Suura 6 "Das Vieh" Aja 111-

Suura 7 "Die Höhen" Aja 87

 

Abschnitt 14

111. Selbst wenn Wir Engel zu ihnen herabsenden würden und die Toten würden zu ihnen sprechen300 und wenn Wir alle Zeichen vor ihnen versammeln würden, so würden sie doch nicht den Imaan verinnerlichen,301 es sei denn es wäre Allahs Wille.302 Doch die meisten von ihnen wissen es nicht.303

300. Die ihnen vom Leben nach dem Tode berichten würden. (Asad)

301. Die verblüffendsten Wunder, selbst wenn sie ihren eigenen Vorstellungen entsprochen hätten, hätten sie nicht überzeugt. Selbst wenn ihnen die ganze Herrlichkeit der geistigen Welt vorgeführt worden wäre, hätten sie nicht den Imaan verinnerlicht, denn sie lehnen auf Grund ihrer eigenen Willensentscheidung Wissen und Imaan ab. (Juusuf ’Allii)

302. Da sie bewusst beschlossen haben, die Wahrheit abzulehnen und die Lüge anzunehmen, wäre die einzige Möglichkeit, sie zur Umkehr zu veranlassen, die, dass Allah sie dazu zwingt. Er müsste deswegen ihren Charakter so verändern, dass Er sie ihrer Gedanken- und Handlungsfreiheit beraubt wie andere Geschöpfe, die nicht verantwortlich sind für das, was sie tun. Dies widerspräche jedoch der Wahrheit und dem Ziel, für das der Mensch geschaffen ist. Niemand kann deswegen erwarten, dass Allah sie durch übernatürliches Eingreifen in Mu’mins verwandelt. (Mauduudi)

303. Ohne ernsthaft darüber nachzudenken, was sie sagen. (Darjabaadi)

Das unwissende Verhalten der Götzendiener kann von ihrer falschen Lebenseinstellung her gesehen werden. Wenn sich die gesamte Schöpfung und der physische Teil ihrer eigenen Person den Geboten des Allmächtigen beugen, wie unklug und widersinnig ist dann ihr Ungehorsam gegen Allah in der Sphäre ihres Lebens, in der sie Handlungsfreiheit haben. (Sidiqui)

 

112. Und ebenso machten Wir für jeden Propheten304 teuflische Feinde aus den Reihen der Menschen und der Dschinn, die einander in trügerischer Absicht hochtrabendes Gerede eingeben.305 Und wenn dein Herr es gewollt hätte, hätten sie es nicht getan. So lasse sie und ihre Lügen.306

304. Was zu Lebzeiten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geschah, geschieht in der Geschichte aller rechtschaffenen Menschen, die eine Botschaft von Allah erhalten haben. Der Geist des Bösen ist stets aktiv und macht Gebrauch von Menschen, um mittels hochtrabender Worte und einleuchtender Ausreden und Einwände zu betrügen und zu täuschen. Allah erlaubt diese Dinge in Seinem Plan, und wir können nicht klagen. Unser Imaan wird geprüft, und wir müssen standhaft die Prüfung bestehen. (Juusuf ’Allii)

305. Halbwahrheiten, die den Menschen durch ihre trügerische Attraktivität verführen und veranlassen, alle wahren geistigen Werte außer acht zu lassen (vergleiche auch Suura 25: 30-31)Den Begriff Dschinn habe ich mit "unsichtbare Wesen" über­setzt. Der Begriff "Scheyjatiin" شَيَاطِينَ  wird im Qur’an oft benutzt, um böse Kräfte sowohl im Menschen selbst als auch in der geistigen Welt zu bezeichnen (vergleiche Suura 2:14). Nach einigen authentischen Überlieferungen, die bei Tabari zitiert werden, wurde der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gefragt: "Gibt es Scheytaane unter den Menschen?" Er antwortete: "Ja, und sie sind schlimmer als die, die es unter den unsichtbaren Wesen gibt." Die Bedeutung des obigen Ajas ist somit, dass jeder Prophet sich mit der geistigen, oft auch physischen Feindschaft der Bösen auseinandersetzen muss, die aus welchem Grund auch immer sich weigern, auf die Stimme der Wahrheit zu hören und stattdessen versuchen, andere zu verleiten. (Asad)

Bei den Feinden handelt es sich um "Scheytaane unter den Dschinn und Menschen"; das Scheytaanische ist Auflehnung, Verfüh­rung und Verleitung zum Bösen, das von Menschen genau wie vom Dschinn ausgehen kann. Man könnte auch mit dieser Eigenschaft ein Tier bezeichnen, wenn es bösartig und widerspenstig ist und sein Schaden überhand nimmt. (Qutb)

306. Denn ich habe die Macht, sie zu bestrafen. (Qutb)

Diejenigen, die dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinen Anhängern feindlich begegnen, sind Scheytaane, Scheytaane aus den Reihen der Men­schen und der Dschinn. Sie haben eine gemeinsame Aufgabe und führen darüber hinaus einander in die Irre.

Zweitens: Diese Scheytaane können aus eigener Macht und Stärke dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinen Anhängern keinen Schaden zufü­gen, denn sie sind im Griff Allahs. Er stellt damit jene auf die Probe, die Ihn lieben, um ihre Seelen zu läutern und ihre Geduld bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, mit der Er sie betraut hat, zu prüfen. Überstehen sie diese Prüfung, hält Er die Feinde von ihnen ab, und sie sind nicht mehr in der Lage, ihnen mehr Schaden zuzufügen, als was Allah ihnen vorbestimmt hat.

Drittens: Allahs Weisheit hat vorherbestimmt, dass Er diesen Scheytaane bei ihren scheytaanischen Taten freie Hand lässt, um sie in dem Bereich zu prüfen, in dem Er ihnen die freie Entscheidung gelassen hat. (Qutb)

Nichts kann geschehen, wenn Allah nicht in Seinem allumfassenden Plan Platz dafür schafft und die Möglichkeiten dazu offenli8t. Das bedeutet jedoch nicht~ dass Allahs alles gutheißt. Beispielsweise kann kein Dieb stehlen und kein Mörder töten ohne Allahs „Willen". Ebenso wenig kann ein Mu’min den Imaan verinnerlichen und ein Rechtschaffener rechtschaffen sein ohne Allahs "Willen"; und doch gewinnen die ersteren, bösen Taten nicht Sein Wohlgefallen, während Er die letzteren, guten Taten liebt und gutheißt. Allahs "Wille" beabsichtigt das letztlich große Gute, aber dies kann nur zustande kommen durch die Auseinandersetzung zwischen Licht und Finsternis, Gut und Böse, Friede und Unfriede. Seinem letztlichen Plan zuliebe hat Er deswegen sowohl den Kräften des Gehorsams als auch den Kräften des Ungehorsams die Freiheit eingeräumt, wie auch denen unter seinen Geschöpfen, die mit Handlungsfreiheit und der daraus folgenden Verantwortlichkeit ausgestattet sind. Jeder kann sich frei für gute oder böse Handlungen in dieser Welt entscheiden und hat die notwendigen Mittel, diese zu verwirklichen, aber nur diejenigen, die sich für das Gute entscheiden, gewinnen Sein Wohlgefallen und Seinen Segen, während Er andererseits Seine Geschöpfe nicht zwingt, sich für das eine oder andere zu entscheiden. (Mauduudi)

 

113. Und so neigen sich die Herzen derer, die nicht an das Jenseits den Imaan verinnerlicht haben diesem Gerede zu,307 finden daran Gefallen und begehen so viele Untaten wie es ihnen beliebt.308

307. Zu hochtrabenden Worten der Lüge und des Betruges. Neigung des Herzens zum Kufr. (Darjabaadi)

Dies heißt. dass die Kaafirs sich gegenseitig mit schönen Worten verführen und betrügen. Es entsteht bei denen, die ohnehin nicht an das Jenseits den Imaan verinnerlicht haben, eine Zufriedenheit, da dieses Gerede ihren Wünschen entspricht. Da sie sich keine Mühe machen, das Gesagte auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu hinterfragen, begehren sie durch ihre falsche Auslegung Sünden über Sünden. (Al-Manar)

308. Wer keinen Imaan an das zukünftige Schicksal des Menschen besitzt, hört vielleicht auf die Verlockungen des Bösen und wird davon eingenommen. Lass ihn, wenn es ihm gefällt! Er mag sehen, was er dabei gewinnt! Sein Gewinn wird ebenso trügerisch sein wie sein Gefallen daran, denn das Ende des Bösen ist böse. (Juusuf 'Allii)

 

114. Soll ich etwa nach einem anderen Richter als Allah trachten,309 wo Er es doch ist, Der das Buch umfassend und ausführlich dargelegt zu euch herabgesandt hat.310 Und diejenigen, denen das Buch gegeben worden ist, wissen sehr wohl, dass es311 von deinem Herrn mit der Wahrheit herabgesandt worden ist. Darum sei keinesfalls einer der Zweifler.312

309. Der Text beginnt hier mit der Feststellung der Instanz, die für die Gesetzgebung für die Geschöpfe Allahs zuständig ist, um nach einer langen Einleitung zu der zweiten Feststellung zu kommen, dass auch in Bezug auf die Schlachttiere, wie im folgenden dargelegt, Allah allein die Gesetzgebung zusteht.. Und diese Frage aus dem Mund des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll seine ganze Missbilligung ausdrücken, dass er sich niemals einem anderen als Allah als seinen Gesetzgeber wünschen und akzeptieren könnte. (Qutb)

Angesprochen werden sollen diejenigen von seinen Anhängern, die ein Wunderzeichen verlangten, das die Kaafirs zum Islam bringen sollte. In den vorherigen Ajas wurde ihnen mitgeteilt, dass der Grund des Kufrs nicht das Feh­len von Zeichen Allahs im Universum war, sondern Feindseligkeit gegenüber der Wahrheit, weswegen die Wunderforde­rung der Kaafirs lediglich ein Vorwand war. Wenn diese Menschen nicht von der Wahrhaftigkeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, überzeugt waren, nachdem sie die Botschaft Allahs gehört und das edle und rechtschaffene Leben des Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesehen hatten, dann konnte kein anderes Zeichen sie zur Erkenntnis der Wahrheit erwecken. Es wäre deswegen sinnlos, ihnen außer den Zeichen, die sie in jedem Augenblick ihres Alltagslebens wahrnehmen können, noch weitere Zeichen zu zeigen. Allah weiß am besten, was sich in den Gedanken der Kaafirs abspielt, und Er ist der beste Richter. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll hier die Frage stellen: "Soll ich etwa eine höhere Autorität als Allah suchen, die Seine Entscheidung revidiert und ein solches Wunder geschehen lässt, das die Kaafirs zwingt, an Allah den Imaan zu verinnerlichen und die Wahrhaftigkeit Seines Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, anzuer­kennen'!" (Siddiqi)

310. Der Rechtschaffene sucht keine andere Norm und Entscheidungsinstanz als Allahs Willen. Wie sollte er dies auch, wenn Allah in Seiner Barmherzigkeit Seinen Willen im Qur’an erklärt hat, in allen Einzelheiten, so dass Menschen jeglicher geisti­ger Kapazität es begreifen können? Der Geringste kann Lehren für das Verhalten im Alltag daraus ziehen, und der geistig hoch Entwickelte kann in seinen geistigen Lehren höchste Weisheit finden, bereichert mit schönen Bildern aus der Natur und der Geschichte des Menschen. (Juusuf ’Allii)

Allah hat diese Schrift offenbart, um zwischen den Menschen in dem zu entscheiden, worin sie uneinig sind, und um Allahs Herrschaft und Göttlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Er hat dieses Buch so detailliert offenbart, um aß die Grundsätze auf die die menschliche Gesellschaft aufgebaut ist, zu umfassen, auch wenn es in dieser Gesellschaft verschiedene wirt­schaftliche, wissensmäßige und existenzielle Niveaus gibt. Das Buch gibt den Menschen die Unabhängigkeit davon, sich in irgendeiner Angelegenheit des Lebens an eine andere Entscheidungsinstanz außer Allah wenden zu müssen. (Qutb)

Das heißt das Buch, oder ,kennen ihn', das heißt nach Meinung von Dschalalain den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Anm. d. Übers.)

Der Begriff "mufassalan" مُفَصَّلاً kann auch bedeuten: auf eine Weise, die ermöglicht, zwischen Wahrheit und Lüge zu entscheiden. (Siddiqi)

311. Das Pronomen "es" kann sich entweder auf frühere Schriften Allahs -die Bibel -beziehen und auf ihre Vorhersage der Ankunft eines Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aus dem Stamm Ibrahims, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, oder, wahrscheinlicher, auf den Qur’an: in diesem Fall muss es übersetzt werden mit "auch dieses". In beiden Fällen scheint sich die obige Formulierung auf die instinktive (vielleicht sogar nur unbewusste) Erkenntnis einiger Juden und Christen zu beziehen, dass der Qur’an in Wirklichkeit Offen­barung Allahs entstammt. (Asad)

312. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat weder gezweifelt noch gezögert. Es wird berichtet, dass er, als der Aja offenbart wurde: "Und wenn du im Zweifel bist bezüglich dessen, was Wir dir offenbart haben, dann frage diejenigen, denen zuvor die Schrift gegeben war," antwortete: "Ich zweifle nicht, und ich frage nicht." Diese und andere Hinweise sollen die enormen Schwierigkei­ten zeigen, denen der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger durch Betrug, Not und Verschwörung ausgesetzt waren. Und mit diesen Anleitungen will Allah Standfestigkeit geben. (Qutb)

Diese Grundsätze die für die Vorherrschaft der Wahrheit niedergelegt wurden, sind keine neuen, wie sie heute erfunden werden, um Hindernisse und Schwierigkeiten wegzuerklären. Alle Menschen, die die Schriften und das Prophetentum kennen, werden bezeugen können, dass dies mit früheren Propheten immer der Fall gewesen ist, die ebenso auf natürliche Weise für die Wahrheit eintreten und ihren Gegnern entgegentreten mussten. (Mauduudi)

 

115. Das Wort deines Herrn ist in Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit313 vollendet in Erfüllung gegangen. Seine Worte kön­nen nicht geändert werden,314 und Er ist der Hörende, der Wissende.

313. In Wahrhaftigkeit: bezüglich dessen, was Gott spricht und festlegt. In Gerechtigkeit: bezüglich dessen, was Er vorschreibt und gebietet. (Qutb)

Mit "Kalima" كَلِمَتُ  (Wort) wird ein Satz oder eine ganze Rede bezeichnet. Zum Beispiel wird der Satz "la ila illa'llah" "Kallima­tu'ttauhid" (das "Wort" von der Einzigkeit) genannt. Und obwohl manche Qur’anausleger der Meinung sind, dass mit "Wort" auch der Qur’an gemeint sei, ist aus dem Zusammenhang ersichtlich, dass es mehr auf das Versprechen Allahs hindeutet, wenn im Aja 11:118 steht: "Und das Wort deines Herrn: Ich werde gewiss die Hölle mit Menschen und Dschinn gleichermaßen füllen, hat seine Erfüllung gefunden". Siehe auch in 7:136. (Al-Manar)

Auf Allah bezogen wird das Wort "Kalima" (wörtlich: Wort) im Qur’an oft im Sinne von "Versprechen" gebraucht. In diesem Falle bezieht es sich offensichtlich auf das biblische Versprechen in Deuteronomium 18:15-18, dass Gott "einen Propheten wie Mose" unter den Arabern erwecken würde. (Asad)

314. Niemand kann die Entscheidungen Allahs ändern oder beeinflussen. (Siddiqi)

Wie Seine "Sunna" (Seine Gewohnheit) nicht geändert werden kann, können auch Seine Worte nicht geändert werden. (Al-Manar)

 

116. Wenn du den meisten von denen gehor­chen würdest, die auf Erden sind, werden sie dich von Allahs Pfad abbringen.315 Sie folgen wahrlich nichts anderem als Wunschdenken und stellen nichts weiter an als Mutmaßungen.316

315. Die Mehrheit derer, die sich auf der Erde befanden -so wie es bis heute der Fall ist -waren unwissend. Sie haben weder Allah zum Richter in allen ihren Angelegenheiten gemacht, noch haben sie Allahs Gesetz, das in Seinem Buch nie­dergelegt ist, zu ihrem Gesetz gemacht. Sie haben auch nicht ihre Vorstellungen und Gedanken, ihre Denk- und Lebens­weise nach Allahs Rechtleitung ausgerichtet. Damit befanden sie sich -wie es bis heute der Fall ist -im Irrtum der Unwissenheit. (Qutb)

Die richtige Methode für den Wahrheitssuchenden ist nicht, sich der Mehrheit der Menschen anzuschließen, denn sie orien­tieren sich meist an Spekulation statt an Wissen. Ihre Weltanschauungen, Theorien, Philosophien, Lebensregeln und Gesetze sind das Ergebnis davon und deshalb irreführend. Im Gegensatz dazu kann die Lebensweise, die Allahs Wohlgefallen erlangt, nur diejenige sein, die Allah Selbst gelehrt hat. Diese Lebensweise sollte also der Wahrheitssuchende annehmen und daran festhalten, auch wenn er darin allein ist. (Mauduudi)

316. Ihre Spekulation ist etwas ganz anderes als wirkliches Wissen. (Darjabaadi)

Spekulation bezüglich des wahren Wesens des menschlichen Lebens und seines endgültigen Zieles, des Problems der Offenbarung, der Beziehung zwischen Allah und den Menschen, der Bedeutung von Gut und Böse und so weiter. Abgesehen davon, dass sie Menschen von den geistigen Wahrheiten ablenken, führen solche Spekulationen zu willkürlichen Verhal­tensregeln und selbstauferlegten Verboten, auf die sich der Qur’an weiter unten in den Ajas 118 und 119 bezieht. (Asad)

 

117. Wahrlich, dein Herr weiß, wer von Seinem Pfad abirrt und Er weiß, wer rechtgeleitet ist.317

317. Es muss eine zuständige Stelle geben, die die Maßstäbe für die Lebenswerte, die Vorstellungen und die Werke der Menschen setzen kann. Und hier stellt Allah selbst fest, dass Er als einziger das Recht hat, diesen Maßstab festzulegen und die Menschen danach zu beurteilen. (Qutb)

 

118. So esst also von dem, worüber der Name Allahs ausgesprochen worden ist, wenn ihr an Seine Zeichen den Imaan verinnerlicht habt.318

318. Das Ziel dieses Ajas und der folgenden ist nicht, wie es zunächst den Anschein haben mag, eine Wiederholung der bereits behandelten Speisegesetze, sondern eher eine Erinnerung daran, dass die Beachtung solcher Gesetze nicht zum Selbstzweck oder zum Ritual gemacht werden darf: aus diesem Grund stehen diese Ajas mitten in einer Abhandlung über Allahs transzendentale Einheit und den menschlichen Imaan. Die in Aja 119 erwähnten "Irrtümer" betonen eher künstliche Rituale und Tabus als geistige Werte. (Asad)

 

119. Warum solltet ihr denn das nicht essen, worüber der Name Allahs ausgesprochen worden ist, wo Er euch doch ausreichend dargelegt hat, was euch verboten ist,319 mit Ausnahme dessen, wozu ihr gezwungen worden seid. Doch wahrlich, viele leiten (andere) durch ihre niederen Begierden irre, ohne Wissen.320 Tatsächlich, dein Herr kennt gewiss jene, die Übertretungen begehen.

319. Vergleiche Suura 5:4. Wenn ein eindeutiges Gesetz festlegt, was erlaubt und was verboten ist, dann ist es unrecht, neue Bedenken zu erregen und die Unwissenden zu verleiten. (Juusuf 'Allii)

Not macht auch verbotene Tiere erlaubt. (Darjabaadi)

Die Frageform dient hier der Missbilligung, denn sie hatten keinerlei Nutzen davon, wenn sie nicht von dem aßen, worüber der Name Allahs ausgesprochen worden war, im Gegensatz zu den anderen geschlachteten Tieren, die einem anderen als Allah geweiht worden waren, wie die Götzendiener es taten. (Al-Manar)

320. Diejenigen, die die Menschen irreführen, veranlassen einfache Muslime, Aberglauben, künstliche Rituale und selbstauferlegte Tabus als das Ziel der Religion zu betrachten und die geistigen Werte zu übersehen, auf die der Imaan ausge­richtet sein soll. (Siddiqi)

 

120. Meidet die offenkundige Sünde ebenso wie die heimliche.321 Wahrlich, diejeni­gen, die Sünden begehen, werden (in dem Maße) belohnt wie sie Sünden verübt haben.322

321. Dieses Gebot ist mit Aja 118 verknüpft: "Esst, worüber Allahs Name erwähnt wurde aber enthaltet euch von Übertre­tungen" in dem Sinn: "überschreitet nicht das, was Allah für euch als erlaubt erklärt hat." (Asad)

„I’sm“ (Sünde) ist im Sprachgebrauch das, was hässlich und schädlich ist. Im religiösen Gebrauch heißt es alles, was Allah verboten hat. Und Allah hat seinen Dienern nur das verboten, was schädlich ist für den Einzelnen, für seine Person, seinen Besitz, seinen Verstand und für den Islam. Oder was für die Gemeinschaften von Nachteil ist, politisch wie sozial. Das Offenkundige ist, was sichtbar ist, und das Verborgene ist, was heimlich gemacht wird. Oder aber das Offenkundige ist etwas, dessen Hässlichkeit für die Allgemeinheit sichtbar wird, auch wenn es heimlich verübt wurde. Und das Verborgene ist, was nur einigen bekannt wird. Eine dritte Auslegung ist die: Das Offenkundige sind die Taten der Glieder, das Verbor­gene hingegen sind die des Herzens, wie Absicht, Hochmut, Neid und böse Gedanken. Beide Begriffe können all diese Auslegungen beinhalten. (Al-Manar)

322. Vermeidet offene und geheime Übertretungen. (Darjabaadi)

Jedes Vergehen hat zwei Aspekte: den bösen Gedanken, der den Menschen dazu veranlasst, und die sichtbare Tat selbst. Wenn ein Mensch versucht, sich von Übertretungen fernzuhalten, reinigt diese Anstrengung seinerseits auch seine Gedan­ken. (Siddiqi)

 

121. Und esst nicht von dem, worüber nicht der Name Allahs ausgesprochen worden ist. Das wäre wahrlich Frevel.323 Die scheytaanischen Spießgesellen geben ihren Freunden gewiss (Böses) ein, um euch in Streitgespräche zu verwickeln.324 Wenn ihr ihnen gehorchen würdet, wirt ihr fürwahr Götzenanbeter.325

323. Ein Verlassen des rechten Weges. (Darjabaadi)

Die Erwähnung des Namen Allahs ist Ausdruck des Imaans an Ihn und der Dankbarkeit Ihm gegenüber. Dadurch wird nicht nur das geschlachtete Tier geheiligt, sondern auch eine heiligende Wirkung auf das Herz des Menschen hervorgeru­fen. (Siddiqi)

Dieser Vers führt nicht zum Verbot aller Schlachttiere, über denen Allahs Name nicht ausgesprochen worden ist. auch wenn der eine oder andere dies gesagt hat. Sondern dieses Verbot gilt speziell für die religiösen Opfertiere und ihresgleichen. Die Verknüpfung mit diesem Wortlaut lässt darauf schließen, dass das Verbot sich speziell auf die religiösen Opfergaben der Götzendiener bezieht und auf diesen Aja beschränkt ist. (Al-Manar)

324. Wörtlich: "die Scheytaane flüstern zu denen, die ihnen nahe stehen"; übersetzt: "die bösen Impulse (in den Herzen der Men­schen) flüstern denen zu, die sie sich angeeignet haben." Bezüglich des Begriffs scheyjatin vergleiche Suura 4: 14 und 14:22. (Asad)

Die Verführer unter den Kaafirs hetzten ihre Freunde auf, mit dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu streiten, indem sie fragten: "Warum wird das Tier, über dem Allahs Name nicht ausgesprochen wurde, ungeeignet zum Verzehr, während das andere, über dem Allahs Name erwähnt wurde, rein und erlaubt ist? Das Tier ist doch dasselbe, und sein Fleisch verändert sich doch nicht, wenn man Allahs Namen darüber ausspricht oder nicht." (Siddiqi)

325. Eure eigenen bösen Impulse versuchen, euch in eine innere Debatte darüber zu ziehen, was eine Sünde ist und was nicht, damit ihr Allahs eindeutige Gebote diesbezüglich aus den Augen verliert. Wenn ihr ihren willkürlichen, trügerischen Ar­gumenten folgt, erhöht ihr sie sozusagen in der Position moralischer Gesetzgeber und schreibt ihnen damit ein Recht zu, das Allah allein gehört. (Asad)

Es ist auch Götzendienst, Allah anzuerkennen und gleichzeitig den Entscheidungen und Bestimmungen derer zu folgen, die sich von Allah abgewandt haben. Der Imaan an Allahs Einheit beinhaltet, da wir Allah in allen Aspekten unseres Lebens gehorchen. Hier wird der Zusammenhang deutlich, in dem die Ajas 118-121 stehen. In den vorhergehenden Ajas wur­den die Muslime davor gewarnt, sich vor denen zu hüten, die andere mit Lehren und Praktiken irreführen, die auf Spekula­tion beruhen. In diesem Abschnitt wird ein gewöhnliches Beispiel herangezogen, diese abstrakte Lehre zu erläutern. (Mauduudi)

 

Abschnitt 15

122. Ist denn jemand, der tot326 war, und dem Wir Leben gegeben haben,327 und dem Wir Licht zuteil werden ließen,328 mit dem er unter den Menschen (zu de­ren Rechtleitung) umhergeht,329 wie jemand, der gleichsam in tiefer Finster­nis330 ist, aus der er niemals mehr herauszukommen vermag? So wurden den Kaafirs ihre (bösen) Taten aus­geschmückt.331

326. Dies ist eine Allegorie des guten Menschen mit dem Auftrag Allahs und des bösen Menschen mit dem Auftrag des Bösen. Ersterer war wie ein Toter, bevor er zum geistigen Leben erweckt wurde. Allahs Gnade gab ihm geistiges Leben mit einem Licht, in dem er gehen und sowohl seine eigenen Schritte wie auch die derer, die Allahs Licht folgen wollen, lenken kann. Der Gegensatz dazu ist das, was Allahs Licht verabscheut, in den Tiefen der Finsternis lebt und gegen alles, was gut ist, intrigiert. Aber die Intrigen der Bösen fallen auf diese selbst zurück, selbst wenn sie denken, dem Guten schaden zu können. Können diese beiden auch nur einen Augenblick lang miteinander verglichen werden? Möglicherweise führen die Bösen in jeder menschlichen Ansiedlung. Aber deswegen sollten die Guten nicht entmutigt sein. Sie sollen recht­schaffen handeln und ihren Auftrag erfüllen. (Juusuf 'Allii)

327. Zum Leben des Islams. (Darjabaadi)

"Der zuerst tot war" bedeutet hier "der zuerst in einem Zustand der Unwissenheit war, und dem das Verständnis fehlte"; entsprechend bedeutet "der, dem Leben gegeben wurde" hier "ihm wurde Wissen und Verständnis gegeben, und er er­langte einen Geisteszustand, in dem er die Wahrheit erkennen konnte." In der Tat kann ein Mensch, der nicht zwischen richtig und falsch entscheiden kann und den rechten Weg nicht kennt, vielleicht vom physischen Standpunkt her als leben­dig bezeichnet werden, aber er genießt nicht die Art von Leben, die ihn zu einem wahrhaften Menschen macht. (Mauduudi)

328. Dieses Licht ist die Botschaft Allahs. (Siddiqi)

Hier werden Rechtleitung und Imaan anhand eines Gleichnisses illustriert. Der Imaan bringt in die Herzen Leben nach dem sie tot waren und Licht nach ihrer Finsternis, Leben, durch das alle Dinge neu wahrgenommen und erfahren werden können, und Licht, in dem alle Dinge neu sichtbar werden. Kufr trennt vom wirklichen ewigen Leben und bedeutet Tod. Er ist ein Schlag für die Seele gegenüber der Leitung und Orientierung und bedeutet Finsternis. Die Herzen der Muslime waren tot, bevor dieser Imaan zu ihnen kam und ihre Seelen waren finster, bis die Überzeugung sie belebte und erleuchtete. (Qutb)

Alle Kommentatoren sind sich darüber einig, dass es sich hier um Menschen handelt, die durch den Imaan geistig ein neues Leben gewinnen und dann in der Lage sind, unbeirrt ihren Lebensweg zu verfolgen. (Asad)

329. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der einen Mu’min von einem Obskuranten unterscheidet, der nur geistigen Genuss erleben will. Wenn einem Menschen das Licht des Imaans an Allah zuteil wird, darf er sich nicht mit dieser Errungen­schaft zufrieden geben, sondern soll sich in der Welt mit diesem Licht bewegen und versuchen, alle Bereiche des Lebens damit zu erleuchten. (Siddiqi)

330. Finsternis des Kufrs. (Darjabaadi)

Irrtümer, die auf Mangel an Imaan beruhen. (Siddiqi)

331. Hiermit werden die Muslime ermutigt, mit aufrichtiger Hingabe dem rechten Weg zu folgen, denn sie sind mit dem himmlischen Licht in Form des Qur’an und des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesegnet worden.

Wie kannst du erwarten, dass ein Mensch, der das Leben wirklich versteht und im Lichte seines Wissens deutlich den rechten Weg von den zahllosen krummen Wegen unterscheiden kann, ein solches Leben führt wie diejenigen, denen das Verständnis fehlt und die blindlings in der Finsternis der Unwissenheit umherirren? (Mauduudi)

 

123. Auf diese Weise haben Wir in jeder Stadt verbrecherische Anführer auftre­ten Iassen,332 die dort ihre Betrügereien treiben. Doch sie betrügen nur sich selbst ohne es zu merken.333

332. Die einflussreichen Führer eines Volkes beginnen in der Regel mit dem gewaltsamen Widerstand gegen Allahs Gesandte. (Darjabaadi)

Da das Bewusstsein ihrer Wichtigkeit sie mehr oder weniger unzugänglich für Kritik macht, sind die "Großen" in der Regel weniger als andere Menschen geneigt, die moralischen Aspekte ihres eigenen Verhaltens zu hinterfragen, und die sich daraus ergebende Selbstgerechtigkeit veranlasst sie nur allzu oft zu groben Vergehen. (Asad)

333. Sie verursachen ihren eigenen Untergang. (Darjabaadi)

Wenn der Mensch sich der bösen Folgen seiner böser Handlungen bewusst wäre, dann würde er nicht so handeln. Das

Fehlen dieses Bewusstseins macht ihn erst zu einem verstockten Sünder. (Siddiqi)

 

124. Und wenn ein Zeichen zu ihnen kommt, sagen Sie: "Wir werden keinesfalls glauben, bis uns Gleiches gegeben wird, was den Gesandten Allahs gegeben worden ist".334 Allah weiß sehr wohl, wen Er mit seiner Botschaft betraut.335 So wird über die, die sündig sind, Erniedrigung vor Allah und eine strenge Strafe kommen wegen der Betrügereien, die sie auszuhecken pflegten.

334. So Sagte beispielsweise Walid ibn Al-Mudschira: "Wenn das Prophetentum wahr wäre, dann stände es mir eher zu als dir, denn ich bin älter und wohlhabender als du." Und Abuu Dschahl sagte: "Bei Allah, wir werden ihn nicht akzeptieren und ihm nicht folgen, bis wir eine ebensolche Offenbarung erhalten wie er." (Qutb)

Abgesehen von der Lehre in Allahs Wort und der Lehre in Allahs Welt, in der Geschichte, der Natur und den zwischen­menschlichen Beziehungen kommen viele Zeichen zu den Gottesfreunden, die sie demütig annehmen und versuchen zu verstehen; viele Zeichen kommen auch zu den Kaafir in Form einer Warnung oder auf andere Weise, die diese aber nicht beachten oder absichtlich ablehnen. Die Zeichen sind in diesen beiden Fällen nicht die gleichen, und daraus machen sie eines ihrer entarteten Argumente gegen den Islam. Allah handelt jedoch gemäß Seinem eigenen Willen und Plan, nicht entsprechend den Wünschen und Launen der Kaafir. (Juusuf 'Allii)

335. Das Prophetentum ist eine ernste, wichtige Sache. Es ist eine existenzielle Angelegenheit, in der der ewige, beständige Wille Allahs mit der Bewegung eines Geschöpfes, die höchste Fülle und Vollkommenheit mit der Welt des begrenzten Menschen, der Himmel mit der Erde, das Jenseits mit dem Diesseits verbunden wird. Darin wird die universale Wahrheit im Herzen des Menschen und in ihrem Leben, in den Ereignissen der Geschichte zum Ausdruck gebracht. Nur Allah allein weiß, wem Er diese Aufgabe auferlegen kann. Wer nach dem Prophetentum strebt und Wünscht, ähnliches wie der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu erhalten, ist am wenigsten dafür geeignet. (Qutb)

 

125. Und wen Allah rechtleiten will,336 dessen Brust weitet Er für den Islam. Und wen er irregehen lassen will,337 dem macht Er die Brust eng und beklommen, als ob er zum Himmel emporkommen würde.338 So bringt Allah Unreinheit über diejenigen, die nicht den Imaan verinnerlichen wollen.339

336. Allahs universaler Plan sowie die Begriffe Qada und Qadr werden sehr oft missverstanden. Sein Plan ist unveränderlich, und es ist Sein Wille, ihn zu verwirklichen. Dies bedeutet, dass sowohl in der geistigen als auch in der materiellen Welt Gesetzmäßigkeiten der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und so weiter wirksam sind, die äußerst präzise sind. Wenn also ein Mensch den Islam ablehnt und sich dagegen auflehnt, bewegt er sich Schritt für Schritt weiter nach unten, mit stän­dig zunehmender Geschwindigkeit; er wird kaum in der Lage sein, geistig Atem zu schöpfen, und es wird so schwierig für ihn sein, sich wieder zu fangen trotz Allahs Barmherzigkeit, die er ja ablehnt, -als müsste er zum Himmel emporstei­gen. Der Mutaqi hingegen wird bei jedem Schritt den nächsten Schritt leichter finden. (Juusuf 'Allii)

Er öffnet seine Brust, so dass er empfänglich für den Islam wird. (Darjabaadi)

Er entfernt aus seinem Herzen jede Art von Zweifel, Misstrauen, Zögern und Unentschlossenheit. (Mauduudi) 

337. Als Folge seiner ständigen Ablehnung und Arroganz. (Darjabaadi)

338. So dass der Islam ihm als schwere Aufgabe erscheint. (Darjabaadi)

Menschen werden nicht gezwungen, auf Irrwege zu kommen. Nur die Brust derjenigen wird eng, die der Wahrheit gegen­über einen Groll hegen und sie als einen schwierigen Aufstieg betrachten, dem sie sich weder unterziehen können noch wollen (Siddiqi)

339. Die Verunreinigung ihres Herzens und Verstandes steht ihnen im Weg, so dass sie dem Aufruf der Wahrheit nicht folgen können. (Siddiqi)

Einer der Bedeutungen von "Ar-Ridschs" الرِّجْس, hier mit Unreinheit oder Schmutz übersetzt, ist Strafe. Eine andere Bedeutung ist Dege­neration. Beide Bedeutungen beschreiben die Strafe als ein immerwährendes ewiges Ereignis. (Darjabaadi)

Ibn Abbas hat gesagt, "Ridschs" ist der Scheytaan, und ibn Mutahid meinte, es ist alles, was nichts Gutes in sich beherbergt. (ibn Kasir)

 

126. Dies ist der gerade Weg deines Herrn.340 Wir haben die Zeichen ausführlich ei­nem Volke dargelegt, das sich ermahnen lässt.

340. Wörtlich: "dieser Weg deines Herrn ist gerade" -das heißt unveränderlich in seiner Anwendung der Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung auch auf das innere Leben des Menschen. (Asad)

Dieser Islam, für den Allah das Herz desjenigen empfänglich macht, den Er recht zuleiten wünscht, ist der gerade Weg deines Herrn, oh Gesandter Allahs, mit dem Er dich geschickt hat. Und Er erklärte dir in dieser Suura mit leuchtenden Beweisführungen seine Grundregeln und Aqida. (Al-Manar).

Dieser Weg ist der Weg deines Herrn: Der Zusatz soll hier der Beruhigung und Sicherheit dienen, aber auch das Ende jedes Tuns verkünden. Und dies ist seine Gesetzmäßigkeit bei der Rechtleitung und der Irrführung und Sein Gesetz in Bezug auf Erlaubnis und Verbot, wobei sie in Allahs Maßstab beide gleich sind. (Qutb)

 

127. Ihnen wird eine Wohnstätte des Friedens bei ihrem Herrn zuteil sein,341 und Er ist ihr Beschützer wegen dessen, was sie zu tun pflegten.

341. Friede und immerwährende Sicherheit. (Darjabaadi)

Wer sich von Allahs Zeichen ermahnen lässt und sich Allah hingibt, erlangt mit Sicherheit die Wohnstatt des Friedens (das Paradies) als Lohn für seine Wahrheitsliebe und Rechtschaffenheit. Ein solcher Mensch folgt bereitwillig dem Aufruf des Islam und strebt und leidet in dieser Welt in Übereinstimmung mit dem planenden Willen und erlangt auf diese Weise Frieden in seinem Inneren. Für alle Opfer, die er in diesem Leben gebracht hat, wird Allah ihm im zukünftigen Leben Frieden gewähren. (Siddiqi)

 

128. Und am Tage als Er sie alle versammeln (und sagen) wird: ,,O ihr Schar der Dschinn!342 Ihr habt viele Menschen343 um euch geschart."344 Und ihre Freunde unter den Men­schen345 werden sagen: "Unser Herr, wir haben voneinander Vorteile erlangt.346 Doch jetzt haben wir (das Ende) unserer Frist erreicht, die Du für uns festgesetzt hast."347 Da wird Er sagen: "Das Feuer ist eure Wohnstätte. Dort werdet ihr ewig ver­wellen, außer wenn Allah anders ent­scheidet."348 Wahrlich, dein Herr ist weise, allwissend.

342. Er wird die Dschinn folgendermaßen ansprechen. (Darjabaadi)

Gemeint sind hier die dämonischen, scheytaanischen Dschinn. (Mauduudi)

Die Rädelsführer der Korruption sowohl unter den Dschinn als auch unter den Menschen. (Siddiqi)

343. . Was sind Dschinn? In Suura 18: 15 erfahren wir, dass Iblis einer der Dschinn war, und es wird darauf hingewiesen, dass dies der Grund dafür war, dass er Allah nicht gehorchte. In diesem Abschnitt, aber auch in anderen lesen wir, dass Allah den Engeln befahl, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, niederzuwerfen, und alle gehorchten außer Iblis. Das bedeutet, dass Iblis mit zu der Gemeinschaft der Engel gehörte. An vielen Stellen werden Dschinn und Menschen zusammen erwähnt. In Suura 55: 14-15 ist die Rede davon, dass der Mensch aus Lehm erschaffen wurde, die Dschinn hingegen aus der Feuerflamme. Das Wort stammt von der Wurzel "dschanna" ("verborgen sein", im Aktiv: "verbergen", wie in Suura 6:76). Es wird deswegen ge­sagt, dass der Begriff Dschinn die verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen bezeichnet. Andere halten sie für wilde Völker, die in Urwäldern und Gebirgen versteckt leben. Ohne dogmatisch sein zu wollen, bin ich auf Grund intensiven Studiums der diesbezüglichen Abschnitte des Qur’an der Ansicht, dass der Begriff einfach "Geist" bedeutet, im Sinne einer unsichtbaren oder verborgenen Kraft. In Folklore und Märchen wie beispielsweise 1001 Nacht werden sie in phantastischen Formen personifiziert, aber damit befassen wir uns hier nicht. (Juusuf 'Allii)

344. Indern ihr sie zur Sünde und Treulosigkeit verführt habt. (Darjabaadi)

Ihr habt viele Menschen verführt, die euren Eingebungen zuhörten, euren Einflüsterungen gehorchten und in eure Fuß­stapfen getreten sind. Diese ist keine Mitteilung an die Dschinn, denn die wissen ohnehin, dass sie viele Menschen irreführten. Es soll vielmehr dadurch eine Dokumentation des Verbrechens erzielt werden, das darin besteht, Menschen zu täuschen und zu verführen und die Dschinn damit tadeln, Deswegen wird von ihnen keine Antwort erwartet, sondern es sind die verführten Menschen, die die Antwort geben. (Qutb)

Nach Ansicht der meisten Kommentatoren sind die hier erwähnten unsichtbaren Wesen (Dschinn) die "bösen Kräfte" (scheyjatin) unter diesen, wie in Aja 112 dieser Suura. Es wird allgemein angenommen, dass diese Wesen oder Kräfte selbst hier ange­sprochen werden. Die Grundbedeutung des Begriffes „Ma'schar“ führt jedoch meiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang zu einer anderen Schlussfolgerung. Es stimmt zwar, dass der Begriff oft zur Bezeichnung einer Gruppe oder Gemeinschaft von Wesen benutzt wird, die gewisse Charakterzüge gemeinsam haben: eine konventionelle und zweifellos gerechtfertigte Verwendung, die auf dem Verb „'ascharahu“ ("er war sein Gefährte" oder "er war eng vertraut mit ihm") begründet ist. Aber gerade der verbale Ursprung des Begriffes ma'schar weist uns auf das hin, was hier wirklich gemeint ist. Da in seiner Grundbedeutung der ma'schar einer Person jemand ist, der mit ihm eng vertraut ist oder in enger Verbindung mit ihm steht, können wir davon ausgehen, dass eine ähnliche Bedeutung im obigen Satz ausgedrückt ist. Meiner Ansicht nach bedeutet dann die Anrede „ja ma'schar al-Dschinn“ nicht ,,O ihr, die ihr euch in enger Verbindung mit unsichtbaren (bösen) Wesen befindet": mit anderen Worten, die Anrede ist an missgeleitete Menschen gerichtet, die durch verführerische Halb­wahrheiten verleitet worden sind (vergleiche Aja 112). Diese Interpretation wird gestützt durch die Worte: "Sind nicht zu euch Gesandte aus euren Reihen gekommen", siehe unten Aja 130, denn der spricht immer nur von menschlichen Gesandten, niemals von Gesandten aus den Reihen von Dschinn. (Asad)

345. Die eine enge Beziehung zu den bösen unsichtbaren Wesen hatten. Hier sei daran erinnert, dass die Grundbedeutung des Wortes wall (Plural: awlija') heißt: "jemand, der einem anderen nahe steht." (Asad)

346. Jeder von uns hat seine Freude an den anderen gefunden. Die Dschinn haben es genossen, uns Menschen mit ihren Lügen und den eigenen Begierden und Sehnsüchten zu verführen, und wir haben unsere Freude an dem süßen Leben gefunden. (Al-Manar)

Es entspricht der alltäglichen Erfahrung, dass die Kräfte des Bösen sich miteinander verbünden und so anscheinend gegen­seitig voneinander Nutzen haben. Dies bezieht sich jedoch nur auf die materielle Welt. Sobald diese begrenzte Frist ver­strichen ist, werden ihre unheiligen Allianzen aufgedeckt, und es bleibt nichts übrig als Bedauern. (Juusuf 'Allii)

"Jeder von uns hat den anderen auf unfaire Weise ausgenutzt und ihn selbstsüchtiger Ziele zuliebe betrogen." (Mauduudi)

347. Das heißt, wir haben, nachdem wir uns gegenseitig glücklich gemacht haben, die Frist, die Du für uns bestimmt hast, erreicht. Dies ist der Tag der Abrechnung und der Vergeltung. (Asad)

Das Ende der Frist, das wir immer geleugnet und verlacht haben. (Darjabaadi)

Diese Antwort verdeutlicht die ganze Achtlosigkeit und den Leichtsinn dieses Gefolges, sowie den scheytaanischen Einfluss auf ihre Seelen. Sie wurden nämlich von den Verführungen der Dschinn so betört, dass ihnen sowohl falsche Vorstellungen und Gedanken als auch äußere und innere Vergehen als schön und wünschenswert erschienen. (Qutb)

348. Das Feuer ist die Bezeichnung für die Wohnstätte der Vergeltung, die für die Götzendiener und Übeltäter bereitgehalten wird. (Al-Manar)

Ewigkeit und Unendlichkeit sind abstrakte Begriffe. Für die menschliche Erfahrung haben sie keine präzise Bedeutung. Die Qualifikationen "außer wie Allah will" macht sie verständlicher, denn wir können uns eine -wenn auch unvollkommene ­Vorstellung von Seinem Willen und Plan machen, und wir kennen Allah in Seinen Eigenschaften sowohl der Gerechtigkeit als auch der Barmherzigkeit. (Juusuf 'Allii)

Es sei denn, Er würde ihnen nachträglich Seine Gnade zukommen lassen, vergleiche auch Aja 12 dieser Suura. Einige bekannte muslimische Theologen schließen aus diesem sowie aus dem ähnlichen Satz in Suura 11:107 (auch aus einigen authentischen Aussagen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm), dass -im Gegensatz zur Glückseligkeit des Paradieses, die von unbegrenzter Dauer ist -das Leiden der Sünder im zukünftigen Leben durch Allahs Gnade begrenzt sein wird. (Asad)

 

129. Und ebenso lassen wir die, die unrecht tun, sich einander zuwenden349 wegen dessen, was sie zu tun pflegten.350

349. Wörtlich: "einander nahe stehen" oder "einander ergreifen". Der Ausdruck "auf diese Weise" (kasalika), der den obigen Satz einleitet, ist offensichtlich eine Anspielung auf die Art und Weise, in der die Bösen einander "Halbwahrheiten einflü­stern, die sie betören sollen" (vergleiche Aja 112 dieser Suura). (Asad)

350. Vergleiche oben Fußnote 246. Böses verbündet sich mit Bösem ihrer gegenseitigen Vorteile wegen. Indem sie dies tun, bewahren sie die Rechtschaffenen vor weiteren Versuchungen. (Juusuf 'Allii)

 

Abschnitt 16

130. ,,O ihr versammelten Dschinn und Menschen! Sind nicht Gesandte aus euren Reihen351 zu euch gekommen, die euch Meine Zeichen vorgetragen und euch vor dem Eintreffen dieses eures Tages gewarnt haben?"352 Sie werden sagen: "Wir legen Zeugnis gegen uns selbst ab."353 Das Leben dieser Welt hat sie verblendet, so legen sie also gegen sich selbst Zeugnis ab, dass sie Kaafir gewesen sind.

351. "Gesandte aus euren Reihen". Das ist an die Gesamtheit von Dschinn und Menschen gerichtet. Handelt es sich bei den Dschinn hier um entkörperte Geister böser Menschen? (Juusuf 'Allii)

Es gibt verschiedene Ansichten darüber, ob Dschinn als Gesandte berufen worden sind, um ihr eigenes Volk zu leiten. Diejenigen, die diese Ansicht vertreten, berufen sich auf diesen Wortlaut. Es gibt aber auch die andere Meinung, dass es nicht unbedingt getrennt Gesandte für Dschinn und Menschen von jeweils ihrer eigenen Art gegeben haben muss. "Aus euren Reihen" würde sich dann auf die Menschen beziehen, auf Grund der besonderen Position ihrer Art. Einige Kommen­tatoren vertreten die Ansicht, ~ bis zur Ankunft des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Dschinn eigene Gesandte gehabt hätten, er aber sei dann der letzte Gesandte sowohl für Dschinn als auch für Menschen gewesen. (Siddiqi)

Man könnte diese Ajas auch so auslegen, dass die Dschinn stets das hörten, was den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, herabgesandt worden ist, um ihr Volk damit zu warnen, wie dies in Suura 46:29-32 zu lesen ist. Diese Frage enthält eine Feststellung, aber auch einen Tadel. (Qutb)

352. Dies ist eine rethorische Frage, denn Allah weiß sehr wohl, was in ihrem irdischen Leben geschehen ist. Als Antwort darauf bleibt Dschinn und Menschen nichts anderes übrig, als zuzugeben, dass sie die Vergeltung im Jenseits verdient haben. (Qutb)

"Wir haben keine Rechtfertigung." (Darjabaadi)

353. Sie müssen eingestehen, dass ihnen die Wahrheit nicht unbekannt war: sie erreichte sie sehr wohl, aber sie lehnten sie ab. (Mauduudi)

 

131. Dies weil dein Herr niemals Städte354 ungerechterweise vernichtet, solange ihre Bewohner nicht gewarnt waren.

354. Allah schickt Gesandte zu jedem Volk, um es zu warnen und zu lehren. (Darjabaadi)

Auch "Gemeinschaften". Der Begriff "Al-Qarja" الْقُرَى (wörtlich: Stadt, Ortschaft oder Land) bezeichnet auch die Bevölkerung einer Stadt oder eines Landes, kurz, eine Gemeinschaft. In diesem Sinne wird der Begriff oft, aber nicht immer, im Qur’an gebraucht. (Asad)

Allahs Bannherzigkeit mit den Menschen verlangt, dass Er sie nicht für ihren Kufr und ihren Götzendienst bestraft, bis Er ihnen Gesandte geschickt hat, trotz ihrer natürlichen Neigung zu ihrem Herrn, die er Ihnen mitgegeben hat. Aber diese Naturanlage kann verloren gehen, obwohl Allah ihnen Vernunft und Verstand geschenkt hat. Denn die Vernunft kann unter dem Einfluss von Begierden irregeführt werden. Zwar gibt es im offenen Buch des Daseins zahlreiche Zeichen Allahs, aber die Aufnahmefähigkeit des Menschen könnte gestört sein. Deswegen war die Aufgabe der Gesandten und ihrer Botschaften, diese natürliche Veranlagung von den aufgehäuften Fremdeinflüssen zu reinigen, den Verstand von Abwei­chungen zu befreien und die Wahrnehmungsfähigkeit vor dem Erlöschen zu bewahren. Strafe wird erst dann fällig, wenn die Menschen nach all diesen Zeichen und Warnungen Kaafir bleiben. (Qutb)

 

132. Und jeder wird entsprechend seinen Taten eingestuft,355 und dein Herr ist nicht achtlos dessen, was sie tun.

355. Für die Mu’mins gibt es Rangstufen, eine höher als die andere; für die Scheytaane gibt es Rangstufen, eine tiefer als die andere, entsprechend ihrem aufgespeicherten und registrierten Taten. (Qutb)

Es gibt unendlich viele Abstufungen des Guten und Bösen in unseren Taten und Absichten. Entsprechend ist unsere geisti­ge Position abgestuft. Allah kennt alle Dinge besser, als wir sie kennen. (Juusuf ’Allii)

Wörtlich: "Alle werden Rangstufen haben von dem, was sie taten", nämlich bewusst, denn Allah zieht niemanden zur Rechenschaft für eventuelle Fehler, es sei den, sie wären in bewusster Ablehnung des moralischen Gesetzes begangen wor­den, das die Propheten den Menschen bereits übermittelt haben. (Asad)

 

133. Und dein Herr ist sich selbst genügend,356 von der Bannherzigkeit.357 Wenn es Sein Wille ist, nimmt Er euch (allesamt) hinweg und setzt nach euch zu Statthaltern ein, was358 Er will, so wie Er euch zu Nachfolgern anderer Völker gemacht hat.359

356. Allah ist nicht von unseren Gebeten und ’Ibade abhängig. Aus Seiner Bannherzigkeit heraus wünscht Er unser Gutes. Jedes Volk oder jede Gemeinschaft, dem Er eine Gelegenheit gibt, sich zu verwirklichen, sollte begreifen, dass ihr Versagen Allah nicht schadet. Er könnte an ihrer Stelle andere erschaffen -wie Er es in vergangenen Zeiten auch getan hat und bis heute tut -wenn wir nur einen klaren Kopf hätten, es zu sehen! (Juusuf ’Allii)

"Al-Ranii" الْغَنِي ist jemand, der völlig frei von Bedürfnissen ist. Im absoluten Sinne ist dieser Begriff nur auf Allah anwendbar. (Darjabaadi)

Mit eurem Ungehorsam könnt ihr Ihm keinen Schaden zufügen, und mit eurem Gehorsam könnt ihr Ihm nicht nützen. Er braucht weder euren Gehorsam noch eurer Opfer; in der Tat gießt Er Seine Bannherzigkeit über euch aus, ohne von euch eine Gegenleistung zu fordern. (Mauduudi)

Der Mensch darf nicht vergessen, dass er von Allahs Bannherzigkeit abhängig ist und er nur durch Allahs Willen lebt und besteht. Was er an Macht und Autorität in der Hand hält, ist ihm von Allah verliehen. Er selbst hat weder eigenständige Macht noch unabhängige Existenz. (Qutb)

357. Aufgrund Seiner unendlichen Barmherzigkeit und zu ihrem eigenen Wohl schickt Er Gesandte zu Seinen Geschöpfen. (Darjabaadi)

Allah ist gerecht und gleichzeitig barmherzig. Wenn Er sieht, dass jemand sich Ihm zuwendet, macht Er ihm den Weg leicht, so dass er sein Ziel ohne Schwierigkeiten erreichen kann. (Siddiqi)

358. Angesprochen sind in erster Linie die Menschen der Generation des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Darjabaadi)

Anmerkenswert ist, dass hier das Pronomen "was" ("was Er will') benutzt wird statt "Wen" ("wen Er will"). Mit der Möglichkeit, dass Allah sie durch unbelebte Dinge ersetzen könnte, soll der Stolz der Menschen angeschlagen werden. (Siddiqi)

359. Von euren Vorfahren, die dahingegangen sind. (Siddiqi)

 

134. Wahrlich, was euch versprochen worden ist, wird gewiss eintreffen,360 und ihr könnt euch Allahs Macht nicht ent­ziehen.

360. Ihr befindet euch in Allahs Hand und untersteht Seinem Willen und Seiner Macht. Ihr könnt weder daraus entkommen, noch könnt ihr dagegen rebellieren, und der Tag der Abrechnung, vor dem es kein Entrinnen gibt, steht euch zweifellos bevor. (Qutb)

Sowohl die gute Nachricht als auch die Warnungen, die die Gesandten übermittelt haben, werden sich erfüllen. Nichts kann Allahs allumfassenden Plan aufhalten. (Juusuf 'Allii)

 

135. Sprich: ,,O mein Volk! Handelt auf eure Art und Weise. Auch ich werde wahrlich auf meine Art und Weise han­deln.361 Bald schon werdet ihr wissen, wenn anschließend die Wohnstätte (des Diesseits und Jenseits) gehören wird.362 Wahrlich, die Ungerechten, können niemals Erfolg haben.363

361. ,,O mein Volk". In dieser Anrede steckt ein Versuch, die Zuneigung der Kaafirs zu gewinnen. Sie wurden zuerst mit dieser Anrede angesprochen, um sie daran zu erinnern, dass sie das Volk des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sind, das er liebt, und auf dessen Wohlergehen er bedacht ist. Da das nationale Denken bei den Arabern zur damAlliigen Zeit sehr stark entwickelt war, eignete sich eine solche Anrede, diese Gefühle zu bewegen, so dass mancher von ihnen zu gehorchen, und über das Gehörte eher nachzudenken bereit war. (Al-Manar)

Soweit dies an die Kaafirs gerichtet ist, ist es eine Herausforderung: "Tut, was ihr könnt! Nichts kann mich von der Erfüllung meiner Pflicht abbringen! Wir werden schon sehen, wer am Ende den Erfolg hat." Abgesehen von dem besonderen Anlass können wir dies in einem allgemeineren Sinn verstehen, der für alle Zeiten seine Gültigkeit hat. Lass die Bösen ihr Schlimmstes tun. Lass die Mu’mins alles tun, was ihnen entsprechend ihrer Fähigkeiten möglich ist und wozu sie Gelegenheit haben. Jeder einzelne Mensch soll die Pflicht erfüllen, die unmittelbar vor ihm liegt. Am Ende wird Allah darüber richten, und Er ist immer ein wahrer und gerechter Richter. (Juusuf 'Allii)

362. Der Begriff dar ("Wohnstatt") wird im Qur’an sowohl bezüglich des Lebens in dieser Welt (dar Ad-Dunja) als auch des zukünftigen Lebens (dar Al-Achira) verwendet. Die meisten Kommentatoren sind der Ansicht, dass sich dies hier auf das zukünftige Leben bezieht! ’Samasari jedoch bezieht es auf das irdische Leben. Da beide Erklärungen mit dem Wortlaut übereinstimmen, habe ich übersetzt: "ihr werdet erfahren, wem die Zukunft gehört." (Asad)

Imaam Schaukani vertritt die Ansicht, dass es hier um das endgültige Ergebnis der Auseinandersetzung zwischen Islam und Kufr in dieser Welt und im Jenseits geht. Die Kaafirs werden erfahren, wer in der materiellen Welt den Sieg davonträgt und den Lohn des Jenseits bekommt. ibn Kasir stützt diese Ansicht und verweist auf Ajas wie beispielsweise Suura 21:105; 14:13-14; 24:55. (Siddiqi)

363. Hier werden nicht die Kaafirs in Grund und Boden verdammt, sondern aufgefordert, aus einem von Allah festgelegten Grundsatz ihre Schlüsse zu ziehen: Die Ungerechten werden keinen Erfolg haben. (Siddiqi)

Dies ist ein unveränderliches Prinzip. Die Götzendiener, die sich außer Allah Freunde und Beschützer nehmen, werden keinen Erfolg haben, denn es gibt außer Allah weder Freund noch Helfer. (Qutb)

 

136. Sie haben für Allah von dem, was Er an Früchten und Vieh erschaffen hat, einen Anteil bestimmt und sagten: "Dies gehört Allah -so behaupten sie364 ­"und dies gehört unseren Götzen."365 Doch was für ihre Götzen ist, gelangt nicht zu AIIah,366 und was für Allah ist, gelangt zu ihren Götzen.367 Übel ist, was sie entscheiden.368

364. Diese Behauptung ist ohne fundiertes Wissen und entbehrt jeder Rechtleitung Allahs. Denn es liegt ein Widerspruch zwischen dem, was sie behaupten und der Pflicht, Allahs nichts und niemandem beizugesellen. (Al-Manar)

Hier kommt ein stechender Sarkasmus zum Ausdruck, den viele Kommentatoren übergangen haben. Polytheisten haben gewöhnlich ein umfangreiches Pantheon, obgleich sie eine vage Vorstellung von einer obersten Gottheit besitzen. Mate­rielle Vorteile jedoch gehen an die Untergottheiten, die vorgestellten "Partner" Allahs, denn diesen sind Tempel und Priester geweiht, während dem wahren und höchsten Gott nur Lippendienst erwiesen oder bestenfalls ein Anteil gleich dem der zahlreichen "Partner" zuerkannt wird. So war es auch im vorislamischen Arabien der Fall. Die den "Partnern" zugeteilten Anteile gingen an die Priester und Vertreter der Einrichtungen der "Partner", die sich lautstark für ihre Rechte einsetzen. Der Allah zugemessene Anteil ging möglicherweise an die Armen, wahrscheinlicher aber auch letztendlich an die Priester der "Partner", denn der höchste Gott hatte keine eigene Priesterschaft. Die Absurdität der ganzen Angelegen­heit wird aufgedeckt: Allah hat alles erschaffen; wie kann Er dann einen Anteil bekommen? (Juusuf 'Allii)

365. Wörtlich: "für unsere Partner", das heißt diejenigen, die unserer Ansicht nach Allahs Partner sind. Über den Begriff "scharik" ("Partner") vergleiche Aja 22 dieser Suura. Die vorislamischen Araber weihten einen Teil ihrer Ernteerträge und ihres Viehs ihren Göttern und einen anderen Teil Allah, den sie als einen unter diesen -wenn auch den größten ­betrachteten. Entsprechend der Methodik des Qur’an bezieht sich dieser Aja jedoch nicht allein auf diesen Aspekt des vorislamischen arabischen Lebens, sondern hat auch eine weitere Bedeutung, das heißt, er bezieht sich nicht nur auf die Verteilung von "Anteilen" zwischen Allah und imaginären Gottheiten, sondern auch auf die Zuschreibung Seiner schöpferischen Kräfte auf andere als Ihn. (Asad)

366. Der -so argumentierten die Polytheisten -bedürfnislos ist, keine Gaben und Opfer von Seinen Dienern braucht und sich selbst versorgen kann. (Darjabaadi)

367. Dass sie einen "Anteil" ihrer gottesdienstlichen Handlungen Allah weihen, stärkt nicht ihren Imaan an Ihn, sondern be­deutet im Gegenteil eine Verneinung Seiner transzendentalen Einheit und lässt sie immer weiter von imaginären göttlichen oder gottähnlichen "Vermittlern" abhängig werden. (Asad)

368. Ibn 'Abbas berichtet von den heidnischen Arabern: Sobald sie die Ernte eingebracht und zu Bündel verteilt hatten, teilten sie davon einen Teil Allah und einen Teil ihren Göttern zu. Wenn nun der Wind aus der Richtung des Anteils wehte, den sie ihren Göttern zugeteilt hatten, und etwas hinübertrug zu dem, was für Allah bestimmt war, legten sie es zurück. Wenn aber der Wind aus der Richtung des Anteils wehte, der Allah zugeteilt war, und etwas hinübertrug zu dem, was sie ihren Göttern zugeteilt hatten, dann beließen sie es dabei und legten nichts zurück. Deswegen sprach Allah: "Schlecht ist ihre Entscheidung." (Qutb)

 

137. Und ebenso ließen ihre Götzen369 viele der Götzenanbeter das Töten ihrer Kinder wohlgefällig erscheinen,370 Wo sie ins Verderben zu stürzen371 und Verwirrung zu stiften in ihr Diin.372 Und wenn Allah gewollt hätte, hätten sie es nicht getan.373 So lasse sie und das, was sie erlügen.

369. Wörtlich: Partner. Manche Qur’anausleger sagen, dass diese Partner die Diener der Götzen seien, während andere meinen, das seien die Teufel, die ihnen einflüsterten und dieses Tun anpriesen. (Al-Manar)

Bei vielen Völkern einschließlich der Araber wurde angenommen, dass die Gottheiten und Götzen Menschenopfer verlang­ten. Gewöhnlich stößt der Gedanke eines solchen Opfers Menschen ab, aber durch den heidnischen Brauch wird er ..ver­lockend" -zu einem heiligen Ritual- gemacht, indem ihm die Bezeichnung ..Religion" verliehen wird. Wenn solche Bräuche erlaubt waren, dann würden sie nur die Völker ruinieren, die sie praktizieren, und ihre Religion in einer Ansamm­lung abstoßender abergläubiger Vorstellungen und Praktiken verwandeln. (Juusuf 'Allii)

370. Dies bezieht sich möglicherweise auf den altsemitischen Brauch, Kinder zu opfern. Auch Kindermord aus religiösen Grün­den war weit verbreitet. In Indien warf man beispielsweise Kinder in den heiligen Fluss Ganges und verehrte die Krokodile, die sie fraßen. (Darjabaadi)

Die vorislamischen Araber begruben vielfach ihre unerwünschten Kinder, hauptsächlich Mädchen, lebendig in der Wüste. Gelegentlich opferten sie auch ihre Jungen dem einen oder anderen Götzen. Abgesehen von diesem historischen Bezug scheint der Qur’an einen Hinweis auf die psychologische Tatsache zu implizieren, dass Vergötterung anderer Wesen oder Dinge neben Allah eine ständig wachsende Abhängigkeit von imaginären Kräften aller Art mit sich bringt, die durch förmli­che und oft absurde und grausame Riten beschwichtigt werden müssen. Dies wiederum führt zum Verlust jeglicher geistiger Freiheit und zur moralischen Selbstzerstörung. (Asad)

Im geistigen Leben ist die wichtigste Beziehung die zwischen dem Menschen und seinem Herrn, und im sozialen Leben ist die zärtlichste Beziehung die zwischen Eltern und Kindern. Die Verehrung falscher Gottheiten nimmt dem Menschen alle zärtlichen Regungen und macht ihn so gefühllos, dass er bereitwillig seine eigenen Kinder tötet. (Siddiqi)

371. Sowohl im materiellen wie auch im geistigen Sinne. (Darjabaadi)

Ihr Niedergang stellt sich zuallererst in der Tötung ihrer Kinder dar und letztlich in der Zerstörung des gesellschaftlichen Lebens insgesamt. (Qutb)

Solche unmenschlichen Grausamkeiten gegenüber unschuldigen Kindern zerstören alle Möglichkeiten des Erfolges im zu­künftigen Leben, denn jemand, der seine eigene Menschlichkeit, ja sogar seinen eigenen animalischen Instinkt der Liebe zu den eigenen Kindern abtötet, muss sich notwendigerweise Allahs Zorn zuziehen. (Mauduudi)

372. "Ihre Diin" bedeutet der Diin Ibrahims und Ismails, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, der sie hätten folgen sollen. (Darjabaadi)

Hier müssen wir erwähnen, dass die Götzendiener niemals die Courage gehabt hätten zu behaupten, dass ihr Verhalten und ihre Vorstellung von ihnen selbst erfunden seien, sondern sie lügen und behaupten, dass Allah Derjenige sei, der es ihnen vorgeschrieben habe. Sie führen dies also auf Ibrahims und Ismails, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden,  Diin zurück. (Qutb)

373. Er lässt zu, dass sie sich so verhalten, denn Er will, dass sie von ihrer Vernunft und der Entscheidungsfreiheit Gebrauch machen, die er ihnen geschenkt hat.

 

138. Und sie sagten: "Dieses Vieh und diese Feldfrüchte sind unantastbar.374 Nie­mand soll davon essen außer dem, von dem wir es gestatten"375 -so behaup­teten sie -"und es gibt Vieh, dessen Rücken verboten ist376 und Vieh, über dem der Name Allahs nicht ausgespro­chen wird." (All das) ist Erdichtetes wi­der Ihn. Er wird ihnen vergelten, was sie zu erdichten pflegten.

374. Dies sind noch die drei ihrer erdachten Gesetze, die aus den Irrtümern ihres Götzendienstes entstammen. Erstens erklärten sie einen Teil des Viehs und der Ernte, wie Getreide und dergleichen, als unantastbar, um ihn den von ihnen verehrten Göttern zu vermachen. Zweitens erklärten sie den Rücken einiger Tiere zu verboten -mit anderen Worten, sie durften nicht geritten werden. Drittens riefen sie beim Schlachten mancher Tiere absichtlich Allahs Namen nicht an, um sie ihren Göttern darzubringen. (Al-Manar)

Eine Tabuisierung von Nahrungsmitteln ist oft ein Mittel der Priesterschaft, gewisse Dinge für sich selbst zu reservieren. Sie muss durchgesetzt werden mit dem Vorwand, Allah habe sie für die anderen verboten. Dies ist eine Lüge oder Verleumdung gegen Allah, wie alle abergläubischen Vorstellungen. (Juusuf ’Allii)

375. Nämlich für diejenigen, die den Gottheiten dienen und dem männlichen Geschlecht angehören. (Darjabaadi)

376. Vieh, das heidnischen Gottheiten geweiht war, war gelegentlich von aller nützlichen Arbeit befreit; in diesem Falle war es ein Verlust für die Gemeinschaft, abgesehen davon, dass es oftmals großen Schaden an Feldern und Früchten anrichtete. Wenn ein Tier im Namen einer heidnischen Gottheit geschlachtet wurde, konnte es selbstverständlich nicht im Namen Allahs geschlachtet werden, wodurch allein das Schlachten zu Nahrungszwecken gerechtfertigt werden kann. (Juusuf 'Allii)

 

139. Und sie sagten: "Was im Leib dieses oder jenes Viehs ist, ist ausschließlich für unsere Männer bestimmt und verbo­ten für unsere Frauen.377 Und wenn es eine Totgeburt ist, haben alle einen Anteil daran.378 Er wird ihnen ihre (falschen) Behauptungen vergelten. Wahrlich, Er ist weise und allwissend.379

377. Das Verbieten und Gebieten galt der Milch und dem Fötus dieses Viehs. Die Milch wurde nur den Männern zu trinken gegeben, während die Frauen davon ausgenommen waren. Brachte das Vieh männliche Jungen zur Welt, so durften wie­derum nur die Männer von diesem Fleisch essen. War es ein weibliches Kalb, wurde es zum Gebären am Leben gelassen. (Al-Manar)

378. Dies sind weitere abergläubische Vorstellungen über das Vieh. Einige davon sind bereits in Suura 5:106 erwähnt worden. (Juusuf ’Allii)

Praktiken dieser Art wurden zu Geboten Allahs erklärt, um sie zu rechtfertigen. (Darjabaadi)

379. Allah erträgt nicht diesen Missbrauch Seines heiligen Namens. Er besitzt unermessliches Wissen und Weisheit, und Sein Gesetz kann nicht solche unvernünftigen Vorstellungen enthalten. (Siddiqi)

Sie setzen hier ihre falschen Auffassungen und Handlungen fort, die den Verwirrungen des Götzendienstes entspringen, und behaupten, dass das, was ihre Männer als Gebote und Verbote aussprechen, von Allah vorgeschrieben sei. Deshalb folgt eine Drohung für die, die diese Behauptung aufgestellt und sie Allah zugeschrieben haben. (Qutb)

 

140. Verloren sind fürwahr jene, die töricht und ohne Wissen ihre Kinder töten380 und für verboten erklären, was Allah ihnen als Lebensunterhalt bereitet hat,381 indem sie (Lügen) wider Allah ersannen. Sie sind gewiss irregegangen und keineswegs rechtgeleitet.382

380. Kindermord war universal verbreitet, weder das antike Griechenland noch Rom waren davon ausgenommen. Deswegen war die Reform des Islam eine weltweite Reform (Darjabaadi)

Mit dem Verlust der Kinder verliert man an die Vorteile, die von ihnen erhofft werden: Freude und Glück, Stolz und Zier, Güte und Gabe, Selbstachtung und Beistand. Der tötende Vater verliert unweigerlich die väterlichen Gefühle und Barmherzigkeit. Was übrig bleibt, sind Härte, Rauheit und Grausamkeit und andere schlechte Charaktereigenschaften, die das Leben im Diesseits unerträglich machen und Strafe im Jenseits auf sich ziehen. Deswegen wird diese Schandtat mit Torheit und Unwissenheit darüber, was nützt oder schadet und was gut und schlecht ist, bezeichnet. (Al-Manar)

381. Für sich selbst als Nahrung. (Darjabaadi)

Sie sind nicht nur Feinde ihrer eigenen Kinder, sondern ihre eigene Feinde, indem sie sich aus ihren falschen Vorstellun­gen heraus Dinge versagen, die Allah ihnen erlaubt hat. (Siddiqi)

382. Sie haben einen absoluten Verlust erlitten im Diesseits und im Jenseits. Sie haben sich selbst und ihre Kinder, ihren Ver­stand und ihre Seelen verloren. Sie haben ihre Würde verloren, die Allah ihnen gab, als Er sie aus dem Dienste anderer befreite. Sie aber haben sich der Herrschaft derer untergeordnet, die selbst von Allah erschaffen worden sind. Und vor allem haben sie die Rechtleitung verloren, indem sie sich des Islams entledigten. Dies alles ist mit Sicherheit der größte Verlust und die größte Verwirrung, die keine Rechtleitung mehr zulässt. (Qutb)

Auch wenn jene, die diese Rituale erfunden haben, eure Vorfahren, Führer oder Priester waren, ist es eine Tatsache, dass sie sich geirrt haben und vom rechten Weg abgewichen sind. Ebenso ist es eine Tatsache, dass diese Verhaltensweisen falsch sind, und sie können nicht einfach dadurch richtig und heilig werden, dass eure Vorfahren und religiösen Führer sie erfunden haben. (Mauduudi)

 

Abschnitt 17

141. Und Er ist Derjenige, der Gärten entstehen lässt383 mit und ohne Rebspaliere,384 und die Dattelpalme und Getreidefelder mit verschiedenartigen Erträgen, und die Olive und den Granatapfel einander ähnlich und (doch auch wieder) nicht ähnIich.385 Esst von ihren Früchten, wenn sie Früchte bringen, doch gebt zur Zeit der Ernte den Anteil ab für die, die ein Anrecht darauf (haben),386 und seid nicht ver­schwenderisch, Er liebt nicht die Verschwender!387

383. "Anscha'a" أَنشَأَ : wachsen lassen, vermehren, entwickeln, ein weiterer Prozess der Schöpfung. Zu den Wundem der Schöpfung Allahs gehört, dass Er aus einem einzigen Menschen so viele von uns hervorgebracht hat, und jedes Individuum hat so viele verschiedene Anlagen und Fähigkeiten, und dennoch sind wir eine Einheit. lm nächsten Aja kommen wir zu der Allegorie der Trauben und anderer Früchte: alle Trauben mögen ähnlich aussehen, aber jeder Art hat ein eigenes Aroma und andere besondere Eigenschaften. Dasselbe gilt für den Menschen. (Juusuf 'Allii)

Hier geht es um die Natur des Menschen. Sie ist einheitlich im Wesen sowie in der Beschaffenheit bei Mann und Frau (vergleich Suura 4:1). (Qutb)

Allah allein, nicht irgendeine Gottheit der Landwirtschaft oder ein ähnliches kosmisches Wesen. (Darjabaadi)

Der Begriff "Gärten" soll hier veranschaulichen, dass alles, was lebt und wächst -wie alles andere im Universum ­sein Dasein, sein Wachstum und seine Entwicklung allein Allah verdankt. Es ist deswegen töricht, dies mit irgendeiner anderen Macht in Verbindung zu bringen, sei diese wirklich oder imaginär. (Siddiqi)

384. Die allgemein anerkannte Erklärung der Begriffe "ruschat" وَغَيْرَ مَعْرُوشَاتٍ  und "reyr ma ruschat" (wörtlich: "mit und ohne Spaliere") ist "kultiviert und wild wachsend". (Asad)

385. Jede Frucht -seien es Trauben, Oliven oder Granatäpfel -sieht anderen ihrer Art ähnlich, und dennoch sind sie unterein­ander verschieden in Geschmack, Konsistenz, Form, Größe, Farbe, Saft oder Ölgehalt, Proportionen und so weiter. Wen­de diese Allegorie auf den Menschen an, dessen geistige Früchte ebenso verschieden sein können und dennoch gleich wertvoll! (Juusuf 'Allii)

Allah ist Derjenige, Der diese Gärten aus dem Nichts erschaffen hat, denn Er ist Derjenige, Der Leben aus Totem hervor-.

bringt. Er hat Leben auf dieser Erde entfaltet und ihm diese Vielfalt verliehen, die dem Menschen das Leben auf dieser Erde ermöglicht. Wie kann der Mensch angesichts aller dieser Zeichen und Wahrheiten sich an anderem als Allah orientie­ren und eigenmächtig Tabus und Gebote aufstellen? (Qutb)

386. Gib einen festgelegten Anteil davon (Saka) den Armen. (Darjabaadi)

Dieser Verpflichtung, einen Anteil der Ernte an Bedürftige auszuhändigen, muss nicht auf die Armensteuer (Saka) hindeuten. Mancher Überlieferung nach ist hier damit die unbestimmte Gabe gemeint. Die festgelegte ’Sakach kam erst nach der Hidschra. (Qutb)

387. Sieh, wie großzügig Allah in der Natur den Lebensunterhalt für alle Seine Geschöpfe zur Verfügung stellt, weil Er sie alle liebt! Genieße ihn in Maßen und sei dankbar. Überschreite aber nicht das Maß und verschwende nicht: das ist von verschiedenen Standpunkten her gesehen dasselbe. Wer dies tut, nimmt anderen Geschöpfen etwas weg, und solchen Eigennutz liebt Allah nicht. (Juusuf 'Allii)

Es wurde erzählt, dass die Muslime miteinander wetteiferten im Spenden, bis sie sich dabei verausgabten. (Qutb)

 

142. Und Er hat einen Teil des Viehs zum Lastentragen bestimmt, den anderen aber zum Verzehr.388 Esst von dem, was Allah euch bereitet hat und folgt nicht den Fußspuren Scheytaans. Er ist euch wahrlich ein offenkundiger Feind.389

388. Aberglaube tötet Imaan. Wir kehren hier zurück zu den heidnischen arabischen Vorstellungen bezüglich der zur Nahrung geeigneten Tiere. Pferde werden hier nicht erwähnt, denn sie gehörten nicht zur Nahrung, und es gab diesbezüg­lich keine abergläubischen Vorstellungen. Schafe, Rinder, Ziegen und Kamele bildeten die übliche Fleischnahrung. Schafe und Ziegen wurden nicht als Lasttiere benutzt, aber Kamele (beiderlei Geschlechts) wurden zum Transport von Lasten und Ochsen zum Pflügen benutzt, während Kühe für Milch und Fleisch gehalten wurden. Die Formulierung "einige für den Transport von Lasten und einige für Fleisch" bezieht sich nicht ausschließlich auf eine ganze Art, bezeichnet aber die ersten beiden und die letzten beiden als Kategorien. (Juusuf ’Allii)

Das Wort fad bezieht sich auf kleine Tiere, die fast den Boden berühren, wenn sie sich bewegen, wie Schafe und Ziegen. Das Wort kann darauf hinweisen, dass aus ihren Fellen und Häuten Betten und Decken zum Schlafen hergestellt werden. (Mauduudi)

Mit Fad kann man kleine Tiere bezeichnen, die gewöhnlich zum Essen geschlachtet werden, wie Schafe und Ziegen, aber auch die Jungtiere der Kamele und Kühe. Man bezeichnet damit auch die Tiere, aus deren Wolle und Fellen Decken, Teppiche und dergleichen gemacht werden. (Al-Manar)

389. Nämlich indem ihr aus Aberglauben verbietet, was Allah dem Menschen erlaubt hat. Alle Bezugnahme auf vorislamische Tabus in den Ajas 138-140 und 142-144 sollen betonen, dass jedes Nahrungsmittel (und impliziert ist auch jede Art phy­sischen Genusses), das Allah nicht ausdrücklich verboten hat, erlaubt ist. (Asad)

1. Gärten, Äcker und Tiere, die ihr besitzt, sind Geschenke Allahs, und keinem anderen schuldet ihr Dank dafür.

2. Folg­lich sollen sie entsprechend Allahs Gesetz genutzt werden, und kein anderer hat das Recht, über ihre Nutzung zu verfügen.

3. All dies hat Allah geschaffen, um dem Menschen Nahrung und anderen Nutzen zu gewähren, und niemand hat das Recht, sie zu tabuisieren und durch Aberglauben und Spekulation einzuschränken. (Mauduudi)

Hier sollen die Menschen daran erinnert werden, dass all dies Allahs Geschenk und Schöpfung ist, während Scheytaan nichts geschaffen hat. Wieso folgen sie dann dem Scheytaan in Bezug auf die Gaben Allahs? Hier wird auch daran erinnert, dass Scheytaan der erklärte Feind des Menschen ist. Wie kann man den Fußspuren seines Feindes folgen? (Qutb)

 

143. (Und Er hat euch von diesem Vieh) acht Paare (geschaffen):390 von den Schafen ein Paar und von den Ziegen ein Paar.391 Sprich: "Hat Er die beiden männlichen Tiere verboten oder die beiden weiblichen oder die Jungen, die im Leib der beiden weiblichen Tiere eingeschlossen sind? Antwortet mir aufgrund echten Wissens,392 wenn ihr wahrhaftig seid."

390. Die in Aja 139 sowie in Suura 5:106 erwähnten abergläubischen Praktiken werden in diesem und dem nächsten Aja weiter ad absurdum geführt .(Juusuf 'Allii)

391. Wörtlich: "acht (in) Paaren -von den Schafen zwei und von den Ziegen zwei" (die beiden anderen Paare werden im folgenden Aja erwähnt). Dies ist ein Beispiel für die elliptische Ausdrucksweise, die im Qur’an oft verwendet wird, eine Ausdrucksweise, die ohne erklärende Interpolation nicht in eine andere Sprache übersetzt werden kann. Der Begriff „’Saur“ bezeichnet ein Paar sowie jeden einzelnen Teil eines Paares, deswegen habe ich übersetzt: "vier Arten von Vieh beiderlei Geschlechts". Der spezielle Aberglaube, auf den sich dieser Aja und der folgende bezieht, ist wahrscheinlich identisch mit dem, der in Suura 5:103 erwähnt ist. (Asad)

392. Wörtlich: "sage mir mit Wissen" -das heißt nicht auf der Grundlage von Vermutungen, sondern auf grund von Wissen, das auf authentischer Offenbarung beruht. Die vorangehenden und folgenden ironischen Fragen sollen die Undeutlichkeit und Zusammenhangslosigkeit bloßstellen, die alle solche Vorstellungen und selbstauferlegten Tabus kennzeichnet. (Asad) Kein vernünftiger Mensch kann sich vorstellen, dass Allah unvernünftige Restriktionen auferlegt. Die im Qur’an vorgeführte Methode, abergläubische Praktiken ad absurdum zu rohren, lässt sich auf Aberglauben aller Art in aller Welt anwenden, überall da, wo aus unvernünftigen Gründen Nahrungsmittel tabuisiert und Menschen diskriminiert werden. (Mauduudi)

 

144. Und von den Kamelen ein Paar und von den Rindern ein Paar.393 Sprich: "Hat Er die beiden männlichen Tiere verboten oder die beiden weiblichen, oder die Jungen, die im Leib der beiden weibli­chen Tiere eingeschlossen sind?394 Oder wart ihr Zeugen, als Allah dieses für euch anordnete?"395 Wer tut also mehr unrecht als der, der gegen Allah eine Lüge erdichtet,396 um dadurch397 die Menschen irrezuführen ohne begründe­tes Wissen. Wahrlich, Allah leitet nicht das ungerechte Volk.

393. Wörtlich: "und von den Kamelen zwei, und von den Rindern zwei", wodurch die im vorigen Aja erwähnten "acht Arten das heißt vier Paare) von Vieh" vervollständigt werden.(Asad)

394. Wie sollte es möglich sein, dass ein männliches Tier der gleichen Art für einige Menschen erlaubt und das entsprechende weibliche oder Jungtier für andere verboten ist? Eine solche Vorstellung von Helal (erlaubt) und Haram (verboten) kann weder auf Vernunft noch auf Offenbarung beruhen. (Siddiqi)

395. Wenn ihr keine authentische Überlieferung vorzeigen könnt, dann wart ihr vielleicht bei Allah zugegen, Der euch dieses Verbot anvertraut hat? (Al-Manar)

Wart ihr anwesend, als Allah dies befahl? -denn die meisten von euch haben nicht den Imaan verinnerlicht an die Übermittlung durch Engel und Propheten. (Darjabaadi)

396. Niemand ist ungerechter sich selbst gegenüber! (Darjabaadi)

 

Abschnitt 18

145. Sprich: "Ich finde in dem, was mir offenbart worden ist, nichts, was einem Essenden an Speise verboten wäre,398 es sei denn Verendetes oder ausgeflossenes BLuut399 oder Schweinefleisch -denn es wäre tatsächlich Unreinheit oder- Frevel,400 worüber ein anderer als Allahs Name angerufen worden ist. Wer aber gezwungen ist,401 ohne (es) zu begehren und ohne Allahs Gebot überschreiten zu wollen402, (so) ist dein Herr gewiss ver­zeihend, barmherzig.403

397. Wörtlich: ,,(auf diese Weise) Menschen irrezuführen". Die Konjunktion "li" zu dem Verb "judil" ("er führte irre") bedeutet hier jedoch nicht -wie es gewöhnlich der Fall ist -eine Absicht ("um zu"), sondern eher eine logische Folge ("und auf diese Weise..."). (Asad)

398. Wörtlich: "verboten einem, der davon isst." (Asad)

In der Auseinandersetzung zwischen den arabischen Götzendienern und dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ging es um die Religion Ibrahims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hier besonders bezüglich erlaubter und verbotener Tiere. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  sagt, dass Allah den Gebrauch von Tieren verboten hatte, die eines natürlichen Todes gestorben waren, oder von BLuut und Schweinefleisch und solchen Tieren, die im Namen eines anderen als Allah geschlachtet worden sind. Was ansonsten die Götzendiener für verboten erklärt haben, ist ihre eige­ne Erfindung und eine Einmischung in Allahs gesetzgebende Macht. (Siddiqi)

399. In den letzten Ajas wurde festgelegt, dass niemand das Recht hat, einen Teil der Speisen oder andere Dinge für andere zu verbieten außer dem, was Allah den Gesandten offenbart hat. Und hier wird abschließend, durch den Mund seines letzten Gesandten genau erklärt, was Allah tatsächlich Seinen Dienern an Speisen verboten hat. (Al-Manar)

Ausgeflossenes BLuut: im Gegensatz zu BLuut, das im Fleisch enthalten ist, beispielsweise in der Leber oder ähnlichen inne­ren Organen, die der BLuutreinigung dienen. (Juusuf 'Allii)

Verendetes beinhaltet auch ein Tier, das erlegt worden ist, ohne dass damit die Absicht verbunden war, es als Nahrung zu benutzen. (Al-Manar)

Imam Achmed erzählt nach einer Überlieferung von ibn Abbas: "Ein Schaf verendete bei Sauda bint Sumaa. Sie erzählte es dem Propheten -Allah segne ihn und schenke ihm Heil -und er fragte: "Warum habt ihr nicht die Haut genommen?" Sie sagte: "Wie sollen wir die Haut eines verendeten Tieres nehmen?" Daraufhin las der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diesen Aja vor und sagte: "Ihr esst es ja nicht, sondern ihr gerbt es, um es zu gebrauchen." Daraufhin ordnete Sauda an, das Schaf zu häuten und zu gerben. Sie machte daraus einen Wasserbeutel und benützte diesen, bis er völlig durchlöchert war." (ibn Kasir)

400. Wörtlich: "eine sündhafte Handlung" ("fisq") -hier bezogen auf Götzenopfer. (Asad)

Hier werden bezeichnenderweise zwei Begriffe für Unreinheit benutzt: "Ridschs" und "fisq". Ersterer bezeichnet sichtbare

Unsauberkeit, während der letztere Unreinheit bezeichnet, die durch Irrglauben entsteht. (Siddiqi)

Mit "Ridschs" (Unrein) wird das Schweinefleisch bezeichnet und mit "fisq" (Frevel) ist ein von einem Götzendiener geschlachtetes Tier gemeint, bei dessen Schlachtung der Name einer seiner Gottheiten ausgerufen wird, um es ihr zu ver­machen. Allah verbietet, von solchen Tieren zu essen, da die als verendet gelten. (Qutb)

401. Durch äußerste Not und Hunger. (Darjabaadi)

Vergleiche Suura 2:173,5:3 und 16:115. Das islamische Gesetz geht nicht so weit, jemanden zu zwingen, etwas zu essen, wogegen er eine Abneigung hat. Dies bezieht sich auch auf die Abneigung gegenüber gewissen Nahrungsmitteln, die bei bestimmten Menschengruppen oder Völkern herrscht, woraufhin diese Nahrungsmittel dann dort als "mekruch" ("abscheulich") bezeichnet werden. Umgekehrt lässt das Gesetz nicht zu, dass eine Person oder ein Volk andere zwingt, etwas für unerlaubt zu erklären, was es selbst verabscheut. (Mauduudi)

402. Dies kann auch folgendermaßen übersetzt werden: "Indem er es weder begehrt noch die Grenzen seines Bedarfes über­schreitet." (Siddiqi)

403. Hier wird endgültig festgehalten, was Allah von alledem wirklich ausdrücklich in Seiner Offenbarung als verboten erklärt hat, nicht was durch Spekulation und Aberglaube tabuisiert wurde. Allah allein steht das Recht zu, zu gebieten und Gesetze zu geben. Was Er verbietet, ist verboten. Und was Er erlaubt, ist erlaubt, und der Mensch kann sich nicht einmischen. (Qutb)

 

146. Und für die Juden404 haben Wir alle (Tiere) mit Krallen verboten,405 und von den Rindern und Schafen haben Wir ihnen das Fett verboten,406 außer dem, was an ihrem Rücken haftet,407 oder an ihren Eingeweiden oder was mit ihren Knochen vermengt ist. Dies ist ihre Vergeltung wegen ihres Ungehorsams, und Wir sind gewiss wahrhaft.408

404. Die Satzkonstruktion verdeutlicht, dass dieses Verbot besonders für die Juden galt, nicht jedoch für die Mu`mins späterer Zeiten. (Asad)

405. "Sufur" ظُفُر bedeutet Klaue oder Huf. Dies steht hier im Singular. Da aber kein Tier eine einzige Klaue hat, ist Huf die richtige Übersetzung. Nach dem jüdischen Gesetz (Leviticus 11 :3-6) war alles erlaubt, "was gespaltene Klauen hat, ganz durch ge­spalten, und wiederkäut unter den Tieren", während das Kamel, das Kaninchen und der Hase nicht erlaubt waren, denn sie haben keine "duschgespaltenen Klauen". Diese drei Tiere, die den Juden verboten sind, sind im Islam erlaubt. Vergleiche Suura 4:lfiJ. (Juusuf 'Allii)

406. In Leviticus 7:23 wird angeordnet: "Ihr sollt kein Fett essen von Stieren, Schafen und Ziegen..." Bezüglich der Ausnahmen ist es bemerkenswert, dass die Priester aufgefordert wurden, vom Fett des Schuldopfers zu essen (Leviticus 7:6), das als heilig angesehen wurde, und zwar "den Fettschwanz und das Fett, das die Eingeweide bedeckt" (Leviticus 7.3). (Juusuf 'Allii)

407. Vergleiche Leviticus 7:23, wo allerdings dem gewöhnlichen Volk Fett aller Art von Rind, Schaf oder Ziege verboten ist. (Asad)

408. Vergleiche Suura 3:93. (Asad)

Dass den Kindern Israel gewisse Speisen ihres Ungehorsams wegen verboten wurden, wird im Qur’an an drei Stellen er­wähnt: Suura 2:93, 4:160 und hier. Die Unterschiede zwischen dem jüdischen und dem islamischen Gesetz beruhen auf zwei Dingen.

1. Jahrhunderte vor der Offenbarung der Thora hatte Jaquub (Israa'iil) gewisse Dinge aufgegeben, und seine Nachkommen schlossen sich ihm an. Dies wurde so lange fortgesetzt, dass die jüdischen Rechtsgelehrten glaubten, diese Dinge seien in ihrer Religion verboten. Dementsprechend brachten sie ein diesbezügliches Verbot in die Thora ein, wo­durch sie also in der Thora und in der heutigen Fassung der Bibel nicht erlaubt sind. Daher kommt auch die Herausforde­rung an die Juden, die diesbezüglichen Verbote in der ursprünglichen Thora nachzuweisen.

2. Ist ein Unterschied zwischen den beiden Gesetzen dadurch zustandesgekommen, dass die Juden dem Gesetz Allahs mit einer ablehnenden und aufrührerischen Haltung begegneten. Sie machten sich zu ihren eigenen Gesetzgebern und erklärten durch ihre Haarspalterei vieles für unerlaubt. Als Strafe beließ Allah sie in diesem Missverständnis. (Mauduudi)

"Und Wir sind gewiss wahrhaft" kann verstanden werden als "Und Wir sind gerecht in ihrer Bestrafung" aber auch" Und Wir sind wahrhaft in dem, was Wir dir ,O Muchammed, berichtet haben über die Dinge, die Wir ihnen verboten haben." (ibn Kasir)

 

147. Und wenn sie409 dich zum Lügner erklären, dann sprich: "Euer Herr ist voll allumfassender Barmherzigkeit. Doch Seine Strenge kann nicht abgewendet werden vom Volk der Sündigen."410

409. Das heißt bezüglich der Aussage des Qur’an (in Aja 5 145), dass Allah nur einige wenige, eindeutig definierte Nahrungsmittel verboten hat. Das Pronomen "sie" bezieht sich sowohl auf die Juden als auch auf die heidnischen Araber, die in den vor­hergehenden Ajas erwähnt werden und beide vorgeben, Allah habe dem Menschen verschiedene komplizierte Speiseta­bus auferlegt. Dem Qur’an zufolge sind die Juden insofern im Unrecht, als sie die Tatsache übersehen, dass die strengen Speisegesetzte eine Strafe für ihre Übeltaten in der Vergangenheit und somit allein für sie bestimmt waren. Die heidnischen Araber waren insofern im Irrtum, als ihre Tabus keinerlei Grundlage Allahs hatten und allein auf Aber­glauben beruhten. (Asad)

410. Allah ist voll allumfassender Barmherzigkeit gegenüber Seinen Dienern und allen anderen Geschöpfen. Seine Barmherzigkeit umfasst Gute wie Böse, und aus Nachsicht und Barmherzigkeit beeilt Er sich nicht, die Bösen zu bestrafen. Denn einige von ihnen kehren vielleicht zu Allah um. Seine Härte kann von den Übeltätern nur durch seinen Großmut und dadurch dass ihnen eine Frist gewährt wird, abgewendet werden. Diese Worte beinhalten die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit ebenso wie die Drohung mit Allahs überaus harte Strenge. (Qutb)

 

148. Und es werden diejenigen, die Allah Göt­zen an die Seite stellen, sagen:411 "Wenn Allah es gewollt hätte, hätten wir Ihm keine Götzen an die Seite gestellt, und auch unsere Väter nicht412 und wir hätten auch nichts für verboten erklärt." Auf eben diese Weise haben schon jene geleugnet, die vor ihnen waren,413 bis sie Unsere Strafe zu kosten bekamen. Sprich: "Habt ihr irgendwelches Wissen darüber, so bringt es uns hervor.414 Ihr folgt tatsächlich nichts anderem als Vermutungen und siegt nichts weiter an als Mutmaßungen.

411. Diejenigen, die Allah Partner zur Seite setzen, versuchen sich mit folgendem Vorwand zu rechtfertigen. (Darjabaadi)

412. Dieses von den Götzendienern angeführte Argument ist falsch, denn es würde bedeuten

1. dass Menschen keine persönliche Verantwortung haben,

2. dass sie Opfer eines Determinismus sind, dem sie hilflos ausgeliefert sind, und

3. dass sie aus ebendiesem Grund weiterhin das tun können, was ihnen gefällt.

Es ist in sich selbst inkonsistent, denn 2. kann nicht wahr sein, wenn 3. wahr ist -abgesehen davon, dass es nicht ernst genommen werden kann. (Juusuf 'Allii)

Gewiss hat Allah auch tödliche Gifte erschaffen. Daraus kann man aber nicht schließen, dass Er Wohlgefallen an einem kriminellen Giftmischer findet. (Darjabaadi)

Die Götzendiener führen dieselben alten Vorwände an, die seit jeher von allen Übeltätern angeführt wurden, und schieben damit die Schuld auf Allah. (Mauduudi)

Sie führen ihre Götzendienerei und die ihrer Vorfahren, ihre Verbote für Dinge, die Allah nicht untersagt hat, und ihre Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt, dass dies Allah Gebot ist, auf Allah Willen zurück. Ohne diesen Willen hätten sie weder Götzen gedient, noch Verbote ausgesprochen. (Qutb)

413. Nämlich die Wahrheit, dass Allah dem Menschen die Möglichkeit gegeben hat, zwischen Recht und Unrecht zu entschei­den. Der obige Aja ist eine kategorische Ablehnung jeglicher "Prädestinationslehre". (Asad)

Das Schicksal eines Menschen entscheidet sich auf grund seiner bewussten Wahl, Allah zu dienen und Seiner Lehre zu folgen oder nicht. (Siddiqi)

414. Das heißt Wissen von einer angeblichen "Prädestination". (Asad)

Allah Gebote und Verbote sind definitiv bekannt. Warum lassen sie solche hinreichenden Kenntnisse und folgen Vermu­tungen und Lügen?

Der entscheidende Punkt bei diesem Problem ist, dass Allah den Menschen nicht auferlegt, das Verborgene Seines Willens und Seiner Vorherbestimmung zu erforschen, um sich danach zu richten, sondern Er beauftragt sie nur damit, Seine Gebo­te und Verbote zur Kenntnis zu nehmen und sich danach zu richten. Wenn sie dies versuchen, beschließt Er sie rechtzuleiten und ihre Herzen für den Islam zu öffnen.

Wenn Allah gewollt bitte, bitte Er die Macht gehabt, die Menschen von Beginn an so zu erschaffen, dass ihre Natur nichts anderes als die Rechtleitung gekannt bitte, oder sie dazu zu zwingen. Doch Er wollte sie prüfen, indem Er ihnen die Fähigkeit gab, sich für die Rechtleitung zu entscheiden oder sich in die Irre zu begeben. Er aber hilft demjenigen, der sich für die Rechtleitung entscheidet, auf dem geraden Weg zu gehen. Wer sich dabei für den Irrweg entschieden hat, den lässt Er tiefer und tiefer sinken in seiner Verleitung. (Qutb)

 

149. Sprich: ,,Doch bei Allah ist der weit reichende Beweis.415 Und wenn es Sein Wille gewesen wäre, hätte Er euch alle­samt rechtgeleitet."416

415. Das heißt: Wenn ihr selbst keinerlei Wissen und Beweise bezüglich des Islams habt, so besitzt Allah jedoch allein die höchsten Kenntnisse. Es sind hinreichende Beweise und Erklärungen, die die Wahrheit ans Licht bringen und die Lüge vernichten. (Al-Manar)

Das Argument Allahs gegenüber Seinen Geschöpfen trifft. Er ist allmächtig und kann alles tun, was wir uns vorstellen können. In Seinem Plan hat Er jedoch dem Menschen Eigenverantwortlichkeit gegeben und Entscheidungsfreiheit, um den üblichen Willen daran zu üben. Wenn der Mensch versagt, hilft Allah ihm aus Seiner Barmherzigkeit auf verschiedene Weise. Der Mensch kann jedoch, wenn er ständig Böses tut, nicht erwarten, dass Allah mit ihm zufrieden ist. Vergleiche auch Suura 6:147 (Juusuf 'Allii)

"Al-Huudschat Ul-Balidscha" bedeute Argument, das die Wahrheit verdeutlicht und ins Herz eindringt. Allah will dem Menschen nicht Seinen Willen aufzwingen, denn dies kann nicht geschehen, ohne dass die Handlungsfreiheit des Menschen eingeschränkt wird, die Allah ihm für seine geistige und moralische Erziehung verliehen hat. Allah bringt deswegen den Men­schen mittels Überzeugung unlogischer Argumentation auf den Pfad der Rechtschaffenheit, so wie es für die geistige Entwicklung nützlich ist. (Siddiqi)

416. Statt euch zu Automaten zu machen, hat Er euch mit persönlicher Verantwortung und Entscheidungsfreiheit ausgestattet. (Darjabaadi)

Wenn Allah gewollt hätte, dann wäre jeder Mensch gezwungen gewesen, ein rechtschaffenes Leben zu führen. Dies hätte jedoch bedeutet, dass der Mensch keinen freien Willen hat, und Moral wäre sinnlos gewesen. (Asad)

Ihr selbst wollt nicht den rechten Weg wählen, sondern wollt, dass Allah euch auf übernatürliche Weise rechtschaffen macht. Dies entspricht jedoch nicht Seinem Plan. Er lässt euch deswegen den Weg weitergehen, den ihr für euch gewählt habt. (Mauduudi)

 

150. Sprich: "Bringt doch eure Zeugen her­bei, jene die bezeugen, dass Allah dies verboten hat.417 Und wenn sie es bezeugen, so nimm ihnen ihr Zeugnis nicht ab,418 und folge nicht den Ansinnen je­ner, die Unsere Zeichen geleugnet haben und jener, die nicht ans Jenseits den Imaan verinnerlicht haben419 und die ihrem Herrn (andere) gleichsetzen."420

417. Dies bezieht sich auf die in den vorigen Abschnitten erwähnten willkürlichen Verbote. (Asad)

Diese Aufforderung soll ihre Unfähigkeit herausstellen, denn es kann keine Zeugen dafür geben. (Al-Manar)

418. Angenommen, sie könnten diese Zeugen herbeirufen, so nimm ihnen ihr Zeugnis nicht. ab. Auch Stillschweigen hinsicht­lich dieser Lüge wäre, als wenn man es selbst bezeugen würde. Statt dessen musst du ihnen die Falschheit ihrer Behauptun­gen, die sie Zeugenaussage nennen, vor Augen führen. (Al-Manar)

Der Aberglaube der Kaafirs hat keine Grundlage und ist vielfach schädlich und entwürdigend. Wenn Allahs Name benutzt wurde, um ihn zu legitimieren, darf ein Mu`min sich davon nicht beeindrucken lassen oder sich ihrer Argumenta­tion anschließen, bei der Allahs Name missbraucht wurde. (Juusuf ’Allii)

Wenn sie begreifen, welche schwere Verantwortung damit verbunden ist, Zeuge zu sein, und sich dessen bewusst sind, dass man nur Zeuge für etwas sein kann, was man weiß, dann werden sie niemals bezeugen können, dass ihre selbstaufer­legten Tabus Herkunft Allahs sind. Wenn sie dennoch auf ihrer Aussage bestehen, sollst du dich nicht ihrer Lüge an­schließen. Das wirkliche Ziel dieser Herausforderung ist, die rechtschaffenen Menschen unter ihnen zum Nachdenken zu bewegen und herauszusondern. (Mauduudi)

419. Und die deswegen nicht geneigt sind, ehrlich und aufrichtig die Wahrheit zu suchen. (Darjabaadi)

Würden sie an das Jenseits den Imaan verinnerlichen, so hätte sie dieser Imaan dazu geführt, den Beweisen zu gehorchen, wenn sie damit ermahnt werden. (Al-Manar)

420. Vergleiche Suura 6:1. Allah, Der alle erschaffen hat und am Leben erhält und ~ sie sorgt, ist. als erster unserer Achtung würdig. Wer sich falschen Gottheiten zuwendet, begreift weder Allahs wirkliche Herrschaft noch seine eigene wahre Be­stimmung. (Juusuf ’Allii)

Wörtlich: "machen (andere) ihrem Herrn gleich", das heißt, sie schreiben gewissen nicht klar definierten Naturkräften göttliche oder gottähnliche Eigenschaften zu -glauben beispielsweise an eine "spontane", kreative EvoLuution oder ein "durch sich selbst entstandenes Universum" oder an einen mysteriösen, unpersönlichen "elan vital", der angeblich allem Dasein zugrunde liegt. (Asad)

 

Abschnitt 19

151. Sprich: ,,Komm herbei, damit ich euch vortrage, was euer Herr für euch wirklich geboten hat:421 dass ihr Ihm keine als Götzen an die Seite stellt,422 dass ihr euren Eltern wohlgefällig seid423 und dass ihr eure Kinder nicht aus (Furcht vor) Armut tötet.424 Wir sind es ja, Der euch und sie versorgt.425 Und kommt nicht Abscheulichkeiten426 zu nahe, weder den offenkundigen, noch den verborge­nen, und tötet niemanden, dessen (Leben) Allah für verboten erklärt hat, es sei denn mit Recht.427 Dies ist es, womit Er euch beauftragt hat, damit ihr begreifen möget.428

421. Was euer Herr auch erlaubt 'und verboten hat, nicht was ihr behauptet. Er hat es euch verboten, und dies sind die Dinge, die Euer "Herr", Der allein das Recht hat, zu gebieten, zu leiten, zu erziehen und zu herrschen. Derjenige der verbietet ist "Der Herr", und niemand außer Ihm hat das Recht, "Herr" zu sein. (Qutb)

Statt Aberglauben zu folgen und in ständiger Angst vor imaginären Tabus und Verboten leben zu müssen, sollten wir das wahre moralische Gesetz studieren, das von Allah gutgeheißen ist. Der erste Schritt besteht darin, dass wir anerkennen, dass Er der eine und einzige Herr und Erhalter ist. Die Erwähnung der Güte gegenüber den Eltern unmit­telbar danach weist auf folgendes hin:

1. dass Allahs Liebe und Fürsorge uns gegenüber analog zu unserem Ideal elterlicher Liebe -wenn auch auf einer unendlich höheren Ebene -verstanden werden kann, eine völlig selbstlose Art der Liebe;

2. dass vor allen anderen Mitgeschöpfen unsere erste Pflicht in der Liebe zu Vater und Mutter besteht, deren Liebe uns eine Vorstellung von der göttlichen Liebe ermöglicht. Daraus folgt wiederum unsere Pflicht gegenüber unseren Kindern. Allah stellt nicht nur für uns, sondern auch für sie den materiellen wie geistigen Lebensunterhalt zur Verfügung. Aus die­sem Grund wird jeder Brauch wie das Kinderopfer verurteilt. Darauf folgen moralische Verbote der Zügellosigkeit und Unsittlichkeit, sowohl im Geschlechtsleben als auch auf anderem Gebiet, sei es offen oder heimlich. Daran schließt sich ein Verbot des Tötens und Streitens an. Alle diese Dinge stimmen mit unserem eigenen Interesse überein und enthalten von unserem Standpunkt her gesehen wahre Weisheit. (Juusuf 'Allii)

422. Der Götzendienst (Schirk), in welcher Form auch immer, ist als erstes dieser Verbote erwähnt. Er ist das erste der verwerflichen Vorgehen, das zu bekämpfen als das höchste Gebot anzusehen ist, bis die Menschen Allah als ihren einzigen Gott, Herrn, Herrscher und Gesetzgeber anerkennen und Ihn allein anbeten. (Qutb)

423. Nach dem Konsens aller Kommentatoren ist zu ergänzen: "vergehe dich nicht gegen deine Eltern, sondern sei gütig ihnen gegenüber", denn dies steht in einer Reihe von Dingen, die Allah verboten hat. Güte gegenüber den Eltern ist nicht nur nicht verboten, sondern im Gegenteil im Qur’an immer wieder befohlen. (Asad)

Freundliche Behandlung beinhaltet Respekt und Ehrfurcht, Gehorsam und den Wunsch, den Eltern zu dienen und gefällig zu sein. Diese Rechte der Eltern sind im Qur’an verschiedentlich unmittelbar nach den Rechten Gottes aufgeführt. Dies weist deutlich darauf hin, dass die Rechte der Eltern unmittelbar nach den Rechten Allahs stehen und Priorität vor allen anderen menschlichen Rechten haben. (Mauduudi)

Die Bindung in der Familie mit ihren nachfolgenden Generationen steht als nächstes nach der Bindung mit Allah. Allah legt den Eltern ihre Kinder und den Kindern ihre Eltern ans Herz. Er verbindet diese Anweisung mit der Anerkennung A1lahs als einzigem Gott und Herrn. Er beauftragt die Kinder, ihre Eltern im vorgeschrittenen Alter nicht zu vernachlässigen und den Eltern, ihre Kinder, solange sie schwach und hilflos sind, gut zu versorgen. Sie sollen dabei die Armut nicht fürchten, denn Allah gibt ihnen allen ausreichend zum Leben. (Qutb)

424. Kindermord ist eines der furchtbarsten Verbrechen, denn es verleugnet Allahs Eigenschaft als Erhalter der Menschheit. (Siddiqi)

425. Im Gegensatz zu dem, was Malthus und seine Schüler errechnet haben, liegt hierin das Versprechen Allahs, dass die Weltbevölkerung nicht die Mittel zum Unterhalt übersteigt. Während jeder Bevölkerungszuwachs bedeutet, dass weitere Münder ernährt werden müssen, so bedeutet er doch gleichzeitig, dass weitere Hände bereit sind zu arbeiten. (Darjabaadi)

Dies kann sich auch auf Abtreibung unter wirtschaftlichem Druck beziehen. (Asad)

426. Das Bestehen einer Familie und die Aufrichtigkeit einer Gesellschaft können nicht in einem Sumpf von Abscheulichkeiten existieren. Wer gerne sieht, dass sich Unsittlichkeit ausbreitet, der will nichts anderes als die Familienbande erschüttern und die Gesellschaft ruinieren.

Zu "fawahis" zählt alles, was abscheulich erscheint, also das was die sittlichen Grenzen überschreitet, auch wenn hier, wie der Text vermuten lässt, auf eine besondere Art von Unsittlichkeit, nämlich auf den außerehelichen Geschlechtsverkehr hingewiesen wird. Aber auch Mord, Unterschlagung des Eigentums von Waisen, Götzendienst und anderes zählen zu den Abscheulichkeiten, die die Grundlage der Familie und Gesellschaft erschüttern. Da diese Unmoral von besonderem Reiz ist, sollen hier die Worte "kommt nicht zu nahe" vor der bloßen Annäherung warnen. (Qutb)

Zu "fawahis" zählen alle persönlichen oder gesellschaftlichen Handlungen, die das moralische Gefüge einer Person oder einer Gesellschaft zerstören. (Siddiqi)

427. Das umfassende Wort "Haq" übersetze ich hier mit "Gerechtigkeit und Gesetz". Andere darin enthaltene Bedeutungen sind: Recht, Wahrheit, was zusteht und so weiter. Nicht nur menschliches Leben ist heilig, sondern alle Arten von Leben. Selbst beim Schlachten eines Tieres wird die Gebetsformel "Im Namen Allahs" gesprochen, um es erlaubt zu machen. (Juusuf 'Allii)

Nur bei schwerwiegenden Verbrechen ist es erlaubt, einen Menschen zu töten; abgesehen davon darf keinem Menschen das Leben genommen werden, sei er ein Muslim, ein Schutzbürger oder ein Kaafir. (Mauduudi)

Götzendienst, außerehelicher Geschlechtsverkehr und Mord werden im Qur’an oft nacheinander als verboten erwähnt, und zwar deswegen, weil alle diese Vergehen in Wirklichkeit eine Art des Tötens sind. Beim ersten Vergehen handelt es sich um das Töten der menschlichen Naturanlage, denn eine Naturanlage, die nicht im Bewusstsein der Einzigkeit Allahs lebt, ist tot, vergleiche auch Aja 122 dieser Suura. Das zweite Vergehen bedeutet Töten der Gemeinschaft, denn eine Gesell­schaft, die von Unmoral durchsetzt ist, ist vom Ruin bedroht. Das dritte Vergehen schließlich ist das Töten der "Seele" allgemein, und dies ist ein Übergriff auf das Lebensrecht selbst. (Qutb)

428. "Dass ihr euere Vernunft anwendet" -und nicht von Gewalt Gebrauch macht, sobald es um eure persönlichen Interessen geht. Der Ausdruck "außer in Gerechtigkeit" oder "es sei denn (zur Wiederherstellung des) Rechts" bezieht sich auf die Ausführung einer berechtigten Strafe, das Töten in einem gerechten -das heißt defensiven -Krieg oder in individuel­ler Selbstverteidigung. (Asad)

 

152. Und kommt nicht dem Besitz der Waise nahe,429 außer ihr tut Gutes damit,429 bis sie ihre Reife erlangt hat,431 und gebt Maß und Gewicht vollständig und gerecht.432 Wir bürden keiner Seele mehr auf, als sie zu tragen vermag.433 Und wenn ihr eine Meinung äußert, tut es auf gerechte Weise,434 selbst wenn es sich um einen Verwandten handelt. Und erfüllt eure Verpflichtung Allah gegen­über.435 Dies ist es, was Er euch gebie­tet, auf dass ihr euch erinnern möget".436

429. Das heißt manipuliere nicht. (Darjabaadi)

430. "Die beste Weise" Wird die sein, die auf Selbstlosigkeit, guter Absicht und dem Wohl der betreffenden Waise begründet ist, und die weder in den Augen Allahs noch denen der Menschen verwerflich ist. (Mauduudi)

Die Waisen sind die Schwachen in der Gesellschaft, denn sie haben den Vater, den Beschützer und den Erzieher verloren. Der Islam übertrug diese Aufgabe der islamischen Gemeinschaft als eine Grundlage ihrer gesellschaftlichen Struktur. In der islamischen Gesellschaft hatten sie eine elende Position. Die vielen manchmal heftigen Anweisungen im Qur’an weisen auf diesen Missstand hin und verbieten das Antasten ihres Vermögens, es sei denn auf eine Weise, die ihnen nützlich ist, bis sie im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Kräfte sind. Wenn die Gemeinschaft den Waisen ihr volles Recht zukommen lässt, gewinnt sie damit ein forderndes Mitglied. (Qutb)

431. Wenn sie volljährig werden. (Darjabaadi)

"AscHuud" أَشُدَّه (Volljährigkeit, Mündigkeit) wird im Sprachgebrauch bezeichnet als das Alter, in dem man die körperliche und geistige Vollkraft erreicht. Die islamische Gesetzgebung macht das Aushändigen des Vermögens der Waisen vom Errei­chen der geschlechtlichen wie auch der geistigen Reife abhängig. Sie müssen durch wiederholte Erprobung einen gesunden Verstand im Umgang mit finanziellen Dingen zeigen. (Al-Manar)

Nach Erreichen der Volljährigkeit kann der ehemalige Vormund das Vermögen seines Mündels legal "anrühren", indem er beispielsweise davon etwas ausleiht oder es auf andere Weise mit Zustimmung des Eigentümers einsetzt. (Asad)

432. Dies bezieht sich auf die geschäftlichen Beziehungen zwischen den Menschen im Rahmen ihres Strebens nach Gerechtig­keit. Wer dieses anordnet und befiehlt, ist Allah selbst, und damit hängt es mit der Frage der Göttlichkeit und Verehrung zusammen. Die vorislamische Epoche unterschied zwischen Religion und göttlicher Verehrung einerseits und Gesetz und geschäftlichen Beziehungen andererseits -so wie es auch heute der Fall ist. Das wird im Qur’an (Suura 11:87) anband des Volkes von Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verdeutlicht, das verwundert darüber ist, dass die Religion sich in ihre Geldangele­genheiten einmischt. (Qutb)

Dies bezieht sich metonymisch nicht nur auf geschäftliche Handlungen zwischen Menschen, sondern auf alle Handlungen. (Asad)

Ein Muslim soll in allen seinen Taten Gerechtigkeit walten lassen und nicht das Gleichgewicht stören. (Siddiqi)

433. Diese Gebote sind nicht zu schwer zu befolgen, und keine vom Islam auferlegte Pflicht ist zu hart. (Darjabaadi)

Allah erwartet nicht, dass der Mensch mit mathematischer Exaktheit Gerechtigkeit übt, denn dies ist angesichts der vielen nicht erfassbaren Faktoren im menschlichen Zusammenleben kaum möglich. Er erwartet jedoch, dass der Mensch sein Bestes tut, diesem Ideal näher zukommen. (Asad)

434. Wenn ihr ein Urteil sprechen oder ein Zeugnis ablegen müsst. (Darjabaadi)

Nach Ansicht von Rasi bezieht sich der Satz "wenn ihr eine Meinung äußert" (wörtlich: "wenn ihr sprecht") auf Meinun­gen in jeder Hinsicht, ob sie jemanden persönlich betreffen oder nicht. Die darauf folgende Bezugnahme auf die nächsten Verwandten jedoch betont die Möglichkeit, dass sich dieses Gebot besonders auf Zeugenaussagen in Streitereien bezieht. (Asad)

Hier spricht der Islam das Gewissen des Menschen an und fordert es auf, an Allah den Imaan zu verinnerlichen und Ihn zu fürchten, denn hier liegt eine Gefahr für die menschliche Schwäche, die das Individuum die verwandtschaftliche Beziehung als eine Stütze für seine Schwäche empfinden lässt. Es sieht in ihr eine Vervollkommnung seines Daseins und eine Fortsetzung seines Geschlechts. Dies alles lässt ihn schwach werden angesichts der Zeugenaussagen für oder gegen seine Verwandten oder in der Urteilsfällung zwischen ihnen und anderen. Der Islam trägt diesem Rechnung und hilft dem menschlichen Gewis­sen, die Wahrheit zu sagen und Gerechtigkeit walten zu lassen dadurch, dass er sich allein an Allah festhält und Ihn allein fürchtet. Allahs Zufriedenheit zu erlangen sollte ihm mehr bedeuten als die Stütze seiner Verwandten. (Qutb)

435. Diese Zeile ist für ihre Kürze und Prägnanz zu Recht bewundert worden. Das arabische Wort "’Uqud" (Verpflichtungen) allein umfasst so vieles, dass man darüber ein ganzes Kapitel Kommentar schreiben könnte. Da gibt es zunächst die Ver­pflichtungen Allah gegenüber, die sich aus unserer geistigen Natur und unserer Verbindung mit Ihm ergeben. Er hat uns geschaffen und uns die Fähigkeiten des Wissens und der Voraussicht geschenkt; neben der Intuition und Vernunft, die Er uns gegeben hat, machte Er uns die Natur dienstbar, und durch Seine Zeichen in der Natur lehrte Er uns so vieles über unser inneres Leben; darüber hinaus sandte Er Propheten und Lehrer, um uns in unserem individuellen, sozialen und öffentlichen Leben zu führen und zu leiten. Alle diese Gaben schaffen entsprechende Verpflichtungen, die wir erfüllen sollen. Aber auch in unserem menschlichen und materiellen Leben gehen wir gegenseitige Verpflichtungen ein, sowohl ausdrückliche als auch implizierte. Wir machen Versprechungen; wir gehen wirtschaftliche oder soziale Verträge ein; wir schließen einen Ehevertrag: in allen diesen Beziehungen müssen wir alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen treu er­füllen. Unsere Gesellschaft oder unser Staat geht einen Vertrag ein: jedes Individuum in dieser Gesellschaft oder diesem Staat muss nach allen Kräften dazu beitragen, dass solche Verpflichtungen genauestens erfüllt werden. Es gibt ein schwei­gendes Übereinkommen: da wir in einer Rechtsgesellschaft leben, müssen wir solches Übereinkommen respektieren, solange es nicht moralisch verwerflich ist. In diesem Fall müssen wir uns von dieser Gesellschaft trennen. Ein schweigendes Übereinkommen ist mit der Person von Gastgeber und Gast, Reisenden oder Gefährten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer und so weiter verbunden, das jeder Mu’min gewissenhaft erfüllen muss. Wer jemanden im Stich lässt, der ihn braucht, und weggeht, um in der Wüste zu beten, ist ein Feigling, der seine Pflichten vernachlässigt. Alle diese Pflichten sind unter­einander verbunden. Wahrhaftigkeit und Treue sind in allen Beziehungen des Lebens ein Teil der Religion. (Juusuf ’Alliii)

Die erste Verpflichtung ist die, an Allah den Imaan zu verinnerlichen, und Seine wahre Natur genauestens zu kennen und zu wissen, welche Aufgaben und Pflichten dem Geschöpf obliegen. Aus dieser Verpflichtung dem Schöpfer gegenüber ergeben sich alle anderen Verpflichtungen und Lebensordnungen. Es ist notwendig, dass das Leben durch bestimmte Regeln geordnet wird. Das Leben des Menschen mit sich selbst und das Leben mit anderen Menschen, Lebewesen und Dingen im allgemei­nen. Menschen, die einem nahe stehen oder entfernter sind, aus der Familie, dem Stamm, aus der Gemeinschaft und dem Staat, mit Freunden und Feinden und den Lebewesen, die Allah dem Menschen dienstbar gemacht hat oder auch nicht, und den Dingen, die einen in diesem weiten Universum umgeben. Und schließlich umfassen die Verpflichtungen die Be­ziehung des Menschen zu seinem Herrn und Erhalter. Der Islam setzt alle diese Lebensregeln für den Menschen fest und verbindet sie alle mit Allah selbst. Allah nennt diese Regeln 'Verpflichtungen', 'Verträge', und befiehlt den Mu`mins, sie zu erfüllen, wie im folgenden näher erläutert werden soll. Vergleiche auch Suura 2:38, wo Allah allen, die Seiner Recht­leitung folgen, verspricht, dass sie sich weder zu fürchten noch traurig zu sein brauchen, und Suura 7:172-173, wo der Urvertrag Allahs mit den Menschen erwähnt wird. (Qutb)

Das "Bündnis Allahs" ist

1. ein Bund, den der Mensch mit Allahs eingeht;

2. jeder Vertrag, den ein Mensch mit einem anderen in Allahs Namen abschließt, und

3. der natürliche Bund, der in Kraft tritt, sobald der Mensch in die menschliche Gesellschaft auf Gottes Erde hineingeboren wird.

Die beiden ersteren sind bewusst und beabsichtigt, während es sich bei dem dritten um eine moralische Verpflichtung handelt. Die Grundlage dafür ist die, dass Allah dem Menschen das Leben gegeben, ihn mit besonderen physischen und geistigen Fähigkeiten ausgestattet und ihm die Erde als Wohnstatt und Lebensunterhalt zur Verfügung gestellt hat. Dies alles impliziert ein Recht Allahs ihm gegenüber. Es impliziert weiterhin ein Recht der Mutter, die ihn geboren hat und ernährt, und des Vaters, der ihn aufzieht. All dieses verpflichtet den Menschen in verschiedenem Maße. (Mauduudi)

Zum Bund Allahs gehört eine wahre und gerechte Äußerung, auch wenn sie sich gegen die eigene Verwandtschaft richtet, aber auch Ehrlichkeit im Handel, Schutz des Vermögens von Waisen, Schutz des Menschenlebens und vor allem anderen, Allah keinen Partner zur Seite zu stellen. Dies ist die größte Verpflichtung, die der menschlichen Natur auferlegt ist, weil sie durch ihre Erschaffung stets an Allahs wunderbare Schöpfung erinnert wird, sowie durch die ganze Schöpfung um sich her. (Qutb)

436. "Sikr“ (Gedanken, Erinnern) ist das Gegenmittel zu Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit. Das Herz, das sich erinnert, ist nicht achtlos, wenn es an das Bündnis mit Allah denkt und an seine Verantwortlichkeit, die damit verbunden ist. (Qutb)

 

153. Und dies Ist wahrlich Mein gerader Weg,437 so folgt ihm und folgt nicht (anderen) Pfaden, die euch von Seinem Pfad abirren Iassen.438 Dies ist es, was Er euch gebietet, damit ihr mutaqi werden möget.439

437. Allahs Weg, den Sein Gesandter öffentlich verkündet. (Darjabaadi)

Allahs Weg und Weisung ist der Qur’an. (Al-Manar)

438. Wörtlich: verstreuen. (Asad)

Allahs Weg, der von Ihm festgelegt ist, ist sichtbar gerade. Wer ihn einschlägt, kann nie abirren, und wer ihn verlässt, kann niemals rechtgeleitet werden. Deshalb befolgt diesen Weg und nicht die vielen anderen Wege, die davon abweichen. Denn der Weg der Wahrheit ist nur ein einziger, während die falschen Wege zahlreich sind.(Al-Manar)

Das oben erwähnte Bündnis verlangt, dass der Mensch dem Weg folgt, den Allah ihm zeigt, denn jede Abweichung davon auf den Wegen der Auflehnung und der Verehrung anderer Gottheiten wäre der erste Bruch dieses Bundes und führt zu einer Verletzung nach der anderen. Abgesehen davon kann kein Mensch die Pflichten dieses Bundes erfüllen, wenn er nicht die Führung Allahs annimmt und ihr in jedem Aspekt seines Lebens folgt. (Mauduudi)

439. Beachte wiederum den dreifachen Refrain mit seinen Variationen in den letzten drei Ajas. In Aja 151 finden wir das moralische Gesetz, dem wir zu unserem eigenen Guten folgen sollen: "Dies ist es, was Er für euch anordnet, damit ihr begreifen möget."1n Aja 152 geht es um richtiges und gerechtes Handeln anderen gegenüber. Wir neigen doch normaler­weise dazu zu viel an uns selbst zu denken und andere zu vergessen: "Dies ist es, was Er für euch anordnet, damit ihr euch erinnern möget."1n Aja 153 wird unsere Aufmerksamkeit auf den rechten Weg gelenkt, Allahs Weg, den einzigen Weg, der zur Rechtschaffenheit führt: "Dies ist es, was Er für euch anordnet, damit ihr mutaqi  werden möget." (Juusuf ’Allii)

 

154. Dann440 gaben Wir Musa das Buch,441 um Unsere Gnade an denen zu vollenden, die Gutes tun und mit einer ausführlichen Darlegung alle Dinge und als Rechtleitung und Barmherzigkeit,442 auf dass sie an die Begegnung mit ihrem Herrn den Imaan verinnerlichen werden.443

440. Das Wort "surnma" ("dann") leitet das Thema des Prophetentums ein, nachdem die Lehre von Allahs Einheit behandelt worden ist. Den vorislamischen Arabern war Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als Prophet bekannt (Darjabaadi)

Die Betonung auf dem Gebrauch von ’surnma’ scheint hier auf Aja 91 dieser Suura zurückzuverweisen. (Asad)

Diese zehn Gebote wurden Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegeben und später Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. Dies zeigt, dass die Grundlagen der Religion, so wie sie von allen Propheten verkündet wurden, dieselben sind. (Siddiqi)

441. Die Offenbarung, die Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, empfing, befasste sich mit den Einzelheiten des menschlichen Lebens und diente damit als Richtschnur für die Juden und später für die Christen. Die von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, übermittelte Botschaft befasste sich nur mit den allge­meinen Grundsätzen und nicht mit Einzelheiten. Die im Qur’an enthaltene Botschaft des Islam ist die nächste vollständige Richtschnur nach dem Gesetz Musa. Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Juusuf 'Allii)

442. Einschließlich aller Gebote und Verbote. Das heißt, als Mittel zur Erlangung von Rechtleitung und Barmherzigkeit Allahs. (A- Manar)

Das Ziel der Offenbarung Allahs ist es, den Menschen sichere Rechtleitung zu geben, die sie würdig für Allahs Barmher­zigkeit macht. Die Schrift wird als in dem Sinne Barmher­zigkeit bezeichnet, dass sie ein Ausdruck göttlicher Barmher­zigkeit gegenüber dem Menschen ist und die begrenzten Möglichkeiten seiner Vernunft erweitert. (Siddiqi)

443. Die Begegnung mit seinem Herrn bedeutet, dass der Mensch vor Allahs Rechenschaft ablegen muss, deswegen sollte er ein verantwortungsbewusstes Leben führen. (Mauduudi)

 

Abschnitt 20

155. Und dies ist ein Buch, das Wir als Segen herabgesandt haben.444 So befolgt es und seit mutaqi, damit euch Barmherzigkeit zuteil werden möge.

444. Hier handelt es sich um den Qur’an, der in sich die Summe und Substanz aller Botschaften Allahs enthält, die der Menschheit vor dem letzten Gesandten übermittelt worden waren, und schließlich die durch ihn übermittelte Botschaft. Maulana Islach-hi hat darauf hingewiesen, dass der Begriff Mubarak im Qur’an oft in Verbindung mit Regen benutzt wird. Der Gedanke hinter diesem Wort in diesem Zusammenhang ist also, dass, so wie der Regen die tote Erde zum Leben erweckt, durch den Qur’an eine moralische und geistige Wiederbelebung hervorgerufen wird, so dass auch die Menschen, die geistig und moralisch tot sind, wieder zum Leben erweckt werden. (Siddiqi)

Vergleiche auch Suura 6:92. Dort wird das "gesegnete Buch" in Verbindung mit dem Islam allgemein benutzt, während es hier im Zusammenhang mit dem Gesetz Allahs steht. Wir werden aufgefordert, ihm zu folgen, um durch diesen Gehorsam Allahs Barmherzigkeit zu erlangen. (Qutb)

 

156. (Und) damit ihr (nicht) sagt: "Wahrlich, das Buch445 wurde nur zu zwei Völkern vor uns446 herabgesandt, und wir besa­ßen keine Kenntnis447 von ihrer Aus­legung."

445. Nämlich Thora und Evangelium. (Siddiqi)

446. Den Juden und Christen. (Darjabaadi)

447. Wörtlich: Wir waren achtlos. (Anm. d. Übers.)

Wir konnten sie nicht studieren, weil wir ihre Sprachen nicht kannten, und die meisten von uns waren Analphabeten. (Al-Manar)

 

157. Oder damit Ihr (nicht) sagt: "Wenn das Buch doch nur zu uns herabgesandt worden währe, dann hätten wir uns da­von besser rechtleiten lassen als je­ne."448 Doch jetzt ist wahrhaftig ein klarer Beweis zu euch gekommen von eurem Herrn und Rechtleitung und Gnade.449 Und niemand ist ungerechter als der, der die Zeichen Allahs leugnet und sich davon abwendet. Doch wir werden denen, die sich von Unseren Zei­chen abgewendet haben, mit übler Stra­fe vergelten, dass sie sich abzuwenden pftegten.450

448. Wir sind ihnen nämlich an Klugheit und Intelligenz überlegen. (Darjabaadi)

Obwohl sich dieser Abschnitt in erster Linie auf die arabischen Zeitgenossen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bezieht. ist seine Botschaft nicht auf diese beschränkt. sondern bezieht sich auf alle Völker zu allen Zeiten. die sich weigern. an eine Offenbarung den Imaan zu verinnerlichen, solange sie nicht selbst die Empfänger sind. (Asad)

449. Der Qur’an und Leben und Lehre des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Juusuf 'Allii)

Nun ist dieses Buch zu ihnen gekommen und ein Gesandter aus ihren Reihen. Er brachte ihnen ein Buch. das in sich den klareren Beweis seiner Richtigkeit beinhaltet. denn seine Aussagen sind weder unklar noch schwer verständlich. (Qutb)

450. Jetzt. wo der Qur’an existiert. (Darjabaadi)

Mit Aja sind hier die Zeichen der Offenbarung Allahs gemeint. die im Qur’an enthalten sind. der edle Charakter des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und das reine Leben der Mu`mins sowie die wunderbaren Naturphänomene. die der Qur’an als Beleg für die Wahrheit seiner Botschaft anführt. (Mauduudi)

Das Verb "sadafa" صَدَفَ mit der Präposition „an“ vermittelt sowohl die transitive als auch die intransitive Bedeutung: sich abwenden und andere abwendig machen. (Siddiqi)

 

158. Erwarten sie etwa, dass die Engel zu ihnen kommen451 oder dass dein Herr kommt, oder dass gewisse Zeichen deines Herrn kommen?452 Am Tage, an dem gewisse Zeichen deines Herrn kommen, wird keiner Seele ihr Imaan etwas nüt­zen, wenn sie nicht vordem mu’min war453 oder durch ihren Imaan Gutes erwarb.454 Sprich: "Wartet nur, wahrlich, auch wir warten."455

451. Die Engel des Todes oder die Engel der Vergeltung. (Al-Manar)

Engel kommen nur zu ihnen, um ihre Seele vom Körper zu trennen. (Darjabaadi)

452. Zeichen, die den Jüngsten Tag ankündigen. (Asad)

Irgendein Zeichen, das die Realität auf solche Weise offenbart, dass keine Möglichkeit zum Zweifeln übrig bleibt, und nach dem keine Möglichkeit zur Prüfung mehr besteht. (Mauduudi)

Vergleiche auch Suura 2:210. (Siddiqi)

Das Kommen des Herrn bedeutet das, was Er Seinen Gesandten an Beistand und Sieg versprochen hat, aber auch die diesseitige Bestrafung für seine Feinde. Es könnte auch das Erscheinen Allahs am Jüngsten Tage gemeint sein. (Al-Manar)

453. Wenn der Schleier der unsichtbaren Welt fällt, verliert der Imaan seine Bedeutung, denn nur Imaan an die unsichtbare Wirklichkeit hat einen Sinn. (Siddiqi)

Imaan hat keinen Sinn, sobald man gezwungen ist, Dinge zu akzeptieren, die vor den eigenen Augen geschehen. Imaan bezieht sich auf Dinge, die man nicht sieht, sondern nur mit dem geistigen Sinn versteht: wenn dein ganzer Wille diesem zustimmt, resultiert dies in rechtschaffenen Handlungen, die von deinem Imaan Zeugnis ablegen. (Juusuf 'Allii)

454. Wörtlich: "oder die (nichts) Gutes in ihrem Imaan erwarb." Imaan ohne gute Werke ist hier gleichbedeutend mit feh­lendem Imaan. (Asad)

455. Das Abwarten geschieht in beiden Fällen in einem anderen Sinne: der Mensch ohne Imaan wartet auf Dinge, die nie geschehen werden und ist überrascht über die wahren Dinge, die geschehen. Der Mu`mins wartet auf die Früchte der Rechtschaffenheit, auf die er seine unerschütterliche Hoffnung setzt. In einem höheren Stadium seiner geistigen Entwicklung haben selbst die Früchte keine persönliche Bedeutung mehr für ihn, denn Allah bedeutet ihm alles. Siebe auch Aja 162 dieser Suura. (Juusuf 'Allii)

 

159. Was diejenigen angeht, die ihren Diin spalten lassen und zu Sekten werden,456 so gehörst du in keiner Weise zu ihnen.457 Wahrlich, die Entscheidung über sie liegt bei Allah. Dann wird Er euch Kunde geben davon, was ihr zu tun pflegtet.

456. Sie spalten ihren Diin, das heißt

1. sie machen einen Unterschied zwischen einem Teil davon und einem anderen, über­nehmen den Teil davon, der ihnen passt, und verwerfen alles übrige;

2. sie haben den Diin an einem Tag der Woche und  diese Welt an den übrigen sechs Tagen; oder

3. sie halten "den Diin an ihrem angemessenen Platz", als wenn der Diin nicht das ganze Leben fordern würde, machen eine scharfe Trennung zwischen Säkularem und Religiösem; oder

4. zeigen eine sektiererische Haltung, indem sie die Verschiedenheiten der Ansichten unterstreichen, um die Einheit des Islam zu brechen. (Juusuf 'Allii)

Einige frühere Ausleger sind der Meinung, dass das Volk der Schrift mit diesem Aja gemeint ist, weil es den Diin Ibrahims, Muusas und 'Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, zu verschiedenen Diins und diese zu miteinander verfeindeten Sekten, gemacht haben. Andere nennen die Ketzer und islamischen Gruppierungen, die die Einheit des Islam zerrissen haben. Beide Meinungen sind richtig. (Al-Manar)

457. Hier wird der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von denen freigesprochen, die ihren Diin in Sekten und Gruppierungen gespalten haben, wie zuvor das Volk der Schrift. (Al-Manar)

Obwohl hiermit in erster Linie der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angesprochen ist, richtet sich dies an alle Anhänger des wahren Diin, nämlich des Diins des Islam. Es bedeutet, dass die Rechtschaffenen nicht die Methoden derer nachahmen sollten, die sich in Sekten spalteten, indem sie Spaltungen in des wahren Diin hervorgerufen haben. Dies ist immer geschehen und geschieht auch heute. Die Grund­lagen des wahren Diins sind folgende:

1. Allah allein ist der Gott und Herr des gesamten Universums;

2. Niemand darf Ihm in Eigenschaften oder bezüglich Macht und Recht gleichgesetzt oder beigesellt werden;

3. es wird ein jenseitiges Leben geben, wo jeder Mensch über sein Verhalten in dieser Welt Rechenschaft ablegen muss.

Sie lehrt, dass die Menschen ihr Leben nach den Grundlagen ausrichten sollen, die Allah durch Seine Gesandten und Schriften verkündet hat. Dieser Diin wurde der Menschheit vom aller ersten Augenblick an mitgegeben. Die verschiedenen Sekten und Diins sowie Religionen, die später entstanden sind, waren das Ergebnis von Veränderungen, die an den wahren Diin vorgenommen wurden, sei es, um ihre "Originalität" zu zeigen, sei es als Kompromiss mit den menschlichen Neigungen oder aus übertriebener Verehrung. Sie manipulierten ihren Islam durch Einmischung ihrer Spekulationen und Philosophien. Änderungen ent­standen auch dadurch, dass Neuerungen und selbsterlassene Gesetze mit dem Gesetz Allahs vermischt wurden, durch Korruption, Haarspaltereien und Übertreibungen in den Details. Es ist wesentlich für einen Mu`min, unberührt von all diesem seinen Weg weiterzugehen. (Mauduudi)

Hier liegt der Scheitelpunkt zwischen dem Propheten, seinen Diin, seinem Gesetz und seiner Lehre einerseits und den übrigen Religionen und Diins andererseits. Dieses könnten die Götzendiener sein, die sich durch ihren Aber­glauben, ihre Sitten und Gebräuche zu Sekten, Gruppen, Stämmen und Sippen gespalten haben, oder die Juden und Chri­sten, die sich durch Meinungsverschiedenheiten zu Konfessionen und Religionsrichtungen verzweigt haben, oder auch andere, die einmal da waren oder kommen werden, Schulen, Theorien, Vorstellungen und Bekenntnisse. Mit ihnen hat der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nichts zu tun, denn seine Religion ist der Islam und sein Gesetz ist im Qur’an festgelegt und beide sind mit anderen Vorstel­lungen nicht zu vereinen. Der Prophet Muchammed -Friede sei mit ihm -hatte sich von all diesen fernzuhalten. Seine Religion ist der Islam, und sein Gesetz ist das, was Allahs Offenbarung enthält. (Qutb)

Vergleiche auch Suura 8:105. Der Aja ist abgesehen von seinen Grundbedeutungen logisch mit Aja 153 dieser Suura verbunden und bezieht sich insofern auch auf die Muslime: mit anderen Worten, er verurteilt jedes Sektierer­tum, das aus der intoleranten, einander ausschließenden Ansicht entsteht, sie seien die jeweils "einzigen wahren Vertre­ter" der Lehre des Qur’ans. Deswegen antwortet Abu Huraira, als er nach der Bedeutung dieses Ajas gefragt wurde: "Er wurde mit Bezug auf diese (unsere) Gemeinschaft offenbart." (Asad)

 

160. Wer mit Gutem (zu Ihm) kommt, wird zehnfach dafür belohnt,458 und wer mit Üblem kommt, dem soll nur mit gleichem vergolten werden,459 und es soll ihnen kein Unrecht widerfahren.

458. Allah ist sowohl gerecht als auch freigebig. Für die Guten wird der Lohn verzehnfacht (das heißt, weit über das verdiente Maß hinaus gesteigert), denn Er ist großzügig. Für die Bösen ist die Strafe nur entsprechend ihrer Vergehen, und die Tür der Barmherzigkeit bleibt immer denen offen, die bereuen und dies durch ihr Verhalten zeigen. (Juusuf 'Allii)

459. Auch die Vergeltung des Bösen ist eine Eigenschaft von Allahs Barmherzigkeit. (Siddiqi)

Vergleiche in diesem Zusammenhang, dass Allah "sich selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben hat", in Aja 12 dieser Suura.(Asad)

 

161. Sprich: "Wahrlich, mein Herr hat mich auf den geraden Weg geleitet, zum rech­ten Diin, dem Bekenntnis Ibrahims, der mu’min war und nicht den Götzenanbetern angehörte."460

460. "Bekenntnis Ibraahiims" ist eine weitere Bezeichnung für den "immer wahrer Diin". Sie wurde der Bezeichnung "Bekenntnis Muusas" oder "Bekenntnis Isas" vorgezogen, weil deren Anhänger dieses Bekenntnis in "Judentum" und "Christentum" umgewandelt hatten. Außerdem wird sowohl von den Juden als auch von den Christen Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als wahrer Prophet anerkannt. Sie wissen, dass er lange vor der Entstehung von Judentum und Christentum starb. Nicht einmal die arabischen Götzendiener konnten dieses Bekenntnis ablehnen, denn sie wussten, dass Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein rechtschaffener Mensch war -trotz ihrer Unwissenheit mussten sie zugeben, dass der Erbauer der Ka'ba ein Diener Allahs und kein Götzendiener war. (Mauduudi)

 

162. Sprich: "Wahrlich, mein Gebet und mein Opfer461 und mein Leben und mein Tod462 sind für Allah, den Herrn der Welten,

461. Allahs befiehlt dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, denen, die außer Ihm andere Götter anbeten und beim Schlachtopfer andere Namen außer Seinem aussprechen, zu erklären, dass er damit nichts zu tun hat. Sein Gebet ist für Ihn und seine Opfer geschieht allein in Seinem Namen. (ibn Kasir)

Das arabische Wort Nusuk kann Opfer bedeuten, aber auch andere Formen von Gebet und Gottesdienst. (Mauduudi)

462.In dieser Formulierung wird das gesamte, uns von Anfang an vertraute Thema dieser Suura zusammengefasst. (Qutb)

Alle diese Worte haben eine sinnvolle Bedeutung untereinander. Gebet gehört zum Leben. Ein religiöses Leben ohne Gebet ist nicht vorstellbar, denn das Gebet ist der Ausdruck des geistigen Lebens des Menschen. Ein Mensch, der das Gebet vernachlässigt, ist geistig und moralisch tot. Der Tod wird parallel zu Opfer erwähnt. (Siddiqi)

 

163. Er bat keinen Teilhaber. Dies ist mir ge­boten worden und ich bin der erste, der sich (in Allahs Willen) ergibt."463

463. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist der erste Vertreter eines neuen, unabhängigen religiösen Typus. (Darjabaadi)

So wie Allahs keinen Partner an seiner Seite hat, so hat der Muslim nur ein einziges Ziel vor sich -eine Richtung, in der er sich bewegt, einen Lebensplan von Allah, nach dem er sich richtet, der mit einem himmlischen Licht erleuchtet ist. Er gibt ein Bild voller Hingabe an Allah und Unterordnung unter Seinen Willen. (Siddiqi)

Dies ist eine absolute Lobpreisung der Einzigkeit Allahs und die vollkommene Hingabe an Ihn. Sie vereinigt das Gebet, die religiösen Riten, das Leben und sogar den Tod in Treue und Lauterkeit und weiht sie einzig und allein Allah, dem Herrn aller Welten -dies alles in einem "Islam", der weder in der Seele noch im Leben einen Rest von Ungehorsam Allah gegenüber zurücklässt. (Qutb)

 

164. Sprich: "Sollte ich etwa außer Allah ei­nen anderen Herrn suchen, wo Er doch der Herr alles (Vorhandenen) ist?464 Und was sich jede Seele erworben hat, wird (dereinst) niemandem außer ihr selbst zuten,465 und keine Lasttragende wird (dann) die Last einer anderen tragen.466 Schließlich wird zu eurem Herrn eure Rückkehr sein und Er wird euch Kunde darüber geben, worin ihr stets uneinig ward.467

464. Dies ist missbilligendes Erstaunen: Soll ich einen anderen Herren außer Allah suchen, der über mich gebietet und mich leitet, wo mir doch für mein Tun, meine Folgsamkeit und meinen Ungehorsam vergolten wird?

Soll ich etwa einen anderen Herrn suchen, wo doch dieses Dasein in Seiner Hand liegt und wir Seine Geschöpfe sind? Soll ich etwa einen anderen Herrn suchen, wo jeder für seine Sünden, die ihm keiner abnehmen kann, bestraft wird? Soll ich etwa einen anderen Herrn suchen, wo doch zu Allah alle zurückkehren werden, und Er mit ihnen abrechnet, worüber sie so uneinig waren?

Soll ich etwa einen anderen Herrn suchen, wo Er die Menschen zu Stadthaltern auf Erden gemacht hat und sie im Rang übereinander erhöht hat an Intelligenz, an körperlichen Fähigkeiten und im Besitz, um sie darin zu prüfen, ob sie dankbar oder undankbar sind?

Soll ich einen anderen Herrn suchen außer Allah, wo Er doch schnell in der Bestrafung ist, aber auch vergebend und barmherzig gegenüber den Bereuenden?

Soll ich einen anderen Herrn suchen außer Allah, so dass ich ihn zu meinem Gesetzgeber mache, wobei alle Zeichen und Beweise zu sehen und zu fühlen sind und allein auf den einzigen Gott und Herrn hindeuten? (Qutb)

Wenn in Wirklichkeit Allah der Herr aller Dinge im Universum ist, wie kann dann ein anderer mein Herr sein? Wenn ich sehe, dass sich das gesamte Universum Seinem Gesetz fügt und auch ich in meinem physischen Leben diesem Gesetz unterworfen bin, wie kann es dann vernünftig sein, mir für den Teil meines Lebens, für den ich Wahlfreiheit besitze, einen anderen Herrn zu suchen? (Mauduudi)

Hier wird die Beziehung des Menschen zu Allah, die in den vorigen Ajas erwähnt wird, näher erläutert. Wenn der Gehorsam gegenüber Allahs Gebot jedem Geschöpf innewohnt, wie unsinnig ist es dann, jemand anderes in der Sphäre des mensch­lichen Lebens zum Herrn annehmen zu wollen, in der Gott ihm Handlungsfreiheit eingeräumt hat, seine Überlegenheit über die übrige Schöpfung in seiner freiwilligen Hingabe an Allah zu zeigen. (Siddiqi)

465. Hier taucht wieder die Lehre von der persönlichen Verantwortlichkeit auf. Wir sind selbst für alle unsere Handlungen voll verantwortlich und können nicht die Konsequenzen auf einen anderen übertragen. Auch kann niemand stellvertretend unsere Vergehen sühnen. Wenn Menschen bezüglich wichtiger religiöser Fragen aufrichtige Zweifel oder Meinungsver­schiedenheiten haben, sollten sie keine sinnlosen Diskussionen anfangen. Alles wird sich am Ende klären. Unsere Pflicht hier ist es, Einigkeit und Disziplin zu wahren und die Pflichten zu erfüllen, die auf uns zukommen. (Juusuf 'Allii)

466. Diese Aussage, die auch in Suura 17:15, 35:18, 39:7 und 53:38 zu finden ist, weist kategorisch die christlichen Lehren von der "Erbsünde" und der "stellvertretenden Sühne" zurück. Bezüglich der weiteren ethischen Implikation dieser Aus­sage vergleiche Suura 53:38, wo sie als erste in der chronologischen Reihenfolge der Offenbarungen vorkommt. (Asad)

Der Aja steht hier im Zusammenhang mit einer Kompromissforderung der Kaafir Araber, die verlangten, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger die Lehre von der Einheit Allahs flexibel behandeln und ihre Gottheiten zusammen mit Allah anerkennen sollten. Dafür machten sie das Angebot, jede dadurch für den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und die Seinen entstehende Sünden­last auf sich zu nehmen. (Siddiqi)

467. Vergleiche Suura 2:113. (Asad)

 

165. Und er ist es, Der euch zu Statthaltern auf Erden gemacht hat468 und die einen von euch über die anderen im Rang erhöht hat, um euch durch das zu prüfen, was Er euch gegeben hat.469 Tatsächlich, dein Herr ist schnell im Strafen und Er ist tatsächlich verzeihend, barmherzig.470

468. "Haliifa" خَلاَئِفَ bedeutet Statthalter. Eine andere Bedeutung ist "Nachfolger", "Erbe", das heißt jemand, der nach den gegenwärtigen Eigentümern den Besitz übernimmt. (Juusuf 'Allii)

Haliifa bedeutet entweder Nachfolger Adems, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als Statthalter auf Erden, wie im Suura 2:30 erwähnt wird, oder dass ein Volk die Nachfolge von dem vorherigen übernimmt, wie es Allahs Gesetz vorschreibt. Die Ansprache hier ist an die Muslime gerichtet, die Allah zu Nachfolgern der vorherigen Völker gemacht hat. (Al-Manar)

In dieser Formulierung liegt sowohl eine Ermahnung als auch eine Warnung für die Muslime. Ihnen wird mitgeteilt, dass die Macht und die Verantwortung, die Angelegenheiten der Menschen zu regeln, ihnen auferlegt wird, so dass Allah sieht, wie weit sie ihren verschiedenen Fähigkeiten entsprechend sich anstrengen, das Reich Allahs auf der Erde aufzubauen und den Plan Allahs zu erfüllen. (Siddiqi)

469. Rangunterschiede im Leben bedeuten nichts für die Stellung, die die einzelnen Menschen vor Allah haben. Sie sind nur eine Prüfung für Seine Diener, anband derer Er Ihren Lohn im jenseitigen Leben bestimmt. (Siddiqi)

Das heißt bezüglich Kraft, Wissen gesellschaftlicher Stellung, Eigentum und so weiter. (Asad)

470. Allah ist zwar schnell in der Bestrafung derer, die Ihm leugnen und Seine Gesetze nicht befolgen, aber zugleich verzeihend gegenüber denen, die bereuen und barmherzig gegenüber Mu`mins und Wohltätern. (Al-Manar)

 

Einführung zu Suura 7

Diese Suura ist sowohl in chronologischer Hinsicht als auch im Argument mit der vorhergehenden eng verknüpft. Sie erläutert jedoch die Lehre von der Offenbarung und die geistige Geschichte des Menschen mittels Illustrationen, die bei Adem beginnen und sich durch die Geschichte verschiedener Propheten sowie in Einzelheiten aus Musa Lebensgeschichte fortsetzen bis in die Zeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, mit dem Allahs Offenbarung vervollständigt wird.

Zusammenfassung:

"Aus der Geschichte lernen" lautet die Parole von Anfang an. Der Gegensatz von Gut und Böse kommt in der Ge­schichte von Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Iblis zum Ausdruck. Arroganz führt zu Rebellion; der Aufrührer ist eifersüchtig und führt den noch in seinem Naturzustand befindlichen Menschen in Versuchung, der vor Betrug und allen Arten von Exzess gewarnt worden ist (Ajas 1-31).

Wenn die Warnung nicht beachtet wird, folgt ein Hinweis auf künftige Strafen, während die Vorzüge, die Segnungen und der Friede für die Rechtschaffenen sowohl in einer Schilderung des zukünftigen Lebens als auch in der Macht und Güte Allahs in der sichtbaren Welt um uns zum Ausdruck kommen (Ajas 32-58).

Die Geschichten von Nuuch und der Flut und von Huud, Saalih, Luut und Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, lehren alle, dass die Propheten abgelehnt und verworfen wurden. Aber dann siegte die Wahrheit, und das Böse wurde gedemütigt, denn Allahs Plan schlägt nie fehl (Ajas 59 -99).

Die Geschichte des Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird ausführlicher erzählt, nicht nur von seinem Kampf mit Pharao, sondern auch von der Vorbereitung auf seinen Auftrag und seiner Auseinandersetzung mit seinem eigenen rebellischen Volk. Schon seit der Zeit von Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gibt es Hinweise auf die Ankunft des weder des Lesens noch des Schreibens kundigen Propheten (Ajas 100 -157).

Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk verließ immer wieder das Gesetz, das ihm übermittelt worden war, und brach den Bund mit Allah, woraufhin es über die ganze Erde zerstreut wurde (Ajas 158 -171).

Die Kinder Adems haben sich vermehrt, aber viele von ihnen haben die Wahrheit abgelehnt und gehen allmählich ihrem Untergang entgegen, ohne zu begreifen wie oder warum. Die Rechtschaffenen hören auf Allahs Botschaft und dienen Ihm in Demut (Ajas 172 -206). (Juusuf 'Allii)

Das Thema der beiden Suuras Al-An'am und Al-'Araf ist das gleiche, nämlich das "Bekenntnis". Während in Al-An'am das Thema behandelt, um damit den heidnischen Arabern von damals, und überhaupt allen unwissenden Menschen entgegenzutreten, schlägt Suura Al-’Araf diesbezüglich einen anderen Weg ein. Sie behandelt das Thema aus der Grund­lage der langen Geschichte der Menschheit, und ihre Reise durch die Epochen, von ihrer Entstehung bis zu ihrer letzten Rückkehr. Sie erzählt diese Geschichte nicht lediglich in einer dichterischen Form, sondern stellt sie dar als Form des Kampfes gegen die Unwissenheit. Der Qur’an erzählt keine Geschichte, ohne damit einem schlechten Zustand entgegenzutreten, und er setzt keine Wahrheiten fest, ohne damit das Falsche zu korrigieren. Somit sind seine Erzäh­lungen kein bloßer kultureller Genuss. (Qutb)

 

Die Höhen

 Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen

1. Elif, Laam, Miim, Sad.1

1. Vergleiche Suura 2:1, Fußnote 1.

Der zusätzliche Buchstabe "Sad" ص erscheint in dieser Kombination hier und in Suura 19; er steht allein in Suura 38. Sonst ist er nirgends vorhanden. Der diesen drei Suuras gemeinsame Faktor ist, dass der Kern der jeweiligen Suura aus Geschichten der Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, besteht. In dieser Suura finden wir die Geschichten von Nuuch, Huud, Saalih, Luut, Schu'aib und Musa, die uns hin zu Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, führen und in Suura 38 die Geschichten von Daawuud, Suleymaan und Eyjuub, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, die ebenfalls in der Geschichte ­von Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gipfeln und drei von fünf Teilen bilden. Suura 19 besteht fast vollständig aus solchen Geschichten. Können wir daraus schließen, dass Sad für "Qisas" (Geschichten) steht, deren bedeutendster Buchstabe es ist? In dieser Suura wird auch die geistige Geschichte der Menschheit dargelegt -Anfang, Mitte und Ende, die symbolisch durch Elif, Lam und Mim wiedergegeben werden können. Wenn dies der Fall ist, handelt diese Suura von Anfang, Mitte und Ende der geistigen Menschheitsgeschichte, illustriert durch die Geschichten der Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm; insofern könnte sie symbolisch mit den Buchsta­ben Elif, Lam, Mim, Sad überschrieben werden. Bezüglich dieser Symbole darf man jedoch nicht dogmatisch werden. Wir sollten sie als Symbole mit mystischer Bedeutung akzeptieren. (Juusuf 'Allii)

Wir haben für diese einleitenden Buchstaben am Anfang der Suuras 2 und 3 sowie in dieser Suura, die Interpretation gewählt, dass diese einzelnen Buchstaben darauf hinweisen, dass der Qur’an aus den gleichen arabischen Buchstaben besteht, die die Menschen in ihrem Sprachgebrauch verwenden. Aber dennoch sind sie nicht in der Lage, Ähnliches wie den Qur’an zu verfassen. Dies allein ist Beweis genug dafür, dass der Qur’an nicht von Menschen produziert sein kann. (Qutb)

 

2. Dies ist ein Buch, das dir2 herabgesandt wurde. Du sollst seinetwegen nicht bedrückt sein3 und sollst mit ihm warnen und die Mu’mins ermahnen.

2. Hiermit wird der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angesprochen. (Darjabaadi)

Die Menschheit befindet sich heute in einem ähnlichen Zustand wie in der Zeit, als der Prophet Muchammed -Friede sei mit ihm -mit dieser Schrift gesandt wurde, mit dem Befehl von Allahs, die Menschen damit zu warnen und zu ermah­nen. Er sollte nicht zaghaft sein bei der Gegenüberstellung mit der Unwissenheit. Denn diese Religion kam, um das Ge­sicht der Erde zu verändern 'und eine neue Welt zu gründen, in der Allahs Macht allein herrschen und die Macht des Bösen gebrochen werden soll. Die Diener Allahs sollen nur Ihm und sonst niemandem dienen. In einer solchen Welt wird der Mensch frei und würdig geboren und ist hinfort befreit vom Joch der Knechtschaft irgendeines Anderen als Allah. Der Islam ist nicht ein historisches Ereignis, das einmal geschah, sondern steht heute denselben Herausforderungen gegenüber wie zu jener Zeit. Die Dschahilia (Unwissenheit) ist ein Zustand und keine Zeitepoche. Sie hat sich heute überall auf der Welt eingenistet, in allen Religionen, Sekten und Systemen. Sie entsteht zu allererst auf der Basis der Unterdrückung des Menschen durch den Menschen und der Ablehnung der Gesetze Allahs.

3. Wörtl.: es soll seinetwegen keine Bedrängnis in deiner Brust sein. (Anm. d. Übers.)

"Sadr" صَدْر: Brust, auch übersetzbar mit "Herz", was im deutschen Sprachgebrauch der eigentlichen Bedeutung näher kommt. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird getröstet für alle Schwierigkeiten, denen er mit seiner Sendung ausgesetzt ist, indem ihm mitgeteilt wird, dass er in diesem Buch deutliche Führung und Leitung hat. (Juusuf 'Allii)

Der Begriff "haradsch" حَرَج (wörtlich: "Enge") wird oft idiomatisch gebraucht, um "Zweifel" zu bezeichnen; in diesem Sinne wird das Wort nach Ansicht vieler bekannter Kommentatoren hier auch verwendet. Die Konstruktion des ganzen Satzes verdeutlicht, dass dieser "Zweifel" sich nicht auf den Ursprung der Schrift Allahs bezieht, sondern auf ihr Ziel. Auf diese Weise richtet sich dieser Abschnitt zwar ausdrücklich an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lenkt jedoch die Aufmerksamkeit aller, die die Botschaft des Qur’an erreicht, auf die Tatsache, dass diese eine zweifache Zielsetzung hat -nämlich diejenigen zu warnen, die die Wahrheit ablehnen, und diejenigen zu leiten und zu führen, die bereits daran den Imaan verinnerlichen. Im folgenden werden sowohl die Warnung als auch die Ermahnung inhaltlich zusammengefasst. (Asad)

Vergleiche auch Suura 15:97 und 11:12. (Mauduudi)

 

3. Befolgt das, was euch von eurem Herrn (als Offenbarung) herabgesandt worden ist4 und folgt keinem anderen Beschützer außer Ihm.5 Doch wie wenig lasst ihr euch ermahnen!6

4. Was euch durch den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm offenbart worden ist. (Darjabaadi)

Dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde das Buch herabgesandt daran den Imaan zu verinnerlichen und mit ihm zu warnen und zu ermahnen. Den Menschen aber wurde das Buch herabgesandt, um daran den Imaan zu verinnerlichen und es zu befolgen. (Qutb)

Qur’an und Sunna (Lebensgewohnheit) unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Siddiqi)

Dies ist der Kernpunkt des Islams: entweder zu befolgen, was Allah offenbart hat, und sich Seiner Herrschaft zu unter­stellen, und das ist Hingabe an Allah (Islam), oder sich anderen Schutzherren zu unterstellen, und das ist Schirk. (Qutb)

5. Einige der großen muslimischen Denker, besonders ibn Ha’sm und ibn Teymija, sind der Ansicht, dass der Ausdruck „aulija“ (Freunde, Beschützer, Meister) in diesem Zusammenhang "Autoritäten" im religiösen Sinne bedeutet, nämlich im Sinne eine Verbots, subjektiven Ansichten von Personen, die niedriger stehen als der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, rechtliche Verbindlich­keit auf gleicher Stufe mit den Geboten des Qur’an zuzuerkennen. Vergleiche in diesem Zusammenhang Suura 5: 101 und Fußnoten. (Asad)

Hier ist ein Verbot in religiösen Fragen, niemandem von den Geschöpfen zu folgen, außer in dem, was Allah offenbart hat. Dies taten nämlich die Leute des Buches, indem sie ihren Rabbinern und Priestern folgten, die ihnen Dinge erlaubten und verbaten, die nicht in den Offenbarungen standen. Wer aber jemandem in einem "göttlichen" Gesetz befolgt, das Allah nicht herabgesandt hat, so hat er diesen zu seinem Herrn gemacht. (Al-Manar)

Dies ist das Hauptthema dieser Suura. Sie ruft die Menschen auf, der Rechtleitung zu folgen, die Allah den Menschen durch Seine Gesandten zukommen ließ, denn nur dadurch kann der Mensch wahres Wissen über sich selbst und das Universum erlangen und erfahren, was Sinn und Ziel seines Lebens ist. Der Mensch soll nur Allah zu seinem Führer und Leiter wäh­len; einem anderen zu folgen würde nur zum Untergang führen. (Mauduudi)

6. Dies ist hinzugefügt, damit die Menschen nicht stolz auf das geringe Wissen sind, das ihnen zugänglich ist, denn in der geistigen Welt sind große Höhen zu erklimmen. (Juusuf 'Allii)

Wem ein Buch von seinem Herrn herabgesandt wird, dem obliegt es, sich ermahnen zu lassen und sich dankbar zu zeigen. (Qutb)

 

4. Und wie viele von den Völkern haben Wir (bereits) vernichtet!7 Unsere Strafe kam über sie nachts im Schlaf8 oder während sie gerade Mittagsruhe hielten.9

7. Wörtl.: Und wie viele Städte... (Anm. d. Übers.)

Die Bewohner davon. (Darjabaadi)

Der Untergang früherer Völker ist die beste Art der Ermahnung und Warnung. (Qutb)

8. Wenn die Menschen gewöhnlich sich zur Ruhe begeben. (Darjabaadi)

9. In heißem Klima kann der Wert der Mittagsruhe kaum überschätzt werden. (Darjabaadi)

Das heißt plötzlich, wenn sich die Menschen völlig sicher fühlten und ausruhten. Dieser Aja ist mit der in den beiden vorherigen Ajas enthaltenen Aufforderung verbunden, Allahs offenbarter Botschaft zu folgen. (Asad)

 

5. Und so konnten sie, als Unsere Strafe eintraf, nichts anderes ausrufen als dass sie sagten:10 "Wir haben wahrhaftig Unrecht getan!"11

10. Wörtlich: "Ihr Ruf war nichts, außer dass sie sagten ..." (Asad)

Abgesehen von einer Reihe anderer Bedeutungen bedeutet D'awa in diesem Zusammenhang "Schrei", "Hilfeschrei". (Darjabaadi)

Hier beginnt die geistige und moralische Geschichte des Menschen mit einem Auftakt. Manche Ortschaft wurde vernich­tet, weil ihre Bewohner sich kriminell verhielten. Allah schickte ihnen Warner und Lehrer, die ihr bestes taten, um sie zum rechten Weg zu führen. Sie hörten jedoch nicht darauf und beharrten hochmütig auf ihrer falschen Lebensweise, bis sie plötzlich irgendeine Katastrophe traf. Da erkannten sie die Gewichtigkeit ihrer Verbrechen, aber es war zu spät zur Umkehr. (Siddiqi)

11. Der Mensch behauptet vieles, nur gestehen tut er nicht. Aber in dieser Situation kann er nichts anderes als seine Schuld bekennen. Die Ungerechtigkeit, um die es hier geht, ist der Götzendienst -in diesem Sinne wird der Begriff auch an vielen anderen Stellen im Qur’an verwendet. Es gibt nichts ungerechteres, als wenn jemand seinem Herrn Wesen zur Seite stellt, während Er ihn erschaffen hat! (Qutb)

Bei gründlicherem Studium des Qur’an wird deutlich, dass immer dann, wenn Allah Katastrophen als Strafe für Übeltäter erwähnt, es mit wenigen Ausnahmen auch einen Hinweis auf die Verantwortung und Abrechnung im jenseitigen Leben gibt. Dies soll verdeutlichen, dass Lohn und Strafe in dieser Welt nicht alles ist, denn die materielle Welt und ihre Ressour­cen genügen nicht, um die moralischen Taten des Menschen auszugleichen. (Siddiqi)

 

6. Gewiss werden Wir dann diejenigen befragen, zu denen Gesandte geschickt worden sind12 und wir werden die Gesandten befragen.13

12. Sie müssen die Vertrauenswürdigkeit und Aufrichtigkeit der Gesandten bezeugen. (Darjabaadi)

Dieser Aja erinnert an die Strafe des Jenseits, nachdem der vorherige an die Strafe im Diesseits für die Völker, die sich den Gesandten widersetzten, erinnert hat. (Al-Manar)

13. Bei der endgültigen Abrechnung werden die Warner und Lehrer Zeugnis davon ablegen, dass sie die Wahrheit verkündet haben, und die Bösen selbst müssen die Wahrheit eingestehen. Wir stellen uns dies vor wie eine Gerichtsverhandlung wäh­rend des Verhörs, nur dass der Richter alles weiß -mehr, als die Parteien aussagen können. (Juusuf 'Allii)

Diese angemessene kritische Frage umfasst die Gesandten sowie die, zu denen die Propheten gesandt wurden. Ihre Ge­schichte wird vor allen Versammelten ausgebreitet. Dabei wird jedes Geheimnis und jedes winzige Detail abgeklärt. Die­jenigen, zu denen Gesandte geschickt worden waren, müssen die Wahrheit eingestehen. Die Gesandten selbst werden be­fragt und werden antworten. Der Allwissende jedoch berichtet ihnen alles und zählt, mit dem Wissen Dessen, Der überall und immer anwesend ist auf, was sie vergessen haben.(Qutb)

Vergleiche Suura 5: 109. (Asad)

Beim jüngsten Gericht stehen die Gesandten Allahs im Mittelpunkt. Die Menschen werden über ihr Verhalten ihnen gegen­über befragt, und die Propheten werden gefragt, wie die Menschen auf ihren Aufruf reagiert haben. Dies zeigt, dass allein die moralische und geistige Rolle eines Menschen dessen Wert vor Allah bestimmt, und diese Rolle hat nur in Verbindung mit der Haltung gegenüber den Gesandten Allahs einen Sinn. (Siddiqi)

 

7. Und Wir werden ihnen wahrlich (alles) mit (vollem) Wissen berichten,14 denn Wir waren niemals abwesend.15

14. Wörtlich: "Wir werden ihnen mit Wissen berichten." (Asad)

15. Allah ist zu keiner Zeit und an keinem Ort abwesend, denn Zeit und Raum sind relative Vorstellungen für unser begrenztes Wesen, während Er absolut und von solchen Vorstellungen und Einschränkungen unabhängig ist. (Juusuf 'Allii)

 

8. Das Abwägen geschieht an diesem Tag rechtens,16 so werden diejenigen, deren Waagschalen schwer sind, die Erfolgreichen sein.17

16.. Taten und Absichten des Menschen werden genauestens abgewogen. (Darjabaadi)

"Das Gewicht wird identisch mit der Wahrheit sein". Am Tag des Gerichts wird auf Allahs gerechter Waage nur die Wahrheit Gewicht haben. Und umgekehrt: alles, was Gewicht hat, wird nichts als Wahrheit sein. Das Gewicht eines Men­schen nimmt zu oder ab im Verhältnis zu der Wahrheit, die er hat, und allein daran wird er bemessen. Ein Leben in Falsch­heit und Trug, mag es auch noch so lang und scheinbar erfolgreich sein, wird auf dieser Waage überhaupt kein Gewicht haben. Anhänger der Lüge werden mit eigenen Augen sehen müssen, dass die "großen Taten" ihres Lebens keinen Wert haben. Vergleiche auch Suura 18: 103-105. (Mauduudi)

17. Diejenigen, deren Waagschalen schwer sind vom Imaan. (Darjabaadi)

Wem das Maß seiner Taten schwer wiegt durch den Imaan und seine vielen Wohltaten, gehört zu denjenigen, die der Strafe entrinnen und mit dem Paradies belohnt werden. (Al-Manar)

 

9. Diejenigen aber, deren Waagschalen leicht sind,18 -sie sind diejenigen, die ihre Seelen verloren haben, weil sie Un­sere Zeichen stets zu unrecht (leugneten).19

18. Imaansleer. (Darjabaadi)

Mit anderen Worten: alle Taten des Menschen werden in zwei Kategorien eingeteilt, die positiven und die negativen. Die Wahrheit zu erkennen, sie anzuerkennen, ihr zu folgen und sich für sie einzusetzen, liegt auf der positiven Seite, denn im zukünftigen Leben wird nur dies Wert und Gewicht haben. Die Wahrheit zu verleugnen, sie zu verwerfen, den eigenen Launen zu folgen oder anderen Menschen zu gehorchen und sich für Lüge und Trug einzusetzen, liegt auf der negativen Seite. Die Taten auf dieser Seite sind nicht nur wertlos in sich selbst, sondern werfen auch auf positive Taten einen Schat­ten. Jemand, dessen böse Taten stark überwiegen, ist mit einem Bankrotteur zu vergleichen, der seinen gesamten Besitz ausgibt, um seine Schulden zu begleichen, und immer noch ausstehende Verpflichtungen hat. (Mauduudi)

Seine Waagschale ist bei Allah, Der kein Unrecht und keinen Fehler begeht, von geringem Gewicht. Diese haben sich selbst durch ihr stetes Leugnen der Zeichen Allahs verloren.“’Sulm“ (Ungerechtigkeit) wird im Sprachgebrauch des Qur´ans für Schirk oder Kufr verwendet wie in 31:13: "Wahrlich, Götzendienst ist eine ungeheure Ungerechtigkeit’. (Qutb)

19. Wörtlich: "weil sie sich immer wieder ungerecht gegenüber Unseren Botschaften verhielten." (Asad)’

"Sulm" ظْلِم (Unrecht) steht hier für Kufr. (Siddiqi)

 

10. Und wir haben euch auf Erden Macht und Ansehen verliehen und euch die Mittel gegeben, darin zu leben.20 Doch wie wenig seid ihr dankbar (dafür)!

20. Das heißt alle materiellen Dinge, die notwendig sind, um das Leben zu erhalten, zu verschönern und zu veredeln, sowie all die Fähigkeiten, Kräfte und Möglichkeiten, die erforderlich sind, das Leben auf eine höhere Ebene zu bringen und den Menschen auf sein hohes geistiges Ziel vorzubereiten. (Juusuf 'Allii)

Der Schöpfer der Erde und des Menschen ist Derjenige, Der dem Menschengeschlecht Macht auf Erden verliehen hat. Ohne diese Machtverleihens Allahs wäre dieses schwache Geschöpf nicht in der Lage "die Natur zu bezwingen", wie die Unwissenden es nennen -einstmals und neuerdings wieder. Die Vorstellungen der Unwissenheit der Griechen und der Römer hat die jetzigen falschen Vorstellungen geprägt. Sie stellen das Dasein als einen Feind des Menschen dar, und den Menschen in einem ständigen Kampf mit den Kräften des Universums und seinen Naturgesetzen. Wenn diese Naturgesetze tatsächlich gegen den Menschen und sein erklärter Feind gewesen wären, so hätte er von Anfang an nicht existieren können. Wie hätte er in einer feindlichen Welt entstehen können, ohne dass ein Wille dahinter steht? Die islamische Vor­stellung ist die einzige, die diese Teile zu einer festen wohl geordneten Grundlage miteinander verbindet. Allah ist Derjenige, Der diese Welt und auch den Menschen erschaffen hat. Sein Wille und Seine Weisheit haben die Natur so vorbereitet, dass der Mensch in dieser Welt existieren kann. Er gab ihm auch die Möglichkeit, manche Naturgesetze in Erfahrung zu bringen und sie zu seinem Nutzen zu verwenden. Der Mensch ist das Kind dieser Erde und dieses Universums. Darin gab ihm Allah Macht, Lebensunterhalt und die Möglichkeit, sein Leben angenehm zu gestalten. (Qutb)

 

Abschnitt 2

11. Und wir haben euch bereits erschaffen21 und mit (guten) Eigenschaften ausgerüstet.22 Alsdann sagten Wir zu den Engeln: "Werft euch vor Adem nieder."23 Und sie warfen sich (alle vor ihm) nieder bis auf Iblis.24 Er wollte sich nicht mit ihnen niederwerfen.

21. Mit "Halq" خَلَقْ (Erschaffung) könnte Entstehung gemeint sein und mit "Taswir" (Formung) könnte Form- und Eigenschaftsgebung zugleich gemeint sein. Dies sind zwei Stufen und nicht etwa zwei Phasen, zwischen denen es einen zeitlichen Zwischenraum gegeben hat. Es scheint, als ob Allah hier sagen wollte "Wir haben euch nicht nur ins Leben gerufen, sondern Wir verliehen euerem Dasein hoch stehende Eigenschaften. Das Wort "dann" beschreibt somit die Erhöhung des mensch­lichen Ranges und nicht eine zeitliche Entwicklung. (Qutb)

22. Form oder Gestalt darf nicht nur als auf die physische Form bezogen verstanden werden, die sich Tag für Tag verändert, sondern auch auf die verschiedenen Formen und Gestalten, die unsere ideelle und geistige Existenz entsprechend unseren inneren Erfahrungen annimmt: vergleiche Suura 82:8. Die ursprüngliche Form oder Idee oder das Muster kann gemäß Pla­tos mystischer Lehre auch mit den "Namen" oder der Natur und den Eigenschaften der Dinge gleichgesetzt werden, die Allah Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte: vergleiche Suura 2:31 und 6:94. Erst nachdem Allah Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte (der hier stellvertretend für die ganze Mensch­heit steht) dies gelehrt hatte, forderte Er die Engel auf, sich vor ihm niederzuwerfen, denn durch Allahs Gnade ist er tat­sächlich in einen so hohen Rang erhoben worden. Beachte den Übergang von "ihr" im ersten Satz zu "Adem" im zweiten: Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte und die Menschheit sind synonym. Ab Aja 14 geht der Koran zum Plural über. (Juusuf 'Allii)

Die Abfolge dieser beiden Aussagen" Wir haben euch erschaffen" (das heißt als lebende Wesen ins Dasein gebracht) "und dann gestaltet" (oder "euch Gestalt gegeben", das heißt als menschliche Wesen) soll unterstreichen, dass der Mensch all­mählich individuell aus dem embryonalen Stadium zur vollen Entfaltung gelangt; auch die Entwicklung der Menschheit soll damit zum Ausdruck gebracht werden. (Asad)

Manche Kommentatoren sind der Ansicht, dass dieser Aja soviel bedeutet, dass Allah Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte aus Lehm erschaffen, sein Nachkommen aber im Leibe der Mutter gestaltet und geformt hat. (Al-Manar)

23. Vergleiche auch Suura 2:30-36. Sollte aus der Formulierung in Suura 2 noch nicht eindeutig genug hervorgehen, dass sich Allahs Gebot, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte niederzuwerfen, nicht auf Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte als Person bezieht, sondern dass Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehrte hier stellvertretend für die ganze Menschheit steht, so wird dieser Zweifel hier eindeutig behoben. (Mauduudi)

24. Iblis weigerte sich nicht nur, sich niederzuwerfen, sondern er weigerte sich auch, zu denen zu gehören, die sich niederwar­fen, ebenso wie den Menschen, vor dem sie sich niederwarfen; er lehnte sich gegen Allah auf, indem er Seinem Gebot nicht gehorchte. Sein dreifaches Vergehen bestand also in Arroganz, Neid und Auflehnung.  (Juusuf 'Allii)

Die Engel gehören einer anderen Schöpfungskategorie mit eigenen Eigenschaften und Aufgaben an als der Mensch, und wir wissen von ihnen nur soviel, wie Allah uns von ihnen mitgeteilt hat. Iblis gehört einer noch anderen Kategorie der Schöpfung an ("Er gehörte zu den Dschinn, bis er von Allahs Weg abirrte...", vergleiche Suura 18:50). In dieser Suura erfah­ren wir, dass Iblis aus Feuer erschaffen ist. Somit ist er definitiv anders als die Engel. (Qutb)

Westliche Wissenschaftler nehmen in der Regel an, "Iblis" sei eine entstellte Form des griechischen Wortes diabolos, von dem das englische Wort "devil" und das deutsche Wort "Teufel" herstammt. Es ist jedoch keineswegs erwiesen, dass die vorislamischen Araber diesen oder irgendeinen anderen mythologischen Begriff von den Griechen entlehnt haben, während es umgekehrt erwiesen ist, dass die Griechen einen großen Teil ihrer mythologischen Vorstellungen (einschließ­lich diverser Gottheiten und deren Funktionen) von sehr viel früheren südarabischen Kulturen übernommen haben. Man kann daher mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es sich bei dem griechischen Wort diabolos um die hellenisierte Form des arabischen Namens für den Gefallenen Engel handelt, der seinerseits von der Verbalwurzel ablasa ("er verzweifelte" oder "er gab die Hoffnung auf") abgeleitet ist. Dass das Nomen diabolos ("Verleumder", abgeleitet von dem Verb diaballein, ,,(etwas hinüberwerfen") griechischen Ursprungs ist, widerspricht in sich selbst nicht dieser Hypothese, denn es ist durchaus vorstellbar, dass die Griechen mit ihrer bekannten Neigung zur Hellenisierung fremder Namen den Namen "Iblis" mit dem ihnen viel vertrauteren Begriff diabolos identifizieren. (Asad)

 

12, (Allah) sprach: "Was hinderte dich daran, dich niederzuwerfen, als Ich es dir befahl?"25 Er sagte: Ich bin besser26 als er.27 Denn Du hast mich aus Feuer erschaffen,28 während Du ihn aus Lehm erschaffen hast."29

25. Obwohl Iblis wusste, dass Allah der Schöpfer und Erhalter ist, ohne dessen Einverständnis nichts im Universum geschehen kann, weigert er sich, Seinem Gebot zu gehorchen. (Qutb)

Entsprechend Allahs Gebot verdient Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diese Ehrerbietung. (Siddiqi)

26. Als Rechtfertigung für sein Verhalten. (Darjabaadi)

27. Und ein Überlegener sollte sich niemals einem Unterlegenen beugen. Diese Prämisse in der Argumentation Scheytaans ist ein­deutig falsch. (Darjabaadi)

28. Beachte, dass Iblis aus Feuer geschaffen war, nicht aus Licht wie die Engel. (Darjabaadi)

29. Eine weitere falsche Prämisse in seiner Argumentation. Feuer und Erde sind beide träge materielle Substanzen, deswegen kann man keine als der anderen überlegen betrachten. (Darjabaadi)

Beachte lblis tückische Argumentation; seinen Egoismus, der ihn veranlasst, sich über den Menschen stellen zu wollen; und seine Verlogenheit, mit der er die Tatsache ignoriert, dass Allah nicht nur den Körper des Menschen aus Erde erschaf­fen, sondern ihm auch eine geistige Form verliehen hat -mit anderen Worten, dass Er ihn das Wesen der Dinge gelehrt und ihn über die Engel erhoben hat. (Juusuf 'Allii)

 

13. Allah sprach: "Hinab mit dir30 von hier.31 Es steht dir nicht zu, hier hoch­mütig zu sein.32 Geh hinweg! Denn du bist wahrlich einer der Verachtenswerten!"33

30. Nachdem du auf diese Weise deine Auflehnung proklamiert hast. (Darjabaadi)

"Hinab von hier": es könnte das Paradies gemeint sein, das sich an einem hohen Ort befand. Es könnte aber auch sein,

dass damit das Herabsinken von dem Rang der guten Engel, den er zuerst innehatte, gemeint war. (Al-Manar)

31. „Von hier" oder ..aus diesem": der Situation, wie sie war. als Geschöpf, das sich gegen seinen Schöpfer auflehnt. Mit jedem Schritt fällt Iblis tiefer: Arroganz. Neid. Ungehorsam, Egoismus und Unwahrhaftigkeit. (Juusuf 'Allii)

32. Im Paradies kann jeder nur demütig sein. (Darjabaadi)

Der abscheulichste Fehler in einem Diener Allahs ist Hochmut und Arroganz. Dies veranlasst den Menschen, seine wirkli­che Stellung als Diener seines Herrn zu vergessen und sich selbst für eine Gottheit zu halten. Die Hochmütigen und Arro­ganten haben keinen Platz im Paradies, vergleiche auch Suura 7:40. (Siddiqi)

33. Scheytaan ist nach islamischer Vorstellung das niedrigste Geschöpf und hat nichts gemeinsam mit der Miltonschen Phantasie vom Krieg im Paradies und der großartigen Rache des gefallenen Erzengels. (Darjabaadi)

Du hast dich selbst verächtlich gemacht, indem du zu viel von dir selbst gehalten hast, obgleich du lediglich Geschöpf und Diener Allahs bist. Du hast es für unter deiner Würde gehalten, deinem Schöpfer zu gehorchen. Allein der Anspruch auf Großartigkeit macht dich nicht groß, sondern eher verächtlich, und du bist selbst für die Folgen verantwortlich. (Mauduudi)

Weder sein Wissen von Allah noch seine Gewissheit von der Existenz und den Eigenschaften Allahs nützte ihm etwas. Das gilt für jeden, an den sich Allahs Gebot richtet und der sich erst einmal selbst die Entscheidung vorbehält, zu gehorchen oder nicht. Iblis fehlte es weder an Wissen noch an Imaan, lediglich an Gehorsam und Demut. (Qutb)

 

14. Er sagte: "Gewähre mir Aufschub bis zum Tage, an dem sie auferstehen werden."34

34. Scheytaan weigerte sich, Allahs Gebot zu gehorchen, und auch Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beging einen Fehltritt gegen das Gebot seines Herrn, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden in ihrem Verhalten nach ihrem Fehltritt. Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ver­spürte Reue und bat mit allem Ernst und aller Demut seinen Herrn um Vergebung. Deswegen vergab Allah ihm. Scheytaan hingegen begnügte sich nicht mit arrogantem Ungehorsam, sondern bereute nicht einmal seine Handlungsweise. Er war stolz und hochmütig und wollte sogar mit seinem Herrn in einen Konkurrenzkampf treten. Deswegen bat er Allah, ihm Zeit und Gelegenheit zu geben. die Menschheit irrezuführen und Ihm ihre Minderwertigkeit zu beweisen. (Siddiqi)

Iblis mit seinen Nachkommen wollte solange weiterleben, wie die Menschen und ihre Nachkommen auch, also bis zum Tage der Auferstehung. (Al-Manar)

 

15. Da sprach Er: "Es sei dir Aufschub gewährt."35

35. Gibt es auch noch andere, denen Aufschub gewährt wurde? Ja, Iblis besitzt eine große Armee von bösen Verführern sowie jene Menschen, die von ihnen getäuscht worden sind. Denn obgleich eine Erniedrigung mit sofortiger Wirkung eintritt, dauert es eine gewisse Zeit, bis sie zutage tritt. (Juusuf 'Allii)

 

16. Er sagte: "Wie Du mich also in Irrtum hast verfallen lassen,36 werde ich ihnen ganz gewiss auf Deinem geraden Weg auflauern.37

36. Aufschub wurde gewährt bis zum Tag der Auferstehung. (Siddiqi)

Dies ist absolutes Beharren auf dem Bösen. Somit ist es weder unwesentlich noch vorübergehend, sondern vorsätzlich und beabsichtigt. (Qutb)

Ein weiterer Fall von Scheytaans trügerischem Verhalten. Er wartet ab, bis ihm Aufschub gewährt wird. Dann bricht er in Lügen und wilden Trotz aus. Die Lüge besteht in der Unterstellung, Allah habe ihn verleitet oder irregeführt, während doch in Wirklichkeit sein eigenes Verhalten seine Erniedrigung verursacht hat. Aus seinem Trotz heraus legt er Hindernis­se in den rechten Weg, zu dem Allah die Menschen aufruft. Hier fallt Iblis noch eine weitere Stufe tiefer als zuvor. (Juusuf 'Allii)

Oder "Du hast mir erlaubt, in Irrtum zu verfallen": Der Begriff „arwa“ bedeutet sowohl "er ließ ihn in dem Irrtum verfal­len", „er erlaubte ihm, in den Irrtum zu verfallen" als auch "er veranlasste ihn, enttäuscht zu sein" oder "er ließ ihn sein Ziel nicht erreichen". In meiner Übersetzung wählte ich die letztere Bedeutung, da sich in diesem Fall Iblis' Aussage auf seinen Fall aus seiner einstmals hohen Position bezieht. (Asad)

Hier kommt die Mentalität Satans zum Ausdruck. Aus Stolz und Hochmut gehorchte er Allah nicht, aber anstatt seinen Fehler einzugestehen und gutzumachen, schiebt er die Verantwortung für seinen Fehltritt auf Allah selbst! (Siddiqi)

37. Er will Adems, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Nachkommenschaft auf den Weg des Bösen führen. (Darjabaadi)

Der böse und halsstarrige Iblis hat nicht vergessen, dass Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der Grund für seine Vertreibung aus dem Paradies und ein Ärgernis für ihn war. Deshalb wollte er sich nicht in sein Schicksal ergeben, ohne sich dafür zu rächen. (Qutb)

Der jämmerliche Aspekt seiner Zielsetzung ist, dass er den Ehrgeiz hat, Menschen mittels einer Taktik vom rechten Weg abzubringen, die nach außen hin äußerst edel erscheint, in Wirklichkeit aber völlig verwerflich ist. Mit anderen Worten, er treibt die Menschen zur Hölle, indem er ihnen das Versprechen ewiger Seligkeit vor Augen hält. (Siddiqi)

 

17. Dann werde ich wahrlich über sie kommen, von vorne und von hinten,38 von rechts und von links,39 und du wirst die meisten von ihnen nicht dankbar finden."

38. Wörtlich: "von zwischen ihren Händen und von hinter ihnen." Vergleiche auch Suura 2:255 ("Er weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen ist"). Die folgende Redewendung "von ihrer Rechten und von ihrer Linken" bedeutet "aus allen Richtungen und mit allen vorstellbaren Mitteln." (Asad)

Mudschahid hat erzählt: "Von vorne und von rechts" bedeutet, von wo sie ihn sehen können. Und "von hinten und von links" bedeutet, von wo sie ihn nicht sehen können. (ibn Kasir)

39. Der Angriff des Bösen kommt von allen Seiten. Er nutzt jeden schwachen Punkt aus, und manchmal werden sogar unsere guten und großmütigen Charaktereigenschaften dazu missbraucht, uns in die Falle des Bösen zu locken. Der Mensch hat allen Grund, Allah für all Seine liebevolle Fürsorge dankbar zu sein, dennoch vergisst der Mensch seine Dankbarkeit und tut genau das Gegenteil von dem, was er tun sollte. (Juusuf 'Allii)

Dies ist eine bildliche Darstellung von Vorgängen im Verstand und in der Psyche eines Menschen. Iblis bittet seinen Herrn um Aufschub bis zum Tag der Auferstehung, während er weiß, dass sein Vorhaben nur mit Allahs Zustimmung geschehen kann. Allah gewährt ihm diese Frist, woraufhin Iblis in geradezu böswilliger Weise die Absicht zum Ausdruck bringt, Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Nachkommen von Allahs rechtem Weg abzubringen, sobald jemand von ihnen sich anschickt, ihn zu begehen. Dieser Weg ist keineswegs nur sinnlich wahrnehmbar, sondern er ist der Weg des Imaans und des Gehorsams, der zu Allahs Wohlgefallen führt. (Qutb)

Der von Allah gewährte Aufschub für Scheytaan bezieht sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch auf die Möglichkeiten, seine Absichten auszuführen. Er fordert Allah heraus, ihm die Möglichkeit zu gewähren, die Schwächen der Menschen auszunut­zen und zu beweisen, dass der Mensch nicht in der Lage ist, Statthalter Allahs auf Erden zu sein. Wie Allah seine Bitte gewährt, wird ausführlich in Suura 17:61-65 dargestellt. Dementsprechend erlaubte Er Scheytaan, alles zu tun, was er wollte, um Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Nachkommen vom rechten Weg abzubringen, und ihn auf jede erdenkliche Weise zu überlisten, mit einem Vorbehalt: "Über Meine aufrichtigen Diener wirst du keine Macht haben." Das heißt: "Du kannst versuchen, sie in Missverständnisse zu verwickeln, in ihnen falsche Hoffnungen zu erwecken, ihnen Böses als gut erscheinen zu lassen und sie durch Verführungen und sinnlose Hoffnungen zum Bösen zu verleiten. Aber du sollst weder die Macht haben, Zwang auf sie auszuüben, noch kannst du ihnen den rechten Weg blockieren, wenn sie ihm folgen wollen." Dasselbe kommt auch in Suura 19:22 zum Ausdruck, wo am Tag der Auferstehung Scheytaan seinen Gefolgsleuten sagt: "Ich konnte euch nicht zwingen, mir zu folgen. Ich habe euch nur eingeladen, meinem Weg zu folgen, darum macht mir jetzt keine Vorwürfe, sondern euch selbst..." (Mauduudi)

 

18. Da sagte Er: "Geh hinweg von hier, verabscheut und verstoßen.40 Wer immer von ihnen dir folgt, so werde Ich gewiss die Hölle mit euch allen füllen."41

40. Nämlich von Allahs Geschöpfen. (Darjabaadi)

41. "Mit euch allen" bedeutet mit Scheytaan und seinen Gefolgsleuten. (Darjabaadi)

Allah hat Scheytaan und seiner Gefolgschaft die Gelegenheit zum Irreführen gegeben. Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinen Nachkommen hinge­gen, hat Er die Möglichkeit der freien Entscheidung gegeben. Er wollte dieses Wesen der Prüfung unterziehen, um so aus ihm ein Geschöpf mit einzigartigen Eigenschaften zu machen. Er ist weder ein König noch ein Teufel, weil er eine andere Aufgabe als der König und der Teufel zu erfüllen hat. (Qutb)

 

19. (Und Wir sagten) ,,O Adem, wohne du und deine Gefährten im Paradiesgarten42 und esst von wo immer ihr wollt.43 Kommt jedoch diesem Baum44 nicht nahe, sonst würdet ihr zu denen gehören, die (sich selbst) unrecht tun."45

42. Hier wendet sich die Geschichte wieder dem Menschen zu. Er wurde in einen geistigen Garten aus Unschuld und Glückseligkeit gesetzt. aber es war Allahs Plan. ihm eine gewisse Entscheidungsfreiheit zu gewähren. Alles, was ihm verboten war. war der Baum des Bösen. aber er fiel schließlich Scheytaans Einflüsterungen zum Opfer. (Juusuf 'Allii)

43. „Iß" oder ..genieße". Vergleiche die Bedeutung von "ta'ama" in Suura 6: 14 und von "akala" in Suura 5:69. (Juusuf ' Allii)

44. Der Qur’an sagt über die Definition oder Identität "dieses Baumes" nichts aus, denn eine Definition seiner Gattung trägt nichts dazu bei, den Sinn des Verbots zu erklären. Das führt zu der Vermutung, dass dieses als Verbot an sich gemeint war. Allah erlaubte ihnen die statthaften Genüsse und empfahl ihnen, das Verbotene zu unterlassen. Und es muss Verbote geben, von denen der Mensch lernt, seine Schranken zu wahren und Herr seiner Begierden zu werden, so dass er sie kontrolliert und nicht umgekehrt. Dies ist die Eigenschaft des Menschen, die ihm vom Tier unterscheidet. (Qutb)

45. Diejenigen, die sich an sich selbst versündigen. (Darjabaadi)

Die Kommentatoren meinen jedoch, dass der ,verbotene Baum' nicht der ,Baum der Erkenntnis' war, denn dem Menschen war in jenem Stadium der Vollkommenheit ein viel tieferes Wissen gegeben als jetzt (2:31). Vielmehr ist es nach ihrer Ansicht der ,Baum des Bösen', von dem zu essen Adem, Allahs Frieden und Segen auf ihm, verboten war und dem er nicht einmal nahe kommen durfte.

Sayjid Qutb meint: "Der Baum scheint das Symbol des Verbotenen zu sein, das in diesem Leben eine wichtige Aufgabe hat; denn ohne das Verbotene kann der menschliche Wille nicht wachsen und der Mensch kann sich nicht vom Tier unterscheiden. Ebenso könnte ohne das Verbotene die Geduld des Menschen und seine Treue zum Bündnis mit Allah nicht geprüft werden.

Vergleiche auch 20:120. (Asad)

 

20. Scheytaan46 jedoch flüsterte ihnen ein,47 um ihnen die bis dahin verborgene Blöße aufzuzeigen.48 Er sagte: "Euer Herr hat euch diesen Baum nur verboten, damit ihr nicht Engel oder unsterb­lich werdet."49

46. Ein solcher Übergang von der Bezeichnung "Iblis" auf "Scheytaan" erscheint auch in Suura 2:36; vergleiche dort Fußnote 41. (Juusuf 'Allii)

47. Beachte, dass Scheytaan beiden den Gedanken der Sünde einflüstert. Dies verdeutlicht, dass das Böse nicht ein inhärenter Teil des Menschen ist, sondern eine Einwirkung von außen. (Darjabaadi)

Der Mensch wird rein, unschuldig und unberührt von allen Schatten des Bösen geboren. (Siddiqi)

48. Unsere Ureltern, so wie sie von Allah erschaffen wurden -und das bezieht sich auch auf uns alle -waren sowohl in materieller als auch in geistiger Hinsicht unschuldig. Sie kannten das Böse nicht. Aber die Möglichkeit zur freien Entschei­dung, die ihnen gegeben war und die sie über die Engel erhob, bedeutete auch, dass sie die Fähigkeit zum Bösen hatten, der sie durch Stärkung ihrer Willenskraft widerstehen sollten. Sie wurden vor der Gefahr gewarnt. Durch den Fall wurde ihnen das Böse bewusst. Sie erhielten (und wir haben) die Gelegenheit, in diesem Leben auf einer tieferliegenden Ebene dies wieder wettzumachen und den verlorenen Status von Unschuld und Glückseligkeit wiederzuerlangen. (Juusuf ’Allii)

Wörtlich: "um ihnen ihre Blöße bewusst zu machen, die ihnen (bisher) unbekannt war": eine Anspielung auf den Zustand der Unschuld, in dem der Mensch vor seinem Fall lebte, das heißt, bevor er sich seiner selbst und der Möglichkeit bewusst wurde, zwischen alternativen Verhaltensweisen frei entscheiden zu können, mit allen dazugehörigen Versuchungen zum Bösen und dem Elend, das aus einer falschen Entscheidung resultiert. (Asad)

Scheytaans beliebtestes Angriffsziel ist der Sinn des Menschen für Moral, denn seine Zerstörung kann das ganze Leben eines Menschen zunichte machen und der gesamten Menschheit unvorstellbaren Schaden zufügen. (Siddiqi)

49. Auf diese Weise spielte der Scheytaan mit den geheimen Wünschen des Menschen. Denn der Mensch will unsterblich sein. Er möchte auch gern eine Macht besitzen, die nicht durch ein begrenztes, kurzes Dasein eingeschränkt wird. (Qutb)

Scheytaans Verführung lautet etwa folgendermaßen: Die Wirkung der Früchte dieses Baumes besteht darin, dass sterbliche Men­schen in unsterbliche Engel verwandelt werden. Dies war für euch früher nicht angebracht, deswegen hat Allah diesen Baum verboten. Aber in eurem gegenwärtigen Entwicklungsstadium gilt dieser Grund für das Verbot nicht mehr, deswegen ist es für euch jetzt absolut ungefährlich, von diesem Baum zu essen. (Darjabaadi)

Mit den Worten "Damit ihr nicht zu denen gehört, die ewig leben" weckt Scheytaan erst den Wunsch nach Unsterblichkeit und den Wunsch, wie Allah sein zu wollen. (Asad)

Dies ist der erste Fall, wo Scheytaan die Menschen aus einem Hinterhalt heraus angreift. Er veranlasst das erste Menschenpaar nicht, etwas Böses oder Abscheuliches zu tun, sondern verführt sie zum Ungehorsam, indem er ihnen verlockende Ziele vor Augen führt.

Berechtigt ist die Frage, wieso Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dem seine Vorrangstellung gegenüber den Engeln doch bewusst war, den Wunsch haben sollte, ein Engel zu werden. Einige Gelehrte haben aufgrund dieses Ajas angenommen, die Engel seien höhergestellt als die Menschen. Das ist jedoch eine falsche Schlussfolgerung. Baidawi erklärt ausführlich, dass Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sich seines Status durchaus bewusst war und nicht im wörtlichen Sinne ein Engel werden wollte. Er wollte vielmehr die Eigenschaften der Engel erlangen, beispielsweise Unabhängigkeit von Hunger und Not. Einige Gelehrte vertreten die Ansicht, Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sei durch Scheytaans Verführung so verwirrt gewesen, dass er einfach vergaß, dass er einen höheren Rang als die Engel innehat­te. (Siddiqi)

 

21. Und er schwor ihnen50: "Ich bin euch wahrlich ein wohlmeinender Ratgeber."51

50. Um sie zu beeindrucken und ihnen seine volle Sympathie zuzusichern. (Darjabaadi)

Er wollte vor Adem und Hawa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, nicht als ihr Feind, sondern als ihr aufrichtiger Wohltäter erscheinen. (Siddiqi)

51. Aufgrund dieser Schwüre und von ihren Wünschen hingerissen vergaß das erste Menschenpaar. dass Scheytaan ihr Erzfeind war, der sie unmöglich zum Guten führen konnte und dass sie Allahs Verbot zu gehorchen hatten, ob sie den Sinn dieses Verbotes verstanden hatten oder nicht. Sie übersahen auch, dass nichts ohne Allahs Willen geschehen kann. Wenn Allah ihnen kein ewiges Leben und keine unendliche Macht beschieden hatte, so konnten sie dies auch nie erlangen. (Qutb)

 

22, So verführte er sie durch Betrug.52 Und als sie von dem Baum kosteten, wurde ihnen ihre Blöße offenbar,53 und sie be­gannen, die Blätter des Paradiesgartens über sich zusammenzuheften.54 Da rief der Herr ihnen zu: "Habe Ich euch nicht diesen Baum verboten und euch gesagt, dass wahrlich der Scheytaan euer of­fenkundiger Feind ist?"55

52. Mit diesen Worten spricht der Qur’an ausdrücklich und eindeutig Adem und Hawa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, von jeder inhärenten Sündhaftigkeit frei. (Darjabaadi)

53. Ihr Schamgefühl, das sichtbarer Ausdruck für das moralische Bewusstsein eines Menschen ist, erhielt durch ihren Unge­horsam einen empfindlichen Schock. (Siddiqi)

54. Da sie im Grunde Allah liebten, erkannten sie sofort die ernste Bedeutung ihrer Tat und versuchten, den Verlust auszuglei­chen, den sie sich selbst zugezogen hatten. Zunächst bedeckten sie ihre Scham mit Blättern von den Bäumen, das einzige Material, das ihnen in diesem Augenblick zugänglich war, um damit ihre ursprüngliche Bescheidenheit wiederzuerlangen, in der Allah sie erschaffen hatte. Dies war ein ehrlich gemeinter Versuch, ihre Tat zu kompensieren. Nach diesem Versuch, der lediglich ein Ausdruck für die Reinheit ihres Herzens war, baten sie ihren Herrn aufrichtig um Vergebung für ihren Fehltritt. (Siddiqi)

Als ihnen nun ihre bis dahin verborgen gebliebenen schlechten Eigenschaften offenkundig wurden, gingen sie daran, ihre Blöße mit den aneinander gehefteten Blättern des Paradieses zu bedecken. Das führt zu dem Gedanken, dass sie diese Blöße als eine körperliche empfanden, die zu bedecken der Mensch von Natur aus bedacht ist. (Qutb)

55. Es ist Pflicht des Menschen, stets wachsam zu sein und auf der Hut vor Scheytaans bösen Plänen, so dass er nicht überlistet wird und in eine Falle gerät. (Siddiqi)

 

23, Sie sagten56: "Unser Herr! Wir haben uns selbst Unrecht getan,57 und wenn Du uns nicht verzeihst und Dich unser erbarmst, so werden wir wahrlich unter den Verlorenen sein."58

56. Reuevoll, unmittelbar nachdem ihnen ihr Fehltritt bewusst wurde. (Darjabaadi)

57. Der Begriff "Sulm" ظَلَمْ bezeichnet nicht notwendigerweise eine absichtliche, bewusste böse Handlung. In erster Linie bedeutet er "Verlust oder Schaden zufügen". In diesem Sinne wird er hier gebraucht. (Darjabaadi)

58. Der Qur’an weist die allgemein bekannte Version dieser Geschichte zurück, dass nämlich Scheytaan zunächst Hawa verführte und sie dann missbrauchte, um Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, irrezuführen. Er sagt, dass Scheytaan beide verführte, und beide wurden betrogen. Obgleich der Unterschied zwischen diesen beiden Versionen trivial erscheint, wird eine sorgfältige Betrachtung der beiden zeigen, dass sie weit reichende Implikationen haben. Die erstere Version spielte eine große Rolle bei der moralischen, recht­lichen und gesellschaftlichen Degradierung der Frau, während die richtige Erzählung des Qur’ans dazu beigetragen hat, dass der Frau eine geachtete Stellung eingeräumt wurde.

Scheytaan hat die Absicht zu beweisen, dass der Mensch ihm in keiner Weise überlegen ist. Aus diesem Grunde verführte er ihn, die verbotene Frucht zu essen. Obwohl er jedoch hierbei erfolgreich war, bewies der Mensch auf lange Sicht seine moralische Überlegenheit gegenüber Scheytaan:

a) Scheytaan zeigte Arroganz, indem er Überlegenheit gegenüber dem Menschen beanspruchte, während der Mensch keinen solchen Anspruch stellte.

b) Scheytaan war Allah allein aufgrund seines Stolzes ohne äußere Verführung ungehorsam. Im Gegensatz hierzu war der Mensch nicht ungehorsam, weil er es so beabsichtigte, son­dern wurde dazu von Scheytaan verführt, der ihm Wohlwollen vortäuschte. Auch dann konnte er nur verführt werden, weil er glaubte, er könne durch sein Verhalten ein höheres Ziel erreichen.

c) Als Scheytaan wegen seines Fehltritts verwarnt wurde, wollte er diesen weder eingestehen noch zum Gehorsam zurückkehren, sondern er wurde trotzig. Als hingegen der Mensch auf seinen Fehler aufmerksam gemacht wurde, zeigte er weder Trotz noch Arroganz, sondern fühlte Scham und Reue. Er gab seinen Fehler zu, kehrte zum Gehorsam zurück und bat seinen Herrn um Vergebung. (Mauduudi)

Hier liegt die Eigenschaft des Menschen, die ihn mit seinem Herrn verbindet und ihm den Zugang zu Ihm eröffnet: seine Fehler einzugestehen, zu bereuen, um Vergebung zu bitten, die eigene Unzulänglichkeit und Schwäche einzusehen und um Allahs Bannherzigkeit zu bitten, in der Gewissheit, dass es für ihn keine Macht oder Kraft gibt außer in Allahs Hilfe und Seiner Bannherzigkeit, ohne die er verloren wäre. (Qutb)

 

24. Da sagte er: "Geht allesamt59 hinab (von hier). Der eine ist des anderen Feind.60 Und die Erde soll euch als Wohnstatt und Versorgung bis zur fest­gesetzten Zeit dienen."61

59. Allesamt. Das Wort steht im Plural, nicht im Dual, und bezeichnet sowohl die Nachkommen Adems, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als auch die Gefolg­schaft Scheytaans. (Darjabaadi)

Nämlich aus diesem Zustand der Unschuld und Glückseligkeit. Der Übergang vom Dual zum Plural (vergleiche auch Suura 2:35-36) verdeutlicht, dass die Geschichte von Adem und Hawa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, in Wirklichkeit eine Allegorie des menschlichen Geschicks ist. In seinem früheren Zustand der Unschuld war sich der Mensch der Existenz des Bösen nicht bewusst und kannte deswe­gen nicht die stets vorhandene Notwendigkeit, zwischen vielen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu wählen: mit anderen Worten, er lebte, wie alle anderen Lebewesen, allein nach seinem Instinkt. Da jedoch diese Unschuld lediglich eine Existenzbedingung und keine Tugend für ihn war, gab sie seinem Leben eine statische Eigenschaft und schloss ihn von moralischer und intellektueller Entwicklung aus. Die Entstehung dieses Bewusstseins -symbolisiert durch den Unge­horsam gegenüber Allahs Gebot -veränderte all dies. Sie verwandelte ihn aus einem rein instinktiv lebenden Wesen in einen voll entfalteten Menschen, wie wir ihn kennen, der zwar richtig und falsch unterscheiden und auf diese Weise seinen.

Lebensweg selbst wählen kann. In diesem tieferen Sinne schildert die Allegorie vom Sündenfall nicht ein retrogressives Geschehen, sondern ein neues Stadium der menschlichen Entwicklung: eine Eröffnung der Möglichkeit zu moralischen Erwägungen. Indem Allah dem Menschen verbietet, "sich diesem Baum zu nähern", macht Er es ihm möglich, falsch zu handeln -damit aber auch, richtig zu handeln. Somit erhielt der Mensch die moralische Willensfreiheit, die ihn von allen anderen Lebewesen unterscheidet. (Asad)

Die Worte "geht hinab!" sollen nicht Anlass zu dem Missverständnis geben, die Menschen seien als Strafe für ihren Unge­horsam aus dem Paradies ausgeschlossen worden. Der Qur’an erklärt an verschiedenen Stellen, dass Allah ihre Reue ange­nommen und ihnen vergeben hat. In diesem Gebot liegt auch nichts, was als Strafe betrachtet werden kann. Sie wurden auf die Erde geschickt, um Seine Statthalter zu sein, denn dies war die Zielsetzung bei der Erschaffung des Menschen. (Mauduudi)

Es geht hier um einen Übergang von einem Zustand in einen anderen, wo sie Gelegenheit zur geistigen Entwicklung haben. (Siddiqi)

60. Dies bezieht sich auf die Feindschaft zwischen den Menschen und Scheytaan. (Siddiqi)

Die Ansprache ist hier an Adem und Hawa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, einerseits und an den Teufel andererseits gerichtet. Dies soll soviel heißen wie: Geht aus diesem Paradies oder von diesem angesehenen Rang herab. Während "der eine" sich auf den Teufel bezieht, ist mit den Worten "des anderen" der Mensch gemeint. Denn der Mensch ist niemals darauf bedacht, den Teufel zu ver­führen oder gar zu schädigen und somit kann er nicht sein Feind sein. Er soll ihn stets als seinen Feind betrachten und sich vor seinen Einflüsterungen und Verführungen in acht nehmen. (Al-Manar)

61. Bis zum Ablauf eurer Lebenszeit. Die Existenz des Menschen auf der Erde soll nur begrenzte Zeit dauern. (Darjabaadi)

Dies ist hier genauso formuliert wie in Suura 2:35 und 36, obgleich die ganze Sache von einem anderen Blickwinkel her betrachtet wird. In beiden Fällen passt es genau in den Zusammenhang. In Suura 2 ging es um den Ursprung des Menschen. Hier handelt es sich um eine Einleitung zur Geschichte des Menschen auf der Erde und setzt sich logisch im nächsten Abschnitt fort, wo die Kinder Adems angesprochen werden, worauf sich die Geschichte der verschiedenen Propheten an­schließt. Die Wahrheit ist eine, aber ihre angemessene Darstellung in menschlichen Worten kann in unterschiedlichem Zusammenhang verschiedene Form annehmen. (Juusuf 'Allii)

 

25. Er sprach: "Dort sollt ihr leben und dort sollt ihr sterben und von dort sollt ihr (wieder) hervorgebracht werden."62

62. Bei der Auferstehung. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 3

26. O ihr Kinder Adems!63 Wahrlich, Wir gaben euch Kleidung, um eure Blöße zu bedecken64 und als Zierde.65 Doch das Gewand der Taqwa, das ist das Beste.66 Dies gehört zu den Zeichen Allahs, auf dass sie sich ermahnen lassen.67

63. In dieser Ausdrucksweise liegt eine Ermahnung, die an die gesamte Menschheit gerichtet ist, dass sie sich nämlich ständig an Scheytaans Feindschaft gegenüber ihrem Stammvater Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erinnern soll. (Siddiqi)

64. So wie oben in Aja 20 eine doppelte Philosophie vorliegt, so auch hier, wo es um Kleidung geht. Geistig gesehen erschuf Allah den Menschen "nackt und allein" (vergleiche Suura 6:94): die Seele in ihrer bloßen Reinheit und Schönheit kannte keine Scham, denn sie kannte keine Schuld. Erst als sie vom Bösen berührt wurde, wurden ihre Gedanken und Taten zu Kleidung und Schmuck für sie, gut oder böse, ehrlich oder unehrlich entsprechend den inneren Motiven, die ihnen Form und Farbe verliehen. Dies ist auch der Fall mit dem Körper: er ist rein und schön, solange er nicht durch Missbrauch entstellt ist. Seine Bekleidung und sein Schmuck können geschmackvoll oder aufdringlich sein, entsprechend der Motivation und dem Charakter. Wenn sie gut sind, sind sie als Symbole für Reinheit und Schönheit. Aber die beste Kleidung kommt von der Rechtschaffenheit, die die Nacktheit der Sünde bedeckt und uns mit Tugend schmückt. (Juusuf 'Allii)

Die Blöße kam als ein Ereignis der Sünde. Diese Sünde bestand darin, sich Allahs Gebot zu widersetzen und das Verbotene zu begehen. Sie war keineswegs die Sünde, von der das alte Testament erzählt, und auch nicht die sexuelle Berührung, von der die westlichen Philosophen, und vor allem Freud, sprechen, (Qutb)

65. Wörtlich: "als Gefieder" -ein metaphorischer Ausdruck, der von der Schönheit des Federkleides bei Vögeln hergeleitet ist. (Asad)

66. Ein Kleidungsstück aus Stoff bedeckt die Scham des Menschen und schmückt seinen physischen Körper; auf diese Weise trägt es dazu bei, dass er bescheiden ist und angenehm aussieht. Dies ist die äußerliche Seite des Menschen. Äußerst wich­tig aber ist das Kleid der Frömmigkeit, das sein inneres Wesen schmücken und ihn geistig und moralisch veredeln sollte. Aus dem Garn der Taqwa und dem feinen Sinn von Bescheidenheit und Demut wird das Kleid der inneren Frömmig­keit gewoben. Die Wichtigkeit dieses inneren Kleides kann daraus ersehen werden, dass das äußere, materielle Kleid nach seinem Muster geschnitten ist. Ein frommer Mensch wird sich nüchtern und anständig kleiden. (Siddiqi)

67. Das Kleid der Taqwa bedeckt die Schwächen des Herzens und schmückt es, so wie die äußere Bekleidung die Schwä­chen des Körpers bedeckt und diesen ziert. Beide sind notwendig. Deswegen erinnert Allah hier an Seine Gnade gegenüber den Kindern Adems, die Ihn veranlasste, ihnen Kleidung und Schmuck zu geben. (Qutb)

 

27. O ihr Kinder Adams! Lasst euch ja nicht durch den Scheytaan verführen,68 so wie er eure Eltern aus dem Paradiesgarten vertrieben hat, indem er ihnen ihre Kleidung wegnahm und ihnen ihre Blöße zeigte.69 Wahrlich, er und seine Gefolgschaft sehen euch von wo ihr sie nicht seht.70 Wahrlich, Wir haben Scheytaan und die Seinen71 zu Freunden derjenigen gemacht, die nicht den Imaan verinnerlicht haben.

68. Nämlich durch List und Tücke, indem er eure Aufmerksamkeit ablenkt und lügt. Die Ademsgeschichte bildet hier die Einleitung zur späteren geistigen Geschichte der Menschheit. Im Paradies nahm Scheytaans Betrug ihnen das Gewand der Ehre und Unschuld. In diesem Leben auf einer tieferen Ebene versucht er, uns auch das Gewand der Rechtschaffenheit zu neh­men. Dabei kann er sich in Dingen wie irdischer Macht, Einfluss oder Reichtum in den Hinterhalt legen, wo weder er noch seine Verbündeten in ihrer wahren Gestalt erkannt werden. Sie können eine angenehm erscheinende Verkleidung von uneigennütziger Freundschaft oder hohen Zielsetzungen von Patriotismus oder Zivilcourage oder Treue gegenüber den Vorfahren annehmen, während nichts als Trotz und Eigennutz dahintersteckt. (Juusuf 'Allii)

69. Scheytaan verbreitet Übel und Missstände in der Gesellschaft, indem er veranlasst, dass die Menschen keinen Wert auf Beschei­denheit und Zurückhaltung legen. Die Geschichte zeigt, dass der Mensch, wenn er erst einmal sein Schamgefühl' verloren hat, das gesamte Gewebe der moralischen Ordnung zerreißt und damit das Schicksal seiner Nation besiegelt. (Siddiqi)

Während der vorige Abschnitt die Kinder Adems an das erinnern soll, was ihren Ureltern widerfahren ist, und an Allahs Gnade, mit der Er ihre Schwächen und Unvollkommenheiten bedeckt, warnt dieser Abschnitt sie davor, sich dem Scheytaan auszuliefern, indem sie sich eigene Gesetze und Gebote erfinden und sich danach richten. (Qutb)

70. Die Gefahr ist um so größer, wenn man nicht weiß, woher sie kommt. Deswegen gilt es hier, besonders auf der Hut zu sein. (Al-Manar)

Scheytaans Tücken sind so geschickt, dass nur ein äußerst wachsamer Mensch sie durchschauen kann. Mutaqis werden ermahnt, äußerst vorsichtig zu sein und sich vor seinen Verlockungen zu schützen. (Siddiqi)

71. Ein starker Imaan ist das sicherste Gegenmittel gegen Scheytaanische Einflüsse. (Darjabaadi)

Scheytaan ist der Freund derer, die nicht den Imaan verinnerlicht haben, so wie Allah der Freund der Mu’mins ist. (Qutb)

Der Begriff "Scheyjatiin" wird im Qur’an verwendet, um alle Arten von bösen Kräften oder Impulsen zu bezeichnen, die denjenigen "nahe sind", die nicht wirklich an Allah den Imaan verinnerlicht haben (nämlich in ihren Herzen). Vergleiche auch Suura 14:22. Ich übersetze: "Wir haben Scheytaanische Kräfte (aller Art) denjenigen nahe gebracht, die nicht (wirklich) den Imaan verinnerlicht haben." (Asad)

 

28. Und wenn sie eine Abscheulichkeit bege­hen, sagen sie:72 "Dies taten auch unsere Väter,"73 und "Allah hat uns dies geboten."74 Sprich: "Wahrlich, Al­lah gebietet keine Abscheulichkeit.75 Sagt ihr über Allah etwas, was ihr gar nicht wisst?"76

72. Die kaafir Araber. (Darjabaadi)

73. Dies bezieht sich auf den Brauch der vorislamischen Araber, den Gang um die Ka’ba völlig unbekleidet zu vollziehen und dies als von Allah befohlene religiöse Handlung zu erklären. (Mauduudi)

Diesem Verhalten lag die Vorstellung zugrunde, dass ein Mensch, der seine Seele vom Bösen reinigen wollte, sich auch der Kleider entledigen müsse, unter denen er seine Sünden beging. Da sie eigentlich ihr schamloses Verhalten nicht recht­fertigen konnten, schoben sie die Verantwortung dafür ihren Vorfahren zu. Dieses Argument ermöglichte ihnen gleichzei­tig, ihre Verehrung ihren Vorfahren gegenüber zur Schau zu stellen, während sich darunter nichts als Unwissenheit und Selbstsucht befand. (Siddiqi)

74. Sie schreckten nicht einmal davor zurück, Allah zu unterstellen, Er befürworte ihr Verhalten, und die Sitte ihrer Vorfahren sei Sein Gebot. (Siddiqi)

75. Allah befiehlt Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen gegenüberzutreten mit der Zurückweisung dieser falschen Behauptung, und dass Allahs Gesetz naturgemäß Schandtaten verabscheut. Somit kann Er sie niemals befohlen haben. Schändlichkeit ist alles, was die Schranken überschreitet, was verboten und strafbar ist. Wie kann Allah etwas gebieten, was Seine Schranken über­schreitet? Und wie wäre dies mit Seinem Gebot zur Bedeckung und dem Schamgefühl vereinbar? Allahs Gebote und Gesetze stehen in Seinen Büchern und werden durch Seine Gesandten verkündet. Und es gibt keine anderen Quellen. (Qutb)

Während die vorislamischen Araber darauf bestanden, gewisse religiöse Riten nur unbekleidet zu vollziehen, betrachteten sie Nacktheit an sich als schändlich. Trotz dieses Brauches hätte also niemals ein ehrenhafter Araber sich in einer öffentli­chen Versammlung, auf dem Markt oder im Kreise seiner Verwandten unbekleidet gezeigt. Der Qur’an argumentiert fol­gendermaßen: "Ihr betrachtet Nacktheit als unanständig. Deswegen muss eure Behauptung, Allah habe dieses geboten, falsch sein. Oder, wenn eure Religion dies verlangt, kann eure Religion nicht von Allah sein." (Mauduudi)

76. Diese Aussage über Allah hat überhaupt keinen Wahrheitsgehalt. (Siddiqi)

 

29. Sprich: "Mein Herr hat Gerechtigkeit geboten,77 und ihr sollt euer Angesicht78 auf Ihn richten an jeglicher Gebetsstätte79 und Ihn aufrichtig und in Demut anrufen.80 So wie Er euch erschaffen hat, werdet ihr wiederkehren.

77. Gott befiehlt den Menschen Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und alle Handlungen der Demut und Frömmigkeit. (Siddiqi)

78. Der Begriff "wadschh" (wörtlich: "Gesicht') wird oft im abstrakten Sinne gebraucht, um das gesamte Wesen einer Person oder seine gesamte Aufmerksamkeit zu bezeichnen.

Vergleiche auch Suura 2:112. Unser ’Ibade soll aufrichtig sein, nicht um anderen zu gefallen, sondern indem wir  unser gesamtes Wesen, Herz und Seele, Allah zur Verfügung stellen. Selbst dies mag nicht genügen, denn die Einsicht unseres Herzens und unserer Seele kann unvollkommen sein. Wir sollen Allah bitten, uns das Licht zu geben, durch das unsere Aufrichtigkeit sich Ihm als wahre Aufrichtigkeit "aus Seiner Sicht" zeigt. (Juusuf ’Allii)

79. Der Begriff "Mesdschid" مَسْجِد, der gewöhnlich Zeit oder Ort der Niederwerfung im Gebet (Sudschuud) bezeichnet. steht in diesem Zusammenhang offensichtlich für jede ’ibade Handlung. Siehe auch unten Aja 31. (Asad)

80. Vergleiche Suura 6:94. Eure Aufrichtigkeit soll reine Aufrichtigkeit sein, ohne Vorbehalte Ihm gegenüber. Denn wenn ihr zu Ihm zurückkehrt, werdet ihr von allem Schein und aller Vortäuschung entblößt sein, auch von jener Selbsttäuschung, die in diesem Leben vielleicht eine gewisse Befriedigung hervorruft. (Juusuf ’Allii)

Verehrt ausschließlich Ihn. (Darjabaadi)

Religion hat nichts mit sinnlosen Riten und Bräuchen zu tun. Folgendes sind die Grundprinzipien wahrer Religion:

1. Der Mensch soll sein Leben nach den Grundsätzen von Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit gestalten.

2. Er soll seinen ’Ibade Allah allein widmen und niemandem außer Allah allein gehorchen.

3. Er soll niemanden außer Allah um Rechtleitung, Hilfe, Schutz und Unterstützung anrufen und sei ganzes Leben in Seinen Dienst stellen.

4. Vor allem soll er daran den Imaan verinnerlichen, dass er nach dem Tode auferweckt wird, so wie er in diesem Leben geboren wurde, und dass er dann für seine Taten und sein Verhalten zur Rechenschaft gezogen wird. (Mauduudi)

Aufrichtigkeit Allah gegenüber ist die Summe und Substanz aller Religion und das wertvollste Geschenk, das der Mensch Allah bringen kann. In dieser vergänglichen Welt können wir Aufrichtigkeit in unserer Beziehung zu Allah vortäuschen. Wenn wir jedoch dereinst zu Ihm zurückkehren, verschwindet aller Schein, und wir stehen so vor Ihm, wie wir wirklich sind. (Siddiqi)

 

30. Einige hat Er rechtgeleitet81 und einige hat Er zu Recht irregehen lassen,82 denn sie haben tatsächlich außer Allah die Scheytaane zu Freunden genommen und meinen da­bei, dass sie rechtgeleitet seien.

81. Rechtleitung ist für alle da, aber der Mensch muss bewusst wählen, den Weg der Rechtschaffenheit zu gehen. Wie können solche Menschen recht geleitet werden, die sich absichtlich für den Weg des Irrtums entscheiden und dann in ihrer Selbsttäuschung in der Meinung, sie folgten dem rechten Weg, versuchen vorwärts zu kommen? (Siddiqi)

82. Rechtleitung ist für alle da. Bei einigen Menschen ist sie wirksam, bei anderen dagegen ist der Zugang verschlossen, denn sie haben sich bewusst mit dem Bösen verbündet. Wenn sie dementsprechend ihren Weg verloren haben, dann haben sie es verdient, denn sie haben absichtlich ihre Wahl getroffen, auch wenn sie in ihrer Selbstgerechtigkeit ihre Sünde für Tu­gend halten und Böses für Gutes. (Juusuf ’Allii)

Wörtlich: "wird für sie unausweichlich sein" (haqqa 'alayhim), was besagt, dass ihr Irrtum eine unausweichliche Folge ihrer eigenen Handlungen und Haltungen ist. (Asad)

 

31. O ihr Kinder Adems! Legt eure schönsten Kleider83 an bei jeder Gebetsstätte84 und esst und trinkt,85 doch seid nicht verschwenderisch, denn Er liebt wahrlich nicht die Verschwen­derischen.86

83. Wörtlich: "legt euren Schmuck (’Sina) an." Nach Radschib ist die genaue Bedeutung von ’Sina "ein (verschönernder) Gegen­stand, der weder in der gegenwärtigen noch in der zukünftigen Welt verunstaltet oder entehrt"; also Dinge, die sowohl im physischen als auch im moralischen Sinne schön und ästhetisch sind. (Asad)

’Sina: Ausstattung für eine schöne Lebensweise. Damit sind nicht nur Kleidungsstücke gemeint, die zur Schönheit ihres Trägers beitragen, sondern Körperpflege und Reinlichkeit, Haarpflege und andere kleine persönliche Details, die kein Mann und keine Frau vernachlässigen können, wenn sie auch nur einem menschlichen Würdenträger begegnen, und wenn es nur aus Selbstachtung oder Respekt vor dem Anlass geschieht. Wie viel wichtiger sind diese Dinge dann, wenn wir uns darauf vorbereiten, Allah gegenüberzutreten, auch wenn Er immer und überall anwesend ist! Gleichzeitig werden wir aber auch vor Übertreibung und Verschwendung gewarnt. Auch gutes gesundes Essen ist nicht von Handeln für Allahs zu trennen; aber auch hier gilt die Warnung vor Übertreibung und Verschwendung. Ein schmutziger, ungepflegter, schlam­piger Asket kann im Islam nicht als vorbildlich gelten. (Juusuf 'Allii)

84. Dies ist ebenfalls an die Kinder Adems, also an die Menschen an sich gerichtet. Beachte die Verbindung zwischen eigen­mächtigem Verbot der guten Dinge, die Allah Seinen Dienern erlaubt hat, und Götzendienst, der in Wirklichkeit in solchen Eigenmächtigkeiten enthalten ist. Sie unterstellen Gott Dinge, deren Bedeutung sie nicht abschätzen können. Dazu gehört beispielsweise das heidnische Verbot, beim Umschreiten der Kaaba bekleidet zu sein. (Qutb)

Dieser Aja fordert die Menschen auf, beim ’Ibade menschenwürdig gekleidet zu sein. Damit wird die sinnlose Ein­stellung einiger Menschen zurückgewiesen, man solle Allah ungepflegt und vernachlässigt gegenübertreten. Hier wird nicht nur Exhibitionismus abgelehnt, sondern Allah gebietet den Menschen beim ’Ibade anständig, ordentlich und würdig gekleidet zu sein. (Mauduudi)

85. Reine, erlaubte, gute Speisen und Getränke. (Darjabaadi)

Es ist kein Bestandteil der Frömmigkeit, sich die guten Dinge des Lebens zu versagen. Der Qur’an lehnt jede Form von lebensfeindlicher Askese, Weltentsagung und Selbstkasteiung ab. (Siddiqi)

86. Allah lehnt nicht den Gebrauch der guten Dinge des Lebens ab, wohl aber ihren übertriebenen und verschwenderischen Gebrauch. So wie ein ungepflegtes Äußeres Allah nicht wohlgefällig ist. so ist aber auch übertriebene Betonung von Äußerlichkeiten keine Tugend. um nur ein Beispiel zu nennen. Sowohl die Juden als auch die Christen sind In der Geschichte in dieser Beziehung zu je ihrem Extrem gegangen. Erstere waren übereifrig damit beschäftigt. innerlich einen guten Ein­druck zu machen. Die Frommen in alten Zeiten verbrachten eine ganze Stunde mit ihren Gebetsvorbereitungen. (Siddiqi)

 

Abschnitt 4

32. Sprich: "Wer hat den Schmuck Allahs verboten,87 den Er für Seine Diener hervorgebracht hat88 und die guten Speisen?" Sprich: "Sie sind für die

Mu’mins im Diesseits und ausschließlich für sie im Jenseits."89 So legen Wir die Zeichen dar für Leute, die Bescheid wissen.90

87. Askese ist oft gleichbedeutend mit der Ablehnung von Kunst und Schönheit. (Juusuf ’Allii)

Diese Frage ist eine typisch Methode des Qur’ans. falsche religiöse Einstellungen zurückzuweisen. Da, darin implizierte Argument ist folgendes: Da Allah selbst alle schönen. guten und nützlichen Dinge erschaffen und Seinen Dienern zur Ver­fügung gestellt hat. kann es nicht Sein Wille sein. sie ihnen zu verbieten. Wenn also ein religiöses. moralische, oder gesell­schaftliches System diese Dinge verbietet oder verachtet oder sie als Hindernis in der geistigen Entwicklung betrachtet. wird damit deutlich, dass dieses System nicht von Allah kommen kann. (Mauduudi)

88. Hier kommt die Feststellung, dass die Mu’mins ein Anrecht auf schöne Kleidung und wohltuende Nahrung haben dafür. dass sie an Allah den Imaan verinnerlicht haben. Der diese für sie hervorgebracht hat. Obgleich in diesem Leben auch andere daran teilhaben. so werden sie im Jenseits ein alleiniges Recht darauf haben. (Qutb)

89. Die guten und schönen Dinge des Lebens sind für die Mu’mins bestimmt. Wenn sie nicht immer in diesem Leben darüber verfügen können oder es sogar manchmal scheint. als besäßen jene Menschen sie, die sie nicht verdient haben. müssen wir die Sache in einem anderen Licht betrachten. Unser Imaan an Allahs Weisheit ist unerschütterlich. und wir wissen. dass alles in diesem Leben vergänglich und vorübergehen ist. ganz im Gegensatz zu den Schätzen der geistigen Welt. Die entsprechenden Gegenstücke zu den materiellen guten Dingen in der geistigen Welt sind nur für diejenigen bestimmt. die in allen Prüfungen dieser Welt ihren Imaan unter Beweis gestellt haben. (Juusuf ’Allii)

Für diejenigen. die den Imaan verinnerlicht haben und von diesen Geschenken Allahs angemessen Gebrauch machen. nicht für die Undankbaren. die sie missbrauchen. (Darjabaadi)

Indem der Qur’an alle guten und schönen Dinge des Lebens den Mu’mins für erlaubt erklärt, verurteilt er alle Formen lebensfeindlicher Askese und Selbstkasteiung. Während im irdischen Leben alle diese Gaben Allahs Guten und Bösen glei­chermaßen zukommen. bleiben sie den Undankbaren im zukünftigen Leben versagt (vergleiche auch Ajas 50-51 dieser Suura). (Asad)

90. Die. die über diese Religion genauestens Bescheid wissen, sind diejenigen, die aus dieser Erklärung Nutzen ziehen. (Qutb)

Hier verdeutlicht Allah der Menschheit die Tatsache, dass ihre Haltung gegenüber dem Gebrauch der guten Dinge des Le­bens weitgreifende Auswirkungen hat. Wer sich in dieser Hinsicht Mäßigung auferlegt, erlangt Erfolg und Heil. Wer hin-" gegen übertreibt -sei es durch Verschwendung oder durch übertriebene Enthaltsamkeit -schädigt sich selbst. Die Geschichte legt eindeutig Zeugnis dafür ab. (Siddiqi)

 

33. Sprich: "Was mein Herr wirklich verboten hat,91 sind die sichtbaren und die verborgenen Abscheulichkeiten,92 jede Art von Ungehorsam, Ungerechtigkeiten,93 und dass ihr Allah andere Gottheiten beigesellt,94 wozu Er euch nicht ermächtigt hat, und dass ihr über Allah sagt. was ihr nicht wisst.

91. Die verbotenen Dinge sind in vier Kategorien eingeteilt:

1. was schändlich und schädlich ist; alles, was auch mit gesetzlichen und gesellschaftlichen Sanktionen verbunden ist; man kann sie auch als Vergehen gegen die Gesellschaft bezeichnen;

2. Vergehen gegen sich selbst und Exzesse aller Art; diese richten sich gegen Wahrheit und Vernunft; hierzu zählen Diszi­plinlosigkeit. Unterlassung moralischer Verpflichtungen, die vom Gesetz nicht eindeutig definiert sind; Egoismus und Ei­gennutz. die vom Gesetz her nicht strafbar sind usw.;

3. Aufstellen von Fetischen oder Götzen; dies ist Verrat gegenüber Allah; und

4. Entstellung der Religion durch Aberglauben. (Juusuf 'Allii)

Dies ist, was Allah wirklich verboten hat, nämlich die schändlichen Taten, die die Maße, die Er gesetzt hat, überschreiten, sowohl offen als auch insgeheim; Sünden, das heißt alle Art von Ungehorsam gegenüber Allah, Gerechtigkeit, sowie auch Allah Wesen beizugesellen, denen sie an Seiner statt göttliche Eigenschaften zuerkennen. (Qutb)

92. Das Bestehen einer Familie und die Aufrichtigkeit einer Gesellschaft können nicht in einem Sumpf von Abscheulichkeiten existieren. Wer gerne sieht, dass sich Unsittlichkeit ausbreitet, der will nichts anderes als die Familienbande erschüttern und die Gesellschaft ruinieren. (Siddiqi)

93. Ohne dass ein Entschuldigungsgrund vorliegt. (Darjabaadi)

"Ism" bedeutet wörtlich "Vernachlässigung" -davon abgeleitet ist das Wort "asirna", eine Kamelstute, die zwar schnell laufen kann, sich aber weigert, dies zu tun. Hier geht es also um die Haltung eines Menschen, der Allahs Geboten sehr wohl gehorchen könnte, dies aber offensichtlich nicht tut, weil ihm nichts an Seinem Wohlgefallen liegt. (Mauduudi)

94. Zwischen allen diesen sündhaften Handlungen besteht ein sinnvoller Zusammenhang. Die Wurzel allen Übels ist nämlich, dass der Mensch das Bewusstsein seiner Grenzen verliert und versucht, Allah zu spielen, indem er sich selbst Maßstäbe für Gut und Böse, richtig und falsch, erlaubt und verboten setzt. Damit überschreitet er die Grenzen seines Bereiches als Diener Allahs und greift in Allahs Bereich ein. Seine hohen Ambitionen, die natürlich mit mangelndem Wissen verbunden sind. führen ihn zum Götzendienst und veranlassen ihn, Allah Rivalen zur Seite zu stellen und diesen alle möglichen sinnlosen Handlungen zuzuschreiben. Indem er die Gebote seines wahren Herrn ignoriert, begeht er Übertretungen und Verbrechen aller Art unter dem Vorwand, Allahs Partner hätten ihm dies erlaubt oder geboten. (Siddiqi)

 

34. Und jedes Volk hat eine festgesetzte Frist,95 und wenn seine Frist abgelaufen ist, kann es sie weder um eine Stunde hinausschieben noch vorverlegen.96

95. "Umma" أُمَّةٍ : "Volk", "Gemeinschaft". Vielleicht ist es hier angebracht, mit "Generation" zu übersetzen. Wenn dies der Fall ist, bezieht sich dies auf den Zeitgeist, denn er beeinflusst eine große Anzahl von Menschen, die in der gleichen histori­schen Epoche leben. Während wir es grammatisch mit einer Gruppe zu tun haben, denken wir an die Einzelpersonen. aus denen diese Gruppe besteht. Die Lehre, die wir daraus ziehen sollen, wird jedenfalls in den folgenden Ajas näher erläutert. Sowohl für Individuen als auch für Menschengruppen ist die Lebenszeit begrenzt. Wenn während dieser begrenzten Zeitspanne ihr Handeln und Verhalten nicht gut ist, dann ist die Gelegenheit unwiederbringlich vertan. Wir können den Lauf der Zeit nicht um eine einzige Minute verzögern. (Juusuf 'Allii)

Dies ist eine der Grundwahrheiten des Islams, durch die die Herzen der Achtlosen und Gleichgültigen aufgerüttelt werden sollen. Die festgelegte Frist ist entweder das zu Ende gehende Leben durch den Tod des Menschen, oder die zu Ende gehende Macht und Herrschaft eines Volkes. Beide haben einen unverschiebbaren Zeitpunkt. (Qutb)

96. Im arabischen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff "Saa'a" سَاعَة (wörtlich "Stunde") nicht nur die astronomische Stunde, also den vierundzwanzigsten Teil des mittleren Sonnentages, sondern auch "Zeit" in einem absoluten Sinne oder jeden Bruch­teil davon, sei er kurz oder lang. Im obigen Zusammenhang wurde der Begriff offensichtlich im Sinne von "ein winziger Bruchteil der Zeit" oder "ein einziger Augenblick" gebraucht. (Asad)

Dies bedeutet nicht, dass jedem Volk eine von vorneherein festgelegte Zeit in Form von Jahren, Monaten oder Tagen zugestanden worden ist, nach deren Ablauf es unweigerlich vernichtet wird. Es bedeutet vielmehr, dass jeder Gemeinschaft begrenzte Gelegenheit gegeben ist, sich als würdig zu erweisen. Diese besteht im Verhältnis zwischen ihren guten und bösen Handlungen. Allah lässt eine Gemeinschaft bestehen, solange dieses Verhältnis nicht die Grenzen des Normalen un­terschreitet. Sobald dies jedoch geschieht, hat diese Gemeinschaft keine Chance mehr. Vergleiche auch Suura 71:4, 10 und 12. (Mauduudi)

 

35. O ihr Kinder Adems! Wenn immer Gesandte aus euren Reihen zu euch kom­men, um euch meine Zeichen zu erklären, so werden diejenigen, die mutaqi und rechtschaffen sind, keine Furcht haben noch traurig sein.97

97. Dies ist das Versprechen Allahs an Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Nachkommen. Und dies ist Seine Vorbedingung, um sie als Statthalter auf der Erde, die Er geschaffen hat, einzusetzen: Taqwa, die sie davon abhält, Sünden und Schandtaten zu begehen. Stattdessen führt sie den Menschen zu guten Taten und Gehorsamkeiten. (Qutb)

Hier beginnt die Geschichte der Menschheit im Hinblick auf ihr neues Leben und ihre Verantwortlichkeit. Adem und Hawa sind aufgefordert worden. das Paradies zu verlassen und auf der Erde zu wohnen, aber dies ist kein Verlust für die Men­schen in dem Sinne, dass jeder im zukünftigen Leben das Paradies erlangen kann, der sich geistig und moralisch als würdig erweist. Die Lebensspanne, die die Menschheit in der materiellen Welt zubringen muss. entspricht genau der Zeit, die notwendig ist, ihre Würdigkeit unter Beweis zu stellen. Allah hat sie außerdem nicht sich selbst überlassen. Er hat sie durch die Gesandten mit himmlischer Führung und Leitung versehen, und wenn sie dieser folgen. können sie nicht erfolglos aus dieser Prüfung hervorgehen. (Siddiqi)

 

36. Doch diejenigen, die Unsere Zeichen verleugnen und sich ihnen widersetzen, das sind die Bewohner des Feuers. Dar­in werden sie (ewig) verweilen.98

98. Was hier gesagt wird, erscheint im Qur’an überall dort, wo erwähnt wird, dass Adem und Hawa vom Paradies auf die Erde kamen (vergleiche Suura 2:38-39 und 20: 123-124). (Mauduudi)

 

37. Und wer ist wohl ungerechter als derjenige, der eine Lüge gegen Allah erdichtet99 oder Seine Zeichen verleugnet?100 Diese werden einen Teil dessen erhalten, was ihnen vorgeschrieben worden ist (in dieser Welt). Und wenn Unsere Gesand­ten zu ihnen kommen101, um sie hin­wegzunehmen102, werden sie gefragt: "Wo ist nun das, was ihr anstelle von Allah anzurufen pflegtet?" Und sie werden antworten: "Sie haben uns im Stich gelassen." So werden sie eingestehen, dass sie Kaafir waren.103

99. Indem er zu Seinem Wort erklärt, was nicht Sein Wort ist. (Darjabaadi)

100. Indem er sich weigert. Sein Wort als solches anzuerkennen. (Darjabaadi)

101. Man darf nicht von der Annahme ausgehen, dass diejenigen, die sich gegen Allah auflehnen. sofort in diesem Leben für ihre Vergehen bestraft würden. Sie werden alles bekommen. was ihnen zusteht, einschließlich der guten Dinge dieses Le­bens und der Gelegenheit zu Reue und Umkehr. solange ihre Prüfungszeit auf dieser Erde andauert. Während dieser Zeit wird ihnen freie Hand gelassen. Wenn sie jedoch abgelaufen ist. werden sie zur Rechenschaft gezogen. Sie werden selbst das Falsche. auf das sie ihre Hoffnungen gesetzt hatten, als falsch erkennen und ihre Vergehen eingestehen, aber dann ist es zu spät. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "ihr Anteil an dem Maß (von Allah) wird sie erreichen", das heißt, sie bekommen in ihrem irdischen Leben wie alle anderen Menschen alles das, was Allahs Ratschluss für sie vorgesehen hat. Die "Gesandten" (Rusul رُسُل) sind offensichtlich die Engel des Todes. (Asad)

102. Die Engel des Todes, wenn ihre Lebenszeit abgelaufen ist. (Darjabaadi)

103. 'Ein solches Eingeständnis im Augenblick des Todes oder am Tag der Auferstehung bringt keinen Nutzen mehr. (Darjabaadi)

So wie Allah sie gegen sich selbst Zeugnis ablegen lässt, als sie die Strafe des Lebens erreicht, lässt Er sie vor der Strafe des Feuers wiederum gegen sich selbst Zeugnis ablegen. Da die Zeitspanne zwischen beiden Strafen wegfallt. bekommt man den Eindruck als ob sie von der Strafe des Lebens unmittelbar zur Strafe des Feuers geführt werden. (Qutb)

 

38. Er spricht: "Tretet gemeinsam in das Feuer ein mit den Scharen der Menschen und der Dschinn, die euch voran­gegangen sind. Immer wenn eine Schar eintritt, verflucht sie ihre Schwesternschar , bis sie am Ende alle nacheinander dort angekommen sind. Dann sagen die Letzten105 zu den Ersten:106 "Unser Herr, diese sind es, die uns irregeführt haben, darum lass sie die vielfache Strafe des Feuers erleiden."107 Und Er wird sprechen: "Alle bekommen das Vielfache. 108 Aber wie viel, das wisst ihr nicht."

104. Ihrer Schwesternschar, die ihr in punkto Kufr gleich ist. (Darjabaadi)

105. Die Rangniedrigsten an Kufr, die Mitläufer. (Darjabaadi)

106. Zu den Rädelsführern und den Chefideologen des Kufrs. (Darjabaadi)

Die hier verwendeten Begriffe "erste" und "letzte" beziehen sich entweder auf eine zeitliche Abfolge ("diejenigen, die früher kamen", und "diejenigen, die später kamen") oder auf den Status ("Führer" und "Mitläufer"). In beiden Fällen beziehen sie sich, wie der nächste Satz andeutet, auf den bösen Einfluss, den die ersten auf die letzten ausgeübt haben -entweder direkt, als ideologische Führer oder Würdenträger, oder indirekt als zeitliche Vorläufer, deren Beispiel in späteren Zeiten nachgeahmt wurde. (Asad)

107. Dafür, dass sie selbst Böses getan und andere dazu verleitet haben. (Siddiqi)

108. Die früheren Generationen haben zweifache Schuld auf sich geladen:

1. ihre eigenen Vergehen;

2. das schlechte Beispiel, das sie ihren Nachfolgern gegeben haben.

Wir sind nicht nur für unseren eigenen Fehler verantwortlich, sondern auch für die. zu denen unser Beispiel und die Erziehung, die wir unserer nachfolgenden Generation geben, diese verleiten. Aber die Jüngeren haben nicht das Recht, den Älteren eine vielfache Strafe zu wünschen, denn das Motiv dahinter ist nicht Gerechtigkeit. sondern reiner Trotz, der in sich selbst ein Fehler ist. Die späteren Generationen haben sich außerdem für zwei Dinge zu verantwol1en:

1. ihre eigenen Vergehen und

2. dafür, dass sie aus der Vergangenheit nicht gelernt haben und von den Erfahrungen derer, die ihnen vorangingen.

In dieser Hinsicht hätten sie einen Vorteil haben können, aber sie haben keinen Gebrauch davon gemacht. Insofern gibt es, was die Schuld betrifft, keinen Unterschied zwischen früheren und späteren Generationen. In Suura 6:160 haben wir erfahren, dass Gutes belohnt wird, Böses aber auf gerechte Weise entsprechend seinem Wert bestraft. Dieser Aja widerspricht dieser Aussage nicht. Ein zweifaches Vergehen bringt zwei­fache Strafe. (Juusuf 'Allii)

 

39. Und die Erste wird zur Letzten sagen: "Dies bringt euch keinen Vorteil uns gegenüber.109 So kostet auch die Strafe für das, was ihr stets erworben habt."110

109. Das heißt: "Ihr habt genauso wie wir aus eigener freier Entscheidung den falschen Weg eingeschlagen, deswegen tragt ihr dieselbe Verantwol1ung wie wir." Eine andere mögliche Interpretation ist: Ihr seid uns keineswegs überlegen. denn ihr habt nichts aus unseren Fehlern gelernt. (Asad)

Wenn wir euch zu falschem Verhalten veranlasst haben, so seid ihr uns doch gefolgt, obwohl ihr Allahs Botschaft erhalten hattet und Allah euch mit Vernunft ausgestattet hat, so dass ihr Recht und Unrecht hättet unterscheiden können. (Siddiqi)

110. Übeltäter haben gegeneinander kein Ehrgefühl. Schuld und Verbrechen führen zu Trotz und Gemeinheit und bitteren Vor­würfen den Komplizen gegenüber. (Juusuf 'Allii)

 

Abschnitt 5

40. Wahrlich, für diejenigen, die Unsere Zeichen ableugneten und sie verschmäh­ten, werden die Tore des Himmels nicht geöffnet111 und sie werden nicht ins Paradies eintreten, ehe nicht ein Kamel durch ein Nadelöhr eingedrungen ist.112 Auf diese Weise vergelten wir die Übeltäter.

111. Nach ibn Abbas besagt diese Metapher, dass Allah von solchen Menschen weder gute Taten annimmt noch Bittgebete er­hört. (Asad)

"... werden ihnen die Tore des Himmels nicht geöffnet" wird von den ersten Qur’anauslegern auf zweierlei Art erklärt:

1. Ihre Taten werden von ihnen nicht angenommen und zu Allah erhoben werden, wie die der Rechtschaffenen;

2. Ihre Seelen werden nicht zum Himmel emporgehoben, wobei dieser Ausdruck beim Volk der Schrift wohlbekannt ist. (Al-Manar)

112. Wörtlich: "bis (Hattaa حَتَّى ) ein gedrehtes Seil durch ein Nadelöhr geht". Da dieser Satz eine Unmöglichkeit ausdrücken soll, kann "Hattaa" auch mit "genauso wenig wie" übersetzt werden. Es besteht kein Zweifel, dass es in diesem Zusammenhang irreführend ist, das Wort "Dschamal" الْجَمَل mit "Kamel" zu übersetzen. Wie Samahsari und andere klassische Kommentatoren ein­schließlich Ra’si erwähnt haben, las ibn Abbas das Wort als Dschumma ("ein dicken Seil" oder "ein gewundenes Seil"); dieselbe Leseart ist ’Allii ibn Abuu Talib zugeschrieben worden. Auch andere Formen dieses Wortes wie Dschumal, Dschuml Dschumul und schließlich Dschamal (wie in der allgemein akzeptierten Version des Qur’an) bedeuten alle "ein dickes, gedrehtes Seil" und sind mit dieser Bedeutung von den Gefährten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oder deren unmittelbaren Nachfolgern (tabi'un) gebraucht worden. Die Tatsache, dass ein ähnlicher Satz in der griechischen Version der synoptischen Evangelien erscheint (Matt­häus 19:24, Markus 10:25 und Lukas 18:25), hat keinen Einfluss auf diesen Sachverhalt. Es sei daran erinnert, dass die Evangelien ursprünglich in Aramäisch verfasst wurden, der Sprache Palästinas zur Zeit Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und dass diese aramäischen Texte nicht mehr existieren. Es ist höchstwahrscheinlich, dass durch das Fehlen der Vokalzeichen in der aramäischen Schrift der griechische Übersetzer das aus Konsonanten bestehende Wort für "Kamel" gehalten hat, ein Fehler, der seither in Bezug auf diesen Aja sowohl von Muslimen als auch von Orientalisten ständig wiederholt wurde. (Asad)

 

41. Die Hölle wird ihre Liegestätte und ihre Zudecke zugleich.113 Auf diese Weise belohnen wir die Ungerechten.114

113. Wörtlich: "für sie gibt es einen Ruheplatz (aus Feuer) der Hölle und über ihnen Decken (davon). (Asad)

114. Das Wort "’Salimun" bezeichnet die Verbrecher im allgemeinen: Götzendiener, die Allahs Zeichen ableugnen und Lügen gegen Ihn ersinnen. (Qutb)

 

42. Diejenigen aber, die den Imaan verinnerlichen und gute Werke tun -Wir bürden keiner Seele mehr auf, als sie zu tragen vermag115 -diese sind die Bewohner des Paradieses, darin werden sie ewig leben.

115. Dieser Satz ist eingeschoben. Es ist niemals schwierig, Gutes zu tun. (Darjabaadi)

Diejenigen. die an Allah und an den jüngsten Tag den Imaan verinnerlichen und gute Werke verrichteten, in der Art, wie es ihnen die Ge­sandten erläutert haben. Diese Werke sind nicht schwer. da wir nur zu dem verpflichtet sind, was wir auch ertragen kön­nen. (Al-Manar)

 

43. Und Wir werden alles, was116 sie an Hass in ihren Herzen hatten, entfernen.117 Unter ihnen werden Ströme flie­ßen und sie werden sagen:118 "Preis sei Allah, Der uns hierher geführt hat! Niemals wären wir rechtgeleitet gewesen, wenn uns Allah nicht geleitet hätte.119 Die Gesandten unseres Herrn sind tatsächlich mit der Wahrheit gekommen." Und sie werden den Ruf verneh­men: "Dies ist der Paradiesgarten vor euch.120 Ihr seid zu seinen Erben ge­macht worden121 für das, was ihr getan habt."122

116. Und in Vergessenheit geraten lassen. (Darjabaadi)

117. Ein Mensch. der Unrecht erlitten hat oder enttäuscht worden ist, hat vielleicht in seinem Inneren noch eine Bitterkeit, die gelegentlich in sein Bewusstsein dringt und einen Schatten auf sein Glück wirft. Dann ist die Erinnerung selbst schmerz­haft. Auch Trauer wird in der Erinnerung intensiviert. Aber dies gilt für unser vollkommenes Leben. Im vollkommenen Glück der Rechtschaffenen werden solche Gefühle ausgelöscht. Die Schatten der Vergangenheit werden sich im strahlen­den Licht aufgelöst haben, und kein vergangenes Glück wird mit dem vollkommenen Glück vergleichbar sein, das sie erreicht haben. Auch kein Neid wird diese Glückseligkeit überschatten. (Juusuf  'Allii)

Groll. den sie vielleicht zu Lebzeiten gegeneinander gehegt hatten. Dieser wird durch vollkommene Liebe und Freund­schaft ersetzt. In dieser Beziehung besteht ein scharfer Gegensatz zwischen den Bewohnern des Paradieses und denen der Hölle. deren Inneres voll ist mit Neid, Hass und Groll. (Darjabaadi)

Wenn es zwischen den guten Menschen in dieser Welt irgendwelche feindseligen Gefühle oder Missverständnisse gegeben hat. dann werden diese alle im zukünftigen Leben beseitigt. Ihre Herzen werden ganz frei von Feindschaft, und sie kom­men als aufrichtige Freunde ins Paradies. Sie werden nicht einmal unangenehm berührt, wenn sie sehen, dass ihre Opponenten, Rivalen und Kritiker die Freuden des Paradieses mit ihnen teilen. Allah würde die guten Menschen nicht mit einem solchen Schatten auf ihrem Charakter ins Paradies kommen lassen, sondern sie durch seine Barmherzigkeit reinigen. (Mauduudi)

118. In wahrer Demut und von Dankbarkeit überwältigt. (Darjabaadi)

119. Denn sie waren Menschen, die auch als solche gelebt haben. Manchen Ärger haben sie unterdrückt und manchen Hass haben sie mal besiegt und mal sind sie von ihm besiegt worden, jedoch ohne dass irgendwelche Spuren zurückbleiben. Nach Qurtubi hat der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesagt: "Groll bleibt draußen vor den Toren des Paradieses wie der Liegeplatz der Kamelstuten. Allah wird ihn aus den Herzen der Mu’mins entfernen." (Qutb)

Die Bewohner des Paradieses sind demütig und dankbar. Sie schreiben es allein Allahs Barmherzigkeit zu, dass sie im Erdenleben dem rechten Weg gefolgt sind, und würden nie für sich beanspruchen, aufgrund eigenen Strebens ins Paradies gelangt zu sein. (Siddiqi)

120. Jetzt können wir uns mit eigenen Augen davon überzeugen. (Darjabaadi)

121. Vergleiche Matthäus 5:5, wo Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in der Bergpredigt sagt: "Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdenreich besitzen." Hier wird uns gesagt: gesegnet sind die Rechtschaffenen, denn sie werden das Himmelreich erben. Die Beto­nung liegt hier auf tatsächlich praktischen Handlungen der Rechtschaffenden. Ob sie auf Erden belohnt werden, ist unwe­sentlich: ihre Aufmerksamkeit wird auf den unendlich größeren Lohn im Himmelreich gelenkt. In der Bergpredigt wird dies den "Armen im Geiste" versprochen (Matthäus 5:3). (Juusuf 'Allii)

122. Gute Werke in diesem Leben sind die unmittelbare Ursache für die Glückseligkeit des Menschen im zukünftigen Leben. während Allahs Barmherzigkeit die wirkliche, endgültige Ursache ist. (Darjabaadi)

 

44. Und die Bewohner des Paradieses wer­den den Bewohnern des Feuers zurufen: "Wir haben als wahr gefunden, was unser Herr uns versprochen hat.123 Habt auch ihr als wahr gefunden, was euer Herr euch versprochen hat?"124 Sie werden sagen: "Ja!"125 Und ein Rufer wird unter ihnen verkünden: "Der Fluch Allahs über die, die Unrecht tun!"126

123. Dass nämlich Imaan und gute Taten zum Paradies führen. (Darjabaadi)

124. Dass Kufr und Treulosigkeit zur Hölle führen. (Darjabaadi)

Die Mu’mins haben in ihrem irdischen Leben darauf vertraut, dass Allah Sein Versprechen erfüllt. Diese Frage enthält deshalb eine bittere Ironie. (Qutb)

125. Die Höllenbewohner können nur mit einem einzigen Wort antworten: "Ja"; in einem solch elenden Zustand sind sie. Auch dann noch geht ihre Stimme unter in der Stimme des Aufrufers, der ihren Zustand erklärt: sie sind verflucht, das heißt ohne Allahs Gnade und Barmherzigkeit. Dies ist der größte Verlust, den eine Menschenseele erleiden kann. (Juusuf ’Allii)

126. Die Bedeutung des Wortes ’Salimun" wird im folgenden Aja genau definiert. Sie ist gleichbedeutend mit "Kaafirun". Damit sind diejenigen gemeint die andere von Allahs Wegen abbringen und bewusst und absichtlich Irrwegen folgen und das Jenseits leugnen. (Qutb)

 

45. Jene, die (andere) vom Pfad Allahs abhalten und ihn krümmen wollen und nicht ans Jenseits den Imaan verinnerlichen."127

127. Sie versuchen ihre eigenen krummen Gedanken hineinzuinterpretieren, wenn ihnen Allahs Weg gezeigt wird. Statt geradewegs darauf zu zugehen, versuchen sie etwas zu finden. was zu ihrer eigenen ungeraden Geisteshaltung passt. In Wirk­lichkeit haben sie nicht den Imaan verinnerlicht an ihr endgültiges Ziel. (Juusuf ’Allii)

 

46. Zwischen ihnen wird eine Schranke sein,128 und auf den Höhen werden Männer sein, die jeden einzelnen an seinen Merkmalen erkennen.129 Und sie werden den Bewohnern des Paradieses zurufen:130 "Friede sei mit euch."131 Diese werden noch nicht dort eingetreten sein, doch sie erhoffen es sehr.132

128. Das Wort "hidschaab" حِجَاب bezeichnet etwas, das als Trennung zwischen Dingen wirkt oder das eine vor dem anderen verbirgt, es wird sowohl im konkreten als auch im abstrakten Sinne verwendet. (Asad)

129. Sie werden den einzelnen an den Merkmalen erkennen. wie sie in Suura 80:38-42 erwähnt sind. (Al-Manar)

Dieser schwierige Abschnitt ist von den Kommentatoren unterschiedlich interpretiel1 worden. In der Interpretation können drei verschiedene Denkrichtungen unterschieden werden:

1) Einige nehmen an, dass es sich bei den Leuten auf der Höhe um Engel handelt oder um Menschen, die einen hohen geistigen Rang erlangt haben, beispielsweise große Propheten, so dass sie in der Lage sind. "den geistigen Wel1 einer Seele auf den ersten Blick zu erkennen; die Höhen sind dann ihre erhabenen Standplätze, von denen aus sie die Rechtschaffenen mit dem Friedensgruß empfangen. noch bevor diese das Paradies betreten haben.

2) Andere wieder denken, dass es sich bei den Leuten auf der Höhe um solche Seelen handelt. die nicht eindeutig der Seite des Verdienstes oder Verlustes zuzurechnen sind, sondern genau zwischen Paradies und Hölle stehen. Ihr Fall muss auch noch entschieden werden. aber wenn sie die Rechtschaffenen grüßen, ist dies ein Wunsch. denn sie hoffen auf Allahs Barm­herzigkeit.

3) Diese Interpretationsmöglichkeit der ich mich anschließe, steht der ersten nahe. mit dem Unterschied, dass die Trenn­wand lind die Höhe sinnbildlich zu verstehen ist. Die hochstehenden Seelen freuen sich über die bevorstehende Rettung der Rechtschaffenen. (Juusuf 'Allii)

130. Nach verschiedenen Überlieferungen wird berichtet. dass jene Leute, die sich auf den Höhen befinden -der Trennwand zwischen Garten und Feuer -eine Gruppe von Menschen sind, die sich genau im Gleichgewicht zwischen Gut und Böse befinden. nicht ausreichend für das Paradies, aber auch nicht schlimm genug für die Hölle. Sie befinden sich dazwischen und hoffen auf Allahs Gnade und Barmherzigkeit. Sie erkennen die Paradiesbewohner an ihren Merkmalen. vielleicht an ihren strahlenden Gesichtern oder an dem Licht, das sie ausstrahlen. Aber auch die Höllenbewohner erkennen sie an ihren Merkmalen, vielleicht an ihren finsteren Gesichtern oder an dem Brandmal, das ihnen infolge ihres Lebenswandels in die­ser Welt aufgedrückt wurde (vergleiche Suura 68: 16) Und nun richten sie den Friedensgruß an die Paradiesbewohner und hoffen, dass Allah sie bald mit diesen im Paradies vereint. (Qutb)

131. Das ist der übliche Gruß unter Muslimen. (Darjabaadi)

132. Obgleich sie letztlich ins Paradies gelangen sollen, sind sie aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif dazu. (Darjabaadi)

 

47. Und wenn ihr Blick den Bewohnern des Feuers zugewendet wird,133 sagen sie:134 "Unser Herr, reihe uns nicht unter das Volk jener ein, die Unrecht getan haben."

133. .,Ihre Augen": Nach Interpretationsmöglichkeit 2 in Fußnote 129 würde sich das ..ihr" auf die Leute beziehen, deren Schicksal noch nicht entschieden ist, und sie wären auch die Sprecher. Nach Interpretationsmöglichkeit 1 und 3 würde sich das "ihr" auf die Paradiesbewohner beziehen, denen das fürchterliche Wesen der Hölle bewusst wird und die ihren Horror davor zu Ausdruck bringen. Letzteres ziehe ich vor. Die Erwähnung der "Leute auf den Höhen" und ihre Rede in Aja 48 kommt dann ganz natürlich herein als ganz andere Redeweise von einer andern Art von Menschen. (Juusuf 'Allii)

134. Erschrocken von ihrem Anblick. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 6

48. Und jene auf den Höhen135 werden den Menschen, die sie an ihren Merkmalen erkennen, zurufen, indem sie sagen:136 "Was nützt euch jetzt, was ihr (im Diesseits) angehäuft habt, und euer Hochmut?137

135. Die Leute auf den Höhen sprechen zu den Rädelsführern der Höllenbewohner. (Siddiqi)

136. Diese Rede besteht aus drei Teilen:

1. Die letzten Zeilen dieses Ajas sind an die Höllenbewohner gerichtet und erinnern sie (wie Richter vielleicht zu einem Angeklagten sprechen) an die Nutzlosigkeit ihrer Besitztümer und ihrer Arroganz in ihrem irdischen Leben;

2. der zweite Teil in der ersten Hälfte von Aja 49 erinnert sie daran, wie sinnlos und unberechtigt die Verachtung war, die sie den guten Menschen entgegengebracht hatten, die jetzt im Paradies leben; und

3. der letzte Teil von Aja 49, "tretet ein in den Garten", ist an die Seligen gerichtet, um sie in ihrem neuen Zustand der Glückseligkeit zu begrüßen. (Juusuf ’Allii)

137. Eure Arroganz und Selbstüberschätzung. (Darjabaadi)

Das Wort "Dscham'ukum" جَمْعُكُمْ bedeutet ,.eure Ansammlung weltlicher Reichtümer" oder aber auch "eure quantitative Stärke". Der Satz kann auch als Fragesatz übersetzt werden: Was nützte euch eure zahlenmäßige Stärke oder eure Aufhäufung irdischer Reichtümer, worauf ihr so stolz wart? (Siddiqi)

 

49. Seht, sind das nicht diejenigen, von denen ihr geschworen habt, Allah würde ihnen niemals Seine Barmherzigkeit erweisen?138 So tretet ein in den Paradiesgarten. Ihr werdet euch (darin) weder ängstigen, noch werdet ihr traurig sein."

138. Dies sind die Schwachen, die von den hier Angesprochenen im irdischen Leben unterdrückt und gepeinigt worden sind. (Al-Manar)

Was bedeutet, dass die Mu’mins Allahs Gnade nicht verdienten oder aber auch, dass Allah gar nicht existiert. Der Ausdruck .,ihr habt feierlich verkündet" (wörtlich: "ihr habt unter Eid gesagt") ist eine Metapher, die die völlige Überzeugung der Kaafirs in dieser Beziehung zum Ausdruck bringen soll. (Asad)

Jetzt seht ihr mit eigenen Augen, wie nichtig eure großsprecherischen Ansprüche waren. (Siddiqi)

 

50. Und die Bewohner des Feuers werden den Bewohnern des Paradieses zurufen: "Lasst doch Wasser auf uns herabfließen oder (etwas) von dem, womit Allah euch beschenkt hat."139 Da werden sie sagen: "Wahrlich, Allah hat beides für die Kaafirs verboten.140

139. Als Trost oder Erfrischung. (Darjabaadi)

140. Höllenbewohner sehnen sich nach Wasser und Nahrung und bekommen sie nicht, während die Paradiesbewohner den er­frischenden Regen von Allahs Gnade und das kristallklare Wasser aus den Bächen und Quellen von Allahs Wohlgefallen genießen. Auch der Anblick und die Gegenwart Allahs ist die Frucht ihrer Prüfungen und ihres Strebens in ihrem irdischen Leben. Dies ist nicht übertragbar. Vergleiche auch Suura 37:41-47 und 62-67. (Juusuf 'Allii)

"Verboten" nicht im moralischen oder rechtlichen Sinne des Wortes, sondern physisch. Es ist physisch unmöglich für die Höllenbewohner, die Freuden des Paradieses zu erlangen. Sie sind nicht in der Lage. sich diesen Segen zugänglich zu machen. (Darjabaadi)

 

51. Die ihren Diin als Zeitvertreib und Spaß nahmen141 und sich vom diesseiti­gen Leben betören ließen."142 Heute wollen Wir sie vergessen,143 so wie sie die Begegnung (mit ihrem Herrn) an diesem Tage vergaßen144 und zudem stets Unsere Zeichen ablehnten.145

141. Die Höllenbewohner sind ja gerade diejenigen, die in ihrem Leben keinerlei Diin und Wertesystem ernst genommen haben und sich mit ihrer Einstellung "nach uns die Sintflut" von den Attraktionen der materiellen Welt verführen ließen. (Siddiqi)

Vergleiche Suura 6:70 und entsprechende Fußnoten. (Asad)

142. Welche Ernte können sie erwarten, wenn sie nichts gesät haben? (Darjabaadi)

143. "Vergessen" geschieht unwillkürlich durch eine Unvollkommenheit des Gedächtnisses, oder im übertragenen Sinne, in­dem man sich absichtlich von etwas abwendet oder etwas ignoriert, was unangenehm zu sein scheint. Hier ist letzteres gemeint. Wenn der Mensch trotz aller Warnungen und

Ermahnungen aus freien Stücken das zukünftige Leben ignorierte, kann er dann erwarten, von Allah angenommen zu werden, Den er selbst abgelehnt hat? (Juusuf  'Allii)

144. Sie haben die Begegnung mit Allah bewusst ignoriert. (Darjabaadi)

145. Dies ist der zweite Grund dafür, dass sie sich von Allahs Gnade entfernt haben. (Siddiqi)

 

52. Doch Wir gaben ihnen ein Buch,146 das Wir wissend147 dargelegt haben als Rechtleitung und Gnade für Menschen, die den Imaan verinnerlichen wollen.148

146. Beachte. dass der Qur’an sich hier als ,.Buch" oder "Schrift" bezeichnet. Dies ist von vorneherein ein Hinweis auf seine Vollständigkeit. (Darjabaadi)

147. Der Qur’an bringt Einzelheiten von der Wahrheit und Wirklichkeit und von der rechten Haltung, die der Mensch dem Le­ben in dieser Welt gegenüber einnehmen soll, sowie die Grundprinzipien des Rechten Weges. Es ist zu beachten, dass diese Einzelheiten nicht auf Vermutungen oder Willkür beruhen, sondern auf reinem und präzisem Wissen. (Mauduudi)

Die unbestimmte Form des Wortes „Wissen“ steht sowohl für die unendliche Reichweite des Wissens Allahs als auch für seine unendliche Feinheit und Genauigkeit. (Siddiqi)

148. Der Qur’an ist "Rechtleitung", denn seine Lehren sind so klar, dass sie jedem den Weg weisen können, der darüber nach­denkt. Die praktischen Auswirkungen dieser Rechtleitung werden im Leben derjenigen sichtbar, die daran den Imaan verinnerlichen und seinen Lehren folgen. Der Qur’an ist wirklich ein Segen, denn er bewirkt segensreiche Veränderungen in der Geisteshal­tung, der moralischen Einstellung und dem Charakter dessen, der ihn akzeptiert. Dies kommt besonders deutlich in den wunderbaren Veränderungen im Leben der Gefährten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihn, zum Ausdruck. (Mauduudi)

Vergleiche auch Suura 6: 155. (Anm. d. Übers.)

 

53. Wollen sie149 etwa auf die Erfüllung150 Seiner (Darlegungen) warten? Doch am Tage, wenn die Erfüllung eintrifft, werden diejenigen, die Ihn vordem verges­sen hatten, sagen: Es war die Wahrheit, mit der die Gesandten unseres Herrn gekommen sind. Haben wir denn keine Fürsprecher, die für uns Fürsprache einlegen könnten, oder könnten wir denn nicht zurückgeschickt werden?151 Dann würden wir ganz anders handeln als wir zu handeln pflegten."152 Sie haben in der Tat ihre Seelen verloren, und was sie lügnerisch ersonnen haben, hat sie im Stich gelassen.153

149. Die Kaafirs, die sich vom Qur’an nicht angesprochen fühlen. (Darjabaadi)

150. Die tatsächliche Erfüllung der im Qur’an ausgesprochenen Verheißungen. (Darjabaadi)

In diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff "Ta'wiil"  تَأْوِيلَهُ  (wörtlich: "Bemühung, die endgültige Bedeutung zu erlangen", beispielsweise einer Aussage oder eines Ereignisses) die Erfüllung der im Qur’an ausgedrückten Warnungen: in diesem Falle also die "Entfaltung seiner endgültigen Bedeutung". (Asad)

Der Unterschied zwischen Recht und Unrecht ist auf vernünftige Weise dargelegt worden, aber einige Menschen sehen dies trotzdem nicht ein. Sie kennen die Beispiele derer, die sich völlig zum Besseren verändert haben, indem sie dem Rechten Weg folgten, aber sie lernen nicht von ihnen. Solche Menschen werden ihren Irrtum erst eingestehen, wenn sie mit den Folgen ihres falschen Verhaltens konfrontiert werden. (Mauduudi)

151. Wenn die Menschen, die den Islam ablehnen. erst abwarten wollen, was im zukünftigen Leben geschieht, werden sie tatsächlich die Wahrheit erfahren, aber es ist zu spät für sie, davon noch einen Nutzen zu haben. Alle ihre falschen Ideale und Idole. auf die sie sich verlassen, werden sie im Stich lassen. Wenn sie angenommen haben, die Güte oder Größe Ande­rer würde ihnen helfen. werden sie an dem Tag enttäuscht sein, wenn ihre persönliche Verantwortung gefragt ist. Es gibt keine Rettung oder Erlösung ohne das eigene Streben des Menschen. (Juusuf  'Allii)

152. Wenn sie mit eigenen Augen die Folgen ihres Verhaltens und ihrer Einstellung sehen, dann sagen sie: "Da wir nun die Wahrheit selbst gesehen haben, würden wir uns anders verhalten, wenn wir noch einmal in dieselbe Welt zurückgeschickt würden." Vergleiche auch Suura 6:27-28; 14:44-45; 32: 12-13; 35:37; 39:56-59 und 40: 11-12. (Mauduudi)

153. Vergleiche Suura 6:27-28. (Asad)

Sie haben ihre Seele im Diesseits verloren. indem sie sie mit Sünde und Götzendienst beschmutzt haben. Somit haben sie es nicht verdient, am Glück des Jenseits teilzunehmen. An diesem Tage werden sie fallengelassen von ihren Götzen, von denen sie fälschlicherweise behaupteten. sie würden Fürbitte für sie einlegen bei Allah. (Al-Manar)

 

Abschnitt 7

54. Wahrlich, euer Herr Allah, Der die Himmel und die Erde in sechs Tagen er­schaffen hat,154 alsdann Sich hierauf über dem Thron erhob,155 lässt die Nacht den Tag verhüllen, der ihr (wiederum) ständig folgt,156 und die Sonne und der Mond und die Sterne sind Seinem Befehl unterworfen.157 Wahrlich, Sein ist158 die Schöpfung und der Befehl!159 Segensreich160 ist Allah, der Herr der Welten.

154. Ein erhabener Aja, der fast dem Thronvers (Suura 2:255) vergleichbar ist. Die Schöpfung in sechs Tagen ist selbstver­ständlich metaphorisch zu verstehen. Die in Suura 14: 14 erwähnten "Tage Allahs" beziehen sich weniger auf die Zeit als auf Wachstum im geistigen Sinne. In Suura 22:47 erfahren wir, dass ein Tag vor Allah wie tausend Jahre unserer Zeitrech­nung ist, und in Suura 70:4 ist sogar die Rede von 50.000 Jahren. In der Geschichte unserer materiellen Erde können wir sechs große Entwicklungsperioden erkennen. Die Bedeutung der Zahl sechs wird in Verbindung mit Suura 12:9-12 behan­delt. (Juusuf ’Allii)

Das islamische Bekenntnis zur Einheit Allahs lässt weder eine anthropomorphe Vorstellung von Allahs Wesen zu, noch irgendwelche Spekulation über Seine Handlungsweise, denn Allah ist unvergleichlich, und es ist den menschlichen Vorstel­lungen unmöglich sich ein Bild von dem Wesen Allahs zu machen.

Was die Schöpfung der Himmel und der Erde in sechs Tagen betrifft, so gehört dies auch zu den verborgenen Dingen, da weder Mensch noch ein anderes Geschöpf als Zeuge dabei waren (vergleiche Suura 18:51). Die Zahl Sechs könnte ent­weder sechs Schöpfungsphasen oder Entwicklungsstadien sein, aber auch Tage Allahs, die nicht nach zeitlichem Standard gemessen werden können, denn die Himmelskörper. nach deren Umdrehung unsere Zeitrechnung erfolgt, waren noch gar nicht vorhanden. Alles, was darüber unter dem Namen "Wissenschaft'. ausgesagt wird, ist unbewiesene Hypothese. (Qutb)

Die Erwähnung der sechs Schöpfungstage weist auf die sorgfältige Planung und den Prozess allmählicher Schöpfung und Entfaltung des Universums hin. (Siddiqi)

155. Der Thron ist selbstverständlich metaphorisch zu verstehen, ein Symbol für Autorität, Macht und Aufmerksamkeit, ebenso wie "Kursi" (Stuhl, Thron) in Suura 2:255. Kursi bezieht sich vielleicht mehr auf Majestät, während sich diese Bezeichnung sich mehr auf Macht bezieht, und diese leicht verschiedenen Bedeutungen erläutern die beiden Abschnitte. Hier wird uns mitgeteilt, dass Himmel und Erde an sechs Tagen erschaffen wurden. Damit wir jedoch nicht von der jüdischen Vorstellung beunru­higt werden, Allah habe am siebten Tag geruht, wird hier gesagt, dass die Schöpfung nur ein Auftakt zu Allahs Wirken war. denn Seine Macht wirkt ständig durch die Gesetzmäßigkeiten, die Er eingesetzt hat und überall in Seiner Schöpfung zur Geltung bringt. Das schöne Bild von Tag und Nacht, die einander in schneller Folge abwechseln, wird im Arabischen weiter verstärkt durch den doppelten Akkusativ, der mit dem Verb „judschsi“ verbunden ist, wodurch die Interaktion von Tag und Nacht hervorgehoben wird. Die Himmelskörper zeigen eine Ordnung, die Seine ständige Lenkung und Fürsorge be­weisen. Darüber hinaus ist Er es allein, Der schafft, erhöht und regiert, kein anderer. (Juusuf 'Allii)

Allah, Der dieses, in seiner Größe und Pracht imponierende Dasein erschaffen hat, und Der sich dieses Daseins bemächtigt, es durch Seinen Befehl und Beschluss lenkt und verwaltet, ist Der, Der Tag und Nacht einander ständig folgen lässt. Er ist Derjenige, Der es verdient, "euer Herr" zu sein, Der euch auf Seinem Weg erzieht und euch unter Seiner Ordnung vereint und mit Seinem Gesetz zwischen euch urteilt. (Qutb)

Die Konjunktion ’SUmmach, die diesen Satzteil einleitet, bedeutet nicht immer zeitlich später ("dann" oder "danach"). In Fällen, wo sie Parallelaussagen miteinander verbinden soll, hat sie die Funktion einer einfachen Konjunktion ("und"), wie beispielsweise auch in Suura 2:29.

Was den Begriff "Thron" oder "Herrschaftssitz" betrifft, so sind alle muslimischen Kommentatoren, die klassischen wie die modernen, einstimmig der Ansicht, dass sein metaphorischer Gebrauch im Qur’an Allahs absolute Herrschaft über alle Seine Geschöpfe ausdrücken soll. Anmerkenswert ist, dass in allen sieben Fällen, wo im Qur’an von Allah gesagt wird, Er "habe sich auf dem Thron Seiner Allmacht niedergelassen", (Suuras 7:54; 10:3; 13:2; 20:5; 25:59; 32:4 und 57:4) diese Ausdrucksweise mit der Erklärung verbunden ist, dass Er das Universum erschaffen hat. (Asad)

156. "Hasiis" حَثِيث bedeutet auch dauernd, ohne Unterbrechung. (Siddiqi)

157. Alle diese großartigen Himmelskörper, die von so vielen polytheistischen Völkern angebetet und verehrt wurden. sind also lediglich hilflose, geschaffene Dinge, und es ist sinnlos, ihnen zu dienen. (Darjabaadi)

158. Allein, ohne irgendwelchen Partner oder Rivalen. (Darjabaadi)

159. Allah ist der einzige Schöpfer, der einzige Ursprung und das einzige "Schöpferische Prinzip'.. ohne irgend jemanden. der Ihm dabei hilft oder zur Seite steht. (Darjabaadi)

Dies ist eine weitere Erläuterung des Satzes "Er setzte sich auf den Thron". Allah ist nicht nur der Schöpfer. sondern auch der Erhalter des Universums. Nach der Schöpfung hat Er weder die Herrschaft anderen übertragen, noch hat Er die Schöpfung oder einen Teil davon unabhängig gemacht, sondern Er hat seine gesamte Funktion in Seiner Hand behal­ten. Tag und Nacht folgen einander nicht von selbst, sondern durch Allahs Gebot, und nur Er hat die Macht, das gegenwär­tige System zu ändern oder ganz zum Aufhören zu bringen. Auch Sonne, Mond und Sterne haben keine eigenen inhärenten Kräfte, sondern unterstehen Seinem Befehl und dienen Ihm. (Mauduudi)

160. Die Grundbedeutung von „baraka“ ("Segen") ist Wachstum, Zunahme und Entwicklung sowie Größe, Erhabenheit, Bestän­digkeit und Stabilität. Außer allen diesen Bedeutungen umfasst das Wort den Gedanken von Wohl und Güte. Insofern be­deutet dieser Text: "Seine guten Eigenschaften und Seine Güte sind grenzenlos; Seine Wohltat verbreitet sich überall; Er besitzt absolute Größe. All Seine Vollkommenheit ist dauerhaft und beständig, ohne Verfall oder Vernichtung." (Mauduudi)

 

55, (So) ruft euren Herrn an in Demut und im Verborgenen.161 Wahrlich, Er liebt nicht die, die ( das Maß) übertreten.162

161. Wenn wir beten, sollen wir jede Arroganz und jedes auffällige Verhalten vermeiden, auch jede Nichtigkeit in unseren Bitten. Wenn in allen Dingen Übertreibung verurteilt wird, dann doch besonders dann, wenn wir demütig vor unseren Herrn treten. Siehe auch Fußnote 167 zu Suura 6 Aja 63. (Juusuf 'Allii)

Dies ist eine Anleitung, in welcher seelischer Haltung man Allah anrufen und Reue aussprechen sollte: Nämlich unterwür­fig, demütig und insgeheim und nicht lauthals. Denn eine insgeheim ausgesprochene Bitte passt besser zu der Erhabenheit Allahs und zur nahen Verbindung zwischen dem Diener und seinem Herrn. Allahs Gesandter, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte, als die Mu’mins einmal auf einer Reise waren: "Ihr Menschen, macht es euch selbst leichter. Ihr ruft nicht jemanden, der schwerhörig oder abwesend ist, sondern ihr ruft einen Hörenden, Der euch nahe steht und bei euch ist." (Qutb)

Vergleiche Mathäus 6:7: "Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhöret, wenn sie viel Worte machen." (Darjabaadi)

162. Die Liebe zu Allah ist in erster Linie eine Herzensangelegenheit, die zweifellos ihren Ausdruck in der Form des rituellen Gebets und der an Allah gerichteten Bitten und Anrufungen findet, aber ihre Haupteigenschaft ist Demut und Verschwie­genheit. Allah liebt es nicht. wenn sich der Mensch im Gebet provokativ zur Schau stellt. (Siddiqi)

 

56. Und stiftet kein Unheil auf Erden, nachdem dort alles aufs Beste geordnet ist,163 und ruft Ihn an in Furcht und Hoffnung.164 Wahrlich, die Barmher­zigkeit Allahs ist nahe denen, die Gutes tun.165

163. Wer in Demut und Ernst betet, dem ebnet Allah den Weg zur geistigen Weiterentwicklung. Allah hat alles geordnet und alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Deswegen stört er nicht diese Ordnung, wie es die Bösen tun, um Unheil zu stiften. (Juusuf 'Allii)

Im Zusammenhang mit der Demut beim Gebet kommt das Verbot, Allahs absolute Macht anzugreifen, indem man jeman­dem außer Allah die Gesetzgebung zuschreibt. Wir wollen auch kein Unheil stiften durch unsere Willkür, nachdem Allah die Erde durch Sein Gesetz in Ordnung und Harmonie gebracht hat. Eine Seele die Den anruft, Der uns nahe steht und stets erhört. ist weit entfernt davon, Überschreitungen zu begehen oder Unheil zu stiften. Somit gibt es zwischen beiden Bewegungen eine feste und enge Verbindung in der Formung der Gefühle und des Charakters. (Qutb)

Das Grundübel, das alle Unordnung in der Welt hervorruft, ist dass der Mensch aufgibt, Allah zu dienen und seinem eigenen Ich und anderen dient und ihnen folgt, statt seine Moral, Gesellschaft und Kultur nach Allahs Rechtleitung aufzubauen. Dadurch entsteht Unheil und Unfrieden, die weiteres Unheil und Unfrieden zur Folge haben, und deswegen zielt der Qur’an darauf ab. das Grundübel zu beheben. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass Unheil und Unfrieden nicht im System dieser Welt als Bestandteil enthalten sind, so dass sie durch Ordnung ersetzt werden müssten. Vielmehr stört der Unfrieden als Ergebnis der Unwissenheit und der Auflehnung des Menschen die vorhandene Ordnung. Mit anderen Worten, der Mensch begann sein Leben hier auf Erden nicht in Unwissenheit, Barbarei, Götzendienst, Auflehnung und Unmoral und wurde erst später allmählich gebessert. sondern sein Leben begann in Frieden und Ordnung, die hinterher durch Unwissenheit und Unrecht gestört wurden. Darautl1in schickte Allah Seine Gesandten, um die Unordnung zu beheben und die Lebenswei­se wieder zu harmonisieren, wie es ursprünglich gewesen war. Deswegen riefen sie immer wieder die Menschen zu dersel­ben Botschaft auf. (Mauduudi)

164. Furcht vor Seinem Zorn und Seiner Strafe. Hoffnung und Verlangen nach Seinem Wohlgefallen und Lohn. (Qutb)

Furcht und Sehnsucht: Taqwa ist in Wirklichkeit die Furcht, entgegen Seinem Willen zu handeln oder etwas zu tun, das Ihm nicht gefallt. Im Gegensatz zu gewöhnlicher Furcht oder Angst bringt sie uns näher zu Allah und fördert in der Tat unser Verlangen und unsere Sehnsucht nach Ihm. (Juusuf 'Allii)

Weder in Selbstgerechtigkeit noch in Verzweiflung an Seiner Barmherzigkeit. (Darjabaadi)

165. Die Allah dienen, als ob sie Ihn sähen, denn wenn sie Ihn auch nicht sehen können, so sieht Er sie doch -so hat der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufrichtiges Handeln beschrieben. (Qutb)

 

57. Und Er ist es, Der die Winde als Ver­künder Seiner Bannherzigkeit voraussendet,166 und wenn sie schwere Wolken herbeitragen,167 treiben Wir sie zu einem toten Land, und Wir lassen Wasser aus ihnen herabkommen. Da­durch bringen Wir alle möglichen Früchte hervor.168 Auf eben diese Weise werden Wir die Toten auferwecken, auf dass ihr ermahnt sein möget.169

166. Hier werden Spuren und Anzeichen der Herrschaft Allahs in diesem Dasein aufgezeigt. Spuren Seines Wirkens und Seiner Führung und Planung. Sie sind alle Allahs Werke. Und Er ist Der Schöpfer und gütige Geber dieser Mittel zum Lebensun­terhalt. die Er in Seiner Barmherzigkeit entstehen ließ. (Qutb)

Diese Parabel hat eine dreifache Bedeutung:

1. In der physischen Welt wehen die Winde wie Vorboten froher Botschaft; sie sind die Vorhut für stärkere Winde, die schwer beladene Wolken vor sich hertreiben: Allahs Fürsorge ist ihr Befehlsha­ber. der sie zu der ausgetrockneten Erde beordert. wo die Wolken ihre erfrischenden und tröstenden Schauer der Barmher­zigkeit regnen lassen, so dass die tote Erde in ein lebendes. fruchtbaren Land verwandelt wird. das reiche Ernte trägt.

2. In der geistigen Welt sind die Winde die starken Bewegkräfte im Gemüt des Menschen oder in seiner Umwelt. die Wolken -nämlich Instrumente der Barmherzigkeit Allahs -herbeibringen. die sich herabsenken und Seelen frucht­bar machen. die zuvor tot waren.

3. Wenn wir diese Dinge hier sehen und erfahren können. ist es dann nicht möglich die Auferstehung nach unserem Tod auf dieser Erde zu bezweifeln? (Juusuf 'Allii)

167. Er schickt Winde als Zeichen Seiner Barmherzigkeit. Diese Winde folgen den Gesetzen des Universums, die Allah für dieses Dasein festgelegt hat. Es wäre unsinnig anzunehmen, dieses Dasein habe sich aus eigenem Antrieb entwickelt und sich dann selbst diese Gesetze gegeben. nach denen es sich nun richtet! Nach islamischer Vorstellung geschieht zwar alles in diesem Universum nach entsprechenden Gesetzmäßigkeiten, die von Allah bestimmt sind, doch hat jedes Ereignis eine besondere Vorherbestimmung. So geschieht es auch mit dem Wind, der die Wolken zu einer von Allah vorherbestimmten "toten Erde" schickt, so dass sie eine von Ihm bestimmte Menge Regen bringen.

168. So wie Regen tote Erde wieder zum Leben erweckt, so bringen die Lehren des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die tote Menschlichkeit wieder zum Leben, so dass diese Früchte der Güte hervorbringt. Im weiteren Verlauf zeigt die Allegorie, dass all dieser Segen nur dem Boden nützt. der bereits reich und fruchtbar ist und nur auf den Regen wartet, um seine Schätze hervorzubringen. Gleicherweise können nur die Menschen vom Segen der Rechtleitung Nutzen haben, die die erforderlichen Fähigkeiten besitzen, ihre latenten Eigenschaften aber ohne die Rechtleitung nicht entfalten konnten. Um dies zu verdeutlichen, werden im Verlauf dieser Suura einige historische Ereignisse aufgeführt. (Mauduudi)

169. Der Qur’an stellt einen Zusammenhang her zwischen der Wirklichkeit dieses, durch Allahs Willen hervorgebrachten Le­bens auf der Erde, und der Auferstehung im Jenseits, die ebenfalls durch Allahs Willen und Gebot bewirkt wird. (Qutb)

Doch die Menschen vergessen diese offenkundige Tatsache und verlieren sich in Irrtum und Aberglauben. (Qutb)

 

58. Und ein gutes Land bringt (reichlich) Wachstum hervor mit Ermächtigung seines Herrn,170 und jenes, das schlecht ist, bringt nur kümmerliches hervor.171 So wandeln Wir die Zeichen ab172 für jene, die dankbar sind.173

170. Die dreifache Parabel (vergleiche oben Fußnote 166) wird hier fortgesetzt.

1. In der materiellen Welt bringt der befruch­tende Regen auf gutem Boden eine reiche Ernte hervor, aber auf schlechtem Boden wächst wenig oder nichts.

2. Auch in der geistigen Welt ruft Allahs Barmherzigkeit bei Seelen, die das Böse gewählt haben, keine Reaktion hervor.

3. Ob­gleich alle wieder zum Leben erweckt werden, werden nicht alle beim Endgericht ihr Ziel erreichen. (Juusuf ’Allii)

171. Ein gutes Herz wird im Qur’an und in den Hadiisen vielfach mit guter Erde verglichen, ein schlechtes Herz dagegen mit schlechter Erde. Heide bringen Früchte hervor. Aus dem Herzen wachsen verschiedene Absichten und Neigungen, die dann entsprechend im tätigen Leben verwirklicht werden, und aus der Erde kommen Pflanzen und Früchte hervor, die in Geschmack, Farbe und Arten ebenso verschieden sind. (Qutb)

Wer die Wahrheit aufrichtig sucht, zieht großen Nutzen aus der prophetischen Rechtleitung und schafft in sich selbst und in der Gesellschaft Taqwa, während tote Seelen der Verkündung der Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegenüber ungerührt bleiben und weder in sich selbst noch in ihrer Umgebung eine gesunde Veränderung bewirken. (Siddiqi)

172. Durch diese Parabeln und Gleichnisse. (Darjabaadi)

173. Diejenigen, die dankbar sind, das sind diejenigen, die freudig Allahs Botschaft annehmen und mit guten und rechtschaffe­nen Handlungen darauf reagieren. (Juusuf ’Allii)

Dankbarkeit wächst aus einem guten Herzen und weist sowohl auf gute Aufnahme wie auf gute Erfüllung hin. Und für diese Dankbaren legen Wir die Zeichen unserer Macht dar. Denn sie sind es, die Nutzen aus ihr ziehen und durch sie zum Gedeihen kommen. (Qutb)

 

Abschnitt 8

59. Wahrlich, Wir entsandten bereits Nuuch zu seinem Volk,174 und er sprach (zu ihnen): ,,O mein Volk! Betet Allah an, ihr habt keinen anderen Gott außer Ihm.175 Wahrlich, ich fürchte für euch die Stra­fe eines gewaltigen Tages!"176

174. Wer versucht, die Geschichte des Menschen wirtschaftlich oder politisch, biologisch, psychologisch oder geistig zu inter­pretieren, bekommt immer ein einseitiges Bild von den ineinander verschlungenen Faktoren und dem weitreichenden Wir­ken des Menschen, aus denen seine Geschichte entstanden ist. Die islamische Geschichte gibt als einzige einen Überblick über die gesamte weit ausgedehnte menschliche Geschichte. In dieser Suura stehen wir vor einigen Schauplätzen dieser Geschichte, die mit Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, anfängt, um dann über die anderen edlen Gesandten Allahs, Noah, Huud, Saalih, Luut. Schueyb, Muusa und zuletzt Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, zu berichten. Die im Qur’an erzählten Geschichten folgen nicht immer der chronologischen Ordnung, wohl aber in dieser Suura, denn hier soll die Geschichte des Islams und der Rechtleitung skizziert werden. Die Menschheit begann ihren Werdegang mit dem Imaan an den Einen Gott. Danach ist sie abgewichen zu Unwissenheit und Götzendienst und dem damit verbundenen Unrecht. An dieser Stelle erscheint ein Prophet mit dem Kern der Wahrheit. die sie zuvor gekannt und befolgt hatten. Die einen lehnen ihn ab, andere folgen ihm. Diese kehren zur Wahrheit und zum Imaan an den einen Gott zurück. Sie wissen, dass es für sie nur einen Gott geben kann, geben sich Ihm hin und hören auf die Worte ihres Propheten: ,,O mein Volk, dienet Allah, ihr habt keinen anderen Gott außer Ihm." Das ist die einzige Wahrheit, auf der alle Religionen Allahs begründet sind, und die sämtliche Propheten im Laufe der Geschichte übermittelt haben. Der Qur’an macht diesen Wortlaut einheitlich bei allen Propheten, um den einheitlichen Begriff der Aqida aller Religionen zum Ausdruck zu bringen.

Jeder Prophet wurde zu seinem eigenen Volk geschickt. Und jedes mal waren es die Einflussreichen, die die Wahrheit ab­lehnten und sich weigerten, Allah zu gehorchen. Ein Teil des Volkes schloss sich ihnen an. Daraufhin trennte Allah die recht­geleitete Gemeinschaft, die ihrem Propheten folgte, von der irrenden und bestrafte letztere.

Die Propheten riefen die Menschen nicht zu irgendeiner Ordnung auf, sondern zur Quelle des Daseins und zu der Wahr­heit, die in ihm tief verwurzelt ist. Diese Wahrheit ist die gleiche, die in der Naturanlage des Menschen fest verankert ist. (Qutb)

Die Geschichte von Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist in Suura 11:25-49 ausführlicher wiedergegeben. Hier geht es im wesentlichen darum, kurz die Geschichten einiger Propheten zwischen Nuuch und Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, zu umreißen und daraus eine Lehre für die Zeitgenossen Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, herzuleiten. Als Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Bosheit seiner Generation kritisierte, wurde er für verrückt erklärt und ausgelacht, denn er sprach von dem bevorstehenden großen Tag der Abrechnung. Allahs Vergeltung traf bald darauf ein -die große Flut, in der sein Volk ertränkt, er selbst aber und diejenigen, die den Imaan verinnerlichten und mit ihm in die Arche kamen, gerettet wurden. (Juusuf ’Allii)

Der Geschichte von Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ähnliche Überlieferungen gibt es in der Literatur der Griechen, Ägypter, Inder und Chinesen. Auch aus ältesten Zeiten überlieferte Geschichten aus Burma, Malaya, Australien, Neu Guinea und verschiedenen Teilen Europas und Amerikas beinhalten ähnlichen Stoff. (Mauduudi)

Die Geschichte dient zur Illustration dessen, was oben in Aja 57 und 58 ausgeführt wurde. Die Araber kannten sie bereits, und auch der Name Nuuch war ihnen nicht neu. (Siddiqi)

175. Die Religion Allahs ist das Gesetz des Lebens. Sie beruht darauf, dass alle Macht und Autorität im Leben des Menschen Allah allein gehören soll. Das bedeutet, dass der Mensch dem einzigen Gott dienen soll und dass es für ihn keinen anderen Gott gibt. (Qutb)

Darum meidet Polytheismus in jeder Form. (Darjabaadi)

Diese und andere ähnliche Ajas zeigen, dass das Volk Nuuchs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von der Existenz Allahs wusste und sie auch nicht ablehnte oder sich weigerte, Ihn zu verehren. Man hatte Ihm jedoch Partner zur Seite gestellt. Dieses Grundübel führte zu zahlrei­chen anderen Missständen. Es entstand beispielsweise eine Menschenklasse, die diese falschen Gottheiten repräsentierte. Diese ergriff allmählich alle religiöse, politische und wirtschaftliche Macht in der Gemeinschaft und schuf künstliche Bar­rieren zwischen Hoch- und Niedriggestellten in der Gesellschaft. Infolgedessen herrschte überall Chaos, Unterdrückung und Unmoral, und die Menschheit erreichte ein Tief. Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte diese Missstände beheben. (Mauduudi)

176. Dies bezieht sich entweder auf den Tag der Auferstehung oder auf die Sintflut. (Asad)

 

60. Die Anführer177 seines Volkes sprachen: "Wir sehen dich fürwahr in offen­ kundigem Irrtum!"178

177. "Al-Mala" الْمَلأُ  bedeutet "Versammlung", "Ratsversammlung", aber auch "die Führer", "die Fürsten", "Leute, deren Mei­nung Gewicht hat." (Darjabaadi)

178. Genauso reagierten die arabischen Götzendiener auf die Botschaft Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Der Irrende ist so weit von der Wahrheit abgewichen, dass er den, der ihn zur Rechtleitung auffordert, für den Irrenden hält. Dasselbe spielt sich in der heutigen Dschahiliija ab. Es wiederholt sich zu jeder Zeit. (Qutb)

 

61. Er sprach: „O mein Volk! Ich befinde mich keineswegs im Irrtum, sondern ich bin ein Gesandter des Herrn der Welten.“179

179. Wie kann ich irregehen, wo mich der Herr der Welten als Gesandten geschickt hat? Da Er mir den Weg gewiesen hat, habe ich keine Möglichkeit, von dem Weg abzuweichen, der zu Ihm führt. (Siddiqi)

 

62. Ich überbringe euch die Botschaft mei­nes Herrn und gebe euch wohlmeinenden Rat180, und ich weiß von Allah, was ihr nicht wißt.181

180. Das Verb "nasaha" نصَح hat ein umfangreiches Bedeutungsfeld. Es steht für alle solche Tugenden und guten Handlungen. für die der Rat gegeben wird. Ursprünglich soll es bedeuten "das Kleid nähen" oder ,.den Honig reinigen" -infolgedessen würde die Ableitung bedeuten: durch guten Rat die Herzen der Menschen reinigen und ihr Leben Allah gefällig ordnen. (Siddiqi)

181. Allah offenbart der Menschheit Seinen Willen durch die Propheten: ihr Wissen ist deswegen besonders zuverlässig und echt. (Siddiqi)

 

63. Wundert ihr euch etwa, dass eine Ermahnung von eurem Herrn durch einen Mann aus euren Reihen zu euch gekom­men ist,182 um euch zu warnen, auf dass ihr mutaqi werden möget und euch Barmherzigkeit zuteil werde?"183

182. Es war immer überraschend für die Menschen, dass Allah einen Menschen auserwählte, Seine Botschaft zu verkünden. Man hielt es für widersinnig, dass einem Sterblichen die Verantwortung auferlegt wurde, den Willen Seines Herrn zu übermit­teln. (Siddiqi)

An einer solchen Erwählung ist nichts merkwürdig, denn was die menschlichen Wesen betrifft, so sind sie allesamt merk­würdig. Der Mensch wirkt auf allen Ebenen dieser Welt, doch er bleibt stets mit seinem Herrn in Verbindung durch das Leben, das Er in ihn einhauchte. Wenn Allah aber einen dieser Menschen auserwählt, und Allah weiß sehr wohl, wen Er als Propheten erwählt, so empfängt dieser aufgrund der erwähnten Bindung die Offenbarung. Dieses feine Geheimnis ist die besondere Bedeutung des Menschen. (Qutb)

183. Es ist eine Ermahnung, die die Herzen der Menschen zur Taqwa bewegen soll, um Allahs Barmherzigkeit zu erlan­gen. (Qutb)

Aus den kurzen Schilderungen gewisser Ereignisse aus dem Leben der Propheten im Qur’an ist oft der Fehlschluss gezogen worden, alles sei mit ein paar Begegnungen abgetan gewesen, woraufhin Allah Seine Strafe schickte. Wer dies folgert, kennt den Stil des Qur’an nicht. Diese Dinge sind nur Teile einer langandauernden Auseinandersetzung, denn der Qur’an beschreibt nicht alle Einzelheiten. Wenn er ein historisches Ereignis erwähnt, beschränkt er sich immer auf den Teil der Geschichte, der in einem direkten Bezug zum behandelten Thema steht, und lässt alle anderen Details aus. Anhand der Geschichte von Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll dies verdeutlicht werden: An dieser Stelle ist es das Ziel, die Menschen vor den Folgen ihrer ablehnenden Haltung ihrem Propheten gegenüber zu warnen. Es ist also unnötig, die lange Zeitspanne zu erwähnen, in der der Prophet ununterbrochen seinem Volk die Botschaft ausrichtete. An anderen Stellen hingegen, wo die Geschichte erzählt wird, um den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Gefährten Ausdauer und Standhaftigkeit zu lehren, wird besonders diese lange Zeit erwähnt, so dass sie aus der Geschichte des Propheten Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lernen konnten, nicht den Mut zu verlieren. (Mauduudi)

 

64. Doch sie leugneten ihn (und seine Botschaft).184 Da retteten wir ihn185 und die, die mit ihm in der Arche waren186 und ließen jene ertrinken, die Unsere Zeichen verwarfen.187 Sie waren wahr­lich ein blindes Volk.188

184. Sie beharrten in ihrer Ablehnung trotz aller seiner Mühe. (Darjabaadi)

Wenn die Naturanlage des Menschen ein gewisses Maß an Lasterhaftigkeit erreicht hat, verliert sie die Fähigkeit zum Nachdenken. so dass Mahnung nichts mehr nützt. (Qutb)

185. Vom Untergang in der Flut. (Darjabaadi)

186. Die Mu’mins befanden sich mit ihm in der Arche. (Darjabaadi)

Vergleiche Genesis 6: 15. wo die Größe der Arche erwähnt wird. (Siddiqi)

187. Gelegentlich fragen Skeptiker, warum solche Dinge heute nicht mehr geschehen. Während der Aufstieg und Niedergang von Nationen ständig in der Welt stattfindet, ist diese Veränderung jedoch anders als die hier im Qur’an beschriebene, nämlich die augenblickliche Zerstörung einer Nation durch Flut, Erdbeben oder Sturm nach Warnung des Propheten. Als Erklärung dafür muss der Unterschied verstanden werden zwischen einer Gemeinschaft, in der ein Prophet lebt und einer, in der kein Prophet persönlich anwesend ist. Ein Prophet übermittelt Allahs Botschaft direkt und auf verständliche Weise und ist selbst ein Vorbild. Wenn sein Volk ihn dennoch ablehnt, verdient es schwere Strafe, die augenblicklich eintritt. Dies ist ein ganz anderer Fall als der einer Gemeinschaft, die die Botschaft des Propheten nur auf indirektem Wege emp­fangt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Allah nicht mehr straft, nachdem der letzte Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gekommen ist. Auch heute werden Völker durch Unglücksfalle heimgesucht. Nur sucht man nicht nach dem wahren Grund. (Mauduudi)

188. In ihrem Hass gegen den Propheten und ihrer Aversion gegen die Botschaft Allahs. (Darjabaadi)

Blind gegenüber der Wahrheit. Sie haben sie weder sehen können noch ließen sie sich zu ihr rechtleiten. (ibn Kasir)

 

Abschnitt 9

65. Und zu den 'Ad189 (entsandten Wir) ihren Bruder Huud.190 Er sprach (zu ih­nen): ,,O mein Volk! Betet Allah an, ihr habt keinen anderen Gott außer Ihm.191 Wollt ihr also nicht mutaqi sein?"

189. Das Volk 'Ad mit seinem Propheten Huud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird an vielen Stellen erwähnt, besonders in Suura 26:123-140 und 46:21-26. Ihre Geschichte gehört zur Tradition der arabischen Halbinsel. Ihr gleichnamiger Ahnherr 'Ad folgte Nuuch in der vierten Generation als Sohn von 'Aus, dem Sohn von Aram, dem Sohn von Sem, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen. Das Volk bewohnte ein weiträumiges Gebiet in Südarabien von Oman am Persischen Golf bis Hadramaut und Jemen am Südende des Roten Meeres. Wahrscheinlich waren die ausgedehnten Sandwüsten in ihrem Gebiet (vergleiche Suura 46:21) durch Kanäle bewässert. Sie vergaßen Allah und unterdrückten ihr Volk. Eine dreijährige Hungersnot suchte sie heim, aber sie achteten nicht auf die Warnung. Schließlich vernichtete sie ein furchtbarer Sturm und verwüstete ihr Land, aber ein Überrest von ihnen, die zweiten' Ad oder Samuud (siehe unten) wurde gerettet. (Juusuf 'Allii)

Die Araber zur Zeit des Propheten kannten diese Geschichte sehr gut. (Darjabaadi)

Dieser Stamm wird oft in der altarabischen Dichtung erwähnt. 1837 entdeckte James R. Wellested, ein Offizier der briti­schen Marine, in der Nähe von Hisn-i-Dschurab eine Steintafel, worauf der Prophet Huud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erwähnt wird und vom Gesetz des Propheten Huud die Rede ist. (Mauduudi) 

190. Huud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll der erste arabische Prophet gewesen sein. Er ist möglicherweise identisch mit dem biblischen Eber, dem Urvater der Hebräer ('Ibrim) (vergleiche Genesis 10:24-25), die -wie die meisten semitischen Stämme -wahrscheinlich aus Südarabien stammen. Der altarabische Name Huud taucht noch einmal auf im Namen von Jaqubs Sohn Juda (hebräisch Jahudah) , von dem die Bezeichnung "Jude" abgeleitet ist. Der Name Eber bedeutet sowohl im Hebräischen als auch in seiner arabischen Form' Abir "jemand, der herübergekommen ist" (nämlich von einem Gebiet in ein anderes). Dies ist vielleicht ein biblisches Echo der Tatsache, dass sein Stamm von Arabien nach Mesopotamien "herübergekommen ist". (Asad)

191. Dieselbe Botschaft, derselbe Disput, dasselbe Ende. Dies ist eine Gesetzmäßigkeit. (Qutb)

 

66. Die Kaafirs unter den Anführern seines Volkes sprachen: " Wahrlich, wir sehen dich voll Torheit!" und: "Wahrlich, wir halten dich für einen Lügner."192

192. Sie betrachteten ihn als "Wirrkopf', weil er von ihnen verlangte, ihre traditionellen Religionsvorstellungen und Gottheiten aufzugeben, und als "Lügner", weil er sich als Gesandten Allahs bezeichnete. (Asad)

Es erschien den Großen und Einflussreichen des Volkes untragbar, dass einer aus ihrem eigenen Volk sie zur Rechtleitung auffordert und ihre Mängel an Taqwa kritisiert. Sie beschuldigten ihn der Torheit und der Lüge, ohne nachzudenken und ohne es beweisen zu können. (Qutb)

 

67. Er sagte: ,,O mein Volk! Ich bin keines­wegs töricht, sondern ich bin ein Gesandter des Herrn der Welten.193

193. Er weist ihre Vorwürfe zurück und klärt sie über Ursprung und Ziel seiner Botschaft auf -wie es bereits Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, getan hatte. (Qutb)

 

68. Ich überbringe euch die Botschaft meines Herrn und bin euch ein aufrichtiger, vertrauenswürdiger Ratgeber.

69. Wundert ihr euch etwa, dass Ermahnung von eurem Herrn durch einen Mann aus euren Reihen zu euch gekommen ist, um euch zu warnen?194 Gedenket doch (der Zeit), als Er euch195 zu Statthaltern (auf Erden) nach dem Volke Nuuchs machte196 und in euch große Fähigkeiten wachsen ließ. So gedenket der Segnungen Allahs,197 auf dass ihr erfolgreich sein möget."198

194. Vergleiche oben Vers 63. (Darjabaadi)

195. Das Volk 'Ad war nur durch wenige Generationen von Nuuchs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Volk getrennt. (Darjabaadi)

196. Dass sie Statthalter waren, bedeutet, dass sie eine herrschende Nation und Herren eines weiträumigen Reiches waren. (Siddiqi)

Sie waren das zahlenmäßig stärkste Volk unter allen Nachkommen Nuuchs, Allahs Segen und Frieden auf ihm. "Und Wir ließen euch zunehmen an natürlichen Fähigkeiten und Talenten." Letzteres bedeutet auch "Macht". (Asad)

Sie wurden nicht nur zu Statthaltern auf Erden gemacht, sondern sie wurden auch als ein Bergvolk mit einem Übermaß von körperlicher Größe und Stärke ausgestattet, und bekamen Macht und Herrschaft. (Qutb)

197. Seid ihm dankbar und gehorsam. (Darjabaadi)

Das arabische Wort "ala" bedeutet

1) "Segnungen",

2) Demonstration der Natur und

3) Lobenswerte Eigenschaften.

Der Aja kann also folgendermaßen paraphrasiert werden: "Erinnert euch der Segnung und Gunsterweise Allahs und vergesst nicht, dass Er auch die Macht hat, euch dies wieder zu nehmen." (Mauduudi)

198. Sowohl in diesem Leben als auch im zukünftigen. (Darjabaadi)

Eigentlich sollten sie als Nachfolger für all diese Gnade Allahs dankbar sein und aus der Geschichte lernen. (Qutb)

 

70. Sie sagten: "Bist du etwa zu uns gekommen, damit Wir Allah allein anbeten und das aufgeben, was unsere Väter anzubeten pflegten?199 So bring uns her­bei, was du uns androhst, wenn du wahrhaftig bist!"200

199. Dies ist eine elende Erscheinung von Versklavung von Herz und Verstand durch Gewohnheiten, eine Versklavung der im Menschen verwurzelten Eigenschaften, nämlich über seine Freiheit nachzudenken, zu prüfen und zu glauben. So wird er ein Sklave von Gewohnheiten und Nachahmungen, von Gebräuchen und Traditionen. (Qutb)

Wie dieser Aja zeigt, kannten auch die 'Ad Allahs Existenz und leugneten sie nicht und weigerten sich auch nicht, Ihn zu verehren. Sie lehnten lediglich Huuds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Aufforderung ab, Ihm allein zu dienen, ohne Ihm jemanden zur Seite zu setzen. (Mauduudi)

200. Wörtlich: "wenn du von denen bist, die die Wahrheit sagen." (Darjabaadi)

 

71. Er sagte: "Bestrafung und Zorn von eurem Herrn sind über euch gekommen.201 Wollt ihr mit mir streiten über Namen, die ihr und eure Väter erfunden habt,202 (und) für die Allah keine Ermächtigung herabgesandt hat?203 Wartet also, ich werde mit euch warten."204

201. Der Gebrauch der Vergangenheit hier kann drei Bedeutungen haben:

1. Eine Hungersnot hatte die 'Ad bereits heimge­sucht, um sie zu warnen, bevor sie endgültig von einem heißen Wind vernichtet wurden;

2. die fürchterliche Schamlosig­keit und Sünde, in die sie verfallen waren, war an sich schon eine Strafe;

3. die prophetische Vergangenheit wird benutzt, um zu sagen: "Ich sehe ein furchtbares Unheil. Es ist bereits über euch!" (Juusuf 'Allii)

202. Warum streitet ihr über Namen und imaginäre Gottheiten, die ihr selbst erfunden habt? Kommt zu den Tatsachen! Wenn ihr die Strafe verlangt und in unverschämtem Trotz darauf wartet, was kann ich dann tun als auch warten? -nämlich in Furcht und Angst um euch, denn ich weiß, dass Allahs Strafe mit Sicherheit kommt. (Juusuf 'Allii)

Götzen sind lediglich Namen ohne entsprechenden Wirklichkeitsgehalt. (Darjabaadi)

Man nennt den einen "Gott des Regens" und den anderen "Gott des Windes" oder "Gott der Krankheit" und so weiter, während keiner davon Allah von irgend etwas ist. Heutzutage nennt man vielleicht den einen "Problemlöser" oder den anderen "Geber von Schätzen", während er niemandem Schätze geben kann, weil er selbst keine besitzt, beziehungsweise seine eigenen Probleme nicht lösen kann. Dies sind leere Worte. (Mauduudi)

203. Allah, den ihr selbst als obersten Herrn anerkennt, hat keiner dieser Gottheiten gottähnliche Macht verliehen. Er hat nie­mals gesagt, Er habe einen Teil Seiner göttlichen Kraft irgend jemandem übertragen oder jemanden besonders als "Pro­blemlöser" oder "Geber von Schätzen" ermächtigt. Ihr selbst habt nach eigenem Ermessen diesen Wesen diese Titel verliehen. (Mauduudi)

Was ihr neben Allah verehrt, hat keinen Wahrheitswert. Es sind leere Namen, die ihr selbst erfunden habt. Allah hat dies weder geboten noch erlaubt. Weder besitzen sie selbst Macht noch habt ihr einen Beweis für eure Aussagen. (Qutb)

 

72. Und Wir retteten ihn und jene, die mit ihm waren durch Unsere Barmherzigkeit,205 und Wir löschten jene vollstän­dig aus,206 die Unsere Zeichen als Lüge verworfen hatten und die nicht den Imaan verinnerlichen wollten.

204. Wörtlich: "Ich werde zusammen mit euch zu denen gehören, die warten." (Asad)

205. Huud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kehrte später nach Hadramaut zurück und wurde nach seinem Tode in der Nähe von Hasiq begraben, wo sich bis heute eine kleine Ortschaft namens Qabr Huud (Huuds Grab) befindet. (Darjabaadi)

206. Wörtlich: "Wir schnitten ihre Wurzeln ab" bedeutet: "Wir zerstörten sie so vollständig, dass keine Spur mehr von ihnen zurückblieb." Dies Tatsache wurde durch die arabischen Überlieferungen bestätigt. Auch die archäologischen Funde ge­ben Aufschluss darüber, dass selbst ihre Baudenkmäler völlig vernichtet wurden. (Mauduudi)

Die Vernichtung geschah -wie in Suura 69:6-8 geschildert -durch einen gewaltigen Sandsturm, der ununterbrochen sieben Tage und Nächte lang andauerte. (Asad)

 

Abschnitt 10

73. Und zu den Samuud207 (entsandten Wir) ihren Bruder Saalih.208 Er sagte: ,,O mein Volk! Dienet Allah, ihr habt keinen "anderen" Gott außer Ihm.209 Es ist bereits ein klarer Beweis von eurem Herrn zu euch gekommen. Diese Kamel­stute Allahs210 soll ein Zeichen für euch sein. So lasst sie auf Allahs Erde weiden und fugt ihr keinen Schaden zu,211 sonst wird schmerzliche Strafe über euch kommen.212

207. Die Samuud waren die Erben der Kultur und Zivilisation der 'Ad (vergleiche oben Aja 65). Sie waren mit den 'Ad ver­wandt, anscheinend ein jüngerer Zweig desselben Volkes. Auch ihre Geschichte gehört zur arabischen Tradition. Ihr gleich­namiger Ahnherr Samuud soll ein Sohn von 'Abir (eines Bruders von Aram), des Sohnes von Sem, des Sohnes von Nuuch, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, gewesen sein. Ihr Wohngebiet lag in der Nordwestecke der arabischen Halbinsel (Arabia Petrea) zwischen Medina und Syrien. Es umfasste sowohl Gebirgsland (vergleiche Suura 15:80) und den weitgestreckten, fruchtbaren Landstreifen Qura, der unmittelbar nördlich von Medina beginnt und heute von der Hidschas-Eisenbahn durchquert wird. Als der Prophet im Jahre 9 der Hidschra mit seinen Gefährten auf der Expedition nach Tabuk gegen die römischen Invasoren zu Felde zog, durchquerten sie ein Gebiet mit archäologischen Überesten der Samuud. Die vor nicht allzu langer Zeit ausgegrabene Fel­senstadt Petra in der Nähe von Ma'an (im heutigen Jordanien) geht möglicherweise auf die Samuud zurück, wenn auch ihre Architektur in vielen ihrer Stilelemente mit der ägyptischen und römischen Kultur verbunden ist, die das überlagert, was europäische Autoren als Nabatäische Kultur bezeichnen. Wer waren die Nabatäer? Sie waren ein altarabischer Stamm, der in der Geschichte eine beträchtliche Rolle spielt, nachdem er 312 v. Chr. mit Antigonus I. in Konflikt kam. Ihre Hauptstadt war Petra, aber ihr Gebiet erstreckte sich bis zum Euphrat. 85 v. Chr. beherrschten sie Damaskus unter ihrem König Harita (Aretas in der römischen Geschichte). Eine Zeit lang waren sie mit den Römern verbündet und beherrschten die Küste des Roten Meeres. 105 n. Chr. unterwarf sie Trajan und annektierte ihr Gebiet. Die Nabatäer waren Nachfolger und kulturelle Erben der Samuud aus der arabischen Tradition. Die Samuud sind in einer Inschrift des Assyrerkönigs Sargin von 715 v. Chr. als ein in Ost- und Südarabien lebendes Volk namentlich erwähnt.

Mit fortschreitender Entwicklung ihrer materiellen Kultur wurden die Samuud Kaafir und überheblich und wurden schließlich durch ein Erdbeben vernichtet. Ihr Prophet und Warner war Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und die Krise in ihrer Geschichte ist mit einer wundersamen Kamelstute verbunden (siehe unten). (Juusuf 'Allii)

208. Der Sohn des Obaid, des Sohnes von Asif, des Sohnes von Masag, des Sohnes von Abded, des Sohnes von Gader, des Sohnes von Samuud. Es gab zwei Propheten mit demselben Namen. Der Bedeutende war Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der Sohn von Obaid. Es ist vermutlich sein Grab, das in einem nach ihm benannten Tal an der Ostgrenze der Sinaihalbinsel liegt. (Darjabaadi)

Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird hier als der "Bruder" der Samuud bezeichnet, weil er ihr Stammesangehöriger war. (Asad)

209. Darum lehnt den Götzendienst in jeder Form ab. (Darjabaadi)

Dieselben einzigartigen Worte, mit denen die Menschheit ihren Anfang nahm und ihr Ende nehmen wird. Sie zeigen auch den gleichen Weg der Religion, der Orientierung, der Konfrontation und der Übermittlung. (Qutb)

210. So wie in anderen Prophetengeschichten keine Einzelheiten über das Wirken des jeweiligen Propheten und die Auseinan­dersetzung mit seinem Volk geschildert werden, so wird auch hier von dem Verlangen nach außergewöhnlichen Dingen und von der Kamelstute nicht mehr erwähnt, als dass sie die Kamelstute Allahs und ein Zeichen von ihrem Herrn ist. (Qutb)

211. Die Kommentatoren führen verschiedene Legenden an, die aber weder im Qur’an noch in authentischen Überlieferungen bestätigt oder belegt werden. Es ist lediglich sicher, dass diese Kamelstute auf wundersame Weise erschienen ist, denn sie wurde als Zeichen für die Menschen erschaffen. Der Prophet Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst stellte sie seinem Volk in Verbindung mit einer Warnung vor "Euer Leben ist mit dem Leben dieser Kamelstute direkt verknüpft. Sie soll in euren Feldern frei wei­den und das Recht haben, von jeder Wasserstelle zu trinken, abwechselnd mit eurem Vieh. Wenn ihr sie jedoch in böser Absicht anrührt, wird Allahs Strafe unvermittelt über euch kommen." (Siddiqi)

212. Die Geschichte dieser wunderbaren Kamelstute wird im Qur’an an verschiedenen Stellen erwähnt. Wir brauchen nicht den vielen Versionen der traditionellen Geschichte zu folgen. Wichtig ist für uns lediglich, was im Qur’an selbst gesagt ist:

1. dass sie ein Zeichen oder Symbol war, das der Prophet Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, benutzte, um die überheblichen Unterdrücker der Armen zu warnen;

2. dass es wenig Wasser gab und die privilegierten Klassen versuchten, den Armen und ihrem Vieh den Zugang zu den Wasserstellen zu verwehren, während Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  sich für sie einsetzte (vergleiche Suura 26: 155 und 54:28);

3. wie das Wasser, so ist auch Weide ein freies Geschenk der Natur auf dieser weiten Erde Allahs. Die Unterdrücker versuchten jedoch, auch diese zu monopolisieren;

4. diese spezielle Kamelstute sollte ein Testfall sein (vergleiche Suura 54:27), um zu sehen, ob die Überheblichen zur Vernunft kommen würden;

5. statt die vernunftgemäßen Rechte der Menschen anzuer­kennen, lähmten sie das Kamel und töteten es, wahrscheinlich heimlich (vergleiche Suura 91: 14 und 54:29). Das Maß ihres Unrechts war somit übervoll, und die Samuud wurden durch ein furchtbares Erdbeben vernichtet. (Juusuf 'Allii)

Nach Ansicht von Raschid Rida' bedeutet der Ausdruck "Allahs Kamelstute" einfach die Tatsache, dass sich dieses Tier nicht in menschlichem Besitz befand und deswegen dem Schutz des gesamten Stammes anbefohlen war, analog zu dem Ausdruck "Allahs Erde" im gleichen Aja, eine Illustration der Tatsache, dass alles Allah gehört. Der besondere Nach­druck, den Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  auf die gute Behandlung der Kamelstute legte -wie es an verschiedenen Stellen im Qur’an zum Ausdruck kommt -war offensichtlich an die Arroganz dieses Stammes gerichtet, der, wie aus den nächsten Ajas hervorgeht, sich destruktiv verhielt und die Schwachen verachtete und unterdrückte. Mit anderen Worten, ihr Verhalten dem wehrlo­sen Tier gegenüber sollte ein "Zeichen" dafür sein, dass sich ihre Einstellung änderte. (Asad)

 

74. Und gedenket (der Zeit) als Wir euch zu Statthaltern (auf Erden) nach (dem Volk der) 'Ad machte,213 und euch Wohnstätten im Land gab. Ihr baut Paläste in seinen Ebenen und meißelt Häuser aus den Bergen.214 Gedenket also der Segnungen Allahs und richtet kein Unheil an auf Erden".215

213. Vergleiche den Parallelausdruck in Aja 69 "Statthalter nach dem Volk Nuuchs". Überall, wo die Samuud historisch er wähnt werden, wird deutlich, dass es sich um eine der größten und mächtigsten Völker im zeitgenössischen Arabien gehan­delt haben muss. (Asad)

In diesem Zusammenhang wird nichts darüber gesagt, wo die Heimat der Samuud war, lediglich an anderer Stelle (Suura 15: 18) wird erwähnt, dass es sich um das Land (Hidschr) zwischen Hidschas und Syrien handelt, das teils gebirgig und teils eben war. Sie werden an Allahs Gnaden erinnert, durch die sie Nachfolger und Erben der früheren Völker Huuds und Nuuchs, , Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden,  wurden, auch wenn sie nicht das gleiche Land hatten wie sie. Es ist nur ersichtlich, dass sie die nächste architektonische Zivilisation in der Geschichte besaßen. (Qutb)

214. Ein Hinweis auf die kunstvollen Felsenhäuser und Grabmale, die die Samuud aus den Felsen meißelten und mit Skulpturen von Tieren und Inschriften schmückten, die von dem relativ hohen Entwicklungsstand ihrer Zivilisation und Macht Zeug­nis ablegen und teilweise bis heute sichtbar sind. Im arabischen Sprachgebrauch werden diese Felsenhäuser bis heute Mada'in Saalih (Städte von Saalih) genannt. (Asad)

215. Dies impliziert, dass die Samuud sehr überheblich und ausbeuterisch waren. (Darjabaadi)

Ihr solltet euch durch das elende Ende der 'Ad warnen lassen. Derselbe Allah, der dieses Volk vernichtet und euch zu seinem Erben eingesetzt hat, hat auch die Macht, euch zu vernichten und ein anderes Volk als euren Erben einzusetzen, wenn ihr euch so ungerecht verhaltet. (Mauduudi)

 

75 .Die Überheblichen unter den Anführern seines Volkes216 sprachen zu denjeni­gen, die für schwach gehalten wur­den217 -jenen, die mu’min waren unter ihnen:218 "Wisst ihr tatsächlich, dass Saalih ein Gesandter seines Herrn ist?"219 Sie antworteten: "Wahrlich, wir haben an das den Imaan verinnerlicht, womit er gesandt worden ist."220

216. Vergleiche oben Vers 60. (Anm. d. Übers.)

217. Aufgrund ihrer Armut oder zahlenmäßiger und kräftemäßiger Unterlegenheit. (Darjabaadi)

218. Wie es in solchen Fällen gewöhnlich vorkommt, waren die Mu’mins die Schwachen und Geringen, während die Unge­rechten jene Überheblichen waren, die selbstsüchtig die Gaben der Natur für sich selbst zurückbehielten (in Wirklichkeit Allahs Gaben), sie nicht anderen Menschen gönnten und den Forderungen der Gerechtigkeit gegenüber taub waren. Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, stellte sich auf die Seite der Unterprivilegierten und wurde deswegen selbst angegriffen. (Juusuf 'Allii)

Allahs Gesetz verläuft immer so, dass die Armen und Unterdrückten den Aufruf der Propheten als erste befolgen. Ihnen fällt es nicht schwer, sich unterzuordnen. Die Reichen und Mächtigen lehnen den Aufruf in der Regel ab, weil sie nicht Untergebene von irgend jemandem sein wollen. Sie wollen die Gebote nicht befolgen, die schädliche Verschwendung nicht untersagen und ihren Begierden an den Grenzen der Gerechtigkeit keinen Einhalt gebieten. (Al-Manar)

219. Es ist klar, dass diese Frage der Drohung und der Einschüchterung dienen sollte, aber auch der Missbilligung ihres Imaans und um darüber zu spotten, dass sie die Behauptung des Propheten für wahr nehmen, von Allah gesandt worden zu sein. (Qutb)

220. Beachte die Beziehung zwischen Frage und Antwort. Die Kaafir Führer wollten Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Misskredit bringen und stellten persönliche Fragen, die soviel bedeuten sollten wie: "Ist er nicht ein Lügner?" Die Mu’mins antworteten auf einer höhe­ren Ebene: "Wir wissen, dass er ein Mann Allahs ist. Seht einmal die Gerechtigkeit, für die er sich einsetzt. Ihr zu widerstehen bedeutet, Allah zu widerstehen." Die Antwort der Kaafirs bestand darin, Allah mit Worten abzulehnen und ­in der Tat -einen weiteren Akt der Grausamkeit und Ungerechtigkeit zu begehen, indem sie das Kamel lähmten und töteten, eine Trotzhandlung, die gleichzeitig gegen Allah und -Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  gerichtet war. (Juusuf 'Allii)

Der Inhalt seiner Botschaft (wörtlich: "das, mit dem er gesandt ist") erschien ihnen Rechtfertigung genug, sie ohne irgendeinen esoterischen "Beweis" zu akzeptieren. Dieses schlichte Religionsbekenntnis hat eine Bedeutung, die weit über die Geschichte der Samuud hinausgeht. Es ist eine Einladung dem Skeptiker gegenüber, der nicht in der Lage ist, an den Ursprung Allahs religiöser Botschaften den Imaan zu verinnerlichen, sich mit diesen inhaltlich auseinander zusetzen und seine Annahme nicht von außergewöhnlich und objektiv gesehen unmöglichen Beweisführungen abhängig zu machen, denn nur durch den Inhalt einer Botschaft kann der Wahrheitsgehalt und die Verbindlichkeit festgestellt werden. (Asad)

Schwach waren sie nicht mehr, denn der Imaan hat ihren Herzen Kraft eingeflößt, Zuversicht in ihre Seelen und Vertrau­en in ihre Sprache gelegt. Sie sind sich ihrer Sache sicher und lassen sich nicht einschüchtern. (Qutb)

 

76. Die Hochmütigen sprachen: "Wahrlich, wir leugnen das, woran ihr den Imaan verinnerlicht."221

221. Trotz des Zeichens, das Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen gebracht hatte. Und sie ließen auf diese Worte die Tat folgen. (Qutb)

Sie sagten "...an das woran ihr den Imaan verinnerlicht..." und nicht "...an das, womit er gesandt wurde", sonst hätte diese Aussage die Bestätigung beinhaltet, dass er tatsächlich mit der Botschaft von Allah geschickt worden war. (Al-Manar)

 

77. Und sie schnitten der Kamelstute die Sehnen an den Beinen durch und widersetzten sich dem Befehl ihres Herrn,222 und sie sprachen: ,,O Saalih Bring uns herbei, was du uns androhst,223 wenn du ein Gesandter bist.

222. Das Verb "aqara" bedeutet in erster Linie "die Kniesehne durchschneiden" -nämlich vor dem Schlachten, so dass das Tier nicht weglaufen kann. Dieser barbarische Brauch war im vorislamischen Arabien weit verbreitet, so dass das Wort schließlich als Synonym für "auf grausame Weise schlachten" benutzt wurde. (Asad)

Obgleich nur eine Person dieses Kamel getötet hatte, war der ganze Stamm schuldig an diesem Vergehen, denn er stand dahinter, während der Einzelne nur das ausführende Organ war. Jedes Verbrechen, das den Willen einer Nation repräsen­tiert oder von dieser gutgeheißen wird, ist ein nationales Verbrechen, auch wenn es von einer einzelnen Person ausgeführt wird. (Mauduudi)

223. Bring uns die Strafe hier und jetzt. (Darjabaadi)

 

78. Und es kam das Erdbeben über sie,224 so dass sie sm Morgen in ihren Wohnstätten hingestreckt sm Boden lagen.225

224. Die Vergeltung ließ nicht lange auf sich warten. Ein furchtbares Erdbeben kam und verschüttete die Menschen und zer­störte ihre vielgepriesene Kultur. Das Unglück muss sich auf ein weites Gebiet erstreckt haben, denn es wird in Suura 54: 31 als "ein einziger mächtiger Stoß" beschrieben, in der Art eines furchterregenden Lärms, der große Erdbeben normaler­weise begleitet. (Juusuf 'Allii)

225. Wörtlich: "sie waren in ihren Häusern auf den Boden hingeworfen". Der Begriff "radschfa" am Anfang dieses Satzes be­zeichnet jede Art von gewaltsamer Erschütterung und wird oft, aber nicht immer, benutzt, um ein Erdbeben zu bezeich­nen. Es ist möglich, dass das hier erwähnte Erdbeben von einem Vulkanausbruch begleitet war, der seinerzeit die historischen Wohngebiete der Samuud heimsuchte und von dem die ausgedehnten schwarzen Lavafelder im nördlichen Hidschas bis heute Zeugnis ablegen. (Asad)

 

79. Da wandte sich Saalih von ihnen ab und sagte: ,,O mein Volk! Ich habe euch wahrlich die Botschaft meines Herrn übermittelt und euch ermahnt, doch ihr liebt nicht die wohlmeinenden Ratgeber!"226

226. Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde als gerechter und rechtschaffener Mann von Allahs Gnade gerettet. Seine Rede hier kann eine Abschiedswar­nung sein, aber auch ein Monolog, der die Vernichtung seines Volkes aufgrund dessen Sünde und Torheit betrauert. (Juusuf ’Allii)

 

80. Und (gedenkt) Luuts,227 wie er zu seinem Volk sprach:228 "Begeht ihr Abscheuliches, wie niemand zuvor in aller Welt es je begangen hat?229

227. Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist der Lot der Bibel. Die Geschichten entsprechen einander, aber die im Qur’an wiedergegebene Geschichte ist frei von einigen unehrenhaften Zügen, die die biblische Fassung verunstalten (vergleiche beispielsweise Genesis 19:30-36). Er war ein Neffe Abrahams und wurde als Prophet und Warner zu den Bewohnern von Sodom und Gomorrah geschickt, zwei Städten, die für ihre unbeschreibliche Lasterhaftigkeit später völlig zerstört wurden. Ihre Lage kann nicht mehr genau festgestellt werden, aber man kann annehmen, dass sie irgendwo am Ostufer des Toten Meeres gelegen haben. Die Ge­schichte von ihrer Vernichtung wird in Genesis 19 erzählt. Zwei Engel in Gestalt gutaussehender junger Männer kamen abends zu Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und blieben über Nacht als seine Gäste. In ihrer widernatürlichen Begierde drangen die Bewohner von So­dom in Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Haus ein, wurden jedoch zurückgedrängt. Am Morgen forderten die Engel Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  und seine Familie auf, die Stadt zu verlassen. (Juusuf 'Allii)

Die Geschichte von Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  ist ausführlicher in Suura 11:69-83 wiedergegeben. (Asad)

Nach der chronologischen Reihenfolge, der dieser Abschnitt sonst folgt, hätte an nächster Stelle Ibrahims, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Name erwähnt werden müssen, aber da sein Volk nicht von Naturkatastrophen vernichtet wurde, wie es bei den Völkern der übrigen hier erwähnten Propheten der Fall ist, wurde er ausgelassen. Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  verließ den Iraq zusammen mit seinem Onkel Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  und ließ sich in Sodom, der Hauptstadt des Jordanlandes nieder, um dort seine prophetische Sendung zu erfüllen, nachdem er eine zeitlang in Syrien, Palästina und Ägypten gewirkt hatte. Es ist zu beachten, dass Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  hier nicht als "ihr Bruder" bezeichnet wird wie die vorher erwähnten Propheten, denn das Volk, zu dem er gesandt war, war nicht sein eigenes. Er lebte jedoch lange unter den Sodomiten und war vertraut mit ihren Sitten und Anlagen. (Siddiqi)

228. Dieses Volk lebte in einem Gebiet, das heute zu Jordanien gehört. Nach biblischen Angaben lag die Hauptstadt Sodom am Toten Meer oder ist darin untergegangen. Der Talmud erwähnt neben Sodom vier weitere große Städte, und das Land, das sie miteinander verband, glich einem großen Garten. Die Lage dieser Städte kann heute nicht mehr einwandfrei festge­stellt werden. (Mauduudi)

229. Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Geschichte offenbart uns eine besondere Art der Abweichung von den natürlichen Veranlagungen. Diese Geschichte weicht damit von den vorherigen ab, die die Lehrsätze von der Einzigkeit Allahs behandeln. Bei näherer Betrachtung fin­den wir jedoch einen engen Zusammenhang, nämlich den, dass der Imaan an Allah dazu führt, Allahs Gesetz zu befolgen, was Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Leute nicht taten. (Qutb)

 

81. Wahrlich, ihr kommt zu Männern in Leidenschaft anstelle von Frauen.230 Ihr seid in der Tat ein hemmungsloses Volk."231

230. Ihre Bosheit war sprichwörtlich. Der Begriff "sodomitisch," wird in den Schriften oft gebraucht, um Verstöße gegen die natürliche Ordnung zu bezeichnen, die fast immer mit götzendienerischen Praktiken verbunden waren. (Darjabaadi)

An den anderen Stellen erwähnt der Qur’an weitere Vergehen dieses Volkes, aber hier erwähnt er nur ihr besonders bezeichnendes Verbrechen. (Mauduudi)

231. An Übertretung gewöhnt. Das Verbrechen der Sodomiten bestand nicht in einem sporadischen Ausbruch ihrer Leidenschaften, sondern diese bildeten eine alteingesessene Gewohnheit. (Darjabaadi)

 

82. Doch sein Volk gab keine andere Ant­wort als diese:232 " Vertreibt sie233 aus eurer Stadt. Sie sind in der Tat Menschen, die sich rein halten wollen."234

232. Sie sagten zueinander. (Darjabaadi)

 

233. Nämlich Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger. (Darjabaadi)

Das Volk war so weit der moralischen Verkommenheit zum Opfer gefallen, dass es die Anwesenheit mutaqi Men­schen nicht mehr ertragen konnte. Deswegen wollten sie sie vertreiben. (Siddiqi)

234. Ein Sarkasmus, wie ihn abgehärtete Sünder rechtschaffenen Menschen gegenüber gebrauchen. Sie gebrauchen verletzende Worte und lassen diesen ungerechte Taten folgen mit der Absicht, die Ehre der Rechtschaffenen zu kränken. Aber Allah schützt die Seinen, und schließlich haben die Bösen selbst den Schaden, wenn ihr Maß voll ist. (Juusuf 'Allii)

"Er will sich zum Richter über uns machen." (Vergleiche Genesis 19:9). (Darjabaadi)

Der Plural bezieht sich auf Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger, vergleiche Suura 27:56. (Asad)

 

83. Und wir retteten ihn und seine Leute235, bis auf seine Frau. Sie war unter denen, die zurückblieben.236

235. Vor der allgemeinen Vernichtung. (Darjabaadi)

Der Begriff "abi" umfasst hier alle, die an ihn den Imaan verinnerlichten. (Siddiqi)

236. Dementsprechend wurde sie zusammen mit ihren Kaafir Stammesangehörigen bestraft. (Siddiqi)

In der biblischen Erzählung schaut sie zurück, ein physischer Akt; hier ist sie eine von denen, die zurückbleiben, das heißt deren geistige und moralische Haltung es ist, trotz ihrer Verbindung mit den Rechtschaffenen in der trügerischen Welt von Bosheit und Sünde zurückzubleiben. Die Rechtschaffenen sollten ein einziges Ziel haben, den Weg Allahs. Sie sollten nicht nach hinten oder auch nur nach rechts und links schauen. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche auch Suura 11:81 und 66:10. Der Qur’an verdeutlicht, dass sie aus eigenem Antrieb zurückblieb, weil sie inner­lich mit dem Volk einig war und nicht an ihren Mann den Imaan verinnerlichten. (Asad)

 

84. Und wir ließen einen Steinregen auf sie herabgehen.237 So schau wie das Ende der Sündigen war!238

237. Dies geschah wahrscheinlich um das Jahr 2061 v. Chr. (Darjabaadi)

Wie der Qur’an ausdrücklich in Suura 11:82 sagt, gab es einen Regen von Steinen. In Suura 15:73-74 erfahren wir, dass es zusätzlich einen furchtbaren Lärm oder Stoß gab. Wenn wir diese beiden Abschnitte sowie Genesis 19:24 berücksichtigen, kann meiner Ansicht nach mit "ein Regen aus Schwefelgestein" übersetzt werden. (Juusuf 'Allii)

Ihre Städte wurden völlig vernichtet und verschüttet. (Mauduudi)

238. Vergleiche Genesis 19:24-25: "Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab, auf Sodom und Gomorrah, und kehrte die Städte um, die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war." (Darjabaadi)

 

Abschnitt 11

85. Und zu den Madjan239 (entsandten wir) ihren Bruder Schu'aib.240 Er sprach: "Oh mein Volk! Dient Allah, ihr habt keinen anderen Gott außer Ihm.241 Es sind bereits klare Beweise von eurem Herrn zu euch gekommen.242 Gebt also volles Maß und Gewicht243 und enthaltet den Menschen nicht das vor, was ihnen zu­steht244 und stiftet kein Unheil auf Erden,245 nachdem sie aufs Beste ge­ordnet ist. Das ist (gewiss) am besten für euch, wenn ihr mu’min seid.246

239. Madjan ist wahrscheinlich mit dem biblischen Midian identisch. Midian und die Midianiter werden im Alten Testament häufig erwähnt, wenn auch das hier angesprochene Ereignis eher zur arabischen als zur jüdischen Tradition gehört. Die Midianiter gehörten zu den arabischen Völkerschaften, obwohl sie als Nachbarn der Kanaaniter sich stark mit diesen ver­mischten. Sie waren ein nomadischer Stamm. An midianitische Kaufleute wurde Juusuf, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als Sklave verkauft, und sie nahmen ihn mit nach Ägypten. Ihr Hauptwohngebiet zur Zeit Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lag im Nordosten der Sinai-Halbinsel, östlich von dem der Amalekiter.

Unter Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, führten die Israeliten einen Vernichtungskrieg gegen die Madianiter. Sie töteten ihre Fürsten und die mäm1li­chen Volksangehörigen, verbrannten ihre Städte und Festungen und trieben ihr Vieh weg (Numeri 31:7-11). Dies klingt wie völlige Vernichtung. Dennoch waren die Madjaniter ein paar Generationen später so stark, dass die Israeliten ihrer Sünden wegen in ihre Gefangenschaft gerieten: sowohl die Madianiter als auch ihre Kamele waren nicht mehr zu zählen, und die Israeliten versteckten sich vor ihnen (Richter 7:1-6). Gideon schlug sie wiederum etwa zwei Jahrhunderte nach Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Da die entscheidende Schlacht in der Nähe des Berges Moreh stattfand, nicht weit südlich vom Berg Tabor, können wir als Wohngebiet der Madianiter den nördlichen Teil des Jordantales feststellen. Diese und die vorausgegangene Ver­nichtung unter Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war ortsgebunden, und eine Stadt Madjan wird nicht erwähnt. In späterer Zeit gab es eine Stadt Madjan an der Ostseite des Golfes von 'Aqaba. Sie wird bei Josephus, Eusebius und Ptolernäus erwähnt. Dann verschwin­det sie von der Landkarte. Zur Zeit der ersten Muslime war sie eine wiederbelebte Stadt mit einer völlig anderen Bevölke­rung, die aber keine blühende Zivilisation aufwies. Die Madjaniter verschwanden aus der Geschichte. (Juusuf 'Allii)

Die Leute von Madjan waren Kaufleute. Ihre Städte lagen an der Handelsroute von Jemen und Mekka nach Syrien ent­lang der Küste des Roten Meeres und vom Iraq nach Ägypten. Deswegen waren sie bei den Arabern bekannt. Selbst nach ihrer Vernichtung blieben sie ihnen im Gedächtnis, denn ihre Handelskarawanen nach Syrien und Ägypten mussten an ih­ren archäologischen Überresten vorüberziehen. Um die Bedeutung ihrer Geschichte im Qur’an zu erfassen, sei angemerkt, dass die Madjaniter ihrer Überlieferung nach von Madjan abstammten, einem Sohn Ibrahims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von seiner dritten Frau Qatu­ra. Angesichts dieser historischen Tatsache gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass sie die Stimme der Wahrheit zum ersten Mal von Su'aid gehört haben sollten. Sie hatten vielmehr ihre Religion entstellt, als dieser Prophet zu ihnen gesandt wurde. Obgleich sie in Götzendienst und Unmoral verstrickt waren, erklärten sie sich für "Mu’mins" und waren stolz darauf. (Mauduudi)

240. Auch Schu'aib gehört eher der arabischen als der jüdischen Tradition an; letzterer ist er unbekannt. Seine Identität mit Jethro, Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Schwiegervater, ist nicht gesichert. Es gibt weder in den Namen noch in den Ereignissen eine Ähnlichkeit, und es bestehen auch Schwierigkeiten der chronologischen Zuordnung. Wenn Schu'aib, wie wir von den Kommentatoren erfahren, in der vierten Generation von Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  abstammte und ein Urenkel von Madjan war, dann kann er nur etwa ein Jahrhundert nach Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  gelebt haben, während die Hebräische Bibel einen Zeitraum von vier bis sechs Jahrhunderten zwischen Ibrahim und Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden,  angibt. Allein die Tatsache, dass Jethro ein Madjaniter war und ein anderer Name, nämlich Hobab, in Numeri 10:29 als der von Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Schwiegervater angegeben wird, ist kein haltbarer Beleg für eine Identifika­tion. Da die Madjaniter in der Hauptsache Nomaden waren, braucht es uns nicht zu überraschen, dass ihre Vernichtung in einer oder zwei Siedlungen nicht ihr Leben in den wandernden Zweigen des Stammes oder in anderen geographischen Gebieten beeinflusste. Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Auftrag bezog sich wahrscheinlich auf eine Stadt der sesshaften Madjaniter, die dann in einem Erdbeben völlig zerstört wurde. Wenn dies ein Jahrhundert nach Ibrahim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geschah, ist leicht anzunehmen, dass sie drei bis fünf Jahrhunderte später wieder ein zahlenmäßig starker Stamm waren. Da sie ein gemischter Nomadenstamm waren, ist sowohl ihre Widerstandsfähigkeit als auch ihre Absorption leicht verständlich. Aber die Vernichtung einer oder mehre­rer Ansiedlungen, zu denen Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesandt war, war vollständig, so dass keine Spur mehr davon vorhanden ist. (Juusuf 'Allii)

241. Am Anfang steht der Grundsatz der Verkündung, der weder abzuändern noch verwechselbar ist. Erst danach kommen die Einzelheiten der neuen prophetischen Geschichte. (Qutb)

242. Hier wird nicht -wie in der Geschichte von Saalih, Allahs Segen und Frieden auf ihm, -erwähnt, worin dieser Beweis bestand. Der Text weist jedoch darauf hin, dass es ein Zeichen gab, das seinem Aufruf Nachdruck verleihen sollte. (Qutb)

243. Die Madjaniter waren Kaufleute und verhielten sich ungerecht im Handel. (Darjabaadi)

Wir entnehmen diesem Verbot, dass das Volk Schu'aibs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Götzendiener waren, die nicht Allah allein anbeteten, sondern seine Geschöpfe an seiner göttlichen Autorität teilnehmen ließen. So kam es, dass sie sich nicht an die gerechten Gebote Allahs hielten, sondern sich bei ihrem Handel eigene Maßstäbe setzten. Es kam hinzu, da sie Unheil auf der Erde stifteten und Straßenraub betrieben. (Qutb)

244. Wörtlich: "mindert nicht die Dinge für die Menschen". Dieser Ausdruck bezieht sich sowohl auf materielle Besitztümer als auch auf moralische und gesellschaftliche Rechte. (Asad)

Ibn Dscharir übersetzt: "Bringt die Menschen nicht um ihre Rechte und übervorteilt sie nicht." (Siddiqi)

245. Entstellt nicht durch eure irrigen Vorstellungen und euer moralisches Fehlverhalten den rechten Weg des Lebens, der von früheren Propheten her überliefert ist. (Mauduudi)

246. Dass der Prophet an ihren Imaan appelliert, zeigt, dass sie sich selbst als Mu’mins verstanden, deren Imaan aber entstellt war. Deswegen ruft der Prophet sie auf: "Wenn ihr wirklich Mu’mins seid, dann solltet ihr nach dem Maßstab der Recht­schaffenen und Ehrlichen zwischen Gut und Böse unterscheiden, nicht nach dem Maßstab derer, die nicht an Allah und das zukünftige Leben den Imaan verinnerlichen." (Mauduudi)

 

86. Und lauert nicht an allen Wegen247 auf, um jene zu bedrohen und von Allii8hs Weg abzubringen, die an ihn glauben, indem ihr ihn zu krümmen trachtet. Und gedenket (der Zeit) als ihr nur we­nige wart248 und wir euch mehrten. . Und sehet, wie das Ende jener war, die Unheil stifteten.249

247. Samahsari und Rasi betonen die metaphorische Bedeutung dieses Ausdrucks: den Weg oder die Straße, die zur Wahrheit führt. Vergleiche auch Aja 16 dieser Suura, wo ein ähnlicher Ausdruck Scheytaan zugeschrieben wird. (Asad)

248. Gering an Anzahl und Macht. (Darjabaadi)

249. Die Madjaniter blockierten die Handelsstraßen in Asien, nämlich die zwischen zwei so mächtigen Nationen wie Ägypten und Mesopotamien. Ihre Hauptsünden werden hier aufgezählt:

1. Sie kürzen Maß und Gewicht, während im Handel strengste Ehrlichkeit notwendig ist für den Erfolg;

2. eine allgemeinere Form dieser Übervorteilung lag darin, dass sie den Men­schen ihre Rechte nicht gewährten;

3. sie verursachten Unheil und Unordnung, wo Friede und Ordnung hergestellt worden war (wiederum sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne);

4. unzufrieden mit ihrem sesshaften Leben, übten sie Straßenräuberei,

sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne, und zwar auf zweierlei Weise, indem sie nämlich einerseits die Menschen vom ’Ibade fernhielten und andererseits die Religion für unehrliche Zwecke missbrauchten. Nach diesem Sündenregister erinnert Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sie an die Vergangenheit:

1. Ihr habt als ein unbedeutender Stamm angefangen und seid durch die Gnade Allahs an Anzahl und Macht gewachsen; seid ihr es dann nicht Allah schuldig, dass ihr ihm ge­horcht?

2. Was war das Endergebnis derer, die ihre Sünden beibehielten? Wollt ihr euch nicht von ihrem Beispiel warnen lassen? (Juusuf 'Allii)

 

87. Und wenn eine Gruppe unter euch an das den Imaan verinnerlicht, womit ich gesandt worden bin,250 und eine Gruppe nicht den Imaan verinnerlicht, so wartet ab251, bis Allah zwischen uns entscheidet,252 denn Er ist tatsächlich der beste Richter."

250. Madjan ist von einem inneren Konflikt zerrissen. Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihm, will Frieden stiften, nicht aus seiner eigenen Weisheit heraus, sondern indem er an Wahrheit, Rechtschaffenheit und Gottes Gerechtigkeit appelliert. Wie wir später sehen werden, be­standen die Motive seiner Widersacher in Selbstsucht, Überheblichkeit, Gewalttätigkeit, Gesetzlosigkeit und Ungerechtig­keit. Er appelliert an ihre bessere Natur und ist bereit, auf der Grundlage zu argumentieren, dass diejenigen, die die Mu’mins unterdrücken wollen, echte geistige Schwierigkeiten damit haben, seine Botschaft zu akzeptieren. "Wenn dies der Fall ist", sagt er ihnen, "denkt ihr dann, das rechtfertigt eure Intoleranz, Gewalttätigkeit und Verfolgung? Im Gegenteil, die Ereignisse werden selbst zeigen, wer im Recht ist und wer nicht." Den wenigen, die an seine Sendung glaubten und seiner Lehre folgten, predigte er Geduld und Standhaftigkeit: "Euer Imaan ist sicherlich stark genug, um eure Hoffnung auf den Sieg der Wahrheit Allahs zu stärken. Es gibt keinen Grund zu Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit." Diese Erfah­rungen der Vergangenheit sind ebenso gültig für die Zeit unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Und die Geschichten von Noah, Huud, Saalih, Luut und Schu'aib, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, sind analog auch für uns gültig. (Juusuf' Allii)

251. Fallt nicht dem Irrtum anheim, das Urteil sei aufgehoben, nur weil die Strafe auf sich warten lässt! (Darjabaadi)

252. Allahs Entscheidung kann teilweise in diesem Leben wirksam werden, entweder schon in derselben Generation oder in den nachfolgenden, auf Grund der Logik der äußeren Ereignisse. In jedem Fall aber kommt sie geistig auf einer höheren Ebene, wenn die Rechtschaffenen getröstet werden und die Sünder aus ihrer eigenen inneren Überzeugung heraus ihre Sünden einsehen. (Juusuf 'Allii)