämme zu Gemeinschaften auf,472 und Wir gaben Muusa ein, als sein Volk ihn um Wasser bat: "Schlage mit deinem Stab auf den Fels."473 Da brachen aus ihm zwölf Quellen hervor, so dass jeder Stamm sei­ne Trinkquelle kannte.474 Und wir ließen die Wolken Ihnen Schatten spenden und sandten ihnen Manna und Wach­teln475 herab. (Und Wir sagten zu ih­nen): "Esst von den guten Dingen, die Wir euch bereitet haben. Und sie taten nicht Uns Unrecht, sondern sich selbst fugten sie Unrecht zu.476

472. Wir kommen nun zu einigen Ereignissen in der jüdischen Geschichte, auf die Suura 2:57-60 Bezug nimmt. Hier haben sie eine besondere Bedeutung für die Zeit, als der Islam in Mekka verkündet wurde. Die zwölf Stämme werden auf Jaquubs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zwölf Söhne zurückgeführt, vergleiche Suura 12. (Juusuf ‘Allii)

Vergleiche Genesis 49:28 und Exodus 28:21. (Darjabaadi)

Die zwölf Stämme umfassten die Nachkommen von zehn Söhnen Jaquubs und zwei Söhnen Juusufs, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. Die zwölf Männer, die an die Spitze ihres jeweiligen Stammes gestellt wurden, waren für dessen moralische, religiöse, gesellschaftliche, kul­turelle und militärische Haltung verantwortlich. Der Stamm der Propheten Muusas und Haruuns, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, die Leviten (nach Levi, dem zwölften Sohn Jaquubs), wurde ausgelassen. Er wurde nicht unter die übrigen zwölf Stämme Israels gezählt, sondern als separate Gemeinschaft organisiert. Ihm wurde die Aufgabe anvertraut, für das religiöse und geistige Wohlergehen aller Stämme Israels zu sorgen. (Mauduudi)

473. Die Sinaihalbinsel ist ein fast wasserloses Gebiet. Hier und da kann in den Wadis nach etwas Wasser gegraben werden. (Darjabaadi)

474. Die oben erwähnte Einteilung war einer der großen Gnadenerweise Allahs gegenüber den Kindern Israels. Drei weitere werden hier erwähnt:

1. die wunderbare Wasserversorgung während ihres Aufenthaltes auf der Sinaihalbinsel;

2. dass der Himmel mit Wolken bedeckt war, um sie vor der sengenden Sonnenhitze zu schützen;

3. die wunderbare Versorgung mit Manna und Salwa. (Mauduudi)

475. "Manna" ist eine weißliche Flüssigkeit, die wie ranzige Regentropfen vom Himmel herabkommt. Ihr Geschmack ist süßlich, wie der des Honigs, aber ihre Konsistenz gleicht eher dem Leim. "Salwa" ist der Name eines Vogels, der den Wach­teln ähnelt. (Al-Manar)

476. Nicht uns taten sie Unrecht, indem sie Undankbarkeit gegenüber unseren Gnadenerweisen zeigten, sondern dieses Unrecht taten sie sich selbst an. (Al-Manar)

Vergleiche Suura 2:57. (Juusuf ‘Allii)

 

161. Und (gedenket der Zeit) als zu ihnen ge­sagt wurde: "Bewohnt diese Stadt477 und esst von ihren (Gaben),478 wo im­mer ihr wollt und bittet um Vergebung, doch tretet in Demut ein durch das Tor, auf dass Wir euch eure Missetaten ver­zeihen. Wir werden denen, die Gutes tun, (ihren Lohn) vermehren."

477. Einige weitere Ereignisse aus der Geschichte der Kinder Israels werden hier wiedergegeben, um zu illustrieren, wie ihre Reaktion auf die von Allah erwiesenen Wohltaten war. Durch Ungehorsam und Rebellion stürzten sie sich allmählich selbst in die tiefste moralische Tiefe. (Mauduudi)

478. Wie in Suura 7:19 können wir hier "essen" etwas weiter fassen im Sinne von "die guten Dinge des Lebens genießen". (Juusuf ‘Allii)

 

162. Doch diejenigen von ihnen, die Unrecht taten, vertauschten das Wort mit einem, das ihnen nicht gesagt ward. So schickten Wir ihnen eine Bestrafung vom Himmel herab für das Unrecht, das sie zu tun pflegten.479

479. Vergleiche Suura 2:58-59. Die Geschichte wird hier als Parabel erwähnt, aus der Lehren für die Zeit des Islam zu ziehen sind. Deswegen gibt es einige Veränderungen im Wortlaut, beispielsweise "bewohnt diese Stadt" statt "betretet diese Stadt". (Juusuf ‘Allii)

Allah schickte die Strafe vom Himmel, so wie Er zuvor Manna und Salwa vom Himmel geschickt hatte. Der Qur’an verzich­tet darauf zu erwähnen, um was für eine Strafe es sich hier handelt, da es hier nur darum geht zu zeigen, was dem Wider­stand gegenüber Allahs Wort folgt. (Qutb)

Abschnitt 21

163. Und frage sie480 über die Stadt, die nahe am Meer war,481 die das Sabbatge­bot mißachtete.482 Als nur am Tag des Sabbats die Fische gut sichtbar zu ihnen kamen, und an jenen Tagen, an denen sie keinen Sabbat hielten, sie nicht kamen.483 Auf diese Weise prüften Wir sie, weil sie zu freveln pflegten.484

480. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird hier von Allah aufgefordert, die Juden nach diesem Ereignis zu fragen, das ihnen aus ihrer eigenen Geschichte bekannt ist. Der Name der Küstenortschaft wird nicht erwähnt, denn er ist den Angesprochenen bekannt. Bei dem Ereignis selbst spielte eine dort ansässige Gemeinschaft der Kinder Israels die entscheidende Rolle. (Qutb)

481. Die Einwohner dieser Ortschaft. Es handelt sich um den Hafen Allah (Elath), das moderne Aqaba an der Nordostspitze des Rotes Meeres. (Darjabaadi)

482. Die Kinder Israels baten Allah, ihnen einen Tag der Ruhe zu bestimmen, an dem sie sich nur mit 'Ibaada beschäftigen wollten. So bestimmte Er ihnen hier für den Sabbat. (Qutb)

Vergleiche auch Suura 2:65. Wie jene andere Arbeit, so war auch das Fischen am Sabbat verboten. Da dieses Gebot normalerweise eingehalten wurde, kamen die Fische an diesem Tage mit einem besonderen Gefühl der Sicherheit an die Wasseroberfläche und in flachere Gewässer, nicht aber an den anderen Tagen, wo das Fischen erlaubt war. Dies war eine große Versuchung für die Gesetzesbrecher, der sie nicht widerstehen konnten. Einige rechtschaffene Menschen protestierten dagegen, aber ohne Erfolg. Als ihr Vergehen, das sich, wie wir annehmen können, auch auf andere ungesetzliche Handlungen ausgeweitet hatte, dass Maß überstieg, kam die Strafe. Sie wurden von ihrem eigenen Volk verachtet und wurden wie Affen, ohne Gesetz und ohne Ordnung und Anstand. (Juusuf ‘Allii)

483. Mit dieser Bestimmung wollte Allah sie prüfen, um sie zu erziehen und sie zu lehren, ihren Willen gegenüber Verlockungen und Begierden zu stärken. Dies war wichtig für die Kinder Israels, deren Charakter und Wille durch die lange Zeit der Erniedrigung und Unterdrückung verdorben und geschwächt worden war. (Qutb)

Wörtlich: "an einem Tag, an dem sie nicht den Sabbat hielten." Unter dem Gesetz Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, waren die Menschen ver­pflichtet, sich jeder Arbeit zu enthalten, mit dem Ergebnis, dass die Fische an diesem Tag zahlreicher waren und sich bis ans Ufer heranwagten. Die Einwohner dieser Stadt nahmen das als Entschuldigung, den Sabbat zu brechen. Da der Qur’an weder den Namen dieser Stadt erwähnt noch irgendwelche Hinweise auf die historische Periode gibt, in er dies geschah, können wir annehmen, dass die Geschichte von den Sabbatbrechern, die im Qur’an öfter angesprochen wird, eine allgemei­ne Illustration der Tendenz zur Übertretung ihres Gesetzes irdischen Gewinns wegen ist, die so oft bei den Kindern Israels zum Ausdruck kommt. Obwohl nach der islamischen Lehre das Gesetz Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abrogiert worden ist, weist der Qur’an immer wieder auf seine Rolle in der Geschichte der monotheistischen Religionen hin und betont immer wieder seine (zeitgebundene) Bedeutung als Mittel, die geistige Disziplin der Kindes Israels zu stärken. Ihre wiederholten, absichtlichen Verstöße gegen das Gesetz Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, werden als Zeichen ihrer rebellischen Haltung gegenüber dieser Disziplin und so gegenüber Allahs Geboten allgemein aufgezeigt. (Asad)

484. Auch die alttestamentlichen Propheten kritisieren wiederholt das Verhalten der Kinder Israels am Sabbat. Vergleiche Jeremia 17:21-27, HesekieI20:12-24 und andere Stellen. (Mauduudi)

Die Juden umgingen das Sabbatgebot, indem sie; Vorrichtungen bauten, in die die Fische hineinschwimmen konnten, aus denen sie aber nicht wieder herauskamen. Sobald der Sabbat vorüber war, brauchten sie diese nur noch an Land zu ziehen und die Fische herauszuholen. (Darjabaadi)

Dieses Phänomen konnte nur durch Allahs Ermächtigung zustande kommen. Eine Gruppe hielt dieser Prüfung nicht stand und vergaß ihre Versprechen gegenüber Allah. Sie wendeten keine List an, um trotz des Sabbats an die Fische zu kommen. Dies ist das Ergebnis, wenn man nur die Buchstaben des Gesetzes beachten muss und die Taqwa aus dem Herzen schwindet. Das Gesetz wird nicht durch seine Buchstaben bewahrt, sondern wird durch mutaqi Herzen geschützt. (Qutb)

 

164. Und (gedenke der Zeit) als einige485 von ihnen sagten: Warum ermahnt ihr ein Volk,486 das Allah vernichten oder mit einer strenger Strafe belegen wird?" Da sagten sie: "Um uns von der Schuld freizusprechen vor eurem Herrn487 und auf dass sie mutaqi werden mögen."

485. Wörtlich: "eine Gemeinschaft" -offensichtlich Menschen, die, während sie nicht aktiv gegen diese Umweltsünde ein­schreiten konnten, nicht selbst an dieser Sabbatverletzung teilnahmen. (Asad)

486. Es gibt immer Menschen, die sich -zweifellos aufrichtig -fragen, was es überhaupt nützt, den Bösen Ratschläge zu geben. Hier bekommen sie eine Antwort:

1. jeder Mensch, der Böses sieht, soll sich dagegen aussprechen; das ist seine Pflicht gegenüber Allah;

2. es besteht immer die Möglichkeit, dass die Warnungen und Ermahnungen wirksam sind und einige Menschen retten. Dieser Abschnitt hat eine besondere Bedeutung für die Zeit, als der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Mekka ohne sichtbaren Erfolg predigte. Aber er ist auch auf jede andere Zeit anwendbar. (Juusuf ‘Allii)

487. Es ist nämlich Pflicht des Menschen gegenüber Allah, Gutes zu gebieten und Böses zu verwehren. (Qutb)

 

165. Und als sie das vergaßen, wozu sie ermahnt worden waren,488 da retteten Wir jene, die vom Bösen abhielten. Doch wir erfassten jene, die Unrecht ta­ten, mit einer schlimmen Strafe, weil sie sich des Frevels schuldig gemacht hatten.489

488. Das heißt absichtlich missachteten. (Darjabaadi)

489. In dieser Stadt gab es offensichtlich drei Arten von Menschen. Erstens solche, die sich offen und absichtlich gegen die Gebote Allahs vergingen. Dann gab es solche, die zwar nicht selbst die Gesetze brachen, aber schweigend zusahen, wie die anderen es taten: sie erklärten denen, die mahnten und warnten, es sei sinnlos, verstockten Gesetzesbrechern Rat­schläge zu geben. Schließlich gab es auch diejenigen, die genügend Ehrgefühl hatten, solche offenen Verstöße gegen Allahs Gesetz nicht zu ertragen. Sie ermahnten die Gesetzesbrecher zu besserem Verhalten und Verzicht auf das Böse in der Hoffnung, sie würden zum rechten Weg zurückkehren. Als Allahs Strafgericht über diese Stadt hereinbrach, waren letzte­re entsprechend diejenigen, die davor gerettet wurden. (Mauduudi)

 

166. Und als sie dem zuwider handelten, was ihnen verboten worden war, sagten Wir zu ihnen: "Ihr sollt (wie) ausgestoßene Affen sein!"490

490. Nachdem die Israeliten selbst am Sabbat ihren Erwerb nicht unterlassen wollten, sind sie auf das Niveau der Tiere herabgesunken, die keinen freien Willen besitzen und sich nur von ihren Bäuchen leiten lassen. Dabei müssen sie nicht unbedingt körperlich in Affen verwandelt worden sein, sondern vielmehr in ihrem Denken und Fühlen, was sich wiederum in ihren Gesichtszügen und ihrer Haltung geäußert haben mag. Oft prägen Charaktereigenschaften die äußere Erscheinung des Menschen. (Qutb)

Mit der Meinung, dass die Verwandlung vor allem geistiger Natur war, stimmen verschiedene Kommentatoren überein. Andere dagegen sind der Ansicht, die Israeliten seien tatsächlich zu Affen geworden. Siehe auch Suura 7:163-166; (Anm. d. Übers.)

Nach ’Samahsari und Ra’si ist der Ausdruck "Wir sprechen zu Ihnen" hier gleichbedeutend mit " Wir entscheiden für sie". Allahs Sprechen ist in diesem Fall ein Metonym für eine Bekantmachung Seines Willens. Was den Inhalt dieser Willens­erklärung angeht, so erklärt der bekannte Tabi' Mudschahid den Ausdruck "werdet Affen" folgendermaßen: "nur ihre Herzen wurden verwandelt", das heißt, sie wurden nicht (buchstäblich) in Affen verwandelt. Dies ist eine Metapher (mathal) , die Allah in Bezug auf sie geprägt hat, ähnlich der Metapher vom "büchertragenden Esel" (Suura 62:5). Eine ähnliche Erklärung findet sich bei Radschib. Es muss auch daran erinnert werden, dass der Ausdruck "wie ein Affe" oder "affenartig" im klassischen Arabisch oft benutzt wird, um eine Person zu beschreiben, die nicht in der Lage ist, ihre Gier und Leidenschaft unter Kontrolle zu bringen. (Asad)

Die Mehrheit der Tefsirgelehrten ist der Meinung, dass sie tatsächlich in die Gestalt von Affen verwandelt worden sind. Doch Mudschahid meint, dass ihre Herzen wie die der Affen wurden, die nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu erkennen. (Al-Manar)

 

167. Und (gedenke der Zeit) als dein Herr (ihnen) ankündigte,491 Er werde gewiss bis zum Tage der Auferstehung gegen sie492 jene entsenden, die ihnen schlim­me Pein zurügen sollten.493 Wahrlich, dein Herr ist schnell im Strafen, aber dennoch wahrlich verzeihend, barmherzig.494

491. Vergleiche Deuteronomium 11:28: "...den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des Herrn, eures Gottes, und abweicht von dem Wege, den ich euch heute gebiete, dass ihr anderen Göttern nachwandelt, die ihr nicht kennt." Und Deuteronomium 28:49: "Der Herr wird ein Volk über dich schicken von ferne, vom Ende der Erde, wie ein Adler fliegt, ein Volk, dessen Sprache du nicht verstehst..." (Juusuf ‘Allii)

Er verkündete es durch die Propheten Israels. (Darjabaadi)

492. Das Volk Israel. (Darjabaadi)

493. Vergleiche Leviticus 26:17, Deuteronomium 28:33 und Deuteronomium 28:48-51. (Darjabaadi)

Warnungen dieser Art sind seit dem achten vorchristlichen Jahrhundert immer wieder an das Volks Israel ergangen, wie besonders die Bücher Jesaja, Jeremia und der nach ihnen erschienenen Propheten bezeugen. Auch 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sprach in zahlreichen Predigten davon. Auch der Qur’an spricht dieselbe Warnung aus. (Mauduudi)

494. Entsprechend schnell und folgerichtig kommt Seine Strafe über jene Leute, die es verdienen, wie diese Bewohner am Meer. Andererseits nimmt Gott durch Seine Gnade und Barmherzigkeit die Reue dessen an, der umkehrt. Besonders gilt dies auch für jene unter den Kindern Israels, die dem letzten Propheten folgten, den sie bei sich in der Thora (wie auch die Christen im Evangelium) beschrieben finden. Seine Strafe kommt nicht als Rache, sondern ist die gerechte Vergeltung für jene, die sie verdienen, doch dahinter steckt Vergebung und Barmherzigkeit. (Qutb)

Er ist verzeihend gegenüber jenen, die ihre Sünden bereuen und das wiedergutmachen, was sie auf Erden verdorben haben. (Al-Manar)

 

168. Und Wir unterteilten sie in verschiedene Gemeinden auf Erden. Unter ihnen sind manche, die gerecht sind, und andere, die anders handeln.495 Wir prüften sie mit Gutem496 und mit Schlechtem497, auf dass sie umkehren möchten.498

495. Dies sind die letzten medinensischen Ajas, die in diesem Zusammenhang die Geschichte der Kinder Israels vervollständigen sollen. Die Juden wurden als ein zerstreutes und getrenntes Volk über die ganze Erde verteilt. Unter Ihnen gibt es sowohl Rechtschaffene als auch Ungerechte. (Qutb)

Die religiöse und nationale Minderheit der Juden ist eine der großen Tatsachen der Weltgeschichte. Auch ihre Verfolgung ist noch nicht abgeschlos­sen, soweit man es bis jetzt absehen kann. (Juusuf ‘Allii)

496. Das heißt, Gesundheit und Wohlergehen. (Darjabaadi)

497. Das heißt, Krankheit und Not. (Darjabaadi)

Jede Heimsuchung geschieht aus Barmherzigkeit Allahs gegenüber Seinen Geschöpfen, um sie ständig zu erinnern und der Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit entgegenzuwirken. (Qutb)

498. Wörtlich: "so dass sie (zur Rechtschaffenheit) zurückkehren". (Asad)

 

169. Doch nach ihnen folgten Generationen, die zwar das Buch erbten,499 aber sie griffen nur nach den vergänglichen Gütern dieser Welt und sagten dabei:500 "Uns wird gewiss vergeben werden."501 Doch wenn ihnen ebensolche Glücksgüter dargeboten werden, greifen sie (wieder) danach.502 Ist ihnen nicht die Verpflichtung503 im Buche504 auferlegt worden, nichts als die Wahrheit über Allah zu sagen? Und sie studierten, was darin steht!505 Doch die Wohnstatt des Jenseits ist besser für Mutaqis. Wollt ihr also nicht begreifen?506

499. Die Merkmale dieser Generation, die den Alten aus Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk nachfolgen, ist, dass sie zwar das Buch erbten und es studierten, sich aber weder dessen Lehren anpassten, noch wurden ihre Herzen und ihr Verhalten davon beeinflusst. Dies geschieht immer dann, wenn eine Religion zu einer bloßen einstudierten Kultur und einem auswendig gelernten Wissen herabgewürdigt wird. (Qutb)

500. Lediglich das Erbe einer Schrift oder Lippendienste an dieser machen ein Volk rechtschaffen. Wenn sie den Versuchungen dieser Welt erliegen, wird ihre Heuchelei noch offenkundiger. "Finanzen" sind eine dieser Versuchungen. Vergleiche auch Suura 1:80 und 1:8. (Juusuf ‘Allii)

Dies bezieht sich vor allem auf die Annahme von Bestechungen, um die Rechtsprechung zu manipulieren, und auf die Entstellung der heiligen Schriften. (Darjabaadi)

501. Wir sind nämlich Allahs auserwähltes Volk. (Darjabaadi)

Allah wird uns unsere Gesetzesübertretungen weltlicher Vorteile wegen vergeben; eine Anspielung auf ihren immer noch vorhandenen Irrtum, Allahs auserwähltes Volk zu sein, was immer geschieht. Seine Vergebung ist ihnen angeblich auf­grund der Tatsache zugesichert, dass sie Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Nachkommen sind. (Asad)

502. Vergleiche Exodus 23:8. (Darjabaadi)

Da sie sich auf die Annahme verlassen, Allahs auserwähltes Volk zu sein und damit Anspruch auf Vergebung zu haben, schämen sie sich nicht einmal ihrer schlechten Handlungen und empfinden auch keine Reue darüber. Sie würden sogar bei nächster Gelegenheit wieder ähnliche Fehltritte begehen. (Mauduudi)

503. Vergleiche Exodus 19:5-8, 24:3, 34:27 und viele andere Abschnitte. (Juusuf ‘Allii)

504. Eine Bezugnahme auf die irrige Annahme, Allahs Vergebung könnte ohne aufrichtige Reue erlangt werden. Die in diesem Abschnitt zweimal erwähnte Schrift ist offensichtlich die Bibel. (Asad)

505. Sie können sich nicht auf ihre Unwissenheit berufen. (Darjabaadi)

Sie haben ihre eigenen Schriften studiert und wissen, dass in der Thora nicht von vorbehaltlosem Heil für das Volk Israel die Rede ist. Wenn ihnen weder Allah dies zusagte noch die Propheten es versicherten, welches Recht haben sie dann, Allah etwas zuzuschreiben, was Er ihnen nie zugesagt hat? Ihre Schuld wird außerdem um so größer, als sie ihren Bund mit Allah gebrochen haben. (Mauduudi)

506. Dieser Aja kann auf zwei verschiedene Arten übersetzt werden. In der einen Fassung würde er sinngemäß bedeuten: "Die Wohnstatt des zukünftigen Lebens ist guter Menschen würdig und wird nur den Mutaqis gegeben. Sie ist nicht Monopol eines bestimmten Individuums oder einer bestimmten Familie. Wie sollte es möglich sein, dass jemand straf­würdige Verbrechen begeht und dennoch im zukünftigen Leben einen guten Platz erhält, nur weil er ein Jude ist?" Die zweite Fassung würde ungefähr folgendes bedeuten: "Die Wohnstatt des zukünftigen Lebens ist für die Mutaqis, die das zukünftige Leben einem angenehmen Leben in dieser Welt vorziehen, denn nur Menschen ohne jede Taqwa ziehen die Vergnügungen dieser Welt dem zukünftigen Leben vor. (Mauduudi)

Wenn die Vernunft und nicht die Willkür regiert, und wenn das wahre Wissen und nicht die Torheit, die Wissen genannt wird, entscheiden würde, so sähe jeder, dass das Jenseits weitaus besser ist als die vergänglichen Genüsse dieser Welt. Frömmigkeit wäre die Nahrung für den Imaan und für das Diesseits. (Qutb)

 

170. Und jene, die am Buch festhalten und das Gebet verrichten,507 wahrlich, Wir lassen den Lohn derer, die tugendhaft sind, nicht verloren gehen.

507. Und sich nicht mit Lippendiensten begnügen. (Darjabaadi)

Der Wortlaut "amsaka" (festhalten) ist eine sinnliche Darstellung, die fast zu spüren und zu sehen ist. Sie soll Festhalten mit voller Kraft, Eifer und Stärke bildlich darstellen. Das Festhalten, in diesem Wortlaut verbunden mit den Aufgaben der 'Ibade, hat eine besondere Bedeutung, nämlich, dass man dieses Buch im Leben des Menschen anzuwenden hat, um das Leben in Ordnung zu halten. Zugleich hat man die Aufgaben der ’Ibade zu verrichten, um die Seelen der Menschen gedeihen zu lassen. (Qutb)

 

171. Und (gedenket der Zeit) als Wir den Berg über ihnen wölbten,508 als ob er eine Decke sei und sie dachten, dass er auf sie niederfallen würde. (Und Wir sagten:) "Haltet fest509 an dem, was Wir euch (an Offenbarungen) gegeben haben und gedenket dessen, was dar­in510 (enthalten) ist, auf dass ihr mutaqi werden möget."511

508. Dies ist wahrscheinlich eine Bezugnahme auf ein Erdbeben, das sich zur Zeit der Offenbarung der Gesetzestafeln auf dem Berg Sinai ereignete. (Asad)

Es ist eine Verpflichtung, die nicht vergessen werden darf. An diesem Tag zögerten die Kinder Israels nämlich, den Bund mit Allah einzugehen. Doch angesichts dieses außergewöhnlichen Ereignisses gaben sie ihr Versprechen. So ist es ange­messener, nicht rückfällig zu werden, am Buch festzuhalten und sich stets daran zu erinnern. Doch als sie dies alles vergaßen und in Sünden verfielen, verdienten sie mit Recht Allahs Fluch und Zorn. (Qutb)

509. Vergleiche Suura 2:63. (Anm. d. Übers.)

510. Darin: in der Schrift oder Offenbarung; in dem, was "Wir euch gegeben haben". (Juusuf ‘Allii)

511. Was diese Suura betrifft, so ist dies das Ende der Geschichte der Kinder Israels. Entsprechend der Methode des Qur’ans soll sie ein Anschauungsunterricht für alle Gläubigen sein, welcher Gemeinschaft oder Zeit sie auch angehören; Aus die­sem Grund spricht der nächste Abschnitt auch von den "Kindern Adams", das heißt von der gesamten Menschheit. (Asad)

Abschnitt 22

172. Und (gedenket) als dein Herr aus dem Rückgrat der Kinder Adams ihre Nachkommenschaft hervorbrachte,512 und sie Zeugnis ablegen ließ513 gegen sich selbst, (indem Er zu Ihnen sagte:) "Bin Ich nicht euer Herr?" Sie sprachen: "Doch. Wir bezeugen es."514 (Dies) damit sie nicht am Tage der Auferstehung sagen:515 "Wahrlich, wir waren uns dessen nicht bewusst."516

511. Zu diesem Abschnitt gibt es verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Bedeutet er, dass jedes Individuum in der Nachkommenschaft Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seit seinem Zeiten eigenständig existiert, und dass mit jedem einzelnen von ihnen ein Bund geschlos­sen wurde, der individuell gültig ist? Diese Frage selbst wird jedoch hier nicht gestellt. Der Text bezieht sich auf die Nachkommen der Kinder Adams, das heißt auf die gesamte Menschheit, geboren oder noch ungeboren ohne Zeitbegrenzung. Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Nachkommenschaft setzt seine Existenz fort und trägt sein geistiges Erbe. Die Menschheit als solche hat einen kollektiven Aspekt. Allah hat ihr gewisse Kräfte und Fähigkeiten mitgegeben, deren Besitz uns unsererseits gewisse geistige Verpflichtungen auferlegt, die wir treu erfüllen sollen. Vergleiche auch Suura 5:1. Vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet können diese Verpflichtungen wie ein Teil eines Vertrages gesehen werden. Der vorige Aja bezog sich auf den Bund oder Vertrag mit dem jüdischen Volk. Hier betrachten wir nun den implizierten Bund oder Vertrag mit der ganzen Menschheit, denn die Sendung des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war universal. (Juusuf 'Allii)

Besonders betont wird in dem hier folgenden Kapitel das Thema Einheit Allahs gegenüber Vielgötterei, nachdem die in dieser Suura wiedergegebenen Geschichten dies bereits illustriert haben. Es wurde daran erinnert, dass alle Propheten die Lehre von der Einheit Allahs verkünden und vor dem Ergebnis der Vielgötterei gewarnt haben. Doch dieses Thema soll hier aus einem anderen Aspekt dargelegt werden, nämlich aus der Natur, in der Allah die Menschen erschaffen hat. Er legte sie damit in ihrer späteren Gestalt fest, als sie noch ein winziges Teilchen waren. (Qutb)

513. Nachdem Er sie mit Vernunft und Intelligenz ausgestattet hatte. (Darjabaadi)

Sie sollten Seine Herrschaft aus eigener Erfahrung erkennen und Seine Einzigkeit bezeugen. Damit will der Qur’an die Wahrheit illustrieren, dass die Möglichkeit der Erkenntnis Allahs in der Naturanlage des Menschen angelegt ist. Vergleiche auch Suura 41:53 (Qutb)

514. Auf diese Weise wird der Bund abgeschlossen. Wir bestätigen, dass Allah unser Schöpfer und Erhalter ist, und damit bestätigen wir unsere Verpflichtung Ihm gegenüber. Dass wir uns selbst gegenüber ein solches Zeugnis ablegen, macht uns unsere Verpflichtung bewusst. (Juusuf 'Allii)

Dieser Bund war nicht wie der Bund mit den Kindern Israels auf Steintafeln eingraviert, sondern in das Herz des Menschen. Dass dieses Streben, Allah zu erkennen und Ihm zu gehorchen, einen Teil der menschlichen Vernunft bildet, ist schließlich auch von den Anthropologen erkannt worden, die jetzt von der Annahme abgekommen sind, der Monotheismus sei eine Weiterentwicklung eines primitiven Polytheismus, und jetzt eher die Ansicht vertreten, letzteres sei eine Degeneration des Monotheismus (Urmonotheismus). Nach der Theorie von Andrew Lang und Pater W. Schmidt (Ethnographisches Museum des Vatikan) scheint der Monotheismus tatsächlich am Anfang allen religiösen Denkens ge­standen zu haben. Vergleiche auch Ehrenfels: The Islamic Culture. (Darjabaadi)

Im Originaltext steht der ganze Absatz in der Vergangenheit ("Er brachte hervor", "Er fragte sie" und so weiter), wodurch die ständige Wiederholung der erwähnten metaphorischen "Frage" und "Antwort" betont wird. Ich übersetze daher: "Immer wenn dein Herr ihre Nachkommenschaft aus den Lenden der Kinder Adams hervorbringt...", wodurch die Kontinuität besser zum Ausdruck kommt. Nach Ansicht des Qur’ans ist die Fähigkeit, die Existenz der Allerhöchsten Macht wahrzunehmen, dem Menschen angeboren ("fitra" -"Naturanlage"). Diese instinktive Erkenntnis -die vielleicht in der Folgezeit durch egoistische Regungen oder Umwelteinflüsse verzerrt sein mag -veranlasst jeden geistig gesunden Menschen, "Zeugnis von sich selbst" vor Allah abzulegen. Oft ist im Qur’an auch Allahs "Sprechen" und das "Antworten" des Menschen ein Metonym für Allahs schöpferisches Handeln und die existenzielle Antwort des Menschen darauf. (Asad)

Da am Jüngsten Tag dieser Bund als authentisches Beweisstück gegen die Menschen vorgelegt wird, besteht kein Grund zu der Annahme, es handle sich lediglich um ein symbolisches Ereignis. Der Allmächtige Allah hat uns ins Dasein gebracht und uns Vernunft und Ausdrucksmöglichkeiten gegeben, so dass Er diesen Bund mit uns schließen konnte. (Mauduudi)

515. Als Ausflucht. (Darjabaadi)

516. Wir haben die Bedeutung der Einzigkeit Allahs nicht erkannt. Die in der menschlichen Natur verankerte Sehnsucht nach Gutem bezeugt diesen Urbund mit Allah. (Darjabaadi)

Ibn 'Abbas schildert den Vorgang folgendermaßen: Allah strich über Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Rücken und brachte alle seine Nachkommen hervor, die Er bis zum Jüngsten Tag erschaffen wollte. Er schloss mit ihnen einen Bund, indem Er sie fragte: "Bin ich nicht euer Herr?" Sie antworteten: "Ja." Die Frage, wie dies geschehen konnte, ist ähnlich wie die Frage nach der Bedeutung der Ausdrücke "Er setzte sich auf den Thron" oder "Er wandte sich zum Himmel" oder "Er hält den Himmel in Seiner Rechten" und andere bildliche Ausdrücke im Qur’an. Es fallt uns nicht leicht, diesen Vorgang nachzuvollziehen. Aber Allah ist nicht mit irgend etwas zu vergleichen, und es gibt keine Möglichkeit, Sein Wesen oder die Art und Weise Seines Handelns voll zu erfassen. (Qutb)

 

173. Oder damit ihr (nicht) sagt: "Wahrlich, unsere Väter vor uns haben Nebengötter gehabt517 und wir sind nur Nachkom­menschaft nach ihnen.518 Willst Du uns also vernichten wegen dessen, was jene getan haben, die (Allahs Zeichen) für nichtig erklären?"519

517. Als Entschuldigung für die Abgötterei. (Darjabaadi)

518. Wir haben sie nur nachgeahmt. (Darjabaadi)

519. Willst Du uns etwa für die Sünden unserer Vorfahren strafen? (Darjabaadi)

Die latenten Fähigkeiten im Menschen genügen, ihn den Unterschied zwischen Gut und Böse zu lehren und ihn vor den .Gefahren dieses Lebens zu warnen. Um sie zu erwecken und zu stimulieren, wird jedes Individuum durch eine "innere Stimme" ermahnt und aufgerufen. In ihrem unverfälschten Zustand bestätigt diese die Wahrheit und unterschreibt metaphorisch den Vertrag mit Allah. Es gibt daher für den einzelnen Menschen keinerlei Ausflucht oder Vorwand, weder

1) "ich bin achtlos gewesen", noch

2) "ich kann doch nicht für die Sünden meiner Vorfahren bestraft werden",

denn die Strafe folgt auf seine persönliche Verantwortung und auf seine eigene Weigerung, den Islam anzunehmen und höhere geistige Einflüsse aufzunehmen. (Juusuf 'Allii)

Übrigens ist dieses Bekenntnis zur Einigkeit Allahs nicht nur in der Naturanlage des Menschen verwurzelt, sondern in diesem Dasein an sich. Der Mensch ist nur ein Bruchteil dieser Existenz. (Qutb)

 

174. Auf diese Weise legen Wir die Zei­chen520 dar, auf dass sie umkehren mögen.521

520. "Die Zeichen" sind hier die Wissenseindrücke von der Wahrheit, die im menschlichen Herzen verwurzelt sind und eindeutig auf Allah hinweisen. (Mauduudi)

Es gehört zu Allahs Barmherzigkeit, dass Er Seine Diener erst dann bezüglich dieses Urbundes und ihrer Vernunft zur Rechenschaft zieht, nachdem Gesandte zu ihnen gekommen sind und Er ihnen Seine Zeichen ausführlich darlegen ließ, um ihre lahm gelegte und von der Wahrheit abgewichene Naturanlage (Seele) zu erretten. (Qutb)

521. So dass sich diese Menschen vom Pfad des Irrtums und der Rebellion abwenden und zum Pfad des Gehorsams und des ’Ibade zurückkehren. (Mauduudi)

Sie kehren zurück zu ihrer natürlichen Veranlagung und ihrem Bund mit Allah und zu ihrem scharfen Blick und Verstand, die Allah ihrem Wesen gab. Denn diese Rückkehr ist ein Garant dafür, dass der wahre Monotheismus seine Verwirklichung findet und sie zu ihrem Schöpfer zurückführt, der in ihre Natur das Bekenntnis zur Einzigkeit Allahs gesetzt und ihnen in Seiner Barmherzigkeit Gesandte geschickt hat, sie zu erinnern und zu mahnen. (Qutb)

 

175. Trage ihnen die Geschichte522 desjenigen vor, dem Wir Unsere Zeichen gegeben haben und der an ihnen vorüber ging.523 Deswegen folgte Scheytaan524 ihm, und er verfiel in Irrtum.525

522. Die Kommentatoren sind unterschiedlicher Ansicht darüber, ob diese Geschichte oder Parabel sich auf ein bestimmtes Individuum bezieht und wenn ja, auf wem. Die in diesem Zusammenhang oftmals angeführte Geschichte von Bileam, der von den Feinden des Volkes Israel aufgefordert wurde, dieses zu verfluchen, und es stattdessen segnete (Numeri 22, 23 und 24), unterscheidet sich zu sehr davon. Es ist besser, diese Parabel in einem allgemeingültigen Sinne zu verstehen. Es gibt Menschen mit Fähigkeiten und Reife, denen sich große geistige Möglichkeiten eröffnen, die sie aber versäumen. Scheytaan sieht seine Gelegenheit und umgarnt sie. Statt weiter in die geistige Welt aufzusteigen, werden sie von ihren egoisti­schen und weltlichen Regungen hinabgezogen. (Juusuf 'Allii)

Aus der Formulierung geht hervor, dass es sich nicht um eine imaginäre Person handelt, die für diese Parabel erfunden wurde, sondern um jemanden, der wirklich existierte. Sein Name wird nicht erwähnt, weil auch ohne dies der Zweck erfüllt wird und sonst unnötige Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt worden wäre. Weder im Qur’an noch in den Aussagen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird grundsätzlich jemand namentlich erwähnt, der ein schlechtes Beispiel abgibt. Einige Kommentatoren haben verschiedene Namen genannt, obwohl die Identität dieser Person weder aus dem Qur’an noch aus den Hadi’sen hervorgeht. Die Parabel bezieht sich auf jeden, der sich so verhält. (Mauduudi)

523. Er kannte die Gebote Allahs, aber statt von ihnen Nutzen zu haben, umging er sie und missbrauchte seine Möglichkei­ten. (Darjabaadi)

524. Scheytaan entdeckte seine Gelegenheit und fiel ihm in den Rücken. Beachte die Betonung auf "deswegen". Die Initiative kommt von dem betreffenden Menschen selbst durch seine Entscheidung für den falschen Weg. (Darjabaadi)

525. Wörtlich: "er wurde einer von denen, die in schlimmen Irrtum abgewichen sind." Dieser ganze Aja ist im Originaltext in der Vergangenheit abgefasst, da aber eine Aussage von allgemeingültiger Bedeutung offensichtlich bezweckt wird und nicht, wie einige Kommentatoren annehmen, eine Bezugnahme auf eine bestimmte Person, wird er besser in der Gegen­wart wiedergegeben. Bei dem hier geschilderten Menschenschlag handelt es sich um Leute, die zwar sehr wohl die Botschaft Allahs verstanden haben, sich aber weigern, ihren Wahrheitsgehalt einzugestehen, denn sie halten sich -wie im nächsten Aja gesagt wird -"an die Erde", das heißt, sie werden von einer materiAlliistischen, "irdischen" Einstellung beherrscht. Vergleiche auch das "Geschöpf aus der Erde" in Suura 27:82. (Asad)

 

176. Und wenn Wir gewollt hätten, hätten Wir ihn dadurch526 erhoben, doch er war dem diesseitigen Leben zugewandt und folgte seinen niederen Begierden.527 Sein Gleichnis ist wie das Gleichnis eines Hundes.528 Wenn du auf ihn losgehst, lässt er die Zunge heraushängen, wenn du ihn in Ruhe lässt, hechelt er auch.529 Das ist das Gleichnis jener Leute, die Unsere Zeichen leugnen.530 Darum berichte die Geschichte, damit sie nachdenken mögen.

526. Durch das ihm gegebene Wissen von Allah. Hätte er diesem Wissen entsprechend gelebt, so hätte Allah ihn entsprechend Seinem Willen und Seinen Gesetzmäßigkeiten zu großen geistigen Höhen gelangen lassen. (Darjabaadi)

527. Statt nach Höherem zu streben, wählte er bewusst den Weg von Irrtum und Schuld. "Hawa" bedeutet hier nicht nur "Wunsch" oder "Verlangen", sondern "böse Neigung", "niedere Begierde". (Darjabaadi)

Beachte den Gegensatz zwischen den hohen geistigen Ehren, die er von Allah hätte empfangen können, wenn er Seinem Willen gefolgt wäre, und den irdischen Neigungen, die ihn bis auf die Stufe eines Tieres oder noch tiefer hinabziehen. (Juusuf 'Allii)

528. Dieser Vergleich drückt äußerste Verachtung aus. (Darjabaadi)

529. Besonders in heißem Wetter lässt ein Hund die Zunge heraushängen, ob er verfolgt wird und müde ist oder ob man ihn in Ruhe lässt. Dies gehört zu seinen Eigenarten. Entsprechendes gilt für einen Menschen, der Allah ablehnt. Ob man ihn warnt oder für sich lässt, er spuckt Schmutz aus. Das Unrecht, das er tut, ist gegen seine eigene Seele gerichtet. Durch sein schlechtes Beispiel kann er andere beeinflussen, darum sollen wir sie schützen. Wir dürfen jedoch nie die Hoffnung auf seine Umkehr aufgeben. Deswegen sollen wir ihn weiterhin ermahnen und zum Denken anregen, (Juusuf ‘Allii)

Da seine Haltung einzig und allein durch das beeinflusst wird, was seine persönlichen, irdischen Interessen ihm als "vorteilhaft" oder "unvorteilhaft" darstellen, fällt der in diesem Absatz dargestellte Mensch, unabhängig von den äußeren Umständen, immer wieder dem Konflikt zwischen seiner Vernunft und seinen niederen Trieben zum Opfer. Er lebt in innerer Unruhe und imaginären Ängsten und kann nicht den Seelenfrieden erlangen, den ein Mu’min im Islam findet. (Asad)

530. Die Zeichen der Rechtleitung des Islams sind nicht nur in ihr Wesen und in ihre Natur gelegt, sondern auch in dem sie umgebenden Dasein zu finden. Doch sie schütteln sie von sich ab. Dadurch sinkt der Mensch auf die Stufe des Tieres ab -eines Hundes, der die Zunge heraushängen lässt. Vergleiche Suura 95:4-5: Allah hat die Naturanlage des Men­schen ursprünglich in ihrer besten Form erschaffen, aber er ist durch sein Verhalten zur tiefsten Tiefe abgesunken. (Qutb)

 

177. Übel ist das Gleichnis jener Leute, die Unsere Zeichen leugnen, und sich selbst tun sie (damit) Unrecht.531

531. Indem sie Allahs Offenbarung ablehnen, fügen sie sich selbst großen Schaden zu. (Darjabaadi)

 

178. Wen Allah rechtleitet, der ist fürwahr rechtgeleitet,532 und wen Er irregehen lässt,533 das sind wahrlich die Verlierer.534

532. Allah leitet denjenigen, der danach strebt, sich leiten zu lassen. Vergleiche Suura 29:69 und Suura 13:11. (Qutb)

533. Ebenso lässt Allah denjenigen in die Irre gehen, der sich selbst für den Irrtum entscheidet und von Rechtleitung und Glauben abwendet, und sein Herz und seine Sinne dafür verschließt. Vergleiche Suura 2: 10 und 4: 168. (Qutb)

534. Wer Allah ablehnt, verliert seine Gnade und Rechtleitung. Seine Barmherzigkeit ist jedoch immer offen für aufrichtige Reue und Umkehr. Wer keinen Gebrauch davon macht, sinkt immer tiefer, bis er zugrunde geht. (Juusuf ‘Allii)

 

179. Und Wir haben viele von den Menschen und Dschinn für die Hölle bestimmt.535 Sie haben Herzen, doch sie verstehen nicht damit,536 und sie haben Augen, doch sie sehen nicht damit, und sie haben Ohren, doch sie hören nicht damit.537 Sie sind wie das Vieh,538 nein, sie sind noch weiter abgeirrt.539 Sie sind es, die (allen Ermahnungen gegenüber) achtlos sind.

535. Dies bedeutet nicht, dass einige Menschen und Dschinn zu dem Zweck erschaffen worden sind, ins Feuer geworfen zu werden. Dieser Satz bedeutet vielmehr folgendes: Allah hat sie erschaffen und ihnen Herzen, Denkvermögen, Augen und Ohren geschenkt, aber die Bösen haben nicht von diesen Fähigkeiten Gebrauch gemacht, um die Wahrheit vom Trug zu unter­scheiden, sondern sie brachten sich selbst durch ihre schlechten Handlungen an den Rand der Hölle. Die hier vorliegende Formulierung bringt intensives Bedauern zum Ausdruck, wie wenn etwa eine Mutter über ihren gefallenen Sohn klagen würde: "Ach, ich habe ihn als Kanonenfutter großgezogen." Damit meint sie selbstverständlich nicht, dass sie ihn zu diesem Zweck großgezogen hat, sondern sie will ihre Trauer zum Ausdruck bringen und die für diesen Krieg Verantwortlichen tadeln. (Mauduudi)

536. Sie machen von ihrer Verständnisfähigkeit keinen Gebrauch. (Darjabaadi)

Sie öffnen nicht ihre Herzen, die ihnen zu diesem Zweck gegeben worden sind, und nehmen infolgedessen Allahs Zeichen nicht wahr. (Qutb)

537. Vergleiche auch Suura 2:18. Obwohl ihnen offensichtlich alle Fähigkeiten der Vernunft und der Wahrnehmung mitgegeben sind, haben sie diese so abstumpfen lassen, dass sie nicht mehr funktionsfähig sind, und gehen geradewegs auf die Hölle zu. Auf diese Weise sind sie sozusagen "für die Hölle gemacht". (Juusuf ‘Allii)

538. In diesem Stumpfsinn. (Darjabaadi)

Vergleiche 2. Petrus 2:12-13: "Aber sie sind wie die unvernünftigen Tiere, die von Natur aus dazu geboren sind, dass sie gefangen und geschlachtet werden; sie lästern, was sie nicht kennen, und werden in ihrem verderblichen Wesen um­kommen und auch den Lohn der Ungerechtigkeit noch verlieren..." (Darjabaadi)

539. Während der Stumpfsinn des Viehs unwillkürlich, instinktiv und deswegen nicht zu tadeln ist, ist das Verhalten der Kaafirs beabsichtigt, erworben und tadelnswert. Vergleiche auch Jesaja 1:3: "Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt's nicht, und mein Volk versteht's nicht." (Darjabaadi)

Tiere folgen ihren Instinkten und natürlichen Bedürfnissen und sind sich der Möglichkeit oder Notwendigkeit moralischer Entscheidungen nicht bewusst. (Asad)

 

180. Und Allah hat die schönsten Namen.540 So ruft Ihn damit an und haltet euch von denen fern, die mit Seinem Namen Ketzerei treiben.541 Ihnen wird vergolten werden, was sie zu tun pflegten.542

540. Wenn wir über Allahs Wesen meditieren, können wir die schönsten uns vorstellbaren Namen gebrauchen, um Seine Eigen­schaften zum Ausdruck zu bringen. Es gibt hundert solcher Attribute. In der ersten Suura sind diese durch einige kurze, prägnante Worte angedeutet, wie beispielsweise Rachmen (der Erbarmer), Rachiim (der Barmherzige), Rabb-ul-'alamiin (der Erhalter und Erzieher der Welten oder des Universums). Uns an diese Namen zu erinnern ist ein Teil unseres Gebets und unserer Lobpreisungen. Wir sollten jedoch von Menschen Abstand halten, die Allahs Namen schmähen, vergleiche Suura 17:110. (Juusuf ‘Allii)

Dies weisen die Lehren der alexandrinischen Schule der Philosophie und auch einiger jüdischer Denkrichtungen zurück. Philo lehrt beispielsweise, Gott sei ohne alle Eigenschaften und völlig unbegreiflich in Seinem Wesen. Er bezeichnete ihn als den Namenlos Existierenden. Gott als der Eine konnte seiner Ansicht nach nur negativ beschrieben werden. (Darjabaadi)

Dieser Aja knüpft an den vorigen an, wo von den "Gleichgültigen" die Rede ist, die von ihrer Vernunft keinen Gebrauch machen und Ihn nicht erkennen, der alle Eigenschaften der Vollkommenheit in sich vereint und deswegen die supraontologische Realität ist. Der Ausdruck "die schönsten Namen" erscheint im Qur’an viermal, nämlich in diesem Aja sowie in Suura 17: 110; 10:8 und 59:24. Der Begriff "Ism" ("Name") soll in erster Linie die Substanz oder die wirklichen Eigen­schaften der Benannten bezeichnen. Der Begriff "Al-Husna" (plural von Al-Achsan) bedeutet "das, was am besten ist" oder "was am schönsten ist". Deswegen kann der Begriff "Al-Asma Al-Husna" auch mit "Eigenschaften der Vollkommenheit" übersetzt werden, ein Begriff, der im Qur’an Allah allein vorbehalten ist. (Asad)

Verschiedene Namen reflektieren verschiedene Vorstellungen von Ihm, die Menschen möglicherweise haben. Menschen benennen Objekte, um ihre Vorstellung von diesen zum Ausdruck zu bringen. Unvollkommenheiten in den Vorstellungen kommen in Unvollkommenheiten bei der Benennung zum Ausdruck. Außerdem hängt das Verhältnis des Menschen zu dem Benannten von seiner Vorstellung davon ab. Unvollkommenheiten in der Vorstellung führen zu einer unvollkomme­nen Beziehung. Dies gilt selbstverständlich auch für die Beziehung des Menschen zu Allah, wobei die Lebenseinstellung des Menschen völlig von seiner Vorstellung von Allah und seiner Beziehung zu Ihm geprägt ist. Deshalb offenbart Allah Seine schönsten Namen, die beispielsweise auf Seine Allmacht, Heiligkeit, Reinheit und Vollkommenheit hinweisen und geei­gnet sind, eine angemessene Vorstellung von Ihm zu geben und Ihn zu ehren. (Mauduudi)

541. Indem sie diese Namen oder Eigenschaften anderen Gottheiten beilegen. (Darjabaadi)

...oder indem sie versuchen, Allah mit anthropomorphen Begriffen zu definieren, wie beispielsweise "Vater" oder "Sohn" oder ähnliches. (Asad)

542. Verwickelt euch nicht in sinnlose Diskussionen mit ihnen, wenn sie nicht zuhören wollen oder nicht versuchen, zu verste­hen, was ihr sagt, sondern mit undurchsichtigen Argumenten Verwirrung stiften. Sie werden selbst die Folgen ihres Irr­tums einsehen. (Mauduudi)

 

181. Und unter denen, die Wir geschaffen haben, ist eine Gemeinschaft, die zu Wahrheit leitet und dementsprechend gerecht handelt.543

543. So wie im Aja 179 die Eigenschaften der Höllenbewohner aufgezählt wurden, sind hier die Eigenschaften einiger Unserer Geschöpfe, die das Paradies bewohnen werden, aufgezählt. (Al-Manar)

Vergleiche auch oben Aja 159, wo dasselbe von den Rechtschaffenen aus Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk ausgesagt wird. In diesem Aja wird die Bedeutung auf alle Rechtschaffenen aller Zeiten und Völker ausgedehnt. (Asad)

 

Abschnitt 23

182. Und jene, die Unsere Zeichen leugnen ­Wir werden sie ganz allmählich ins Ver­derben führen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind.544

544. Ihr anscheinender Erfolg in dieser Welt ist bedeutungslos. (Darjabaadi)

Vergleiche auch Suura 68:45. (Asad)

Sie sind achtlos und rechnen nicht damit, dass Allah sie unerwartet bestrafen kann. Sie verinnerlichen ohnehin nicht den Imaan daran, dass Er die Macht dazu hat. (Qutb)

 

183. Und Ich will ihnen Aufschub gewäh­ren.545 Wahrlich, Mein Plan546 ist machtvoll.547

545. Allah gewährt ihnen in diesem Leben Aufschub und bestraft sie nicht sofort. (Darjabaadi)

546. Allah erfasst sie unvermutet, wenn sie nicht damit rechnen. Sie genießen das Leben und verlassen sich auf ihren Besitz und ihre Fähigkeiten, so dass sie nicht mehr an den Tod denken. In diesem Zustand ruft Allah sie zu sich. (Darjabaadi)

547. Effektiv, wirkungsvoll. (Darjabaadi)

 

184. Wollen sie denn nicht nachdenken?548 Ihr Gefährte ist fürwahr nicht besessen.549 Er ist nichts anderes als ein offenkundiger Warner.550

548. Damit schreckt der Qur’an die Menschen aus ihrer Gleichgültigkeit auf. Er ruft sie auf, nach den Drohungen der letzten Ajas über ihren Propheten, der sie zur Wahrheit aufruft und mit ihr rechtleitet, nachzudenken. Sie sind auch aufgefordert, Himmel und Erde genauestens zu betrachten und darin Seine Beweise wahrzunehmen. (Qutb)

Wenn die Mekkanischen Götzendiener über den Werdegang des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nachgedacht hätten, über seinen Charakter und sein Benehmen, aber auch über seine Ehrlichkeit von seiner Jugend an bis zu seiner Sendung, hätten sie ihn unweigerlich von jeder Torheit frei gesprochen. (Al-Manar)

549. Ihr Gefährte: nämlich der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der unter ihnen lebte. Ihm wurde vorgeworfen, er sei besessen, weil er sich anders verhielt als die anderen. Er hatte keinen egoistischen Ehrgeiz; er war in Gedanken, Worten und Taten immer aufrichtig; er war den Schwachen gegenüber freundlich und hilfsbereit und nicht von irdischer Macht, Reichtum oder Einfluss verblendet; er war unbeirrt von Furcht vor den Stärkeren, dem Spott der Zyniker, der Bitterkeit des Bösen oder der Indiffe­renz der Gleichgültigen. Konsequent wandte er sich gegen alles Schlechte, ohne falsche Rücksichten zu nehmen. (Juusuf 'Allii)

Die Quraisch warfen dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oftmals vor, besessen zu sein. Er sprach nämlich Worte, die ihnen seltsam erschienen, und seine Methodik entsprach nicht der eines gewöhnlichen, durchschnittlichen Menschen. Während sie diese Vorwürfe aussprachen, waren sie sich jedoch bewusst, dass sie nicht der Wahrheit entsprachen. Die Wahrheit bezüglich des Propheten war ihnen sehr wohl bekannt, und sie wussten, dass sie nicht in der Lage waren, sich selbst dem Einfluss des Qur’an zu entziehen. (Qutb)

550. „Mubin“: offenkundig, deutlich. Die Aufforderungen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, waren keine höflichen Erinnerungen mit einem an­erkennenden Seitenblick auf die Schwächen Hochgestellter, Nationalstolz oder Massenhysterie. Sie brachten jede Schwäche ans Tageslicht, durch eine durch Inspiration Allahs genährte feurige Beredsamkeit. (Juusuf 'Allii)

Mahnen heißt lehren und beraten und ist verbunden mit der Warnung, sich seiner Lehre zu widersetzen. (Al-Manar)

 

185. Wollen sie denn nicht das Reich der Himmel und der Erde betrachten und alles, was Allah geschaffen hat551 und bedenken, dass ihre festgesetzte Frist vielleicht schon nahe bevorsteht?552 An welche Verkündigung nach dieser wollen sie also den Imaan verinnerlichen?553

551. Ein Hinweis auf Allahs wunderbares Universum müsste jeden Denkenden sogleich von der Nichtigkeit des Menschen überzeugen sowie von Allahs Macht, Herrlichkeit und Güte. Das Leben des Menschen hier ist vergänglich. Wenn er sich nicht von den großen Zeichen warnen lässt und nicht auf die Botschaften Allahs hört, die seine Aufmerksamkeit darauf lenkt, ist er dann überhaupt zu irgendeiner Überzeugung fähig? (Juusuf ‘Allii)

Ein Blick mit offenem Auge und Herzen auf dieses weite Universum genügt zur Erkenntnis des Wesens all dessen und eröffnet dem Menschen das Verständnis der in diesem Dasein verborgenen Wahrheit und der Einzigartigkeit und Schöpferkraft Allahs, deren Zeuge er wird. Die Vielfalt all dessen, das Er erschaffen hat, überrascht sein Herz und beeindruckt seine Vernunft. (Qutb)

Wenn die Götzendiener jemals über die Weisheit und die wunderbare Ordnung des Universums nachgedacht hätten, wären sie unweigerlich zu dem Schluss gekommen, dass jeder einzelne Partikel Seiner Schöpfung Zeugnis von der Wahrheit Sei­ner Botschaft ablegt. Denn alle diese Dinge widerlegen die Vielgötterei, weisen auf Allahs Einheit hin und fordern die Menschen auf, Ihm zu dienen und ihre Verantwortung Ihm gegenüber wahrzunehmen. Das war nichts anderes als das, was "ihr Gefährte" lehrte! (Mauduudi)

552. So dass sie dadurch veranlasst werden, über ihr eigenes zukünftiges Schicksal nachzudenken. (Darjabaadi)

Sie achten nicht einmal darauf, dass niemand den Augenblick seines Todes kennt und man deswegen von der Frist, die eingeräumt wurde, bestmöglich Gebrauch machen sollte. (Mauduudi)

Das heißt: "Ich lasse diesen Lügnern Zeit und versorge sie mit allen Mitteln zum Leben und zur Macht gemäß meiner Gewohnheit, um sie zu überlisten." Siehe auch 23:55-57. Allahs Bestrafung für ganze Nationen, sowie für Einzelpersonen geschieht nach den Regeln, die Allah für die ,Schöpfung gesetzt hat. Dementsprechend wird ein Ungerechter nicht unmittelbar nach seiner Tat bestraft, sondern es wird ihm Aufschub gewährt. Dies lässt ihn immer mehr in seine Untaten verfallen, ohne dass er mit den Folgen rechnet, bis ihn die Strafe des Diesseits trifft. Doch die Strafe des Jenseits ist weitaus schlim­mer. (Al-Manar)

553. Nachdem sie eine so deutliche und effektive Botschaft wie diese erhalten haben. (Darjabaadi)

Abgesehen von einer Erinnerung an die völlige Abhängigkeit des Menschen von Allah bedeutet dieser Aja folgendes: da alle Dinge im sinnlich wahrnehmbaren und intellektuell erfassbaren Universum offensichtlich eine Ursache haben, müssen sie einen Anfang und folglich auch ein Ende haben. Da darüber hinaus das Universum nicht ewig im Sinne von anfangslos ist und nicht etwa "aus sich selbst heraus" aus dem Nichts entstanden sein kann, da das Nichts eine Vorstellung ist, der Realität fehlt, müssen wir auf die Existenz einer Ersten Ursache schließen, die jenseits der Grenzen unseres Erfahrungsbe­reiches liegt. (Asad)

 

186. Wen Allah irregehen läßt,554 für den kann es keine Rechtleitung geben, und Er lässt sie in ihrer Widerspenstigkeit verblendet umherirren.555

554. Wer irregeht, tut dies, weil er gleichgültig ist und weder sehen noch nachdenken will. Wer aber Allahs Zeichen gegenüber gleichgültig ist und sie weder sehen noch darüber nachdenken will, den lässt Allah auch irregehen, und niemand kann ihn dann leiten. (Qutb)

555. Vergleiche auch Suura 2:15. Wenn Allahs Licht nicht vorhanden ist, kann auch der intelligenteste Mensch nur umherirren wie ein Blinder. (Juusuf ‘Allii)

Allah nimmt ihnen nicht ihre Handlungsfreiheit, um sie auf den rechten Weg zu zwingen. (Darjabaadi)

Wie in Aja 178 oben und an vielen anderen Stellen im Qur’an bedeutet der Ausdruck "wen Allah irregehen lässt" einen Hinweis auf die von Allah gegebene Gesetzmäßigkeit (Sunna Allah), wonach absichtliche Vernachlässigung der angeborenen Erkenntnisfähigkeiten unweigerlich zum Verlust der ethischen Orientierung führt. Dies ist keine "Prädestination", sondern das Ergebnis der eigenen Entscheidung. Vergleiche auch Suura 2:6 und 14:4. (Asad)

 

187. Sie befragen dich über die Stunde der Auferstehung -wann trifft sie ein?556 Sprich: "Wahrlich, das Wissen darüber ist bei meinem Herrn.557 Er allein ent­hüllt sie zu gegebener Zeit.558 Schwer lastet sie auf den Himmeln und der Erde. Sie wird ganz plötzlich über euch kommen."559 Sie fragen dich,560 als ob du eifrig auf der Suche561 nach ihr seiest. Sprich: "Wahrlich, das Wissen darüber ist bei Allah, doch die meisten Menschen wissen es nicht."562

556. Vergleiche auch Suura 34:7. Der Imaan an den Jüngsten Tag soll den Menschen vor Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit bewahren. Eine Lehre 'Ion der Endzeit gibt es in allen von Allah offenbarten Religionen. Der Augenblick selbst ist verborgen. Nur Allah allein kennt ihn, aber Er enthüllt dieses Wissen keinem Seiner Geschöpfe. Auch der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist nur ein Mensch und hat keine Einsicht in das Verborgene. (Qutb)

557. Vergleiche Matthäus 24:36: "Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel nicht im Himmel, auch nicht der Sohn, sondern allein der Vater." (Darjabaadi)

558. Dass die Stunde kommt, ist eine sichere Tatsache. Der genaue Zeitpunkt dafür ist von Allah jedoch nicht offenbart worden. Wenn dies der Fall wäre, dann würde diese Kenntnis eine gewaltige Einwirkung auf unser Leben und Denken haben. Sie wäre eine schwere Last für uns. Unsere Pflicht ist jedoch, immer darauf vorbereitet zu sein. (Juusuf 'Allii)

559. Es wird oft die Ansicht vertreten, Hinweise auf das Kommen der Endzeit seien im Neuen Testament enthalten. Gelegent­lich haben Erweckungsprediger diese Schilderung des nahen Endes mit ihrem eigenen Zeitalter identifiziert oder mit der unmittelbar bevorstehenden Zukunft. Solche Voraussagen haben sich jedoch nie bewahrheitet, und wenn die Endzeit an­bricht, entspricht sie nicht solchen Vorausberechnungen. (Darjabaadi)

560. Um die Kenntnis des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vom Verborgenen zu prüfen, die sie für ein Merkmal des Prophetentums halten. (Darjabaadi)

561. Haft bedeutet gewöhnlich: "eifrig auf der Suche nach". Einige Kommentatoren verstehen das Wort in diesem Aja als "ver­traut mit", im Sinne von gründliche Kenntnis davon haben. In Suura 19:45 wird derselbe Ausdruck mit der Präposition bi gebraucht und bedeutet "freundlich zu jemandem sein", "gut zu jemandem sein". (Juusuf ‘Allii)

562. Sie wissen nicht, dass Allwissenheit nicht zu den prophetischen Fähigkeiten und Aufgaben gehört. (Darjabaadi)

Hier geht es nicht allein um die Stunde der Auferstehung, sondern um das Verborgene allgemein. Das Wissen über das Verborgene ist allein Allahs Sache. Nur wen Er auserwählt, lässt Er etwas darüber wissen, und auch nur soviel, wie Er will, zu der Zeit, die Er erwählt. Deswegen können die Diener Allahs sich selbst weder Nutzen noch Schaden zufügen. (Qutb)

 

188. Sprich: "Ich kann mir selbst weder Gutes noch Schlechtes563 zufügen außer dem, was Allah will.564 Und wenn ich Wissen um das Verborgene hätte, hätte ich Gutes für mich angehäuft, und kein Übel würde mich treffen.565 Ich bin fürwahr nichts anderes als ein Warner und ein Verkünder froher Botschaft für ein Volk, das mu’min ist."566

563. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist ein Mensch und ein Diener Allahs und verfügt nicht über Kräfte, die die gewöhnlicher Sterblicher übersteigen. (Darjabaadi)

564. Beachte den unvergleichlichen monotheistischen Tenor in diesem und den vorhergehenden Ajas. Jede Kraft, sei sie groß oder klein, kommt von Allah; vor Ihm ist selbst der größte und vollkommenste Prophet ein Nichts. (Darjabaadi)

565. Hätte ich Einblick in zukünftige Ereignisse gehabt, dann hätte ich niemals einen Schaden erlitten, denn ich hätte diesen Situationen aus dem Weg gehen und stattdessen viele Vorteile erlangen können. Es ist deswegen unvernünftig von euch, mit dieser Frage meine Kompetenz als Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, überprüfen zu wollen. (Mauduudi)

566. Ein Warner für alle und ein Übermittler froher Botschaft für die Mu’mins, denn sie werden den Nutzen davon haben. Da jeder zum Glauben aufgerufen ist, wird die frohe Botschaft allen angeboten, aber nicht notwendigerweise von allen akzeptiert. (Juusuf 'Allii)

 

Abschnitt 24

189. Er ist es, Der euch aus einem einzigen Wesen erschaffen bat567 und aus ihm seine Gattin machte,568 um bei ihr Geborgenheit zu finden,569 Und wenn er zu ihr eingegangen war, trägt sie eine leichte Last und geht mit ihr umher. Und wenn sie immer schwerer wird, rufen sie ihren Herrn an:570 "Wenn Du uns ein gutes Kind571 schenkst, werden wir ganz gewiss dankbar sein."

567. Dies bedeutet, dass alle Menschen derselben Art angehören, und dass ungeachtet rassischer Unterschiede es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Menschen gibt. Wenn die moderne Welt sich an diese Tatsache erinnert hätte, gäbe es keinen Anlass zu lamentieren, der Fortschritt der Zivilisation sei durch die Gefahr rassischer Konflikte ernsthaft bedroht. Die Zeit muss kommen, in der Völker nicht mehr durch imaginäre Barrieren getrennt sind und sich gegenseitig für Erzfein­de halten. (Darjabaadi)

568. "Nefs" wird übersetzt mit

1. Seele,

2. Selbst,

3. Person, lebende Person,

4. Wille.

"Minha" (von ihr): hier folge ich der von Imam Rasi vorgeschlagenen Konstruktion. Dieses "min"(von) hier würde dann nicht bedeuten "Teil von einem ganzen" oder "von etwas herstammend", sondern Spezies, Natur, Gleichheit. Das Pronomen "ha" bezieht sich natürlich auf Nafs. Die biblische Geschichte von der Erschaffung Hawas aus Adams Rippe mag allegorisch sein, wir brauchen sie aber nicht als für die Lehre des Qur’an relevant anzusehen. (Juusuf ‘Allii)

569. Der Sinn der Existenz von zwei Ehepartnern ist, dass sie Ruhe, Zufriedenheit, Liebe und menschliche Wärme beieinander finden. Und in dieser Wärme soll der Nachwuchs auf seine Aufgabe vorbereitet werden, die Zivilisation weiterzutragen und zu entwickeln. (Qutb)

570. Das Geheimnis der physischen Geburt des Menschen berührt die Vorstellung der Eltern erst in den späteren Stadien, wenn das Kind zwar noch nicht geboren ist, sich aber dennoch im Mutterleib bewegt und bemerkbar macht. Die Entstehung eines neuen Lebens ist eine feierliche Angelegenheit und mit viel Hoffnung, aber auch Befürchtungen für die Mutter selbst verbunden. In ihrer Sorge wenden sich die Eltern zu Allah. Würden diese Gefühle des Ernstes, der Hoffnung und der Hin­wendung zu Allah auch nach der Geburt anhalten, dann wäre sowohl für die Eltern als auch für die heranwachsende Generation alles gut. Diese Haltung ändert sich jedoch, wie der nächste Aja verdeutlicht. (Juusuf ‘Allii)

571. Der Begriff “Salich“ beinhaltet: gesund an Körper und Geist, rechtschaffen und mit guten moralischen Anlagen. (Juusuf ‘Allii)

 

190. Doch wenn Er ihnen ein gutes Kind gibt, schreiben sie die ihnen gewährte Gabe anderen Göttern zu572. Hoch erhaben ist Allah über das, was sie Ihm zur Seite stellen!573

572. Wenn das Kind dann geboren ist, vergessen die Eltern, dass es ein wertvolles Geschenk Allahs ist, ein Wunder der Schöpfung, das ihren Sinn auf höhere Dinge lenken sollte. Stattdessen lässt die zunehmende Verbundenheit mit dem neuen Leben sie für viele abergläubische Gedanken und Verhaltensweisen anfällig werden, oder sie nehmen es als Selbstverständlich­keit hin. Dies führt zu Abgötterei oder der Orientierung an falschen Normen. (Juusuf 'Allii)

Viele von ihnen betrachten die Faktoren, die zu einer gesunden Geburt beigetragen haben (wie Fürsorge während der Schwangerschaft, medizinische Hilfe und so weiter), als Dinge, die von Allah unabhängig sind und vergessen, dass sie alle -wie auch die Geburt des Kindes selbst -durch Allahs Gnade kommen und eine Manifestation dessen sind, was der Qur’an als Sunna Allah (Gewohnheit Allahs; Gesetzmäßigkeit in der Natur) bezeichnet. Da diese Art gedanklicher Assoziationen "anderer" Faktoren zu Allah nicht wirklich absichtlich geschieht, liegt hier nicht die unverzeihliche Sünde des Götzendienstes vor, sie liegt aber nahe genug daran, um zur Illustration der wirklichen Bedeutung von "Götzendienst" in den folgen­den Ajas beizutragen. (Asad)

573. Wir können viele Arten von Götzendienst in unserer Zeit beobachten, auch von Leuten, die behaupten, dass sie sich zu Allahs bekennen. Die Menschen machen sich heutzutage nur Götzen, die sie "Volk", "Nation", "Vaterland" oder ähnlich nennen. Dies sind zwar keine Standbilder, wie es bei früheren polytheistischen Völkern der Fall war, aber sie dienen ihnen in ihrem Handeln, indem sie sich an ihnen statt an Allahs Gesetzen orientieren. (Qutb)

574. Wörtlich: "das, was nicht erschafft". Obgleich diese Wendung im Singular ausgedrückt ist, hat sie Mehrzahlbedeutung. Dabei geht es entweder um belebte Wesen (beispielsweise Heilige oder mit Eigenschaften Allahs" versehene" Persön­lichkeiten) oder um unbelebte Darstellungen. (Asad)

 

191. Wollen sie Ihm etwa die zur Seite stellen, die nichts zu erschaffen vermögen,574 sondern die selbst erschaffen worden sind?

Wer etwas erschafft, hat auch Anspruch darauf, dass Seine Geschöpfe Ihm dienen. Jene Gottheiten jedoch, die sie anrufen, haben niemals etwas geschaffen, sondern sind selbst Geschöpfe. Wie kann man sie dann Allah zur Seite stellen? Der menschliche Verstand könnte angesichts der Beweise von Allahs Schöpferkraft niemals solchem zustimmen, sondern es sind die niedri­gen Neigungen und Begierden. Sie veranlassen den Menschen auch noch vierzehn Jahrhunderte nach der Offenbarung des Qur’ans, zur Unwissenheit zurückzukehren und Dinge zu verehren, die sie selbst gemacht haben und die ihnen nicht helfen können. (Qutb)

 

192. Und die ihnen keinerlei Hilfe gewähren können, noch können sie sich selbst helfen.575

575. So hilflos und unbedeutend sind diese selbstgemachten Götzen. (Darjabaadi)

 

193. Wenn ihr sie zur Rechtleitung aufruft,576 folgen sie euch nicht. Es ist gleich für euch, ob ihr sie aufruft oder ob ihr schweigt.577

576. "Wenn ihr (diese falschen Gottheiten) zur Rechtleitung aufruft". (Darjabaadi)

"Wenn du sie um Rechtleitung anrufst." (Asad)

577. Wenn sich Abgötterei verbreitet, findet jemand, der Allahs Botschaft verkündet, vieles, was ihn entmutigt. Seine Bemü­hungen scheinen keinen Erfolg zu haben. Dennoch ist es seine Pflicht, seine Arbeit fortzusetzen und im Sinne von Aja 199 zu vergeben, Gutes und Richtiges zu lehren und sich nicht den Unwissenden in ihrer Haltung des Zweifels und der Unentschlossenheit anzuschließen. (Juusuf ‘Allii)

 

194. Wahrlich, jene, die ihr anstelle von Allah anruft, sind Diener wie ihr.578 Ruft sie also an, und sie sollen euch erhören, wenn ihr wahrhaft seid.579

578. Falsche Gottheiten, ob es sich um Götzen handelt oder um vergötterte Menschen, haben keine eigenständige Existenz unabhängig von Allahs Schöpfung. Sie sind Allahs Geschöpfe und wie Diener Seiner Autorität unterworfen. Vergötterte Menschen sind nicht wirkliche Menschen, sondern falsche Vorstellungen von Menschen. Sie können sich selbst nicht helfen, wie sollen sie dann anderen beistehen? (Juusuf 'Allii)

Dies bezieht sich auf Heilige, seien sie tot oder lebend, auf unbelebte Gegenstände aller Art, einschließlich Götzenbilder, Fetische und bildliche Darstellungen -physischer und geistiger Art -von vergötterten Personen und anderen. (Asad)

579. Vergleiche 1. Könige 18:26: "Und sie nahmen den Stier, den man ihnen gab, und richteten ihn zu und riefen den Namen Baals an vom Morgen bis zum Mittag und sprachen: Baal, erhöre uns! Aber es war da keine Stimme noch Antwort..." (Darjabaadi)

 

195. Haben sie etwa Füße, mit denen sie gehen können, oder Hände, mit denen sie greifen können, oder Augen, mit denen sie schauen können, oder Ohren, mit denen sie hören können?580 Sprich: "Ruft eure Götzen an,581 dann schmiedet heimtückische Pläne gegen mich582 und gewährt mir keinen Aufschub.583

580. Vergleiche Psalm 115:4-7: "Ihre Götzen aber sind Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht. Sie haben Mäuler und reden nicht, sie haben Augen und sehen nicht. Sie haben Ohren und hören nicht, sie haben Nasen und riechen nicht, sie haben Hände und greifen nicht, Füße haben sie und gehen nicht, und kein Laut kommt aus ihrer Kehle." (Darjabaadi)

581. Wörtlich: "Ruft eure Partner zusammen". (Asad)

582. Die Götzen können ebenso wenig ihren Gegnern Schaden zufügen wie ihren Freunden helfen. (Darjabaadi)

583. Allah fordert Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf, den Unwissenden mit dieser Herausforderung entgegenzutreten. (Qutb)

Der Prophet sagt, Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Wenn diese falschen Gottheiten irgend welche Macht haben oder auch nur existieren, dann ruft sie alle zusammen und lasst sie etwas gegen mich tun." Dies können sie nicht, denn die ganze Angelegenheit beruht auf Aber­glauben und Trug. (Juusuf 'Allii)

 

196. Wahrlich, mein Beschützer ist Allah, Der das Buch (als Offenbarung) herab­gesandt hat,584 und Er ist es, Der Sich den Rechtschaffenen zuwendet.585

584. Dies ist ein besonderer Grund dafür, dass Allah Seinen Gesandten beschützt. (Darjabaadi)

585. Dies ist ein allgemeines Versprechen, dass Allah die Rechtschaffenen beschützt. (Darjabaadi)

Dies ist die Antwort auf alle Drohungen der kaafir Araber gegen die Propheten, die etwa folgendes beinhalteten: Wenn du nicht aufhörst, dich gegen unsere Götter zu äußern, werden sie ihren Zorn über dich kommen lassen und dich vernichten. (Mauduudi)

Der Überbringer einer Botschaft könnte niemals und nirgends etwas erreichen, wenn er diese Zuversicht, diesen Eifer und diese Gewissheit nicht hätte. (Qutb)

 

197. Doch jene, die ihr an Seiner Stelle an­ ruft, können euch keinerlei Hilfe gewähren, noch können sie sich selbst helfen."586

586. Vergleiche Suura 29:41, wo der Schutz anderer Wesen außer Allah mit dem "Haus einer Spinne" verglichen wird, das keinen wirklichen Schutz bieten kann, sondern selbst zerbrechlich ist. (Qutb)

 

198. Wenn ihr sie zur Rechtleitung aufruft, hören sie nicht.587 Du siehst, wie sie dich anschauen,588 doch sie sehen nicht.589

587. Wenn du (mu’min Mensch) die Götzen zur Rechtleitung aufforderst. (Darjabaadi)

Dies trifft nicht nur auf die naive Götzendienerei der früheren Araber zu, sondern auch auf den heutigen Götzenkult. Sie wenden sich ihren Freunden und Beschützern unter den irdischen Machthabern zu anstatt Allah. Doch jene "Beschützer" können ihnen weder helfen noch beistehen. (Qutb)

588. Sie sehen aus, als wenn sie dich anschauen würden. (Darjabaadi)

Wörtlich: "du siehst sie dich anschauen." Da sich dies nicht nur auf bildliche Darstellungen, sondern auch auf Phantasie­bilder bezieht, muss das Verb in seinem abstrakten Sinn verstanden werden: "du stellst dir vor, sie schauen dich an." Im Gegensatz zu den vorangehenden Abschnitten, die an Menschen gerichtet sind, die tatsächlich falsche Gottheiten und Bildnisse anbeten, richtet sich dieser Satz an den Menschen allgemein, Muslime wie Kaafirs. Diese allgemeine Anrede wird noch dadurch unterstrichen, dass sich das Pronomen von "ihr" zu "du" ändert. (Asad)

589. Die Rechtschaffenheit und Harmonie im Leben Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war allgemein bekannt und anerkannt, bis er den Auftrag erhielt, Allahs Botschaft zu verkünden und sich gegen das Böse zu wenden. Was geschah dann? Das Böse verbarrikadierte sich selbst. Es hatte Augen, weigerte sich aber zu sehen. Es hatte Ohren, weigerte sich aber zu hören. Es verfugte über Intelligenz, blockierte aber seine eigenen Möglichkeiten zu verstehen. Selbst jetzt, nach vierzehn Jahrhunderten, wird sein reiner, rechtschaffener und gerechter Lebenswandel mit Misstrauen betrachtet und verleumdet. (Juusuf ‘Allii)

 

199. Übe Nachsicht590 und gebiete Gutes591 und wende dich ab von den Tö­richten.592

590. Sei nicht zu kritisch gegenüber der Verhaltensweise der Kaafirs, sondern akzeptiere, was gut an ihnen ist, wie Reinheit der Absicht, Aufrichtigkeit und anderen Charaktereigenschaften. (Darjabaadi)

"Hud Al-'Afu" bedeutet zum einen "übe Nachsicht" und zum anderen "nimm das Überschüssige ihres Geldes und das, was sie leicht hergeben können, als Almosen." Diese Aufforderung wurde an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet, bevor der Aja, der die Almosen vorschreibt, offenbart wurde. Dieser wurde auf die freiwilligen Almosen weiterhin angewendet. (Al-Manar)

Wörtlich: "Nimm an, was leicht hervorkommt (aus der menschlichen Natur)". Nach ’Samachsari bedeutet "Hud Al-'Afu": "Nimm an, was leicht zu dir kommt von den Taten und Charaktereigenschaften der Menschen und mache ihnen ihre Sache leicht und bürde ihnen keine Schwierigkeiten (Kulfa) auf, und verlange keine Bemühungen von ihnen, die vielleicht zu schwierig für sie sind." Diese Interpretation, die auch von vielen anderen klassischen Kommentatoren vertreten wird, beruht auf einer gleichlautenden Erklärung dieses Ausdrucks bei 'Abdullah ibn As-Subair, 'Urwa, 'A'isa und anderen. So wird in Übereinstimmung mit der Aussage des Qur’ans, dass der Mensch "schwach erschaffen ist" (Suura 4:28) und dass "Allah niemandem mehr auferlegt als er tragen kann" (Suura 2:286, 6: 152, 7:42, 23:62) der Mu’min aufgefordert, der menschli­chen Natur Zugeständnisse zu machen und nicht zu streng mit denen zu sein, die Fehler machen. Diese Ermahnung ist um so bemerkenswerter, als sie unmittelbar auf eine Erörterung der unverzeihlichsten aller Sünden folgt -anderen Wesen außer Allah Kräfte zuzuschreiben. (Asad)

591. Wenn sie von dem abweichen, was gut und richtig ist. (Darjabaadi)

592. Allah tröstet Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und ermahnt ihn zu drei grundsätzlichen Verhaltensweisen:

1. Beleidigungen, Ablehnung und Verfolgung zu vergeben;

2. weiterhin beständig den Islam zu bekennen, und darüber hinaus gegenüber allen Freunden und Feinden entsprechend zu handeln;

3. die Unvernünftigen nicht zu beachten, die Zweifel und Schwierigkei­ten verbreiteten, Drohungen und Vorwürfe machten oder sich gegen die Wahrheit zusammentaten; sie sollen ignoriert und übergangen werden, und man soll sich nicht auf fruchtlose Kontroversen mit ihnen einlassen oder Kompromisse mit ihnen schließen. (Juusuf 'Allii)

Wenn sie trotz aller Ermahnungen weiterhin auf ihrer Verhaltensweise bestehen. (Darjabaadi)

Wörtlich: die "Unwissenden" -gemeint sind diejenigen, die absichtlich taub gegenüber moralischen Wahrheiten sind, nicht diejenigen, die sie einfach nicht kennen. (Asad)

“Dschachl“ ist das Gegenteil von Vernunft oder Verstand und auch das Gegenteil von Wissen. Beide Bedeutungen liegen nahe beieinander. Sich von ihnen abzuwenden heißt, sie zu verlassen und zu vernachlässigen und nicht mit ihnen zu disputieren, um nicht Zeit und Kraft zu vergeuden, und um sie zu zähmen und zu demütigen. (Qutb)

 

200. Und wenn der Teufel dir Schlechtes einflüstert,593 suche Zuflucht bei Allah.594 Er ist wahrlich hörend, wissend.595

593. Zorn darüber, dass die "Unwissenden" die Wahrheit ablehnen. Einer Überlieferung zufolge soll der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach der Of­fenbarung des vorigen Aja, der zu Geduld und Vergebung auffordert, ausgerufen haben: "Und was ist mit berechtigtem Zorn, Herr?" woraufhin dieser Aja offenbart wurde. (Asad)

Auch ein Prophet ist nur ein Mensch. Er mag vielleicht gelegentlich denken, dass Vergeltung, taktvolles Schweigen dem Bösen gegenüber oder auch der eine oder andere Kompromiss mit der Unwissenheit der Sache selbst nützlich sein kann. Einen solchen Anflug soll er jedoch zurückweisen. (Juusuf ‘Allii)

594. Und lass dich nicht von deiner Aufgabe ablenken. (Darjabaadi)

595. Mit diesem Schlusswort will Allah klarlegen, dass Er sehr wohl das törichte Gerede der Unwissenden hört und darüber Be­scheid weiß, welchen Schmerz sie dir zufügen. (Qutb)

 

201. Wahrlich, jene die mutaqi sind, werden, wenn eine Anwandlung596 des Scheytaans sie überkommt, sich (Allahs) erinnern,597 und dann werden sie gleich wieder einsichtig werden.

596. Irgendeine Regung von Zorn, Vergeltungssucht und so weiter. (Darjabaadi)

Das Wort "Ta'if" bezeichnet jede Art von unfassbarer Regung, Vorstellung oder Erscheinung, wie beispielsweise in Träumen oder undefinierbaren fixen Ideen, die auf die Vernunft einwirken. (Asad)

597. Allah schützt die Seinen. Er ist der sichere Zufluchtsort -und der einzige -für die Mu’mins. Wenn wir von den Erscheinungen dieser Welt verblendet und deswegen verwirrt oder zornig sind, kann Er uns die Augen öffnen. (Juusuf ‘Allii)

Dem Scheytaan zu folgen ist Blindheit und sich an Allah zu erinnern ist Scharfblick. Taqwa vermag die Berührung des Scheytaans abzuwenden, denn der Scheytaan besitzt keine Macht über die Mutaqis. (Qutb)

 

202. Doch ihre Brüder598 bestärken sie noch in der Sünde und werden dessen nicht müde.599 

598. Hier knüpfen wir an die Beschreibung der Kaafirs an, die in Aja 198 unterbrochen wurde, damit unser Verhalten gegenüber den bösen Elementen erörtert werden konnte. Die Kräfte des Bösen lassen niemals in ihren Bemühungen nach, ihre "Brüder" immer tiefer ins Elend zu ziehen. (Juusuf 'Allii)

Ihre Brüder, die sie in der Sünde bestärken, sind die Scheytaans unter den Dschinns. Sie könnten auch die Scheytaane unter den Menschen sein. (Qutb)

Diejenigen, die unter Scheytaans Einflug stehen. (Mauduudi)

599. Sie hören niemals auf, den Weg der Vernichtung zu verfolgen. (Darjabaadi)

Indem sie sie zum Zorn reizen oder zu fruchtlosen Debatten aufhetzen. (Asad)

 

203. Und wenn du ihnen keinen Beweis600 bringst, sagen sie: "Wenn du nur welche erfinden würdest!601 Sprich: "Wahrlich, ich folge (nur) dem, was mir von meinem Herrn eingegeben wird.602 Dies (der Qur’an) ist ein zwin­gender Beweis603 eures Herrn und er ist eine Rechtleitung604 und eine Barmherzigkeit für all jene, die mu’min sind."

600. Die Götzendiener hörten niemals auf, Wunder von dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu verlangen. (Qutb)

Als die Offenbarung des Qur’ans einige Zeit aussetzte, verlangten die Götzendiener vom Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, er solle welche erfin­den. (Al-Manar)

Der Begriff Aja bedeutet hier meiner Ansicht nach in erster Linie "Aja des Qur’an". Die Kaafirs verinnerlichten nicht den Imaan nicht an die Offenbarung und verspotteten den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, indem sie ihm unterstellten, Worte zusammenzusetzen und diese als Offenbarung vorzutragen. Die Antwort darauf ist im folgenden Satz enthalten. Keine menschliche Literatur oder Poesie kann solche Schönheit, Kraft und geistige Einsicht in sich umfassen wie der Qur’an. Ohne Inspiration ist es unmöglich, dass ein Mensch -mit oder ohne literarische oder philosophische Bildung -ein solches Buch verfassen könnte. (Juusuf ‘Allii)

601. "Wenn du nur deinen Herrn bedrängen würdest, bis Er dir die Offenbarung zukommen ließe oder wenn du sie vielleicht selbst machen könntest? Bist du nicht ein Prophet?" Sie hatten die Aufgabe und die Verantwortung des Propheten nicht begriffen. (Qutb)

"Wenn du wirklich Sein Gesandter bist". Vergleiche auch Suura 6:37 und die entsprechenden Fußnoten. Einige Kommen­tatoren sind der Ansicht, dass der Begriff Aja hier als "Aja des Qur’an" zu verstehen ist, während ich der Ansicht bin, er sei eher mit "Wunder" zu übersetzen, da der Qur’an ja ständig offenbart wurde. In seiner weiter gefassten Bedeutung würde dieser Aja sich dann auf jene primitive Mentalität beziehen, die nur "Wunder" und nicht die Botschaft selbst als gültigen "Beweis" für das Prophetentum anerkennt. (Asad)

602. Propheten sind nichts weiter als treue Boten Allahs. Kein Prophet hat die Macht, aus eigenem Antrieb Wunder zu vollbringen, um den Kaafirs einen Gefallen zu tun. Nur Allah in Seiner unendlichen Weisheit und Macht kann gelegentlich den Ablauf Seiner gewöhnlichen Gesetzmäßigkeiten ändern und das hervorbringen, was die begrenzte, enge Intelligenz des Menschen als Wunder empfindet. Er allein ist gleichermaßen der Urheber aller alltäglichen, "natürlichen" Ereignisse wie auch aller außergewöhnlichen, "übernatürlichen" Ereignisse, die von den Menschen als "Wunder" bezeichnet wer­den. (Darjabaadi)

603. "Bascha'ir": Augen, die Fähigkeit zu geistiger Einsicht. Offenbarung bedeutet für uns

1. geistige Augen;

2. Rechtleitung und

3. Barmherzigkeit.

1. ist der höchste Grad: so wie ein Blinder sofort in eine völlig neue Welt gelangt, wenn ihm das Au­genlicht gegeben wird, so werden diejenigen, die geistige Einsicht erlangen, Bewohner einer völlig neuen geistigen Welt.

2. ist der nächste Rang. Der Mensch dieser Welt kann sich an den Lehren über rechtes Verhalten orientieren und auf das zukünftige Leben vorbereiten.

3. ist Allahs Barmherzigkeit, die jedem offen steht, der den Imaan verinnerlicht und sein Ver­trauen auf Allah setzt. (Juusuf ‘Allii)

604. "Ich bin nicht in der Lage, Wunder zu erfinden oder auf Anforderung eurerseits oder nach eigenem Ermessen Ajas zusammenzustellen. Ich bin nur ein Gesandter, und es ist meine Pflicht, der Führung dessen zu folgen, der mich gesandt hat. Statt also Wunder von mir zu fordern, solltet ihr ernsthaft über den Inhalt des Qur’an nachdenken, der mir offenbart worden ist, denn er enthält geistiges Licht. Wer dies akzeptiert, kann den geraden Weg des Lebens erkennen, und seine guten moralischen Charaktereigenschaften zeigen Anzeichen der Gnade Allahs. (Mauduudi)

 

204. Wenn der Qur’an vorgetragen wird, so hört aufmerksam zu und lauscht,605 auf dass euch Barmherzigkeit zuteil werden möge.606

605. Um besser zuhören zu können. (Darjabaadi)

Diese Suura wird mit der Erwähnung des Qur’ans abgeschlossen, wie sie angefangen hat (Aja 2). Bezüglich des "aufmerk­samen Zuhörens" gibt es verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, dies ge­schieht im vorgeschriebenen Gebet, bei dem der Imam den Qur’an laut vorträgt. Der Nachbeter hat zuzuhören und nicht selbst den Qur’an zu rezitieren. Andere meinen, dies sei eine Aufforderung an die Muslime, sich nicht wie die Götzendie­ner zu verhalten. Diese pflegten den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu stören, wenn er betete, und sich in Mekka gegenseitig aufzuhetzen, den Rezitationen des Qur’ans nicht zuzuhören, "damit sie dadurch nicht beeinflusst würden", worauf in Allah diesen Aja offenbarte. (Qutb)

606. Damit du vollen moralischen und geistigen Nutzen davon hast. (Darjabaadi)

Höre aufmerksam zu und beachte die Lehren, die im Qur’an enthalten sind. Es ist gut möglich, dass dadurch dein Herz erleuchtet wird und du mit den Mu’mins zusammen an Allahs Gnade teilhaben kannst. Schweigendes Zuhören ist auch ein Zeichen des Respekts vor Allahs Offenbarung. (Mauduudi)

 

205. Und gedenke deines Herrn in deinem Herzen in Demut und Ehrfurcht und mit Worten -jedoch nicht zu laut ­des Morgens und des Abends und sei nicht einer der Achtlosen.607

607. "Gedenke deines Herrn" bedeutet sowohl "Verrichte das Gebet" als auch "behalte Allah im Gedächtnis, sei es mit Worten oder ohne". "Morgens und Abends" bedeutet "ständig". Diese Aufforderung soll die Muslime ermahnen, Allah nie zu vergessen, denn Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit ist die Wurzel allen Unheils und alles Bösen in der Welt. Wenn ein Mensch vergisst, dass Allah sein Herr ist und er Sein Diener, und dass Er ihn in diese Welt geschickt hat, um ihn zu prüfen, und dass er Ihm nach seinem Tode Rechenschaft ablegen muss, dann verlässt er den rechten Weg. Wer also dem rechten Weg folgen und andere dazu ermahnen möchte, soll sich vor solcher Gleichgültigkeit in acht nehmen. Deswegen hat der Qur’an immer wieder betont, wie wichtig es ist, zu beten und sich an Allah zu erinnern. (Mauduudi)

 

206. Wahrlich, jene, die ihrem Herrn nahe sind, sind nicht zu stolz, Ihm zu dienen608 und sie lobpreisen Ihn und wer­fen sich vor Ihm nieder.609

608. Je höher die geistige Stufe ist, die ein Wesen erreicht hat, um so größer ist sein Wunsch, Allah zu dienen und Ihn zu vereh­ren. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "diejenigen, die bei deinem Herrn sind": eine metaphorische Beschreibung äußersten Bewusstseins Allahs. (Asad)

Im Gegensatz zum Stolz der Scheytaane, der zum Ungehorsam gegen Allah und folglich zur Erniedrigung führt, wird hier das Beispiel der Engel angeführt, um Demut zu lehren. Sie beugen sich vor Allah und sind ständig mit Seinem Dienst beschäf­tigt. Wenn also jemand vor Allah einen hohen Rat einnehmen möchte, sollte er dem Beispiel der Engel und nicht dem der Scheytaane folgen. (Mauduudi)

609. An dieser Stelle soll sich der Leser niederwerfen, als Symbol für die demütige Entgegennahmen des Privilegs, Allah dienen und verehren zu dürfen -ein angemessener Abschluss für eine Suura, in der wir über eine Betrachtung der Geschichten von Allahs Gesandten zur Bedeutung der Offenbarung und ihre Beziehung zu unserer moralischen und geistigen Entwick­lung hingeführt werden. (Juusuf ‘Allii)

 

Einführung zu Suura 8

Die ersten sieben Suuras, die etwas weniger als ein Drittel des Qur’an bilden, skizzieren die geistige Frühgeschichte des Menschen und führen bis an die Entstehung der neuen Gemeinschaft des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, heran. Wir haben gesehen, wie jede Suura einen Schritt tiefer in die Lehre des Islam hineinführt. Hier beginnt nun ein weiterer großer Abschnitt, der die Konsolidierung dieser Gemeinschaft und die verschiedenen Phasen des Gemeinschaftslebens be­handelt.

In dieser Suura werden Lehren aus der Schlacht bei Badr gezogen:

1. in der Frage nach der Beuteverteilung;

2. über die Tugenden, die für einen gerechten Kampf notwendig sind;

3. zum Sieg gegenüber einer Übermacht;

4. über Sanftmut und Rücksichtsnahme auf die eigenen Leute und die Besiegten im Augenblick des Sieges.

Bezüglich der Beute ist zu betonen, dass sie in einem Krieg niemals unser Ziel sein darf. Sie ist lediglich eine Begleiterscheinung. Kein Kämpfer oder Soldat hat ein inhärentes Anrecht darauf. Ein gerechter Kampf ist Sache der Gemeinschaft, und jeder damit eventuell verbundene materielle Gewinn gehört Allah, beziehungsweise der Gemeinschaft und der Sache. Gerechte Richtlinien zur Verwendung und Verteilung müssen festgelegt werden, um menschlicher Gier und Eigennutz entgegenzuwirken. Ein Fünftel davon wird dem Befehlshaber oder Verantwortlichen zur Verfü­gung gestellt, der davon nach seinem Ermessen Gebrauch machen kann: zur Deckung der Ausgaben, zu Hilfsmaß­nahmen für Arme und Leidende sowie für die Witwen und Waisen (vergleiche Suura 8:41). Zur Zeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurden die übrigen vier Fünftel nicht nur auf diejenigen verteilt, die aktiv am Kampf beteiligt waren, sondern auch auf diejenigen, die auf andere Weise an dem Unternehmen teilhatten, Junge oder Alte, soweit sie die ihnen übertragenen Pflichten erfüllt hatten. Jeder Streit soll vermieden werden, denn er stört die innere Harmonie und Disziplin. Diese Prinzipien haben im Kriegsrecht aller zivilisierten Völker ihren Platz.

Bezüglich der militärischen Tugenden, die im wesentlichen nichts anderes sind als die Tugenden im Leben überhaupt, wird uns durch die Analyse der Ereignisse von Badr verdeutlicht, wie Allahs Hilfe wirksam wird, wenn sich der Mensch für Allahs Sache einsetzt, nicht für seine eigenen unmittelbaren Interessen. In diesem Zusammenhang werden auch Anweisungen für die Behandlungen von Kriegsgefangenen und zur Erhaltung der Solidarität in der mus­limischen Gemeinschaft gegeben. (Juusuf 'Allii)

Der größte Teil dieser Suura wurde während und unmittelbar nach der Schlacht von Badr offenbart, nur einige Ajas sind späteren Datums. Da es sich in dieser Suura fast ausschließlich um eine Auswertung der Ereignisse dieser Schlacht handelt, ist eine historische Übersicht notwendig.

Im Monat Scha'ban des zweiten Jahres nach der Hidschra erfuhren die Muslime von der Rückkehr der großen Handelska­rawane aus Syrien, die auf ihrem Weg südwärts an Medina vorbeikommen sollte. Angesichts der Tatsache, dass seit der Auswanderung der Muslime nach Medina zwischen ihnen und Mekka ein offener Kriegszustand herrschte, teilt der Prophet seinen Anhängern seine Absicht mit, diese Karawane anzugreifen. Gerüchte von diesem Plan gelangten auch zu Ohren des Karawanenführers Abuu Sufjaan in Syrien, der die ihm noch bleibenden Wochen dazu nutzte, aus Mekka eine starke Armee anzufordern, die von Abuu Dschachl, dem Erzfeind des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angeführt wurde.

Die Tatsache, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit hier so lange im voraus seine Pläne bekannt gegeben hatte, stützt die Annahme, dass der vorgebliche Angriff auf die Karawane lediglich ein taktisches Manöver sein sollte, während sein wirkliches Ziel eine Konfrontation mit der Mekkanischen Armee war. Wie bereits erwähnt, befanden sich die Quraisch in Mekka und die muslimische Gemeinschaft von Medina bereits im Kriegszustand. Bis dahin hatte jedoch noch keine entscheidende Kontroverse stattgefunden, und die Muslime lebten unter der ständigen Bedrohung durch eine mögliche Mekkanische Invasion. Wahrscheinlich wollte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diesem Zustand ein Ende setzen und, wenn möglich, die Quraisch so weit zurückschlagen, dass seine noch schwache Gemeinschaft mehr Si­cherheit genießen konnte. Hätte er wirklich die Karawane angreifen wollen, so hätte er ohne große Vorausplanung einfach warten können, bis sich diese in Reichweite befand. Abuu Sufjaan hätte dann keine Zeit gehabt, bewaffnete Hilfe aus Mekka anzufordern.

Während die Karawane auf Umwegen nach Mekka unterwegs war, erschienen die Quraisch im Tal von Badr -etwa tausend Krieger in Panzerhemden mit siebenhundert Kamelen und über hundert Pferden. Zur gleichen Zeit brach der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Medina auf, mit etwa dreihundert Muslimen, die alle spärlich bewaffnet und mit nur siebzig Kamelen und zwei Pferden ausgerüstet waren. Als sie sich unvermutet der mächtigen Mekkanischen Armee gegenübersahen, berieten sie sich untereinander. Einige von ihnen waren der Ansicht, der Gegner sei zu stark für sie, und sie sollten sich lieber nach Medina zurückzuziehen. Die überwiegende Mehrheit jedoch, unter ihnen Abuu Bakr und 'Umar, sprach sich für eine unmittelbare Auseinandersetzung aus. Nach den der arabischen Sitte entsprechenden Zweikämp­fen kam es zur Schlacht; die Mekkanische Armee wurde völlig zurückgeschlagen und einige ihrer prominentesten Führer -unter ihnen Abuu Dschachl -getötet.

Dies war der erste offene Kampf zwischen den heidnischen Quraisch und der jungen muslimischen Gemeinschaft, und das Ergebnis verdeutlichte den Quraisch, dass die von Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ins Leben gerufene Bewegung nicht eine idealistischen Träumerei war, sondern der Beginn einer neuen politischen Macht und eines neuen Zeitalters, das sich von allem unterschied, was in der arabischen Geschichte jemals da gewesen war. Die Befürchtungen der Kaafir von Mekka, die bereits durch die Auswanderung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und der Muslime nach Medina geweckt worden waren, wurden in Badr bestätigt. Obwohl die Macht des arabischen Heidentums erst einige Jahre später völlig gebrochen werden sollte, wurde in diesem historischen Augenblick ihr Verfall deutlich. Auch für die Muslime war Badr ein Wendepunkt. Wir können mit Sicherheit annehmen, dass bis dahin nur wenige der Gefährten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die politischen Implika­tionen der islamischen Ordnung voll verstanden hatten. Für viele von ihnen hatte wahrscheinlich die Auswanderung nach Medina nichts weiter bedeutet als eine sichere Zuflucht vor den Verfolgungen, denen sie in Mekka ausgesetzt gewesen waren. Nach der Schlacht von Badr dürfte jedem deutlich geworden sein, dass sie sich auf dem Weg zu einer neuen gesellschaftlichen Ordnung befanden. Der Geist passiver Opferbereitschaft, der in der ersten Zeit so charakteristisch für sie gewesen war, erhielt nun sein Gegenstück in der aktiven Opferbereitschaft. Die Lehre von der Handlung als dem grundlegenden, kreativen Lebenselement war vielleicht zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte nicht nur einigen wenigen auserwählten Individuen bewusst, sondern einer ganzen Gemeinschaft. (Asad)

Zusammenfassung:

Beute aller Art steht in Wirklichkeit dem Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu, der sie nach Allahs Anweisungen verwendet. Muslime sind mit seinen Anweisungen einverstanden. Hilfe und Sieg kommen allein von Allah, wie es in der Schlacht von Badr deutlich wurde (Ajas 1-19).

Gehorsam und einsichtsvolle Disziplin, Eifer, Imaan und Dankbarkeit gegenüber Allah sind die wirklichen Mittel zum Erfolg und ein Schutz vor den Angriffen des Bösen. Böses verbindet sich mit Bösem und wird vernichtet. (Ajas 20-37)

Die Schlacht von Badr war eine Prüfung und zeigt, wie Tugend und Mut gegen eine Übermacht aufstehen kann. Standhaftigkeit und Gehorsam, Imaan, Mut und Furchtlosigkeit sowie sinnvolle Vorbereitung und großzügiger Ein­satz der Mittel und Kräfte, das erwartet Allah vom Menschen, und danach genügt Seine Hilfe (Ajas 38-64).

Selbst eine zehnfache Übermacht zählt nicht, wenn man sich für die Wahrheit des Islams gegen deren Feinde einsetzt; man sei jedoch sanftmütig und rücksichtsvoll, wenn man den Sieg errungen hat (Ajas 65-75). (Juusuf ‘Allii )

 

Die Beute

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.

1. Sie befragen dich über die Beute.1 Sprich: "Die Beute gehört Allah und dem Gesandten.2

So fürchtet Allah und verfahrt friedlich miteinander3 und gehorcht Allah und seinem Gesandten, wenn ihr mu’min seid."4

1. Anlass der Offenbarung war die Frage um die Beuteverteilung nach der Schlacht von Badr. Siehe Einführung zu dieser Suura. (Juusuf 'Allii)

Das heißt: über die Beute hat allein Allah zu beschließen und der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat nach dem Beschluss Allahs zu verfahren. (Al-Manar)

Die Beute bestand aus 115 Kamelen, 14 Pferden, Ausrüstungsgegenständen und Waffen. (Darjabaadi)

2. Die Beute aus einem gerechten Krieg gehört nicht irgendeiner Einzelperson. Wenn jemand für solchen materiellen Ge­winn gekämpft hat, so hatte sein Ansatz nicht die richtige Motivation. Die Beute gehört der Sache, und in diesem Fall handelt es sich um Allahs Sache, die durch den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vertreten wird. Jeder Anteil, der einer Einzelperson zugedacht wird, ist ein zusätzliches Geschenk. Wesentlich ist, in der Sache Allahs standhaft zu sein und keinen Streit mit denen zu haben, die sich ebenso für die Sache einsetzen. Unsere Beziehungen untereinander müssen aufrichtig sein; sie dürfen nicht durch Gier und Eigennutz gestört werden, und jeder unverhoffte Glücksfall in diesem Zusammenhang sollte außerhalb unserer Erwägungen stehen. (Juusuf ‘Allii)

Der Begriff "Nafl" (dessen Plural "Anfal" ist, hier übersetzt mit "Beute") bezeichnet in rein sprachlichem Sinne "einen Zu­wachs oder Zusatz über den Pflichtanteil hinaus" oder "etwas, was über den Pflichtanteil hinaus gegeben oder geleistet wird". Von dieser Bedeutung ist auch der Begriff "Salat An-Nafl" (freiwilliges Gebet, zusätzlich zum Pflichtgebet) hergeleitet. Die Pluralform "Anfal" in der Bedeutung "Kriegsbeute" erscheint im Qur’an nur in diesem Aja und weist darauf hin ,dass ein solcher Gewinn über das hinausgeht, was ein Mudschahid (einer der sich für Allahs Sache bemüht) erwarten darf. Dass "alle Beute Allah und Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gehört", besagt, dass niemand individuell Anspruch darauf hat: es ist öffentliches Eigentum, das der für den islamischen Staat Verantwortliche entsprechend den im Qur’an und in den Lehren des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dargeleg­ten Richtlinien zu nutzen oder zu verteilen hat. Weitere Einzelheiten werden in Aja 41 dieser Suura behandelt. (Asad)

3. Der Ruf, der hier an die Herzen derer ergeht, die sich über die Beute stritten, ist ein Aufruf zur Taqwa. Ihr Erschaffer, Der die Geheimnisse dieser Herzen am besten kennt, weist ihr Verlangen nach den vergänglichen Gütern dieser Welt nicht zurück, ohne in ihnen das Gefühl der Taqwa zu wecken und das Verlangen nach Seiner Zufriedenheit im Dies ­und im Jenseits zu wecken. Denn ein Herz, das nicht an Allah hängt, kann sich nicht von der Anziehung der vergänglichen Genüsse befreien, Seinen Zorn nicht fürchten und nicht Sein Wohlgefallen suchen. (Qutb)

4. Erinnere dich an deine Pflichten gegenüber Allah und den Menschen. Dies soll die Muslime zurechtweisen, die untereinan­der über die Beuteverteilung stritten. (Darjabaadi)

Seid euch eurer Bruderschaft im Islam bewusst und unterlasst alle Zwistigkeiten untereinander. (Asad)

Schon der Gebrauch des arabischen Wortes “Anfal“ ("was über die Pflicht hinaus geleistet wird" statt “Dschana“ 'im "Kriegsbeute") weist auf die veränderte moralische Haltung hin, die mit dem Begriff des Krieges verbunden war. Muslime kämpfen nicht um materiellen Gewinn, sondern gegen die moralischen und gesellschaftlichen Missstände in der Welt, und sie wenden nur dann Gewalt an, wenn der Gegner es ihnen unmöglich macht, durch Ermahnungen und Lehre Recht zu schaffen. (Mauduudi)

 

2. Die Mu’mins sind wahrlich jene, deren Herzen erzittern, wenn Allah genannt wird5, und wenn ihnen Seine Zeichen vorgetragen werden, wird ihr Imaan noch stärker,6 und in ihren Herrn setzen sie ihr (ganzes) Vertrauen,7

5. Über Allahs Größe und Herrlichkeit. Vergleiche Jeremia 5:22 : "Wollt ihr mich nicht fürchten, spricht der Herr, und vor mir nicht erschrecken, der ich dem Meere den Sand zur Grenze setze, darin es allzeit bleiben muss, darüber es nicht gehen darf! ..." und Offenbarung 15:4: "Wer sollte dich nicht fürchten Herr, und deinen Namen preisen? Denn du allein bist heilig! ..." (Darjabaadi)

Das bedeutet, dass jene, die diese Eigenschaften haben, deren Taten und Gefühle mit den hier erwähnten übereinstimmen, mu’min sind. Andere aber, die alle diese Eigenschaften nicht besitzen, sind keine Mu’mins. (Qutb)

6. Jede neue Offenbarung stärkt den Imaan des Mu’mins. (Darjabaadi)

Der Imaan wächst und nimmt zu, wenn immer der Mu’min die Offenbarung und die Lehre des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, anerkennt und sich ihnen unterordnet, auch wenn sich dies gegen seine eigenen Wünsche, Meinungen, Gewohnheiten, Vorstellungen und Neigungen richtet. Er verändert sich selbst in Übereinstimmung mit Allahs Geboten und richtet sich nach diesen. Im umgekehrten Fall wird der Imaan schwächer und verschwindet schließlich. Dies zeigt, dass der Imaan nicht ein Zu­stand ist, der unverändert da ist oder nicht da ist, sondern dass er gestärkt und geschwächt werden kann. Unabhängig davon sind jedoch in einer islamischen Gesellschaft die Rechte und Pflichten aller Muslime die gleichen und ebenso auch die Rechte und Pflichten der Nichtmuslime. (Mauduudi)

Das Herz des Mu’min findet in diesen Ajas etwas, das seinen Imaan stärkt und zu innerer Zufriedenheit führt. So wirkt der Qur’an unmittelbar auf die Herzen der Menschen, und nichts kann sich dazwischenstellen außer Kufr, der das Herz gegenüber dem Qur’an verschleiert und umgekehrt. Sobald aber dieser Schleier durch den Imaan gelüftet wird, empfindet das Herz die Wohltaten des Qur’ans, was schließlich zur inneren Sicherheit führt. Deswegen wird im Qur’an auch immer wieder gesagt: "Hierin sind Zeichen für Menschen, die mu’min sind". (Qutb)

7. Auf Ihn allein vertrauen sie. Sie stellen Ihm keine Partner zur Seite, von denen sie Hilfe erbitten und auf die sie ihr Ver­trauen setzen. Deswegen sagt Said ibn Dschubair: "Vertrauen auf Allah ist der gesamte Imaan". Dies ist Imaan an Allah -und alleinige Anbetung Allahs. So ist es unmöglich, dass der Imaan an Allahs Einheit sich mit dem Vertrauen auf andere Wesen zusammenfinden kann. (Qutb)

 

3. Jene, die das Gebet (regelmäßig) verrichten und von dem spenden, was Wir ihnen (an Gaben) gewährt haben.8

8. "Risq": Unterhalt, wiederum sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Hier soll vor der übermäßi­gen Liebe zu irdischem Reichtum, speziell aber vor der Gier nach Gewinn und Beute gewarnt werden. Weswegen haben wir Interesse daran? Allen wahren Gläubigen gewährt Gott auf jeden Fall großzügig Unterhalt, sowohl im wörtlichen als auch besonders im geistigen Sinne, weil er verbunden ist mit Vergebung und einem ehrenvollen Rang vor Allah. (Juusuf 'Allii)

Alle Gaben kommen von Allah. Es mag sich dabei um materielle Dinge handeln wie Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Reichtümer und dergleichen, oder um Dinge, die sich nicht greifen lassen, wie Einfluss, Macht, Gesundheit, Begabungen, Abstammung und die Möglichkeiten, die sich einem dadurch eröffnen, oder um geistige Gaben wie Einsichtigkeit und richtiges Unterschei­den zwischen Gut und Böse, Verständnis für die Mitmenschen, die Fähigkeit zu lieben und dergleichen mehr. Wir sollten von all diesen Gaben in Demut und mit Maß Gebrauch machen. Doch wir sollten auch von jeder einzelnen dieser Gaben etwas hingeben, um damit zum Wohl anderer beizutragen. Wir sollten weder Asketen noch in Luxus schwelgende Genießer sein, weder selbstsüchtige Geizhälse noch gedankenlose Verschwender. (Juusuf 'Allii)

Hier sehen wir die äußere sichtbare Form des Imaans, nachdem wir ihn in den zuvor erwähnten Eigenschaften als im Herzen innewohnendes Gefühl betrachtet haben. Glaube ist, was im Herzen verwurzelt ist und durch Taten seine Bestäti­gung findet. Das Gebet ist nicht bloße formale Pflichterfüllung, sondern sie muss in einer vollkommenen Weise erfüllt werden, die ihren eigentlichen Sinn erkennen lässt, und sie muss so geschehen, wie es sich für den Diener in Gegenwart seines Schöpfers ziemt. (Qutb)

 

4. Diese sind es, die wahrhaft mu’min sind.9 Sie nehmen (hohe) Rangstufen bei ihrem Herrn ein10 und ihnen wird Vergebung11 und ehrenvolle Versorgung zuteil.12

9. Nicht diejenigen, deren Hauptinteresse in materiellem Besitz liegt. (Darjabaadi)

Die erste Schar der Muslimen wusste, dass der Imaan etwas ist, was der Mensch in seinem Inneren spüren muss. Er ist weder eine Behauptung noch ein Lippenbekenntnis. Das Gefühl für Imaan muss durch Taten seine Verwirklichung finden. (Qutb)

10. Rangstufen der Ehre und des Imaan. (Darjabaadi)

11. Das Versprechen, dass den Mu’min ihre Verfehlungen vergeben werden, tröstet sie, denn niemand ist unfehlbar. Es ist nicht möglich, dass ein Mensch ständig so handelt, wie es den höchsten Normen und Idealen entspricht, und völlig ohne Fehler und Mängel ist. Allah segnet jedoch diejenigen, die ihrer Pflicht treu erfüllen, und vergibt die Fehler und Mängel und belohnt Seine Diener weit mehr, als sie verdienen. Sonst wären nicht einmal die rechtschaffensten Menschen vor Seiner Strafe sicher. (Mauduudi)

12. Im Paradies. Ra’si ist der Ansicht, dass dies eine Umschreibung für die "geistigen Freuden ist, die aus der Erkenntnis Allahs, der Liebe zu Ihm und die Versenkung in Seinen Dienst entstehen". Nach seiner Interpretation handelt es sich um den geistigen Lohn des Imaans, der bereits in diesem Leben erfahrbar ist. (Asad)

 

5. Ebenso wie dein Herr dich mit Recht aus deinem Haus führte13, obwohl es einigen von den Mu’mins äußerst verhasst war,14 ­

13. Dieser Vergleich führt uns zurück zum Anfang von Aja 4: "Diese sind es, die wahrhaftig mu’min sind." So ist dein Herr auch wahr und gerecht, indem Er dir befohlen hat, auszuziehen und gegen eine starke Übermacht zu kämpfen, wäh­rend die Alternative darin bestand, eine fast unbewaffnete Karawane zu überfallen, die sicher ohne bedeutende Kampf­handlungen zahlreiche Beute eingebracht hätte. Um die volle Bedeutung zu verstehen ist es notwendig, sich vor Augen zu halten, dass "Haq" oft übersetzt mit "Wahrheit', "Wirklichkeit', auch "Recht' bedeutet. Der wahre Mu’min hält sich an die Wahrheit und handelt nach dem Recht entsprechend Allahs Geboten. So schickt auch Allah sie mit Seinem Gebot, sich der Übermacht zu stellen, nicht in ihr Verderben, sondern gibt ihnen Gelegenheit, die Verteidigung der Wahrheit und des Rechts irdischen Vorteilen vorzuziehen. Und Er löste Sein Versprechen ein, indem Er ihnen den Sieg gewährte. (Juusuf 'Allii)

Das heißt, wie Allah allein über die Kriegsbeute rechtens zu entscheiden hat und Seinem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Verfügung gab, sie unter denen zu verteilen, die ein Recht darauf hatten, obwohl dies einigen, die sich darüber stritten, nicht passte. So empfanden auch viele Muslime Widerwillen, als Allah dir den Befehl gab, dein Haus zu verlassen, um mit einem Trupp der Götzendiener zusammenzutreffen. Dies war ihnen verhasst, weil sie sich für den Kampf unvorbereitet fühlten und wegen einiger anderer Gründe. (Al-Manar)

Zuerst führt Allah die Verteilung der Kriegsbeute auf Seine Entscheidung zurück, damit der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Beute gleichmäßig auf alle verteilt. Dann zieht Er diesen Vergleich heran, der ihnen den Unterschied zeigt zwischen dem, was sie sich wünschten, und dem, was Allah für sie erwählt hatte, um sie davon zu überzeugen, das dass Beste ist, was Allah für sie in Bezug auf die Kriegsbeute und auf andere Angelegenheiten bestimmt hat. Die Menschen besitzen nur Wissen davon, was sie vor Augen sehen, aber nicht vom Verborgenen. (Qutb)

 

6. Sie streiten mit dir über die Wahrheit15, nachdem sie ihnen doch klar geworden ist, als ob die in den Tod getrieben werden sollten und (ihn bereits) schauten.16

14. Angesichts ihrer geringen Anzahl und spärlichen Ausrüstung hatten sie eine Abneigung, sich dem Gegner zum Kampf zu stellen. (Darjabaadi)

15. Das heißt, nachdem deutlich geworden war, dass Allah tatsächlich von den Muslimen erwartet, dass sie sich den Quraisch in offenem Kampf stellten. Diese Bezugnahme auf die Vorgeschichte der Schlacht von Badr (vergleiche auch Einleitung zu dieser Suura) ist mit der Ermahnung in Aja 1 verbunden: "Gehorcht Allah und Seinem Gesandten", sowie mit der Erin­nerung in Aja 2. dass Mu’mins ihr ganzes Vertrauen auf Allah setzen. Einige Anhänger des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, waren nicht damit einverstanden, sich mit der Armee der Quraisch auseinander zusetzen statt mit der leicht zu bewältigenden Karawane, die darüber hinaus noch reiche Beute versprach. Die Mehrheit war jedoch auf der Stelle bereit, dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  zu folgen, wohin auch immer er sie führte.

Einige Kommentatoren neigen dazu, das "Kama" ("ebenso wie"), das Aja 5 einleitet, mit dem vorhergehenden Abschnitt in Verbindung zu bringen und damit mit ihrer Verpflichtung, Allahs Gebot Folge zu leisten. Andere wiederum finden dies umständlich und verbinden das “Kama“  eher mit dem ersten Satz von Aja 6: "Ebenso wie einige der Muslime eine Abneigung dagegen hatten, aus Medina auszuziehen und sich den Quraisch zur Schlacht zu stellen, so haben sie auch mit dir gestritten, ob dies wirklich Allahs Wille war." Diese Ansicht vertritt hauptsächlich Mudschahid. (Asad)

16. Hier finden wir wieder das Wort "Haq" "Wahrheit": einige der Muslime debattierten über "die Wahrheit"; sie waren sich nicht sicher, dass das Vorhaben dem wahren und richtigen Sachverhalt entsprach. Ihrer Ansicht nach konnte dies nur ihr sicherer Untergang sein: sie sahen sich bereits dem Tod gegenüber. (Juusuf 'Allii)

Dieser Aja kann zweierlei bedeuten:

1. Damals erforderte es die Wahrheit und das Recht, in den Kampf zu ziehen, aber sie hatten Angst; jetzt erfordern Wahrheit und Recht, dass sie sich nicht um die Beute streiten sollten, aber sie waren nicht geneigt, sich diesem Erfordernis unterzuordnen.

2. In der Schlacht von Badr habt ihr mit eigenen Augen den Erfolg der Wahrheit gesehen. Obgleich ihr Angst hattet zu kämpfen, als wenn es euer sicherer Tod sein würde, habt ihr durch Gehorsam gegenüber Allah und Seinem Gesandten einen großen Sieg errungen; wenn ihr euch jetzt auf die gleiche Weise an die Wahrheit haltet und euch bezüglich der Beuteverteilung an Allahs. Gebot und der Entscheidung Seines Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, orien­tiert, statt euren eigennützigen Interessen nachzugeben, werdet ihr mit eigenen Augen den Segen sehen, den euer Verhalten bringt.

Die Ajas 5 und 6 widersprechen zahlreichen Überlieferungen, die in Werken über das Leben des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Kriegszüge zitiert werden und besagen, der wirkliche Plan des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner Anhänger sei es gewesen, die Kara­wane auszuplündern, und zu diesem Zweck hätten sie Medina verlassen; unterwegs hätten sie jedoch erfahren, dass eine Armee der Quraisch zum Schutz der Karawane aufgebrochen war, und beratschlagten, ob sie die Karawane angreifen sollten oder die Armee. Der Qur’an sagt jedoch etwas ganz anderes aus: dass nämlich Allah von Anfang an dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, befohlen hat, auszuziehen und für die Wahrheit zu kämpfen, indem sich die Muslime den Quraisch zur Entscheidungsschlacht stellen. Die entsprechenden Beratungen fanden vor ihrem Aufbruch aus Medina statt, nicht unterwegs. Daher die Todesangst die­ser Menschen bereits zu Beginn des Unternehmens. (Mauduudi)

 

7. Und da Allah euch eine der beiden Scharen17 versprach, dass sie euer sein werden und ihr wolltet, dass die ohne Waffen euer sein sollte18. Doch Allah will, dass die Wahrheit durch Sein Wort bestätigt werde19 und dass die Wurzel der Kaafirs ausgerottet werde,20 ­

17. Wörtlich: Gruppen. (Anm. d. Übers.)

Unmittelbar vor Badr stellten sich den Muslimen in Medina zwei Alternativen, um sich gegen die kaafir Quraisch mit ihren Mitteln aus dem reichen Syrienhandel zu sichern. Die eine, die kurzfristig die gefahrlosere war und zudem reich­liche Beute versprach, war der Überfall auf die Karawane der Quraisch, die beladen aus Syrien zurückkehrte und nur von vierzig bewaffnete Männern unter der Führung von Abuu Sufjaan begleitet war. Vom rein weltlichen Standpunkt aus gesehen war dies das sicherste und lukrativste Unternehmen. Die andere Möglichkeit, die auf Empfehlung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, schließ­lich ausgeführt wurde, war die Konfrontation mit der tausend Mann starken Armee der Quraisch aus Mekka. Den Muslimen standen nur etwa dreihundert schlecht ausgerüstete Männer zur Vertilgung. Indem sie die gegnerische Armee schlügen, könnten sie die Vormachtstellung der Regierenden in Mekka brechen. (Juusuf ‘Allii)

18. Wörtlich: "Während ihr es lieber gehabt hättet, dass diejenige euch gehört, die weniger stark ist", nämlich die Karawane, die nur von vierzig bewaffneten Männern begleitet war somit gefahrlos angegriffen werden konnte. (Asad)

19. Allah wollte durch die offene Konfrontation ihren Imaan prüfen und ihren mächtigen Gegner aus dem Weg schaffen. (Darjabaadi)

20. Der Sieg über die kaafir Armee Mekkas bei Badr war der erste Schritt zur Aufhebung aller Feindseligkeiten gegen den Islam in seinem Entstehungsgebiet im Laufe der nächsten paar Jahre. Auf diese zukünftige Erfüllung des Versprechens Allahs beziehen sich diese Worte. (Asad)

 

8. Damit Er die Wahrheit bestätige21 und das Falsche zunichte macht, auch wenn es den Übeltätern zuwider ist.22

21. Durch die Niederlage der Quraisch und die Vernichtung ihrer Vorherrschaft. (Darjabaadi)

22. Die Wahrheit der Sache des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hätte nicht durch den Überfall auf eine reichbeladene Karawane aufgezeigt werden können. Obwohl ein solches Unternehmen den Muslimen materiellen Nutzen gebracht hätte, so hätte es doch nicht die Schlagkraft der kaafir Quraisch geschwächt, während andererseits der entscheidende Sieg der Muslime bei Badr das Selbstvertrauen des Gegners erschütterte und so dem endgültigen Sieg des Islam in Arabien den Weg bereitete. (Asad)

Hier wird deutlich, dass der Vormarsch der Armee aus Mekka eine Herausforderung des Kufrs an das islamische System darstellt. Allah wollte, dass die Muslime diese Herausforderung annehmen und sich einer Entscheidungsschlacht um das Überleben des Islam in Arabien stellten. Hätten die Muslime von dieser Gelegenheit keinen Gebrauch gemacht, so hätten sie die Chance zu überleben verloren. (Mauduudi)

 

9. Als ihr euren Herrn um Hilfe anflehtet23 erhörte Er euch: "Wahrlich, Ich werde euch mit tausend Engeln stärken, die sich aneinander reihen."24

23. In dieser bedrohlichen Situation hatte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, folgendermaßen gebetet: "Herr, ich bitte Dich, vergiss nicht Dein Versprechen von Hilfe und Sieg! Herr, wenn diese kleine Truppe heute geschlagen wird, dann nimmt der Götzendienst über­band, und niemand wird mehr übrig bleiben, der Dich allein verehrt," (Darjabaadi)

In den folgenden Ajas werden uns die Umgebung, die Begleiterscheinungen und die Szenerie des Kampfes vor Augen geführt. Dabei kommt der Zustand der Leute zum Ausdruck, und wie Allah sie geleitet hat und wie der Sieg im Grunde genommen durch Allahs Planung zustande kam.

24. Es gibt sehr viele Berichte, die über die Anzahl und die Rolle der Engel in der Schlacht von Badr sehr detailliert erzählen. Unseren Grundsätzen gemäß wollen wir uns nur auf die sicheren Quellen des Qur’an und des Sunna stützen. In diesem Aja wird ihre Anzahl mit tausend angegeben und in Suura 3: 123-126 ist ihre Rolle genau beschrieben. Dies soll uns genü­gen, (Qutb)

Die Anzahl der Engel ist wahrscheinlich nicht wörtlich zu verstehen, sondern soll eine Stärke ausdrücken, die der des Gegners zumindest ebenbürtig ist. (Juusuf 'Allii)

 

10. Und Allah machte dies zweifellos zu ei­ner freudigen Botschaft25, auch um da­ mit eure Herzen zu besänftigen. Und der Sieg ist allein die Sache Allahs. Wahrlich, Allah ist allmächtig, weise.26

25. Allah lässt die Muslime nicht in dem Gedanken, dass jede Ursache zu einem Ereignis führt, sondern alles hat seinen Grund bei Allah. Die Erhöhung ihrer Bitte und die Verstärkung, all dies hatte nur den Zweck, den kämpfenden Muslimen eine freudige Botschaft zu überbringen und ihre Herzen zu besänftigen. Der Sieg aber kam und kommt von Allah. (Qutb)

Alle Hilfe kommt letztlich von Allah. In besonderen Fällen kann sie eine entsprechende Form annehmen, um uns Mut zu geben und unseren psychologischen Rahmenbedingungen zu entsprechen. (Juusuf ‘Allii)

26. Es wird gesagt, dass diese Aja auf das Gebet des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, (siehe oben Fußnote 23) hin offenbart wurde, woraufhin dieser einen sehr viel früher offenbarten Aja rezitierte, nämlich Suura 54:45 -Hilfe durch Engel wurde auch bei der Schlacht von Uhud zugesagt. Die geistige Natur dieser Hilfe wird aus den Worten deutlich: "Allah machte dies zu nichts anderem als einer Botschaft ..." (vergleiche Suura 3:124 -125). (Asad)

 

Abschnitt 2

11. (Gedenket der Zeit) als Er Schläfrigkeit euch überwältigen ließ, als eine Gnade von Ihm.27 Und als Er vom Himmel Regenwasser auf euch herabsandte, um euch damit zu reinigen28 und euch von Scheytaans teuflischer Einflüsterung zu befreien,29 und um eure Herzen standhaft zu machen und euch festen Halt zu geben.30

27. Vergleiche auch Suura 3: 154. Innere Ruhe und Geistesgegenwart ist in einer Kampfsituation und in jedem Augenblick der Gefahr unerlässlich. Wenn das Gemüt zu sehr erregt ist, kann ein wohlüberlegter Plan nicht aufgeführt werden. Diese ruhige Zuversicht seitens der Muslime trug dazu bei, dass sie die Übernacht der Quraisch überwinden konnten. (Juusuf ‘Allii)

Nu'as (übersetzbar mit "innere Ruhe") bezieht sich hier auf die geistige Ruhe und Zuversicht der Muslime angesichts der Übermacht. (Asad)

Dieselbe Erfahrung machten die Muslime bei der Schlacht von Uhud. In diesen beiden kritischen Situationen füllte Allah die Herzen der Mu’mins mit Frieden und Sicherheit. (Mauduudi)

28. Aus mehreren Gründen wurde dieser Regen freudig begrüßt.

1. Wasser zum Trinken und Waschen war knapp;

2. die muslimische Truppe, die mit keinerlei Annehmlichkeiten und wenig Ausrüstung versehen war, empfand den Durst noch als eine Steigerung zu ihrer Erschöpfung;

3. der Wüstensand war locker, und der Regen festigte ihn, so dass sie "ihre Füße fest aufsetzen konnten". (Juusuf 'Allii)

29. Wörtlich: "euch der Verunreinigung Scheytaans entgehen lassen." Unmittelbar vor Beginn der Kampfhandlungen besetzten die Mekkaner die Brunnen von Badr, um den Muslimen den Zugang zum Wasser zu versperren. Durch den Durst gelang­ten einige von ihnen an den Rand der Verzweiflung (hier dargestellt als "Einflüsterungen Scheytaans"), als plötzlich reichlich Regen fiel, der es ihnen ermöglichte, ihren Durst zu stillen und ihre Waschungen vorzunehmen. (Asad)

"Verunreinigungen Scheytaans" ist sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Schmutz ist physisch ein Symbol für das Böse, und die Muslime nahmen peinlich genau ihre Gebetswaschungen vor. Aber der Regen erfrischte auch ihren Geist und zerstreute ihre heimlichen Zweifel (Einflüsterungen des Bösen), die sie angesichts dieser widrigen Umstände an der Möglichkeit eines Sieges hatten. (Juusuf ‘Allii)

30. Die geistige Stärkung wird durch die materielle ergänzt. Die Herzen beruhigen sich durch das Vorhandensein des Wassers, und die Seelen finden durch die Reinigung den inneren Frieden. Und die Füße bekommen durch die Festigung des sandi­gen Bodens durch den Regen einen sicheren Halt. (Qutb)

Darüber hinaus verursachte der Regen dem Gegner Schwierigkeiten, denn die Armee lagerte im tiefer gelegenen Teil des Tales, wo sich das Regenwasser ansammelte und den Grund schlammig machte, so dass ihre Füße darin versanken. (Mauduudi)

 

12. Und (gedenket der Zeit) als euer Herr den Engeln eingab:31 "Wahrlich, Ich bin mit euch,32 so gebt den Mu’mins Festigkeit!33 Ich werde gewiss den Herzen der Kaafirs Furcht einflößen.34 So schlagt auf die Köpfe und schlagt ihnen alle Fingerspitzen ab."35

31. Die beauftragt waren, die Muslime zu unterstützen. (Darjabaadi)

32. Der Satz: "Ich bin mit euch ..ist (durch die Engel) an die Mu’mins gerichtet, denn Ziel und Zweck dieser Worte ist, die Furcht zu beseitigen; schließlich waren es die Muslime und nicht die Engel, die sich vor den Feinden der Wahrheit ängstigten. (Asad)

33. Auch dies ist wieder an die Mu’mins gerichtet. Aja 10 dieser Suura macht deutlich, dass die Hilfe der Engel geistiger Natur war, und aus dem Qur’an geht nirgendwo hervor, dass sie im physischen Sinne in die Kampfhandlungen eingriffen. In seinem Kommentar zu diesem Aja betont Rasi diesen Sachverhalt immer wieder; unter den modernen Kommentatoren weist besonders Raschid Rida entschieden die legendäre Vorstellung zurück, dass die Engel in dieser oder einer anderen Schlacht des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, tatsächlich kämpften. (Asad)

34. Allah inspirierte die Engel, die Mu’mins zu stärken, und versprach, den Herzen der Kaafirs Furcht einzuflößen. Den Engeln wurde befohlen, in den Kampf einzugreifen und die muslimische Schar zu unterstützen. Wir sollen uns aber nicht mit Fragen beschäftigen wie "Auf welche Weise haben sich die Engel mit den Muslimen verbündet?" oder ., Wie viele haben sie getötet und auf welche Weise?". Die große Wahrheit, die hier zum Ausdruck kommt, ist die, dass die Bewegung der muslimischen Scharen auf der Erde für diese Religion von enormer Wichtigkeit war, so dass sie Allahs Begleitung und den Beistand der Engel verdiente. Wir verinnerlichen den Imaan an die Existenz einer bestimmten Schöpfungskategorie Allahs, die als Engel bezeichnet wird. Wir wissen aber von ihrer Natur nur soviel, wie ihr Schöpfer uns mitgeteilt hat. Deshalb kön­nen wir nicht wissen, auf welche Art sie am Sieg der Muslime in der Schlacht von Badr beteiligt waren, abgesehen von dem, was uns der Qur’an mitteilt. Allah befahl ihnen, die Mu’mins zu stärken, und das taten sie, denn sie tun immer nur das, was ihnen befohlen wird. (Qutb)

35. Wörtl.: Schlagt sie oberhalb des Nackens (Anm. d. Übers.)

Die verwundbarsten Stellen eines bewaffneten Mannes sind oberhalb des Nackens. Ein Schlag auf Hals, Gesicht oder Kopf macht ihn kampfunfähig. Wenn er ein Panzerhemd trägt, ist es schwierig, sein Herz zu erreichen. Aber wenn seine Hände nicht mehr einsatzfähig sind, dann kann er nicht mehr mit Schwert oder Lanze umgehen und ist leicht gefangen zu nehmen. (Juusuf 'Allii)

Dies ist wahrscheinlich eine Anweisung, den Gegner kampfunfähig zu machen. Wie wir aus entsprechenden Lehrbüchern erfahren, zielt zivilisierte Kriegsführung so weit wie möglich darauf ab, den Gegner außer Gefecht zu setzen. (Darjabaadi)

Durch das, was aus dem Qur’an hervorgeht, sind wir der Ansicht, dass die Engel nicht direkt am Kampf teilnehmen, son­dern den Muslimen helfen sollten, ihre Schläge konsequent und effektiv durchzuführen. Aber nur Allah weiß, wie es wirk­lich war. (Mauduudi)

 

13. Dies, weil sie sich gegen Allah und Sei­nen Gesandten auflehnten.36 Und wer sich gegen Allah und Seinen Gesandten auflehnt, gegen den ist Allah wahrlich streng im Strafen.37

36. "Sie haben sich von Allah und Seinem Gesandten abgetrennt" oder "sie haben gegen Allah und Seinen Gesandten gestrit­ten". (Asad)

Es ist keine unerwartete Wendung und auch kein purer Zufall, dass Allah der muslimischen Schar zum Sieg verhilft und ihren Feinden Schrecken einjagt und die Engel dabei zu ihren Verbündeten macht. Der Grund für all dies ist der, dass die Götzendiener sich gegen Allah auflehnten und ständig versuchten, die Menschen von Allahs Pfad abzubringen. (Qutb)

 

14. So kostet es nun aus. Wahrlich, für die Kaafirs ist die Strafe des Feuers(bestimmt).38

37. Allahs Strafe ist streng gegen die, die den Götzendienst der Verehrung Allahs vorziehen. Zudem taten sie den Muslimen Unrecht, indem sie sie mit Gewalt vom Islam abwendig machen wollten, sie zur Auswanderung zwingen und sie sogar bis in die Emigration verfolgten. (Al-Manar)

38. Die Anrede wendet sich hier plötzlich den Kaafirs zu, und es ist von der Strafe die Rede, die sie verdient haben. (Mauduudi)

 

15. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Wenn ihr mit den Kaafirs bei deren Vormarsch zusammentrefft,39 dann kehrt ihnen nicht den Rücken zu.40

39. Die Gesetzmäßigkeiten des geistigen Kampfes entsprechen denen militärischer Tugend und Disziplin. Triff mit deinem Gegner auf faire und überlegte Weise zusammen, nicht überhastet, sondern nach gründlicher Vorbereitung. Sachfan ("in Schlachtordnung zusammentreffen") bedeutet ein langsames und gut geplantes Vorrücken gegen die gegnerische Armee. Sobald man sich im Kampf befindet, muss man auch bis zuletzt durchhalten; da bleibt kein Platz für Bedenken. Tod oder Sieg soll der Grundsatz jedes Kämpfers sein: dies kann den Tod für ihn selbst bedeuten, aber wenn er mu’min ist, ist es in jedem Fall ein Sieg für seine Sache. Es gibt zwei Ausnahmen:

1. taktischer Rückzug, um eine bessere Ausgangsposition zu gewinnen oder den Gegner zu täuschen und

2. wenn ein einzelner oder eine kleine Gruppe von der Truppe getrennt worden ist, sollte er sich zurückziehen, bis er sich dieser wieder anschließen kann. Leichtsinn und Kampf im Alleingang sind keine Tugenden. Jeder einzelne soll sein Leben und seine Mittel zum besten Nutzen der gemeinsamen Sache einset­zen. (Juusuf ‘Allii)

40. Das Herz des Mu’mins soll von solcher Festigkeit sein, dass keine Macht dieser Erde es besiegen kann. Es steht stets mit der Kraft Allahs in Verbindung. die über alles dominiert. Sollte dieses Herz angesichts einer Gefahr erschüttert wer­den, so darf diele Erschütterung keinesfalls zu einer Niederlage oder zur Flucht führen. Denn der Mu’min darf sich nicht aus Furcht um sein Leben zurückziehen. Er begegnet als Mensch einem Feind, der auch Mensch ist. Somit stehen beide auf gleichem Boden. Was ihn auszeichnet ist die unbesiegbare Macht, die hinter ihm steht. Außerdem kehrt er eines Tages zu Allah zurück, ob er lebendig oder als Märtyrer aus dem Kampf hervorgeht, und deshalb ist er stärker als seine Gegner. (Qutb)

Die in diesem Aja enthaltene moralische Lehre ist nicht auf den historischen Zusammenhang beschränkt, auf den sie sich bezieht, sondern besitzt dauerhafte Gültigkeit. (Asad)

 

16. Und wer ihnen an einem solchen Tag den Rücken zukehrt, es sei denn, um zu einem (geeigneteren) Kampfplatz abzuschwenken41 oder um sich einer anderen Truppe anzuschließen, der lädt den Zorn Allahs auf sich42 und sein Aufent­haltsort wird die Hölle sein -was für ein übler Ausgang!

41. Sich abwenden, um den Kampf wieder aufzunehmen: als taktische Maßnahme. (Darjabaadi)

42. Der Qur’an verbietet nicht den ordnungsgemäßen Rückzug, wenn es die Strategie erfordert. Es ist erlaubt, sich zurückzu­ziehen, wenn der Druck seitens des Gegners zu stark wird, um sich neu zu formieren oder mit einer anderen Einheit zu­sammenzuschließen. Was hier verboten ist, ist Flucht in Panik, ungeordnetes Davonrennen nach Sicherheit, um das eigene Leben zu retten. Wer in Panik vom Schlachtfeld flieht, tut dies, weil ihm das eigene Leben lieber ist als die Sache, für die zu kämpfen er vorgab. Dies verurteilt der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ausdrücklich, indem er sagt: "Es gibt drei Sünden, die der Tugend entgegenstehen: Götzendienst, Verletzung der Rechte der Eltern und Flucht vom Kampf für die Sache Allahs." Die Flucht wird auch besonders deswegen so stark verurteilt, weil die darin ausgedrückte Feigheit sich auch auf andere überträgt. (Mauduudi)

 

17. Nicht ihr habt sie getötet,43 sondern Allah war es, der ihren Tod herbeiführte. Und nicht du warst es, der (eine Handvoll Sand) warf, sondern es war Allah, Der warf,44 um den Mu’mins eine Gnade von Sich zu erweisen.45 Wahr­lich, Allah ist Allhörend,46 Allwissend.47

43. Nicht durch euere eigene Kraft oder Stärke habt ihr euere Feinde besiegt, die euch zahlenmäßig weit überlegen waren, sondern es war Allah, der euch den Sieg über sie verliehen hat. (ibn Kasir)

44. Ibn Abbas berichtete: " Am Tage von Badr erhob der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Hände und sprach zu Allah:" Wenn diese Schar (der Muslime) vernichtet würde, so würde Dich keiner auf dieser Erde verehren." Da sagte der Engel Dschibril zu ihm: "Nimm ein Handvoll Staub und wirf sie auf die Gesichter deiner Feinde." Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, tat dies und es gab keinen Götzendiener, dessen Augen, Nase und Mund von dieser Handvoll Staub nicht getroffen gewesen wäre. So liefen sie davon." (ibn Ka’sir)

Als der Kampf begann, betete der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und warf eine Handvoll Sand oder Staub gegen die Feinde, um symbolisch darauf hinzuweisen, dass sie blindlings in ihr Schicksal liefen. Dies hatte eine starke psychologische Wirkung. Jedes Ereignis in dieser Schlacht wird Allah zugeschrieben, denn sie fand für Seine Sache und nach Seinem Gebot statt. (Juusuf ‘Allii)

Jede Handlung der treuen und gehorsamen Diener Allahs wird Ihm selbst zugeschrieben. Er allein ist die wahre, effektive Ursache, während sie Seine Werkzeuge sind.

Da sich das Wort “rama“ (wörtlich: "er warf' oder "er schleuderte") auch auf das Abschießen eines Pfeils oder Werfen einer Lanze beziehen kann, könnte der Ausdruck hier als ein Hinweis auf die aktive Teilnahme des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, an den Kampf­handlungen erklärt werden. Eine andere Möglichkeit wäre, dass damit darauf hingewiesen werden soll, dass "Furcht in die Herzen der Gegner geworfen wurde", nämlich durch den äußersten Kampfesmut der Muslime. Welche Erklärung auch immer die zutreffendste ist, der obige Aja bedeutet, dass der Sieg der Muslime über die zahlenmäßig viel stärkeren und viel besser ausgerüsteten Quraisch allein der Gnade Allahs zu verdanken ist. Er soll die Muslime aller Zeiten daran erinnern, dass sie nicht auf ihre Errungenschaften stolz sein dürfen. (Asad)

"Eine Gnade von Sich" oder "Eine Prüfung von Sich". (Anm. d. Übers.)

45. Zahlenmäßig waren die Kaafir von Mekka den Muslimen um das dreifache überlegen. Auch bezüglich der Ausrüstung waren die Muslime weit im Nachteil und konnten nur auf wenig Erfahrung zurückgreifen, während die Quraisch ihre besten Krieger ins Feld schickten. In diesem allem lag eine Prüfung, aber diese Prüfung war von unschätzbar wertvollen Gnadengeschenken Allahs begleitet: die Muslime wurden von jemandem geführt, zu dem sie völliges Vertrauen hatten und für den sie bereit waren, ihr Leben zu opfern; der Regen erfrischte sie; ihr Mut war ungebrochen; und sie kämpften für Allahs Sache. So wurde die Anfechtung der Prüfung zum Segen. (Juusuf ‘Allii)

46. Deswegen hörte Er die Gebete der Muslime. (Darjabaadi)

47. Deswegen kannte Er die Reinheit ihrer Absichten. (Darjabaadi)

 

18. Und zudem ist es Allah, Der den heimtückischen Plänen der Kaafirs die Kraft nimmt.48

48. Sein Wirken zeigt sich besonders deutlich, wenn eine machtvolle, gut organisierte Armee von einer kleinen, schlecht aus­gerüsteten Truppe zurückgeschlagen wird. (Darjabaadi)

Allahs Werk endet nicht damit, eure Feinde mit euren eigenen Händen zu töten oder sie mit dem Wurf des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu treffen und euch die Prüfung bestehen zu lassen, um euch Seine Gnade zu erweisen, sondern Er setzt Seine Hilfe fort, indem Er die Pläne der Kaafirs wirkungslos werden lässt. (Qutb)

 

19. Als ihr (O ihr Kaafirs) um (Sieg und) Entscheidung gebetet habt,49 so ist eure Bitte erhört worden.50 Und wenn ihr jetzt aufhört, so ist es besser für euch,51 und wenn ihr es von neuem tut, so werden auch Wir genauso verfahren.52 Und eure Menge wird euch nicht das geringste nützen, auch wenn sie vervielfacht würde,53 denn Allah ist wahr­lich mit den Mu’mins.

49. ’Fath“: Sieg, Entscheidung, Urteil. Die Quraisch in Mekka hatten für den Sieg gebetet; sie waren zuversichtlich gewesen, dass ihre Überlegenheit an Anzahl, Ausrüstung und Erfahrung entscheidend sein würde. Mit einem Wortspiel wird ihnen hier mitgeteilt, dass die Entscheidung und der Sieg gekommen sind -allerdings nicht so, wie sie es erwartet hatten! (Juusuf ‘Allii)

50. Wenn ihr um den Sieg gebeten habt, und dass Allah die, die am weitesten irregeführt sind vernichtet, so hat Allah euch erhört. Sein Fluch konnte niemanden treffen als euch selbst, denn ihr wart. diejenigen, die fehlgeleitet waren. Hiermit will Allah ihnen nahe legen, sich ,vom Götzendienst abzukehren und ihre ständigen Angriffe gegen die Muslime und den Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu unterlassen. (Qutb)

Die Götzendiener hatten vor der Schlacht den Vorhang der Kaaba ergriffen und gebetet: ,,O Allah, gewähre der besseren der beiden Parteien den Sieg!" Besonders Abuu Dschachl rief Allahs Entscheidung an und sagte: ,,O Allah, gewähre der Partei den Sieg, die im Recht ist, und erniedrige die Aggressoren!" Allah erhörte diese Gebete wortwörtlich, indem Er den Musli­men den Sieg gewährte, denn sie waren die "bessere der beiden Parteien" und "diejenigen, die im Recht waren". (Mauduudi)

51. Wenn ihr jetzt noch, nach dem großen Zeugnis von Badr, damit aufhört, den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu bekämpfen. (Darjabaadi)

52. Wenn ihr zu eurer alten Gewohnheit der Verfolgung und Aggression zurückkehrt. (Darjabaadi)

53. Dies ist der allgemeine Grundsatz. Ausnahmen sind nur scheinbar, und dann haben sie ihren guten Grund. (Darjabaadi)

Die Kommentatoren sind sich nicht völlig einig darüber, ob dieser Aja an die Muslime oder ihre Gegner von Badr ge­richtet ist. Während einige Kommentatoren die Ansicht vertreten, wie beispielsweise Rasi, es handle sich um eine Ermah­nung an die Muslime, stehen andere auf dem Standpunkt, es sei eine an die Quraisch gerichtete Warnung. Um diese Ansicht zu rechtfertigen, erklären sie das Wort “Fath“ (wörtlich: "Öffnung", "Eröffnung"), das im ersten Satz des Ajas auftaucht, als "Urteil" oder "Entscheidung", was linguistisch durchaus möglich ist. Übersetzt würde dann: "...wenn ihr euch ent­haltet (vom Kampf gegen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm), dann ist es zu eurem eigenen Nutzen...". Wenn der Aja; als an die Mu’mins gerichtet verstanden wird, müsste übersetzt werden: "...wenn ihr euch (der Fehltritte) enthaltet. ..". Während beide Inter­pretationen linguistisch gerechtfertigt sind, halte ich die letztere für eher dem Zusammenhang entsprechend, denn sowohl die vorangehenden als auch die folgenden Ajas sind an die Muslime gerichtet. Die Muslime sollen daran erinnert wer­den, dass Allah auf ihrer Seite ist, solange ihr Imaan stark ist und ihre Handlungen gerecht sind. Wie groß und stark auch immer ihre Gemeinschaft in Zukunft werden wird, sie sind machtlos, wenn sie nicht den Imaan verinnerlichen und auf Allah vertrauen. (Asad)

 

Abschnitt 3

20. O ihr Mu’mins! Gehorcht Allah und gehorcht Seinem Gesandten und wendet euch nicht von ihm ab, nachdem ihr (seinen Rut) vernommen habt.54

54. Der Ruf ergeht an die Mu’mins, nachdem ihnen die Ereignisse. von Badr vor Augen geführt worden sind und Allahs Handeln dabei aufgezeigt wurde. Sich nach alldem abzuwenden wäre wahrhaftig töricht und äußerst verwerflich. Kein Mensch, der fähig ist, vernünftig zu denken, könnte sich zu so etwas erkühnen. (Qutb)

Dies sind zwei Gruppen: Die erste ist die der Kaafirs, vergleiche 4:45, die zweite Gruppe ist die der Heuchler, von denen der Quran in 47:17 berichtet. (Al-Manar)

 

21. Und seid nicht wie jene, die sagten: "Wir hören", doch sie schenkten ihm kein Gehör.55

55. Vergleiche Suura 2:93. (Juusuf ’Allii)

Vergleiche auch Suura 4:46. Während sich diese beiden Parallelstellen in erster Linie auf die Juden beziehen, sind hier alle die Menschen angesprochen, die die Botschaft des Quran kennen gelernt und verstanden haben, sie aber missachten. (Asad)

Dies stellt die Haltung der Heuchler bloß, die wohl die Wahrheit mit ihren Ohren wahrnehmen, aber nicht daran den Imaan verinnerlichten, sondern sich mit Lippenbekenntnissen begnügen, ohne Allahs Geboten zu gehorchen. (Mauduudi)

 

22. Wahrlich, die schlimmsten unter den Lebewesen56 sind bei Allah jene, die taub57 und stumm sind,58 jene, die nicht begreifen.59

56. "Dawab", Singular "dabba", bedeutet wörtlich: "Tiere, die laufen oder kriechen, auch einschließlich des Menschen". (Asad)

Das Wort “Dabbach“ bezeichnet alle Lebewesen, die sich auf der Erde vorwärts bewegen. Es wird aber selten für den Men­schen verwendet, weil es eine Geringschätzung bedeutet. (Al-Manar)

57. Die der Stimme der Wahrheit kein Gehör schenken. (Darjabaadi)

58. Die sich weigern, die Wahrheit zu sprechen. (Darjabaadi)

Vergleiche auch Suura 2: 18. (Juusuf 'Allii)

59. Sie weigern sich, über die Wahrheit nachzudenken und sie zu begreifen. (Darjabaadi)

 

23. Und wenn Allah irgend etwas Gutes60 in ihnen erkannt hätte, dann hätte Er sie gewiss hörend gemacht.61 Doch selbst wenn Er sie hörend gemacht hätte, bitten sie sich widerstrebend abgewendet.62

60. "Gutes" steht hier für den Willen oder die Bereitschaft, den Imaan zu verinnerlichen, und für die Sehnsucht nach der Wahrheit. (Darjabaadi)

61. Ihnen fehlt die Bereitschaft zum Verstehen und den Imaan zu verinnerlichen; wäre eine solche Bereitschaft vorhanden, so könnte Allah sie sicherlich auf den rechten Weg führen. (Darjabaadi)

62. Selbst wenn Er sie als Ausdruck Seiner besonderen Barmherzigkeit veranlassen würde zu hören, würde ihre fehlende Be­reitschaft dazu führen, dass sie in ihrem gegenwärtigen Zustand verharren. (Darjabaadi)

Da die Heuchler keine Wahrheitsliebe besaßen und nicht den Wunsch verspürten, sich dafür einzusetzen, hätten sie auf dem Schlachtfeld beim ersten kritischen Anlass die Flucht ergriffen, selbst wenn Allah ihnen geholfen hätte, dem Gebot des Kampfes Folge zu leisten. Ihre Anwesenheit hätte sich dann eher schädlich als nützlich ausgewirkt. (Mauduudi)

 

24. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Folgt Allah und Sei­nem Gesandten, wenn er euch zu dem aufruft, was euch Gedeihen schenkt.63 Und wisset, dass Allah zwischen den Menschen und sein Herz tritt64 und dass Er es ist, zu Dem ihr versammelt werdet.65

63. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ruft die Menschen zu etwas auf, das sie belebt; es ist Ruf zum Leben im wahrsten Sinne. Er ruft sie auf zum Islam, der Herz und Vernunft belebt und die Menschen aus den Fängen der Unwissenheit und des Aberglaubens, von dem Druck der Illusionen und Fabeln und von Knechtschaft gegenüber anderen als Allah befreit. Er ruft sie auf, dem Gesetz Allahs zu folgen, das den Menschen als solchen proklamiert und dass die Menschen alle vor diesem Gesetz gleich sind, ohne dass eine Person mit einem ganzen Volk nach Willkür verfahren dürfte oder eine Rasse mit einer anderen. (Qutb)

Hier liegen zwei bemerkenswerte Punkte vor.

1. Nachdem zunächst Allah und Sein Gesandter, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erwähnt werden, steht das Pronomen und das Verb im nächsten Satzteil im Singular: alles, was Allahs Gesandter als Gebot verkündete, kam als Inspi­ration von Allah; der Gesandte, Allahs Segen und Frieden auf ihm, brachte seinen Willen völlig in Übereinstimmung mit Allahs Willen.

2. Wir werden aufge­fordert, unsere Antwort in Handlungsweise und Lebensführung auf den Ruf der Pflicht und des Gewissens zu geben, denn dieser Ruf führt zu wahrem Leben, dem ewigen Leben, selbst wenn scheinbar in dieser Welt der Verlust lebensnotwendiger Dinge oder gar des Lebens selbst damit verbunden ist. (Juusuf 'Allii)

64. Wenn das menschliche Herz sich widersetzt und weigert, Allahs Ruf zu folgen, ist damit die Sache noch nicht erledigt. Allah kann nicht außer acht gelassen werden. Die Weigerung ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass sich Wünsche und Vorstellungen im Herzen des Menschen befinden, die er nicht für Allahs Sache aufgeben will. Lassen sich solche Wünsche und Vorstellungen verwirklichen, wenn man sich weigert, für eine höhere Sache zu streben? Keineswegs. Der Mensch denkt, Allah lenkt. Wenn auch die Zusammenhänge dem Menschen verborgen bleiben, Allah kennt sie doch. Das Herz ist der innerste Sitz der Zuneigungen und Sympathien des Menschen, aber zwischen diesem um dem Menschen selbst ist die Anwesenheit Dessen, Der überall anwesend ist. (Juusuf 'Allii)

Allah ergreift Besitz von diesem Herzen. Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, pflegte in einem Gebet zu sprechen: "Allah, Wender der Herzen, festige mein Herz in Deinen Diin." (Qutb)

Zwischen die Wünsche des Menschen und die äußere Handlung, die aus diesen Wünschen resultiert; dies weist darauf hin, wie Allah den Menschen von dem abbringen kann, wozu seine Herzensregungen ihn veranlassen wollen. Mit anderen Worten, nur das Bewusstsein von Allah kann den Menschen davon abhalten, sich von falschen Neigungen missleiten zu lassen und wie jene "tauben und stummen" Wesen zu werden, die "von ihrer Vernunft keinen Gebrauch machen" (siehe oben Aja 22). Nur das Bewusstsein Allahs kann dem Menschen ermöglichen, dem Ruf zu dem zu folgen, "was Leben gibt", nämlich dem Unterscheidungsvermögen zwischen Gut und Böse, und dem Willen, entsprechend zu handeln. (Asad)

65. Eure Herzen sind in Seiner Hand, und bei Ihm werdet ihr schließlich versammelt. Weder in diesem Leben noch im zukünf­tigen könnt ihr Ihm entrinnen. Trotzdem fordert Er euch auf, Ihm als freie Diener, die dazu noch belohnt werden, zu folgen um nicht wie unterworfene Sklaven. (Qutb)

Das wirksamste Gegenmittel gegen heuchlerisches Verhalten ist der Imaan an Allah und an das zukünftige Leben. Wenn jemand fest davon überzeugt ist, dass er mit Allah zusammentrifft, Der alles weiß, selbst seine innersten Wünsche, Pläne und Gedanken, und dass er Ihm schließlich gegenübertreten muss, dann wird er sein Bestes tun, solches Verhalten zu vermeiden. Deswegen erwähnt der Quran auch immer wieder diese beiden Inhalte des Imaans. (Mauduudi)

 

25. Und hütet euch vor einer Versuchung,66 die nicht nur diejenigen unter euch trifft, die unrecht tun,67 und wisset, dass Allah streng ist im Strafen.

66. Das Wort "Fitna" hat eine vielfältige Bedeutung:

1. die Grundbedeutung ist "Prüfung" oder "Versuchung", wie in Suura 1: 102,5:74 und 8:28;

2. analog dazu bedeutet es auch Heimsuchung oder Strafe;

3. Verfolgung, Aufruhr und Unterdrückung, wie in Suura 1:193,8:39 und hier;

4. wird hier eine weitere Bedeutungsnuance angedeutet: Zwietracht, Abspaltung, Bür­gerkrieg. (Juusuf 'Allii)

Fitna: Unglück oder Heimsuchung; -Eine Gemeinschaft, die Ungerechtigkeiten seitens eines Teils ihrer Mitglieder in irgendeiner Form zulässt oder sie nicht zu verhindern versucht, hat es verdient, zusammen mit den Sündern bestraft zu werden, wobei das größte Unrecht ist, Allahs Gesetz und Lebensregeln zurückzuweisen. (Qutb)

67. Da Fitna in jedem Fall auch mit der Bedeutung "Versuchung zum Bösen" verbunden ist, scheint mir dies in diesem Zusam­menhang die passendste Übersetzung zu sein: es handelt sich nämlich nicht nur um die Leugner geistiger Wahrheiten, die einer solchen Versuchung ausgesetzt sind, sondern auch sonst rechtschaffene Menschen können ihr erliegen, wenn sie nicht ständig und bewusst wachsam gegenüber Faktoren sind, die sie vom rechten Weg abbringen. (Asad)

Heimsuchung und Strafe trifft nicht nur diejenigen, die aktiv kriminelle Handlungen begehen, sondern auch diejenigen, die Laster und Kriminalität in ihrer Umgebung gegenüber gleichgültig sind und nicht versuchen, auf schlechte Menschen einzuwirken. Der Islam erwartet von seinen Anhängern, dass sie angesichts von Laster und Kriminalität nicht passive Zu­schauer bleiben, sondern dass sie aktiv Widerstand leisten, soweit es in ihrer Macht steht. (Darjabaadi)

Dies bezieht sich auf die kollektiven Missstände, die nicht auf einzelne Menschen beschränkt sind, sondern in der gesamten Gesellschaft verbreitet sind. In solchen Fällen trifft Allahs Zorn nicht nur die Hauptübeltäter, sondern auch diejenigen, die diesen Zuständen Vorschub leisten. Dies ist etwa mit den sanitären Verhältnissen in einer Stadt vergleichbar. Wenn nur an wenigen Stellen Schmutz vorhanden ist, leiden nur diejenigen darunter, die ihre Umgebung nicht reinhalten. Wenn jedoch der Schmutz überall verteilt ist und niemand sich darum kümmert, ihn wegzuräumen, dann werden auch Luft, Was­ser und Boden verunreinigt, und die ganze Stadt hat unter Vergiftungen und Seuchen zu leiden. Kein Unterschied besteht da zwischen denen, die den Schmutz verbreiten, und denen, die es nicht tun. Ähnliches ist der Fall bei Korruption, Obszö­nität und moralischer Unsauberkeit. Deswegen fordert Allah die Muslime immer wieder auf, sich für das Gute einzusetzen. (Mauduudi)

 

26. Und erinnert euch, wie ihr nur wenige wart und unterdrückt wurdet im Land.68 Ihr fürchtetet, von den Menschen verschleppt zu werden.69 Doch Er gab euch Obdach70 und stärkte euch mit Seinem Beistand71 und versorgte euch mit guten Dingen, auf dass ihr dankbar sein möget.72

68. Dies bezieht sich auf die Zeit vor der Auswanderung. (Darjabaadi)

69. Aus diesem unmittelbaren Anlass werden die Muslime daran erinnert, dass sie in Mekka eine kleine Schar waren, die ver­achtet und geschmäht wurde und ständig um die Sicherheit ihres Lebens, ihres Eigentums und ihrer Familie bangen mussten, wie sie dann aber durch Gnade in Medina eine sichere Zuflucht fanden, Freunde und Helfer, die für ihre Bedürfnisse Sorge trugen, und wie sie allmählich genügend Kräfte sammeln konnten, um das Heer des Kufrs, Ungerechtigkeit und Unterdrückung abzuwehren. (Juusuf ’Allii)

In seiner weiteren Bedeutung soll dieser Aja jede Gemeinschaft Mu’mins zu allen Zeiten an ihre anfängliche Schwäche und Bedeutungslosigkeit erinnern und an ihre Zunahme an Anzahl und Einfluss. (Asad)

70. In Medina. (Darjabaadi)

71. Durch Zuwachs an Anzahl und Kräften. (Darjabaadi)

72. Indem ihr gute, treue Diener Allahs werdet. (Darjabaadi)

Die Worte: "...auf dass ihr dankbar werdet..." sind in diesem Zusammenhang sehr bedeutungsvoll. Sie erfordern, dass die Muslime nicht Allahs Gnade einfach nur mit Worten anerkennen, sondern ihre Dankbarkeit praktisch zum Ausdruck bringen, indem sie Allah und Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gehorchen und sich aufrichtig für Seine Sache einsetzen, auch wenn sie Gefahren und Schwierigkeiten ertragen müssen. Sie dürfen sich darauf vertrauen, dass Allah ihr Helfer und Beschützer ist, wenn sie auf­richtig für Seine Sache eintreten. (Mauduudi)

 

27. O ihr Mu’mins! Handelt nicht untreu gegen Allah und den Gesandten73 und veruntreut nicht wissentlich das euch Anvertraute.74

73. Versäumt nicht eure Pflichten ihnen gegenüber. (Darjabaadi)

Sich von den Pflichten, die der islamischen Gemeinschaft auf Erden auferlegt sind, zurückzuziehen, ist eine Treulosigkeit gegenüber Allah und Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Qutb)

74. Vieles kann einem Menschen anvertraut sein:

1. Eigentum eines anderen;

2. Pläne, Entwürfe, Vorhaben, Geheimnisse und so weiter;

3. Wissen, Fähigkeiten, Möglichkeiten und so weiter, die wir zum Nutzen unserer Mitmenschen einsetzen sollen. Dieses Vertrauen, das Allah und Sein Gesandter, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in die Menschen gesetzt haben, kann missbraucht werden, indem Besitz nicht zweckmäßig verwendet oder Wissen und Fähigkeiten nicht eingesetzt werden. Bei diesem besonderen Anlass, wo die Pläne für den Schutz der Muslime vor der Vernichtung so wichtig waren, mussten vertrauliche Mitteilungen des Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und sein Vertrauen in besonderem Maße bewahrt werden. Gelegenheiten, sich des Vertrauens unserer Mit­menschen würdig zu erweisen, bieten sich an jedem einzelnen Tag in unserem Leben, und nur wenige von uns können in dieser Beziehung Vollkommenheit beanspruchen. Daher die besondere Auszeichnung des Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der sich den Beinamen Al-Amiin (der Vertrauenswürdige) verdiente. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche auch Suura 33:72. (Asad)

Dazu gehören auch Verträge und Vereinbarungen, oder eine anvertraute Aufgabe. (Mauduudi)

 

28. Und wisset, dass euer Vermögen und eu­re Kinder eine Versuchung sind75 und dass bei Allah gewaltiger Lohn ist.76

75. Eine große Familie mit vielen Söhnen wurde als Quelle von Macht und Ansehen betrachtet, vergleiche auch Suura 3:10 und 3:116. Ähnliches wird in Psalm 127:4-5 angesprochen: "Wie Pfeile in der Hand eines Starken, so sind die Söhne der Jugendzeit. Wohl dem, der seinen Köcher damit gefüllt hat! Sie werden nicht zuschanden, wenn sie mit ihren Feinden verhandeln im Tor." Das gleiche gilt für irdische Besitztümer; sie tragen zu Ansehen, Würde und Einfluss eines Menschen bei. Aber sowohl Eigentum als auch eine große Familie sind eine Versuchung und eine Prüfung. Sie können sich als Ursa­che geistigen Niedergangs erweisen, wenn sie missbraucht werden, oder wenn man damit mehr verbunden ist als mit Allah. (Juusuf 'Allii)

Allah kennt die Schwächen des menschlichen Wesens und weiß, dass sein Verlangen nach Eigentum und Nachkommen­schaft ein besonders schwacher Punkt ist. Aus diesem Grunde weist Er auf ihre wirkliche Bedeutung hin, dass Er sie uns nämlich geschenkt hat, um uns zu prüfen und heimzusuchen. Sie gehören zur Ausschmückung des diesseitigen Lebens, das der Ort der Prüfungen und Heimsuchungen ist, damit Er die Handlungen und das Verhalten Seines Dieners sieht: ob er dankbar dafür ist und Seine Wohltaten anerkennt, oder ob sie ihn so ablenken, dass er das Recht, das Allah dafür zusteht, vernachlässigt. Vergleiche auch Suura 21:35. (Qutb)

"Versuchung" ist nicht gleichbedeutend mit "Sündhaftigkeit", und auch Liebe, Kinder und Eigentum sind nicht in sich selbst sündhaft. Solche Regungen sind ein Teil des Menschen, den Allah ihm anerschaffen hat. Nur der Missbrauch des Menschen macht eine Sünde daraus. (Darjabaadi)

Eigentum und Kinder stellen gewöhnlich die größte Versuchung dar, die den Menschen zu Heuchelei, Treulosigkeit und Unehrlichkeit veranlasst. Allah warnt deswegen die Mu’mins, wachsam zu sein und diesen Dingen nicht zu viel Zuneigung entgegenzubringen, denn sie sind eine Prüfung, ob der Mensch sich dadurch von seiner Verantwortung abbringen lässt oder sich selbst beherrscht. (Mauduudi)

 

76. Für diejenigen, die ihre Liebe zu Allah höher stellen als die Liebe zu Eigentum und Kindern. (Darjabaadi)

Allah ist Derjenige, Der Eigentum und Nachkommenschaft schenkt. Danach folgt Seine große Belohnung für denjenigen, der diese Prüfung besteht. Und dies ist der Beistand für den Menschen, von dessen Schwachpunkten sein Erschaffer wohl weiß. "Und der Mensch ist schwach erschaffen". (Suura 4:28) (Qutb)

Soweit Liebe zu irdischem Eigentum und der Wunsch, die eigene Familie zu schützen, den Menschen zu Ungerechtigkei­ten veranlasst (und somit zu einem Verrat an den von Allah gegebenen moralischen Werten), werden sie als Fitna (Heim­suchung und Prüfung) bezeichnet. Diese Erinnerung verbindet diesen Aja mit Aja 25 oben, wo vor Fitna gewarnt wird. Im Gegensatz zum Neuen Testament verlangt der Quran jedoch nicht die Verachtung irdischer Bindungen als Vorbedin­gung für das Heil: er verlangt lediglich, dass der Mensch sich nicht durch diese Bindungen von seinem Streben nach ethi­schen Werten abbringen lässt. (Asad)

 

Abschnitt 4

29. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Wenn ihr Allah fürchtet, dann wird Er euch Erleuchtung zukommen lassen77 und eure Sünden vergeben und euch verzeihen. Und Allah ist der Herr übergroßer Huld.

77. Wenn der Mensch mutaqi ist, gibt Er seinem Herzen Erleuchtung, die ihm alle Windungen des Weges aufzeigt. So ist auch der Islam nur aus der Praxis erfahrbar. (Qutb)

Vergleiche Suura 2:53 und 2:185. Die Schlacht von Badr wird in der islamischen Theologie als Furqaan bezeichnet, weil sie die erste Kraftprobe zwischen den Mächten des Guten und Bösen in der islamischen Geschichte darstellte. Das Böse wurde überwunden, und die Mu’mins wurden von denen unterschieden, deren Imaan nicht stark genug war, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Vergleiche auch Suura 8:41. (Juusuf 'Allii)

Furqaan: die Fähigkeit zur ethischen Bewertung. (Asad)

Den Mu’mins wird zugesichert, dass Allah sie mit Einsicht und wahrem Wissen über die Zusammenhänge ausstattet, wenn sie sich mutaqi verhalten. (Mauduudi)

Ibn Abbas und einige andere sagten "Furqaan" (hier mit "Erleuchtung" übersetzt) bedeutet Ausweg. Mudschahid ergänzte: im Dies- und im Jenseits. Und in einer anderen Erzählung von ibn Abbas bedeutet "Furqaan" Heil oder auch Beistand. Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ibn Ishaq sagte: Es bedeutet die Unterscheidung von Recht und Unrecht. Diese Auslegung ist allgemeiner und beinhaltet all das vorhin erwähnte. Denn wer Allah fürchtet, indem er Seine Gebote befolgt und das Verbotene meidet, der gelangt zu der Fähigkeit, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, was zu seinem Heil und Sieg in irdi­schen Dingen und zur Glückseligkeit und Vergebung seiner Sünden am Tage der Auferstehung führt. (ibn Kasir)

 

30. Und (gedenke der Zeit) als die Kaafirs mit dir ein falsches Spiel trieben, um dich gefangen zunehmen, zu töten oder zu vertreiben.78 Und sie schmieden Pläne, doch (auch) Allah plant und Al­lah ist der beste Planer.79

78. Dies bezieht sich auf Pläne aus der Zeit, als die Quraisch feststellten, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach Medina auswandern würde. Falls ihm dies gelänge, würde er sich außerhalb ihrer Reichweite befinden. Entsprechend hielten ihre führenden Persön­lichkeiten eine Krisenberatung ab. Es wurde vorgeschlagen, ihn in Ketten zu legen und lebenslänglich gefangen zuhalten. Dieser Plan wurde jedoch nicht befürwortet, denn man befürchtete, dass seine Gefährten sich weiter für seine Botschaft einsetzen und versuchen würden, ihn zu befreien, auch unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Andere schlugen vor. ihn aus Mekka zu verbannen. Wenn sie nur die "Unordnung" loswürden, die durch ihn verursacht wurde, so sollte es ihnen schon gleich sein, wo er lebte. Hiergegen wurde jedoch eingewandt, er könnte überzeugend reden und würde dann die anderen arabischen Stämme für sich gewinnen und mit der so gewonnenen Macht Mekka bedrohen. Zuletzt schlug Abuu Dschachl! vor, man solle aus jeder Sippe einen jungen, kräftigen Mann von hohem Ansehen auswählen; diese sollten dann alle den Propheten angreifen und gleichzeitig töten. Auf diese Weise würde die Verantwortung für das vergossene Blut sich gleichmäßig auf alle Sippen verteilen, und der Familie des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, würde nichts anderes übrig bleiben, als das Blutgeld von ihnen zu akzeptieren, weil Blutrache nicht mehr in Frage käme. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen, und man ernannte die jungen Männer, die die Tat ausführen sollten. In jener Nacht, in der das Attentat stattfinden sollte, verließ jedoch der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sicher die Stadt. So wurde ihr Plan zunichte. (Mauduudi)

Die Verschwörung gegen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Mekka zielte auf drei Dinge ab.

1. Man versuchte, ihn unter Druck zu setzen, indem man seine Verwandten und Freunde einschüchterte. Aber je mehr sie verfolgt wurde, um so mehr wuchs die kleine muslimische Gemeinschaft zahlenmäßig und an Überzeugung.

2. Man versuchte, ihn zu verletzen oder zu töten. Aber das wunderbare Beispiel seiner Demut, Standhaftigkeit und Furchtlosigkeit förderte nur die Sache des Islam.

3. Man wollte ihn und die Seinen aus ihrer Heimat vertreiben. Sie fanden jedoch in Medina eine neue Heimat,. von der aus sie nicht nur Mekka gewannen, sondern die Arabische Halbinsel und die Welt.

So wurden ihre Pläne nicht nur zunichte, sondern durch Allahs wundersames Wirken in ihr Gegenteil verkehrt, so dass in jedem Fall Gutes aus Bösem entstand. (Juusuf 'Allii)

79. Vergleiche Suura 3:54. (Juusuf 'Allii)

Diese Worte klingen nicht nur spöttisch, sondern auch furchterregend. Denn wie entfernt sind diese schwachen Geschöpfe von der Allmacht Allahs, die alles umfasst! (Qutb)

Während der erste Satz dieses Verses sich auf die Verfolgungen bezieht, denen der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und die Gläubigen in Mekka vor ihrer Auswanderung nach Medina ausgesetzt waren, verweist der abschließende Absatz auf eine allgemeingültige Tat­sache in der Religionsgeschichte des Menschen, dass nämlich die Opponenten der Wahrheit immer versuchen, ihre Vertre­ter zu vernichten oder außer Gefecht zu setzen, entweder physisch oder im übertragenen Sinne, indem sie ihre Botschaft lächerlich machen. (Asad)

 

31. Und wenn ihnen Unsere Zeichen vorgetragen werden, sagen sie:80 "Wir haben dies bereits vordem gehört.81 Wenn wir wollten, so könnten wir gleiches wie dies sprechen. Dies sind ja nur Fabeln der Alten."82

80. Aus Ablehnung und Trotz. (Darjabaadi)

81. Wir haben genug davon gehört! (Darjabaadi)

82. Das arabische Wort "makara" kann sowohl gute wie schlechte Bedeutung haben. Es besagt, dass ein Plan ausgeklügelt wird, mit dessen Hilfe ein geheimer Zweck zur Durchführung gelangt. Aber Allah in Dessen Händen alles Gute ruht -hat auch Seine Pläne, gegen die, die Übeltäter absolut nichts ausrichten können. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche auch Suura 25:5. Die führenden Männer der Quraisch kannten die Tragweite dieses Aufrufs und seinen Wahrheits­gehalt. Sie wussten, dass das Bekenntnis "Es gibt nur Allah als einzigen und Muchammed ist Allahs Gesandter" gleichbe­deutend ist mit der Erklärung des Ungehorsams gegenüber jeder menschlichen Herrschaft. Deshalb bekämpften sie diese Lehre, indem sie den Qur’an als Fabel der Alten bezeichneten. Dies hatte anfangs Erfolg in der unwissenden Gesellschaft, bevor der Unterschied zwischen diesen Fabeln und der Sprache des Qur’ans klar geworden war. Doch diese Methode hatte auf die Dauer keinen Erfolg in Mekka. (Qutb)

Diese sarkastische Anspielung der Ungläubigen, die im Qur’an mehrfach erwähnt wird, soll ihre Ansicht betonen, der Qur’an sei keine Offenbarung Allahs. Nach Anas ibn Malik wurde diese Formulierung zuerst von Abuu Dschachl, dem Hauptgegner des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Mekka, gebraucht, der in der Schlacht von Badr ums Leben kam. (Asad)

Von diesem Wort "Asatir" ("Fabeln", "Sagen") stammt das deutsche Wort "Satire". (Anm. d. Übers.)

 

32. Und (gedenket der Zeit) als sie sagten: ,,O unser Herr! Wenn dies die Wahrheit ist, dann lass auf uns Steine vom Himmel herabregnen oder bringe uns schmerzliche Pein."83

83. Dieses merkwürdige Gebet stellt ein Bild ihrer Widerspenstigkeit dar, eine Widerspenstigkeit, die den Ruin der Anerken­nung der Wahrheit vorzog. (Qutb)

Dies ist ein weiterer Sarkasmus, kein aufrichtiges Gebet. Die Antwort kommt in den folgenden beiden Ajas. Allah straft, wenn die Zeit reif ist, nicht auf die unsinnigen und herausfordernden Sticheleien der Kaafirs hin. Solange sich der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, unter ihnen befand, gewährte seine Anwesenheit ihnen eine gewisse Immunität. Es gab auch andere Muslime, rechtschaffene Menschen, die um Vergebung beteten. Und Allah hält die Möglichkeit zur Umkehr allen offen, solange sie selbst es ermöglichen. Sie sollen sich aber nichts einbilden oder sich vor Strafe auf Dauer sicher fühlen. Was ist aus Abuu Dschachl geworden? Er und viele seiner größten Krieger fielen bei Badr. Die kleine herrschende Schicht, die den Muslimen den Zugang zur Heiligen Moschee verwehrt hatte, ging nicht lange danach unter. Sie gaben vor, ihre Hüter zu sein. Waren sie das wirklich? Konnten sie das überhaupt sein? Nur die Rechtschaffenen können wahre Hüter der Allah geweihten Stätten sein, besonders für die Kaaba (vergl. unten Aja 34). Sie sollte ein Ort wahren ’Ibadach sein, während ihre Götzendienerei lediglich Mummenschanz war. (Juusuf 'Allii)

Diese Worte sind kein Gebet, sondern eine Herausforderung etwa in dem Sinne: "Wenn dies wirklich von Allah offenbarte Wahrheit wäre, dann hätte Er schon längst Steine auf uns herabregnen lassen oder uns anderswie für unsere Ablehnung bestraft. Da jedoch nichts dergleichen geschehen ist, bedeutet dies, dass es weder die Wahrheit noch von Allah offenbart ist." (Mauduudi)

 

33. Und es wäre unmöglich, dass Allah sie bestrafte, während du unter ihnen warst,84 und es wäre unmöglich, dass Allahs sie bestrafte, während sie um Ver­gebung zu bitten pflegten.85

84. Allahs Barmherzigkeit gewährt ihnen Aufschub. Allah straft sie nicht sofort für ihren Starrsinn, um ihnen Gelegenheit zu geben, der Rechtleitung zu folgen, auch wenn es mit einiger Verzögerung geschieht. (Qutb)

Das heißt in Mekka, vor der Auswanderung nach Medina. (Asad)

85. Obgleich die kaafir Araber dem Islam feindlich gegenüberstanden, beteten sie auf ihre eigene Weise um Vergebung. (Darjabaadi)

Dies ist die Antwort auf ihre Herausforderung. Ihnen wird gesagt, dass wegen der Anwesenheit des Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, unter ihnen keine sofortige Strafe geschickt wurde, denn Allah gibt den Menschen Gelegenheit, sich zu bessern, solange Sein Gesandter sie zur Wahrheit aufruft. Der zweite Grund ist der, dass Allah kein Strafgericht über eine Gemeinschaft schickt, solange sich dort noch Menschen befinden, die um Vergebung bitten und zur Umkehr bereit sind. (Mauduudi)

 

34. Und warum sollte Allah sie nicht bestra­fen,86 wo sie doch (die Muslime) vom (Besuch) der Heiligen Moschee abhalten. Und sie sind keineswegs ihre Hüter.87 Wahrlich, ihre Hüter können allein die Mutaqis sein, aber die meisten von ihnen wissen es nicht.88

87. Dass sie Götzendiener sind. (Darjabaadi)

Sie haben es als Götzendiener nicht verdient, die Hüter der heiligen Moschee zu sein. Wegen ihrer schimpflichen Taten, wie zum Beispiel, dass sie, Männer wie Frauen, nackt um die Kaaba gingen. (Al-Manar)

Als diese Suura offenbart wurde, befand sich Mekka noch im Besitz der feindlichen Quraisch, und den Muslimen war der Zutritt verboten. Durch ihre Abstammung von Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hielten sich die Quraisch für berechtigt, die Kaaba zu hüten, die von Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als erstes Allah geweihtes Gebetshaus erbaut worden war. Der Qur’an weist diese Anmaßung zu­rück, wie er auch den Anspruch der Israeliten zurückweist, Allahs auserwähltes Volk zu sein, allein aufgrund ihrer Ab­stammung von Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Vergleiche in diesem Zusammenhang Suura 2:124 und besonders den letzten Satz: "Mein Versprechen erstreckt sich nicht auf die, die Unrecht tun." Obwohl noch ein Rest des Imaans an Allah übrig geblieben war, hatten die Quraisch die Lehre Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, an die Einheit Allahs verlassen und somit den moralischen Anspruch als Hüter des Heiligtums verwirkt. (Asad)

88. Sie sind sich ihrer Inkompetenz nicht bewusst. (Darjabaadi)

 

35. Und ihr Gebet beim Haus (Allahs) ist nichts anderes als Pfeifen und Hände­ klatschen.89 So kostet (nun) die Strafe dafür, dass ihr kaafir wart.90

89. Ohne jeden geistigen Inhalt. Einige der frühen Kommentatoren berichten, Tanzen, begleitet von Pfeifen und Händeklat­schen, sei tatsächlich ein von den vorislamischen Arabern praktiziertes Ritual gewesen. Obwohl diese Erklärung sehr überzeugend ist, scheint es aus dem Zusammenhang, dass der Ausdruck "Pfeifen und Händeklatschen" hier metaphorisch gemeint ist, um die geistige Leere der Rituale von Leuten auszudrücken, die "Kräften" aller Art göttlichen Status zuschrieben -wie Eigentum, Macht, gesellschaftliche Position, Glück und so weiter. (Asad)

Die Quraisch waren der Illusion zum Opfer gefallen, ihre besondere Stellung als "Hüter des Hauses Allahs" habe sie gegen Strafe sicher gemacht. Dieses Missverständnis wurde im vorigen Aja beseitigt. Die Rechtschaffenen sind wahre Hüter der heiligen Stätten. Die Quraisch hatten sich nicht wie Hüter des Hauses verhalten, sondern wie Herren, indem sie jeden, der ihnen nicht genehm war, an seinem Besuch hinderten. Ihr eigenes Ritual bestand nur aus sinnlosen Geräuschen ohne Gedenken Allahs und all das, was dazu erforderlich ist. (Mauduudi)

Entweder bestand ihr Gebet tatsächlich aus Pfeifen und Klatschen oder sie taten dies absichtlich, um den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beim Gebet zu stören. Wie dem auch sei -, wir können sagen, dass ihr Gebet eine Art von Spiel und Spaß war. (Al-Manar)

90. Die Strafe bestand in der Niederlage bei Badr durch die muslimischen Streitkräfte. Die Strafe jedoch, die sie sich so herausfordernd gewünscht hatten, hielt Allah aus Barmherzigkeit von ihnen ab, um ihnen noch Gelegenheit zu geben, zur Ein­sicht zu kommen. (Qutb)

 

36. Wahrlich, die Kaafirs geben ihr Vermögen aus, um (die Menschen) vom Pfad Allahs abzuhalten.91 Und sie wer­den es weiter ausgeben, doch dann wird gramvolle Reue über sie kommen.92 Alsdann werden sie besiegt. Und die Kaafirs werden in die Hölle getrieben werden, ­

91. Dies bezieht sich auf besonders entschlossene Gegner des Islam. (Darjabaadi)

92. Diese Investitionen werden die Ursache heftigen Bedauerns werden. (Darjabaadi)

 

37. Damit Allah die Schlechten von den Guten absondere,93 und die Schlechten zueinander geselle und sie zuhauf in die Hölle eingehen lasse. Diese sind wahr­haftig die Verlierer.94

93. Nur wenn die Dinge zu einem kritischen Punkt gebracht werden, kann Böses deutlich von Gutem unterschieden werden. In dem Falle gesellt sich Böses zu Bösem und Gutes zu Gutem. Das Böse häuft sich, und wenn das Maß voll ist, kommt die Strafe. Daran besteht kein Zweifel. Das Gute darf nicht mutlos werden, wenn alle Kräfte des Bösen sich zusammenschließen, um es zu bekämpfen. Je mehr sie dies tun, um so leichter ist die endgültige Entscheidung. Dies alles entspricht Allahs Plan. (Juusuf 'Allii)

94. "Sie sind bankrott", denn alle ihre Bemühungen, Fähigkeiten, ihre Zeit und ihr Eigentum haben sich letztendlich als wertlos erwiesen. Nicht nur haben sie durch ihren Einsatz nichts gewonnen, sondern er hat sie auch in den Ruin getrieben. (Mauduudi)

 

Abschnitt 5

38. Sprich zu den Kaafirs, wenn sie (Jetzt) aufhören,95 wird ihnen verziehen, was bereits geschehen ist. Doch wenn sie es von neuern tun, so wird das gleiche Gesetz wie bereits bei früheren Völkern gegen sie angewandt.96

95. oder: (vom Kufr) abstehen. (ibn Kasir)

Wenn sie aufhören, andere von Allahs Wegen abzubringen und gegen die Muslime Krieg zu führen. (Asad)

96. Eine Anspielung auf das Unheil, das über jene hereinbrechen muss, die ethische Wahrheiten verleugnen. (Asad)

 

39. Und kämpfet gegen sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt97 und aller Diin auf Allah gerichtet ist.98 Sollten sie aber aufhören,99 dann sieht Allah wahrlich wohl, was sie tun.100

97. Dies sind die Grenzen für den Kampf auf dem Wege Allahs für alle Zeiten, nicht allein für die damalige Zeit. Der Islam ist gekommen, um die allgemeine Befreiung des Menschen auf Erden zu proklamieren und ihn, indem die alleinige Macht Allahs des einen allmächtigen Allahs verhindert wird, von der Sklaverei gegenüber Geschöpfen und den eigenen Be­gierden zu befreien. Diese Verkündung der Einheit und alleinigen Herrschaft Allahs bedeutet eine umfassende Auflehnung aller gegenüber menschlicher Herrschaft, egal welche Form sie annimmt. Nähere Einzelheiten beschreibt Mauduudi in sei­nem Buch "Dschihad im Islam". (Qutb)

98. Vergleiche Suura 2:193. Allgemein muss gesagt werden, dass der Islam die Religion von Frieden und gegenseitiger Verständigung ist. Er kann sich jedoch nicht mit Ungerechtigkeit und Unrecht abfinden, und seine Vertreter sind bereit, ihr Leben für die Verteidigung ihrer Religion und der Gerechtigkeit einzusetzen. Ihr Ideal ist eine Verbindung heldenhafter Tugend mit selbstloser Sanftheit und Warmherzigkeit, so wie es der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vorgelebt hat. Ihre Eigenschaften sind Mut, Gehorsam, Disziplin und Pflichterfüllung sowie beständiges Streben unter Einsatz aller ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten, der physi­schen, moralischen, intellektuellen und geistigen, um Wahrheit und Gerechtigkeit zu Geltung zu bringen. (Juusuf 'Allii)

Diese Werte "damit aller Diin auf Allah gerichtet ist" bedeuten, dass die materiellen Hindernisse, verkörpert in der Unterjochung des Menschen durch tyrannische Herrscher, beseitigt werden müssen, damit keine andere Macht außer der Allahs auf Erden herrschen kann. Die Einzelnen können dann frei ihren Diin wählen, um kein Kaafir darf Druck auf andere ausüben, um sie von der Leitung, die sie als rechtens ansehen, abzubringen. (Qutb)

Die Abschaffung von Ungerechtigkeit und die Eröffnung des Zugangs zu Allahs Weg sind die einzigen Ziele, für die ein Muslim kämpfen darf. Für kein anderes Ziel ist Gewaltanwendung erlaubt. (Darjabaadi)

99. Mit der Verbreitung ihres Götzendienstes. (Darjabaadi)

100. Wenn sie aufhören, die Wahrheit zu bekämpfen und zu verfolgen, entscheidet Allah über sie nach ihren Handlungen und Absichten. Er will nicht, dass sie dann weiteren Feindseligkeiten ausgesetzt sind. Wenn sie jedoch jede Verständigung ab­lehnen, sollen sich die Rechtschaffenen nicht fürchten: Allah wird ihnen helfen und sie beschützen. (Juusuf 'Allii)

Er handelt dann mit ihnen gemäß ihrer inneren Überzeugung und ihren wirklichen Absichten. (Darjabaadi)

 

40. Und wenn sie sich abwenden,101 dann wisset, dass Allah euer Beschützer ist. Welch ein herrlicher, vortrefflicher Beschützer und welch vortrefflicher Beistand!

101. Wenn sie jeder Verständigung aus dem Wege gehen und auf ihrem Verhalten bestehen. (Darjabaadi)

102. Die Regel ist, dass ein Fünftel dem Befehlshaber der Truppen zur Verfügung gestellt und der Rest unter die Kämpfer ver­teilt wird. Dieses erste Fünftel wird als Allah und dem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gehörig bezeichnet und für soziale Zwecke verwendet. Letztendlich gehört alles Allah und Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vergleiche Aja 1 dieser Suura, aber vier Fünftel werden verteilt. Zu Lebzeiten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde ein bestimmter Anteil der Familie des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zur Verfügung gestellt. (Juusuf 'Allii)

Der Zweck des Kampfes wurde im letzten Aja klar definiert. Es ist klar, dass es nur ein Kampf für Allahs Sache geben darf. Und obwohl über die Angelegenheit der Beute in Aja 1 dieser Suura entschieden wurde, dass sie nur Allah und dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gehörte und die Kämpfer keinen Anteil daran hatten, damit ihre Absicht und Tun für Allah klar erkennbar würden, trägt der Qur’an hier doch einer praktischen Tatsache Rechnung; der Tatsache nämlich, dass sie für ihren freiwilligen Kampf für die Sache materielle Opfer auf sich nehmen, um sich auf den Kampf vorzubereiten. Somit ist nichts dagegen einzuwenden, dass sie als Ausgleich einen Anteil an der Beute bekommen und dabei das Gefühl haben, dass sie sie als ein Geschenk Allahs erhalten. Die allgemeine Regel für die Verteilung der Beute ist die, dass vier Fünftel an die Kämpfer verteilt werden, während ein Fünftel dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und den muslimischen Führern nach ihm für die genannten Zwecke "für Allah, den Gesandten, den nahen Verwandten..." je nach tatsächlichem Bedarf, zusteht. (Qutb)

Das Fünftel, das dem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zusteht, ist identisch mit dem, was Allah gehört, nicht zusätzlich dazu. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist in diesem Zusammenhang der Befehlshaber der Muslime und vertritt das Gemeinwesen. Heute würde man sagen, dieses Fünftel gehört dem Staat. Nach Imaam Schafi'i soll es dazu verwendet werden, öffentliche Ausgaben zu decken, unter anderem auch Kriegsschäden auszubessern, Forschung und Lehre zu finanzieren und ähnliches. (Darjabaadi)