Von Suura 4 "Die Frauen" Aja 148 –

Suura 5 "Der Tisch" Aja 81

 

148. Allah liebt es nicht, dass man (jemanden) in aller Öffentlichkeit mit harten Worten angreift,362 außer, wenn einem Unrecht zugefügt worden ist.363 Und Allah ist hörend, wissend.363

362. Böses kann auf verschiedene Weise in der Öffentlichkeit verbreitet werden:

1. durch bloße Sensationsgier: Diese führt oft zu Imitation und somit zu neuem Übel, wie beispielsweise kriminellen Handlungen, die im Kino verherrlicht oder verantwortungslos in einem Roman oder Drama dargestellt werden;

2. durch boshaften Klatsch persönlicher Art: Damit erreicht man nichts Gutes, sondern verletzt nur die Gefühle anderer Menschen;

3. durch böswillige Verleumdung oder üble Nachrede: Darin ist bereits beabsichtigt, anderen Menschen in Bezug auf ihren Ruf oder in anderer Hinsicht zu schaden, und dies ist in jedem Rechtssystem strafbar;

4. durch öffentliche Verwarnung oder Strafe ohne jede böse Absicht.

1., 2. und 3. sind absolut verboten. 4. kann durch eine Autoritätsperson geschehen; in diesem Fall gilt der Ausnahmesatz, denn jedes Unrecht und jede Ungerechtigkeit muss öffentlich korrigiert werden, um Wiederholung auszuschließen. 4. kann aber auch durch eine Person geschehen, die nicht in einer verantwortlichen Position steht, sondern aus einem Verantwor­tungsgefühl für das öffentliche Wohl heraus handelt, oder um jemandem zu helfen, dem Unrecht oder Ungerechtigkeit geschehen ist. Sobald jedoch das Motiv ein anderes ist, gilt diese Ausnahme nicht mehr. 4. schließt auch die Möglichkeit ein, dass jemand, dem Unrecht geschehen ist, öffentlich Beschwerde einlegt: Er hat allen Anspruch auf öffentliche Entschädigung. (Juusuf 'Allii)

Da die Gesellschaft ein empfindliches Gefüge ist, muss das soziale Verhalten dieser Empfindlichkeit Rechnung tragen. Der Sprecher eines achtlos gesagten Wortes rechnet nicht mit dessen Folgen und mit manch einem allgemein bekannt gewordenen Gerücht hatte dessen Urheber nur eine bestimmte Person gemeint; beides jedoch hinterlässt eine Spur im Bewusstsein der Gesellschaft, in der öffentlichen Moral und in der Stabilität. (Qutb)

Dieser Aja verbietet alle Formen von Verleumdung und übler Nachrede sowie die Äußerung und Verbreitung von Aussagen, durch die andere diffamiert werden können -ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts -es sei denn, es läge ein berechtigter Grund vor. (Darjabaadi)

Einige Kommentatoren, unter ihnen Imam Rasi, sind der Ansicht, dass die Muslime in diesem Aja aufgefordert werden, auf Veröffentlichung früherer Worte und Taten reuiger Sünder zu verzichten, ob es sich nun um Heuchler oder Kaafir handelt, wie sie im vorigen Aja erwähnt worden sind. (Siddiqi)

363. Unter diesen Umständen ist es erlaubt, eine Ungerechtigkeit beim Namen zu nennen, so dass Ungerechtigkeit ausgeglichen, Feindschaft beseitigt und Böses vergolten werden kann. Ungerechtigkeiten und Ungerechte sollen in der Gesellschaft bekannt gemacht werden, damit die Gesellschaft den Geschädigten sein Recht verschaffen kann und der Ungerechte die Folgen seiner Handlungsweise fürchten muss, und es ihm widerstrebt, eine solche Handlung zu wiederholen. (Qutb)

Hierin ist auch inbegriffen, dass böswilliges Verhalten gegen die Gesellschaft als solche veröffentlicht werden kann, wenn die Interessen des Geschädigten -in diesem Falle die Gesellschaft -dieses erfordern. (Asad)

364. Mit diesen beiden Namen Allahs werden die Unterdrücker gewarnt und die Unterdrückten getröstet. Dem Unterdrücker wird mitgeteilt, dass der Schrei des Unterdrückten, wenn er in dieser Welt auf taube Ohren stößt, von Allah erhört wird, der sehr wohl das Unrecht kennt, das ihm geschehen ist. Der Unterdrückte wird damit getröstet, dass er nicht enttäuscht sein soll, wenn das ihm geschehene Unrecht nicht ausgeglichen wird, denn Allah hört seinen Ruf und kennt seine Schwierigkeiten. (Siddiqi)

 

149. Ob ihr Gutes offenbart oder heimlich übt oder Übles vergebt,365 so ist Allah wahrlich vergebend, allmächtig.366

365. Es ist sehr verdienstvoll für jemanden, dem Unrecht geschehen ist, dem Übeltäter mit Vergebung entgegenzukommen. (Darjabaadi)

In diesem Aja werden die höchsten ethischen Lehren ausgedrückt. Die Muslime werden gelehrt, sich tugendhaft zu verhalten oder wenigstens Ausdauer zu zeigen, auch gegenüber Provokationen. Als dieser Aja offenbart wurde, widersetzten sich die Heuchler, Juden und Götzendiener gerade dem Islam mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln und misshandelten seine Anhänger auf alle nur erdenkliche Weise. Deswegen wäre es nur natürlich gewesen, wenn die Muslime mit Gefühlen des Zorns und Hasses erfüllt gewesen wären. Einem solchen Sturm der Emotionen gegenüber warnte Allah sie, dass es Ihm nicht gefalle, wenn ihnen Unrecht geschehen war und sie somit das Recht dazu hätten, ihre Bitterkeit zum Ausdruck zu bringen. Sie wurden gelehrt, dass sie als Muslime weiterhin offen und insgeheim Gutes tun oder sich zumindest enthalten sollten, Böses mit Bösem zu vergelten. (Mauduudi)

Mit dieser Entziehungsmethode wird der Muslim wie auch die muslimische Gemeinschaft um einen weiteren Grad erhöht. Der erste Schritt bestand in der Lehre, dass Allah die Veröffentlichung des Bösen verabscheut, und es nur jemandem erlaubt, dem Unrecht geschehen ist, durch Veröffentlichung des Unrechts sein Recht zu fordern. Mit dem zweiten Schritt werden alle aufgefordert, Gutes zu tun, und der Geschädigte wird aufgerufen, Böses mit Gutem zu vergelten. Dadurch wird seine Seele erhöht, denn höher und reiner als der Wunsch nach Rache ist der Wille zur Vergebung. (Qutb)

366. "Qadir": von der Wurzel "Qadara", die nicht nur Macht, Fähigkeit und Kraft bezeichnet, sondern auch noch zwei weitere Gedanken zum Ausdruck bringt, die in einem einzigen Wort nicht wiederzugeben sind, nämlich die Handlung und Fähigkeit, den wahren Wert einer Person oder Sache einzuschätzen, wie in Suura 6:91, und die Handlung und Fähigkeit, einen Sachverhalt so zu steuern, dass er mit anderen in Beziehung gebracht werden kann. "Beurteilung von Wertverhältnissen" könnte meines Erachtens diese feinen Bedeutungsnuancen zusammenfassen. Allah vergibt das Falsche und kann den Wert unserer guten Taten vollkommen einschätzen und beurteilen, ob wir sie öffentlich oder heimlich tun. (Juusuf 'Allii)

 

150. Wahrlich, diejenigen, die nicht an Allah und an Seine Gesandten den Imaan verinnerlichen und die einen Unterschied zwischen Allah und Seinen Gesandten machen wollen,367 und sagen: "Wir verinnerlichen den Imaan an einige und an andere verinnerlichen wir den Imaan nicht,"368 und einen Weg dazwischen nehmen wollen.369

367. Wer in abstrakter Form an Ihm den Imaan verinnerlicht, jedoch das von Seinen Propheten und Gesandten verkündigte Gesetz ablehnt, oder wer gewisse Propheten anerkennt, andere hingegen ablehnt. (Darjabaadi)

368. Das heißt, sie verinnerlichen den Imaan an Allah, aber nicht an Seine Gesandten, (Samachsari) oder nach einer anderen Interpretation: Sie verinnerlichen den Imaan an einige der Gesandten und lehnen andere ab. Meines Erachtens ist die erste dieser beiden Interpretationen vorzuziehen, denn sie umfasst nicht nur eine Ablehnung einiger Gesandter sondern auch die völlige Ablehnung des Gedanken, dass Allah durch Seine auserwählten Boten Seinen Willen offenbart habe. Nach islamischer Vorstellung bedeutet die Ablehnung einiger oder aller Gesandten Allahs eine fast ebenso große Sünde wie eine Leugnung Allahs selbst. (Asad)

Anmerkung des Überarbeiters: ohne die Propheten anzuerkennen kann man nicht den gesamten Imaan verinnerlichen und ist somit kein Muslim.

369. Durch solche Unterscheidung versuchen manche Menschen, Allah unabhängig von der Rechtleitung der Propheten zu suchen, während Allah Selbst uns gelehrt hat, dass gerade durch Befolgen des prophetischen Beispiels das Heil erlangt werden kann.(Siddiqi)

Die Juden behaupteten, an ihre eigenen Propheten den Imaan zu verinnerlichen, lehnten aber das Prophetentum 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ab; ebenso blieben die Christen bei ihrer Religion bei 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, stehen -und überdies erhoben sie ihn zur Gottheit -, und lehnten den Imaan an Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ab. Der Qur’an weist beide Vorstellungen zurück und betont den Imaan an Allah und an alle Seine Gesandten, ohne zwischen ihnen einen Unterschied zu machen zwischen dem Imaan an Allah und dem Imaan an Seine Gesandten, ebenso wenig, wie einen Unterschied zwischen den einzelnen Gesandten. Auf diese Weise ist die islamische Lehre die Religion, die von Allah angenommen worden wird, denn sie ist es, die mit der Einheit Allahs übereinstimmt und die Erfordernisse dieser Einheit gemäß behandelt. (Qutb)

Kufr nimmt verschiedene Formen an. Drei werden hier erwähnt:

1. Leugnung Allahs und Seiner Offenbarung durch inspirierte Menschen;

2. eine Art nominaler Imaan an Allahs und Seine Gesandten, der aber unvollständig und mit Rassendünkel vermischt ist, der keinen Platz für den Imaan an solche Propheten lässt, die nicht dem eigenen Volk angehören; und

3. ein nominaler Imaan an die universale Offenbarung, der aber so in Dogmen exklusiven Heils eingehüllt ist, dass dies praktisch einer Leugnung von Allahs allumfassender Liebe zu der gesamten Menschheit und allen Geschöpfen gleichkommt. Alle drei laufen auf Kufr hinaus, denn sie leugnen in Wirklichkeit Allahs allumfassende Liebe und Fürsorge. (Juusuf 'Allii)

 

151. Diese sind die wirklichen Kaafirs,370 und für die Kaafirs haben Wir erniedrigende Strafe bereitet.

370. Ihre Bekenntnis zu einigen Propheten unter Ausschluss der anderen bringt ihnen nichts ein, und kein eklektisches Religionssystem führt zum Ziel. Beachte die Betonung des Qur’an auf der Universalität der Offenbarung. (Darjabaadi)

 

152. Diejenigen aber, die an Allah und an Seine Gesandten den Imaan verinnerlichen und zwischen keinen von ihnen einen Unterschied machen,371 die sind es, denen Wir gewiss ihren vielfachen Lohn geben werden. Und Allah ist verzeihend, barmherzig.372

371. Was ihr Prophetentum angeht. (Darjabaadi)

Siehe auch Suura 1. Aja 285 mit Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

372. Allah wird jene Fehler verzeihen, die begangen worden sind, bevor sich die Menschen dem rechten Imaan zugewandt haben und Er wird ihnen reichlichen und vielfachen Lohn zuteil werden lassen. (Darjabaadi)

Anmerkung des Überarbeiters: Hier wird klar des es kein Imaan ist nur an  ein Teil des Islams den Imaan zu verinnerlichen. Den das sind die Kaafir, die so etwas machen. Also somit wird nie ein Christ oder Jude in Dschana eingehen.

 

Abschnitt 22

153. Die Besitzer der Schrift373 verlangen von dir, dass du ein Buch vom Himmel auf sie herabkommen lässt.374 Doch sie haben bereits von Muusa mehr als dies verlangt,375 indem sie sagten: "Lass uns Allah unverhüllt (von Angesicht zu Angesicht) sehen!"376 Da ereilte sie der Donnerschlag, weil sie unrecht gehandelt hatten.377 Dann nahmen sie sich das Kalb (zum Götzen), nachdem die klaren Beweise zu ihnen gekommen waren.378 Doch Wir vergaben ihnen selbst dies. Und Wir gaben Muusa eine klare Ermächtigung.379

373. Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, handelt es sich bei den “Achl Al-Kitab“ hier besonders um die Juden. (Asad)

374. Nämlich "Zum Beweis deines Prophetentums." Ansonsten kann der Satz auch folgendermaßen verstanden werden: "Sie fordern dich auf, ihnen ein (tatsächliches) Buch vom Himmel herab zu bringen. Angesichts der im Qur’an oft wiederholten Aussage, dass die Juden überzeugt waren, nur an sie könnte die Offenbarung Allahs gerichtet sein, scheint mir jedoch die Übersetzung "sie fordern dich auf, für sie ein Buch vom Himmel herabkommen zu lassen," sinnvoller. (Asad)

375. Dies ist ihre Natur und stellt nichts Neues dar. Ihre Forderung soll den Propheten nicht verärgern, denn sie ist für sie weder merkwürdig noch seltsam. Sie hatten von ihren früheren Propheten, Führern und Errettern, an die sie behaupteten den Imaan verinnerlicht zu haben, noch mehr gefordert. (Qutb)

Die medinensischen Juden forderten den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, heraus: "Wir werden dich nicht als Propheten akzeptieren, bis du uns vor unseren Augen ein geschriebenes Buch vom Himmel herabbringst oder eine schriftliche Botschaft für jeden von uns, die bestätigt, Muchammed ist Allahs Gesandter". (Mauduudi)

376. Ihre Verstandeskräfte waren so weit abgestumpft, dass sie Muusa as aufforderten, ihnen Gott in einer für ihre Sinne leicht erfassbaren Form zu zeigen. Sie konnten kaum begreifen, dass die begrenzten Sinne des Menschen Unbegrenztes und Unendliches nicht erfassen können. Ihr Wunsch entstammte dem menschlichen Drang, ihren Herrn selbst in Menschengestalt erscheinen sehen zu wollen. (Siddiqi)

377. Vergleiche Suura 2:55, wo berichtet wird, wie Blitz und Donner jene blendeten, die so vermessen waren, Allah von Angesicht zu Angesicht sehen zu wollen, und Suura 2:51, wo von der Verehrung des goldenen Kalbs die Rede ist.

Seitens des Menschen ist es vermessen, geistige Dinge mit materiellen Maßstäben messen zu wollen oder zu verlangen, Allah mit seinen materiellen Augen sehen zu können, während Allah jenseits materieller Formen und unabhängig von Raum und Zeit ist. (Juusuf 'Allii)

378. Seit der Berufung Muusa as zum Gesandten Allahs hatten die Kinder Israels deutliche Zeichen gesehen. Während ihres Auszugs aus Ägypten waren sie Zeugen gewesen, wie Pharao vor ihren Augen ertrank und zahlreiche andere bedeutsame Dinge geschahen. Deswegen wussten sie sehr wohl, dass Allah, der Herr der Welten (nicht etwa irgendein Kalb) sie aus der Tyrannei eine mächtigen Herrschers wie Pharao befreit hatte. Dennoch waren sie von den fremden Göttern so bezaubert, dass sie Allah verließen und das Goldene Kalb verehrten. (Mauduudi)

379. Die von Allah gegebene Ermächtigung ist wahrscheinlich die, die auf den Tafeln verzeichnet war. Allahs Gesetz ist Vollmacht von Allah, und jedes andere Gesetz, das nicht von Allah ist, besitzt keine von Ihm erlassene Ermächtigung und hat somit keine Einwirkung auf die Herzen der Menschen. Sie verwerfen alle Gesetze und Rechtssysteme, die von Menschen selbst gemacht sind. (Qutb)

Weder Allahs vielfältige Gnadengeschenke, noch die von Ihm verliehene Autorität veranlassten das Volk, von seiner Arroganz und Überheblichkeit abzustehen. (Darjabaadi)

 

154. Und Wir ließen über ihnen den Berg (Sinai) emporragen (als Wir) mit ihnen einen Bund (schlossen), und Wir sprachen zu ihnen: "Tretet ein durch das Tor, indem ihr euch (demütig) nieder­werft!" Und wir sprachen zu ihnen: „übertretet nicht das Sabbat­ Gebot!"380 Und Wir schlossen mit ihnen einen festen Bund.

380. Dieser Aja gibt einen Rückblick auf drei hervortretende Beispiele des Ungehorsams der Kinder Israel, die bereits in Suura 2 erwähnt wurden:

1. der nicht von ihnen eingehaltene Bund am Fuße des über ihnen emporragenden Berges Sinai (Suura 2:63); 2. ihre Arroganz beim Betreten der Stadt, wo ihnen Demut geboten war. (Suura 2:58); und

3. ihre Übertretung des Sabbat (Suura 2:65). (Juusuf 'Allii)

 

155. (Sie haben sich Allahs Zorn zugezogen) weil sie ihren Bund gelöst381 und nicht an die Zeichen Allahs den Imaan verinnerlicht haben, und weil sie die Propheten ohne Recht getötet382 und gesagt haben: "Unsere Herzen sind unempfindlich."383 Doch nein, Allah hat es wegen ihres Kufrs versiegelt384 und sie verinnerlichten nicht den Imaan, außer einigen wenigen (von ihnen).,

381. In diesem Aja und den folgenden werden die Verfehlungen aufgezählt, derer sich die Juden schuldig gemacht haben. Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, wenn gesagt wird: "Sie haben sich Allahs Zorn zugezogen". (Juusuf 'Allii)

Dass sie für diese Verfehlungen bestraft werden, kommt in Aja 160 zum Ausdruck. (Asad)

382. Vergleiche Suura 3:21 und zugehörige Fußnoten. (Juusuf 'Allii)

383. Wörtlich: "Unsere Herzen sind verhüllt" (Anm. d. Übers.)

Vergleiche Suura 2:88 und Fußnote, wo der Sachverhalt ausführlich erklärt ist.

Beachte die Steigerung in dieser Erörterung. Ihre Verfehlungen waren

1. ihr Verrat an dem Bund;

2. dass sie Allahs Rechtleitung zurückwiesen, so wie sie ihnen durch Zeichen verdeutlicht wurde;

3. dass sie Allahs Gesandte töteten und damit eine doppelte Schuld auf sich luden nämlich die des Mordes und die der bewussten Ablehnung des Gesetzes Allahs;

4. dass sie sie in ihrer Arroganz für sich selbst genug hielten, womit sie ihre Herzen endgültig vor Allahs Gnade verschlossen. Danach beginnt eine weitere Serie von Verfehlungen von einem anderen Gesichtspunkt her:

1. dass sie die Religion ablehnten;

2. dass sie falsche Anschuldigungen gegen eine ehrwürdige Frau wie Marjam hervorbrachten, die von Allah auserwählt worden war. Isas as Mutter zu sein;

3. dass sie damit prahlten, Isa as getötet zu haben, während sie (Produkten) ihrer eigenen Phantasie zum Opfer gefallen waren;

4. dass sie Menschen von Allahs Weg fernhielten; und

5. dass sie mit Wucher und Betrug ihre Mitmenschen unterdrückten. (Juusuf 'Allii)

384. Die Versiegelung ihrer Herzen ist eine notwendige Folge ihrer eigenen Handlungsweise -ihrer bewussten und andauernden Ablehnung der Wahrheit Allahs. (Darjabaadi)

Ihre Herzen sind nicht von Natur aus versiegelt, sondern ihr Kufr führt dazu, dass Allah sie versiegelt. Dadurch werden sie hart und trocken, so dass sie den Imaan in ihren Herzen nicht wahrnehmen könnten. Die wenigen, die zum Imaan gefunden und ihm ihre Herzen geöffnet haben, haben es verdient, dass ihre Herzen nicht versiegelt wurden. Sie wurden von Allah rechtgeleitet und ihnen ist die wohltuende Wirkung des Imaans geschenkt worden. (Qutb)

 

156. Und weil sie nicht (an 'Isa) den Imaan verinnerlicht  haben385 und wegen ihrer Worte von ungeheurer Schändlichkeit über Marjam,386 ­

385. In diesem speziellen Fall bedeutet Kufr die Ablehnung 'Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Siddiqi)

386. Die falsche Anschuldigung gegen Marjam besagte, dass sie unkeusch gewesen sei. Vergleiche diesbezüglich Suura 19:27-28. Eine solche Anschuldigung ist an sich schlimm genug jeder Frau gegenüber; gegenüber Marjam, der Mutter Isas as, war sie gleichzeitig eine Verhöhnung Allahs Selbst. Der Islam schützt besonders den guten Ruf der Frau. Wer schlecht über eine Frau redet, muss seine Anschuldigung durch vier Zeugen stützen, und wenn er das nicht kann, soll er mit achtzig Schlägen bestraft werden und nie wieder als Zeuge auftreten dürfen: Suura 1.4:4. (Juusuf 'Allii)

Als "Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, anfing, Menschen zu Allahs Weg einzuladen und die Juden für ihre Übeltaten zu tadeln und die Heuchelei ihrer Gelehrten anzuprangern und die ganze Gemeinschaft vor den Folgen moralischer Entartung zu warnen, wandten sie sich gegen ihn. Statt seine Botschaft anzunehmen und für Allahs Sache Opfer zu bringen und ihren Lebenswandel zu bessern, griffen sie zu allerlei schmutzigen Tricks, um die Stimme der Wahrheit zum Schweigen zu bringen. In diesem Zusammenhang äußerten sie diese absurde Anschuldigung. (Mauduudi)

Diese Verleumdung kommt besonders in dem mittelalterlichen jüdischen Buch "Toledot Jeshu" zum Ausdruck und wird auch im Talmud angedeutet. (Darjabaadi)

 

157. Und weil sie sagten: "Wir haben den Masiich 'Isa, den Sohn Marjams, den Gesandten Allahs getötet".387 Doch sie haben ihn weder getötet noch gekreuzigt, sondern (durch Allahs Fügung) musste es ihnen so erscheinen.388 Und wahrlich, diejenigen, die darüber uneinig sind, sind im Zweifel über ihn.389 Sie besitzen kein Wissen, son­dern folgen nur (ihren) Vermutungen.390 Und sie haben ihn mit Gewissheit nicht getötet.

387. Nicht nur die Christen haben die Juden für Isas as Tod verantwortlich gemacht, sondern die Juden selbst haben dieses furchtbare Geständnis abgelegt. (Siddiqi)

Die Eigenschaft des Kufrs wird immer wieder erwähnt, wenn von verwerflichen Handlungen die Rede ist. Sie wird erwähnt bei der unrechtmäßigen Tötung von Propheten -kein Prophet könnte jemals rechtmäßig getötet werden, es wird nur ein Tatbestand festgestellt -wie auch bei ihrer Anschuldigung gegen die keusche Marjam. (Qutb)

Es gibt verschiedene Grunde, warum die Juden Isa as in diesem Zusammenhang als Gesandten Allahs bezeichneten. Einer davon ist, dass sie moralisch so degeneriert waren, dass sie gar noch stolz darauf waren, ihre Hände mit dem Blut eines Gesandten Allahs besudelt zu haben, und damit prahlten, bereits vor Isa as viele Propheten gequält und getötet zu haben. Sie taten dies also bewusst und in Kenntnis der Tatsache, dass Isa as Allahs Gesandter war. Eine andere Interpretation besagt, der Titel "der Gesandte Allahs" sei hier eingefügt worden, um den wahren Status Isas as zu betonen und den beiden Extremansichten der Juden und Christen gegenüberzustellen. (Siddiqi)

Auch wenn es sehr merkwürdig erscheint, dass ein Volk eine Person tötet, die sie als Gesandten Allahs kennt und anerkennt, kommt dies doch immer wieder vor. Die Angehörigen eines solchen Volkes können und wollen nicht ertragen, dass diese Person ihre bösen Handlungen kritisiert und Unerlaubtes verbietet. Selbst wenn solche Personen Gesandte Allahs waren, sind sie immer von ihrem eigenen Volk verfolgt, gefangen gehalten und getötet worden. (Mauduudi)

388. Allah, der alles tun kann, was immer Er will, erhob Isa as zu sich und rettete ihn vor der Kreuzigung, und derjenige, der später gekreuzigt wurde, wurde auf die eine oder andere Weise für Isa as gehalten. (Mauduudi)

Das Ende des irdischen Leben Isas as ist ebenso in Mysterien gehüllt wie seine Geburt und der größte Teil seines persönlichen Lebens mit Ausnahme von drei Jahren seines Wirkens. Eine Erörterung der vielfältigen Zweifel und Vermutungen früh-christlicher Sekten und muslimischer Theologen fuhrt zu nichts. In den christlichen Großkirchen gehört es zu den dogmatischen Hauptaussagen, Isa as sei gekreuzigt, gestorben und begraben worden und am dritten Tage auferstanden, und zwar körperlich mit den vorhandenen Wunden, sei an verschiedenen Stellen herumgewandert und habe mit seinen Jüngern gesprochen und gegessen, woraufhin er leiblich in den Himmel aufgenommen worden sei. Dies ist notwendig für die theologische Lehre des Blutopfers und der stellvertretenden Sühne für die Sünden, die vom Islam abgelehnt wird. Einige der frühen Christen glaubten nicht daran, dass Isa as am Kreuz gestorben sei. Die Basilidaner beispielsweise glaubten, er sei durch jemanden anderen ersetzt worden. Die Docetäer nahmen an, Isa as habe niemals eine wirklichen physischen oder materiellen Körper gehabt, lediglich einen Scheinkörper, und dass seine Kreuzigung nicht wirklich stattgefunden habe, sondern nur scheinbar. Das Macionitische Evangelium besagt, Isa as sei nicht geboren, sondern lediglich in Menschenge­stalt erschienen.

Der Qur’an lehrt, dass Isa as von den Juden nicht getötet und nicht gekreuzigt wurde, ungeachtet einiger scheinbarer Umstände, die in den Augen seiner Feinde diese Illusion verursachten; dass Erörterungen, Zweifel und Vermutungen über diese Angelegenheit zwecklos sind; und dass er zu Allah erhöht wurde (vergleiche nächster Aja). (Juusuf 'Allii)

Unter den Muslimen kursieren zahlreiche Legenden, die schildern, wie Allah im letzten Augenblick Isa as durch eine Person ersetzte, die ihm äußerlich stark ähnelte (einige Berichte besagen, dies sei Judas gewesen) und an seiner Stelle gekreuzigt wurde. Keine dieser Legenden ist jedoch im Qur’an oder in authentischen Überlieferungen belegt, und die in diesem Zu­sammenhang von klassischen Kommentatoren übermittelten Geschichten müssen insgesamt zuruckgewiesen werden. Sie bilden lediglich Versuche, die Aussage des Qur’ans, Isa as sei nicht gekreuzigt worden, mit der dramatischen Schilderung seiner Kreuzigung in den Evangelien zu "harmonisieren". Die Kreuzigungsgeschichte an sich ist im Qur’an kurz und bün­dig erklärt mit den Worten "wa-Iakin schubbiha lahum" ("es erschien ihnen nur so), die besagen, dass im Laufe der Zeit, lange nach Isas as Wirken, irgendwie eine Legende entstanden ist (möglicherweise unter dem Einfluss Mithraistischer Vorstellungen), er sei gestorben, um für die "Ursünde" zu sühnen, mit der die Menschheit belastet sein soll; und diese Legende breitete sich so unter den späteren Anhängern Isa as aus, dass selbst seine Feinde anfingen, daran zu glauben, wenn auch in einem herabwürdigenden Sinne (Kreuzigung war zu jenen Zeiten eine entwürdigende Form der Todesstrafe, die nur den verachtetesten Verbrechern vorbehalten war). (Asad)

Die Mehrheit der Ausleger ist der Ansicht, dass eine andere, Isa as ähnliche Person an seiner Stelle gekreuzigt wurde. (Anm. des Übers.)

389. Sie haben kein wahres, historisches Wissen. (Darjabaadi)

Sowohl Juden als auch Christen tappen im Dunkeln. Die Juden stellen die Behauptung auf, sie hätten Isa as gekreuzigt und gestehen ihm die Eigenschaft, Gesandter Allahs zu sein, nur zu, um seiner zu spotten. Und die Christen sagen, er sei gekreuzigt und begraben worden, am dritten Tage aber auferstanden. Die Geschichte schweigt über die Geburt des Masiich und sein Lebensende, als ob es nicht ihre Sache wäre. Weder die einen noch die anderen sprechen von etwas, worüber sie Gewissheit haben, sondern ziehen übereilte Schlussfolgerungen aus unterschiedlichen Überlieferungen. Die vier Evangelien, in denen die Geschichte von Isa as Gefangennahme, Kreuzigung, seines Todes, seiner Grablegung und seiner Auferstehung überliefert ist, sind alle geraume Zeit nach Isa as Leben verfasst worden. In dieser Zeit waren seine Religion und seine Anhänger unterdrückt, und es war schwierig, in solch einem Klima der Geheimhaltung, der Angst und der Verfolgung, die ursprüngliche Geschichte zu rekonstruieren. (Qutb)

Außer den vier "kanonischen" gibt es zahlreiche weitere Evangelien, die aber nach dem Konzil von Nicäa 325 chr. auf den Index gesetzt wurden. Die meisten wurden daraufhin vernichtet. Dennoch tauchen bis heute immer wieder Fragmente aus solchen frühen Überlieferungen auf, die als Apokryphen (verborgene Schriften) bezeichnet werden. Unter den neueren Apokryphen-Funden wird von einigen Theologen dem 1945 gefundenen Thomasevangelium die relativ größte Bedeutung beigemessen. In diesen Texten erscheint Isa as ausschließlich als Lehrer um wird nicht als Massich bezeichnet (Anm. d. Übers.)

390. Die Juden waren sich selbst nicht sicher, ob sie Isa as am Kreuz getötet hatten. Sie konnten deswegen keine eindeutige Aussage machen und hegten Zweifel und hatten widersprüchliche Ansichten diesbezüglich. (Siddiqi)

 

158. Doch nein! Allah hat ihn zu Sich erhoben.391 Und Allah ist allmächtig, weise.

391. Der Qur’an gibt keine andere Erklärung über diese Tatsache als die in Suura 3:55, wo ebenso wenig Einzelheiten über Todesart und -zeitpunkt erläutert werden. (Qutb)

Über die genaue Interpretation dieses Ajas bestehen verschiedene Ansichten. Wörtlich ist gesagt: die Juden töteten Isa as nicht, sondern Allahs erhob ihn zu Sich Selbst. Eine Ansicht besagt, Isa as sei nicht eines normalen menschlichen Todes gestorben, sondern lebe leiblich im Himmel weiter; eine weitere Auffassung ist die, er sei zwar gestorben (siehe Suura 5:120), aber nicht zu dem Zeitpunkt, an dem er gekreuzigt wurde, und die "Erhebung zu Allah" bedeute, dass er von Allah als Sein Gesandter geehrt wurde, statt als Übeltäter verachtet zu werden, wie es die Juden beabsichtigt hatten. Siehe auch nächster Aja. Das gleiche Wort “rafa'a“ (erheben) im Sinne von Ehre erweisen ist in Suura 44:4 im Zusammenhang mit dem Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gebraucht worden. (Juusuf 'Allii)

Im Qur’an gibt es nirgends einen Hinweis darauf, dass Allah Isa as zu Lebzeiten leiblich in den Himmel aufgenommen habe. Der Ausdruck "Allah erhob ihn zu Sich Selbst'" in diesem Aja bezeichnet die Erhebung Isa as in den Bereich von Allahs besonderer Gnade, eine Segnung, an der alle Propheten teilhaben, wie etwa auch Idris as, der in Suura 19:57 erwähnt wird. (Asad)

Auf diese Weise machte Allah alle schändlichen Pläne der Feinde zunichte. (Darjabaadi)

 

159, Es gibt niemand unter den Besitzern der Schrift, der nicht gewiss an ihn den Imaan verinnerlichen wird vor seinem Tod.392 Und am Tag der Auferstehung wird er Zeuge gegen sie sein.393

392. Frühere Kommentatoren waren uneinig darüber, was "vor seinem Tod" in diesem Aja bedeutet. Einige übersetzen: "Es gibt keinen unter den Schriftbesitzern, der nicht vor seinem -nämlich Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, -Tod an Isa  den Imaan verinnerlicht, "gemäß einer Überlieferung, dass er kurz vor dem Jüngsten Tage noch einmal kommen wird. Eine andere Interpretation ist: "Es gibt keinen unter den Schriftbesitzern, der nicht vor seinem -nämlich vor seinem eigenen -Tod an Isa den Imaan verinnerlicht, "nach der Darstellung, dass der Mensch auf der Schwelle des eigenen Todes die Wahrheit erkennt, was ihm aber nicht mehr nützen kann. Persönlich neige ich zu letzterer Ansicht. (Qutb)

Im Augenblick ihres Todes erkennen alle Juden und Christen, dass Isa as wirklich Allahs Gesandter war und weder ein Hochstapler noch "Allahs Sohn". (Asad)

393. Vergleiche Suura 4:41. (Juusuf Allii)

Das bedeutet, dass Isa as Zeuge gegen die Juden und Christen ist, dass sie ihn ablehnten, nicht achteten und seine Botschaft entstellten. Das Pronomen "bihi" بِهِ  kann sich auch auf den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beziehen, den letzen Gesandten Allahs, der Zeuge der Fehlhandlungen der Juden und Christen ist. (Siddiqi)

Vergleiche auch Suura 5:116-117. (Mauduudi)

 

160, Und wegen des Unrechts, das von denjenigen begangen wurde, die Juden waren, haben Wir ihnen Gutes verbo­ten,394 das ihnen (vordem) erlaubt war, und weil sie viele vom Pfad Allahs abgehalten haben,395

394. Vergleiche Suura 6: 146. Das rituelle Gesetz der Juden verbot das Essen von Kamelfleisch, Kaninchen und Hasen (Lev. 11: 4-6) sowie das Fett von Rindern, Schafen und Ziegen (Lev. 7:23) und war auch in anderer Hinsicht sehr streng. (Juusuf 'Allii)

In diesem Zusammenhang kann "harrama 'alayhim" حَرَّمْنَا عَلَيْهِمْ  auch bedeuten "Wir versagten ihnen", und dies bezieht sich dann auf ihr sündhaftes Verhalten in einer Zeit, in der die Thora bereits ihre endgültige Form erhalten hatte. Es geht dann darum, dass den Juden Jahrhunderte lang die “guten Dinge des Lebens" versagt blieben, die andere Völker genießen -mit anderen Worten, um die Demütigungen und Leiden, denen die Juden im Laufe ihrer Geschichte ausgesetzt waren, besonders nach der Zeit Isa as. (Asad)

395. Das Verb "schedda" und das davon hergeleitete Nomen "Sched" kann sowohl transitiv als auch intransitiv gebraucht werden. Im ersteren Fall muss der Satz übersetzt werden: "weil sie viele (andere) vom Pfad Allahs abgehalten haben"; im letzteren Fall "weil sie sich (so) oft von Allahs Weg abgewandt haben",

Da der Qur’an so oft den ständigen Ungehorsam der Kinder Israels betont -wozu das Alte Testament genügend Beweismaterial liefen -ziehe ich letztere Leseweise vor. (Asad)

 

161. Und weil sie Zinsen genommen haben, obwohl es ihnen bereits verboten worden war,396 und weil sie den Besitz der Menschen auf unerlaubte Art verschlungen haben,397 haben wir für die Kaafirs unter ihnen eine schmerzliche Strafe bereitet.398

396. "Wenn du Geld verleihst an einen aus meinem Volk, an einen Armen neben dir, so sollst du nicht wie ein Wucherer handeln; du sollst keinerlei Zinsen von ihm nehmen." (Ex. 22:24) "Wenn dein Bruder neben dir verarmt und nicht mehr bestehen kann, so sollst du dich seiner annehmen wie eines Fremdlings oder Beisassen, dass er neben dir leben könne; und du sollst nicht Zinsen von ihm nehmen noch Aufschlag, sondern sollst dich vor deinem Gott fürchten, dass dein Bruder neben dir leben könne. Denn du sollst ihm dein Geld nicht auf Zinsen leihen, noch Speise gegen Aufschlag." (Lev. 25:35-37). (Darjabaadi)

397. Nämlich mit Methoden, die nach dem Gesetz Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verboten sind. (Darjabaadi)

398. Dies bezieht sich möglicherweise auf das, was schon in Suura 4:146 erwähnt wurde, nämlich auf die Speiseangebote. Es bezieht sich außerdem wahrscheinlich auf die Restriktionen und Schwierigkeiten, die in den von jüdischen Gelehrten verfassten Rechtsbüchern aufgeführt sind, Es ist immer eine Strafe, wenn der Lebensraum eines Volkes eingeengt wird. (Mauduudi)

 

162. Doch jene unter ihnen, die ein tief begründetes Wissen haben399 und die dir(als Offenbarung) herabgesandt wurde und was vor dir herabgesandt worden ist,400 und (ganz besonders jene) die stets das Gebet verrichten401 und Saka402 geben und an Allah den Imaan verinnerlichen und and den Jüngsten Tag.403 Diejenigen sind es, denen Wir einen gewalti­gen Lohn geben werden.

399, Nämlich von denjenigen Juden, die sich nicht mit äußerlicher Gesetzerfüllung zufrieden geben, sondern versuchen, zum' tieferen Sinn der Religion vorzudringen. (Asad)

Das tief begründete Wissen führen zum Imaan an die gesamte Religion. Und beide führen dazu, die Religionen zu einer einzigen zu machen, die vom Einzigen Gott stammt. (Qutb)

400, Die gelehrten Juden kennen das wahre Wesen der Schriften Allahs, wenn sie gerecht sind und vorurteilsfrei und ohne Verstocktheit und Egoismus und nicht blind ihren Vorfahren folgen, sondern bereitwillig die in den offenbarten Schriften enthaltenen Wahrheit aufnehmen. Auf diese Weise sind sie leicht in der Lage zu erkennen, dass die Lehren des Qur’an dieselben sind wie die, die ihre eigenen Propheten verkündet haben, und können daraufhin aufrichtig an beide den Imaan verinnerlichen. (Mauduudi)

40I. Nach Sibawayh und anderen Grammatikern der Basraer Schule ist der Gebrauch des Akkusativs in dem Ausdruck Al-Muqimin As-Salah ("die sich regelmäßig dem Gesetz widmen") ein grammatisches Mittel zur Betonung der besonders lobenswerten Eigenschaft des Gebets und derer, die sich ihm widmen (vergleiche auch Samachsari und Rasi); deshalb kann übersetzt werden: "diejenigen, die sich (besonders) regelmäßig dem Gebet widmen". (Asad)

402. Siehe Suura 2 Aja 43 und Fußnote 58 dazu. (Anm. d. Übers.)

403. Unter den Gefährten des Propheten gab es solche, die zuvor Juden gewesen waren, dann aber zum Islam eingeladen wurden und bereitwillig Muchammed als den letzten Propheten annahmen und dem von ihm verkündeten Gesetz folgten. Unter ihnen war beispielsweise 'Abdullah ibn Salim. (Siddiqi)

 

Abschnitt 23

163. Wahrlich, Wir haben dir Eingebung gewährt, wie Wir Nuuch und den Propheten nach ihm Eingebung gewährten404 und wie Wir Eingebung gewährten Ibrahim und Ismael und Isaaq405 und Jaquub und ihren Nachkommen406 und "Isa und Eyjuub und Juunus und Haruun und Suleymaan407 und Wir gaben Daawuud Psalmbücher.408

404. An erster Stellt: steht eine allgemeine Aussage: dass viele Gesandte Offenbarungen erhalten haben, und dass diese Offenbarung von der gleichen Art waren wie die, die unser Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhalten hat, denn Allahs Botschaft ist eine einzige. Beachte, dass hier von Offenbarung gesprochen wird, nicht notwendigerweise von einem Buch. Jedes Volk oder jede Men­schengruppe hatte einen Propheten: vergleiche Suura 10:47. Einige dieser Gesandten sind im Qur’an namentlich erwähnt, einige nicht: Suura 4: 164. (Juusuf ’Allii)

Gleichheit besteht im Wesen und Ursprung aller Offenbarungen Allahs, nicht in ihrem Umfang. (Darjabaadi)

Hier wird betont, dass der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nicht mit einer Neuheit kam und nicht für sich in Anspruch nahm, etwas zum ersten Mal zu präsentieren, dass er in der Tat Rechtleitung aus derselben Quelle des Wissens erhalten tat wie alle Propheten vor ihm und dieselbe Wahrheit verkündete, die immer und überall von allen Propheten verkündet worden war. (Mauduudi)

405 Vergleiche Suura 2: 136 und Suura 3:84. Die hier gegebene Aufzählung umfasst drei Gruppen:

1. die erste Gruppe, Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Familie, entspricht genau Suura 2:136 und Suura 3:84.

2. Dann folgen die tragischen Gestalten von ’Isa as, Eyjuub as und Juunus as, deren Sendung vom irdischen Standpunkt her erfolglos war.

3. Schließlich sind da Haruun as, der Priester, und Suleymaan as, der König, beide große Gestalten, aber jeweils einer anderen hervorragenden Persönlichkeit beigeordnet, nämlich Muusa as (der im nächsten Aja erwähnt wird) und Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, (am Ende dieses Ajas). Daawuuds Aufzeichnung war der Psalter, der immer noch existiert, wenn auch seine gegenwärtige Form nicht der ursprünglichen entspricht und zweifellos Psalmen darunter sind, die nicht von Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geschrieben worden sind. Doch die Sammlung enthält viel Poesie von hohem Standard. (Juusuf 'Allii)

406. Das heißt die Propheten in den Stämmen der Kinder Israel (Darjabaadi)

407. Als Antwort auf die Forderung der Götzendiener, Allah solle die Offenbarung auf den Propheten herabkomme, sagt der Qur’an, dass die Offenbarung nicht etwas Neues ist, sondern dass viele Propheten vor Muchammed sie in der gleichen un­sichtbaren Form empfangen haben wie er. Da es sich um eine besondere Art geistiger Erfahrung handelt, die nur Propheten und Gesandte wahrnehmen, ist sie nicht mit gewöhnlichen Menschen teilbar. (Siddiqi)

408. "Sabur" زَبُور ohne den bestimmten Artikel bedeutet "eine Schrift oder ein Buch, ein göttliches Buch, das nur schwer zugänglich ist." (Darjabaadi)

Obwohl es in den heute in der Bibel vorhandenen Psa1men Hinzufügungen gibt, kann man beim gründlichen Studium Allahs Offenbarung erkennen. Das gleiche gilt für die Sprüche Suleymaans as und das Buch Eyjuub. Abgesehen davon handelt es sich beim größten Teil der siebzehn Prophetenbücher im Alten Testament offensichtlich um echte Offenbarung, besonders die Bücher Joschua, Jeremia, Ezekiel und Arnos, die zahlreiche Abschnitte enthalten, in denen die Größe der Offenbarungen Allahs gezeigt wird. Ihre hohen moralischen Lehren, ihr Kampf gegen die Götzendienerei und ihre festen Argu­mente beweisen Allahs Einheit, und ihre Kritik an der Entartung der Kinder Israel zeigt, dass sie ebenso wie die Predigten ’Isas as im Neuen Testament und der Qur’an von der Einen Quelle herstammen. (Mauduudi)

 

164. Von einigen Gesandten haben Wir dir bereits früher berichtet und von einigen haben Wir dir nicht berichtet409, und zu Muusa sprach Allah unmittelbar.410

409. Einige Propheten sind im Qur’an namentlich erwähnt, andere nicht. (Darjabaadi)

410. Allah sprach zu Muusa as auf dem Berg Sinai durch eine Wolke, vergleiche Exod. 35:5. Daher erhielt Muusa as in der islami­schen Theologie den Beinamen Kalim-ullah: der, mit dem Allah gesprochen hat. (Juusuf Allii)

Alle diese Propheten haben die Offenbarung von Allah und nicht aus sich selbst erhalten. Dass Allah mit Muusa as gesprochen hat, ist eine Art von Offenbarung. Niemand weiß genau, wie das vorging, denn der Qur’an als die einzige richtige Quelle, an der kein Zweifel besteht, gibt diesbezüglich keine Details. Wir wissen nur, dass es ein Gespräch war. Aber welcher Natur war es? Wie kam es zustande? Und mit welchem Wahrnehmungssinn hat Muusa as es aufgenommen? Dies alles gehört zum Verborgenen, von dem uns der Qur’an nichts erzählt. Alle Aussagen hierüber, die über das im Qur’an gesagte hinaus­gingen, wären nur Erzählungen ohne Beweise. (Qutb)

Von den verschiedenen Wegen der Offenbarung sind drei besonders bekannt: durch Engel, durch Kommunikation hinter einem Schleier himmlischen Lichts, und direkte Kommunikation mit dem Gesandten. Da Muusa as auf diesem letzteren Wege seine Offenbarung erhielt, wird dies hier gesondert aufgeführt.

Vergleiche Exodus 33: 11: "Der Herr aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet." (Mauduudi)

 

165. Gesandte (die) als Verkünder und als Warner (gekommen sind),411 damit die Menschen keine Entschuldigung haben vor Allah nach (dem Auftreten der) Ge­sandten.412 Und Allah ist allmächtig, weise

411. Jeder Gesandte verkündet Allahs Güte gegenüber den Rechtschaffenden und Vergebung für alle, die umkehren (frohe Ver­kündigung), und Allahs Zorn für alle, die die Religion ablehnen und ungerecht sind (Warnung). Ihre Warnung geht der Frohen Botschaft voran und ergänzt sie. Niemand kann sagen, er oder sie hätte nichts davon gewusst. (Juusuf ’Allii)

412. Wenn der Verstand, den Allah den Menschen gegeben hat, alleine genügte, um den rechten Weg zu finden und Wohlerge­hen im Diesseits und im Jenseits zu erlangen, dann hätte Allah es diesem Verstand überlassen, die Zeichen der Rechtleitung und die Eingebungen der Religion selbst zu suchen. Der Mensch hätte dann die Anordnungen für die Lebensführung selbst setzen können, um aufrichtig zu leben. Allah hätte dann nicht über Generationen hin Gesandte zu schicken brauchen. Und Allah hätte nicht die von den Gesandten übermittelte Botschaften, als Beweismittel gegen Seine Diener benützt. Allah weiß, dass der Verstand, den Er den Menschen gab, ein Instrument ist, das allein nicht imstande ist, zum rechten Weg zu gelangen, ohne Lenkung und Hilfe durch Anweisungen. Welche Aufgabe hat dann aber der menschliche Verstand und welche Rolle spielt er in der Frage der Religion, der Rechtleitung und der Frage der Lebensgesetze und ihrer Ordnung?

Die Aufgabe des Verstandes ist es, die Botschaft zu erhalten und sie zu verstehen. Der Gesandte seinerseits hat die Aufgabe, Allahs Anweisungen den Menschen zu übermitteln und sie zu verdeutlichen. Der Islam ist die Religion der Vernunft, denn er spricht in allen Angelegenheiten und Verordnungen den Verstand an, anstatt ihn mit übernatürlichen Dingen, die nur zum blinden Gehorsam führen, zu vergewaltigen. Er fordert ihn auf, über die Zeichen der Rechtleitung und der Einsicht in sich selbst und in seiner Umwelt nachzudenken und darüber, wie Allahs Wahrheit sich in den Dingen des Daseins, des Menschen und der übrigen Schöpfung manifestiert hat, oder aber auch in den Geboten und Verboten Seines Gesetzes. Und derjenige den die Botschaft erreicht hat, hat die Anordnung zu befolgen und zu gehorchen, sobald er deren Sinn verstanden hat.

All dies bedeutet keine Abwertung des menschlichen Verstandes und seiner Rolle im Leben. Er hat genügend großen Spiel­raum, die Bestimmungen auf neu hinzukommende Situationen anzuwenden. (Qutb)

 

166. Allah aber bezeugt, dass Er das, was Er dir offenbart hat, mit Seinem Wissen herabgesandt hat,413 Und (auch) die Engel bezeugen es. Und Allah genügt als Zeuge.414

413. Obgleich die Offenbarung in menschliche Sprache gefasst und durch die Persönlichkeit des Offenbarungsempfängers geprägt ist, entstammt sie dem Wissen Allahs und enthält deshalb oft mehr Sinn, als dem Offenbarungsempfänger selbst bewusst ist. (Juusuf ’Allii)

414. Dies bezieht sich auf die Leute, die -wie in den Ajas zuvor erwähnt -das Prophetentum Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, leugneten und kein Zeugnis dafür ablegen wollten trotz seiner Klarheit. Anstatt den Imaan zu verinnerlichen und zu bezeugen, gingen sie zu Verleumdung und Überheblichkeit über. (Al-Manar)

 

167. Wahrlich diejenigen, die Kaafir sind und (andere) vom Pfad Allahs abhalten, sind fürwahr weit in die Irre gegangen.415

415. Das heißt, wer trotz deutlicher Argumente für das Gegenteil auf seinem Kufr beharrt. Ihre Position in dieser Welt ist die herumirrender, verlorener Seelen. (Darjabaadi)

 

168. Wahrlich, diejenigen, die nicht den Imaan verinnerlichten und Unrecht taten,416 -Allah wird ihnen nicht verzeihen und Er wird sie nicht auf' den Weg leiten, 417

416. Die Unrecht taten, indem sie die Wahrheit ablehnten und andere Menschen von Allahs Wegen fernhielten. (Siddiqi)

Kufr ist seinem Wesen nach Ungerechtigkeit: Verdunkelung der Wahrheit, Ungerechtigkeit gegen sich selbst und anderer Menschen. (Qutb)

417. Vergleiche Psalm 81:12-13: "Aber Mein Volk gehorcht nicht Meiner Stimme, und Israel will Mich nicht. So hab Ich sie dahingegeben in die Verstocktheit ihres Herzens, dass sie wandeln nach eigenem Rat." (Darjabaadi)

 

169. Außer auf den Weg der Hölle. Dort sollen sie ewig verweilen. Und dies ist für Allah ein Leichtes.418

418. Dies ist Allah leicht: nicht in dem Sinne, dass Allah Vergnügen daran findet, wenn eines Seiner Geschöpfe vom rechten Weg abirrt. Das Gegenteil ist der Fall: denn Allahs Barmherzigkeit anerkennt alles Gute in uns (vergleiche Suura 4:147 und Fußnote). Leicht ist in dem Sinne zu verstehen, dass Allah erhaben ist an Wissen und Macht: sollten sich irgendwelche rebellischen Mächte der Illusion hingeben, sie könnten der Strafe entgehen, dann irren sie sich grundlegend. Die Strafe folgt auf dem Fuß. Von einer Schwierigkeit oder Anstrengung Allahs kann keine Rede sein. (Juusuf 'Allii)

 

170. O ihr Menschen419, zu euch ist bereits der Gesandte gekommen mit der Wahrheit von eurem Herrn, darum verinnerlicht den Imaan (an ihn), dass ist am besten für euch.420 Und wenn ihr nicht den Imaan verinnerlicht, so gehört Allah wahrlich was in den Himmeln und auf Erden ist.421 Und Allah ist wissend, weise.422

419. Beachte die Universalität der Sendung des Propheten. Die Anrede richtet sich an die Menschheit allgemein, nicht an das arabische Volk. (Darjabaadi)

420. Es kann nicht oft genug gesagt werden: Islam ist völlig zu unserem eigenen Guten, sowohl im materiellen als auch im geistigen Leben. (Darjabaadi)

Allahs Fürsorge für uns dient unserem eigenen Wohl, nicht irgendeinem Vorteil, den Er davon haben könnte. Denn Er ist von allen Dingen unabhängig, und jedes Geschöpf verkündet Sein Lob. (Juusuf 'Allii)

421. Ihr könnt Allah nicht durch euren Kufr schaden, denn alles untersteht Seinem direkten Gebot, und wenn ihr Allah ablehnt, entgeht ihr doch nicht Seiner allumfassenden Macht. Es ist daher der Gipfel menschlicher Torheit, in seiner be­grenzten Freiheit Den zu verleugnen, unter Dessen allumfassender Macht er lebt, von Dessen Aufmerksamkeit und Autorität er keinen Ausweg findet und durch Dessen Hilfe und Fürsorge er überhaupt erst eine Lebensmöglichkeit hat. (Siddiqi) Durch euren Kufr schadet ihr niemandem als euch selbst. (Mauduudi)

422. Allah weiß sehr wohl, was im Universum vor sich geht; Er ist allweise und hat Seine eigenen Pläne, wie Er mit den Gehor­samen und Ungehorsamen verfahren wird. (Siddiqi)

 

171. O ihr Besitzer der Schrift!423 Begeht keine Übertreibung in eurer Religion.424 Und sagt nichts über Allah außer der Wahrheit. Wahrlich, der Massich ’Isa, der Sohn Marjams, ist ein Gesandter425 Allahs und Sein Wort.426, Er Marjam zuteil werden ließ. Und Er von Seinem Geist.427 Darum verinnerlicht den Imaan an Allah und Seine Gesandten428 und sprecht nicht Dreieinigkeit.429 Hört auf damit, das ist besser für euch. Wahrlich, Allah ist ein Einziger Gott.430 Gepriesen sei Er -wie könnte Er einen Sohn haben!431 Ihm gehört, was in den Himmeln und auf Erden ist. Und Allah genügt als Sachwalter.432

423. Mit "Schriftbesitzer" sind in diesem Falle die Christen gemeint. (Siddiqi)

424. Ihre Übertreibung veranlasst die Schriftbesitzer, über die gebotenen Grenzen hinaus Aussagen von Allah zu machen, die nicht der Wahrheit entsprechen, beispielsweise, Er habe einen Sohn oder sei Teil einer Dreiheit. (Qutb)

Ebenso wie ein törichter Diener den Fehler begehen kann, in seinem Eifer für seinen Herrn zu weit zu gehen, so können in der Religion menschliche Übertreibungen oder Blasphemie führen oder etwas dem Geist dieser Religion völlig Entgegen­gesetztes bewirken. Die jüdischen Übertreibungen in Richtung auf Formalismus, Rassismus, Exklusivität und die Ablehnung ’Isa as sind anderswo an vielen Stellen angeprangert worden. Hier wird die christliche Haltung verurteilt, die 'Isa as zur Gottgleichheit erhebt, in einigen Fällen Marjam fast abgöttisch verehrt, Allah einen leiblichen Sohn zuschreibt, und eine Dreieinigkeitslehre entwickelt hat, die der Vernunft völlig widerspricht und an die nach der Athanasischen Lehre jeder glauben muss, wenn er nicht zur Hölle verdammt werden will. Wir Muslime sollten uns davor hüten, in Exzesse zu verfallen, sei es in der Lehre oder im Formalismus. (Juusuf ’Allii)

425. Nach der Lehre der Apostel in Quds war ’Isa as, der Gesalbte, ein Mensch, nicht als ein fleischgewordener Massich oder mit einem himmlischen ’Isa durch den Heiligen Geist verbunden. ..solche Vorstellungen wurden weder von ’Isa as selbst noch von den zwölf Aposteln vertreten. (Darjabaadi)’

Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Rang und Natur entspricht denen der übrigen Propheten und Gesandten, wie etwa Nuuchs, Ibrahims, Muusas und Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, sowie anderen Angehörigen jener vorzüglichen Diener Allahs, die Er für die Übermittlung Seiner Botschaft auserwählt hat. (Qutb)

426. Das heißt, durch Sein Wort geboren. (Darjabaadi)

Er hat ’Isa as erschaffen durch den Befehl zum menschlichen Dasein, so wie an anderer Stelle im Qur’an gesagt ist: "Er erschafft, was Ihm gefallt. Wenn Er eine Sache beschließt, so spricht Er zu ihm: "Sei!", und es ist." (Suura 3:47). Dieses schöpferische Wort gab Er Marjam ein und schuf damit ’Isa as ohne leiblichen Vater, so wie Er Adem, Gottes Segen und Frieden auf ihm, ohne Eltern geschaffen hat. (Qutb)

Während die Lehre der frühen Christen lediglich besagte, dass ’Isa as ohne Mitwirken eines Vaters durch Allahs Befehl geboren sei, wurden sie später durch die alexandrinische Philosophie so verleitet, dass sie zunächst "Kalima" كَلِمَ ("Befehl") mit "Wort Allahs" verwechselten, dieses dann mit "Logos" übersetzten und darauf die Logoslehre aufbauten, die sie dazu brauchte, daraus die Lehre von der Göttlichkeit ’Isas as herzuleiten. Auf diese Weise kamen sie zu der Auffassung, Allah habe sich selbst oder Seine Attribute in der Person ’Isa as offenbart. Vergleiche auch Johannes 1:1-14. (Mauduudi)

Tabari versteht unter "Kalima" die Ankündigung, die Allah durch den Engel an Marjam richtete, und Allahs Frohe Botschaft an sie. (Siddiqi)

427.Allah hat bereits zuvor dem Lehm Adems as von Seinem Geist eingehaucht, so dass er ein Mensch wurde, vergleiche Suuras 15:28-29 und 66: 12. Kein Christ würde deswegen behaupten, Adem as sei Allah oder göttlich, so wie sie es von ’Isa as behaupten. (Qutb)

Hier wird 'Isa as als "Geist von Allah" bezeichnet, und in Suura 2:253 wird gesagt, Allah habe 'Isa as mit dem "Heiligen Geist unterstützt". In beiden Fällen bedeutet dies, dass Allah Seinem Propheten 'Isa as einen Heiligen Geist geschenkt hat, der mit höchsten Tugenden erfüllt und eine Vollkommenheit an Wahrheit und Rechtschaffenheit war, ohne jeden Schatten des Bösen. Obwohl die Christen ursprünglich die gleiche Lehre erhalten hatten, überschritten sie auch in dieser Hinsicht das Maß und verwechselten den "Geist von Allah" mit "Allahs Geist" und veränderten den Sinn von "Heiliger Geist" in "Geist Allahs selbst", der in 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eingegangen sei. Auf diese Weise entstand eine dritte Gottheit, der "Heilige Geist", neben Allahs und 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, woraus die Lehre von der Dreieinigkeit wurde, das heißt, die Lehre der Einheit der drei Personen (Vater, Sohn und Heiliger Geist) in einem Gott. (Mauduudi)

Bezüglich des Ausdruckes "ruchun minhu" َرُوحٌ مِّنْهُ  ("Geist von Ihm") ist anzumerken, dass ruh im Qur’an auf verschiedene Weise gebraucht wird, beispielsweise im Sinne von "Inspiration" in Suura 2:87 und 53, aber auch in seiner ursprüng­lichen Bedeutung von "Lebensatem", "Seele" oder "Geist". So heißt es beispielsweise in Suura 32:9, wo von der ständig sich erneuernden Entwicklung des menschlichen Embryos die Rede ist: "... und dann formt Er ihn (den Menschen) und haucht ihm von Seinem Geist ein," das heißt, Er stattet ihn mit einer bewussten Seele aus, die Allahs größtes Geschenk für den Menschen ist und deshalb als "Hauch Seines Geistes" beschrieben wird. In diesem Aja, der die rein menschliche Natur ’Isa as betont und den Irrgedanken an seine Göttlichkeit zurückweist, unterstreicht der Qur’an, dass Isa as wie alle anderen Menschen eine "von Ihm erschaffene Seele" war. (Asad)

428. Das heißt: Da ’Isa lediglich ein Geist von Allah ist und nicht selbst göttlich, darum überschreitet nicht die gebotenen Grenzen und verinnerlicht den Imaan an Allah als den Einzigen Gott und akzeptiert alle Seine Gesandten einschließlich des Massich. Dies ist die Lehre ’Isa as selbst und der wirkliche Sachverhalt. (Mauduudi)

Dies ist ein Aufruf zum Imaan an Allah und Seine Gesandten -unter ihnen 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in seiner Eigenschaft als Gesandter und Muchammed, Allahs Segen und Frieden, in seiner Eigenschaft als Siegel der Propheten. (Qutb)

429. 'Isa, Allahs Segen und Frieden, Attribute sind aufgezählt worden:

1. dass er der Sohn einer Frau war, nämlich Marjam, und aus diesem Grunde ein Mensch;

2. dass er ein Gesandter war, ein Mensch mit einer Botschaft von Allah, und deshalb der Ehre würdig;

3. ein Marjam verliehenes Wort, denn er war durch Allahs Wort "Sei!" geschaffen und war (vergleiche Suura 3:59);

4. ein von Allah ausgehender Geist, aber nicht Allah: sein Leben und seine Sendung waren eingeschränkter, als es bei anderen wichtigen Propheten der Fall war,

dennoch müssen wir ihm dieselbe Ehre erweisen wie anderen Gesandten Allahs. Die Lehren der Trinität, Allahgleichheit und Sohnschaft werden als Blasphemie zurückgewiesen. Allah ist über alle Bedürfnisse erhaben und braucht keinen Sohn, der sich um Seine Angelegenheiten kümmert. Das Johannesevangelium (wer immer es verfasst hat) hat einen großen Teil alexandrinischer und gnostischer Mystik um die Lehre vom Wort (griechisch: Logos) herumgewebt, aber der wahre Sachverhalt ist hier einfach erklärt. (Juusuf 'Allii)

Die Dreieinigkeitslehre ist die zentrale Lehre der christlichen Religion. Sie besagt, Gott sei "drei wirklich verschiedene Personen -der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Jede dieser Personen ist Allah und hat all Seine ewige Vollkommenheit, und doch ist Er wirklich verschieden von jeder der anderen Personen -diese Personen sind wesensgleich, gleich ewig und verdienen gleiches Lob und gleiche Verehrung, welche die Kirche in dem Gebet zum Aus­druck bringt: , Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist' ". (Siddiqi)

Das Nicänische Glaubensbekenntnis bezeichnet ’Isa als "Gottes eingeborenen Sohn, geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht von Licht; wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen"! (Anm. d. Übers.)

Die christliche Religion ist nicht die einzige, die eine Trinitätslehre vertritt. Auch im Hinduismus wird Trimurti als eine göttliche Einheit aus Brahma, dem Schöpfer, Vishnu, dem Erhalter und Shiva, dem Zerstörer verstanden. (Darjabaadi)

Seit der Einführung der Logoslehre haben die Christen immer wieder versucht, die Lehre von der Gottheit ’Isa as mit dem von diesem selbst verkündeten Monotheismus zu vereinbaren. Darüber hinaus sind viele verschiedene Interpretationen die­ser Lehre entstanden, die zu zahlreichen Spannungen geführt haben. Christliche Gelehrte haben all ihre Zeit und Mühe darauf verwandt, ein Rätsel zu lösen, das weder von Allah noch von "Isa, Allahs Segen und Frieden, verursacht wurden ist. Es gibt dafür offen­sichtlich auch keine Lösung, denn niemand kann nachweisen, dass alle drei Personen an der Gottheit teilhaben und gleich­zeitig Allah ein einziges Wesen ist und keinen Partner hat. Dieses Rätsel ist nur durch ihre eigene Übertreibung über die gesetzten Grenzen hinaus entstanden und nur lösbar, wenn sie diese Grenzen nicht mehr überschreiten und den Imaan an die Göttlichkeit des Massich und des Heiligen Geistes aufgeben und Allah als den Einzigen anerkennen, der ihrer Anbetung würdig ist. (Mauduudi)

430. Hiermit wird die Einheit der Gesetze der Schöpfung und ihrer Methode bezeugt: Sei!- und es ist. Diesen Sachverhalt bezeugt die menschliche Vernunft selbst. Sie stellt sich nicht den Schöpfer analog zu Seinem Geschöpf vor, auch nicht in einer Einheit aus Dreien oder in der Dreifaltigkeit des Einen. (Qutb)

431. Nach den ersten drei Büchern des Neuen Testaments hat ’Isa lediglich die Beziehung von Mensch und Allah mit einer Beziehung zwischen Vater und Sohn verglichen und für Allah metaphorisch das Wort Vater benutzt, so wie es bei den Israeliten damals üblich war. Dafür gibt es im Alten Testament zahlreiche Belege. ’Isa as nannte Allah "Vater" in dem Sinne, wie es sein Volk. tat. Er bezeichnete Allah nicht nur als seinen Vater, sondern als den Vater aller Menschen. Dennoch übertrieben die Christen dahingehend, dass sie ihn als Allahs einzigen Sohn bezeichneten, aufgrund der Annahme, er sei Allahs Manifestation, die Inkarnation Seines Wortes und Sein Heiliger Geist. Darüber hinaus glauben sie, Allah habe Seinen einzigen Sohn in diese Welt geschickt, damit er die Last der menschlichen Sünden auf sich nimmt und sich für die Sünden der Menschen kreuzigen lässt. Diese Vorstellung ist offensichtlich das Produkt ihres eigenen Wunschdenkens, denn keine Aussage ’Isa as stützt sie. (Mauduudi)

Nachkommen sind erforderlich, damit eine Person ihren Anteil zum Fortbestand der Menschheit leisten kann. Menschen verspüren darüber hinaus, das Bedürfnis, Kinder zu haben, die ihnen im Alter beistehen und im Krankheitsfall helfen. Gott ist ewig und bedürfnislos, Er braucht weder einen Sohn, um den Fortbestand Seiner Art zu sichern, noch um Ihm im Alter oder bei Enttäuschungen beizustehen. (Siddiqi)

432. Dies ist die wahre Beziehung zwischen allen Geschöpfen und ihrem Schöpfer. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 24

172. Der Massich hält es nicht für unter seiner Würde, ein Diener Allahs zu sein, und auch die Engel nicht, jene die Ihm am nächsten sind.433 Und wer den Dienst an Ihm für unter seiner Würde hält und hochmütig ist -Er wird sie allesamt bei Sich versammeln.434

433. Der Massich Isa as, der Sohn Marjams, wird sich niemals zu erhaben fühlen, ein Diener Allahs zu sein. Denn er -Friede sei mit ihm -weiß als Allahs Prophet und Gesandter am besten um die Wahrheit der Göttlichkeit und die der Dienerschaft. Er weiß, dass diese zwei Dinge verschieden und nicht mit einander zu vereinen sind. Und er weiß am besten, dass er ein Geschöpf Allahs ist, und Allahs Geschöpfe können niemals wie Allah oder ein Teil von Ihm sein. Der Rang eines Dieners Allahs könnte niemals ihre Würde als Mensch schmälern, und wer dies tut, leugnet die Schöpfung und die Entstehung. Allah zeichnet die Gesandten und mit ihnen die nahegestellten Engel, die von Ihm auf das höchste geehrt und gewürdigt werden, mit dieser Rangstufe. (Qutb)

Isa as wachte und betete oft als demütiger Diener Allahs, und nach biblischem Bericht war sein Ringen im Garten Gethsemane voller menschlicher Würde, Leiden und Demut (vergleiche Matthäus 26:36-46).(Juusuf 'Allii)

Siehe auch weitere Aussagen Isa as, wie sie in der Bibel überliefert sind: "Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen des, der mich gesandt hat, und vollende Sein Werk" (Johannes 4:34); "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibet ihr in meiner Liebe, gleichwie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in Seiner Liebe" (Johannes 14: 10); und zahlreiche andere. (Mauduudi)

434. Die Hochmütigen und Arroganten sind Scheytans Heer, das von dem allerhöchsten Thron zur Strafe versammelt wird. (Juusuf 'Allii)

 

173. Doch was jene angeht, die den Imaan verinnerlichen und gute Werke tun,435 denen wird Er ihren vollen Lohn geben,436 und mehren aus seiner Huld. Und was jene angeht, die (dies) für unter ihrer Würde halten und hochmütig sind, die wird Er mit einer schmerzlichen Strafe belegen. Und sie werden außer Allah weder einen Beschützer noch einen Helfer finden.

435. Die Grundlage der ganzen Botschaft und der Aufforderung aller Gesandten war den Imaan an Allah, wie der Islam ihn verkündete und dies lange Zeit schon, bevor die Anhänger der verschiedenen Religionen sie verfälschten. Wir sollen sie als eine neue Geburt des Menschen ansehen, die ihm Würde und Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlergehen garantiert, und ihn aus der Knechtschaft gegenüber Knechten zu der ausschließlichen, demütigen Verehrung Allahs hinführen. Dies soll sich nicht nur in religiösen Zeremonien, sondern auch in der Lebensführung äußern. (Qutb)

436. Einen Lohn, der weit das übertrifft, was ihnen zusteht. (Darjabaadi)

 

174. O ihr Menschen! Es ist bereits ein Beweis437 von eurem Herrn zu euch gekommen und Wir haben euch ein, klares Licht438 herabgesandt.

437. In der Person des Propheten -Friede sei mit ihm. "Burhan" bedeutet der schönste, stärkste und gültigste Beweis, der notwendigerweise die Wahrheit aufzeigt. (Siddiqi)

438. Ein Licht, in dessen enthüllenden Strahlen die Wahrheit aller Dinge klar erscheint, und das die Abgrenzung zwischen Gut und Böse offenbart. (Qutb)

Der Beweis und das Licht sind der Qur’an sowie Persönlichkeit, Leben und Lehre des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Juusuf' Allii)

 

175. Was nun jene angeht, die an Allah den Imaan verinnerlichen und an Ihm festhalten,439 die wird Er eingehen lassen in Seine Barmherzig­keit und Huld440 und auf dem geraden Weg zu Sich führen.441

439. Die an Allah in Seiner Einheit unbedingt und unverfälscht den Imaan verinnerlichen und an Seinen Geboten und Seinem Gesetz festhalten. (Darjabaadi)

440. Von Ihm selbst: aus Seiner Gegenwart. Vergleiche Suura 3:195 und Fußnote. Gnade und Barmherzigkeit werden hier geschildert als ständig von Ihm herfließend. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "Er lässt sie eingehen in Seine Gnade und Bannherzigkeit. (Asad)

441. Mit dem Wort: "zu Ihm" oder "zu sich" entsteht ein bewegtes Bild davon, wie Allahs Führung die Mu’mins geradewegs auf dem Weg zu Allah voranschreiten lässt, so dass sie Ihm Schritt für Schritt näher kommen. Dies kann man nur in der eigenen Erfahrung spüren. (Qutb)

Allah selbst führt die Menschen in Seine Gegenwart auf dem geraden Weg, der auf kürzeste Weise zum Ziel führt. (Siddiqi)

 

176. Sie bitten dich um eine Anweisung.442 Sprich: "Allah gibt euch Anweisung hinsichtlich Verwandter ohne erbberech­tigte Eltern und Kinder.443 Wenn ein Mann stirbt, ohne ein Kind zu hinterlassen,444 aber eine Schwester, so soll sie die Hälfte dessen erhalten, was er hinterlässt und er beerbt sie, wenn sie kein Kind hat.445 Und wenn es sich um zwei Schwestern handelt, dann sollen sie zwei Drittel dessen erhalten, was hinterlassen wird. Und wenn es sich um Brüder und Schwestern handelt,446 dann erhalten die männlichen (Erben) doppelt so viel wie die weiblichen. Und Allah macht euch die Zeichen klar, damit ihr nicht irregeht. Und Allah weiß um alle Dinge.447

442. "Istifta" bedeutet Bitte um Aufklärung über ein spezielles Gesetz, vergleiche Suura 4:127 und Fußnote. Der anscheinend abrupte Übergang von den vorhergehenden Abschnitten, die sich mit theologischen Fragen befassen, zu diesem stimmt mit dem Prinzip des Qur’ans überein, absichtlich ethische Ermahnung mit praktischer Gesetzgebung zu verschachteln ­zur Betonung der Lehre, dass menschliches Leben, physisches wie geistiges, ein integriertes Ganzes ist und deshalb Be­rücksichtigung aller seiner Aspekte verlangt, wenn die Vorstellung eines, "guten Lebens" verwirklicht werden soll. Der obige Aja vervollständigt die Serie von Erbgesetzen, die zuvor in dieser Suura behandelt wurden. (Asad)

Keine Gesetzgebung ist effektiv, solange sie nicht von Überzeugung gestützt ist und seitens des Menschen eifrige Bereitschaft besteht, sie zu akzeptieren. Der Arm des Gesetzes, so lang und stark er auch sein mag, ist nicht in der Lage, sämtliche Winkel des menschlichen Daseins zu erreichen. Sehr große Teile unseres Lebens liegen außerhalb der Reichweite des Gesetzes, und solange der Mensch nicht versucht, durch das Bewusstsein der Anwesenheit Allahs und durch Verantwortungsbewusstsein Selbstdisziplin zu üben, kann das Gesetz sein Ziel nicht erreichen. (Siddiqi)

Dieser Aja wurde lange nach der Offenbarung dieser Suura herabgesandt, so dass einige Kommentatoren ihn für den chronologisch letzten Aja des Qur’an halten. Nach authentischer Überlieferung wurde er jedenfalls im Jahre 9 der Hidschra offenbart, als diese Suura bereits als ganze rezitiert wurde. Aus diesem Grund wurde der Aja nicht zu den übrigen Ajas über Erbschaft hinzugefügt, sondern als Nachtrag am Ende angehängt. (Mauduudi)

443. "Kalala": in Aja 13 dieser Suura wurde dieser Begriff in dem Sinne gebraucht, dass er eine Person bezeichnet, die weder Eltern noch Kinder als Erben hinterlässt, aber Brüder und Schwestern mütterlicherseits. Dieser Aja bezieht sich auf die Kalalat, die Geschwister von beiden Eltern oder nur väterlicherseits hinterlässt. (Siddiqi)

Das arabische Wort "Kalala" kommt von "iklil" -eine Girlande, die seitlich den Kopf umgibt. Damit ist derjenige gemeint, der von Verwandten der Seitenlinie (also 2. Grades) und nicht von direkten Vorfahren (Eltern, Großeltern) oder Nachkommen (Kinder, Enkelkinder) beerbt wird. Als Abu Bakr nach der "Kalala" gefragt wurde, antwortete er: "Ich sage meine Meinung. Wenn sie richtig ist, dann ist dies von Allahs Gnade. Und wenn sie falsch ist, dann ist das mein Fehler und vom Scheytaan inspiriert, und Allah und seinen Gesandten trifft keine Schuld: Es ist jemand der weder Eltern noch Kinder hat." (Al-Manar)

444. "...ohne ein Kind zu hinterlassen" -an dieser Aussage halten diejenigen fest, die unabhängig vom Vorhandensein der erbberechtigten Eltern oder Großeltern nur das Fehlen erbberechtigter Kinder für die Bedingung der Kalala halten. Maßgebliche Instanz ist aber die allgemeine Lehrmeinung, die der Auslegung Abuu Bakrs folgt und die Ansicht vertritt, Kalala bedeute "wer keine Kinder und keine Eltern hat. Diese ist auch ersichtlich aus den Worten " ...und er hat eine Schwester, so soll sie die Hälfte seiner Hinterlassenschaft erhalten". Denn wenn der Erblasser einen Vater hätte, würde die Schwester überhaupt nichts erben, weil nach einmütiger Meinung der Vater die Schwester ganz von der Erbschaft ausschließt. (Al-Manar)

445. Allah, der Erhabene hat zwei Ajas bezüglich der "Kalala" herabgesandt. Der erste am Anfang der Suura erklärte, als dies erforderlich wurde, nur was die Geschwister mütterlicherseits erben -nachdem zuvor die Rede vor den Anteilen der Eltern war -weil Kinder an die Stelle der Mutter treten, nachdem diese gestorben ist. Bei der Erkrankung Dschabir ibn ’Abdullahs, der weder Eltern noch Kinder aber Geschwister väterlicherseits hatte, wurde eine Erklärung bezüglich der Geschwister väterlicherseits und der Vollgeschwister nötig. Als Dschabir den Propheten danach fragte, kam der zweite Aja am Ende der Suura als Vervollständigung des Farni1ienrechts. Dass im zweiten Aja nur das Nicht-Vorhandensein der Kinder, aber nicht das der Eltern erwähnt wird, kann verschiedene Gründe haben:

1. der Ausdruck "KaIala" beinhaltet in sich schon das Nicht-Vorhandensein der Eltern.

2. In der Mehrzahl der Fälle stirbt ein Mensch, der ein Erbe hinter1ä8t, nach seinen Eltern, denn entweder stammt sein Vermögen aus der Hinterlassenschaft der Eltern, oder er hat es in einem langen Leben selbst erworben. Und im letzteren Fall geschieht es selten, dass die Eltern den Erblasser überleben, so dass sie hier der Kürze halber nicht erwähnt werden.

3. Der Hauptgrund aber ist, dass, wie in den Anfangs Ajas der Suura dargelegt, die Geschwister nicht gleichzeitig mit dem leiblichen Vater erben können. (Al-Manar)

Um dies näher zu erläutern, bezeichnen wir hier einmal die verstorbene Person als A, und es kann sich um einen Mann oder eine Frau handeln. In Suura 4:12 wurde der Fall von A behandelt, der Geschwister mütterlicherseits hinterließ. Hier ist die Rede davon, dass er Geschwister väterlicherseits hinterlässt, ob sie dieselbe Mutter haben oder nicht. Wenn Bruder und Schwester wie oben definiert sind, wollen wir nun betrachten, wie das Erbe verteilt wird. Wenn A einen Witwer oder eine Witwe hinterlässt, wird entsprechend Suura 4:12 dessen Anteil zuerst berechnet; wenn kein Ehepartner da ist, erübrigt sich diese Berechnung. Wenn dann A eine einzige Schwester hinterlässt, dann erhält sie die Hälfte, und die andere Hälfte geht an entfernter Erben. Ein einzelner Bruder würde das ganze erhalten; bei mehr als zwei Brüdern wird das ganze unter ihnen aufgeteilt. Hinterlässt A mehrere Schwestern, so verteilen sie unter sich zwei Drittel. Sind Geschwister beiderlei Geschlechts vorhanden, so teilen sie die Erbschaft auf der Grundlage, dass ein Bruder den doppelten Anteil einer Schwester bekommt. Alles vorausgesetzt, dass die Rechte eines eventuell noch lebenden Ehepartners berück­sichtigt und Schulden, Beerdigungskosten und Legate (im erlaubten Rahmen) bezahlt worden sind. (Juusuf 'Allii)

446. Wörtlich:" Geschwister, Männer und Frauen". Es ist zu beachten, dass der Begriff "ichwah" إِخْوَ sowohl Brüder als auch Schwestern allein oder Geschwister beiderlei Geschlechts umfasst. (Asad)

"Und wenn es sich um mehrere Brüder und Schwestern handelt..." bedeutet, dass wenn mehrere Geschwister ihren elternlos verstorbenen Bruder beerben, das Erbe nach dem Grundsatz aufgeteilt wird, dass der männliche Erbe doppelt so viel erbt wie der weibliche gleichen Verwandtschaftsgrades. Die Geschwister mütterlicherseits teilen nur das Sechstel, das der Mutter zugestanden hätte, unter sich auf, da sie nicht vom gleichen Vater abstammen. (Al-Manar)

Nun wird die Erbschaftsregelung im Falle der "Kalala" vervollständigt. Wenn der Verstorbene weder Eltern noch Kinder, aber eine Schwester oder eine Stiefschwester väterlicherseits hat, so erbt sie die Hälfte seiner Hinterlassenschaft. Er seinerseits beerbt sie ganz, wenn auch sie keine Eltern oder Kinder hat. Handelt es sich um zwei Schwestern der gleichen Kategorie, dann bekommen sie zwei Drittel der Erbschaft. Sind es mehr als zwei Geschwister, so verfahrt man nach dem Grundsatz, dass ein männlicher Erbe doppelt so viel erhält wie der weibliche. (Qutb)

Der Bruder erbt alles, wenn keine anderen Erben da sind. Wenn beispielsweise der Ehemann einer kinderlos verstorbenen Frau noch lebt, steht dem Bruder alles zu, was nach Abzug des Anteils für den Ehemann übrig bleibt.

447. Allah kennt die Folgen und Erfordernisse aller Dinge. Er weiß um das Wohl seiner Diener und weiß, was jedem der Ver­wandten je nach seinem Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen an Erbteil zusteht. Ibn Dschabir berichtet, dass ’Umar ibn Al-Hattab bezüglich des Großvaters und der Kalala eine Schrift verfasst hat.. Immer wieder bat ’Umar Allah um Eingebung und sagte: ,,O Allah, wenn Du weißt, dass etwas Gutes daran ist, dann lass es sie so durchführen." Als er aber einem Mordanschlag zum Opfer fiel, bat er, in den letzten Zügen, um diese Schrift und vernichtete sie, ohne dass jemand erfahren hätte, was darin stand. Und er sagte: "Ich habe bezüglich des Großvaters und der Kalala etwas niedergeschrieben und darin Allah immer wieder um Erleuchtung gebeten. Jetzt bin ich aber zu dem Schluss gekommen, euch so verfahren zu lassen, wie ihr es bis jetzt getan habt." Und Abu Dschabir sagte, dass man von ’Umar berichtete, er habe bezüglich der "Kalala" gesagt: "Ich schäme mich wahrhaftig, Abu Bakr zu widersprechen." Und Abuu Bakr war der Ansicht, dass mit "Kalala" Kinder und Eltern gemeint seien. Die Gesamtheit der Sahaba und die Anhänger der vier Rechtsschulen sind ebenfalls dieser Ansicht.. Und darauf weist uns der Qur’an hin und Allah belehrt uns, dass Er es klar und deutlich genug gemacht hat, indem Er sagt: "Und Allah macht euch die Zeichen klar, damit ihr nicht irregeht". (Al-Manar)

Dieser Aja das der Mann das doppelte vom Erbe erhält wird oft von den Kaafirs gegen den Islam verwendet. Aber das der Mann in der Scharia gegenüber der Frau und den Kindern Sorge zu tragen hat, ohne das die Frau zum Unterhalt beitragen muss, wir bei den Kaafir nie erwähnt. Denn da wir klar das es keinen Ungerechtigkeit bei Allah gibt. (Anm. des Überarbeiters)

 

Einführung zu Suura 5

Diese Suura behandelt wie die drei vorherigen verschiedene Fragen. Sie alle werden durch ein gemeinsames Ziel, zu dessen Verwirklichung der Qur’an gekommen ist, vereinigt, nämlich das Ziel, eine Gemeinde zu bilden, einen Staat zu errichten und eine Gesellschaft zu ordnen auf der Basis eines besonderen Be­kenntnisses, einer bestimmten Vorstellung und einer neuen Struktur. (Qutb)

In einer kurzen Wiederholung behandelt diese Suura die Rückfälle der Juden und Christen von ihrer reinen Religion, für die der Islam den Maßstab setzt.

Als logische Folge der Verfälschung früherer göttlicher Religionen werden die praktischen Vorschriften des Islams bezüglich Nahrung, Reinlichkeit, Gerechtigkeit und Treue wiederholt. (Juusuf 'Allii)

Charakteristisch für diese Suura ist, dass Prinzipien und Vorschriften, die in anderen Suuras vielleicht eine andere Form aufweisen, in dieser Suura eine endgültige, feststehende Gestalt annehmen. (Qutb)

Der dritte Aja enthält die denkwürdige Erklärung Allahs: "Heute habe Ich Meine Religion für euch vervollkommnet", die im Jahre 10 nach der Hidschra anlässlich der letzten Pilgerfahrt des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach Mekka offenbart wurde. Chronologisch ist dies der letzte offenbarte Aja. (Juusuf 'Allii)

(Er) ...stellt über jeden Zweifel hinaus fest, dass diese Religion und diese Gesetzgebung ewigen Charakter besitzen, und dass dieses offenbarte Gesetz für die damalige Zeit, und für alle Zeiten zu gelten hat. Denn dies ist die letzte Botschaft an die Menschen, die Allah für sie vollendet und als Religion für sie gebilligt hat. (Qutb)

Zusammenfassung:

Nach einem einleitenden Aufruf, alle Verpflichtungen den Menschen und Allah gegen­über zu erfüllen, verweist die Suura auf einzelne Vorschriften bezüglich der Nahrung, was zur Förderung eines besonnenen und sozialen Lebens ohne Aberglauben und ohne Vorurteile oder Hass beiträgt (Ajas 1-6).

Reinlichkeit des Körpers und Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit im Handeln sind der Frömmigkeit am nächsten (Ajas 7-12).

Wenn sich die Juden und Christen von der Wahrheit abgewandt und ihren Bund verletzt haben, so ist ihnen bereits eine Warnung zugekommen. (Ajas 13-29).

So wie Abel von seinem Bruder Kain ermordet wurde, so hat der Gerechte unter dem Verhalten des Neidi­schen zu leiden. Allah straft die Schuldigen, und der Gerechte braucht nicht traurig zu sein. (Ajas 30-46).

Die Muslime sollen unparteiisch Gerechtigkeit üben, aber sie sollen ihre eigene Gemeinschaft und ihren Islam vor Beleidigung und Spott schützen; sie sollen Frömmigkeit, Demut und andere gute Eigenschaften bei den Christen schätzen (Ajas 47-89).

Sie sollen dankbar alles genießen, was gut und erlaubt ist, sich aber vor Exzessen hüten. Fluchen, Trunkenheit, Glücksspiel, Entweihung des Heiligtums, Aberglaube aller Art und falsches Zeugnis werden verurteilt (Ajas 90-111).

Die Suura schließt ab mit den Wundern Isas, Gottes Segen und Frieden auf ihm, und wie diese von denen missbraucht wurden, die seinen Namen tragen (Ajas 112-123). (Juusuf 'Allii)

 

Der Tisch

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.

 

1. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Erfüllt (alle eure) Verpflichtungen!1 Erlaubt sind euch alle vierbeinigen Weidetiere2 mit Ausnahme dessen, was euch vorgetragen wird.3 Nicht (erlaubt) ist (jedoch) die Jagd, während ihr das Pilgergewand tragt.4 Wahrlich, Allah entscheidet, was Er will.5

1. Diese Zeile ist für ihre Kürze und Prägnanz zu Recht bewundert worden. Das arabische Wort "'Uqud" (Verpflichtungen) allein umfasst so vieles, dass man darüber ein ganzes Kapitel Kommentar schreiben könnte. Da gibt es zunächst die Ver­pflichtungen Allah gegenüber, die sich aus unserer geistigen Natur und unserer Verbindung mit Ihm ergeben. Er hat uns geschaffen und uns die Fähigkeiten des Wissens und der Voraussicht geschenkt; neben der Intuition und Vernunft, die Er uns gegeben hat, machte Er uns die Natur dienstbar, und durch Seine Zeichen in der Natur lehrte Er uns so vieles über unser inneres Leben; darüber hinaus sandte Er Propheten und Lehrer, um uns in unserem individuellen, sozialen und öffentlichen Leben zu führen und zu leiten. Alle diese Gaben schaffen entsprechende Verpflichtungen, die wir erfüllen sollen. Aber auch in unserem menschlichen und materiellen Leben gehen wir gegenseitige Verpflichtungen ein, sowohl ausdrückliche als auch implizierte. Wir machen Versprechungen; wir gehen wirtschaftliche oder soziale Verträge ein; wir schließen einen Ehevertrag: in allen diesen Beziehungen müssen wir alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen treu er­füllen. Unsere Gesellschaft oder unser Staat geht einen Vertrag ein: jedes Individuum in dieser Gesellschaft oder diesem Staat muss nach allen Kräften dazu beitragen, dass solche Verpflichtungen genauestens erfüllt werden. Es gibt ein schwei­gendes Übereinkommen: da wir in einer Rechtsgesellschaft leben, müssen wir solches Übereinkommen respektieren, solange es nicht moralisch verwerflich ist. In diesem Fall müssen wir uns von dieser Gesellschaft trennen. Ein schweigendes Übereinkommen ist mit der Person von Gastgeber und Gast, Reisenden oder Gefährten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer und so weiter verbunden, das jeder Mu’min gewissenhaft erfüllen muss. Wer jemanden im Stich lässt, der ihn braucht, und weggeht, um in der Wüste zu beten, ist ein Feigling, der seine Pflichten vernachlässigt. Alle diese Pflichten sind unter­einander verbunden. Wahrhaftigkeit und Treue sind in allen Beziehungen des Lebens ein Teil der Religion. (Juusuf ’Allii)

Die erste Verpflichtung ist die, an Allah den Imaan zu verinnerlichen, und Seine wahre Natur genauestens zu kennen und zu wissen, welche Aufgaben und Pflichten dem Geschöpf obliegen. Aus dieser Verpflichtung dem Schöpfer gegenüber ergeben sich alle anderen Verpflichtungen und Lebensordnungen. Es ist notwendig, dass das Leben durch bestimmte Regeln geordnet wird. Das Leben des Menschen mit sich selbst und das Leben mit anderen Menschen, Lebewesen und Dingen im allgemeinen. Menschen, die einem nahe stehen oder entfernter sind, aus der Familie, dem Stamm, aus der Gemeinschaft und dem Staat, mit Freunden und Feinden und den Lebewesen, die Allah dem Menschen dienstbar gemacht hat oder auch nicht, und den Dingen, die einen in diesem weiten Universum umgeben. Und schließlich umfassen die Verpflichtungen die Be­ziehung des Menschen zu seinem Herrn und Erhalter. Der Islam setzt alle diese Lebensregeln für den Menschen fest und verbindet sie alle mit Allah selbst. Allah nennt diese Regeln 'Verpflichtungen', 'Verträge', und befiehlt den Gläubigern, sie zu erfüllen, wie im folgenden näher erläutert werden soll. Vergleiche auch Suura 2:38, wo Allah allen, die Seiner Recht­leitung folgen, verspricht, dass sie sich weder zu fürchten noch traurig zu sein brauchen, und Suura 7:172-173, wo der Urvertrag Allahs mit den Menschen erwähnt wird. (Qutb)

2. Zu diesen Verpflichtungen zählt alles, was in der Lebensordnung des Menschen enthalten ist: was sein individuelles Leben betrifft und seine Beziehung zu anderen Menschen und anderen Lebewesen, nämlich vierfüßige Tiere wie Ziegen, Schafe, Rinder und Kamele und ähnliche, wie Antilopen, Wildrinder und so weiter. (Darjabaadi)

Der Ausdruck "bahimat Al-An'am" بَهِيمَةُ الأَنْعَامِ könnte wörtlich als "ein Tier von dem Vieh" übersetzt werden; da dies aber offensichtlich eine nutzlose Tautologie wäre, neigen viele Kommentatoren zu der Ansicht, hier sei ,jedes Tier gemeint" das (domesti­ziertem) Vieh ähnelt, indem es sich von Pflanzen ernährt und kein Raubtier ist. (Asad)

Der Begriff schließt ein, dass Fleischfresser, die sich von getöteten Tiere!! ernähren, nicht erlaubt sind, wie auch der Pro­phet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ausdrücklich erklärt hat. Ebenso unerlaubt sind Vögel, die Klauen haben und andere Tiere jagen oder Kadaver fres­sen. (Mauduudi)

Das Erlauben und Verbieten bezüglich des Schlachtviehs, der Arten, der Schlachtplätze und Schlachtzeiten -all dies fällt unter den Begriff “'uqud“ = Verpflichtungen. Diese Verpflichtungen basieren zuallererst auf der Frömmigkeit. Denn der Imaan erfordert vom Mu’min, dass er Gebot und Verbot einzig und allein von Allah empfängt und sonst von niemandem. (Qutb) 

3. Wie zum Beispiel tote Tiere und Blut vergl. Aja 3 und 4 (Al-Manar)

4. Vergleiche Suura 5:97-99. Die Jagd ist verboten, während "ihr hurum seid", das heißt

1. im Bereich des Heiligtums, oder

2. solange ihr das besondere Pilgergewand (ichram) tragt, vergleiche Suura 1: 195. Dies läuft in den meisten Fällen auf das­ selbe hinaus. Der Bereich des Heiligtums ist für Mensch und Tier unverletzlich. (Juusuf 'Allii)

Hier werden die Ausnahmen von der allgemeinen Regelung erwähnt, und zwar als erstes das Verbot der Jagd im Zustand des "Ichrams" (Zustand der Weihe des Mekkapilgers). Denn Ichram. heißt Ablassen von den normalen Lebensgewohnheiten und seinem üblichen Verlauf und Zuwendung zu Allah in Seiner geheiligten Stätte -dieser Stätte, die Er zum Ort des Frie­dens gemacht hat. Deshalb ist es unabläßlich, dass man sich jeder Art von Gewalt gegenüber jeglichem Lebewesen enthält. (Qutb)

5. Allahs Gebote sind nicht willkürlich. Sein Wille entspricht dem vollkommenen Schöpfungsplan. Alles, was Er will, ist auf diesen Plan bezogen, in dem sich Seine vollkommene Weisheit und Güte widerspiegelt. (Juusuf 'Allii)

 

2. O die ihr den Imaan verinnerlicht! Missachtet nicht die heiligen Stätten und Riten6 Allahs noch den Heiligen7 Monat noch die Opfertie­re und die mit Halsbändern8 noch die, die sich zum Heiligen Haus begeben, wen sie nach der Gunst ihres Herrn und Seinem Wohlgefallen streben.9 Und wenn ihr den Weihezustand beendet habt, könnt ihr (wieder) jagen.10 Und lasst euch nicht durch den Hass auf die Leute, die euch (vom Besuch) der Heili­gen Moschee abgehalten haben,11 zu Übergriffen verleiten.12 Und helft einan­der in Rechtschaffenheit und Frömmig­keit und Taqwa13 und helft einander nicht in Sünde und Gewalttä­tigkeit. Und fürchtet Allah. Wahrlich, Allah ist streng im Strafen.

6. Vergleiche Suura 1:158, wo 'die heiligen Stätten Safa und Marwa als "Symbole Allahs" bezeichnet werden. Hier ist unter Symbolen Scha'a'ir alles zu verstehen, was mit der Pilgerfahrt verbunden ist, nämlich

1. der Ort (wie Safa und Marwa, oder die Ka'ba, oder 'Arafat und so weiter);

2. die vorgeschriebenen Riten und Zeremonien;

3. gewisse Verbote (wie das Jagd­verbot während der Pilgerfahrt und ähnliches); und

4. die damit verbundenen Jahreszeiten. In all diesem liegt eine geistige und moralische Symbolik. Vergleiche Suura 2: 158 und 2: 194-200. (Juusuf 'Allii)

Flaggen, Uniformen, Münzen, Banknoten, Briefmarken und ähnliches sind Symbole von Regierungen und Systemen, die dafür Respekt fordern. Wenn jemand die Symbol respektlos behandelt, bringt er damit seine Feindschaft dem System gegenüber zum Ausdruck, was gleichbedeutend ist mit Rebellion, wenn er selbst diesem System angehört.

Allahs Symbole sind solche, die den reinen ‘'Ibaada repräsentieren, gegenüber Götzendienst, Kufr und Atheismus. Muslime ehren Allahs Symbole, wo immer sie diesen begegnen, vorausgesetzt, ihr Bekenntnis zu dem Einen Gott ist rein und echt. Wenn also ein Muslim in der Handlungsweise oder im Glauben eines Nichtmuslims irgendetwas ent­deckt, was ein Element des reinen ‘'Ibaada enthält, so wird er diesem und der damit verbundenen Symbolik Respekt erweisen. Darüber kann es mit Nichtmuslimen keine Kontroversen geben; solche kommen erst zustande, wenn der Muslim ‘'Ibaada mit Dienst an einem anderen vermischt. (Mauduudi)

7. Der Monat der Pilgerfahrt, oder ansonsten die vier Heiligen Monate, nämlich Radschab (7. Monat), Sul-qa'd (11. Monat), Sul-hadsch (12. Monat, Monat der Pilgerfahrt) und Mucharram (der 1. Monat des Jahres). In diesen Monaten ist jede kriege­rische Auseinandersetzung verboten. Außer dem Radschab folgen die drei anderen Monate unmittelbar aufeinander. (Juusuf 'Allii) Bereits den vorislamischen Arabern waren kriegerische Auseinandersetzungen in den Heiligen Monaten verboten. Sie mochten sie aber zum Spielball ihrer Willkür. So wurden sie zum Beispiel nach dem Rat ihrer Priester oder mancher Stammesober­häupter von Jahr zu Jahr verschoben. Mit Ankunft des Islam legte Allahs diese Monate eindeutig fest und gebot, sie einzuhal­ten. Vergleiche hierzu auch Suura 9:36. (Qutb)

8. Das Opfertier ist das Schlachtvieh, das der Pilger am letzten Tag seiner Hadsch oder Umra opfert, womit er die Rituale beendet. Es ist entweder ein Kamel, eine Kuh oder ein Schaf. Deren Missachtung besteht darin, sie zu einem anderen Zweck oder zu einem anderen Zeitpunkt zu schlachten. Es ist auch nicht erlaubt, ihr Fleisch, ihre Häute oder Felle zum eigenen Vorteil zu benutzen, sondern sie sind ganz und gar den Armen zu schenken.

". ..die mit Halsbändern" sind solche Herdentiere, die zum Opfertier bestimmt waren, und denen man zur Kennzeichnung als Opfertier ein Band um den Hals gehängt hat. Sie wurden zum Weiden freigelassen, bis sie an den Tag und an dem Ort, für den sie geweiht waren, geschlachtet wurden. Es ist nicht erlaubt, diesen Tieren, die Halsbänder wieder zu entfer­nen, um sie einem anderen Zweck zuzuführen. (Qutb)

9. Es sind diejenigen, die zum Zwecke des statthaften Handels und um Allahs Wohlgefallen zu erbitten, das Heilige Haus aufsuchen, seien sie Pilger oder auch nicht. Allah gibt ihnen Sicherheit und Frieden in Seinem geheiligten Haus. (Qutb)

10. Dies ist ein anderer Zustand als der eben beschriebene, nämlich wenn ihr den Bereich des Heiligtums verlassen und die Pilgerkleidung abgelegt habt, womit die Rückkehr zum Alltagsleben ausgedrückt wird. (Juusuf 'Allii)

11. Vergleiche Suura 2:191. Im 6. Jahr der Hidschra verwehrten die Götzendiener auf feindselige Weise den Muslimen den Zu­gang zur Heiligen Moschee. Als die Muslime Mekka eingenommen hatten, wollten einige von ihnen als Vergeltung die Nichtmuslime ausschließen oder sie anderweitig an der Pilgerfahrt hindern. Dies wird hier verurteilt. Wenn wir von dem unmittelbaren Ereignis auf den allgemeinen Grundsatz schließen, dürfen wir Böses nicht mit Bösem vergelten. Der Hass der Bösen rechtfertigt keine Feindseligkeit unsererseits. Es kann vorkommen, dass wir uns gegen das Böse zur Wehr setzen müssen, aber niemals in Böswilligkeit und Hass, sondern immer für Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit. (Juusuf 'Allii)

12. Zu dieser Zeit unternahmen auch die Nichtmuslime Hadsch und Umra ihren eigenen Riten entsprechend. Dieser Abschnitt besagt, dass sie aus Achtung vor Allahs Symbolen nicht gestört werden dürfen, selbst wenn sie Kaafirs sind. (Darjabaadi)

13. Arbeitet auf gerechte Weise zusammen, unterstützt euch nicht gegenseitig im Bösen. (Darjabaadi)

 

3. Verboten ist euch (das Fleisch) von ver­endeten Tieren,14 Blut, Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als Allahs Name angerufen wurde,15 von Erstick­tem, Erschlagenem, zu Tode Gestürztem und (von anderen Tieren) zu Tode Gestoßenem, und was von einem wilden Tier angefressen worden ist, mit Aus­nahme dessen, was ihr noch (ordnungs­gemäß) schlachten könnt,16 und was auf einem Steinaltar geopfert worden ist.17 Und (verboten ist euch auch), dass ihr, was euch beschieden ist, durch Lospfeile zu wissen sucht.18 Dies alles ist Frevel. Mit dem heutigen Tag19 haben jene, die Kaafir sind, jegliche Hoffnung be­züglich eures Diins aufgegeben.20 Darum fürchtet nicht sie, sondern fürch­tet Mich!21 Heute habe Ich euren Diin für euch vervollkommnet und Meine Gnade an euch vollendet22 und euch den Islam zum Diin erwählt.23 Wer aber durch Hunger24 gezwungen ist, ohne Sündhaftigkeit zu beabsichti­gen, so ist Allah wahrlich verzeihend, barmherzig

14. Das heißt, Fleisch von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind. (Mauduudi)

15. Vergleiche Suura 2:173 und Fußnoten, wo das Verbot von Verendetem, Blut, Schweinfleisch und dem, worüber ein anderer als Allah angerufen wurde, erklärt ist. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche Apostelgeschichte 15:28-29: 'Denn beschlossen haben der heilige Geist und wir, euch keine Last weiter aufzu­legen als nur diese nötigen Stücke: dass ihr euch enthaltet von Götzenopfer und vom Blut und vom Erstickten und von Unzucht...' (Darjabaadi)

16. Wenn ein Tier durch Ersticken, Schlag oder Sturz zu Tode kommt, aufgespießt oder von einem wilden Tier getötet wurde, kann man davon ausgehen, dass es nicht mehr genießbar ist, denn das Blut ist geronnen, bevor es aus dem Körper entfernt wird. Ganz anders kann es sich jedoch verhalten, wenn das Blut noch fließt. Wenn man das Tier ordnungsgemäß schlachtet und Allahs Name darüber angerufen wird, ist es essbar. (Juusuf 'Allii)

17. "Al-Nusub" النُّصُبِ (Singular Nasiba) waren Steinaltäre, die in vorislamischer Zeit um die Ka'ba herum aufgestellt waren und worauf die heidnischen Quraisch ihren Götzen Opfer darbrachten. Wie jedoch aus der Erzählung von ’Sayd ibn 'Amr ibn Nufayl (Bucharii) hervorgeht, wurden dort anscheinend nicht nur Opfertiere geschlachtet, sondern -eines vermeintlichen Segens wegen -auch solche, die für den gewöhnlichen Verbrauch bestimmt waren. Einige Philologen betrachten die Form nusub als Singular mit ansab als dem zugehörigen Plural (vergleiche Vers 90 dieser Suura). In jedem Fall umschreibt der Aja eine Assoziation mit Praktiken aller Art, die als 'götzendienerisch' bezeichnet werden können, und darf nicht nur wörtlich verstanden werden.

In diesem Zusammenhang muss eindeutig darauf hingewiesen werden, dass die Speisegebote nicht allein vom Standpunkt der physischen Gesundheit her ausgesprochen wurden, sondern vom moralischen und geistigen Standpunkt. Was hier ver­boten ist, ist verboten, weil es der Reinheit, der Moral und dem Imaan abträglich ist. Alles, was diesem nicht schadet, ist erlaubt. (Mauduudi)

18. Glücksspiele aller Art sind verboten, vergleiche Suura 2:219. Hier handelt es sich um eine Art Verlosung, die von den vorislamischen Arabern praktiziert und bei der Teile eines geschlachteten Tieres durch markierte Pfeile ausgelost wurden. (Juusuf 'Allii)

...und auch der Verzehr des auf diese Weise ausgelosten Fleisches ist verboten. (Qutb)

Mittels des 'Pfeilspiels' wurde bei den vorislamischen Arabern die Zukunft vorhergesagt. Wie es gewöhnlich bei histori­schen Anspielungen im Qur’an der Fall ist, so ist auch hier ein Verbot aller Versuche impliziert, die Zukunft vorhersagen zu wollen. (Asad)

Dieser Aja wurde am Freitag, dem 9. Sul-Hidscha in 'Arafat offenbart, im 10. Jahr der Hidschra, als der Prophet mit 120.000 treuen Anhängern seine Abschiedspilgerfahrt vollzog. Bedeutsam ist auch die Ansprache, die er aus diesem Anlass hielt. (Darjabaadi)

Solange der Islam noch nicht mit seiner eigenen Gemeinschaft und seinen eigenen Gesetzen organisiert war, hatten die Kaafirs gehofft, die Muslime von ihrer neuen Lehre abbringen zu können. Mit der vollständigen Organisation des Islam war diese Hoffnung nun vergangen. (Juusuf 'Allii)

Der Islam wird als dynamische Kraft in der Welt bestehen bleiben. (Siddiqi)

19. Mit dem Tag, an dem dieser Aja herabgesandt wurde, hat Allah diesen Diin abgeschlossen, und dem war nichts mehr hinzuzufügen. Allah hat mit dieser umfassenden und vollständigen Lebensordnung seine größte Wohltat vervollkommnet und den "Islam" als Religion erwählt. (Qutb)

20. Trotz aller materieller Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, und ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit sind sie vor Allah machtlos. (Darjabaadi)

Es ist nicht möglich, dass die Kaafirs jemals das Wesen dieser Religion gefährden können. Auch die Anhänger dieser Religion können sie nicht gefährden, es sei denn, die Anhänger selber weichen von ihr ab. Somit haben sie aufgegeben, diese Religion zu vernichten, herabzusetzen oder zu verfälschen, nachdem Allah ihr Vollkommenheit beschieden hat und ihre Fortdauer festgeschrieben hat. Es ist möglich, dass die Muslime in einer Schlacht oder für eine gewisse Zeit unterlie­gen, aber die Religion selbst kann niemals besiegt werden. (Qutb)

21. Er ist der Einzige, der zu fürchten ist, und Ihm gebührt die höchste Ehrfurcht. (Darjabaadi)

22. Hiermit und durch das "Siegel der Propheten" hat Allah Sein Diin vervollständigt und auch die Aqida, wie es der menschlichen Natur entspricht und für alle Zeiten und überall verbind­lich bleibt. Allah hat den Menschen geschaffen und kennt ihn, deswegen hat Er ihm eine ihm gemäße Religion und Lebens­weise vorgezeichnet. Wenn er diese in seinem Leben verwirklicht, verwirklicht er damit seine vollkommene Menschlichkeit. (Qutb)

Die beiden Begriffe "Ikmal" (Vervollkommnung) und §Itmaam" (Vollendung) sind hier auf bedeutungsvolle Weise benutzt wor­den. Der erste weist daraufhin, dass alle Lehren und Gebote, die dis physische, gesellschaftliche, moralische und geistige Leben des Menschen betreffen, in ihrer vollkommensten Form im Islam enthalten sind. Der zweite besagt, dass nichts, was ein Mensch wirklich braucht, um geleitet zu sein, in dem von Allah offenbarten System ausgelassen Wurde. Dieser Aja unterstreicht ausdrücklich, dass Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der letzte Verkünder des Gesetzes Allahs ist, nach dem kein anderer Prophet kommen kann. (Siddiqi)

Dieser Aja ist chronologisch der letzte und bezeichnet das Ende von Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Auftrag auf Erden. (Juusuf 'Allii)

23. Die Hingabe (Islam) des Menschen an Allah ist die Grundlage des wahren Diin. Diese Hingabe kommt nicht allein im Imaan an Ihn zum Ausdruck, sondern im Gehorsam gegenüber Seinen Gesetzen: aus diesem Grund wurde die Verkündung von der Vervollkommnung der Botschaft Allahs mitten in einen Aja eingebaut, der die letzten rechtlichen Anweisungen enthält, die dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, offenbart wurden. (Siddiqi)

24. Wenn jemand unerlaubte Nahrung zu sich nimmt, um damit sein Leben zu retten, ohne die Grenzen der Notwendigkeit zu überschreiten oder es zu genießen. (Darjabaadi)

Wörtlich: 'in (einem Zustand der) Leere. Dies wird gewöhnlich verstanden als 'bei äußerstem Hunger'; während dieser Ausdruck aber in erster Linie 'durch Hunger verursachte Leere' bezeichnet, weist der Bezug zur oben erwähnten Wahrsa­gerei auch auf einen metonymischen Gebrauch des Begriffes hin: das heißt, er bezieht sich hier nicht nur auf tatsächlichen extremen Hunger (der das Essen sonst verbotener Nahrungsmittel erlaubt, vergleiche Suura 2: 173), sondern auch auf ande­re Situationen, in denen eine überwältigende äußere Macht, die über die Kontrolle eines Menschen hinausgeht und ihn gegen seinen Willen zwingt, etwas zu tun, was vom islamischen Gesetz normalerweise verboten ist -beispielsweise Gebrauch berauschender Mittel, wenn sie im Krankheitsfall unvermeidlich sind. (Asad)

 

4. Sie fragen dich, was ihnen (als Nah­rung) erlaubt ist25 Sprich: „Alle guten (und reinen) Dinge26 sind euch erlaubt, und das, was ihr eure abgerichteten Jagdtiere (für euch zu fangen) gelehrt habt27, so wie Allah es euch gelehrt hat. So esst von dem, was sie für euch fangen, und ruft darüber den Namen Allahs an.28 Und fürchtet Allah29 Wahrlich, Allah ist schnell im Berechnen30

25. Der vorige Aja war negativ gehalten und definierte, welche Nahrungsmittel nicht erlaubt sind, nämlich alles schädliche, abscheuliche oder mit Aberglauben verbundene. Dieser Aja nun ist positiv: er definiert das Erlaubte, nämlich alles, was rein und gut ist. (Juusuf 'Allii)

Die Frage der Mu’mins nach dem, was ihnen erlaubt war, verdeutlicht, wie sehr sie sich innerlich sorgten und fürchteten, etwas zu tun, was in vorislamischer Zeit gang und gäbe war, was aber der Islam vielleicht verboten hätte. Es zeigt auch, wie sie es für notwendig erachteten, sich zu vergewissern, dass die neue Weisung es gutheißen würde. (Qutb)

26. Die Antwort verdeutlicht die Wahrheit: Ihnen ist nichts verboten oder verwehrt was gut ist, sondern alle Wohlgenüsse sind ihnen erlaubt, und nur Schlechtes ist ihnen verboten. (Qutb)

Erstens ist nur verboten, was nicht zu den 'guten Dingen des Lebens' gehört, und zweitens ist alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. Der Qur’an verbietet nur solche Dinge oder Handlungen, die für den Menschen physisch, moralisch oder gesellschaftlich schädlich sind. (Asad)

Indem der Qur’an für erlaubte Nahrungsmittel den Begriff 'rein' verwendet, weckt er das hygienische und moralische Gespür der Mu’mins. Zusammen mit der Aufzählung einiger verbotener Dinge Wird uns gesagt, dass alles Unreine verboten ist -alles, was dem ästhetischen Sinn eines kultivierten Menschen zuwider ist. (Siddiqi)

27. Wörtlich: , ,abgerichtete Jagdtiere" (min al-dschawarich mukallibin). Der Begriff mukallib bedeutet" wie ein (Jagd)hund abge­richtet" und bezieht sich auf jedes Tier, das zur Jagd abgerichtet ist, Hund, Falke und andere. (Asad)

Allah erinnert die Mu’mins an Seine Güte, die Er ihnen dadurch erwiesen hat, dass Er sie lehrte, Jagdtiere abzurichten. Denn Er hat ihnen diese Tiere dienstbar gemacht und ihnen die Dressur ermöglicht. Und Allah lehrt die Menschen, Seinen Namen über der Beute der abgerichteten Tiere zu rufen. Dieser Ruf soll beim Loslassen dieser Tiere erfolgen, denn das gejagte Tier könnte durch die Zähne oder Krallen des abgerichteten Tieres getötet werden, was damit als Schlachtung anzusehen ist. (Qutb)

28. Zum ordentlichen Schlachten gehört es, den Namen des einzigen Gottes anzurufen, damit wir uns daran erinnern, dass wir nicht gedankenlos töten, sondern der Nahrung wegen und mit Allahs Erlaubnis, zu dem dieses Leben zurückkehrt. Daraus ergibt sich die Frage nach der Jagd. Wie kann das Tier ordentlich erlegt werden, wenn wir abgerichtete Falken, Hunde oder andere abgerichtete Jagdtiere nach ihm ausschicken? Notwendigerweise töten sie das Tier in Abwesenheit ihres Herrn. Unter folgenden Bedingungen ist ihre Beute als menschliche Nahrung erlaubt:

1. dass sie dazu abgerichtet sind, nicht für ihren eigenen Hunger oder aus Willkür zu töten, sondern für ihren Herrn; die Ausbildung impliziert, dass etwas von der inneren Haltung in dieser Angelegenheit, die Allah uns gelehrt hat, auf ihr Verhalten übergeht;

2. dass wir Allahs Namen über die Jagdbeute anrufen; das bedeutet, dass das Takbiir ausgesprochen wird, wenn wir den Hund oder Falken losschicken. (Juusuf 'Allii)

Die meisten Gelehrten vertreten die Ansicht, dass das erlegte Tier für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist, wenn das Jagdtier etwas davon gefressen hat, denn es hat das Tier dann nicht für seinen Herrn erlegt, sondern für sich selbst. (Mauduudi)

29. Wenn der Jäger das Wild noch lebend antrifft, sollte er es unter Anrufung Allahs schlachten, ansonsten genügt es, beim Losschicken des Jagdtieres Allahs Namen zu erwähnen. Dasselbe gilt für die Jagd mit Schusswaffen. (Mauduudi)

30. Der Aja schließt ab mit einer Warnung für an jene, die so vom Jagdfieber gepackt sind, dass sie das Gebet und andere Gesetze Allahs aus den Augen verlieren. Ihnen wird gesagt, dass Allah ihnen zwar die Jagd mit Hund und Falken erlaubt hat, das bedeutet aber nicht, dass es ihre einzige Beschäftigung werden und sie so in Anspruch nehmen soll, dass sie darüber ihre religiösen Pflichten vergessen. (Siddiqi)

 

5. Von nun an31 sind euch alle guten (und reinen) Dinge erlaubt. Und die Speisen derjenigen, denen die Schrift gegeben worden ist, sind euch erlaubt32 und eure Speisen sind ihnen erlaubt, ebenso wie euch (zur Ehe) die Unbescholtenen unter den mu’min Frauen und die Unbescholtenen unter denjenigen (erlaubt sind), denen die Schrift vor euch gege­ben worden ist,33 wenn ihr ihnen ihre Morgengabe gebt, und nach Keuschheit (trachtet),34 nicht nach Unzucht, oder um euch Geliebte zu nehmen. Und wer den Imaan verleugnet,35 dessen Taten werden wertlos sein und im Jenseits wird er unter den Verlierenden sein.36

31. Bis zum Ende der Zeiten, ohne Einschränkungen befürchten zu müssen. (Darjabaadi)

32. Hier geht es um Nahrungsmittel im allgemeinen; sie sollen gut und rein sein. Auf Fleisch bezogen bedeutet das, dass das Tier auf eine der islamischen Methode ähnliche Weise geschlachtet wurde. Die diesbezüglichen islamischen Gebote ent­sprechen denen der Schriftbesitzer, deswegen ist gegen eine gegenseitige Anerkennung nichts einzuwenden, wie es bei einem heidnischen Götzenopfer der Fall wäre. Auch für Christen gilt, dass sie 'sich enthalten vom Götzenopfer und vom Blut und vom Erstickten und von Unzucht' (Apostelgeschichte 15:29). Beachte die Erwähnung von Unzucht im Zusam­menhang mit Dingen, die nicht gegessen werden dürfen! (Juusuf 'Allii)

Dies bedeutet auch, dass für beide Seiten kein Hindernis besteht, gemeinsame Mahlzeiten einzunehmen. Aber die Wieder­holung des Satzes 'alle guten und reinen Dinge sind euch erlaubt' gibt zu bedenken, dass die Muslime in diesem Fall alle Nahrungsmittel und Getränke vermeiden müssen, die nicht den wesentlichen Regeln des islamischen Gesetzes entspre­chen, beispielsweise dann, wenn Schweinefleisch oder alkoholische Getränke angeboten werden. Dasselbe gilt für die Speisen und Getränke anderer Nichtmuslime, nur ist es Muslimen nicht erlaubt, von Götzendienern geschlachtete Tiere zu essen. (Mauduudi)

33. Der Islam begnügt sich nicht damit, den Leuten der Schrift Religionsfreiheit zu gewähren und sie dann zu isolieren, son­dern gliedert sie auf diese Weise in seine Gemeinschaft ein. (Qutb)

Der Islam ist nicht exklusiv. Soziale Beziehungen einschließlich Mischehen mit den Schriftbesitzern sind erlaubt. Ein mus­limischer Mann kann eine Frau aus ihren Reihen unter den gleichen Bedingungen heiraten, wie er eine muslimische Frau heiraten würde, das heißt, er muss ihr einen wirtschaftlichen und moralischen Status geben und darf nicht nur durch Motive physischer Begierde dazu veranlasst sein. Eine muslimische Frau darf keinen Nichtmuslim heiraten, denn ihr muslimischer Status könnte beeinträchtigt werden, wo sich Nationalität und Status an denen des Mannes orientieren. Männer und Frauen von jeder nationalen oder religiösen Herkunft können nach ihrem Übertritt zum Islam ohne Einschränkung muslimische Frauen beziehungsweise Männer heiraten, vorausgesetzt, dass dies in Reinheit und Keuschheit geschieht und nicht aus Be­gierde. (Juusuf 'Allii)

Muslimische Frauen können keine nichtmuslimischen Männer heiraten, denn der Islam befiehlt Ehrfurcht vor allen Propheten, während die Anhänger anderer Religionen einige von ihnen ablehnen, beispielsweise Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oder, wie es bei den Juden der Fall ist, sowohl Muchammed als auch Isa, Friede und Segen Allahs auf beiden. Während also eine nichtmuslimische Frau, die einen Muslim heiratet, trotz aller dogmatischen Unterschiede, sicher sein kann, dass die Propheten ihres Glaubens mit äußerstem Respekt erwähnt werden, kann eine muslimische Frau, die einen Nichtmuslim heiratet, immer der Möglichkeit ausgesetzt sein, dass jemand, den sie als Gesandten Allahs ehrt, in ihrer Umgebung verachtet wird. (Asad)

Eine jüdische oder christliche Ehefrau wird nicht aufgefordert, ihre Religion aufzugeben. (Darjabaadi)

34. Nach der Ansicht von 'Umar bedeutet "Al-Muchsanat" الْمُحْصَنَات tugendhafte und keusche Frauen und schließt somit charakterlose Frauen von den Schriftbesitzern aus. (Mauduudi)

Beachte die Betonung auf der Reinheit der Absicht und der Handlung. Das Ziel muss jedenfalls sein, eine dauerhafte Part­nerschaft einzugehen, nicht vergänglichen Leidenschaften zu frönen. (Darjabaadi)

35. Wie immer werden Nahrung, Reinlichkeit, gesellschaftliche Beziehungen und andere Interessen im Leben mit unserer Pflicht gegenüber Allah und unserem Imaan an Ihm verbunden. Pflicht und Imaan sind zu unserem eigenen Wohl, sowohl hier als auch im kommenden Leben. (Juusuf 'Allii)

All diese Vorschriften sind vom Imaan abhängig. Sie zu verwirklichen, zeugt von aufrichtigem Imaan oder ist sogar ein Beweis dafür. Wer sie aber nicht beachtet, der tut nichts anderes, als den Imaan zu verleugnen und zu verweigern. Seine Taten sind wertlos und werden weder von ihm angenommen noch anerkannt. Das arabische Wort "habit" حَبِط (wertlos) kommt vom aufgeblähten Leib eines Tieres, der mit giftigen Gasen gefüllt ist, die zum Tode führen. Dies ist die Beschrei­bung der Wirklichkeit falscher Taten. Sie werden mächtig aufgebläht, bevor ihre Spuren verloren gehen, so wie das Tier, das als Folge von giftigen Gasen aufgebläht wird, und dann verendet. Und zudem kommt noch der wahre Verlust im Jen­seits, nachdem die Taten schon im Diesseits verloren waren. (Qutb)

36. Hiermit wird sozusagen der einleitende Aja dieser Suura

 „O ihr, die ihr den Imaan verinnerlicht habt, haltet eure Verpflichtungen“

abgerundet, wobei Imaan an Allah und Beachtung Seiner Gesetze voranstehen. Unmittelbar darauf folgt eine Bezugnahme auf das Gebet: denn im Gebet findet die Abhängigkeit des Menschen von Allah ihren Ausdruck. (Asad)

 

Abschnitt 2

6. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Wenn ihr euch zum Gebet begeben wollt, dann wascht euch eure Gesichter und eure Hände bis zu den Ellbogen, und streicht euch über den Kopf und (wascht) euch die Füße bis zu den Knöcheln.37 Und wenn ihr rituell unrein seid,38 dann nehmt ein Bad.39 Doch wenn ihr krank40 oder auf Reisen seid oder wenn einer von euch vom Austreten kommt oder ihr Frauen berührt habt und kein Wasser findet,41 dann sucht euch reinen Sand42 oder Staub und streicht euch damit über Ge­sicht und Hände.43 Allah will euch keine Schwierigkeiten auferlegen, sondern Er will euch läutern44 und Seine Gnade an euch vollenden, damit ihr dankbar sein möget.45

37. Gebet bedeutet Zusammentreffen mit Allah, Innehalten vor Dem Erhabenen, eine Anrufung, eine Zwiesprache und eine Vertraulichkeit mit Ihm. Diese Situation bedarf einer gewissen Vorbereitung. So ist unbedingt die seelische Vorbereitung mit einer körperlichen Reinigung zu verbinden. Daher wird die Waschung vorgeschrieben. (Qutb)

Im folgenden werden die wesentlichen Bestandteile der Gebetswaschung aufgeführt, nämlich

1. das Gesicht mit Wasser waschen, dann

2. die Hände und die Arme bis zum Ellenbogen, wonach man

3. mit den feuchten Händen über den Kopf streicht (denn der Kopf ist normalerweise geschützt und verhältnismäßig sauber), und schließlich werden

4. die Füße gewaschen. Gemäß der Gewohnheit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, spült man zusätzlich Mund, Kehle und Nase aus, bevor man be­ginnt, das Gesicht zu waschen. (Juusuf 'Allii)

38. Vergleiche Suura 4:43 und Fußnote. Rituelle Verunreinigung ist eine Folge des Geschlechtsakts.(Juusuf 'Allii)

"Dschunub" bedeutet nicht "unrein", wie es vielfach übersetzt wird, denn der Geschlechtsverkehr kann einen Menschen nicht eigentlich 'verunreinigen'. Eine Person wird als Dschunubi bezeichnet, wenn sie auf Grund von Geschlechtsverkehr oder eines sexuellen Traums am Gebet verhindert ist und ein Bad nehmen muss. (Siddiqi)

39. Ein Hindernis ist speziell für das Gebet der Zustand ritueller Verunreinigung. (Siddiqi)

40. Wenn befürchtet werden muss, dass der Gebrauch von Wasser die Krankheit hinauszögert. (Darjabaadi)

41. Wenn in der Nähe kein Wasser erreichbar ist. (Darjabaadi)

42. Sand oder Staub ist nach Wasser am leichtesten zugänglich. (Siddiqi)

43. Dies ist Tajammum oder Reinigung mit reinem Sand oder Staub, wenn kein Wasser zur Verfügung steht. Unter den gege­benen Umständen kann dies sowohl die Gebetswaschung als auch das Bad ersetzen. (Juusuf 'Allii)

44. Der Zustand der Reinheit ist erforderlich, um mit Allah zusammenzutreffen. Man erlangt ihn durch die Waschung (wudu) bzw. das Baden sowohl körperlich als auch geistig. Letzteres erreicht man auch mit der symbolischen Waschung (tayam­mum). Sie genügt als Reinigung im Falle, dass kein Wasser vorhanden ist oder wenn durch Anwendung von Wasser eine Schädigung zu befürchten wäre. Denn Allah der Erhabene will die Menschen nicht in Bedrängnis bringen und ihnen keine Schwierigkeiten auferlegen, sondern Er will sie reinigen -eine Reinheit, die zur Dankbarkeit für diese Wohltat führt. Die Weisheit der Waschung, des Badens und des tayammum führt uns zu der Einheit, die der Islam in den religiösen Zere­monien und in den Vorschriften in gleicher Weise realisieren will. Waschen und Baden sind nicht nur eine körperliche Reinigung, sondern ein doppelter Versuch, um die körperliche Säuberung mit der Reinhaltung der Seele und der Anbetung Allahs zu vereinen, wobei der Teil der seelischen Reinigung im Falle von tayammum überwiegt, wenn die Anwendung von Wasser unzugänglich ist. Die Möglichkeit, tayammum zu machen, wenn die Reinigung mit Wasser unmöglich ist oder nachteilige Auswirkungen hat, zeigt, wie sehr die islamische Methode auf die Verrichtung des Gebets bedacht ist und jede- Möglichkeit, die es verhindern könnte, ausräumt. Zusammen mit den anderen Vorschriften -wie das Gebet im Fall von Gefahr oder im Krankheitsfall, sitzend oder liegend, -zeigt diese Vorschrift auf, wie ungeheuer wichtig es ist, das Gebet zu verrichten. (Qutb)

45. Und Gehorsam ist die beste Weise, Ihm Dankbarkeit zu erweisen. (Darjabaadi)

Reinheit des Körpers ist ebenso ein Segen Allahs wie Reinheit der Seele. Allahs Segen ist erst dann vollständig, wenn Rechtleitung sowohl für die Reinheit des Körpers als auch die der Seele gegeben ist. (Mauduudi)

 

7. Und erinnert euch der Gnade, die Allah euch zuteil werden ließ und Seines Bun­des, den Er mit euch schloss, als ihr sagtet: 'Wir hören und wir gehorchen.' Und fürchtet Allah. Wahrlich, Allah kennt die Geheimnisse der Herzen.46 

46. Dieser Aja hat eine spezielle und allgemeine Bedeutung. Die spezielle Bedeutung bezieht sich auf die beiden Verträge mit Leuten aus Jatrib, (dem späteren Medina -der Übers.) bei 'Aqaba, einem Tal in der Nähe von Mina, der erste etwa 14 Monate vor der Hidschra und der zweite etwas später. Dabei ging es um ein Treueversprechen gegenüber dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ähnlich dem Bund am Berg Sinai zur Zeit von Muusa as (vergleiche Suura 2:63 und Fußnoten). Die allgemeine Bedeutung ist in den Fußnoten zu Aja 1 dieser Suura erklärt: der Mensch ist geistig einem Bund mit Allah verpflichtet: Allah hat dem Menschen Vernunft, Urteilsfähigkeit, die höheren Fähigkeiten der Seele und sogar die Statthalterschaft Allahs auf Erden verliehen (Suura 2:30), und der Mensch ist verpflichtet, Allah treu zu dienen und Ihm zu gehorchen. Dieser Gehorsam be­ginnt mit der Reinlichkeit bezüglich des Körpers und Nahrung und so weiter; er setzt sich fort in der Reinheit von Gedan­ken und Gemüt und gipfelt schließlich in der Reinheit der Regungen in den tiefsten Gründen des Herzens und der Seele. (Juusuf 'Allii)

 

8. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Seid standhaft in der Sache Allahs47 als Zeugen für die Gerechtigkeit und lasst euch nicht durch den Hass auf einige Leute48 dazu verleiten, anders als gerecht zu handeln. Seid gerecht. Denn dies ist näher zur Frömmigkeit. Und fürchtet Allah. Wahrlich, Allah ist wohl vertraut mit dem, was ihr tut.

47. Vergleiche Suura 4:135. (Juusuf 'Allii)

Die menschliche Seele kann keinesfalls einen solchen Aufstieg nehmen, wenn sie nicht in allen Dingen nach dem Gesetz Allahs handelt, indem sie für Allah einsteht, und sich von allem anderen freimacht, Ihm fürchtet und weiß, dass er die Ge­heimnisse der Seele und des Herzens kennt. (Qutb)

48. Sich in einer günstigen oder neutralen Atmosphäre gerecht zu verhalten und recht zu handeln, ist an sich schon verdienstvoll, aber die wirkliche Prüfung kommt dann, wenn man sich Menschen gegenüber gerecht verhalten soll, die einen hassen, oder gegen die man eine Aversion hat. Dennoch fordert dies das höhere moralische Gesetz. (Juusuf 'Allii)

Sei immer gerecht gegenüber den Menschen und lass dich nicht von persönlichen Gefühlen, wie berechtigt auch immer diese sein mögen, vom Weg der Wahrheit, Gerechtigkeit und Gleichheit abbringen. (Darjabaadi)

 

9. Allah hat denen, die den Imaan verinnerlicht haben und gute Werke tun versprochen, dass ihnen Verleibung und ein großartiger Lohn zuteil werden wird.49

49. Dies ist die Vergeltung für die guten Menschen als Ersatz für die vorübergehenden Annehmlichkeiten des Diesseits, die ihnen entgingen, als sie sich für die Erfüllung der höheren Aufgaben entschieden, ohne ihre menschlichen Wünsche zu berücksichtigen. (Qutb)

 

10. Und doch, diejenigen, die Kaafir sind und Unsere Zeichen als Lüge ver­werfen, werden die Bewohner des Höllenfeuers sein.50

50. Es ist die Gerechtigkeit Allahs, die nicht die Vergeltung für die Guten mit der Vergeltung für die Bösen gleichsetzt. (Qutb)

 

11. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Erinnert euch der Gnade, die Allah euch zuteil werden ließ, als (gewisse) Leute sich anschickten, euch Schaden zuzufügen,5l doch Er hielt ihre Hände von euch zurück. Darum fürchtet Allah. Und auf Allah ver­trauen die Mu’mins.52

51. Wörtl.: sich anschickten, ihre Hände gegen euch auszustrecken, der Übers.

Zu Lebzeiten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kam es immer wieder vor, dass die Feinde des Islam ihre Hände nach ihm, den Seinen und seiner Lehre ausstreckten. Vom weltlichen Standpunkt her gesehen waren sie in einer günstigeren Position, aber ihre Hän­de wurden abgewendet und machtlos gemacht, weil sie sich gegen Allahs Wahrheit wandten. So geschieht es immer, wie es damals geschah. Der Imaan soll beherzt sein und doch gleichzeitig demütig Allahs Gunst und Gnade erkennen und dankbar sein. (Juusuf 'Allii)

Es gibt verschiedene Auslegungen, auf wen sich dieser Aja bezieht. Wahrscheinlich sind damit die Leute gemeint, die am Tage von, Hudaibia' sich anschickten, den Gesandten Allahs, Allahs Frieden und Segen auf ihm und die Muslime zu täuschen und zu überrumpeln. Doch Allah ließ sie von den Muslimen gefangen nehmen, wie dies ausführlich in Suura, Al-Fath (48) beschrieben wird. Aber wie der Vorfall auch sei, die Lehre, die aus dieser Stelle entnommen werden kann, ist die einzigartig erzieherische Methode, Zorn und Hass gegenüber diesen Menschen aus den Herzen der Muslime zu entfernen, damit sie zur Stille und Sicherheit zurückfinden. Wenn sie sehen, dass Allah ihr Beschützer und Behüter ist. Mit dieser Ruhe und Sicherheit fällt es leichter, die Gefühle zu zügeln, Großmut zu zeigen und gerecht zu handeln. Die Muslime schämen sich, wenn sie ihr Versprechen Allah gegenüber nicht erfüllen, wo Er sie doch beschützt und behütet und Schaden von ihnen abwendet. (Qutb)

Dies ist eine Anspielung auf die Schwäche der Mu’mins am Anfang der Offenbarung des Qur’an, und im weiteren Sinne die anfängliche Schwäche in jeder religiösen Bewegung. (Asad)

Die Muslime werden vor einer Haltung gewarnt, die die Schriftbesitzer seinerzeit ihrem Bund mit Allah gegenüber einge­nommen hatten, indem sie davon abwichen. Gleichzeitig werden die Schriftbesitzer auf ihren Irrtum aufmerksam gemacht und aufgerufen, dem rechten Weg zu folgen. (Mauduudi)

52. In der Zukunft, so wie sie, Ihm in der Vergangenheit vertraut haben. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 3

12. Und Allah hat bereits (damals) mit den Kindern Israels einen Bund und wir beriefen zwölf Oberhäupter54 aus ihren Reihen. Und Allah sprach: 'Wahrlich, Ich bin mit euch: Wenn ihr das Gebet verrichtet, Saka gebt und an Meine Gesandten den Imaan verinnerlicht und sie unterstützt und Allah ein schönes Darlehen gebt,55 dann werde Ich gewiss das Üble in euch bedecken56 und euch eintreten lassen in Gärten, durch die Ströme fließen. Wer aber danach Kaafir wird, der ist gewiss vom rech­ten Pfad abgeirrt.57

53. Vergleiche Suura 1.:63 und Exodus 19:7-8: Mose kam und berief die Ältesten des Volkes und legte ihnen alle diese Worte vor, die ihm der Herr geboten hatte. Und alles Volk antwortete einmütig und sprach: Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun...' Dies geschah am Berg Sinai. (Juusuf 'Allii)

54. Von jedem der zwölf Stämme wurde einer von den zwölf Führern des Volkes ausgewählt (vergleiche Suura 1.:60). Ihre Namen werden in Numeri 1:14-16 aufgezählt: 'und es soll euch beistehen je ein Mann von jedem Stamm, nämlich das Haupt seiner Sippe...'

Später wurden zwölf weitere 'Führer der Kinder Israel' auserwählt, um das Land Kanaan auszukundschaften. Ihre Namen sind in Numeri 13:1-16 nachzulesen. Vergleiche auch die Ajas 22-29 dieser Suura und entsprechende Fußnoten. (Juusuf 'Allii)

Das arabische Wort "naqiib" نَقِيب bezeichnet jemand, der wacht und schützt. Allah gebot Muusa, aus den zwölf Stämmen Israels je einen solchen Wächter zu ernennen, der ihre Angelegenheiten überwacht und sie vor Kufr und Unmoral schützt. (Mauduudi)

55. Vergleiche Suura 2:245. Allah ein Darlehen geben bedeutet, für Allahs Sache zu spenden. In Seiner unendlichen Barmherzigkeit sieht Allah dies als Darlehen an und vergilt es vielfältig. (Juusuf 'Allii)

"Ich bin bei euch" ist ein großartiges Versprechen. Denn wenn Allah bei einem Menschen ist, kann sich nichts ihm entgegenstellen, und er weicht nicht vom rechten Weg ab, weil Allah ihn leitet. Er ist weder unruhig noch unglücklich, weil Allahs Nähe ihm Gewissheit gibt und ihn beruhigt.’ Dieses Versprechen ist jedoch nicht einseitig, sondern legt dem Menschen Verpflichtungen auf, nämlich das Gebet, durch das eine wirkliche Verbindung zwischen dem Diener und seinem Herrn hergestellt wird, aufrichtig zu verrichten, Armensteuer und andere Spenden in Allahs Weg (für ’Saka siehe 2:43, Fußnote 58), wodurch er Dank für den von Allah gewährten Lebensunterhalt ausdrückt, Imaan an die Gesandten, und zwar an alle, ohne zwischen ihnen einen Unterschied zu machen, denn alle kommen von Allah und überbringen Seine Reli­gion, wobei Imaan im Handeln zum Ausdruck kommt und in der Hilfe, die man den Gesandten leistet. (Qutb)

56. Auf zweierlei Art löscht Allah Böses aus:

1. Wenn jemand sich dem rechten Weg zuwendet und in Gedanken und Handlun­gen Allahs Leitung folgt, reinigt sich seine Seele, und sein Lebenswandel reinigt sich vom Bösen.

2. Wenn er dennoch nicht Vollkommenheit erlangen kann, weil ein Rest des Bösen in ihm zurückgeblieben ist, wird Allah ihn in Seiner Barm­herzigkeit nicht dafür zur Rechenschaft ziehen, sondern diesen von ihm auslöschen. Denn Allah ist nicht unerbittlich und streng gegenüber geringfügigem Bösem, wenn ein Mensch aufrichtig Seine Leitung anerkennt und versucht, sich selbst dementsprechend zu bessern. (Mauduudi)

57. Der Ausdruck "sawaa As-Sabil" سَوَاء السَّبِيلِ  ist mit der Übersetzung 'der rechte Weg' nicht vollständig wiedergegeben. Es handelt sich um die Lebensweise, die es dem Menschen ermöglicht, alle seine Anlagen und Fähigkeiten harmonisch zu entwickeln, eine Lebensweise die alle seine Bedürfnisse, Gefühle und Lebensnotwendigkeiten auf angemessene Weise erfüllt, die ihn anleitet, die vielfältigen Beziehungen zu anderen Menschen im rechten Gleichgewicht zu halten, die ihm zeigt, wie er individuell und gemeinschaftlich zu seinem eigenen Wohl und dem der Menschheit Nutzen aus den Reichtümern der Natur ziehen kann, in Kürze, die Lebensweise, die sowohl das Individuum als auch die Gesellschaft in die Lage versetzt, geisti­ge, moralische, sozial, physische, wirtschaftliche, politische und internationale Fragen auf einfache und gerechte Weise zu lösen. (Mauduudi)

Vergleiche Suura 2: 108. (Juusuf 'Allii)

Wenn dem Menschen diese Rechtleitung erklärt, seine Verpflichtung klar abgegrenzt, der Weg gezeigt und er auf die Ver­geltung hingewiesen worden ist und er die Rechtleitung dennoch ablehnt, gibt es keine Rechtleitung mehr für ihn und kei­nen Ausweg aus dem Irrtum. (Qutb)

 

13. Und weil sie ihr Bündnis verletzt haben, haben Wir sie verflucht58 und ihre Herzen hart gemacht.59 Sie verdrehen bewusst den Sinn der Worte (Allahs)60 und sie vergaßen einen Teil dessen, was ihnen befohlen worden ist.61 Und du wirst immer wieder Verräter unter ih­nen entdecken, außer einigen wenigen von ihnen. Doch vergib und verzeih ih­nen. Wahrlich, Allah liebt die, die Gutes tun.62

58. Verflucht heißt, dass Allah wegen ihres Bündnisbruches ihnen Seine reichliche Gnade entzogen hat. Dies verhärtete ihre Herzen auf zwei Arten:

1. sie waren nicht mehr vor den Angriffen des Bösen geschützt, und

2. sie wurden unzugänglich selbst für die Botschaft von Barmherzigkeit und Vergebung, die allen Geschöpfen offen steht. (Juusuf ’Allii)

Allahs Fluch über die Ungehorsamen des Volkes Israel ist unter anderem nachzulesen in Leviticus 26: 14-39, Deuterono­mium 39:16-28 und Josua 23:12-16. (Darjabaadi)

59. Vergleiche im alten Testament: 'Herr, deine Augen sehen auf Wahrhaftigkeit. Du schlägst sie, aber sie fühlen's nicht. Du machst fast ein Ende mit ihnen, aber sie bessern sich nicht. Sie haben ein Angesicht, härter als ein Fels, und wollen sich nicht bekehren.' (Jeremia 5:3). (Darjabaadi)

60. In der Thora. Dies bezieht sich auf die religiösen Führer der Juden. (Darjabaadi)

 Vergleiche auch Suura 4:46, wo den Kindern Israels derselbe Vorwurf gemacht wird. (Asad)

An der Form des Buches, das Allahs Muusa as offenbar hatte, sind viele verschiedene Veränderungen vorgenommen worden:

1. durch Hinzufügung eigener Gedanken, die daraufhin Allah zugeschrieben wurden;

2. durch Interpretation der Texte ent­sprechend ihrem eigenen Wunschdenken und ihren boshaften Zielsetzungen;

3. durch Vergessen und Vernachlässigen der Gesetze ihrer Religion, die sie weder in ihrem Leben noch in ihrer Gesellschaft verwirklichten. (Qutb)

61. Als die Kinder Israel Allahs Gnade verwirkt hatten, begannen sie, sich auf verschiedene Weise gegen ihre Religion zu vergehen:

1. sie missbrauchten die Schrift selbst, indem sie Worte aus ihrem Sinnzusammenhang herausnahmen oder sie auf Situationen anwandten, für die sie nicht bestimmt waren,

2. sie vergaßen dadurch einen Teil der Botschaft und Zielset­zung Allahs, und

3. sie erfanden immer neue Täuschungen, um die altert zu stützen. (Juusuf ’Allii)

Dies ist eine Ansprache an den Propheten. Sie beschreibt den Zustand der Juden in der islamischen Gesellschaft in Medina. Sie versuchten immer wieder, den Propheten zu täuschen. Dies war ihr Verhalten, solange sie in Medina waren und weiterhin auch in der ganzen arabischen Halbinsel. (Qutb)

62. Vergleiche Suura 2: 109. (Juusuf 'Allii)

Vergebung für ihre betrügerische Haltung ist Großmut. Es kam jedoch die Zeit, in der Vergebung und Verzeihung verwirkt wurden und Allah Seinem Gesandten befahl, sie aus Medina zu verbannen. (Qutb)

 

14. Und (auch) mit denen, die sagen: „Wir sind fürwahr Christen“,63 haben Wir einen Bund geschlossen.64 Aber sie verga­ßen einen Tell dessen, was ihnen befohlen worden ist.65 Darum haben Wir unter ihnen Feindschaft und Hass herbeigeführt66 bis zum Tag der Aufer­stehung. Bald (schon) wird Allah ihnen Kunde geben67 über das, was sie zu tun pflegten.

63. Mit dieser Ausdrucksweise weist der Qur’an ihren Anspruch zurück, wahre Nachfolger Isa as zu sein, denn indem sie ihn vergöttlicht haben, haben sie das eigentliche Wesen seiner Botschaft verleugnet. (Asad)

Das Wort nasaara (Christen) kommt von nusra (Hilfe). Die Christen wurden "Nasaara" نَصَارَى  (Helfer) genannt, weil auf die Frage Isa as:

 „Wer will mein Helfer sein in Allahs Sache?' seine Jünger antworteten: 'Wir sind Allahs Helfer.“  (Suura 61: 14)

Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist nicht gekommen, um unter seinem Namen eine neue Religion zu begründen, sondern er wollte die Religion wieder beleben, die Muusa as und die anderen Propheten gelehrt hatten. Deswegen gründete er auch keine neue Gemeinschaft mit einem neuen Namen oder Symbol; seine Anhänger besuchten den Tempel von Quds und beteten zusammen mit den anderen Juden und fühlten sich dem Gesetz Muusa as verpflichtet. Der Trennungsprozess begann später von zwei Seiten. Einmal setzte Paulus dem Gesetz ein Ende, indem er erklärte, der Imaan an den Massich genüge zum Heil. Auf der ande­ren Seite schlossen die jüdischen Rabbiner die Anhänger Isa as aus ihrer Gemeinschaft aus und erklärten sie zu einer häreti­schen Sekte. Dennoch trug die Gemeinschaft anfangs keinen eigenen Namen (Vergleiche Apostelgeschichte 2:44, 4:32, 9:26, 11:29, 13:52, 15:1 und andere). Erst in Antiochien wurden sie als Christen bezeichnet (Apostelgeschichte 11:26), ein Name, der ihnen ursprünglich verächtlich von ihren Gegnern gegeben wurde und den sie dann übernahmen. Der Qur’an schließt sich dieser Bezeichnung nicht an, sondern nennt sie 'Helfer', um sie an ihre Verbindung mit 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Jüngern zu erinnern, die Allahs Helfer' waren. (Mauduudi)

64. Dieser Wortlaut weist daraufhin, dass dies nur eine Behauptung der Christen war, die sie tatsächlich nicht in ihrem Leben verwirklichten. Denn der Grundsatz dieses Bundes war der Monotheismus, das heißt die Einzigkeit Allahs. (Qutb)

Bei diesem Bund kann es sich auch um den Auftrag handeln, den Isa as seinen Anhängern hinterließ und der von ihnen akzeptiert wurde, nämlich Achmed zu empfangen (vergleiche Suura 61:6).

Hinweise darauf können noch heute im Johannesevangelium festgestellt werden (Johannes 15:16 und 16:7 ft). Diejenigen, die sich selbst 'Christen' nennen, lehnen dies ab. Wahre Christen haben es akzeptiert. Die Feindschaft zwischen denen, die sich als Christen bezeichnen, und den Juden wird bis zum Jüngsten Tag anhalten. (Juusuf 'All)

65. Ihr schwerster Verlust bestand im Verlust des Monotheismus, der durch die Dreieinigkeitslehre ersetzt wurde. (Darjabaadi)

66. Nämlich durch Spaltungen verschiedene christliche Konfessionen und Sekten. Dies bezieht sich auf die ständigen kirchli­chen Spannungen, nicht auf die Feindseligkeiten zwischen den europäischen Staaten, die sich zum größten Teil zum Chri­stentum bekannten. (Darjabaadi)

ß1r Abweichen von Jesu wahrer Lehre und somit vom Glauben an Gott ist der innerste Grund für die Feindschaft und den Hass, die sie oft zu Kriegen und gegenseitigen Verfolgungen geführt haben. (Asad)

67. Der Wechsel von der 1. Person zu Beginn des Ajas zur 3. Person hier unterstreicht den Wechsel von der durch den Bund begründeten persönlichen Beziehung zu Allah zu dem unpersönlichen Verfahren der Gerechtigkeit und des Gerichts. Vergleiche Suura 35:9. (Juusuf 'Allii)

 

15. O ihr Schriftbesitzer! Unser Gesandter ist bereits zu euch gekommen, um euch viel von dem zu enthüllen, was ihr vom Buch geheim zu halten pflegtet, und er hat vieles mit Stillschweigen übergangen.68 Gekommen ist zu euch ein Licht von Allah und ein deutliches Buch,69

68. Er ist Allahs Gesandter für euch und hat den Auftrag, euch zu erklären und zu enthüllen, was ihr von den Wahrheiten der zu euch gekommenen Schrift verborgen habt. Christen wie Juden verbargen den Grundsatz der Religion, nämlich die Einzigkeit Allahs, und die Juden verbargen viele Gesetzvorschriften wie das Steinigen des Ehebrechers und das Zinsver­bot, und beide verbargen die Nachricht von der Sendung des Propheten, 'den sie in der Thora und im Evangelium erwähnt finden. (Qutb)

Wegen der Redewendung im vorausgehenden Teilsatz 'um euch zu enthüllen' scheint es sich in diesem Zusammenhang um eine Anspielung darauf zu handeln, dass sie etwas vor sich selbst verborgen gehalten haben, mit anderen Worten, es bezieht sich auf die allmähliche Verschleierung der biblischen Wahrheiten durch die Anhänger der Bibel selbst, die sie sich jetzt nicht einmal selbst eingestehen möchten. (Asad)

Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, überging vieles von dem was sie verborgen oder verdreht hatten, was nicht zur Einführung im Gesetz herangezogen werden sollte. So hat Allah von den Vorschriften früherer Bücher und Gesetze jene abgeändert, die nicht mehr für die menschliche Gemeinschaft Gültigkeit besaßen. Diese hatten ihren Wert und ihre Funktion in den kleinen abgeschlossenen Gemeinschaften und für einen begrenzten Zeitraum solange, bis die umfassende und dauerhafte Botschaft kam. (Qutb)

69. Nichts ist bezeichneter für die in der Natur dieses Buches -des Qur’an -und dieses Gesetzes -des Islam -als dass sie ein 'Licht' sind. Dies ist eine Wahrheit, die der Mu’mins in seinem Herzen, seinem Dasein, in seinem Leben, seinem Betrachten und seiner Einschätzung der Dinge, des Geschehens und der Personen, findet. Diese Wahrheit ist ein Licht, mit dem sein Dasein erhellt wird und alles vor seinen Augen, so dass es eindeutig, klar und gerade erscheint. (Qutb)

Es ist nicht ganz leicht, das Wort "mubiin" مُّبِينٌ  zu übersetzen. 'Klar' ist richtig, soweit es 'eindeutig' bedeutet oder 'nicht in Mysterien bezüglich des Ursprungs, der Geschichte oder der Bedeutung gehüllt, dessen wesentliche Aussagen jedem ver­ständlich sind, ohne dass sich Priester oder besonders privilegierte Personen einmischen müssen'. Das Wort "mubiin" enthält jedoch darüber hinaus Hinweise auf eine Eigenschaft des Lichts, durch das wir in der Lage sind, Dinge deutlich zu machen, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden. Da man im Sprachgebrauch nicht von einem 'klaren Buch' spricht, scheint 'deutlich' die beste Übersetzung zu sein. (Juusuf 'Allii)

Das "Licht" bezeichnet hier den Propheten -Friede sei mit ihm. Mit dieser Metapher wird die Beziehung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zum Qur’an beschrieben. So wie man ohne Licht kein Buch lesen kann, so kann der Qur’an ohne die Leitung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nicht richtig gelesen und verstanden werden. (Siddiqi)

Es gibt für den Begriff ,Licht' hier dreierlei Aussagen. Eine besagt, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, damit gemeint ist, die zweite, dass der Islam, und die dritte, dass der Qur’an damit bezeichnet wird. Denn ohne Licht könnte das Auge nichts von dem wahr­nehmen, was es zu sehen gibt. Um ohne Islam und Qur’an, die mit den Propheten gekommen sind, hätten die Vernünftigen unter den Schriftbesitzern und andere die Wahrheit der Religion Allahs und die Wahrheit über das, was in Thora und Evangelium verloren gegangen oder vergessen worden war, nicht wahrnehmen können.

Der Vorzug des Lichtes und des eindeutigen Buches wird jedoch im nächsten Aja (18) mit dem Singular Pronomen um­schrieben. Es wird 'mit dem' und nicht 'mit denen' gesagt, was zu der Erwägung führt, dass beide Bezeichnungen 'Licht' und 'eindeutig' sich alleine auf den Qur’an beziehen. (Al-Manar)

 

16. Mit dem Allah jene rechtleitet, die im Trachten nach Seinem Wohlgefallen70 den Pfad des Friedens und des Heils befolgen, und Er bringt Sie aus der Fin­sternis zum Licht nach Seinem Gebot und Er leitet sie auf den geraden Weg71

70. Allah hat den Islam als Religion gebilligt. Er leitet den, der Seiner Billigung folgt, auf den Pfad des Heils, des Heils, das diese Religion in allen Lebensbereichen spendet- das Heil des Einzelnen, der Gesellschaft und der Welt. Das Heil des Gewissens, des Verstandes und der Sinne. Das Heil des Heimes und der Familie, der Gemeinschaft und des Staates, der Menschen und der Menschheit. Ein Heil, das die Menschheit nie zuvor gefunden hatte und nie finden wird, außer in dieser Religion und in ihren Gesetzen, Anordnungen und Vorschriften und in einer Gesellschaft, die sich an dieser Religion und seinen Gesetzen orientiert.(Qutb)

71. Allah führt die Menschen auf den geraden Weg, die die Absicht haben, sich im Licht Seiner Schrift und der Lebensweise des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu bewegen. Sie sind sicher vor falschen Absichten, Gedanken, Handlungen und deren Folgen, denn mit Hilfe dieses Lichts erfahren sie an jeder Kreuzung, wie der Weg weitergeht. (Mauduudi)

 

17. Kaafir sind fürwahr diejenigen, die sagen: ,Wahrlich, Allah, das ist der Massich, der Sohn Marjams.72 Sprich: 'Wer könnte Allah daran hindern, wenn es Sein Wille ist, Verderben über den Massich, den Sohn der Marjam, und seine Mutter und über all jene zu bringen, die auf Erden sind?73 Und Allah gehört die Macht über die Himmel und die Erde und über das, was zwischen beiden ist.74 Er erschafft, was Er will und Er hat Macht über alle Dinge.75

72. Der Römische Kaiser Konstantin, der vom Heidentum zum Christentum übertrat, wählte ohne genauere Kenntnis des Chri­stentums die letztere Ansicht. Er ließ seine Anhänger gegen ihre Widersacher kämpfen und vertrieb die Anhänger anderer Glaubensrichtungen, insbesondere diejenigen, die die Wahrheit an die alleinige Gottheit des Vaters und die menschliche Natur Isa as vertraten.

Isa as brachte von seinem Herrn das Bekenntnis zur Einzigkeit Allahs, das alle Propheten gebracht hatten. Und dieses mo­notheistische Bekenntnis lebte nach seiner Zeit in seinen Schülern und, ihren Anhängern fort. Eines der zahlreichen Evan­gelien, die damals geschrieben wurden, war das 'Barnabas'-Evangelium, das von Isa as als einem Gesandten Allahs spricht. Später kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Die einen sagten: Isa as ist ein Gesandter Allahs wie die übrigen Gesandten. Andere dagegen sagten: Er ist zwar ein Gesandter, hatte aber eine besondere Verbindung mit Allah. Wieder andere mein­ten: Er ist Allahs Sohn, weil er ohne Vater geschaffen wurde; er ist aber dennoch ein Geschöpf Allahs. Und schließlich behaupten einige: Er ist Allahs unerschaffener Sohn, mit ewigen Eigenschaften wie der Vater. Aus dieser letzteren Ansicht entwickelte sich die Lehre von der Dreieinigkeit aus 'Vater', 'Sohn' und 'Heiligem Geist', die vom Qur’an zurückgewiesen wird, Vergleiche auch Suura 4: 171 und 5:75- 76. (Qutb)

Die Christen betrachten Isa as als Allah und verehren ihn entsprechend. Dies war das Ergebnis eines Irrtums bezüglich Isa as, den sie als eine Vereinigung von Mensch und Allah ansahen, wodurch seine Persönlichkeit zu einem Rätsel wird, das ihre Gelehrten trotz aller Argumentation und Spitzfindigkeit nicht lösen konnten. (Mauduudi)

Die Lehren der Großkirchen sind für Muslime ebenso verwirrend wie die christlicher Sekten: ,Isa ist wahrer Gott vom wahren Gott, der für uns Menschen und zu unserer Erlösung... Mensch geworden ist' oder: Er ist, wesensgleich mit Gott'. (Darjabaadi)

73. Hier wird ein absoluter Unterschied zwischen dem Wesen Allahs, Seiner Natur, Seinem Willen und Seiner Macht und zwischen dem Wesen Isa -Friede sei mit ihm -und dem Seiner Mutter und allen anderen Wesen, gemacht. Das Wesen Allahs ist einzig. Sein Wille ist frei, Seine Macht ist unvergleichlich und niemand könnte Seinen Willen zurückweisen und Seine Macht abwehren, wenn Er Isa as, seine Mutter und alles auf Erden vernichten wollte, denn Er -Der Erhabene -ist Herr aller Dinge nur ihr unerschaffener Schöpfer. (Qutb)

"Isa as ist ein sterblicher Mensch und der Sohn einer ebenso sterblichen Mutter. (Darjabaadi)

Der Qur’an hat betont Marjam in diese Beziehung zu Isa as gesetzt, weil sie als "Himmelskönigin" und ,Mutter Allahs verehrt wird. (Siddiqi)

74. Allah ist der einzige Schöpfer und Urheber, der einzige Herr des Universums, nicht in verschiedene 'Personen' unterteilt. (Darjabaadi)

75. Die ehrwürdigsten Gesandten Allahs sind nur Menschen. Alle Macht gehört Allah, nicht Menschen. Seine Schöpfung kann vielerlei Formen annehmen, aber wenn eine spezielle Form vom Alltäglichen abweicht, ist sie deswegen nicht weniger Geschöpf und Allahs Macht unterworfen. Kein Geschöpf kann jemals Allah werden. (Juusuf 'Allii)

 

18. Und sowohl die Juden wie die Christen sagen: “Wir sind die Kinder Allahs und Seine Lieblinge“76. Sprich: 'Warum be­straft Er euch dann für eure Schuld?77 Doch nein, ihr seid nichts weiter als Menschen wie alle anderen, die Er er­schaffen hat78 Und Er verzeiht, wem Er will und Er bestraft, wen Er will. Und Allah besitzt die Macht über die Himmel und die Erde und was zwischen beiden79 ist. Und zu Ihm ist die Rückkehr.80

76. "Abnau Allahi" أَبْنَاء اللّهِ : Söhne Allahs, Kinder Allahs (Anm. d. Übers.)

Der Begriff 'Söhne Allahs’ erscheint in der Bibel beispielsweise in Hiob 38:7, Genesis 6:2 und in Psalm 29, "Geliebter" in Psalm 127. Diese und ähnliche Ausdrücke beziehen sich, wenn sie im übertragenen Sinne benutzt werden, auf Allahs Liebe. Unglücklicherweise kommt es zu einem Spott gegenüber der Religion, wenn der Begriff 'Sohn' physisch verstan­den oder "Geliebter" in einem so ausschließlichen Sinne benutzt wird wie bei den Juden. (Juusuf 'Allii)

Das heißt Sein auserwähltes Volk oder Seine auserwählte Gemeinschaft. (Darjabaadi)

Eine beliebte Redewendung unter Juden und Christen besagt: "Wir sind alle Kinder Allahs." (Anm. d. Übers.)

77. Eure gesamte Geschichte und selbst eure heiligen Bücher berichten ausführlich von der Strafe, die Allah euch für eure Taten zukommen ließ. (Siddiqi)

78. Die Juden und die Christen wollten mit ihrer Behauptung, sie seien Allahs Kinder und Lieblinge, sagen, dass Allah sie für ihre Vergehen nicht bestrafen werde, und dass sie in die Hölle nur für einige Tage kommen würden, wenn überhaupt. Das würde aber heißen, dass Allahs Gerechtigkeit nicht ihren Lauf nehmen wird, und dass Er -Der Erhabene -einige Seiner Diener bevorzugt und sie auf Erden Unheil stiften lässt, ohne sie dafür zu bestrafen wie die anderen Unheilstifter. Was für Unheil würde aus dieser Vorstellung entstehen! Somit wird hier die entscheidende Wahrheit der Religionslehre festge­setzt. Der Kindschaftsanspruch wird scharf zurückgewiesen, da sie Menschen wie die anderen von Ihm erschaffen sind. Allahs Gerechtigkeit wird gemäß Seinem Willen auf der Grundlage von Vergebung und Bestrafung festgelegt, gemäß Sei­nem Willen, und zwar der Handlungsweise entsprechend und nicht auf Grund einer "Allahskindschaft" oder einer besonde­ren Beziehung. (Qutb)

79. So wie mit dieser Wendung im letzten Aja der Gedanke einer Allahssohnschaft zurückgewiesen wird, so wird hier die Vorstellung einer besonderen Liebesbeziehung abgelehnt, die andere ausschließt. In beiden Fällen bedeutet es, dass Allah von physischen Beziehungen und exklusiver Parteilichkeit unabhängig ist. (Juusuf 'Allii)

80. Zu Ihm kehrt alles zurück -nicht zu Christus oder sonst irgend jemandem. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 4

19. O Volk der Schrift, nun ist Unser Gesandter zu euch gekommen, um euch (vieles) klarzumachen nach einer Unterbrechung81 (in der Reihe) der Gesand­ten, damit ihr nicht sagen könnt: 'Zu uns ist kein Verkünder (froher Botschaft) und kein Warner gekommen.' Doch nun ist fürwahr ein Verkünder und ein Warner zu euch gekommen.82 Und Allah hat Macht über alle Dinge.

81. Die rund sechshundert Jahre zwischen Isa und Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, waren im wahrsten Sinne des Wortes das "Dunkle Zeitalter" der Welt. Die Religion war entstellt, der moralische Standard war abgesunken, viele falsche Systeme und Häresien ent­standen, und es gab bis zu Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Ankunft keine Propheten. (Juusuf 'Allii)

82. Der Prophet Muchammed -Friede und Gottes Segen sei mit ihm -ist jetzt zu euch gekommen, um frohe Botschaft zu brin­gen und zu warnen; eure Aufgabe ist also, ihn anzuerkennen. Wenn ihr dies nicht tut, ist Allah mächtig genug, seine Botschaft anderswie fortbestehen zu lassen. (Siddiqi)

 

20. Und (gedenke der Zeit) als Muusa zu sei­nem Volk sagte:83 „O mein Volk, erinnert euch der Gnade Allahs, die Er euch zuteil werden ließ, als Er Propheten84 unter euch erweckte und euch zu Köni­gen machte85 und euch gab, was Er keinem anderen (Volk) in aller Welt ge­geben bat.86

83. Nach ihrer Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten, um sie auf den Kampf vorzubereiten. Vergleiche Deuteronomium 1:5. (Darjabaadi)

Mit diesen Worten nimmt der Qur’an die Geschichte der Kinder Israel wieder auf, auf die er in den Ajas 12 und 13 anspielt, nämlich, dass sie ihren Bund gebrochen und ihren Imaan geschwächt haben. Darüber hinaus ist die folgende Geschichte direkt mit dem vorhergehenden Aja verbunden, indem Muusa as hier die Kinder Israel in seiner Eigenschaft als 'Überbringer froher Botschaft und Warner' anspricht. (Asad)

84. Dies bezieht sich auf die lange Reihe der Patriarchen und Propheten vor Muusa as, beispielsweise Ibrahim, Ishaaq, Ismail, Jaquub und andere, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen. (Juusuf 'Allii)

85. Unter den Kindern Israels gab es zu Muusas as Zeit keine Könige. Ihr erster König -in der gebräuchlichen Bedeutung des Wortes -war Schanel ben Qais. Danach kam Daawuud as, in dessen Person Prophetentum und Königtum vereinigt waren. Wer die arabische Sprache richtig versteht, ist völlig sicher, dass hier nicht gemeint ist, dass Allah die Angesprochenen zu Ober­häuptern von Nationen und Völkern gemacht hat, die sie regieren und zwischen denen sie richten sollten, oder dass Er einige von ihnen zu Königen gemacht hat. Er sagt hier: '... und hat euch zu Königen gemacht' und nicht'... und er hat unter euch Könige gemacht', wie an anderer Stelle: '... und hat unter euch Propheten erweckt'. Aus dieser Ausdruckswei­se wird ersichtlich, dass sie alle Könige wurden. Das heißt, dass aus dem Großteil von ihnen freie Menschen wurden, nach­dem sie Sklaven der Ägypter waren, so dass 'König' hier bedeutet: ein Freier, der die Herrschaft über sich selbst, seine Angelegenheiten und seine Lebensweise besitzt. (Al-Manar)

Herren über euch selbst. Malik bedeutet nicht unbedingt 'König', sondern allgemein Inhaber von Herrschaft, Autorität oder Unabhängigkeit. Dies kann auch auf die vergangene Geschichte der Kinder Israel anspielen, als sie in der Zeit von Juusuf as tatsächlich eine herrschende Nation waren. (Darjabaadi)

86. Vergleiche Exodus 19:5: ,Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein.' Israel war auserwählt als Träger der göttlichen Botschaft, die höch­ste Ehre, die einem Volk zuteil werden kann. (Juusuf 'Allii)

Entgegen der allgemeinen Vorstellung, dass die Blütezeit der Israeliten mit der Ankunft Muusa as beginnt, verdeutlicht der Qur’an hier, dass ihre wirkliche Blütezeit bereits lange vor seiner Zeit vorüber war und er selbst seinem Volk diese Zeit als Erinnerung vorhält. (Mauduudi)

 

21. O mein Volk, betretet das heilige Land,87 das Allah für euch bestimmt hat.88 Und wendet euch nicht ab, sonst werdet ihr als Verlierer zurickkehren.89

87. Hier folgen nun die Ereignisse, die in den Kapiteln 13 und 14 des Buches Numeri im Alten Testament ausführlich geschil­dert werden. Man lese diese als Kommentar dazu und vergleiche eine gute Karte der Sinai-Halbinsel, auf der ihre Verbin­dungen mit Ägypten im Westen, Nordwest-Arabien im Osten und Palästina im Nordosten eingezeichnet sind. Wir können annehmen, dass Israel in der Nähe der nördlichen Ausläufer des Golfes von Suez von Ägypten aus auf die Halbinsel kam. Muusa as organisierte und zählte das Volk und bildete eine Priesterschaft. Sie wanderten dann etwas 300 km südlich zum Berg Sinai, wo sie das Gesetz empfingen. Etwa 200 km nördlich lag die Wüste Paran in der Nähe der Südgrenze von Kanaan. Von dem dortigen Lager aus wurden Kundschafter ausgeschickt, um das Land zu erkunden, und sie drangen bis nach Hebron vor, ungefähr 30 km südlich vom zukünftigen Quds. Sie entdeckten ein reiches Land und brachten Granatäpfel, Feigen und Trauben mit zurück. Sie berichteten, das Land sei fruchtbar, aber die Menschen darin seien zu stark für sie. Das Volk Israel hatte keinen Imaan, und Muusa as ermahnte sie. (Juusuf 'Allii)

88. Vergleiche Deuteronomium 31:6: 'Seid getrost und unverzagt und fürchtet euch nicht und lasst euch nicht vor ihnen grau­en; denn der Herr, dein Gott, wird selber mit dir ziehen und wird die Hände nicht abtun und dich nicht verlassen.' (Darjabaadi)

89. Verlust sowohl im geistigen als auch im zeitlichen Sinne. Geistig, weil sie dem Gebot ihres Propheten zum Kampf nicht folgten, zeitlich, weil sie keinen Zugang zu dem Land erlangten. (Darjabaadi)

 

22. Sie sagten: „O Muusa! Dort ist wahrlich ein überaus mächtiges Volk.90 Und wir werden es nicht betreten, bis sie es ver­lassen haben.91 Und wenn sie es verlas­sen haben, dann werden wir (es) gewiss betreten.“

90. Sie waren hochgewachsen und kriegerisch. (Darjabaadi)

Mit "Dschabbar" wird im Arabischen bezeichnet: der Riese, der Starke, der Hochmütige, der zu Unrecht Tötende, der Unge­horsame, Widerspenstige, der Unwiderstehliche Herrscher und der anmaßende Regent. (Al-Manar)

91. Das Volk war nicht bereit, Muusa as zu folgen und um sein 'Erbe' zu kämpfen. Sie sagten praktisch: ,Wirf erst einmal den Gegner hinaus, dann wollen wir es gern in Besitz nehmen.' Dem Gesetz Allahs entsprechend müssen wir für alles, was wir genießen wollen, arbeiten und uns mühen. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche Numeri 13:32-33 und das ganze Kapitel 14, das von der Angst berichtet, die die Kinder Israel überfiel, als sie die Berichte der zwölf erwähnten Kundschafter hörten (vergleiche Vers 12 dieser Suura), und von der Strafe für ihre Feigheit und den Mangel an Imaan. (Asad)

Die mit dem Kampf verbundenen Unannehmlichkeiten entsprachen nicht den Wunschvorstellungen der Kinder Israel. Denn in ihren Herzen fehlte der Imaan. (Qutb)

 

23. Da sagten zwei Männer92 aus der Reihe der Mutaqi unter ihnen, denen Allah Seine Gnade hatte zuteil werden lassen: „Tretet ein zu ihnen durch das Tor,93 und wenn ihr eingetreten seid, dann werdet ihr siegreich sein. Und auf Allah sollt ihr vertrauen, wenn ihr den Imaan verinnerlicht habt.“94

92. Unter den zurückgekehrten Kundschaftern gab es zwei Männer, die Imaan und Mut besaßen, nämlich Josua und Kaleb. Josua war der spätere Nachfolger Muusa as in der Führerschaft des Volkes. Diese beiden Männer plädierten für einen unver­züglichen Einzug durch das, Tor'; ich verstehe dies folgendermaßen: 'nach allen Sicherheitsvorkehrungen und Vorberei­tungsmaßnahmen'. Vergleiche Suura 2:189 und Fußnote. Selbstverständlich sollten sie dann auf Allah vertrauen, dass Er ihnen den Sieg gibt. (Juusuf ’Allii)

93. Durch das Tor: durch frontalen Angriff. Wie so oft im Qur’an dient diese Geschichte der Kinder Israel zur Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen wahrem, starken Imaan und weltlicher Selbstliebe. (Asad)

Hier zeigt sich die Stärke des Imaans und der Taqwa. Diese beiden Männer waren mutaqi; deswegen empfahlen sie die kriegerischen Hünen als geringfügiges Hindernis und hatten Mut angesichts der scheinbaren Gefahr. Mit ihren Worten bezeugen die beiden ihre Stärke des Imaans, den sie hatten, in der Stunde der Drangsal und es zeigt sich der Wert der Taqwa anstelle der Furcht vor Menschen. Taqwa und Menschenfurcht kann nicht in einem einzigen Herzen vereinigt sein; wer Allah fürchtet, der fürchtet sonst nichts und niemanden. (Qutb)

94. Und Josua, der Sohn Nuns, und Kaleb, der Sohn Jephunnes, die auch das Land erkundet hatten, zerrissen ihre Kleider und sprachen zu der ganzen Gemeinde der Kinder Israel: 'Das Land, das wir durchzogen haben, um es zu erkunden, ist sehr gut. Wenn der Herr uns gnädig ist, so wird er uns in dies Land bringen und es uns geben, ein Land, darin Milch und Honig fließt. Fallt nur nicht ab vom Herrn und fürchtet euch nicht vor dem Volk dieses Landes, denn wir wollen sie wie Brot auffressen. Es ist ihr Schutz von ihnen gewichen. Der Herr aber ist mit uns. Fürchtet euch nicht vor ihnen.' Aber das ganze Volk sprach, man solle sie steinigen...' (Numeri 14:6-10) (Darjabaadi)

Auf Allah allein vertraut der Mu’min. Das ist die Eigenart und das Kennzeichen des Imaans, sein Ausdruck und seine Erfordernis. (Qutb)

 

24. Sie sagten: „O Muusa! Wir werden es wahrlich niemals betreten, solange sie dort weilen! So begib du dich (mit) deinem Herrn dorthin und kämpft, wir werden hier sitzen bleiben.“95

95. Der Rat von Josua und Kaleb und die Vorschläge Muusa as aufgrund der Eingebung Allahs waren der Masse zuwider, deren Vorurteile durch die anderen zehn Kundschafter noch genährt wurden, die von der Großwüchsigkeit der Kanaaniter er­ schreckt worden waren. Das Volk befand sich im Aufruhr und war bereit, Muusa, Haruun, Josua und KaIeb zu steinigen und nach Ägypten zurückzukehren. Ihre Antwort an Muusa as war zynisch und unverschämt, eine Lästerung gegen Allah und feige. Sie sagten: 'Du redest von deinem Allah und alledem: Dann geh doch mit deinem Allah und kämpfe, wenn es dir so gefällt; wir sitzen hier und gucken zu.' (Juusuf 'Allii)

'Wir wollen weder Herrschaft noch Ruhm, auch nicht das Verheißene Land -wenn wir deswegen diesen Riesen gegenü­bertreten müssen. ,Dies war das Ende des Umherwanderns mit Muusa as. Das Ende der gewaltigen Anstrengungen und der langen Reise war ein Rückzug aus dem Gelobten Land, als er mit ihnen vor seinen Toren stand, und ein Bruch des Ver­sprechens, das sie Allah gegeben hatten, an das auch Muusa as gebunden war. (Qutb)

 

25. Er sagte: „O mein Herr! Ich habe keine Macht außer über mich selbst und mei­nen Bruder. So entscheide Du96 zwischen uns und dem frevelhaften Volk.97

96. Das heißt: Entscheide für jeden von uns nach seinem Verdienst. (Darjabaadi)

97. Vergleiche Numeri 14:5: ,Mose aber und Aaron fielen auf ihr Angesicht vor der ganzen Versammlung der Gemeinde der Kinder Israel.' Dem Alten Testament zufolge sprach Gott daraufhin: ,Ich will sie mit der Pest schlagen und sie vertilgen und dich zu einem größeren und mächtigeren Volk machen als dieses.' Mose betete und vermittelte. Wie uns hier jedoch (im Gegensatz zum biblischen Bericht) mitgeteilt wird, distanzierten sein Bruder und er sich von dem Aufruhr. (Juusuf 'Allii)

97. Die Muslime hatten sich diese Lektion aus den Geschichten der Propheten, die ihnen Allah berichtet hatte, im Gedächtnis bewahrt, als sie, eine Minderheit, in der Schlacht von Badr einer Truppe gut ausgerüsteter Quraischiten gegenüberstanden. In dieser Not sagten sie zu ihrem Propheten; Friede sei mit ihm: „O Gesandter Allahs! Wir sagen nicht zu dir, was die Kinder Israel zu ihren Propheten gesagt haben: 'Geht, du und dein Allah, und kämpft, wir werden hier sitzen bleiben, sondern wir sagen: 'Geht, du und dein Allah, zum Kampf und wir werden mit euch kämpfen.“

Dies waren die Wirkungen der Methode des Qur’ans, durch allgemeine Erzählungen zu erziehen, und ein Teil der Weis­heit Allahs bei der detaillierten Beschreibung der Geschichte der Kinder Israels. (Qutb)

 

26. (Allah) sprach: „Wahrlich, dieses Land98 soll ihnen vierzig Jahre lang verboten sein. Umherirren sollen sie auf Erden.99 Doch sei du nicht betrübt über das fre­velhafte Volk.“

98. Wörtlich: es. (Anm. d. Übers.)

99. Nämlich in der Wüste von Sinai. Vergleiche Numeri 14:22-23: 'Alle die Männer, die meine Herrlichkeit und meine Zeichen gesehen haben, die ich getan habe in Ägypten und in der Wüste, und mich nun zehnmal versucht und meiner Stimme nicht gehorcht haben, von denen soll keiner das Land sehen, das ich ihren Vätern zu geben geschworen habe; auch keiner solle es sehen, der mich gelästert hat,' und Numeri 14:29-33: 'Eure Leiber sollen in dieser Wüste verfallen. Alle, die ihr gezählt seid von zwanzig Jahren und darüber, die ihr gegen mich gemurrt habt, wahrlich ihr sollt nicht in das Land kommen über das ich meine Hand zum Schwur erhoben habe, euch darin wohnen zu lassen... Eure Kinder aber, von denen ihr sagtet: sie werden ein Raub sein, die will ich hineinbringen... aber eure eigenen Leiber sollen in dieser Wüste verfallen.' (Darjabaadi)

Diese ziellose Wanderung war eine Strafe für alle, die Muusa as Gebot nicht folgen wollten und ihn nicht im Kampf gegen die Amelekiter unterstützten. Die Wanderung dauerte etwa von 1440 bis 1400 v.C. Für die jüngere Generation war es anscheinend eine Art Training, bei dem sie sich an ein hartes Leben gewöhnen und Qualitäten entwickeln sollten, die ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe ermöglichten. (Siddiqi)

 

Abschnitt 5

27. Trage ihnen wahrheitsgemäß die Geschichte der beiden Söhne Adems vor,100 als sie (Allah) ein Opfer darbrachten. Da wurde es von dem einen angenom­men,101 während es von dem anderen nicht angenommen wurde.102 Da sagte (dieser): „Wahrlich, ich werde dich töten.“ (Der andere) sagte: 'Allah nimmt fürwahr (das Opfer nur) von Mutaqi an.103

100. Wörtlich „Trage ihnen in Wahrheit vor...“ Die Geschichte in Genesis 4:1-15 ist eine bloße Erzählung und enthält nicht die Lehre, die hier verdeutlicht werden soll. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird jetzt aufgefordert, die dahinter liegende Wahrheit zu erläu­tern. (Juusuf 'Allii)

Die beiden Söhne Adems as hießen Qibil und Habil. Qibil war der ältere und Habil der jüngere Bruder, der rechtschaffene und unschuldige. Möglicherweise durch sein 'Recht des Älteren' war Qibil voller Arro­ganz und Eifersucht, was ihn zum Mord veranlasste. In der christlichen Vorstellungswelt stellte Qibil den Typ des Juden dar, der Habil, dem Christen, gegenüberstand: Er versuchte Isa as zu töten, um damit das Christentum zu vernichten. Ähn­licherweise stellte gegenüber Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dem jüngeren Bruder aus der semitischen Familie, Qibil den Typ der Anhänger des Alten und Neuen Testaments dar, die versuchten, Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu töten und seine Anhänger aus dem Weg zu räumen. (Juusuf 'Allii)

Im Anschluss an die Geschichte der Kinder Israel mit Muusa as soll hier die Geschichte von zwei Prototypen der Menschheit in Wahrheit vorgetragen werden. Sie erzählt wahrheitsgemäß von einem Zug der menschlichen Natur und verdeutlicht die Notwendigkeit des Gerechten, das abschreckend wirken soll. Diese beiden Söhne Adems as waren in einer Situation, in der normalerweise einer guten Seele der Gedanke an einen Übergriff fern steht, nämlich beim ''Ibaada und Opfer. (Qutb)

101. Wegen seiner Aufrichtigkeit und seiner ehrlichen Absicht. (Darjabaadi)

102. Weil sein Herz dabei nicht rein war. (Darjabaadi)

103. In Imaan, der begreift, worauf es ankommt, damit ein Opfer von Allah angenommen wird, versucht Habil in einer Weise, die Qibil weder verletzen noch erregen kann, den ungerecht Handelnden zur Taqwa hinzulenken und ihm den Weg zu zeigen, der dazu führt, dass sein Opfer angenommen wird. (Qutb)

Die Verschwörung der medinensischen Juden geschah aus der gleichen Haltung heraus wie der Mord Qibils an seinem Bruder Habil. Sie waren eifersüchtig auf den Propheten, weil Allah dem Volk der Schrift Seine Gunst entzogen und sie den ungebildeten Arabern geschenkt hatte. Statt vernünftig zu überlegen, weshalb dies geschah, und ihre Fehler wieder gutzumachen, die Allahs Zorn über sie gebracht hatten, versuchten sie, die Menschen zu töten, die Allah gesegnet hatte, obwohl ihnen bewusst war, dass ihre böse Reaktion nicht Allahs Gnade gewinnen, sondern sie noch mehr ins Unrecht setzen würde als zuvor. (Mauduudi)

 

28. Wenn du deine Hand nach mir ausstreckst, um mich zu töten, so werde ich doch nicht meine Hand gegen dich ausstrecken, um dich zu töten. Wahrlich, ich fürchte Allah, den Herrn der Welten.104

104. Auf diese Weise wird ein Beispiel von Sanftmut, Friedfertigkeit und Taqwa gegeben in einer der schwierigsten Situationen, in der das menschliche Gewissen aufgewühlt ist. (Qutb)

Die Taqwa veranlasst mich, sogar auf mein Recht auf Selbstverteidigung zu verzichten. (Darjabaadi)

ln diesem Zusammenhang muss deutlich gemacht werden, dass es keine Tugend ist, sich für Mord zur Verfügung zu stellen oder auf Selbstverteidigung zu verzichten. Wahre Tugend ist es, nicht den Mord an einem Feind zu planen, selbst wenn dieser eine Gelegenheit zum Töten sucht. Ein tugendhafter Mensch zieht es vor -wie Adems as Sohn -den Feind den Angrei­fer sein zu lassen. (Mauduudi)

 

29. Ich will, dass Du Dir meine und deine Schuld auflädst,105 so dass du zu den Bewohnern des Feuers gehörst. Das ist der Lohn der Ungerechten.106

105. Für die Wendung „Sowohl meine Sünde als auch deine“ gibt es zwei mögliche Erklärungen:

1. Offensichtlich trägt der Mörder nicht nur die Last seiner eigenen Sünde, sondern auch die Last der Sünden seines Opfers. Da das Opfer ein Unrecht erleidet, werden ihm seine eigenen Sünden vergeben, und der Verbrecher verschlimmert sein Verbrechen, nachdem er gewarnt worden ist;

2. ,Meine Sünde' ist auch verstanden worden als ,die Sünde gegen mich, indem du mich tötest'. In diesem Fall heißt ,deine Sünde' entweder ,dein Verbrechen, einen Mord zu begehen' oder ,deine Sünde gegen dich selbst, denn das Verbrechen bringt dir selbst im zukünftigen Leben großen Schaden.' Siehe auch Erklärung zum nächsten Aja. (Juusuf 'Allii)

Wie aus mehreren authentischen Überlieferungen hervorgeht, werden die Sünden eines Menschen vergeben, der eines nicht selbst verschuldeten gewaltsamen Todes stirbt... Bei nicht herausgefordertem Mord wird der Mörder zusätzlich zu seinem Verbrechen noch mit den Sünden belastet, die sein unschuldiges Opfer eventuell in der Vergangenheit begangen haben mag und von denen es jetzt befreit ist. (Asad)

106. Auf diese Weise will er seine eigene Scheu vor der Untat des Tötens ausdrücken, um ihn von dem abbringen, was er beabsichtigt, so dass er sich dessen schämt, was seine Seele ihm gegenüber seinem friedliebenden und mutaqi Bruder einflüstert. Er macht ihm die schwere Last des Verbrechens deutlich, um ihn davon abzuschrecken. (Qutb)

Abels Rede ist voller tiefer Bedeutung. Er ist unschuldig und mutaqi. Auf die Todesdrohung des anderen gibt er eine ruhige Antwort, die darauf abzielt, ihn zu ändern: „Wenn dein Opfer nicht angenommen wurde, dann ist sicher etwas in dir nicht in Ordnung, denn Allah ist gerecht und nimmt das Opfer des Rechtschaffenden an. Wenn dies dich nicht zurück­hält, werde ich doch keine Vergeltung üben, obwohl ich ebenso stark bin wie du. Ich fürchte meinen Schöpfer, denn ich weiß, dass Er Seine gesamte Schöpfung schätzt, und ich warne dich davor, Unrecht zu tun. Ich werde nicht einmal Wider­stand leisten, aber weißt du, was für dich die Folgen sein werden? Du wirst fürchterlichen Gewissensqualen ausgesetzt sein.“ (Juusuf 'Allii)

 

30. Da ließ er sich hinreißen107 zum Tot­schlag an seinem Bruder und er wurde zu einem der Verlorenen.108

107. Wörtl.: Da trieb ihn seine Seele (sein Selbst) -Anm. d. Übers.

108. Man könnte auch sagen: „Dann machte sein Ego ihm den Mord an seinem Bruder schmackhaft.“ Dies vermittelt einen Eindruck von dem furchtbaren Sturm, der im Herzen eines Mörders tobt. In seinem Inneren kam es zu einem erbitterten Konflikt, und nach langer Auseinandersetzung kam er zu dem Entschluss, seinen Bruder zu töten. (Siddiqi)

Die unschuldigen, selbstlosen Vorhaltungen des jüngeren Bruders blieben wirkungslos, denn der andere war in seinem Innern voller Stolz, Selbstsucht und Neid. Er beging einen Mord, zerstörte damit aber sich selbst. (Juusuf 'Allii)

Er verlor die eigene Seele, indem er sie ins Verderben führte. Er verlor seinen Bruder und mit ihm den Helfer und den Kamerad. Er verlor sein irdisches Leben, denn ein Mörder kann sich seines Lebens nicht mehr erfreuen. Und er verlor das Leben im Jenseits, weil er zu seiner ersten Sünde noch eine zweite hinzufügte. (Qutb)

 

31. Daraufl1in entsandte Allah einen Raben, der in der Erde scharrte, um ihm zu zeigen, wie er den Leichnam109 seines Bruders begraben könne. Da sagte er: „Wehe mir, ich bin nicht einmal fähig, so zu sein wie dieser Rabe, um den Leichnam meines Bruders zu begra­ben.“110 Und Bedauern überkam ihn.111

109. Hierzu gibt es unterschiedliche Überlieferungen: ein Rabe tötete einen anderen Raben, oder er fand die Leiche eines Ra­ben, oder er kam mit der Leiche eines Rabes und dann machte er eine Grube im Boden, legte die Leiche hinein und schüttete sie mit Erde zu. Daraufhin ahmte der Mörder den Raben nach. (Qutb)

Sau'at bedeutet 'Leichnam' mit einer Andeutung von Nacktheit und Scham in zweierlei Sinn:

1. im Sinne von ausgesetzt sein oder Beerdigung, und

2. im Sinne von beleidigt werden, indem er durch den unverschuldeten Mordanschlag des Le­bens beraubt wurde, das in seinem Körper wohnte -noch dazu von seinem eigenen Bruder. (Juusuf ’Allii)

110. Offensichtlich hat der Mörder nie zuvor ein Menschenbegräbnis gesehen, oder es hat sich um den ersten toten Menschen auf der Erde gehandelt. Es ist auch offensichtlich, dass sein Bedauern keine echte Reue war, sonst hätte Allah seine Reue angenommen, sondern es war das Bedauern, das von der Nutzlosigkeit seiner Tat herrührt, und was sie ihm an Unannehm­lichkeit, Plage um Ruhelosigkeit gebracht hatte. (Qutb)

111. Schließlich kam dem Mörder die Einsicht. Es war furchtbar genug, jemanden Zu töten, noch dazu den eigenen Bruder, der obenrein unschuldig um rechtschaffen war. Aber schlimmer noch war es, dass der Mörder nicht einmal den Anstand besaß, den Toten zu begraben, um daran erst durch einen Raben erinnert werden musste, einen schwarzen, verachteten Vogel. Erst hier tat ihm die Sache leid. Es war jedoch keine echte Reue. (Juusuf ’Allii)

 

32. Aus diesem Grunde112 haben Wir den Kindern Israel vorgeschrieben: Wer ei­nen Menschen tötet -es sei denn als Sühne für einen Mord oder um Unheil­ stiften auf Erden zu verhindern -,113 dann ist es, als ob er die gesamte Menschheit getötet habe.114 Und wer einen Menschen am Leben erhält, dann ist es, als ob er die gesamte Menschheit am Leben erhalten hätte.115 Und obwohl zu ihnen116 bereits Unsere Gesandten mit klaren Beweisen gekommen waren, sind viele von ihnen nach alledem wahr­haft maßlos auf Erden geblieben.117

112. Aus dem Grunde, dass es solche Art von Menschen gibt, dass es zu Überfällen auf friedliebende, sanft- und großmütige Menschen kommt, aus dem Grunde, dass Ermahnungen und Warnungen bei zu Unheil veranlagten Naturen keinen Nutzen haben, um dass Friedfertigkeit um Sanftmut allein von Übergriffen nicht abhalten können, wenn die Bosheit ihre Wurzeln tief in eine Seele gegraben hat... aus all diesen Gründen haben Wir festgesetzt, dass der Mord an einem einzelnen Men­schen eine schwerwiegende Tat ist, die mit Mord an der Gesamtheit aller Menschen gleichzusetzen ist, und dass einen Mord zu verhindern um einem einzigen Menschen das Leben zu retten, eine großartige Tat ist, die der Errettung aller Menschen gleichkommt. Dies haben Wir den Kindern Israel vorgeschrieben und zum Gesetz gemacht. Einen einzigen Menschen zu töten, ohne einen Mord damit zu sühnen oder Unheilstiften zu verhindern, gleicht der Tötung aller Men­schen, weil jeder Mensch wie die Gesamtheit der Menschen ist. Da jeder Mensch ein feststehendes Recht auf Leben hat, ist das Töten von nur einem einzigen Menschen ein Übergriff auf das Lebensrecht an sich, an dem alle Menschen einen Anteil haben. (Qutb)

113. Das heißt Gewalttaten um Blutvergießen. (Darjabaadi)

114. Diese Geschichte ist hier erzählt worden, um die Juden auf feine Art und Weise für ihren Versuch zu tadeln, den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und einige seiner nahen Gefährten zu töten. Vergleiche auch Aja 36 dieser Suura. (Mauduudi)

Auf die Geschichte von Qibil wird hier Bezug genommen, um die Geschichte Israels zu verdeutlichen. Israel erhob sich gegen Allah, mordete und beleidigte rechtschaffene Menschen, die ihnen keinen Schaden zufügten, sondern in aller Demut zu ihnen kamen. Als Allah der Sünden wegen Israel Seine Gunst entzog und sie einem Brudervolk gewährte, trieb der Neid Israel noch tiefer in seine Sünde. Eine Person zu töten oder dies zu versuchen, weil er ein Ideal verkörpert, bedeutet, alle zu töten, die dieses Ideal aufrechterhalten. Ein Leben zu retten bedeutet dementsprechend unter diesen Umständen, eine ganze Gemeinschaft zu retten. Wie könnte individuelle Rache und Mord stärker verurteilt werden? (Juusuf 'Allii)

Allah erinnert hier an die Pflicht, die Unverletzlichkeit menschlichen Lebens zu bewahren, und warnt die Juden vor ihren Mordplänen gegen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Offensichtlich bezieht sich dies auch auf die Sicherheit für das Leben jedes anderen Individuums, aber es besagt auch, dass der Mensch, den sie töten wollen, das geistige und moralische Leben der ganzen Menschheit repräsentiert und ein Angriff auf sein Leben gleichbedeutend mit einem Mord an der ganzen Menschheit ist. Abgesehen von dieser Bedeutung finden wir hierin die äußerste Unverletzlichkeit, die der Islam menschlichem Leben beimisst. (Siddiqi)

115. Der Ausdruck: 'Wir haben den Kindern Israels vorgeschrieben' schränkt selbstverständlich nicht die universale Bedeutung ein: es weist nur auf ihren frühesten Ausdruck hin. (Asad)

116. Zu den Kindern Israels. (Darjabaadi)

117. Gibt es eine größere Maßlosigkeit, als Allahs Verordnungen zu überschreiten und Seine Gesetze zu verletzen, indem man sie verändert oder missachtet? (Qutb)

Selbst nachdem ihnen die Schwere der Sünde ungerechtfertigten Tötens verdeutlicht worden war, gingen einige von ihnen sogar so weit, Allahs Gesandte zu ermorden oder ihren Mord zu planen. (Darjabaadi)

Das Partizip Präsens "la-musrifuun" الأَرْضِ لَمُسْرِفُونَ bedeutet "sie begehen ständig Ausschreitungen" (das heißt Verbrechen) und wird am besten übersetzt mit "sie fahren fort zu begehen." Angesichts der vorherigen Abschnitte beziehen sich diese Ausschrei­tungen „offensichtlich“ auf Gewaltverbrechen und insbesondere Mord. (Asad)

 

33. Wahrlich, der Lohn derer, die Allah und Seinen Propheten bekämpfen, und danach streben, Unruhe auf Erden zu stiften,118 kann wahrhaftig nur sein, dass sie getötet oder gekreuzigt oder ihnen die Hände und die Füße wechselseitig abgeschnitten119 oder dass sie aus dem Land120 verbannt werden. Das ist Schande für sie im Diesseits, und im Jenseits wird ihnen eine schwere Strafe zuteil.

118. Wenn sie Gewaltverbrechen und Blutvergießen verüben. (Darjabaadi)

Wenn sie die Gesellschaftsordnung in einem islamischen Staat zerstören wollen. (Siddiqi)

Sie bekämpfen in Wahrheit Allah und Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auch wenn es den Anschein hat, dass sie nur die muslimische Ge­meinschaft bekämpfen. Sie kämpfen bestimmt nicht im wörtlichen Sinne mit dem Schwert gegen Allah, und es könnte sein, dass sie nicht gegen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, persönlich kämpfen wollen, aber ihr Kampf gegen Allah und Seinen Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist da­durch verwirklicht, dass sie die Gesetze Allahs und die Gemeinschaft, die dieses Gesetz für sich erwählt hat und das Land, in dem es praktiziert wird, bekämpfen. (Qutb)

Achmed, Bucharii, Muslim und andere Hadiis-Überlieferer berichten von Anas, dass Leute aus dem Stamm Okal und Uraina zum Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kamen und sich zum Islam bekannten. Da sie sich angeblich an das Klima von Medina nicht gewöhnen konnten, teilte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen einige gutgenährte Kamele als Versorgung zu und befahl ihnen, außerhalb von Medina ihre Zelte aufzuschlagen. Als sie damit weggezogen waren, wurden sie wieder Kaafir. Sie töteten die Hirten, die der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen mitgegeben hatte, und nahmen die Kamele mit. Als der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sie für ihre Untaten bestrafen wollte, wurde dieser Aja herabgesandt. Die Erzählung über diese Leute zeigt, dass sie den Islam nur zum Schein angenommen hatten, um zu stehlen und zu plündern. Es ist auch davon die Rede, dass sie den Hirten die Augen herausgerissen und sie dann getötet und ihre Leichen verstümmelt hätten. Und in einigen dieser Erzählungen wird erwähnt, sie hätten sich als Wegela­gerer betätigt und Frauen und Mädchen vergewaltigt. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat sie entsprechend der Schwere ihrer Tat bestraft und ihnen nicht vergeben, wie es sonst seine Gewohnheit war, damit andere kaafir Beduinen sie nicht nachahmten. Es sollte dies eine Abschreckungsmaßnahme sein, und aus diesem Grund wurde dieser Aja mit einer solch harten Bestra­fung für eine so ungeheuerliche Tat herabgesandt. Die Strafe als Mittel zur Abschreckung gilt bis zum heutigen Tage als ein Teil der Politik, nach der noch viele Staaten verfahren, wenn auch manchmal nach falschen Auffassungen.

Das Wort "haarb" حَارِب bedeutet ursprünglich in der arabischen Sprache Überfälle, Raub und Landfriedensbuch. Somit ist es nicht mit Krieg und Kriegführen gleichbedeutend. Allah und Seinen Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu bekämpfen heißt auch, sich nicht Seiner Religion und Seinen Gesetzen bezüglich der Wahrung der Rechte anderer zu unterwerfen. (Al-Manar)

119. Die rechte Hand und den linken Fuß. (Juusuf' Allii)

120. Solche Verbrecher können auch bestraft werden, indem man sie ins Gefängnis sperrt. (Darjabaadi)

 

34. Außer denjenigen, die reuevoll umkehren, bevor ihr sie in eurer Gewalt habt.121 Darum wisset, dass Allah verzei­hend, barmherzig ist.

121. Bevor man ihrer habhaft werden kann. So weit es sich um Allahs Recht handelt, wird diesen Reumütigen vergeben. (Darjabaadi)

Diese Reue bedeutet nicht in jedem Fall, dass der Verbrecher von allen seinen vergangenen Verbrechen freigesprochen werden soll. Er soll für alle seine Vergehen gegen Einzelpersonen wie Mord, Diebstahl und so weiter vor Gericht gestellt werden. Reue kann ihm Vergebung von Allah sichern, aber die Macht des Staates ist beschränkt. (Siddiqi)

 

Abschnitt 6

35. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Fürchtet Allah122 und sucht nach Mitteln und Wegen,123 Ihm nahezukomrnen,124 und setzt euch mit Kraft auf dem Pfad Allahs ein,125 auf dass ihr erfolgreich werdet.126

122. Furcht sollte man nur vor Allah haben, denn nur das entspricht der Würde des Menschen. Furcht vor Schwert und Peitsche ist eine menschenunwürdige Haltung. Taqwa begleitet das Gewissen im geheimen und öffentlichen und hält ab vom Bösen in Situationen, in die andere Menschen keinen Einblick haben und die der Arm des Gesetzes nicht erfasst. (Qutb)

Hier wird Taqwa nicht als, Furcht' im üblichen Sinne des Wortes verstanden, denn das würde bedeuten, dass man dem ,Gefürchteten' aus dem Wege geht. Taqwa ist ganz im Gegenteil der intensive Wunsch, alles zu vermeiden, was Seinem Willen und Gesetz widerspricht. In der Tat ist es Pflichtbewusstsein gegenüber Allah, denn wir werden aufgefordert, eifrig nach den Mitteln zu suchen, durch die wir uns Ihm nähern können, und das können wir nur, indem wir uns mit aller Kraft für Seine Sache einsetzen. (Juusuf 'Allii)

123. Durch Pflichterfüllung und ’'Ibaada Wasila bedeutet Mittel, etwas zu erlangen. (Darjabaadi)

Strebt nach allen Mitteln, die dazu beitragen, Allahs Nähe und Sein Wohlgefallen zu erlangen. (Mauduudi)

124. Sucht Seine Nähe, indem ihr Ihm gehorcht und Gutes tut. Das Wort bezeichnet keinen Vermittler zwischen dem Menschen und seinem Herrn. (Siddiqi)

125. Zum Streben nach Allahs Nähe gehört der Einsatz aller unserer Energien und Mittel für Seine Sache. (Siddiqi)

"Dschahada" bedeutet, sich anstrengen, streben, aber dies gibt den Sinn noch nicht vollkommen wieder. Es bedeutet, dass der Mu’min sich gegen alle Kräfte einsetzen soll, die den Weg zu Allah blockieren, das heißt, gegen die Feinde an allen Fron­ten zu kämpfen. Auf der einen Seite steht der Mu’min Scheytaan gegenüber, auf der anderen seinem eigenen Ich und seinen verlockenden Versuchungen. Auf der dritten Seite ist er vielen Menschen gegenübergestellt, die von Allahs Weg abgewi­chen sind, denen er aber durch enge soziale, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen verbunden ist. Auf der vierten Seite wendet er sich gegen alle religiösen, kulturellen und politischen Systeme, die auf Auflehnung gegen Allah begründet sind und, Menschen zwingen, sich der Lüge zu unterwerfen. Obgleich alle diese Feinde verschiedene Waffen benutzen, haben sie ein und dasselbe Ziel, nämlich ihr Opfer in ihre Gewalt zu bringen. Es liegt auf der Hand, dass wahrer Erfolg nur dann erzielt werden kann, wenn man ganz und ausschließlich ein Diener Allahs wird und Ihm öffentlich und im Gehei­men gehorcht und niemanden sonst. Siehe auch Fußnote 444 zu 2:218. (Mauduudi)

126. "Erfolg" im geistigen Sinne, weil das alles ist, worauf es ankommt, denn das Leben in dieser Welt ist kurz und vergänglich und gegenüber der Ewigkeit von geringer Bedeutung. (Juusuf 'Allii)

 

36. Wahrlich, diejenigen, die Kaafir sind -selbst wenn ihnen alles gehören würde, was auf Erden ist und noch einmal so viel dazu,127 um sich damit loszukaufen von der Strafe des jüngsten Tages, es wird nicht angenommen von ihnen und ihnen wird schmerzliche Strafe zuteil.

127. Wörtlich: ,und dasselbe dazu'. (Asad)

 

37. Sie werden wünschen,128 aus dem Feuer hinauszukommen, doch sie werden nicht daraus entkommen und ihnen wird dauernde Strafe zuteil.

128. Mit aller ihnen zur Verfügung stehenden Intensität. (Darjabaadi)

 

38. Und was den Dieb und die Diebin angeht, so hackt ihnen die Hand ab129 als Vergeltung für das, was sie begangen haben. Das soll ein warnendes Beispiel von Allah sein.130 Und Allah ist mächtig, weise.131

129. Der Islam spricht jedem einzelnen Menschen in der muslimischen Gemeinschaft das Recht auf Leben zu und wird dieses Leben mit allen notwendigen Mitteln zu schützen suchen. Dazu gehört auch das Recht jedes einzelnen Menschen auf Speise, Trank, Kleidung und Wohnung, und die Gemeinschaft beziehungsweise der Staat muss dafür Sorge tragen, dass er sei­nen Lebensunterhalt auch wirklich bekommt, in erster Linie durch Arbeit, solange er arbeitsfähig ist, indem die Gesellschaft beziehungsweise der Staat ihn entsprechend ausbildet und ihm eine Arbeit ermöglicht. Wenn er durch Mangel an Arbeitsplätzen oder Arbeitsunfähigkeit -teilweise oder ganz, vorübergehend oder auf Dauer -arbeitslos wird, oder wenn sein Verdienst nicht für seinen Lebensunterhalt ausreicht, hat er das Recht zur Erfüllung seiner Bedürfnisse durch den Unter­halt, zu dem das Gesetz erstens die finanzkräftigen unter seinen Angehörigen verpflichtet, zweitens die Reichen in seiner Umgebung Und drittens aus dem Saka-Fonds des Staates den ihm zustehenden Anteil. Der Islam begrenzt streng die Mittel zum Erwerb von Eigentum; dem Menschen steht nur Eigentum zu, das auf ehrliche Weise erworben wurde. Daher kann in einer muslimischen Gesellschaft das persönliche Eigentum den Hass derer, die nichts besitzen weder erregen, noch kommt in ihnen die Begierde auf, den Besitz anderer an sich reißen zu wollen. Der Islam erzieht das Gewissen der Menschen Und ihren Charakter, indem er ihr Denken auf Arbeit und ehrlichen Erwerb lenkt, nicht auf Diebstahl Und unehrli­chen Erwerb. Wenn ein Mensch keine Arbeit findet oder sein Einkommen nicht für seinen Lebensunterhalt ausreicht, wird ihm auf ehrliche Art und Weise sein Recht gegeben. Warum stiehlt dann ein Dieb, nachdem solche Vorsorge getroffen wurde? Er stiehlt nicht aus Mangel, sondern aus Gier, reich zu werden, ohne dafür arbeiten zu müssen. Reichtum kann man nicht auf diese Art Und Weise erwerben, weil dies die muslimische Gemeinschaft in Angst versetzt Und ihr das Recht nimmt, sich in Ruhe ihres ehrlich erworbenen Eigentums zu freuen. (Qutb)

Und wenn nach alledem ein Dieb stiehlt, obwohl seine Bedürfnisse gedeckt sind und ihm das Verwerfliche seines Tuns bewusst ist, da ist dies unentschuldbar und verdient kein Mitleid, wenn ihm die Tat nachgewiesen worden ist.

Sollte aber Verdacht auf Bedürftigkeit oder ähnliches bestehen, so gilt der allgemeine Grundsatz im Islam, der besagt, dass im Zweifelsfall von der Strafe abzusehen ist. Deswegen wandte ’Umar -Allah möge Wohlgefallen an ihm haben -, im so genannten Ascherjahr, in dem Hungersnot herrschte, die Strafe nicht an Und auch nicht im Fall von zwei Dienern (von Balta'as) , die die Kamelstute eines Mannes aus Mu’saina gestohlen hatten, Er hatte zunächst befohlen, ihnen die Hand abzutrennen. Als er aber erfuhr, dass ihr Herr sie hungern ließ, sah er von einer Bestrafung ab Und verurteilte ihren Herrn zu einer Geldstrafe in doppelter Höhe des Wertes der Stute. (Qutb)

Die Rechtsgelehrten sind verschiedener Ansicht darüber, welchen Wert das Diebesgut hat, damit die Strafe zur Anwendung kommt. Die Mehrheit von ihnen geht davon aus, dass geringfügige Diebstähle davon ausgenommen sind. Der allge­meinen Ansicht zufolge soll für den ersten Diebstahl eine Hand abgeschnitten werden (vergleiche auch Matthäus 18:8: " Wenn aber deine Hand oder dein Fuß dir Ärgernis verschafft, so haue ihn ab und wirf ihn von dir ...". (Zur Zeit Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurden Diebe anscheinend gekreuzigt.). (Juusuf 'Allii)

130. Der Grund für die Vorschrift der Handabtrennung als Strafe für Diebstahl ist der, dass demjenigen, der ans Stehlen denkt, nur darum zu tun ist, sein Vermögen mit dem der anderen zu vermehren. Er begnügt sich nicht mit dem Ertrag seiner eigenen Arbeit, sondern begehrt den der anderen dazu. Dies tut er entweder, um mehr ausgeben zu können oder aus Prunk­sucht oder um ein bequemes Leben zu führen. Mit der Fortsetzung dieser Strafe bekämpft die religiöse Gesetzgebung dies aufs schärfste. Da die Hand das Werkzeug für fast alle Arten von Arbeit ist, führt sie zu weniger Erwerb und damit zur Minderung des Vermögens, was wiederum die Minderung der Ausgaben und damit der Prunkliebe zur Folge hat, und hinzu kommt noch Sorge um die Zukunft. Auf diese Weise bekämpfte die islamische Gesetzgebung mit der Festset­zung dieser Strafe die psychischen Faktoren, die zum Diebstahl führen, mit Faktoren, die dem entgegengesetzt sind und den Zweck haben, vom Diebstahl abzuhalten.

Die Gesetze, die eine Gefängnisstrafe für Diebstahl vorsehen, haben sich als erfolglos erwiesen in der Bekämpfung des Verbrechens allgemein und der des Diebstahls ganz besonders. Der Grund dafür ist, dass die Gefängnisstrafe nie die Bedingungen entstehen lässt, die den Dieb von seiner Tat abhalten, sondern nur wirksam ist, solange er in Haft bleibt. (Qutb)

Die Strenge dieser Strafe kann nur verstanden werden, wenn man das grundlegende Prinzip des islamischen Gesetzes be­denkt, dass dem Menschen keine Pflicht (taklif) auferlegt wird, ohne dass ihm das entsprechende Recht (Haq) zugestanden wird, wobei in diesem Zusammenhang der Begriff, "Pflicht" auch seine Strafmündigkeit beinhaltet. Zu den unveräußerli­chen Rechten jedes Mitgliedes der islamischen Gesellschaft -sowohl Muslim als auch Nichtmuslim -gehört das Recht auf Schutz (in jeder Bedeutung dieses Wortes) durch die Gemeinschaft. Wie aus unzähligen Gesetzen im Koran so­wie aus authentischen überlieferten Anordnungen des Propheten hervorgeht, hat jeder Bürger das Recht, an den wirtschaft­lichen Mitteln der Gesellschaft beteiligt zu sein und soziale Sicherheit zu genießen; mit anderen Worten: ihm oder ihr muss ein angemessener Lebensstandard gesichert werden, der den der Gemeinschaft zur

Verfügung stehenden Mittel n entspricht. Denn obwohl der Qur’an betont, dass menschliches Leben sich nicht allein auf physische Existenz beschränkt -denn die letztlichen Werte des Lebens sind geistiger Natur -, sind die Mu’mins nicht berechtigt, geistige Wahrheiten und Werte von den physischen und sozialen Faktoren des mensch­lichen Daseins zu trennen. Der Islam strebt eine Gesellschaft an, die nicht nur für die geistigen Bedürfnisse des Menschen sorgt, sondern auch für seine körperlichen und intellektuellen. Daraus folgt, dass eine Gesellschaft, wenn sie wirklich isla­misch sein will, so beschaffen sein muss, dass jeder einzelne, Mann oder Frau, das Minimum an materiellem Wohlstand und sozialer Sicherheit genießen kann, ohne die es keine Menschenwürde, keine wirkliche Freiheit und schließlich keinen geistigen Fortschritt geben kann. Denn in einer Gesellschaft, die zulässt, dass einige ihrer Mitglieder unverschuldet Mangel leiden, während andere mehr haben als sie brauchen, kann es kein Glück und keine Stabilität geben. Folglich bezweckt die islamische Sozialgesetzgebung eine Situation, in der jeder Mann, jede Frau und jedes Kind

a) genug zu essen und anzuziehen,

b) eine angemessene Wohnung,

c) gleiche Möglichkeiten und Einrichtungen für Erziehung und Ausbildung und

d) kostenlose Krankenbehandlung und Gesundheitspflege bekommt. Dem entspricht das Recht auf produktive und lohnende Arbeit, solange der Mensch arbeitsfähig ist.

Vor diesem Hintergrund der sozialen Sicherheit muss die Strafe des Handabschneidens als abschreckende Strafe bei Raub gesehen werden. Da unter den gegebenen Umständen "Versuchung" keine gerechtfertigte Entschuldigung sein kann und da schließlich das gesamte sozio-ökonomische System des Islam auf dem Vertrauen seiner Anhänger begründet ist, ist ein konsequenter Schutz notwendig. In einer Gemeinschaft, in der jedem volle Sicherheit und soziale Gerechtigkeit zugesi­chert wird, muss jeder Versuch, leichten, unverdienten Gewinn auf Kosten anderer zu erzielen, als Angriff auf das System insgesamt angesehen und als solcher bestraft werden. Wichtig ist jedoch, dass immer die am Anfang dieser Fußnote erwähnten Prinzipien berücksichtigt werden, nämlich die Entsprechung von Rechten und Pflichten eines Menschen. In einer Gemeinschaft, die außerstande ist, alle ihre Mitglieder sozial abzusichern, wird die Versuchung, sich selbst auf unrechtmäßige Weise zu bereichern, unwiderstehlich -folglich kann Diebstahl nicht so streng bestraft wer­den wie in einem Staat, wo soziale Sicherheit im vollen Sinne des Wortes verwirklicht worden ist. Wenn die Gesellschaft ihren einzelnen Mitgliedern gegenüber nicht ihre Pflichten erfüllen kann, hat sie kein Recht, gegen den einzel­nen Übertreter das Strafrecht in seiner ganzen Strenge anzuwenden. (Asad)

Voraussetzung ist, dass der Wert des gestohlenen Gutes ein bestimmtes Minimum nicht unterschreitet und dass zwei Zeugen mit einwandfreiem Ruf die Tat bestätigen beziehungsweise dass der Dieb gesteht. (Darjabaadi)

Die Rechtsgelehrten sind unterschiedlicher Ansicht über die Dinge, für deren Diebstahl diese Strafe nicht angewandt wer­den soll. So bilden beispielsweise bei Abuu Hanifa Obst, Gemüse, Fleisch, gekochte Speisen, noch nicht eingesammelte Getreide, Unterhaltungsartikel und Musikinstrumente eine Ausnahme, außerdem Tiere, die in der Wildnis weiden und Bestände der öffentlichen Kasse. Solche Diebstähle werden auf andere Weise bestraft. (Mauduudi)

131. Allah ist mächtig und in der Lage, jeden Verbrecher zu bestrafen, selbst wenn er sich der Bestrafung durch irdische Gerich­te entziehen kann und dem Zugriff des Gesetzes in dieser Welt entkommt. (Siddiqi)

 

39. Doch wer reuevoll umkehrt, nachdem er Unrecht getan hat, und es wieder gutmacht,132, dem verzeiht Allah gewiss, denn Allah ist fürwahr verzeihend, barmherzig.

132. Indem er das Diebesgut seinem Besitzer zurückgibt, oder dieser ihm verzeiht. (Darjabaadi)

Es genügt nicht, dass der Verbrecher auf weiteres Unrecht verzichtet, sondern es ist unbedingt notwendig, dass er seine Tat durch aktives Handeln wieder gutmacht. Aber die Absicht der Methode Allahs reicht noch tiefer. Das Bewusstsein des Menschen soll aufgerüttelt werden, denn wenn er sich zwar des Bösen enthält, das Gute in ihm aber nicht geweckt wird, entsteht in ihm eine Leere, die ihn wieder zum Bösen zurückfallen lassen könnte. (Qutb)

 

40. Hast du nicht gewusst, dass Allah (allein) die Herrschaft über die Himmel und die Erde gehört? Er bestraft, wen Er will133 und Er verzeiht, wem Er will.134 Und Allah bat Macht über alle Dinge.135

133. Die Strafe liegt nicht beim Menschen, sondern allein bei Allah. Nur damit die Gesellschaft intakt gehalten und unschuldige Menschen vor Verbrechen geschützt werden können, wurden gewisse Prinzipien festgelegt, auf denen die Menschen ihr Strafrecht aufbauen können. Wir dürfen jedoch nie vergessen, dass Allah nicht nur straft, sondern vergibt, und Vergebung ist das Attribut, das uns eindrucksvoller vor Augen gehalten wird. Unsere Weisheit ist nicht in der Lage, die Grenzen von Strafe und Vergebung endgültig zu bestimmen, sondern Sein Wille und Plan ist der wahre Maßstab für Rechtschaffen­heit und Gerechtigkeit. (Juusuf ’Allii)

134. Entsprechend den Erfordernissen der Gerechtigkeit. (Darjabaadi)

135. Er beurteilt jeden einzelnen Fall. Er ist keine stumme, passive Erste Ursache, die an unveränderliche Gesetzmäßigkeiten gebunden ist, sondern macht von Seinem Willen Gebrauch. (Darjabaadi)

Allah regiert das Universum nicht als Willkürherrscher. Der Qur’an betont, dass Allah die letzte Instanz im Universum ist und Ihm die endgültige Entscheidung zusteht. (Siddiqi)

 

41. O du Gesandter! Lass dich nicht durch jene betrüben, die sich eilends in den Kufr stürzen136 (und) zu denen gehören, die sagen: "Wir haben den Imaan verinnerlicht," (doch dies nur) mit ihrem Mund, während sie in ihren Herzen nicht den Imaan verinnerlichen,137 und unter den Juden sind welche, die auf (jede) Lüge138 hören. Sie hören auf andere Leute, die noch nie zu dir gekommen sind.139 Sie verändern die Worte (Allahs), nach dem Er sie an die richtige Stelle gesetzt hat.140 (Auch) sagen sie: "Wenn euch dies gegeben wird, dann nehmt es an, doch wenn es euch nicht ge­geben wird, dann hütet euch davor!"141 Und wen Allah auf die Probe zu stellen wünscht,142 für den vermagst du nichts für den vermagst du nichts bei Allah auszurichten. Sie sind diejenigen, deren Herzen Allah nicht zu reinigen wünscht.143 Ihnen ist Schande im Diesseits bestimmt144 und im Jenseits wird ihnen gewaltige Strafe zuteil.

136. Die folgenden Ajas wurden allem Anschein nach in den ersten Jahren nach der Hidschra offenbart, als die Juden noch in Medina lebten. In dieser Periode, als sie fortwährend gegen die Muslime intrigierten, wurden sie von den Heuchlern unter­stützt. Heide Gruppen verstrickten sich immer mehr in dem Kufr, was den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, traurig stimmte. Allah tröstet Seinen Gesandten und enthüllt der muslimischen Gemeinschaft das Streben dieser beiden Parteien und zeigt dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wie er mit ihnen umzugehen hat. (Qutb)

Zwei Personengruppen werden geschildert, nämlich die Heuchler und die Juden. Für beide setzte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sich ernst­haft und eifrig ein, und es muss eine große Enttäuschung für ihn gewesen sein, dass einige von ihnen so viel Starrsinn, Tücke und Herzenskälte an den Tag legten. Heide Typen von Menschen sind immer noch vorhanden. (Juusuf 'Allii)

137. Dies bezieht sich auf diejenigen, die alle ihre intellektuellen Fähigkeiten und Energien dazu gebrauchten, den früheren Zustand der Unwissenheit gegenüber den reformatorischen Bestrebungen des Islam zu bewahren. Selbstverständlich for­dert Allah Seinen Gesandten nicht auf, Seine Trauer zu unterdrücken, sondern tröstet ihn, dass er durch ihre üblen Machen­schaften nicht den Mut verlieren soll, und ermutigt ihn, weiter geduldig für die Umerziehung eines Volkes zu arbeiten, von dem kein anderes Verhalten zu erwarten ist. (Mauduudi)

138. Lügen von ihren eigenen führenden Persönlichkeiten. (Darjabaadi)

Dies impliziert zweierlei:

1. dass diese Leute Sklaven ihrer eigenen Interessen sind und überhaupt nicht an der Wahrheit interessiert sind; aufgrund dessen sind sie empfänglich für Lügen, die sie in ihrer Haltung bestätigen;

2. dass sie an den Zusammenkünften des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner Anhänger teilnehmen, damit sie den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verleumden und falsche Ge­rüchte verbreiten können. (Mauduudi)

139. ..."die nie zu dir gekommen sind": entweder aus Hochmut und Widerspenstigkeit oder aus Angst, da sie den Muslimen die Feindschaft erklärt haben (Al-Manar).

Unter den Juden gab es solche, die bereitwillig jede Verleumdung gegen den Propheten aufnahmen. Sie hörten auf Berich­te von Leuten, die ihn nicht einmal gesehen hatten. Die beiden folgenden Bedeutungen sind in diesem Satz enthalten: 1. sie horchen auf Verleumdungen aller Art, die sie ergattern können, und 2. sie betätigen sich als Spione rur andere im Hintergrund, denen sie falsche Berichte zutragen. (Juusuf 'Allii)

Obwohl dieser Vers in erster Linie an den Propheten gerichtet ist, betrifft er alle Anhänger des Qur’an und ist deswegen für alle Zeiten gültig. Obwohl der Aja nur die Heuchler und die Juden erwähnt, bezieht er sich auf alle, die Vorurteile gegen den Islam hegen und bereitwillig jede falsche Aussage über seine Lehren aufnehmen, indem sie lieber auf islam­feindliche "Experten" hören als sich an den Koran selbst zu wenden, um sich zu informieren -das bedeutet der Satz: " ...die nie zu dir gekommen sind." (Asad)

140. Vergleiche Suura 5:14. Die Hinzufügung der Worte "min ba'di" مِن بَعْدِ  weist daraufhin, dass Worte sowohl örtlich als auch zeitlich verändert worden sind. Sie handelten nicht aufrichtig nach ihrem Gesetz und missbrauchten es, indem sie seinen Sinn ent­stellten. Es kann auch bedeuten, dass sie als Berichterstatter den Sinn entstellten, indem sie den Zusammenhang falsch darstellten. (Juusuf 'Allii)

Wenn Islamkritiker sich mit Qur’an und Sunna befassen, tun sie dies mit Vorurteilen und entstellen ihren Sinn, indem sie Dinge aus ihrem Zusammenhang herausreißen. (Siddiqi)

141. Sie sind bereit, diejenigen Lehren des Qur’an zu akzeptieren, die eventuell ihren vorgefassten Absichten entgegenkommen, aber nicht etwas, das ihren eigenen Neigungen widerspricht. (Asad)

Das heißt: Sie sagen zu denen, die zu dem Gesandten geschickt wurden, um ihn nach dem Urteil zu fragen, über einen Mann und eine Frau von ihnen, die Ehebruch begangen hatten, und die sie nicht steinigen lassen wollten, wie es ihr Gesetz vorschrieb: "Wenn euch von Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Erlaubnis gegeben wird, die beiden auszupeitschen, statt sie zu steinigen, so akzeptiert es, und wenn nicht, dann hütet euch davor, es anzunehmen oder zu billigen." Als sie zum Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kamen, fragte er sie nach der Strafe für Ehebruch, wie sie in der Thora steht, und sie sagten: "Sie werden bloßgestellt und ausge­peitscht." Als sie aber die Thora aufschlugen, verbarg einer den Vers über die Steinigung und las, was davor und danach stand. Da befahl ihm Abdullah “ben Salam“, die Hand hochzuheben, und der Vers wurde sichtbar, und sie gestanden, dass der Prophet -Allahs Friede sei mit ihm -die Wahrheit gesagt hatte. Ihre Lügen und der Missbrauch von Allahs Wort und Gesetz wurden damit sichtbar. (Al-Manar)

142. Dies verbindet wieder mit dem Anfang des Ajas. Für die Bedeutung des Begriffes "Fitna" vergleiche Suura 8:25 und Fußnote. (Asad)

Allah prüft einen Menschen, der böse Neigungen in sich hat, durch Versuchungen, um festzustellen, ob noch Gutes in ihm vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, so fasst er jede Versuchung als "Gelegenheit" auf, und das Böse in ihm überwältigt ihn und macht ihn zu einem leichten Opfer für weitere Versuchungen. Es steht dann nicht in der Macht anderer, ihn vor der Versuchung zu bewahren. In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, dass einzelne Menschen und Gemeinschaf­ten von Allah geprüft werden. (Mauduudi)

Wenn Allah daran festhält, diesen Menschen in seiner Religion zu prüfen, so dass Kufr und Irrtum als Ergebnis dieser Prüfung sichtbar wird, wie man das Gold mit Feuer zu prüfen pflegt, um den Grad der Verfälschung sichtbar werden zu lassen, so wirst du, O Gesandter Allahs, diesen nicht recht zu leiten vermögen, genau wie du Kupfer nicht in Gold verwandeln kannst, weil Allahs Gesetz auf keinen Fall geändert werden kann, weder in der Natur des Menschen noch bei den Erdmineralien. (Al-Manar)

143. Das sind diejenigen, deren Herzen so voller Schmutz sind, dass Allah sie nicht mehr reinigen will, da sie selbst sich mehr und mehr mit Schmutz bedecken. (Qutb)

Denn sie wollen sich selbst nicht reinigen lassen. (Darjabaadi)

Allah versagt keinem Menschen die Reinigung, wenn dieser selbst es will und sich Mühe gibt. (Mauduudi)

144. Dazu gehört die öffentliche Bloßstellung der Heuchler und die Vertreibung der Juden aus Arabien. (Darjabaadi)

 

42. Sie hören auf jede Lüge und verschlin­gen ständig Verbotenes.145 Und wenn sie zu dir kommen, dann richte zwischen ihnen146 oder wende dich von ihnen ab.147 Und wenn du dich von ihnen abwendest, so werden sie dir nicht den geringsten Schaden zufügen können. Und wenn du richtest, dann richte zwi­schen ihnen in Gerechtigkeit.148 Denn wahrlich, Allah liebt diejenigen, die Ge­rechtigkeit üben.

145. "Verbotenes verschlingen"; Verbotenes ist alles was zu Unrecht erworben worden ist, wie Wucher, Bestechung, Lohn für Falschaussagen und falsche Rechtsprechung. (Qutb)

Dies ist sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Im übertragenen Sinne bedeut es Wucher oder Bestechung oder Bereicherung durch Ausnutzung der schwachen Position anderer oder der eigenen Überlegenheit. (Juusuf 'Allii)

Das Nomen "suht" ist von dem Verb "sahata" ("er zerstörte vollkommen") abgeleitet und bedeutet in erster Linie "etwas tun, was Zerstörung bewirkt", weil es abscheulich und folglich verboten ist. Es bezeichnet somit etwas, das an sich böse ist. Im obigen Zusammenhang bedeutet der intensivierte Ausdruck "akkaluna lis-suht" "diejenigen, die gierig alles Verbotene verschlingen", (nämlich unehrlich erworbenes Eigentum) oder wahrscheinlich "diejenigen, die gierig alles Böse schlucken", nämlich jede falsche Behauptung über den Qur’an, die seine Feinde äußern, um seine Wirkung zu zerstören. (Asad)

Dies bezieht sich besonders auf Juristen und Richter, die falsche Zeugenaussagen anhörten und ungerechte Urteile fällten zugunsten derjenigen, die sie bestachen oder von denen sie unrechtmäßige Gewinne erhofften. (Mauduudi)

146. Bezüglich dessen, was vor Allah recht und unrecht ist. Die meisten Kommentatoren nehmen an, dass sich dieser Abschnitt auf bestimmte Rechtsfälle bezieht, welche die medinensischen Juden dem Propheten zur Entscheidung vorlegten; aber in Anbetracht des im Qur’an enthaltenen Prinzips, dass jeder historische Bezug auch eine allgemeine Bedeutung hat, nehme ich eher an, dass es sich bei diesem Urteil um die Entscheidung handelt, inwiefern ihre Aussagen -soweit sie nicht im Qur’an bestätigt oder abgelehnt werden -richtig oder falsch sind. (Asad)

147. Wenn es sich lediglich um einen Trick handelt, kann ein gerechter Mensch ablehnen, sich in einen ihm vorgelegten Fall einzumischen, und auch dann, wenn den Parteien nicht aufrichtig an Gerechtigkeit gelegen ist, sondern jede hofft, sie könne für sich selbst einen Gewinn davontragen. (Juusuf ’Allii)

Hier wird dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, freigestellt, in dem Angelegenheiten der Juden zu richten oder nicht, was darauf schließen lässt, dass diese Entscheidung zu einem frühen Zeitpunkt gefällt wurde, denn später wurde die islamische Gesetzgebung als bin­dende Instanz festgelegt. (Qutb)

148. Das heißt aufgrund der von Allah offenbarten ethischen Gesetze, nicht entsprechend irgendwelcher persönlicher, willkürlicher Wünsche oder Aversionen. (Asad)

Die Juden besaßen damals Autonomie in ihren inneren Angelegenheiten, und ihre Rechtsstreitigkeiten wurden von ihren eigenen Richtern ihrem eigenen Gesetz entsprechend entschieden. Trotzdem brachten sie manchmal Rechtstille vor den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in der Hoffnung, seine Entscheidung würde günstiger ausfallen als die ihres eigenen Gesetzes. (Mauduudi)

 

43. Doch wie können sie dich zum Richter machen,149 während sie doch die Thora haben,150 in der der Richtspruch Allahs ist? Dann aber wenden sie sich nach (all)151 dem ab.152 Und diese sind wahrhaftig keine Mu’mins.

149. Es ist äußerst verwerflich, dass sie sich an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, um Entscheidung wenden, der nur nach Allahs Gesetz urteilt, während ihnen diesbezüglich die Thora zur Verfügung steht, in der Allahs Gesetz und Urteil verzeichnet ist. Das Urteil des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, muss mit dem, was ihnen in der Thora gegeben worden war, übereinstimmen in den Dingen, die zu bestätigen und über ihre Anwendungen zu wachen der Qur’an kam. (Qutb)

Dies ist die Frage nach den wahren Gründen der Juden, dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihre Rechtstille vorzulegen. Sie kamen entweder

1. um sein Urteil lächerlich zu machen, oder

2. um ihn bezüglich der Tatsachen zu betrügen und so eine günstige Entschei­dung zu erlangen, die der Gerechtigkeit widersprach. Aber Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war immer unbeugsam in seiner Gerechtigkeit. (Juusuf ’Allii)

150. Dies bedeutet nicht, dass der Qur’an die Thora in der Form, wie sie zur Zeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm existierte, als Allahs Offenbarung in ihrer ursprünglichen Reinheit betrachtet. Aber selbst in ihren gegenwärtigen Form hat die Thora nicht ihren ge­samten Wahrheitsgehalt verloren, und es gibt Teile von Allahs ursprünglicher Lehre darin. (Siddiqi)

151. Obwohl sie auf eigene Initiative deine Entscheidung gesucht hatten. (Darjabaadi)

Die Tatsache, dass sie das Buch ablehnten, das sie selbst erhalten hatten und als Allahs Buch betrachteten, und sich an den Propheten wandten, an dessen Prophetentum sie nicht den Imaan verinnerlichten, zeigt, dass ihr Imaan an die Thora inhaltslos war. Es zeigt weiterhin, dass sie an nichts Imaan verinnerlichten außer an ihre eigenen Interessen. (Mauduudi)

152. Sie sind weder bereit, dem Urteil der Thora zu folgen -obwohl sie ein Lippenbekenntnis zu ihr ablegten -noch dem Urteil des Qur’an, der einige Gesetze der Thora bestätigt und einige abrogiert, denn sobald sie entdeckten, dass der Qur’an nicht mit ihren vorgefassten Ideen übereinstimmt, wenden sie sich davon ab. (Asad)

 

Abschnitt 7 

44. Wahrlich, Wir haben die Thora herabgesandt, die Rechtleitung und Licht beinhaltet,153 damit die Propheten, die Allah ergeben sind,154 für die Juden rechtsprechen155 und auch (ihre) Weisen und Rechtsgelehrten,156 denn ihnen war die Bewahrung eines Teiles des Buches Allahs anvertraut,157 und sie waren Zeugen darüber.158 Darum fürchtet nicht die Menschen, sondern fürchtet Mich,159 und verkauft nicht Meine Worte um einen geringen Preis.160 Und wer nicht nach dem richtet, was Allah (als Offenbarung) herabgesandt hat, -das sind fürwahr die Kaafir.161

153. Rechtleitung bezüglich des Verhaltens, Licht bezogen auf Einsicht in höhere geistige Sphären. (Juusuf 'Allii)

Jede Religion kam von Allah als eine Lebensregel. Eine greifbare Lebensregel, menschliches Leben zu führen, zu ordnen, zu lenken und aufrechtzuerhalten. Religion ist nicht eine abstrakte Lehre des Herzens, ebenso wenig ist sie ein kultischer Brauch, der angesichts von Tempeln und Gebetsstätten verrichtet wird. Denn obwohl diese Dinge für das mensch­liche Leben und für die Erziehung des menschlichen Gewissens notwendig sind, genügen sie nicht alleine, das Leben zu lenken, zu ordnen, zu führen und zu wahren, wenn nicht auf ihrer Basis eine Weisung, eine Ordnung und ein Gesetz entste­hen, die im Leben der Menschen ihre praktische Anwendung finden. Die Menschen werden dazu verpflichtet und bei Zuwiderhandlung auch bestraft. Das menschliche Leben kann nur geradlinig verlaufen, wenn das Bekenntnis, die ’'Ibaada und die Gesetze von einer einzigen Quelle empfangen werden, die Macht über das Gewissen wie über das Verhalten besitzt. Die Thora in der Form, wie Allah sie offenbart wurde, ist eine Schrift Allahs, die gekommen ist, um die Kinder Israels rechtzuleiten und ihren Weg zu Allah zu erleuchten. Sie brachte die monotheistische Religion und Gesetze mit sich. (Qutb)

154. Dies impliziert, dass das Gesetz Muusa as für die Kinder Israels bestimmt war und keine universale Gültigkeit besaß. (Asad)

155. Die Thora beinhaltete nicht nur Führung und Licht in Religionsdingen und Frömmigkeit, sondern auch Gesetzesinhalte, die das praktische Leben durch Allahs Weisungen regelten. Anband dieser Offenbarung -und nicht aus eigenem An­trieb -trafen die Propheten, die Allah ergeben waren, ihre Entscheidungen. (Qutb)

156. Rabbani ist meines Erachtens korrekt übersetzt mit dem jüdischen Titel "Rabbi", den die Gelehrten tragen. Jüdische Ge­lehrsamkeit entspricht der rabbinischen Literatur. Abbar ist der Plural von hibr oder habr, worunter wir hier die jüdischen Rechtsgelehrten verstehen können. Der Begriff wurde später auf Rechtsgelehrte anderer Religionen ausgedehnt. (Juusuf 'Allii)

Mit der Thora sprachen die "Rabbaaniijuun" رَّبَّانِيُّون und "Abbar" in den Zeiten und Orten, in denen es keine Propheten gab, recht. Oder sie taten es auch gemeinsam mit ihnen. Mit "Rabbaaniijuun" sind diejenigen gemeint, die sich auf Allah (Rabb) beziehen. Wobei das Wort Rabb als der Schöpfer und Machtbesitzer zu verstehen ist. Sie werden so genannt" weil sie sich mit der Wissenschaft Allahs und der charakterlichen Erziehung beschäftigen, oder aber aus dem Wort "erziehen" abgeleitet: "diejenigen, die zuerst sich und dann andere bilden und erziehen, Erkenntnis und gute Charakterführung." "Achbar" ist der Plural von "Hibr" und dies bedeutet "der Gelehrte, der Wissenschaftler."

Und "Rabbani" bedeutet meines Erachtens "jemand, der Allahs Gefallen und Gunst erlangt hat." (Al Manar)

157. Ihnen war Allahs Buch durch die Propheten anvertraut worden. (Darjabaadi)

158. Sie waren lebende Zeugen für die Wahrheit der Schrift und konnten bezeugen, dass sie diese dem Volk verkündet hatten. Vergleiche auch Suura 2:143 und 4:135. (Juusuf 'Allii)

Sie hatten diese Verpflichtung bereitwillig auf sich genommen und sich dem "Joch der Thora" gebeugt. (Darjabaadi)

Der Ausdruck " etwas von Allahs Schrift" besagt hier, dass die Thora nicht die gesamte Offenbarung Allahs beinhaltete, und dass weitere Offenbarungen folgen sollten. (Asad)

159. Angesprochen sind die jüdischen Gelehrten und Priester. (Darjabaadi)

Verschweigt nicht, was euch vom Buche gegeben worden ist aus Angst vor einigen von ihnen oder in der Hoffnung, eini­gen zu gefallen. (Al-Manar)

160. Zwei Vorwürfe werden hier den Juden gemacht:

1. sie haben selbst das ihnen offenbarte Buch entstellt, um es in Einklang mit ihren eigenen Interessen zu bringen, denn sie fürchteten die Menschen mehr als Allah;

2. sie besaßen nur Bruchstücke des ursprünglichen Gesetzes, das Muusa as gegeben worden war, vermischt mit einer Menge Legenden und pseudo-historischem Stoff und Poesie.

 Die im Qur’an erwähnte Thora ist nicht das Alte Testament in seiner gegenwärtigen Form, nicht einmal das Pentateuch (die ersten fünf Bücher des Alten Testaments, in denen das Gesetz enthalten ist, eingebettet in pseudo­historische und legendäre Erzählungen). (Juusuf 'Allii)

Unterdrückt nicht die Wahrheit aus Angst, euren Einfluss im Volk zu verlieren. (Darjabaadi)

Verkauft nicht Meine Worte um einen geringen Preis, bedeutet vernachlässigt nicht, sie zu erklären, sie in die Tat umzu­setzen, mit ihnen zu beraten und zu urteilen im Tausch gegen weltlichen Nutzen, der auf jeden Fall sehr gering ist, im Verhältnis zum jetzigen und späteren Nutzen, der aus Allahs Rechtleitung resultiert. (Al-Manar)

Jeder Preis für die Wahrheit ist gering, auch wenn es der Besitz der ganzen Erde wäre. (Qutb)

161. Vergleiche Deuteronomium 27:26: "Verflucht sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllt, dass er danach tue! ..." (Darjabaadi)

Wer nach einer anderen Grundlage als der Offenbarung Allahs urteilt, der spricht sozusagen Allah Seine Göttlichkeit ab, denn zur Göttlichkeit gehört das Vorrecht der richterlichen Gesetzgebung. Er lehnt somit zum einen Allahs Göttlich­keit und Rechte ab, und zum anderen schreibt er sich selbst diese zu. Was. wäre Kufr, wenn nicht dieses? (Qutb)

 

45. Und wir haben ihnen darin vorgeschrieben:162 Leben um Leben,163 Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn und für Verletzungen (angemessene) Bestrafung. Doch wer (großzügig) auf sein Recht verzichtet, so ist dies eine Sühne für ihn.164 Und wer nicht nach dem richtet, was Allah (als Offenbarung) herabgesandt hat, ­das sind fürwahr die Ungerechten.165

162. An drei Stellen im Pentateuch wird Bezug auf die Vergeltung genommen, nämlich Exodus 21:23-25" Leviticus 24:18-21, und Deuteronomium 19:21. Die Formulierung unterscheidet sich an den drei Stellen voneinander, aber nirgends gibt es zusätzlich einen Appell an die Barmherzigkeit wie hier. Beachte, dass Isa as in Matthäus 5:38 das alte Gesetz zitiert, , ,Auge um Auge" und so weiter, und es in Richtung auf Vergebung modifiziert, aber das Gesetz im Qur’an ist mehr praktisch orientiert. Die Barmherzigkeit liegt auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen. Selbst wenn der Geschädigte vergibt, ist der Staat oder die Gesellschaft bevollmächtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Wahrung von Recht und Ord­nung notwendig sind, denn Verbrechen bat eine Tragweite, die über das Interesse von Einzelpersonen hinaus auf die Ge­meinschaft übergreift. (Vergleiche Suura 5:35) (Juusuf 'Allii)

163. Wörtlich: Seele für Seele. (Anm. d. Übers.)

Dieser in der Thora offenbarte Grundsatz lebt im islamischen Gesetz fort, jedoch unter Hinzufügung einer zusätzlichen

Bestimmung, dass nämlich der Geschädigte großzügig vergeben kann, als Sühne für ihn selbst. (Qutb)

164. Dies entspricht nicht dem Gesetz Muusa as, sondern der Lehre Isa as und Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Beachte, wie Isa as Lehre allmählich vorgestellt wird und zum Qur’an hinführt. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "es soll eine Sühne für ihn sein." Die Aufforderung zur Vergebung kommt erst in der Lehre Isas as zum Aus­druck, besonders in der Bergpredigt; in Verbindung mit den folgenden Ajas könnte dies als Hinweis auf die zeitliche Gebundenheit des Gesetzes Muusa as sein. Es kann sich aber bei der obigen Ermahnung auch um einen Teil der ursprünglichen Lehre der Thora handeln, der dann in der Folgezeit entstellt und vergessen wurde, weswegen der Qur’an den Anhängern der Thora vorwirft, "ihren Wortlaut verändert" zu haben. (Asad)

Wenn jemand in guter Absicht auf Vergeltung verzichtet, gleicht dies viele seiner Verfehlungen aus. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erklärte dies folgendermaßen: "Wenn jemand verletzt wird und auf Vergeltung verzichtet, werden ihm seine Sünden entsprechend seiner Vergebung vergeben." (Mauduudi)

165. Bei den scheinbaren Wiederholungen am Ende der Ajas 47,48 und 50 handelt es sich nicht um wirkliche Wiederholun­gen. Die entscheidenden Worte in den drei Fällen sind: Ungläubige, Ungerechte und Aufrührer, jedes entsprechend sei­nem Zusammenhang. Wenn die Juden ihre Schriften manipulieren, sind sie ungläubig; wenn sie ungerechte Urteile sprechen, sind sie ungerecht. Wenn die Christen ihrem Licht nicht folgen, sind sie Aufrührer. (Juusuf 'Allii)

 

46. Und Wir ließen in ihren Spuren 'Isa, den Sohn Marjams, folgen,166 der das be­stätigt, was vor ihm in der Thora war.167 Und Wir gaben ihm das Evangelium, in der Rechtleitung und Licht ist,l68 und als Bestätigung dessen, was vor ihm von der Thora vorlag, und als Rechtleitung und Ermahnung169 für die Mutaqis.

166. In den Spuren der israelitischen Propheten. (Darjabaadi)

167. Vergleiche Matthäus 5:17-18: "Dir sollt nicht wähnen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn ich sage euch wahrlich: bis dass Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis dass es alles geschehe." (Darjabaadi)

Dies bedeutet, dass Isa as keine neue Religion begründete, sondern bestätigte, was alle Propheten vor ihm gebracht hatten, und sein Volk dazu aufrief. Der Qur’an weist immer wieder auf die Tatsache hin, dass jeder Gesandte, der von Allah in irgendeinen Teil der Welt geschickt wurde, die Botschaft aller Propheten bestätigte, die ihm vorangegangen waren, und sein Äußerstes tat, um das Werk zu vollenden, das sie als geheiligtes Erbe hinterlassen hatten. Denn er kam nicht, um sie zu widerlegen und stattdessen seine eigene Weltanschauung zur Geltung zu bringen, ebenso wenig wie Allah Seine Schriften offenbarte, um Seine eigenen früheren Schriften zu widerlegen. (Mauduudi)

168. "Rechtleitung und Licht": vergleiche Aja 47 dieser Suura. So wie die Thora nicht identisch mit dem heutigen Alten Testament ist, so entspricht das im Qur’an erwähnte Evangelium nicht dem Neuen Testament oder den vier von der Kirche aner­kannten Evangelien, sondern es handelt sich um das ursprüngliche Evangelium, wie es von Isa as verkündet wurde. (Juusuf 'Allii)

169. Allah gab Isa as das Evangelium als Lebensweise und Gesetzesvorschrift. Es enthielt an sich keine neue Gesetzgebung mit Ausnahme von geringen Modifikationen der Gesetzgebung der Thora. Es bestätigte, was von der Thora noch vorlag, und genehmigte deren Gesetzgebung mit Ausnahme der erwähnten geringen Modifikationen. Allah legte in das Evangelium Recht­leitung und Licht und machte es zu einer Ermahnung für die Mutaqi: Denn die Mutaqi sind diejenigen, die in Allahs Offenbarung Rechtleitung, Licht und Ermahnung finden. Und sie sind diejenigen, deren Herzen sich öffnen für die Rechtleitung und das Licht, die in diesen Schriften enthalten sind. Zu den harten, rauben und unfruchtbaren Herzen hingegen gelangt keine Ermahnung; sie finden in den Worten nicht deren Sinn und in den Anleitungen nicht deren Geist. Sie finden auch keinen Geschmack an der Religionslehre und ziehen keinen Nutzen aus der Rechtleitung und dem Licht, das zwar vorhanden ist, aber nur mit einem offenen Blick wahrgenommen werden kann. (Qutb)

 

47. Und die Besitzer des Evangeliums sollen nach dem richten, was Allah darin herabgesandt hat. Und wer nicht nach dem richtet, was Allah herabgesandt hat, ­das sind fürwahr die Frevler.170

170. Vergleiche oben Aja 48, Fußnote 166. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche Matthäus 15:19: "Wer nun eins von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der

Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich." (Darjabaadi)

Es ist grundsätzlich nach dem zu richten, was Allah herabgesandt hat und nicht nach irgendetwas anderem. Christen wie Juden sind keine Mu’mins, bis sie die Thora und das Evangelium -vor dem Islam -und was Allah ihnen herabgesandt hat -nach dem Islam -als Richtschnur benutzen. Denn dies alles ist ein einziges Gesetz, zu dem sie verpflichtet sind, wobei das letzte Gesetz Allahs eher als Grundlage zu verwenden ist.-(Qutb)

 

48. Wir haben dir das Buch171 mit der Wahrheit herabgesandt,172 um das zu bestätigen, was im Buche zuvor war und um darüber zu wachen.173 Darum richte zwischen ihnen174 nach dem, was Allah dir herabgesandt hat und folge nicht ihren Wünschen, nun da die Wahrheit zu dir gekommen ist.175 Für jeden von euch176 haben Wir177 ein Ge­setz und einen Lebensweg178 aufgezeigt. Und wenn Allah gewollt hätte,179 hätte Er euch zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht.180 Doch Er wollte euch prüfen in dem, was Er euch gegeben hat.181 Darum wetteifert miteinander in guten Werken.l82 Zu Allah werdet ihr alle zurückkehren. Dann wird Er euch Kunde geben davon, worüber ihr zu streiten pflegtet,183

171. Der Qur’an bestätigt die Wahrheit früherer Offenbarungen. (Darjabaadi)

Bemerkenswert ist, dass hier ebenfalls das Wort "Kitaab" الْكِتَاب (Buch) benutzt wird. Dadurch soll nämlich betont werden, dass der Qur’an und alle heiligen Schriften, die von Allah in verschiedenen Sprachen und verschiedenen Zeitaltern offenbart wurden, in Wirklichkeit ein und dasselbe "Buch" sind, von demselben Urheber und mit derselben Absicht und Zielsetzung. Sie .übermitteln der Menschheit dasselbe Wissen, mit dem einzigen Unterschied, dass sie in verschiedenen Sprachen abgefasst sind und verschiedene Methoden anwenden, um den Angesprochenen entgegenzukommen. (Mauduudi)

172. Das heißt, die letzte, endgültige Schrift ist wahr in sich selbst. (Darjabaadi)

173. Nachdem die älteren Offenbarungen verändert worden waren, kam der Qur’an mit einem zweifachen Ziel:

1. die wahre, ursprüngliche Botschaft zu bestätigen, und

2. sie zu bewahren oder als Schlüssel zu ihrer Interpretation zu dienen.

Wenn beispielsweise rachedurstige Menschen auf Vergeltung bestehen, ermahnt der Qur’an zu Barmherzigkeit. Wenn sie ihre Feigheit und Sentimentalität hinter leerem Gerede von "die andere Wege auch hinhalten" verbergen, prüft er sie mit dem praktischen Test von Vergebung und Barmherzigkeit. (Juusuf 'Allii)

Der Islam als letzte offenbarte Religion Allahs ist sozusagen die letzte Entscheidungsinstanz bezüglich der Lebensweise und der Rechtssystems der Menschen. (Qutb)

Das arabische Wort "muhaymiin" مُهَيْمِن hat eine sehr umfassende Bedeutung. Es bezeichnet jemanden, der garantiert, überwacht, bezeugt, bewahrt und aufrechterhält. Der Qur’an bewahrt in sich selbst alle Lehren aller früheren Schriften. Er überwacht sie in dem Sinne, dass er ihre wahren Lehren nicht verloren gehen lässt. Er bezeugt, dass jene Schriften Allahs Wort enthal­ten" und hilft zur Unterscheidung von Interpretationen und Kommentaren, die später mit diesem vermischt wurden. (Mauduudi)

174. Nämlich zwischen den Schriftbesitzern, wenn sie als streitende Parteien deine Entscheidung suchen. (Darjabaadi)

Dies bezieht sich anscheinend nicht nur auf Gerichtsentscheidungen, sondern auch auf Äußerungen bezüglich dessen, was gut oder böse im ethischen Sinne ist. Wie aus den vorigen Abschnitten hervorgeht, handelt es sich hier sowohl um die Juden als auch um die Christen. (Asad)

Diese Anordnung ist zunächst an den Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bezüglich der Leute der Schrift gerichtet, die seine Entscheidung suchten. Darüber hinaus besitzt sie jedoch allgemeine Gültigkeit. Sie ist bindend für alle Zeiten, da es doch weder einen neuen Gesandten noch eine neue Botschaft geben wird, die eine Modifikation der letzten maßgeblichen Instanz bewirken könnte. (Qutb)

Die Religion Allahs ist in der Sprache aller seiner Propheten die gleiche in der Wurzel wie auch in dem Vorsatz, an die Einheit Allahs und seine Vollkommenheit den Imaan zu verinnerlichen. Die Gesetze aber sind verschieden, die Gesetze anderer sind nicht die unsrigen, auch wenn manche Vorschriften sich gleichen. (Al-Manar)

175. Aus den vorigen Abschnitten ergibt sich die Frage nach dem Ursprung der Unterschiede in Einzelheiten ihrer Gesetze, wenn doch alle Propheten und alle Schriften dieselbe Lebensweise lehrten und alle einander bestätigten und stützten. Dies wird in diesem Aja beantwortet. (Mauduudi)

176. Für jedes Volk und jede Gemeinschaft. (Siddiqi)

177. Durch die Gesandten vor der Offenbarung der universalen Botschaft des Qur’an. (Siddiqi)

178. Der Begriff "Schir'ah" oder "Schar'ah" bezeichnet wörtlich den "Weg zur Wasserstelle", von woher Menschen und Tiere ihr lebenswichtiges Element beziehen, und wird im Qur’an gebraucht, um ein für das soziale und geistige Wohl der Gemein­schaft notwendiges Gesetzessystem zu bezeichnen. Der Begriff “Minhadsch“ bedeutet demgegenüber “offene Straße“, gewöhn­lich im abstrakten Sinne, nämlich, ,Lebensweg". Beide Begriffe sind in ihrer Bedeutung eingeschränkter als din, worin nicht nur die einer bestimmten Religion eigenen Gesetze enthalten sind, sondern auch die grundlegenden, unveränderli­chen Wahrheiten, die nach der Lehre es Qur’ans von allen Gesandten Allahs verkündet wurden, während der spezielle Geset­zeskorpus (Schir'ah oder Schar'ah) und der jeweilige Lebensweg (minhadsch) entsprechend den Erfordernissen der Zeit um dem kulturellen Entwicklungsstand der Gemeinschaft variierte. Diese "Einheit in der Vielfalt" wird im Qur’an oft betont (ver­gleiche beispielsweise Suura 2: 148,21:92-93 oder 2.3:52 ft). Durch die universale Anwendbarkeit und die Unveränderlichkeit seines Textes repräsentiert der Qur’an den Gipfelpunkt der Offenbarung und bietet den endgültigen, vollkommenen Weg zur geistigen Erfüllung an. Diese Einzigartigkeit der Botschaft Allahs schließt jedoch nicht die Anhänger frühe­rer Religionsrichtungen davon aus, Allahs Gnade zu erlangen, denn wie der Qur’an immer wieder hervorhebt, werden die­jenigen, die kompromisslos an den Einen Gott und den Tag des Gerichts (das heißt die individuelle Verantwortlichkeit) den Imaan verinnerlichen und ein rechtschaffenes Leben führen, "weder Furcht noch Trauer kennen." (Asad)

179. Entsprechend Seinem universalen Plan. Allahs Wille -hier der Lauf Seiner Gesetzmäßigkeiten -ist nicht zu verwechseln mit Gottes Wohlgefallen, an dem sich das moralische Gesetz orientiert. (Darjabaadi)

180. Ursprünglich bildeten die Menschen eine einzige Nation: siehe Suura 4:1 und 2:213. Aufgrund dessen hätte Allah uns alle gleich lassen können, mit einer einzigen Sprache, derselben Disposition und unter gleichen Umweltbedingungen. In Seiner Weisheit gewährt Er uns jedoch in diesen Dingen Vielfalt, nicht nur zu jeder gegebenen Zeit, sondern auch in verschiede­nen Zeitaltern. Dadurch wird unsere Kapazität zur: Einheit (Wachdanija) noch mehr geprüft und die Notwendigkeit von Einheit und Islam betont. (Juusuf ’Allii)

Er hätte euch vereinen können, indem Er euch keine Wahl ließ als den Pfad der Wahrheit zu beschreiten. (Darjabaadi)

Hier kommt die Antwort auf die obige Frage (vergleiche Fußnote 176):

1. Allah hat verschiedene Regelungen getroffen, um verschiedenen Gemeinschaften in verschiedenen Zeitaltern entgegenzukommen.

2. Er will die Menschen prüfen, ob sie Seinen Geboten gehorchen. Wer das wahre Wesen und den Geist des Weges Allahs erkennt und keine Vorurteile hat, wird die Wahrheit erkennen, in welcher Form sie auch kommt. Sie werden nicht zögern, neuen Geboten Gottes zu gehorchen.

3. Da es die Zielsetzung jedes Gesetzes ist, die Tugenden zu kultivieren, hat Allah den Menschen geboten, einander darin zu übertreffen, ohne Rücksicht auf die scheinbaren Unterschiede in verschiedenen Gesetzessystemen. Wer die wirkliche Zielsetzung des Gesetzes erkennt, soll danach gemäß den Richtlinien des Gesetzes Allahs streben.

4. Unterschiede, die durch Vorurteile, Verstocktheit und falsche Geisteshaltung entstanden sind, können weder in polemischen Symposien noch auf dem Schlachtfeld gelöst, sondern nur von Allah selbst am Tag des Gerichts entschieden werden. Dann wird die Wahrheit enthüllt, und die Menschen erkennen das Maß der Wahrheit oder Lüge, das in ihren Argumenten zu Lebzeiten steckte. (Mauduudi)

181. Das heißt, "um durch verschiedene euch auferlegte religiöse Gesetzessysteme zu prüfen, wer von euch bereit ist, sich Allah hinzugeben und Ihm gehorsam zu sein" (Samachsari, Ra’si), "und euch zu ermöglichen, geistig und gesellschaftlich entsprechend dem gewollten Gesetz Allahs der Evolution zu wachsen." (Asad)

182. Verschwendet nicht Zeit und Energie mit der sinnlosen Frage, warum Allah verschiedenen Völkern verschiedene Gesetze gegeben hat. Die Unterschiede bestehen lediglich in Details und in der praktischen Anwendung. Was Allah wirklich vom Menschen fordert, ist Gehorsam gegenüber Seinem Willen und Seinem Gesetz. (Siddiqi)

183. Da Allah unser wahres Ziel ist, wird alles, was uns von unseren verschiedenen Standpunkten her als verschieden erscheint, bei Ihm schließlich vereinigt. Einstein hat ganz richtig die Tiefen der Relativität in der Physik sondiert. Dies verweist um so mehr auf die Notwendigkeit der Einheit in Allah in der geistigen Welt. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "euch informieren über das, worüber ihr uneinig wart." Vergleiche auch Suura 2:113. Auf diese Weise prägt der Qur’an allen ein, die an Allah den Imaan verinnerlichen -Muslimen ebenso wie Nichtmuslimen -dass die Unterschiede in ihren religiösen Praktiken sie zum "Wetteifern in guten Werken" veranlassen sollte, statt sich in gegenseitigen Feindseligkeiten zu verlie­ren. (Asad)

 

49. Und richte zwischen ihnen184 nach dem, was Allah herabgesandt hat185 und folge nicht ihren Wünschen. Darum sei auf der Hut186 vor ihnen, damit sie dich nicht abbringen von einem Tell dessen, was Allah dir herabgesandt hat. Doch wenn sie sich abwenden,187 dann wisse, dass Allah sie für einige ihrer Sünden treffen will. Denn wahrlich, viele Men­schen sind Frevler.

184. Siehe Aja 46 und 51 dieser Suura. (Asad)

185. Anhand des Qur’an. (Darjabaadi)

186. Stets wachsam zu sein gegenüber den Plänen der Feinde des Islam ist in sich verdienstvoll. (Darjabaadi)

187. Gemeint ist, dass bewusste Missachtung von Allahs Geboten selbst die Strafe nach sich zieht: nämlich allmähliche Verände­rung der moralischen Werte der Gemeinschaft und damit gesellschaftlichen Zusammenbruch und vernichtende Konflikte.(Asad)

 

50. Wollen sie etwa die Rechtsprechung aus der Zeit der Unwissenheit,188 wo es doch keinen besseren Richter gibt als Allah für ein Volk, das (von der Wahrheit) überzeugt ist?189

188. Die "Zeit der Unwissenheit" war die Zeit der Stammesrivalitäten, Fehden und der selbstsüchtigen Betonung menschlicher Unterschiede. Absicht des Islam ist es, uns von dieser falschen Geisteshaltung zu entfernen, hin zur wahren Haltung der Einheit. Wenn unser Imaan verinnerlicht ist (und nicht nur Lippenbekenntnis), wird Allah uns zu dieser Einheit führen. (Juusuf 'Allii)

Mit "Zeit der Unwissenheit" (Dschaahilija الْجَاهِلِيَّةِ) ist hier nicht nur die Zeit vor der Ankunft des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm gemeint, sondern allgemein eine Sachlage, die durch fehlendes Moralempfinden Und Unterordnung aller persönlichen und gemein­schaftlichen Belange unter das Kriterium der "Zweckmäßigkeit" gekennzeichnet ist, das heißt, ausschließlich der Überle­gung, ob eine spezielle Handlung oder Zielsetzung den Interessen der betreffenden Person oder Gemeinschaft nützt oder schadet. Da dieses "Gesetz der Zweckmäßigkeit" den von allen Hochreligionen verkündeten Moralvorstellungen wider­spricht, wird es im Qur’an als "Gesetz der Unwissenheit" bezeichnet. (Asad)

"DschahilIja" ist Gesetzgebung für Menschen durch Menschen weil sie die Versklavung des Menschen durch Menschen bedeu­tet, Abwendung von der Anbetung Allahs und Ablehnung Seiner Göttlichkeit. Stattdessen erkennt man Menschen eine Art Göttlichkeit zu und verehrt sie an Allahs Statt. Die "Dschahilija" ist somit nicht auf eine bestimmte Zeit begrenzt, sondern sie ist eine Haltung, die es gestern, heute oder morgen gibt. (Qutb)

Der Weg des Islam beruht auf Wissen, das von Allah vermittelt ist, Der Kenntnis von aller Wahrheit besitzt. Alle Lebenssy­steme, die auf Vermutungen und Theorien beruhen, deren Grundlage menschliches Teilwissen ist und die das Wis­sen Allahs verachten, ist Unwissenheit. (Mauduudi)

189. Die Wahrnehmung einer so schlichten Wahrheit ist nur denen möglich, die reinen Glauben und vollkommene Überzeugung besitzen. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 8

51. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Verbündeten.190 Sie sind nur untereinander ver­bündet.191 Und wer sich unter euch ihnen zuwendet, der gehört wahrlich zu ihnen.l92 Wahrlich, Allah leitet nicht ein Volk, das unrecht tut.193

190. Das heißt, wendet euch nicht an sie um Hilfe und Trost. Sie werden sich wahrscheinlich eher gegen euch verbünden als euch unterstützen. So geschah es mehr als einmal zu Lebzeiten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und auch in späteren Zeiten. (Juusuf 'Allii)

Dieser Text weist auf Vorfälle und Vorkommnisse in der islamischen Gemeinschaft in Medina hin und auf die besondere Beziehung zu den Juden und den Heuchlern.

"Wilajaa" وْلِيَاء, wie Allah sie hier zwischen Mu’mins und Juden und Christen verbietet, bedeutet an dieser Stelle in erster Linie "Schutz- und Bündnisverhältnisse" und hat nichts mit der Nachahmung ihrer Religion zu tun. Denn es ist unwahr­scheinlich, dass es unter den Muslimen solche gibt, die dazu tendieren, den Juden oder Christen in der Religion zu folgen. (Qutb)

Wendet euch nicht an sie um Rat und Hilfe. (Darjabaadi)

191. Juden und Christen haben untereinander viele Gemeinsamkeiten und können sich leicht gegen den Islam verbünden. (Darjabaadi)

Die meisten Kommentatoren sind der Ansicht (beispielsweise Tabari), dass bei jeder dieser beiden Gemeinschaften echte Freundschaft sich nur auf die eigenen Mitglieder erstreckt, das heißt bei den Juden nur auf Juden und bei den Christen nur auf Christen -man kann daher nicht von ihnen erwarten, dass sie den Anhängern des Qur’an echte Freundschaft entgegenbringen. Vergleiche auch Suura 8:73. (Asad)

192. Das heißt, er muss Gemeinsamkeiten mit ihnen haben. (Darjabaadi)

Dass Juden und Christen in erster Linie untereinander Freunde und Verbündete sind, ist eine zeitenabhängige Tatsache. Sie haben noch nie Freundschaften mit der Islamischen Gemeinschaft geschlossen zu keiner Zeit und an keinem Ort. Wenn ein einzelner Muslim mit ihnen Freundschaft schließt, so setzt er sich von der islamischen Linie ab. (Qutb)

193. Ein solcher Mensch tut Unrecht gegen sich selbst, gegen Allahs Religion und gegen die muslimische Gemeinschaft. Ent­sprechend diesem Unrecht wird er zu den Juden und Christen gerechnet, und Allah leitet ihn nicht zur Wahrheit. (Qutb)

Wörtlich: "das ungerechte Volk", das heißt diejenigen, die sich in der Beziehung bewusst widersetzen. Ein Mu’min verliert seine moralische Identität, wenn er die Lebensweise der Nichtmuslime imitiert oder -in der Terminologie des Qur’ans -"sich mit ihnen verbündet." Wie jedoch in Suura 60:7-9 eindeutig dargelegt wird (und in Aja 60 dieser Suura impliziert ist), bedeutet dieses Verbot einer "moralischen Allianz" mit Kaafir nicht ein Verbot normaler, freundschaftlicher Beziehungen mit denen von ihnen, die den Muslimen freundlich gegenüberstehen. Der Begriff wall hat verschiedene Be­deutungsnuancen: Verbündeter Freund, Helfer, Beschützer und so weiter. Wie das Wort übersetzt werden muss, hängt immer vom Zusammenhang ab. (Asad)

 

52. Und du siehst wie diejenigen, die kranke Seelen haben,194 eiligst zu ihnen über­wechseln mit der Ausrede195: "Wir fürchten, dass eine Wende des Schicksals uns treffen könnte."196 So möge197 Allah den Sieg oder eine Entscheidung herbeiführen,198 so dass sie bereuen wer­den, was sie in ihren Seelen geheim gehalten haben.199

194. Vergleiche Suura 2:10. (Juusuf 'Allii)

195. Bezogen auf feindlich gesinnte Juden und Christen, um deren Gunst die Heuchler in der muslimischen Gemeinschaft wet­teiferten indem sie ihre Lebensweise nachzuahmen suchten. (Asad)

196. Ihr Vorwand ist: "Wir haben keine wirkliche Zuneigung zu den Kaafir, aber es ist unvernünftig, alte Freunde zu verlieren -wer weiß, was das Schicksal bringt? Um ganz sicher zu gehen, müssen wir den Schein wahren." (Darjabaadi)

Sie bezweifeln, dass Allah den Muslimen hilft und die muslimische Gemeinschaft eine Zukunft hat, deswegen wollen sie sich gegen alle Eventualitäten absichern. (Siddiqi)

197. "'Asa" عَسَى bedeutet wörtlich" vielleicht"; auf eine Handlung Allahs bezogen besagt das Wort jedoch, dass Er dies sicherlich tun wird. (Darjabaadi)

198. Wie beispielsweise die Bloßstellung der Heuchler; dies war ein Eingriff Allahs, unabhängig von allen Bemühungen seitens der Muslime. (Darjabaadi)

Einige Kommentatoren nehmen an, das Wort "fath" فَتْحِ beziehe sich auf die Einnahme von Mekka durch die Muslime. Diese Annahme kann jedoch nicht korrekt sein, da sich Mekka bereits in der Hand der Muslime befand, als diese Suura offenbart wurde. Deswegen wurde der Begriff hier offensichtlich in seiner primären Bedeutung "Eröffnung" gebraucht, nämlich die Eröffnung einer glücklichen Zukunft. Bei der Entscheidung oder dem "anderen Ereignis entsprechend Allahs Plan" kann es sich um die Bestrafung für die Heuchler handeln, abgesehen von dem Erfolg, den Allah für die Mu’mins bereithält. (Asad)

199. Sie werden ihre Heuchelei und ihr Bündnis mit den Feinden des Islam bereuen. (Darjabaadi)

 

53. Und die Mu’mins werden sagen:200 Sind das nicht jene, die ihre feierlich­sten Eide bei Allah geschworen haben, dass sie wahrlich mit euch seien?"201 Ihre Taten werden nutzlos sein und sie werden die Verlierer sein.202

200. Untereinander, wenn die Heuchler entlarvt sind. (Darjabaadi)

201. Solange die Situation noch nicht entschieden war, gaben die Heuchler vor, auf der Seite der Muslime zu stehen, während sie mit deren Feinden verbündet waren. Als die Entscheidung fiel und Allah dem Islam den Sieg gab, war ihre Lage peinlich. Nicht nur wurden sie von den Muslimen abgelehnt, sondern die Muslime konnten ihren Feinden vorwerfen: "Sind das die Leute, die euch ihre Freundschaft beteuert haben? Was war euch ihre Freundschaft wert? Wo stehen sie jetzt?" (Juusuf 'Allii)

202. Ihre Freundschaft mit den Juden brachte ihnen keinen Gewinn: von Juden und Muslimen gleichermaßen beargwöhnt, hat­ten die Heuchler sich überall unglaubwürdig gemacht. (Darjabaadi)

Alle dem islamischen Gesetz entsprechenden Handlungen waren für die Heuchler hinfällig, weil keine Aufrichtigkeit da­rin1ag. Ihre Loyalität war zwischen Allah um Seinen Feinden zugunsten ihrer eigenen weltlichen Interessen geteilt. (Mauduudi)

 

54. O ihr die den Imaan verinnerlicht habt! Wer von euch sich von seinem Diin abwendet,203 (der soll wissen,) dass Allah (an seiner Statt) ein Volk hervorbringen wird, das Er liebt und das Ihn liebt,204 das sanftmütig gegen die Mu’mins und machtvoll gegen­über den Kaafir ist205 Sie setzen sich mit aller Kraft ein auf dem Pfad Allahs206 und sie fürchten nicht den Vorwurf eines Tadelnden207 Das ist die Huld Allahs. Er lässt sie zuteil werden wem Er will. Und Allah ist allumfassend, wissend.

203. Zwischen enger Freundschaft mit Juden und Christen und Abkehr vom Islam kann ein Zusammenhang bestehen; darauf wird hiermit aufmerksam gemacht. Siehe auch oben Vers 54. (Qutb)

Wörtlich: "wer von euch seinen Diin verlässt" -nämlich als Folge davon, dass er sein Vertrauen in Kafi gesetzt hat um sie als geistige Ratgeber ausgewählt hat. (Asad)

204. Liebe Allahs ist im Islam die Motivation des gesamten moralische und religiösen Lebens. (Darjabaadi)

Gegenseitige Liebe und Zufriedenheit sind die Verbindung zwischen den Muslimen und ihrem Herrn. Die Liebe ist ein feiner durchdringender Geist, der die Menschen an ihren liebevollen Herrn bindet. Die Liebe Allahs zu Seinem Diener ist eine Sache, die nur derjenige zu schätzen weis, der Allah mit an Seinen Eigenschaften genau kennt. Und die Liebe des Dieners zu seinem Herrn ist eine Gnade für den Diener, die nur von demjenigen wahrgenommen werden kann, der sie zu kosten bekam. Vergleiche auch Suura 11:90, 19:96, 85: 14 und viele andere. (Qutb)

205. Ein Muslim verhält sich den Mu’mins gegenüber gehorsam, nachsichtig und sanft, nicht ablehnend oder schwierig. Dies hat nichts mit Unterwürfigkeit zu tun, sondern das ist die Brüderlichkeit. Gegen die Kaafirs gegenüber ist er stolz um überlegen, was aber nicht mit Hochmut des eigenen Ichs zu verwechseln ist. Es geht nämlich um den Ausdruck der Würde des Islams um ihrer Überlegenheit gegenüber den Kaafir. (Qutb)

206. Dschihad (Streben, Kampf) auf dem Pfad Allahs bedeutet, Allahs Weg auf Erden zu verwirklichen, Seine Autorität über die Menschen zur Geltung zu bringen und sich im Leben an Seinem Gesetz zu orientieren. Dies ist die Eigenschaft jener Mu’mins, die Allah erwählt, um mit ihnen Seinen Plan auf Erden zu verwirklichen. Sie streben für Allahs Sache, nicht für sich selbst, ihr Volk, ihr Vaterland oder ihre Rasse. (Qutb)

207. Da "die meisten Menschen sich auflehnen", gibt es unweigerlich auch von einer so vernunftorientierten Religion wie dem Islam Abtrünnige. Aber dies hier ist eine Warnung an die übrigen Muslime, nicht die Geschichte der Juden zu wieder­holen und so selbstzufrieden und arrogant zu werden, dass sie vom Geist der von Allah offenbarten Lehre abweichen. Wenn sie dies tun, geschieht es zu ihrem eigenen Schaden. Allahs Reichtum ist nicht auf eine Gruppe oder einen Teil der Menschheit beschränkt. Er kann jederzeit Völker auferstehen lassen, die dem wahren Geist des Islam folgen. Dieser Geist ist auf zwei­erlei Art definiert: erst allgemein -sie werden Allah lieben, und Er wird sie lieben; zweitens durch spezifische Anzeichen -unter ihren Religionsbrüdern werden sie Sanftmut zeigen, mit den Übeltätern aber werden sie keinerlei Kompromisse eingehen, sondern sich immer für Wahrheit und Recht einsetzen, und sie werden keine Furcht kennen, weder physischer Art noch jene hinterhältige Form, die sagt: "Was werden die Leute sagen, wenn wir dies tun?" Sie stehen über solcherlei Gedanken, denn -wie der nächste Aja besagt -Allah, Sein Gesandter und die Mu’mins sind ihre Freunde. (Juusuf 'Allii)

Sie folgen furchtlos Allahs Weg und handeln nach Seinen Geboten, ohne sich um Opposition, Zensur, Kritik, Einwände und Spott ihrer Gegner zu kümmern. Sie werden ihren Weg gehen, auch wenn die öffentliche Meinung den Islam verteu­felt und verlacht. (Mauduudi)

Er beschenkt jeden mit hervorragenden Eigenschaften, aber Er schenkt Seine Gnade nur denen, die würdig sind, sie zu empfangen. (Darjabaadi)

 

55. Wahrlich, eure (wirklichen) Verbündeten208 sind Allah und Sein Gesandter und die Mu’mins. Jene, die das Gebet verrichten209 und die Saka geben210 und die sich (in Demut vor ihrem Herrn) verneigen.211

208. Das heißt diejenigen, an die man sich um Hilfe, Trost und Führung wenden sollte. (Darjabaadi)

209. Gebet steht als Symbol stellvertretend für allen körperlichen 'Ibaada. (Darjabaadi)

210. Siehe Suura 2:43. (Anm. d. Übers.) Saka steht symbolisch für alle materiellen Verpflichtungen. (Darjabaadi)

211. In Demut. Dies fasst die Haupteigenschaften eines Muslims zusammen. Er hält fest am Imaan, ist beständig im Gebet und anderem ’'Ibaada, kommt regelmäßig seinen Verpflichtungen nach und ist demütig. (Darjabaadi)

Ihre Imaanstärke und Eifer in den religiösen Pflichten macht sie nicht hochmütig, sondern fördert ihre Demut. (Siddiqi)

 

56. Und wer sich Allah und Seinem Gesand­ten und den Mu’mins zuwendet -es ist wahrlich die Anhängerschar Allahs, die siegreich sein wird.212

212. Dieses Versprechen des Erfolges folgt unmittelbar auf die Erklärung der wesentlichen Grundlagen des Islams, nämlich der Loyalität gegenüber Allah, Seinen Gesandten und den Mu’mins und der Warnung vor enger Verbindung mit Kaafir. Allah will, dass die Mu’mins nur Ihm ergeben sind, weil dies besser für sie ist, und nicht um des Sieges oder irdischen Erfolges willen. Das sind Früchte, die zu ihrer Zeit folgen und sie folgen, um nach der Vorherbestimmung Allahs dieser Religion auf Erden Macht zu verleihen. Er könnte ihnen aber auch Erfolg versprochen haben, um ihre Herzen zu festigen, denn wenn sie des Ergebnisses ihres Tuns gewiss sind, stärkt dies ihre Herzen beim Bestehen der harten Prüfung. (Qutb)

 

Abschnitt 9

57. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Nehmt nicht jene zu Freunden, die euren Diin zum Spott und Spaß nehmen unter denjenigen, die vor euch das Buch erhalten haben und den Kaafirs. Und fürchtet Allah, wenn ihr mu’min seid.213

213. Es ist nicht richtig, eine enge Verbindung mit Menschen einzugehen, für die Religion lächerlich oder nicht ernst zu nehmen ist. Eine Verbindung mit ihnen stellt den Ernst des Diins in Frage und macht den Menschen zynisch und unaufrichtig. (Juusuf ’Allii)

 

58. Und wenn ihr zum Gebet ruft, nehmen sie es (als Anlass) (für Spott und Spaß214 (Sie tun) dies, weil sie ein Volk215 sind, das nicht begreift.216

214. Dies ist eine Warnung an die Heuchler, die sich als Muslime ausgaben, in Wirklichkeit jedoch ihren eigenen Interessen dienten und voller Skepsis und Zweifel an der Zukunft des Islam den Lauf der Dinge beobachteten. Sie werden aufgefordert, alle Ängste und Befürchtungen aufzugeben und als aufrichtige Muslime zu leben, die nur Allah fürchten. (Siddiqi)

215. Die Spötter unter den Götzendienern wie auch unter den Schriftbesitzern. (Darjabaadi)

216. Ihre Handlungsweise selbst beweist ihre Unverständigkeit. Kein vernünftiger Mensch würde jemals daran denken, den ‘'Ibaada irgendeiner Gemeinschaft zu verspotten. (Mauduudi)

 

59. Sprich: ,,O ihr Besitzer des Buches! Hasst ihr uns nur deshalb, wen wir an Allah den Imaan verinnerlichen und an das, was uns her­abgesandt worden ist und an das, was bereits früher herabgesandt worden ist und weil die meisten von euch Frevler sind?"217

217. In diesem und dem nächsten Aja liegt beißende Ironie. "Ihr Schriftbesitzer! Hasst ihr uns deswegen, weil wir an Allah den Imaan verinnerlichen und nicht nur an unsere Schrift, sondern auch an eure? Vielleicht hasst ihr uns, weil wir Allah gehorsam sind, wäh­rend ihr euch gegen Allah auflehnt! Warum hasst ihr uns? Es gibt Schlimmeres als unseren Gehorsam und unsere Religion. Soll ich etwas davon aufzählen? Wer hat sich Allahs Fluch zugezogen (vergleiche Deuteronomium 11:28 und 28:15-68, Hosea 8: 14 und 9: 1 sowie zahlreiche ähnliche Abschnitte)? Wer hat Allahs Zorn erregt (vergleiche zahlreiche Abschnitte wie Deuteronomium 1:34 und Matthäus 3:7)? Wer hat Allahs verlassen und dem Bösen gedient (siehe Jeremia 16:11-13)? Hasst ihr uns deswegen?" (Juusuf 'Allii)

Die Schriftbesitzer hassten die Muslime zur Zeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aus keinem anderen Grund, als dass diese an Allah den Imaan verinnerlichten und an den Qur’an, der zu ihnen herabgesandt worden war. Sie verinnerlichten den Imaan überdies an das, was der Qur’an bestätigte von ihren von Allah zu ihnen herabgesandten Büchern. Sie verhielten sich den Muslimen gegenüber feindselig, weil sie Allah ergeben und weder Juden noch Christen waren, und weil die Schriftbesitzer von dem abgewichen waren, was Allah ihnen herabgesandt hatte. Ein Zeichen ihrer Sündhaftigkeit war und ist, dass sie nicht an die letzte Botschaft und an den letzten Gesandten den Imaan verinnerlichten, obwohl dies in den Büchern, die ihnen vorliegen, bestätigt wird. (Qutb)

 

60. Sprich: "Soll ich euch Kunde geben von einer noch schlimmeren Belohnung bei Allah?218 Das sind die, die Allah ver­flucht und ihnen zürnt und aus denen Er Affen und Schweine und Götzendie­ner macht.219 Diese sind in einer noch schlimmeren Lage und sie sind noch mehr vom rechten Weg abgeirrt!"

218. Das Wort Belohnung wird mehr bei Vergeltung des Guten gebraucht. Die Verwendung hier als die Belohnung des Bösen ist spöttisch gemeint. (Al-Manar)

219. Vergleiche Suura 2:65. Siehe auch Matthäus 8:28-32, wo von Menschen die Rede ist, die von Teufeln besessen waren; diese wurden ausgetrieben und fuhren in Schweine. Möglicherweise sind Affen und Schweine allegorisch zu verstehen: Wer Allahs Schriften verfälschte, wurde gesetzlos wie die Affen, und wer sich Schmutz, Gier und Gemeinheit hingab, wurde wie ein Schwein. (Juusuf 'Allii)

Im Gegensatz zu vielen Kommentatoren, die dies wörtlich verstehen, erklärt der bekannte tabi'l Mudschahid es als metaphorische Beschreibung (masal) der Entartung dieser Übeltäter: Sie werden unberechenbar wie Affen und verfolgen ihre Ge­lüste wie Schweine. Diese Interpretation gibt auch Tabari.

Bezüglich At-Tarut الطَّاغُوت ("Macht des Bösen") vergleiche Suura 2:256.(Asad)

 

61. Und wenn sie m euch kommen, sagen sie: "Wir haben den Imaan verinnerlicht."220 Doch in Wirklichkeit sind sie im Kufr eingetreten und auch (im Kufr) hinausgegangen.221 Und Allah weiß am besten, was sie verbargen.

220. Nicht aufrichtig, sondern heuchlerisch, indem sie die Ausdrucksweise der aufrichtigen Gläubigen imitieren -im wahrsten Sinne des Wortes nachäffen. (Siddiqi)

221. Wörtlich: "Sie kommen mit der Ablehnung der Wahrheit und gehen damit fort." (Asad)

Dies sagt Allah -der Erhabene -weil es die Wahrheit ist, und um den Muslimen zu versichern, dass Allah sie vor der Verschlagenheit ihrer Feinde beschützt, da Er umfassende Kenntnisse ihrer List besitzt. (Qutb)

 

62. Und du siebst viele von ihnen, wie sie sich in Sünde222 und Übertretungen und im Verschlingen von Verbotenem223 überstürzen. Schlecht fürwahr ist das, was sie tun!

222. Gemeint sind die Juden. Vergleiche den Vorwurf in ihren eigenen Schriften, beispielsweise Jesaja 59:7: "Ihre Füße laufen zum Bösen, um sie sind schnell dabei, unschuldig Blut zu vergießen. Ihre Gedanken sind Unheilsgedanken, auf ihren Wegen wohnt Verderben und Schaden." (Darjabaadi)

223. Vergleiche beispielsweise Micha 3:10-11: "Die ihr Zion mit Blut baut und Jerusalern mit Unrecht -seine Häupter richten für Geschenke, seine Priester lehren fi1r Lohn und seine Propheten wahrsagen für Geld -und euch dennoch auf den Herrn verlasst um sprecht: "Ist nicht der Herr unter uns? Es kann kein Unglück über uns kommen." oder Jesaja 1:23: "Deine Fürsten sind Abtrünnige um Diebesgesellen, sie nehmen alle gern Geschenke an um trachten nach Gaben. Den Waisen schaffen sie nicht Recht, um der Witwen Sache kommt nicht vor sie." (Darjabaadi)

Das "Verschlingen verbotener Dinge" kann sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne verstanden werden. Aus der Nebeneinanderstellung mit Sündhaftigkeit um Gewalttätigkeit ist es besser, es im übertragenen Sinne zu verstehen als Missbrauch des Eigentums anderer Menschen oder Ausnutzung ihres Vertrauens. (Juusuf 'Allii)

 

63. Warum verbieten ihnen die Geistlichen und die Schriftgelehrten224 nicht ihre sündhaften Äußerungen und dass sie verschlingen, was verboten ist? Schlecht fürwahr ist das, was sie tun!225

224. In diesem Zusammenhang steht der Begriff "rabbanijun" für die geistigen Führer der Christen um achbar für die jüdischen Schriftgelehrten. (Asad)

225. Schlecht fürwahr ist das, was diese Geistlichen und Schriftgelehrten taten, als sie diese Sünden billigten. Sie vernachlässig­ten ihre Pflicht, das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verbieten. Es wird von ibn Abbas erzählt, dass er gesagt hat: "Es gibt keinen schlimmeren Tadel im Qur’an, als in diesem Aja." Somit gilt dieser Aja als ein Beweismittel gegen die Gelehrten, wenn sie ihre Aufgabe rechtzuleiten und zu betreuen vernachlässigen und das Verbot von Ungerechtigkeiten und Schlechtigkeiten umgehen. (Al-Manar)

Dies ist fürwahr die Stimme des Warners für die Anhänger aller Religionen. Denn die Rechtschaffenheit oder die Fehler­haftigkeit einer Gesellschaft hängt von der Beharrlichkeit der Wahrer des Gesetzes Allahs und ihrem Pflichtbewusstsein ab, das Gute zu gebieten und das Böse zu verbieten. Es ist unerlässlich, dass die Leute, die diese Aufgabe übernehmen Macht besitzen, die ihren Geboten und Verboten einen Wert in der Gesellschaft verleiht, damit es nicht bei leeren Worten bleibt. (Qutb)

 

64. Und die Juden sagten, die Hand Allahs sei gebunden.226 Ihre Hände sollen gebunden und sie sollen verflucht sein für das, was sie sagten?227 Nein, Seine bei­den Hände sind (weit) ausgestreckt.228 Er gibt wie Er will.229 Und was dir von deinem Herrn herabgesandt worden ist, lässt viele von ihnen das Maß Allahs immer mehr überschreiten und im Kufr noch zunehmen.230 Und wir ha­ben Feindschaft und Hass231 zwischen ihnen erregt bis zum Tag der Auferste­hung.232 Jedes Mal, wenn sie das Feuer des Krieges anzünden, löscht Allah es aus. Doch sie streben danach, Unheil zu stiften auf Erden. Und Allah liebt nicht diejenigen, die Unheil stiften.233

226. Vergleiche Suura 5:13 und 2:245, wo von einem "schönen Darlehen für Allah" die Rede ist, sowie Suura 3:181, wo es um den gotteslästerlichen Ausdruck geht: "Dann ist Allah wohl arm!" "Allahs Hände sind gebunden; Er hat nichts zu geben" ist eine weitere Stichelei von der gleichen Art. Solche Gottesläste­rung wird hier zurückgewiesen. Allahs Wohltaten sind im Gegenteil unermesslich, und Er gibt sozusagen mit ausgestreck­ten Händen -eine Redewendung, die grenzenlose Großzügigkeit ausdrückt. (Juusuf 'Allii)

Diese Haltung beschränkt sich nicht auf die Juden, die nach dem Verlust ihrer nationalen Größe lamentierten und Allah Geiz vorwarfen, sondern auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften äußern ähnlich unverschämte Vorwürfe, wenn sie ein Unheil trifft, statt sich Allah zuzuwenden. (Mauduudi)

227. Sie sind selbst geizig. (Darjabaadi)

Der Ausdruck "seine Hände sind gebunden" und sein Gegenstück haben noch eine weitreichendere. Bedeutung, nämlich "Machtlosigkeit" beziehungsweise "uneingeschränkte Macht". Die Juden von Medina haben wahrscheinlich, angesichts der Armut der Muslime, deren Überzeugung verspottet, dass sie sich für Allahs Sache einsetzten. Der erwähnte Ausdruck schildert also ihre Haltung gegenüber dem Islam und den Muslimen: "Wenn es wahr wäre, dass ihr Allahs Willen tut, dann hätte Er euch mit Macht und Reichtum ausgestattet, aber eure Armut und eure Schwäche widersprechen diesem An­spruch -oder euer Anspruch bedeutet, dass Allah euch nicht helfen kann." Diese Bedeutung geht jedoch weit über die historischen Umstände hinaus: sie schildert eine Geisteshaltung, die irrtümlicherweise irdischen Reichtum und Macht mit dem Fortschreiten "auf dem rechten Weg" verwechselt. Im nächsten Satz wird dieses Thema aufgegriffen und auf ebenso elliptische Weise erklärt, dass alle, die in materiellem Erfolg einen Beweis für Allahs Einverständnis sehen, geistigen Wahr­heiten gegenüber blind sind und somit moralisch machtlos und Allah gegenüber wertlos. (Asad)

228. Er ist ebenso freigebig wie immer. (Darjabaadi)

229. Entsprechend Seiner Weisheit und Seinem allumfassenden Plan. (Darjabaadi)

230. Infolge von Hass und Neid und ihrer Bloßstellung in dem, was Allah dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, offenbart hatte, nahm bei den meisten von ihnen der Kufr zu. Denn wenn sie den Islam verwerfen, müssen sie unweigerlich zum Gegenteil übergehen. (Qutb)

231. Vergleiche Suura 5:15, wo die endlosen Streitereien der christlichen Sekten untereinander und mit den Juden erwähnt wird. Dies bezieht sich auf alle Schriftbesitzer, Juden wie Christen, ihre internen Uneinigkeiten wie ihre äußerlichen Diskussio­nen, Streitereien und Kämpfe. (Juusuf 'Allii)

232. Das heißt, Er lässt nicht zu, dass die streitenden Parteien ihren Konflikt in einem endgültigen Sieg lösen, so dass sie weiter in einem Zustand von "Feindschaft und Hass" leben. (Asad)

233. Der gesamte Aja kann folgendermaßen umschrieben werden: Die Juden lästern Allah und spotten, und aufgrund ihrer Eifersucht werden sie um so hartnäckiger in ihrem Widerstand, je mehr sie gelehrt werden. Was nützt es ihnen also? Ihr Egoismus und Trotz verursacht Streit unter ihnen selbst, der bis zum Jüngsten Tag nicht aufhört. Wenn sie Kriege verursachen, besonders gegen Unschuldige, fließt Allahs Bannherzigkeit herab wie ein Wasserstrom und löscht sie aus. Aber ihre Boshaftigkeit entwirft neues Unheil. Allah liebt jedoch kein Unheil oder solche Menschen, die Schaden anrichten. (Juusuf ’Allii)

 

65. Und wenn die Besitzer des Buches nur den Imaan verinnerlichen234 und Allah fürchten würden,235 dann würden wir gewiss ihnen ihre Vergehen verzeihen und sie in Gärten der Gnade eintreten lassen.

234. An alle Grundprinzipien des Imaans. (Darjabaadi)

235. Hätten sie Allah gefürchtet und sich von Sünde und Laster ferngehalten, wie es das Gesetz gebietet. (Darjabaadi)

 

66. Und wenn sie nur die Thora und das Evangelium und was ihnen von ihrem Herrn herabgesandt worden ist, ausführen würden,236 dann würde ihnen Gutes von allen Seiten zuteil werden237 Unter ihnen ist eine Gemeinschaft, die Mäßi­gung übt, doch übel ist, was viele von ihnen tun.

236. Der Ausdruck "lau annahum aqamu" وَلَوْ أَنَّهُمْ أَقَامُواْ ("wenn sie nur wirklich beachten würden") -nämlich die Thora und das Evangelium -bezieht sich auf die Verwirklichung dieser Schriften in ihrem ursprünglichen Geist, ohne willkürliche Entstellungen ent­sprechend dem Wunschdenken, das der Qur’an Juden und Christen so oft vorwirft, wie beispielsweise die Vorstellung vom "Auserwählten Volk" bei den Juden, oder die christlichen Lehren bezüglich einer angeblichen Göttlichkeit Isa as und der "stellvertretenden Sühne" für seine Anhänger. (Asad)

237. Der Islam verbindet die Handlungen für das diesseitige Leben und die für das zukünftige Leben in Konformität und Har­monie. Er entfremdet den Menschen nicht von dieser Welt zugunsten des zukünftigen Lebens und umgekehrt, denn beide stehen weder im Gegensatz zueinander, noch eines als Ersatz für das andere. (Qutb)

Dies bezieht sich auf Segnungen aller Art im geistigen, moralischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich und beinhaltet geistigen Aufstieg, Frieden sowohl im Inneren des Menschen als auch in der Gesellschaft und Freiheit von Hunger und Not. (Siddiqi)

Wörtlich: "sie hätten von über sich und von unter ihren Füßen gegessen." "Essen" (akala) ist ein sehr umfassendes Wort und bedeutet genießen allgemein und im physischen, gesellschaftlichen, moralischen und geistigen Sinne. Hier bedeutet es offensichtlich Zufriedenheit und Glück im gewöhnlichen Leben, so wie in der geistigen Welt. "Von über ihnen" kann sich dann auf himmlische oder geistige Zufriedenheit beziehen, und" von unter ihren Füßen" auf irdische Zufriedenheit. Es ist jedoch besser, die Worte als allgemeinen Ausdruck zu verstehen und mit "Zufriedenheit oder Glück in allen Berei­chen" zu übersetzen. (Juusuf 'Allii)

 

Abschnitt 10

67. O du Gesandter! Verkünde was dir von deinem Herrn offenbart worden ist238 Und wenn du es nicht tust,239 dann hast du Seine Botschaft nicht erfüllt.240 Und Allah wird dich vor den Menschen beschützen.241 Wahrlich, Allah leitet nicht das Volk der Kaafirs. 

238. Der entscheidende Auftrag des Gesandten war, die Offenbarung vollständig zu übermitteln, ohne irgendwelche Abstriche in Erwägung zu ziehen, wenn er offen die Wahrheit sagte. Wenn er das nicht tut, so hat er die Aufgabe der Verkündung nicht erfüllt. (Qutb)

Die Form der Anrede (Rasuul رَّسُول) betont den missionarischen Auftrag des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu predigen und zu verkünden. (Darjabaadi)

239. Muchammed war mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert und musste zahlreichen Gegnern und Gefahren aus dem Weg ge­hen. Dies soll ihn noch einmal versichern, dass seine Botschaft wahr und von Allah ist. Und er soll -wie er es ja dann auch tat -hinausgehen und diese Botschaft verkünden und seine Sendung erfüllen, im Vertrauen auf Allah, dass Er ihn schützt, und ohne Rücksicht auf die Drohungen und Ablehnung der Menschen, die jeden Sinn für das Recht verloren hatten. (Juusuf 'Allii)

Das Wort der Wahrheit darf nicht auf eine Weise verkündet werden, die Zweifel übrig lässt. Es muss vollständig und ent­schieden verkündet werden, egal was seine Gegner dagegen sagen, und was seine Feinde dagegen tun wollen. Denn im Bekenntnis darf sich das Wort der Wahrheit weder nach Launen noch nach Wünschen richten. (Qutb)

240. Diese Botschaft unvollständig oder nur teilweise zu übermitteln wäre, als wenn er sie überhaupt nicht übermittelt hätte. (Darjabaadi)

Diese Ausdrucksweise soll die äußerste Wichtigkeit der prophetischen Aufgabe betonen. (Siddiqi)

241. Mehr als einmal war sein Leben in Gefahr, aber höhere Gewalt schützte Allahs Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Darjabaadi)

Dieses Versprechen bedeutet nicht, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, immun gegen jeden Schaden sein sollte, sondern es bedeutet, dass das Leben des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sicher sein sollte vor jeder Art von Bösen, welches ihm unmöglich machen würde, seinen Auftrag getreulich zu erfüllen. Nach Tabari besteht dieser Schutz nicht nur in einem Schutz für das Leben des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sondern auch gegen alle Sünden und Fehler, die gewöhnlich unter den Menschen seiner Zeit verbreitet waren. (Siddiqi)

In einer Überlieferung wird von Dschibir und ibn Al Abbas berichtet, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ständig bewacht wurde, und dass sein Onkel täglich zu seiner Bewachung Männer der Banu Haschim mit ihm geschickt hat, bis dieser Aja offenbart wurde. Da sagte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm: ,,O Onkel, da Allah mich beschützt, brauche ich deine Männer nicht mehr."

Mit "Menschen" sind hier die Kaafirs gemeint, deren Kufr, Verirrung und ihrer Taten vom Qur’an aufgedeckt wurde, was in ihnen Zorn gegenüber dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm und den Vorsatz weckte, ihm Schaden zuzufügen. Und nicht nur dies taten sie, sondern sie verschworen sich in der berühmten Nacht der "Hidschra", ihn zu töten. Doch Allah beschützte ihn. (Al-Manar)

 

68. Sprich: ,,O Volk der Schrift!“ Ihr habt keinerlei Grundlage, ehe ihr nicht (die Gesetze) der Thora und des Evangeli­ums ausgeführt habt und was euch von eurem Herrn offenbart worden ist.242 Und wahrlich, was dir von deinem Herrn herabgesandt worden ist, lässt viele von ihnen das Maß in1mer mehr überschreiten und im Kufr noch zunehmen.243 Doch sei nicht betrübt wegen des Kaafir Volks244

242. "... was euch von eurem Herrn offenbart worden ist": und das, was eurem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, offenbart worden ist. (Al-Manar)

Denn ihr Abkommen mit Allah lautet, dass sie an jeden Seiner Propheten zu vertrauen und ihn zu unterstützen hatten. Die Eigenschaften Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner Gefährten waren ihnen -wie Allah dies im Qur’an sagt -ja in Thora und Evangelium ausreichend geschildert worden. Und es ist gleich, ob mit "was ihnen von ihrem Herrn offenbart worden ist" der Qur’an gemeint ist, wie manche Kommentatoren meinen, oder aber die anderen ihnen offenbarten Bücher, sie konnten auf keinen Fall die Thora und das Evangelium befolgen, solange sie nicht die neue Religion, die das bestätigte, was sie in Händen hielten, angenommen hatten. (Qutb)

Das heißt alle anderen von Allah offenbarten Schriften des Alten Testaments, die Allahs Einheit betonen und zahlreiche Vorhersagen des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, enthalten (Rasi).

Dies muss in Verbindung mit der oft wiederholten Aussage des Qur’an verstanden werden, dass die Bibel, wie sie heute existiert, viele Textveränderungen erfahren hat. (Asad)

"Die Thora und das Evangelium befolgen" bedeutet, aufrichtig ihren Lehren zu folgen und den darin beschriebenen Lebensweg zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass die Bibel zweierlei Text enthält.

Teile von ihr sind von jüdischen und christlichen Gelehrten hinzugefügt worden. Es liegt auf der, Hand, dass der Qur’an nicht verlangt, diese Teile zu befolgen. Aber es gibt anderes, wie beispielsweise die Zehn Gebote oder die Aussagen von Muusa as, Isa as und anderen Propheten. Der Qur’an verlangt, sich an diesen zu orientieren, denn es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen und den Lehren des Qur’an. Obwohl auch diese Teile der Bibel durch Übersetzung, Kommen­tare und so weiter manipuliert worden sind, spürt man, dass sie die gleichen grundlegenden Prinzipien lehren wie der Qur’an und den Menschen zu derselben Lebensweise anhalten. Wenn Juden und Christen zur Zeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dies praktiziert hätten, dann hätten sie den Islam nicht als etwas Fremdes empfunden, sondern als Fortsetzung des Weges, den sie bereits selbst verfolgten. (Mauduudi)

Die Schlussfolgerung aus tatsächlicher Verwirklichung von Thora und Evangelium und "was ihnen von Allah offenbart wurde" müsste folgerichtig der Anschluss an die Religion sein, die Muchammed verkündet hat. (Qutb)

243. Die vorerwähnte Aussage wird nur ihre Ablehnung und ihren Kufr vergrößern, denn sie werden nicht ruhig darüber nachdenken, sondern noch energischer dagegen opponieren. (Mauduudi)

244. In Suura 5:29 wurde Muusa as aufgefordert, über das aufrührerische Volk nicht traurig zu sein. Hier wird Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufge­fordert, nicht einem Volk ohne Imaan nachzutrauern. Die zweite Situation ist noch kritischer als die erste. Auflehnung kann eine vorübergehende Erscheinung sein; fehlender Imaan ist eine Geisteshaltung, die fast keine Hoffnung übrig lässt. Dennoch argumentierte der Gesandte geduldig mit ihnen und ertrug ihre Sticheleien und Beleidigungen. Wenn ihr -das ist hier das Argument -an nichts den Imaan verinnerlicht, nicht einmal an das, was von euch erwartet würde, wie könnt ihr dann Allahs Botschaft aufnehmen, wenn sie euch in anderer Form begegnet? Eure Eifersucht trägt zu eurem Starrsinn und Kufr nur noch bei. (Juusuf 'Allii)

 

69. Wahrlich, diejenigen, die (an die Botschaft Muchammeds) den Imaan verinnerlichen und diejenigen, die Juden sind und die Sabäer und die Christen, wer (auch immer) an Allah den Imaan verinnerlicht und an den Jüngsten Tag und Gutes tut,245 die sollen keine Angst haben noch sollen sie traurig sein.246

245. Vergleiche Suura 2:62 und Fußnote. (Juusuf 'Allii)

246. Der Aja besagt, dass unabhängig von der Religionszugehörigkeit jeder, der an Allah und den Jüngsten Tag den Imaan verinnerlicht und das Rechte tut, gerettet ist, ohne Rücksicht auf Namen oder Titel, die er tragen mag. (Qutb)

Da Allahs Botschaft eine ist, anerkennt der Islam Religionen in anderen Formen, vorausgesetzt, dass er aufrichtig, von der Vernunft gestützt und von rechtschaffenem Verhalten begleitet ist. (Juusuf 'Allii)

 

70. Wir haben bereits vordem den Kindern Israa'iils ein festes Versprechen abgenom­men und Gesandte zu ihnen geschickt,247 jedes mal, wenn ein Gesandter mit etwas zu ihnen kam, was ihnen nicht bebag­te,248 beschuldigten sie ihn der Lüge und töteten ihn.249

247. Die Berichte von den Kindern Israels und ihrem Verhalten ihren Propheten gegenüber ist voll von Verleugnung und Ableh­nung von Feindseligkeit und Tötung. Allah erzählt der muslimischen Gemeinschaft ihre Geschichte, damit sie sich nicht so verhält wie jene und die Gefahren des Weges erkennt. (Qutb)

248. Mit einer Botschaft, die nicht ihren persönlichen Neigungen entsprach. (Darjabaadi)

249. Vergleiche Suura 1:87 und Fußnote. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche Matthäus 23:34: "Darum siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte; und deren werdet ihr etliche töten und kreuzigen, und etliche werdet ihr geißeln in euren Synagogen und werdet sie verfolgen von einer Stadt zur anderen." (Darjabaadi)

 

71. Und sie rechneten damit, dass kein Un­glück sie treffen würde,250 so wurden sie blind und taub251 Dann wandte sich Allah ihnen gnädig wieder zu252 Doch die meisten von ihnen blieben blind und taub.253 Und Allah sieht wohl, was sie tun.254

250. Sie glaubten, sie würden für ihre Vergehen nicht bestraft. Vergleiche Psalm 94:6-7: "Witwen und Fremdlinge bringen sie um und töten die Waisen und sagen: Der Herr sieht's nicht, und der Gott Jakobs beachtet's nicht." (Darjabaadi)

251. Allah hat ihre Sehkraft gelöscht, so dass sie von dem, was sie sehen, nichts wahrnehmen können, und ihnen ihr Gehör ge­nommen, so dass sie von dem, was sie zu hören bekommen, keinen Nutzen ziehen können. (Qutb)

Sie sind blind geworden gegenüber dem Wort Allahs in Seinen Büchern, die auf die Strafe der lasterhaften und ungerech­ten Völker hingewiesen haben. Und sie sind taub geworden gegenüber den Ermahnungen, die die Propheten ihnen über­bracht und mit denen sie sie vor Allahs Strafe warnten. (Al-Manar)

252. Indem Er ihnen aus Barmherzigkeit einen weiteren Propheten sandte. (Darjabaadi)

Allah befreite die Juden durch Cyrus aus der babylonischen Gefangenschaft und gab ihnen Gelegenheit, sich wieder auf ehrenvolle Weise in Palästina anzusiedeln. (Siddiqi)

Allah verzieh ihnen und wandte sich ihnen gnädig zu. Doch dies hat sie weder zur Umkehr bewogen noch konnten sie Nutzen daraus ziehen. (Qutb)

253. Diese Haltung der blinden Ablehnung behielten die Juden bis zur Zeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bei. (Darjabaadi)

254. Vergleiche Psalm 94':9: "Der das Ohr gepflanzt hat, sollte der nicht hören? Der das Auge gemacht hat, sollte der nicht sehen?" (Darjabaadi)

 

72, Kaafir sind fürwahr diejenigen, die sagen: "Wahrlich, Allah ist niemand an­deres als der Massich, der Sohn Marjams255 Tatsächlich hat aber der Massich gesagt: ,,O ihr Kinder Israels! Dienet Allah,256 meinem Herrn und eurem Herrn."257 Wahrlich, wer Allah andere Gottheiten an die Seite stellt, für den hat Allah das Paradies verboten und sein Aufenthaltsort wird das Feuer sein. Und diejenigen, die Ungerechten, sollen keine Helfer haben.

255, Damit beginnt der Qur’an die Auseinandersetzung mit den Christen, deren Gemeinschaft die Gebote Allahs und Seines Gesandten Isa as vernachlässigte, sich aber dennoch für eine von Allah bevorzugte Menschengruppe hielt. (Siddiqi)

 Für die orthodoxen Christen ist Isa as wesensgleich mit Allah, und je größer der logische Widerspruch, um so mehr ist das Herz empfänglich für das Wunder dieses Mysteriums. (Darjabaadi)

256, Vergleiche Matthäus 4:10: "...du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen." Oder Lukas 18:19: "Was heißest du mich gut? Niemals ist gut als Gott allein." Isa as bezeichnete sich selbst nie als Sohn Allahs; dieser Titel wurde ihm wahrscheinlich von anderen verliehen und besagt nicht mehr, als dass sie ihn als den Massich anerkannten, dass die trinitarische Taufformel nicht auf Isa as zurückgeführt werden kann, ist offenkundig und wird von allen unabhängigen Textkritikern anerkannt. (Darjabaadi)

257. Vergleiche Markus 12:29-30: "Jesus aber antwortete ihm: Das vornehmste Gebot ist das: ,Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist allein der Herr. Und du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften." (Juusuf 'Allii)

 

73, Kaafir sind fürwahr diejenigen, die sagen: "Wahrlich, Allah ist einer von dreien."258 doch es gibt keine Gottheit außer dem Einen Einzigen Gott.259 Wenn sie nicht aufhören mit dem, was sie da sagen, dann wird gewiss die Kaafirs unter ihnen260 eine schmerzli­che Strafe erfassen.

258. Diese zentrale Lehre des Christentums bedeutet, dass Allah "drei wirklich verschiedene Personen ist, der Vater, der Sohn und der heilige Geist, die gleich ewig und gleich wesentlich sind und gleiche Verehrung verdienen," Über die Beziehung der drei Personen der Dreieinigkeit untereinander haben sich fast zwei Jahrtausende lang christliche Theologen vergeblich die Köpfe zerbrochen, (Darjabaadi)

259. Seine Person ist nicht teilbar. (Siddiqi)

260. Allah bezeichnet diese Aussagen allesamt als Kufr. Diese stammen von verschieden Synoden und enthalten die Aussage, dass Isa as Gott, und dass Allah einer von dreien sei. Es gibt aber nach der Aussage Allahs keine andere Aussage, denn Allah sagt nichts als die Wahrheit, und Er ist Derjenige, der zum rechten Weg leitet. (Qutb)

 

74. Wollen sie261 sich Allah nicht wieder zuwenden und Ihn um Verzeihung bit­ten,262 wo doch Allah verzeihend, barmherzig ist?

261. Die Trinitarier, nachdem ihnen die Sinnlosigkeit ihrer Ansichten verdeutlicht worden ist. (Darjabaadi)

262. Kein stellvertretendes Opfer ist für die Erlösung der Menschen notwendig. Der Mensch kann seine Vergebung erlangen, indem er sich Ihm reumütig zuwendet. (Siddiqi)

So lässt Er ihnen die Tür offen, und lässt sie auf Seine Vergebung und Seine Barmherzigkeit hoffen, bevor es zu spät ist. (Qutb)

 

75. Der Massich, der Sohn Marjams, ist nichts anderes als ein Gesandter,263 dem ande­re Gesandten vorangegangen sind264 Und seine Mutter war eine wahrhafte Frau265 Beide pflegten Nahrung zu sich zu nehmen266 Schau wie wir ihnen die Zeichen klannachten,267 dann schau (abermals), wie sie sich (von der Wahrheit)268 abwenden.

263. Er war weder Gott, noch Sein Sohn, noch Seine Inkarnation. Auch einige der frühen Christen erkannten seine Menschlich­keit, beispielsweise die Eboniten. Und einige moderne Forscher nähern sich der islamischen Vorstellung an. Rein histo­risch betrachtet kann über Isa as nicht mehr ausgesagt werden als dass er ein Mensch in einer bestimmten Umgebung war. Der Christus der vier Evangelien ist ein Produkt der Menschen. (Darjabaadi)

264. Kein Gesandter, wie groß und hervorragend er auch gewesen sein mag, kann in irgendeinem Sinne Allah oder Teil Allahs sein. Alle Propheten sind Menschen und somit sterblich. (Darjabaadi)

265. Sie beanspruchte niemals, Mutter Allahs zu sein, sondern war eine fromme, tugendhafte Frau. (Juusuf ’Allii)

Dies weist auch die verleumderischen Anschuldigungen der Juden zurück (vergleiche Suura 4:156. Anm.) und bestätigt ihren reinen und heiligen Charakter. (Darjabaadi)

266. Dass er Nahrung zu sich genommen hat ist im Leben Isa -Allahs Friede sei mit ihm -sowie im Lebens einer wahrhaften Mutter eine Tatsache. Sie ist eine Eigenheit von erschaffenem Lebewesen und ein Zeichen des Mensch-Seins von Isa as und seiner Mutter. Wer Nahrung zu sich nimmt, stillt damit ohne Zweifel ein menschliches Bedürfnis, und es kann kein Gott sein, der dies tut, um zu leben. Denn Allah lebt, besteht und erhält Sich Selbst, ohne Essen zu benötigen. (Qutb)

Sowohl Isa as als auch seine Mutter waren sterbliche Menschen. (Darjabaadi)

267. Beachte, wie das Argument logisch von den Rückfällen der Juden und ihrem Mangel an Imaan zu der mit den Namen Isa as und Marjams verbundenen Lästerungen gegenüber Allahs und, in den folgenden Ajas, zur Verehrung toter Hölzer und Steine führt. Allah ist Einer, und Seine Botschaft ist eine einzige; der Eigensinn der Menschen jedoch verwandelt Wahrheit in Lüge und Religion in Aberglauben. (Juusuf 'Allii)

268. Wörtlich: "wie abgewendet sie (von der Wahrheit) sind". Das Verb "afaka" bedeutet in erster Linie "er wendete (jemanden oder etwas) ab"; im abstrakten Sinne bedeutet es oft "er äußerte eine Lüge" (im Sinne von Abkehr von der Wahrheit). (Asad)

 Die Evangelien selbst stellen Isa as als gewöhnlichen Menschen dar, mit den Eigenschaften eines gewöhnlichen Menschen und den entstehenden Bedürfnissen: er war von einer Frau geboren, er hatte einen Stammbaum wie alle anderen Men­schen, er hatte einen menschlichen Körper mit allen Eigenarten und Einschränkungen eines gewöhnlichen Menschenkör­pers: er schlief, aß und spürte Hitze und Kälte, er wurde sogar vom Teufel versucht. Um so absurder ist es, ihm Göttlichkeit oder Teilhabe am Göttlichen zuzuschreiben. (Mauduudi)

 

76. Sprich: "Wollt ihr anstelle von Allah et­was anbeten, was269 weder die Macht hat, euch zu schaden noch zu nützen?" Wo doch Allah der Hörende, der Sehen­de ist?"270

269. Der Ausdruck " was euch weder nützen noch schaden kann" anstatt von " wer euch ..." wird hier absichtlich verwendet, um all die Geschöpfe, die angebetet werden, unter der gleichen Körperlichkeit einzustufen, und um auf die Natur der Geschöpfe hinzuweisen, die weit entfernt ist von der wahren Göttlichkeit Isas as, der heilige Geist und Marjam allesamt durch ihr menschliches Wesen unter dem was eingeordnet. Mit diesem Ausdruck soll verdeutlicht werden, dass es unmög­lich ist, dass irgendein Geschöpf Allahs würdig wäre, angebetet zu werden, wo es doch keine Macht besitzt, jemandem zu nützen oder zu schaden. (Qutb)

270. Allah weiß alles, was ihr aussprecht, und alles, was ihr im Herzen tragt. (Darjabaadi)

 

77. Sprich: ,,O Volk der Schrift! Überschreitet nicht die Grenzen der Wahrheit in euren Diin und folgt nicht den Wünschen von Leuten, die bereits vordem irregegangen sind und die viele irregeführt haben272 und die vom rechten Weg abgeirrt sind.273

271. Übertreibung im Gegensatz zu Vernunft und Mäßigung ist das einfachste Kriterium zur Unterscheidung eines Heuchlers oder Egoisten, der "die Religion verschachert", von einem aufrichtigen frommen und wirklich religiösen Menschen. Über­treibung bedeutet, dass der wahre Sachverhalt verschleiert oder missachtet wird, dass die Verhaltensweisen der Vorfahren oder Zeitgenossen kopiert oder übertrieben werden, und dass Allahs Name durch Allahslästerung oder Abgötterei entehrt wird, oder dass Götzen oder Fetische verehrt werden, oder dass gute (oder manchmal sogar böse) Menschen vergöttert und verehrt werden. Der wahre Weg ist der gerade Weg, der Weg der Rechtschaffenheit. Vergleiche auch Suura 2: 108 und 5: 13. (Juusuf ’Allii)

Vergleiche Suura 4: 171. Dieser Abschnitt ist wie die vorigen offensichtlich an die Christen gerichtet, deren Liebe zu 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sie veranlasst hat, ,;die Grenzen der Wahrheit zu überschreiten", indem sie ihm göttlichen Rang zugeschrieben haben. (Asad)

272. Dies kann sehr wohl eine Anspielung auf die hochkultivierten und dennoch polytheistischen Nationen von Griechenland und Rom sein, von denen viele abergläubische und gotteslästerliche Anschauungen auf die Kirche übergegangen sind. Pau­lus, der Begründer des späteren Christentums, übernahm vieles aus der griechischen Philosophie und Geisteswelt. (Siddiqi)

273. Sie sind vom rechten Weg abgeirrt, das heißt sie befinden sich bis jetzt in diesem Zustand (Rasi): eine Anspielung auf die vielen Gemeinschaften, die im Laufe der Zeit ihren geistigen Führern Göttlichkeit zugeschrieben haben -ein häufiges Phänomen in der Religionsgeschichte. (Asad)

 

Abschnitt 11

78. Verflucht wurden die Kaafirs unter den Kindern Israels274 durch die Zunge Daawuud275 und Isa, des Sohnes der Marjem276 Dies weil sie sich widersetzten und (Allahs Gesetze) immer wieder übertraten277

274. Die die Religionslehre ablehnten, die von den Propheten ihrer Zeit verkündet wurde; hier beispielsweise diejenigen, die zu Daawuud as Zeit den Sabbath brachen, oder die Isa as Botschaft ablehnten. (Darjabaadi)

Der Fluch ist das stärkste, womit Allah Seinen Zorn und Seinen Groll zum Ausdruck bringt. Der Verfluchte ist derjenige, der von Seiner Güte und Seiner Fürsorge ausgeschlossen wird, der weit entfernt ist vom Erlangen Seiner Gnade und Seiner Barmherzigkeit. (Al-Manar)

Die Kaafirs der Kinder Israels sind diejenigen, die ihre offenbarte Schrift manipulierten und nicht nach Allahs Gesetz urteilten, wie im Qur’an an vielen Stellen in dieser und in anderen Suuras erwähnt wird, und die das feste Versprechen, das sie Allah gegeben hatten brachen, an alle Seine Propheten den Imaan zu verinnerlichen und sie zu unterstützen. (Qutb)

275. Die Psalmen Daawuud enthalten vielfach Verwünschungen gegen die Bösen, vergleiche Psalm 78:21-22: "Da der Herr das hörte, entbrannte er im Grimm, und Feuer brach aus in Jakob, und Zorn kam über Israel, weil sie nicht glaubten an Gott und nicht hofften auf Seine Hilfe." Auch Psalm 109:17-18, 69:22-28, 5:10 und viele andere. (Juusuf 'Allii)

276. Vergleiche Matthäus 23:33: "Ihr Schlangen, ihr Otterngezücht! Wie wollt ihr der höllischen Verdammnis entrinnen?" Oder Matthäus 12:34: "Ihr Otterngezüchte! Wie könnt ihr Gutes reden, wenn ihr böse seid?" (Juusuf 'Allii)

277. Die in der Bibel berichtete Geschichte der Kinder Israels ist voller Vergehen und Verbrechen. (Darjabaadi)

 

79. Sie pflegten einander nicht vom unrechten Tun abzuhalten278 Schlecht ist fürwahr, was sie zu tun pflegten.

278. In jeder Gemeinschaft gibt es böse Menschen, aber wenn Führerpersönlichkeiten die Übeltaten der Allgemeinheit dulden oder -schlimmer noch -selbst daran teilhaben, wie es der Fall war mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, gegen die sich Isa as wandte, dann ist das Schicksal dieser Gemeinschaft besiegelt. (Juusuf 'Allii)

Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte: "Wer von euch etwas Schlechtes sieht, der soll es mit seiner Hand entfernen. Wenn er dazu nicht in der Lage ist, dann mit seiner Zunge. Wenn er auch dazu nicht in der Lage ist, dann mit seinem Herzen. Und das ist die schwächste Form des Imaans." (Qutb)

 

80. Du siehst, (wie) viele von ihnen sich de­nen zuwenden, die Kaafir sind279 Schlecht ist fürwahr, was sie für sich selbst vorausgeschickt haben, so dass der Unwille Allahs über sie gekommen ist und sie in ihrer Strafe verweilen werden.280

279. Die Juden hatten sich mit den Götzendienern verbündet und konspirierten mit ihnen gegen die Muslime. Dies machte sich nicht nur in den kämpferischen Auseinandersetzungen wie beispielsweise dem Achsab Feldzug bemerkbar, sondern auch vorher und nachher bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt. (Qutb)

280. Wörtlich: "was ihre Leidenschaften (anfusuhum) ihnen angeboten haben". (Bezüglich der Übersetzung von “Nafs“ mit "Lei­denschaft" vergleiche Aja 33 dieser Suura.) Dies ist eine Anspielung auf ihre halsstarrige Ansicht, "Allahs auserwähltes Volk" zu sein und folglich auf ihre Ablehnung gegenüber jeder Offenbarung, die anderen zugekommen ist. (Asad)

Dies ist der Ertrag (der Taten, Anm. d. Übers.), die sie für sich selbst vorausgeschickt haben. Es ist nichts geringeres als der Unwille und eine ewig andauernde Strafe Allahs. Fürwahr, es ist ein schlechter Ertrag. (Qutb)

 

81. Wenn sie nur an Allah und an den Propheten281 und an das den Imaan verinnerlicht hätten, was ihm offenbart worden ist, dann hät­ten sie sie282 nicht zu Freunden genom­men. Doch viele von ihnen sind sündig.

281. An ihren eigenen Propheten Muusa as und an die Thora. (Darjabaadi)

Auch Samachsari und Rasi sind der Ansicht, dass es sich hierbei um Muusa as handelt, dem die Juden zu folgen vorgeben -ein Anspruch, den der Qur’an impliziert zurückweist. (Asad)

Wenn die Juden wirklich an Allah, das Prophetentum und an die Offenbarung den Imaan verinnerlicht hätten, dann hätten sie Partei für die Muslime ergriffen, die an diese Lehren den Imaan verinnerlicht. Im Kampf der Vertreter der Einheit Allahs und denen des Polytheismus verbündeten sie sich seltsamerweise jedoch mit den Götzendienern. Dennoch gaben sie vor, an Allah, die Propheten und die Schriften den Imaan zu verinnerlichen. (Mauduudi)

Einige Kommentatoren sind der Ansicht, bei dem hier erwähnten Propheten handle es sich um Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dies würde besagen, dass von den Juden erwartet wurde, ihren Imaan an Muchammed und den Qur’an zu verinnerlichen und sich den Muslimen anzuschließen, statt mit den Götzendienern gemeinsame Sache gegen sie zu machen. (Siddiqi)

282. Das heißt: Wenn jene Juden, die sich mit den Kaafirs Götzendienern verbündeten, an Allah und an den Propheten Muchammed, aber auch an den Propheten, von dem sie behaupten ihm zu folgen -also Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, -, und an das, was zu ihm an Rechtleitung und Erleuchtung Allahs herabgesandt worden ist den Imaan verinnerlicht hätten" dann hätten sie sie keinesfalls zu Beschützern und Helfern genommen. Denn ihr religiöses Bekenntnis hätte dazu geführt, von ihnen Abstand zu nehmen. Aber die Gleichartigkeit des Charakters hat sie zusammengeführt. (Al-Manar)

Nicht nur zur Zeit von Daawuud as und Isa as bewahrten die Juden diese ablehnende Haltung gegenüber Allah und Seinem Pro­pheten, sondern sie spielen jetzt dieselbe Rolle zusammen mit den Kaafir Arabiens in gemeinsamer Opposition. (Sidiqui)

Es kann keine enge Freundschaft und keinen gegenseitigen Beistand zwischen dem Volk der Schrift und den Muslimen geben in irgendwelchen Angelegenheiten, denn beim Muslim sind alle Angelegenheiten des Lebens an den Geboten des Imaans ausgerichtet. (Qutb)