Der Tafsir von Teil 15

 

Von Surach 17 „Die Nachtreise“ – Surach 18 „Die Höhle“ Ajach 74

 

Einführung zu der Surach „Die Nachtreise“

 

Wenn wir einen Rückblick auf die bisher erläuterten Lehren im Qur’an werfen, finden wir, dass in den ersten sieben Surachs ein Überblick über die frühe geistige Geschichte des Menschen bis hin zu der neuentstandenen Gemeinschaft des Islam skizziert wurde. Die Surachs 8 bis 16 bildeten eine weitere Serie, die sich mit der Ausformung und Erhaltung der neuen Gemeinschaft befasst sowie mit Allahs Handeln mit den Menschen, die als Gemeinschaft verstanden und im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Beziehungen und organisierten Gruppen betrachtet werden (vergleiche auch die Einführung zu den Surachs 8; 10 und 16). Hier beginnt nun eine neue Serie (Surachs 17-29), die in drei Teile geteilt werden kann. Die Surachs 17-21 beginnen mit einem Hinweis auf die Himmelsreise des Propheten, Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von der weiter unten noch ausführlich die Rede sein soll, und gehen weiter zu der geistigen Geschichte mit Schwerpunkt auf dem Einzelmenschen anstelle der Nationen. Die Geschichten aus vergangenen Zeiten und von den früheren Propheten werden hier unter diesem Gesichtspunkt beleuchtet. Die Surachs 22-25 beziehen sich auf Pilgerfahrt, ’Ibadach und Gebet, Keuschheit, Privatsphäre und so weiter mit Bezug auf das geistige Wachstum des Einzelmenschen. Die Surachs 26-29 kehren thematisch wieder zu den Geschichten der Vergangenheit und früherer Propheten zurück und veranschaulichen das Wachstum des Einzelnen in seiner Beziehung zu den Gemeinschaften und die Reaktion der Gemeinschaften auf die Lebensführung ihrer großen Persönlichkeiten.

Nun wollen wir aber Surach 17 für sich selbst betrachten. Sie beginnt mit der mystischen Vision der Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,: er wurde eines Nachts von der Heiligen Moschee (von Mekka) zur Fernsten Moschee (in Quds) gebracht und durfte einige Wunderzeichen Allahs sehen. Die meisten Kommentatoren verstehen diese Nachtreise wörtlich, sprechen aber auch von anderen Anlässen, wo eine geistige Reise oder Vision geschah. Selbst wenn angenommen wird, dass die Reise leiblich stattgefunden hat, wird zugegeben, dass der Körper in fast geistige Feinheit verwandelt wurde. In den Hadisen finden wir Einzelheiten dieser Reise, deren Studium es uns ermöglicht, ihre mystische Bedeutung zu erfassen. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde zunächst zum Schauplatz früherer Offenbarungen nach Jerusalem gebracht und dann durch die sieben Himmel bis zum erhabenen Thron geführt und in die geistigen Mysterien der Menschenseele eingeweiht, die in Raum und Zeit ihren Kampf bestehen muss. Professor Miguel Asin von der Universität Madrid hat gezeigt, dass diese Miraadsch-Literatur einen großen Einfluss auf die europäische Literatur des Mittelalters ausgeübt hat, besonders auf Dantes Divina Comedia.

Die Bezugnahme auf diese große mystische Geschichte der Miraadsch (der Himmelsreise) ist eine passende Einleitung für die Reise der Menschenseele in ihrem geistigen Wachstum im Leben. Bei einem solchen Wachstum muss der erste Schritt durch moralisches Verhalten geschehen - die Achtung der gegenseitigen Rechte von Eltern und Kindern, Güte gegenüber unseren Mitmenschen, Mut und Festigkeit im Augenblick der Gefahr, das Bewusstsein persönlicher Verantwortung und der Anwesenheit Allahs durch Gebet und Lobpreisung.

Die Miraadsch soll in der 27. Nacht des Monats Radschab (nach anderen Überlieferungen beispielsweise auch am 17. Rabi-Al-Auwal) im Jahr vor der Hidschra stattgefunden haben. Dies gibt einen Anhaltspunkt, den Zeitpunkt der Offenbarung des Anfangsverses zu bestimmen, obwohl Teile dieser Surach auch früher offenbart worden sein können.

 


Einführung:

 

Dies ist eine der mekkanischen Surachs, die ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Aqidach richten, hier der Artikel der Einigkeit Allahs und der Auferstehung. Doch ihr herausragendster Teil ist der Persönlichkeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gewidmet, den Wundern und schlagenden Beweisen, die auf seine Wahrhaftigkeit hindeuten. (Safwat Al-Tafaasrr)

Die Surach beinhaltet verschiedene Themen. Die meisten von ihnen widmen sich den Artikeln der Aqidach, andere den Verhaltensregeln des Einzelnen und der Gemeinschaft. Wieder andere enthalten Erzählungen über die Kinder Israels, die mit der Al-Aqsa Moschee, dem Ziel der nächtlichen Reise zusammenhängen. (Qutb)

 

Zusammenfassung:

 

Die geistigen Erfahrungen der prophetischen Persönlichkeiten werden ausgeführt, damit Allahs Zeichen den Menschen verdeutlicht werden können: der Mensch wird zum Bösen verführt und muss zu einem Gefühl persönlicher Verantwortung geleitet werden. (Ajachs 1-22)

Dass wir Allah dienen, zeigt sich auch in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen, in Güte gegenüber Eltern, Verwandten und Fremden, die sich in Not befinden, Freundlichkeit gegenüber Kindern, Reinheit der sexuellen Beziehungen, Gerechtigkeit und Achtung vor Menschenleben, Schutz der Waisen, Ehrlichkeit in allem Handeln und Vermeidung von Hochmut. (Ajachs 23-40)

Hochmut verursachte den Fall von Iblis, aber die Kinder Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurden über andere Geschöpfe erhöht. Sie werden für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen. Das Gebet zur bestimmten Zeit und in der Nacht ist gut für den Menschen, und der Qur’an bietet sich als Heilmittel und Barmherzigkeit an. (Ajachs 61-84)

Offenbarung (des Qur’an) ist ein Zeichen der Gnade Allahs, und die Menschen sollten sie ohne Ausflüchte aufnehmen. Seid demütig in Gebet und Lobpreisung. (Ajachs 85-111)

 


Die Nachtreise

 

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.

 

1. Gepriesen sei Der, Der Seinen Diener1 des Nachts2 von der Heiligen Moschee zur fernen Moschee3 reisen ließ, deren Umgebung Wir gesegnet haben4, um ihm einige Unserer Zeichen zu zeigen.6 Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allsehende.7

 

1. Nämlich den Propheten Muhammad - Friede sei mit ihm. (Darjabadi)

Im Zusammenhang mit dieser Erhebung, die keinem anderen Menschen zuteil wurde, wird mit Nachdruck auf die Stellung des Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hingewiesen, nämlich als Diener Allahs. Diese Bezeichnung darf nicht vergessen werden, um ihm nicht einen Hauch von Göttlichkeit beizumessen, wie es in der christlichen Lehre in Bezug auf Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde. (Qutb)

 

2. Das Wort “Lailan“ (in einer Nacht) wurde zusätzlich hinzugefügt, um das Wunderbare an dieser Reise zu betonen, die in einer einzigen Nacht stattfand. (Darjabadi)

Normalerweise dauerte diese Reise vierzig Nächte. (Safwat Al-Tafaasir)

 

3. Masdschid ist ein Ort des Gebetes. Hier bezieht sich der Ausdruck auf die Kaba in Mekka. Sie war noch nicht von den Götzen gereinigt und ihrer Bestimmung als Gebetshaus für den einzigen Gott zurückgegeben worden. Dies war symbolisch für die neue Botschaft, die der Menschheit übermittelt wurde. (Juusuf `Allii)

„Die ferne Moschee“ muss sich auf das Grundstück des Tempels von Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in Quds auf dem Berg Mora beziehen, in dessen Nähe sich der Felsendom befindet, der auch `Umar-Moschee genannt wird. Diese und die als ferne Moschee bekannte Moschee (Al-Masdschid Al-Aqsa) wurden im Jahre 68 nach der Hidschra von Amir 'Abdul-Malik vollendet. Ferne Moschee deswegen, weil sie der am weitesten westlich gelegene Gebetsort war, den die Araber zur Zeit des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kannten. Sowohl für Juden als auch für Christen war es eine heilige Stätte. Die Regierungsgewalt über dieser Gegend lag jedoch in der Hand der Christen, denn sie war ein Teil des byzantinischen Reiches, das auch den Patriarchen von Quds unterhielt. Folgendes sind die wichtigsten Daten in Verbindung mit dem Tempel: Er wurde um 1004 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm von fertig gestellt; von den Babyloniern unter Nebukadnezar um 586 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zerstört; um 515 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, unter Esra und Nehemia wieder aufgebaut; um 167 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von einem der Nachfolger Alexanders in einen kafir Götzentempel verwandelt; zwischen 17 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. und 29 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Herodes restauriert und schließlich 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Kaiser Titus völlig dem Erdboden gleichgemacht. Diese Wechselfälle gehören zu den bedeutendsten Zeichen der Geschichte des Islams. (Juusuf `Allii)

 

4. Sowohl im materiellen als auch im geistigen Sinne. (Darjabadi)

Das Grundstück des alten Tempels Suleymaans, Allahs Segen und Frieden auf ihm, symbolisiert hier die lange Reihe der israelitischen Propheten, die dem letzten Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vorausging. Darauf spielt die Wendung: „deren Umgebung Wir gesegnet haben" an. Die Nebeneinanderstellung dieser beiden heiligen Stätten soll zeigen, dass der Qur’an nicht eine „neuen" Islam proklamiert, sondern eine Fortsetzung und Weiterentwicklung derselben Botschaft Allahs ist, die von den Propheten in alter Zeit verkündet wurde. (Asad)

 

5. Das Wort „“Israa“ bedeutet „Reise bei Nacht", enthält also in sich schon die Zeitangabe. (Qutb)

Dies bezieht sich auf die Miraadsch (Himmelsreise des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, vergleiche auch die Einleitung zu dieser Surach. (Juusuf `Allii)

Diese nächtliche Reise von der Heiligen Moschee zur fernen Moschee stellt eine Verbindung zwischen den großen monotheistischen Diins von Ibrahiim und Ismail bis hin zu Muhammad - Friede sei mit ihnen allen - her sowie auch zwischen den heiligen Stätten aller monotheistischen Diins, so als ob mit dieser wundersamen Reise für den letzten Propheten, Allahs Segen und frieden auf ihm, das Erbe der Heiligen Stätte der früheren Propheten proklamiert würde. So schließt sich der Kreis der Botschaften Allahs zu einer Einheit. Allahs Botschaft ist unabhängig von Raum und Zeit. (Qutb)

 

6. Diese Nachtreise ist eins der Zeichen Allahs, die die Herzen für die wunderbaren Horizonte dieses Daseins öffnet und die verborgenen Möglichkeiten in der Natur des Menschen enthüllt. Denn der Mensch ist auf vielerlei Weise vor anderen Geschöpfen ausgezeichnet, und in ihn hat Allah diese feinen Geheimnisse hineingelegt. (Qutb)

In diesem Ajach wird nur ein Teil der Reise erwähnt, nämlich der von Mekka nach Quds. Als Zielsetzung wird hier genannt, dass Allah Seinem Gesandten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einige Seiner Zeichen zeigen wollte. Weitere Einzelheiten erwähnt der Qur’an nicht. Nach Berichten in den Hadisen wurde der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nächst nach Quds geführt, wo er in Gemeinschaft mit den anderen Propheten das Bebet verrichtete. Dann wurde er in höhere Sphären gebracht, wo er jeweils einige der größten Propheten traf, bis er schließlich den höchsten Ort des Himmels erreichte und Allah selbst gegenüberstand. Unter anderen wichtigen Aufträgen wurde ihm hier auch das tägliche fünfmalige Gebet geboten. Während dieser Reise wurden ihm Paradies und Hölle gezeigt. Die mekkanischen Götzendiener verspotteten seinen Bericht von dieser Reise, und selbst einige Muslime waren skeptisch. Über diese Reise bestehen unterschiedliche Meinungen. Einige sagen, sie haben im Traum stattgefunden, andere wieder sind der Ansicht, der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, völlig wach gewesen und habe diese Reise mit seinem physischen Körper angetreten, während wieder andere der Meinung sind, es habe sich um eine mystische Vision gehandelt. Auf den Einwand, warum Allah Seinen Dienern eine solche Reise machen ließ, um ihm Seine Zeichen zu zeigen, wo Er doch nicht an einen Ort gebunden, sondern allumfassend ist, muss darauf hingewiesen werden, dass Er, wenn Er sich Seinen Geschöpfen verständlich machen will, deren beschränkte Ausdrucksweise berücksichtigt. Ein Geschöpf kann nicht zur gleichen Zeit das ganze Universum übersehen, wie es Allah kann. Es muss daher an einen Ort gebracht werden, wo Seine Manifestationen für sein Wahrnehmungsvermögen konzentriert sind. Viele Zeichen, die dem Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gezeigt wurden, waren Symbole, beispielsweise für Lohn und Strafe im zukünftigen Leben. Alle Propheten waren ihrem Rang entsprechend in der Lage, ähnliche Zeichen Allahs zu sehen. (Maududi)

 

7. Allahs Wissen umfasst alle Dinge, ohne jedes Hindernis wie Raum oder Zeit. Deswegen kann Er alles hören und sehen. Die Himmelsreise war eine Reflektion solchen Wissens außerhalb von Raum und Zeit. (Juusuf `Allii)

Niemand hat Anteil an diesen Eigenschaften in ihrem absoluten Sinne. (Darjabadi)

 

 

2. Und Wir haben Muusa das Buch gegeben8 und es zur Rechtleitung für die Kinder Israels gemacht:9 „Nehmt niemanden anstelle von Mir10 zum Sachwalter!"11

 

8. Der folgende Abschnitt aus der Geschichte der Kinder Israels wird im Qur’an nur an dieser Stelle erwähnt. Er beinhaltet das Ende der Kinder Israels, zu dem sie gelangt sind, und die Ablösung ihrer Macht. Zunächst wird auf das Buch des Propheten Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, - die Thora hingewiesen, und die darin enthaltene Ermahnung und die Erinnerung an ihren Urvater Nuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Diese Ermahnung und diese Erinnerung sind eine Bestätigung dessen, was Allah in dieser Surach versprach, dass Er kein Volk bestraft, bis Er ihnen einen Propheten geschickt hat, der sie ermahnt und erinnert. (Qutb)

Das Buch: nämlich die Offenbarung, die Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhielt. Es wurde eindeutig festgelegt, dass Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Anhänger Allah als über allem stehend anerkennen sollten: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf der Erde, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht..." (Exodus 20:3-6). In der Tat ging der Geist der Lehre Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, weiter. Sie stellte alle Dinge Allahs Fürsorge anheim; auf keinen anderen soll der Mensch vertrauen. Dies ist Islam, und die Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, darauf hinweisen, dass es seit alters her Allahs Lehre war. Dennoch wurde sie gerade von denen verletzt, die dafür hätten verantwortlich sein sollen. (Juusuf `Allii)

 

9. Da dieser Ajach allem Anschein nach keine Verbindung zum vorigen hat, könnte der oberflächliche Leser hier einen Bruch vermuten. Wir müssen die Sache aber im Gesamtzusammenhang der Surach sehen. Sie soll die Kafirs von Mekka warnen: derjenige, den ihr der Hochstapelei beschuldigt und dessen offenbartes Buch ihr ablehnt, hat gerade jetzt große Zeichen Allahs gesehen. Ihr solltet daher aus der Geschichte der Kinder Israels lernen, die ebenfalls Allahs Buch ablehnten und dafür bestraft wurden. (Maududi)

Da hier von der„ fernen Moschee" die Rede ist, dem Herz des heiligen   des,   Allah von den Kindern Israels besiedeln ließ, aus dem Er sie dann aber vertrieb, ist hier die passende Stelle, von   Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und den Kindern Israels zu berichten. (Qutb)

 

10. Beachte den Wechsel von „Wir" im ersten zu „Mir" im zweiten Satz. Der erste Satz bezieht sich auf Allahs Herrlichkeit als himmlischer Herrscher, der zweite bezieht sich auf Sein persönliches Interesse an allen unseren Angelegenheiten. (Juusuf `Allii)

 

11. Der Begriff “Wakil“ bezeichnet „jemanden, dem die Angelegenheiten eines anderen anvertraut sind", oder „jemanden, der für das Verhalten eines anderen verantwortlich ist". Wenn er auf Allah angewandt wird, wird er manchmal mit „Vertrauter" oder „Beschützer" übersetzt oder auch mit „jemand, der für alles sorgt". Im hier vorliegenden Fall (wie auch in Surach 36:62) bezieht sich der Begriff offensichtlich auf Allahs Macht, ausschließlich das Schicksal aller geschaffenen Wesen und Dinge zu bestimmen. (Asad)

“Wakil“ ist jemand, der vertrauenswürdig ist und an den man sich um Rechtleitung und Hilfe wenden kann. (Maududi)

Keiner ist wirklich mu’min, der nicht seine Sache Allah anheim stellt. (Qutb)


 

3. O ihr Nachkommen derer, die Wir mit Nuch (in seinem Schiff) getragen haben! Er war wahrlich ein dankbarer Diener.12

 

12. Allah erinnert die Kinder Israels an ihre Abstammung von denen, die Allah auserwählte, um mit Nuch, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als einzige gerettet zu werden. Auch die Bezeichnung Nuchs, Allahs segen und Frieden auf ihm, als Diener Allahs ist beabsichtigt, um die Gleichartigkeit der Eigenschaften aller Propheten hervortreten zu lassen. (Qutb)

Allah für Essen, Trank, Kleider und all seine Habe zu danken. Aus diesem Grunde wurde er mit der Bezeichnung dankbarer Diener bedacht. (ibn Kasir)

Die einzigen Nachkommen Nuchs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach der Sintflut waren diejenigen, die mit ihm auf sein Schiff gerettet worden waren. Sie hatten besonders Grund, Allah zu preisen. Sie fielen jedoch in Götzendienst, Laster und Verbrechen zurück. Hier werden sie an die aufrichtige und vorbehaltlose Hingabe Nuchs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst erinnert im Gegensatz zur Würdelosigkeit seiner Nachkommen, besonders der Kinder Israels. (Juusuf `Allii)

Ihr solltet Allah allein zu eurem Beschützer nehmen, wie eure Vorfahren, die der Flut entgingen, weil sie Allah allein zu ihrem Beschützer gemacht hatten. (Maududi)

 


4. Und Wir offenbarten den Kindern Israels in der Schrift13: „Ihr werdet gewiss zweimal Unheil auf Erden stiften,14 und ihr werdet fürwahr voll großer Überheblichkeit sein."15

 

13. In dem Buch, das Allah Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, offenbarte, damit es eine Rechtleitung für die Kinder Israels ist, wird ihnen mitgeteilt, was ihnen zugedacht ist, wenn sie Unrecht auf Erden begehen. Und diese Zerstörung soll eine Warnung sein, damit sie sich hüten, denn Allah handelt nach Seinen unabänderlichen Gesetzmäßigkeiten (Sunnach Allah). (Qutb)

Dies scheint sich auf die glühenden Worte des Propheten Jesajas und ähnliche Warnungen zu beziehen, beispielsweise Jesaja 24 (das ganze Kapitel); 5:20-30 oder 3:16-26. (Juusuf `Ali)

Wahrscheinlich bezieht es sich auch auf die Voraussagen Jeremias', Jachjas und Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen. (Asad)

 

14. Auf welche beiden Anlässe bezieht sich dies? Möglicherweise ist „zweimal" eine Redewendung, die bedeuten soll „mehr als einmal". Es kann aber auch sein, dass es sich

1. auf die Zerstörung des Tempels durch die Babylonier und

2. auf die Zerstörung Quds durch Titus bezieht, wonach der Tempel nie wieder aufgebaut wurde. Vergleiche auch oben Fußnote

Beide Ereignisse waren ein Strafgericht Allahs für die Vergehen der Juden und ihre Arroganz. (Juusuf `Allii)

Ibn 'Abbas sagte: „Ihr erstes Vergehen war die Tötung Sakarias und ihr zweites die Tötung des Jachjas, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. (Safwat Al-Tafaasir)

Allah verurteilt niemanden zum Unheilstiften, denn Er kann niemals Schlechtigkeit gebieten. Durch Sein Wissen jedoch weiß Er schon vorher, was sein wird. (Qutb)

 

15. Hoch hinaufsteigen in Rebellion und Vergehen gegen Allah und Menschen. (Darjabadi)

Da sowohl in der Bibel als auch im Qur’an erwähnt wird, dass sich die Kinder Israels vielmals gegen Allahs Gesetz auflehnten, muss auf jeden Fall angenommen werden, dass sich der Ausdruck „zweimal" nicht auf zwei einzelne Anlässe, sondern auf zwei bestimmte historische Epochen bezieht. (Asad)

Dawuud war der erste, der das Volk Israel vorn Folgen ihres Verhaltens warnte, beispielsweise in Psalm 106. Es folgten die biblischen Propheten bis hin zu Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden.   .

,,... und euch mit großem Stolz erheben (und zweimal dafür bestraft werden)". (Juusuf `Allii)

 

 

5. Und als das Versprochene für das erste der beiden (Vergehen) eintraf,16 setzten Wir gegen euch von Unseren Dienern solche ein, die über gewaltige Kampfkraft verfügten,17 und sie drangen in das Innerste der Häuser ein.18 So ging das Versprechen in Erfüllung.19

 

16. Als das erste Urteil vollstreckt wurde. (Darjabadi)

 

17. Eine treffende Beschreibung für den kriegerischen Nebukadnezar und seine Babylonier. Sie waren Diener Allahs in dem Sinne, dass sie Werkzeuge für Allahs Zorn waren, der sich über die Juden ergießen sollte, denn sie drangen in ihr Land ein, in ihren Tempel und ihre Häuser und führten die Juden - Männer, Frauen und Kinder - in die Gefangenschaft. Vergleiche auch Jesaja 3:16-26. (Juusuf `Allii)

Auch in der Bibel wird der Begriff „Mein Diener" auf Nebukadnezar angewandt (Jeremia 25:9). (Darjabadi)


18. Nebukadnezar ging gnadenlos gegen das besiegte Volk vor. (Darjabadi)

 

19. Quds wurde zerstört. Der Tempel, der Königspalast und die Häuser der Stadt wurden verbrannt, die Mauern niedergerissen, der Oberpriester und andere führende Persönlichkeiten hingerichtet, und viele Menschen in die Gefangenschaft fortgeführt. Dieses Ereignis sollte in der jüdischen Geschichte und Literatur eine bedeutende Rolle spielen. (Darjabadi)

Dass Allah starrsinnigen Sündern Heimsuchung „schickt", ist hier, wie überall im Qur’an, eine Umschreibung für das natürliche Gesetz von Ursache und Wirkung, dem auf lange Sicht das Leben des Menschen - besonders auch das kollektive Leben von Gemeinschaften und Nationen - unterworfen ist. (Asad)

 

 

6. Dann führten Wir euch wieder zur Macht über sie zurück20 und gewährten euch Reichtum und Nachkommen21 und ließen eure Schar an Zahl wachsen.22

 

20. Von ibn 'Abbaas und Qutaada wird überliefert, dass dies Goliath und seine Soldaten waren, die sie zuerst besiegten und beherrschten. Dann aber, als diese in Sünde versanken, ließ Allah die Kinder Israels die Oberhand über sie gewinnen, und Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, tötet Goliath. (ibn Kasir)

Nachdem die Kinder Israels den Schmerz der Unterwerfung und Erniedrigung genug zu kosten bekommen hatten, kehrten sie wieder zu ihrem Herrn zurück und handelten recht. Zugleich wurden ihre Eroberer überheblich und stolz. Sie wurden grausam und lasterhaft. So wandte sich das Schicksal der Eroberten und Erniedrigten zu ihren Gunsten. (Qutb)

Um 520 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kehrten die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft zurück und begannen ein neues Leben. Sie bauten den Tempel wieder auf. In Verbindung mit Esra führten sie verschiedene Reformen durch und bauten ein neues Judentum auf. Eine Zeitlang ging es ihnen gut. Ihre früheren Unterdrücker, die Babylonier, waren inzwischen im persischen Reich aufgegangen. Persien wiederum ging im Reich Alexanders auf. Ganz Westasien wurde hellenisiert, auch die neue Schule der Juden, die in Alexandria ein bedeutendes Zentrum hatte. Ihre Basis in Filistin blieb jedoch bestehen und erlebte unter der Asmonäer-Dynastie (167-63 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm) eine neue Blüte. Eine andere Dynastie, zu der Herodes gehörte, genoss fast unabhängige Macht. 65 v. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, h ging die Herrschaft in Syrien und Filistin an die Römer über, und die jüdischen Könige übten eine Art Marionettenherrschaft aus. Die Juden verhielten sich aber wiederum hartnäckig abweisend gegenüber Allahs Gesandtem, nämlich zur Zeit von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und das unvermeidliche Strafgericht folgte in der vollständigen und endgültigen Zerstörung des Tempels unter Titus im Jahre 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm.

(Juusuf `Allii)

Durch ein euch freundlich gesinntes Volk. (Darjabadi)

 

21. Nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil folgte eine neue Blütezeit. Vergleiche auch Hesekiel 1:9-11. (Darjabadi)

 

22. Vergleiche auch Hesekiel 2:64-65. (Darjabadi)

Wir ließen eure Zahl an Männern mehr werden als die eures Feindes, um euch in die Lage zu versetzen, zur Macht zurück zu gelangen. (Safwat Al-Tafaasir)

 

 

7. Wenn ihr Gutes tut, so tut ihr das Gute für euch selbst, und wenn ihr Übles tut, so ist es zu eurem eigenen (Schaden).23 Und als das Versprochene für das zweite Vergehen eintraf,24 da wurden eure Gesichter entstellt,25 und sie betraten den Tempel,26 so wie sie ihn das erste Mal betreten hatten,27 und sie brachten völlige Zerstörung über alles, was in ihre Gewalt gelangt war.28


23. Bevor die Erzählung hier weitergeführt wird, wird die Basis von Handeln und Vergeltung festgesetzt die Basis, die unabänderlich ist im Diesseits und im Jenseits. Nach ihr bemisst sich die Belohnung wie auch die Bestrafung, die natürliche Frucht des eigenen Handelns. (Qutb)

Dieser Satz ist ein Einschub. Wenn jemand Allahs Gesetz befolgt, nützt er damit sich selbst; er tut damit keinem anderen einen Gefallen. Ebenso trägt Böses seine eigenen Früchte. (Juusuf `Allii)

Böses fällt nur auf euch selbst zurück. All dies wurde den Juden durch ihre Propheten verkündet. (Darjabadi) Vergleiche auch Surach 10:108. (Anm. d. Übers.)

 

24. Dies bezieht sich auf die zweite Zerstörung des Tempels unter Titus im Jahre 70 n. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Asad)

 

25. Der Qur’an nennt wiederum nicht die Leute, die Allah gegen die Kinder Israels geschickt hat, da dies nicht zur Lehre beiträgt. (Qutb)

Grund für dieses Strafgericht war, dass sie den Propheten Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abgewiesen hatten. „Euer Gesicht entstellen" bedeutet, alles Ansehen und alle Macht zu zerstören, die jemand hat. Das Gesicht steht für die Persönlichkeit eines Menschen. (Juusuf `Allii)

„Jemandes Gesicht entstellen" bedeutet, äußerste Schande über jemanden zu bringen. (Asad)

 

26. Titus zerstörte Quds vollständig. (Juusuf `Allii)

Sie entweihten den Tempel von Quds. (Darjabadi)

 

27. Eure Feinde unter Nebukadnezar. (Darjabadi)

 

28. Es gab eine Hungersnot, und Massaker fanden statt. Überall herrschte Fanatismus. (Juusuf `Allii)

 

 

8. Möge29 euer Herr sich eurer erbarmen.30 Doch wenn ihr es von neuem tut,31 dann werden Wir erneut so handeln.32 Und Wir haben die Hölle zum Gefängnis für die Kafirs gemacht.33

 

29. Auf Allah bezogen bedeutet das Wort “'asa“ (wörtlich: „vielleicht") die Gewissheit, dass dieses Ereignis eintrifft. (Darjabadi)

 

30. Indem Er sie von euch ablassen lässt. (Ibn Kasir)

Falls ihr Reue zeigt. (Al-Dschalalain)

Die Schlussfolgerung der vorher erwähnten Offenbarung und Versprechen wird hier aufgeführt. Nämlich, dass eine hart durchgeführte Bestrafung manchmal den Weg zur Erbarmung führt, wenn man die Lehre daraus zieht. (Qutb)

Wir kommen jetzt in die Zeit des letzten Propheten. Trotz ihrer gesamten Vergangenheit hätten die Juden noch eine Möglichkeit gehabt, Allahs Vergebung zu erlangen, wenn sie nicht auch diesen Propheten hartnäckig abgelehnt hätten. Wenn sie ihre Ungerechtigkeit fortsetzen, wird Allah sie wiederum strafen. (Juusuf `Allii)


31. Wenn ihr zu eurer alten Lebensweise der Ungerechtigkeit und Auflehnung zurückkehrt. (Darjabadi)

 

32. In unserer Bestrafung. (Darjabadi)

 

33. Sie wird sie so umschließen, dass keiner ihr entfliehen wird. (Qutb)

Hasiran wird von ibn 'Abbas als Gefängnis bezeichnet, während Mudschahid sie als Matte oder Unterlage auslegt. (ibn Kasir)

Es gibt sehr wohl Schmach in diesem Leben, aber die endgültige Schmach liegt im zukünftigen Leben, und dann ist sie unabwendbar. (Juusuf `Allii)

Obgleich diese Warnung an die Kinder Israels gerichtet ist, bedeutet dies nicht, dass sie nur für diese gilt. In der Tat ist all dieses an die mekkanischen Götzendiener gerichtet. Sie wurden jedoch nicht direkt angesprochen, sondern eine Episode aus der Geschichte der Kinder Israels wurde benutzt, um sie indirekt durch dieses Beispiel zu warnen. (Maududi)

Die allegorische Bezugnahme auf die jüdische Geschichte in Verbindung mit der mystischen Bedeutung der Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  schildert den ständigen Kampf der individuellen Seele gegen das Böse. Es gibt Rückschläge und Strafen. Wenn die Seele jedoch sich selbst und Allah gegenüber aufrichtig ist, gibt Allah ihr Kraft und Erfolg in ihrem Kampf. Denn Allahs Gnade ist unbegrenzt und wendet sich der leidenden Menschheit immer wieder zu. (Juusuf `Allii)

 

 

9. Wahrlich, dieser Qur’an leitet zu dem, was richtig ist,34 und bringt den Mu’mins, die gute Werke tun, die frohe Botschaft, dass ihnen großer Lohn zuteil werden wird.

 

34. Nachdem die Instabilität der Seele am jüdischen Beispiel erwähnt wurde, wird nun auf das Heilmittel hingewiesen, das hier hätte helfen können. Die Botschaft des Qur’an gilt für alle. Wer den Iman verinnerlicht und diesen Iman durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, erntet seine geistigen Früchte. Wer aber den Islam ablehnt, kann der Strafe nicht entgehen. Abgesehen von der Vergangenheit, abgesehen von Fragen der nationalen Geschichte gibt es eine geistige Hoffnung - und eine geistige Gefahr - für jeden einzelnen. (Juusuf `All)

Der Islam erstellt sein Gebäude zugleich auf dem Iman und der Rechtschaffenheit. Denn es gibt keinen Iman ohne Tat und keine Tat ohne Iman. Ersteres gilt als unvollendet und letzteres als ohne Wurzel und Basis. (Qutb)

Der Qur’an führt zur Aufrichtigkeit im Seelen- und Gefühlsbereich durch die klare, einfache Aqida, in der nichts Kompliziertes oder Obskures zu finden ist, die von der Last des Aberglaubens und der Illusion befreit ist, die das wahre Wesen des Menschen frei macht zum Handeln, und die eine Verbindung zwischen den Gesetzmäßigkeiten der äußeren Natur und den Gesetzmäßigkeiten im Inneren des Menschen herstellt. (Qutb)

Das heißt der ethischen Rechtschaffenheit entsprechend und zum Guten des individuellen und gesellschaftlichen menschlichen Lebens. Nachdem also aufgezeigt wurde, dass Ungerechtigkeit immer gleichbedeutend mit Leugnen der Wahrheit ist, kehrt der Qur’an hier wieder zu seinem grundlegenden Thema zurück, dass nämlich Allah dem Menschen immer durch Offenbarung und Seine Propheten Rechtleitung anbietet. (Asad)

 


10. Denjenigen jedoch, die nicht an das Jenseits den Iman verinnerlichen, haben Wir schmerzliche Strafe bereitet.35

 

35. Dies soll alle Individuen oder Nationen warnen, die aus den Ermahnungen des Qur’an nicht lernen wollen. (Maududi)

Die Belohnung der Rechtschaffenen sowie die Bestrafung der Kafirs erfahren beide Parteien am Tag der Auferstehung. (ibn Kasir)

 

 

Abschnitt 2

 

11. Und36 der Mensch erbittet das Schlechte in der gleichen Weise, wie er das Gute herbeiwünscht.37 Wahrlich, der Mensch ist immer voreilig.38

 

36. Meiner Ansicht nach ist die Konjunktion “wa“ („und") in diesem Zusammenhang als nachdrücklicher Hinweis auf den Sachverhalt zu verstehen. (Asad)

 

37. Der Mensch pflegt, wenn er verärgert ist, Schlechtes für sich selbst und für seine Familie herbeizuwünschen, in der gleichen Art und Weise, wie er das Gute herbeiruft. (Al-Dschalalain)

In seiner Unwissenheit Oder Hast hält der Mensch Böses für gut und wünscht sich, was er nicht haben sollte. Der weise und wissende Mensch hat Geduld und setzt nicht seine eigenen Wünsche über Allahs Weisheit. Mit Zufriedenheit empfängt er Allahs Gaben und betet darum, in seinen Wünschen und Bitten recht geleitet zu werden. (Juusuf `Allii)

In einem Hadis von Ibn 'Abbas, Mudschahid und Qatada überliefert, heißt es: „Wünscht euch oder eurem Eigentum nichts Böses herbei, denn das könnte in eine Stunde fallen, in der Allah euren Wunsch erhört und ihn euch gewährt." (ibn Kasir)

Der Mensch, der sich nicht durch den Qur’an rechtleiten lässt, ist seinen eigenen Leidenschaften ausgeliefert, er, der von Natur aus voreilig handelt ohne zu wissen, was für ihn gut und schlecht ist. Er ist ungestüm in seiner Art und handelt oft erregt, auch wenn dies böse Folgen für ihn hat. Solches tut er, weil er Ziel und Folgen der Dinge nicht kennt. Er tut manchmal etwas, das eigentlich Böses für ihn darstellt und sucht dies rasch herbeizuführen, teils unwissentlich, doch manchmal auch wissentlich, ist aber nicht in der Lage, die Wirkung seiner Taten zu kontrollieren oder sich zu zügeln. (Qutb)

Vergleiche Surach 2:216 - „vielleicht verabscheut ihr etwas, das gut für euch ist, während ihr etwas liebt, das schlecht für euch ist; und Allah weiß, während ihr nicht wisst". Mit anderen Worten: Rechtleitung Allahs ist das einzige Kriterium dafür, was gut und böse ist. (Asad)

 

38. Dies beantwortet die Forderung der kafir Mekkaner an den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Strafe herbeizubringen, die er ihnen angedroht hatte. Damit schließt sie eng an den vorigen Ajach an.

Der Ajach enthält aber auch eine angedeutete Warnung für jene Muslime, die um Bestrafung der Kafirs beteten, die sie verfolgten und Allahs Botschaft ablehnten. Auch unter ihnen gab es Menschen, die später den Islam annahmen und sich dafür einsetzten, so dass sie dadurch in der ganzen Welt bekannt wurden. Deswegen spricht Allah: „Der Mensch ist ungeduldig und hastig". Er betet um Erfüllung seiner unmittelbaren Bedürfnisse, auch wenn die Erfahrung oft zeigt, dass es ihm geschadet hätte, wenn Allah  seine Bitte erhört hätte. (Maududi)

 

 

12. Wir haben die Nacht und den Tag zu zwei Zeichen gemacht,39 und während Wir das Zeichen der Nacht erlöschen ließen, erhellten Wir das Zeichen des Tages,40 auf dass ihr Gaben eures Herrn zu erlangen suchet41 und (mit eurer Hilfe) die Anzahl der Jahre und die Berechnung (der Zeit) kennen möget.42 Und ein jedes Ding43 haben Wir genau erklärt.44

 

39. Die Nacht ist eine Vorbereitung auf den Tag. Vielleicht wünschen wir uns - wie der letzte Ajach sagt - den Tag, wenn wir Ruhe für die Nacht brauchen. Beides sind Zeichen Allahs. Finsternis und Licht stehen aber auch für Unwissenheit und Wissen. Oder aber für Trauer und Freude, die beide wichtig für unsere Entwicklung sind. (Juusuf `Allii)

Auch wenn der Begriff Ajach im Qur’an meist im Sinne von „Bottschaft Allahs" verwendet wird, müssen wir daran denken, dass er in erster Linie „Zeichen" bedeutet, oder „Merkmal". Er bezeichnet wahrnehmbare Phänomene aller Art (unabhängig davon, ob sie mit den Sinnen oder mit dem Intellekt wahrgenommen werden können), die mit etwas verbunden sind, das selbst nicht direkt wahrnehmbar ist, also Symbole. Wie aus dem folgenden deutlich wird, beziehen sich die „zwei Symbole" hier auf geistige Finsternis und Licht. (Asad)

Von den Zeichen, die Allah Seinen Gesandten mitgab, geht der Text zu den Zeichen dieses Daseins über. (Qutb)

 

40. Von dem verborgenen Gesetz des Daseins, das Tag und Nacht festlegt, hängt das Streben des Menschen nach Verdienst und das Wissen der Zeitberechnung ab. Auch der Erwerb des Menschen an Gutem oder Schlechtem und seine Vergeltung ist eng mit ihm verbunden. Ein Zusammenhang besteht auch zwischen ihm und den Folgen von Rechtleitung und Irrtum. Mit der Zeit hängt auch Allahs Versprechen zusammen, nicht zu strafen, bevor Er die Menschen durch einen Propheten gemahnt hat. (Qutb)

 

41. Durch physisches Licht erkennen wir physische Fakten. Und diese physische Gabe Allahs ist auf zweierlei Weise gut für uns:

1. wir können unseren Lebensunterhalt erwerben oder auch durch die physischen Wissenschaften Wissen erwerben und eine gewisse Kontrolle über die Naturphänomene erlangen; und

2. der tägliche Aufgang und Untergang der Sonne ermöglicht uns, Tage und Jahre zu berechnen, denn das natürliche Jahr ist das Sonnenjahr. Das geistige Licht ist jedoch noch kostbarer; durch dieses können wir ebenfalls zwei Ziele erreichen, nämlich

1. unseren geistigen Lebensunterhalt und Wissen; und

2. die Berechnung der Stadien, die wir in unserer geistigen Entwicklung durchlaufen. Wir sollten geduldig sein und nach allem als etwas streben, das von Allah kommt - in Freude und Trauer, in Wissen oder bei fehlendem Wissen um jene Dinge, die wir nicht erfassen können. Wir sollten uns über das freuen, was Allah uns gegeben hat, und nicht ungeduldig das zu erlangen versuchen, was Er uns in Seiner Weisheit vorenthalten hat. Nach allem sollten wir unter der Rechtleitung des allwissenden Allahs streben. (Juusuf `Allii)

Indem ihr eurer Arbeit und euren Geschäften nachgeht. (Darjabadi)

 

42. Und andere Zeiteinteilungen, die durch den regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht bestimmt werden können. (Darjabadi)

Dieser Satz bezeichnet auch „die Lebensjahre (eines Menschen), die er zählt". Dies beinhaltet offensichtlich eine Aufforderung zur geistigen Selbstkritik angesichts der Vergänglichkeit des irdischen Lebens. (Asad)

 

43. Alles, was für den Islam notwendig ist. (Darjabadi)

 

44. Nichts in dieser gesamten Existenz ist Sache des Zufalls oder der Willkür. Und die Präzision des verborgenen Gesetzes, das den Wechsel von Tag und Nacht bewirkt, drückt die Genauigkeit der Planung und der Ordnung in Allahs Schöpfung aus. (Qutb)

Allah fordert den Menschen auf, die Weisheit zu studieren, die der Vielfalt in der Welt zugrunde liegt, und nicht verwirrt zu sein und sich nach Monotonie zu sehnen. Das ganze System beruht auf der Vielfalt und Verschiedenheit der Dinge, wie beispielsweise Tag und Nacht, ohne die es in der Welt kaum Leben geben könnte. Ebensolche Weisheit liegt in der Erschaffung von Menschen mit verschiedenen Temperamenten, Gedanken und Neigungen. Ohne dies hätte der Sinn der Schöpfung des Menschen nicht erfüllt werden können. (Maududi)

 

 

13. Und jedem Menschen haben Wir sein Geschick45 an seinen Nacken geheftet, und Wir werden am Tag der Auferstehung ein Buch hervorbringen,46 das vor ihm offen gelegt wird.47

 

45. “Taa'ir“ bedeutet wörtlich „Vogel" und damit ein Omen, das Schicksal. Vergleiche auch Surach 36:19. Wie die alten Römer versuchten auch die Araber, die Geheimnisse des menschlichen Schicksals aus dem Vogelflug zu lesen. Selbst heutzutage versuchen viele Menschen, die Zukunft mit ähnlichen abergläubischen Praktiken vorauszusagen. Im vorigen Ajach haben wir von Zeichen Allahs, erfahren, aber die dienen keinem solchen primitiven Zweck. Unser wirkliches Schicksal hängt nicht von Vögeln oder Omen oder Sternen ab, sondern von unseren guten und bösen Handlungen, die an uns festhängen. Der Mensch schafft sein eigenes Schicksal.

(Juusuf `Allii)

Die Qur’anische Vorstellung von „Schicksal" bezieht sich weniger auf äußere Umstände als auf die Richtung, die das Leben eines Menschen nimmt, auf das geistige Schicksal des Menschen, das von seiner moralischen Entscheidung abhängt. Es ist von ihm selbst abhängig. (Asad)

 

46. Einen Bericht, in dem alle seine Handlungen verzeichnet sind. (Darjabadi)

Gemeint ist, dass die Taten jedes Menschen, ob klein oder groß, für ihn verwahrt werden. (ibn Kasir)

 

47. Seine Taten werden somit bloßgelegt. Er kann sie weder verbergen noch ignorieren. (Safwat Al-Tafaasir)

Unsere Handlungen, gute wie böse, sind in einem Buch aufgezeichnet, das am Tag des Gerichts offen vor uns liegt, wie sehr wir uns jetzt auch immer unwissend stellen oder versuchen, Einblick in Geheimnisse zu erlangen, die uns nichts angehen. (Juusuf `Allii)

 

 

14. „Lies dein Buch! Deine eigene Seele genügt heute zur Abrechnung über dich."48

 

48. Er braucht dazu keinen anderen als Zeugen oder um abzurechnen. (Qutb)

Unsere wirklichen Ankläger sind unsere eigenen Taten. Warum betrachten wir nicht sie, statt die Zeit mit sinnlosem Aberglauben zu vergeuden? (Juusuf `Allii)

Am Tag des Gerichts sieht der Mensch die Wahrheit über sein gesamtes vergangenes Leben. Ähnliche Allegorien gibt es im Qur’an an verschiedenen Stellen, beispielsweise in Surach 37:19 oder 39:68 oder besonders deutlich in Surach 50:22, wo gesagt wird: „Jetzt haben Wir den Schleier von dir gehoben, und heute ist deine Sicht scharf." (Asad)

 

 

15. Wer sich rechtleiten lässt, so ist es nur zu seinem eigenen Besten,49 und wer sich irreführen lässt, so geht dies nur zu seinen eigenen Lasten.50 Und keiner trägt die Last eines anderen Sünders.51 Auch pflegen Wir niemals zu strafen,52 ohne vorher einen Gesandten geschickt zu haben.53


49. Zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil. (Darjabadi)

 

50. Der Qur’an besteht auf der Lehre von der persönlichen Verantwortlichkeit. Als Grundlage der Ethik wird uns deutlich gemacht, dass unsere eigenen guten und bösen Handlungen unsere höchste Entwicklung fördern oder behindern. (Juusuf `Allii)

Wenn jemand dem rechten Weg folgt, tut er damit nicht Allah oder Seinem Gesandten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oder irgendeinem Reformer des Islam einen Gefallen, sondern er selbst hat den Nutzen davon. Wenn er jedoch vom rechten Weg abweicht, dann schadet er damit nicht Allah oder Seinem Gesandten oder einem Reformer des Islam, denn sie wollen die Menschen nur vor Falschem schützen und ihnen den rechten Weg zeigen. Sie verfolgen damit keine eigennützigen Ziele. Ein weiser Mensch wird daher den rechten Weg einschlagen, sobald ihm deutlich wird, was Wahrheit und was Trug ist. Wenn jemand aufgrund seiner Vorurteile und Eigeninteressen die Wahrheit ablehnt, dann wird er sein eigener Feind. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 10: 108. (Anm. d. Übers.)

 

51. Die Lehre von einer stellvertretenden Sühne wird hier verurteilt. Für die Bösen kann nicht das Heil erlangt werden, indem ein Unschuldiger für sie bestraft wird. Keiner kann die Last eines anderen tragen; das wäre ungerecht. Jeder muss seine eigene persönliche Verantwortung tragen. Vergleiche auch Surach 6:164. Allahs Zorn wendet sich jedoch niemals gegen jemanden, bevor dieser nicht durch einen Propheten gewarnt worden ist.

(Juusuf `Allii)

Der Qur’an betont immer wieder die Lehre von der persönlichen Verantwortung, denn niemand kann dem rechten Weg folgen, ohne die damit verbundenen Implikationen voll verstanden zu haben. Es bedeutet, dass jeder ganz allein für sein moralisches Verhalten verantwortlich ist und niemand diese Verantwortung mit ihm teilen kann. Ein weiser Mensch sollte deshalb nicht das Verhalten anderer imitieren oder sein eigenes Verhalten mit den Handlungen anderer zu rechtfertigen versuchen. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 35:18 und 39:7 mit den entsprechenden Fußnoten sowie auch Surach 53:38, wo dieser Grundsatz der Ethik zum ersten Mal im Qur’an ausgedrückt wird. (Asad)

 

52. Allah straft kein Volk und keine Gemeinschaft ohne Warnung. (Darjabadi)

 

53. Es gehört zu Allahs besonderer Barmherzigkeit gegenüber Seinen Geschöpfen, dass Er sie nicht bestraft allein aufgrund der Beweise, die Er in diesem Dasein ausgebreitet hat, oder aufgrund der Verpflichtung, die Er ihnen seit Adam, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abgenommen hat, sondern erst dann, wenn Er Gesandte zu ihnen geschickt hat, um sie zu warnen und zu ermahnen. (Qutb)

So dass ihr vollständig die Bedeutung von Richtig und Falsch versteht. Vergleiche auch Surach 6:131-132 und die entsprechende Fußnote, sowie Surach 28:59 (die der Offenbahrung dieser Surach unmittelbar vorausgeht). (Asad)

Es wäre ungerecht, wenn jemand bestraft würde, der den rechten Weg gar nicht kennt. (Maududi)

 

 

16. Und wenn Wir eine Stadt der Vernichtung preisgeben wollen,54 dann lassen Wir Unseren Befehl55 an jene ergehen, die sich dem Wohlleben ergeben haben. Doch sie lebten weiter ausschweifend in ihr,56 Hierauf wird das Urteil57 gegen sie fällig und Wir zerstören sie ganz und gar.58

 

54. Infolge der ständigen Gesetzlosigkeit ihrer Einwohner. (Darjabadi)

Allahs Wille hat für das menschliche Leben Gesetze geschaffen, die unabänderlich sind. Sie richten sich nach Ursache und Wirkung, und danach vollzieht sich Allahs Wille und Urteil. Allah würde niemals zu freveln befehlen. Doch die Existenz von Menschen, die sich völlig dem Wohlleben ergeben haben, ist in sich ein Beweis dafür, dass diese Gesellschaft von Grund auf zerstört ist. Und damit hat sie die Bestimmung Allahs gegen sich erwirkt. (Qutb)

 


55. Wörtlich: „Unser Gebot", nämlich sich zu bessern. Der Begriff “Qarja“ (wörtlich: „Stadt") bedeutet gewöhnlich - wenn auch nicht immer - „eine Gemeinschaft" oder „Leute einer Gemeinschaft". (Asad)

 

56. Allahs Barmherzigkeit gibt den Bösen jede Gelegenheit zur Umkehr. Wenn die Bosheit so überhandnimmt, dass eine Bestrafung unvermeidlich wird, selbst dann wirken Allahs Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zusammen. Von denen, die große Gaben von Allah erhalten haben - seien es Reichtum oder gesellschaftliche Stellung oder Begabungen oder andere Möglichkeiten - wird erwartet, dass sie begreifen und gehorchen. An sie sind zunächst das Gebot zur Selbstbesinnung und die Warnung gerichtet. Wenn sie weiterhin Böses tun, bleibt kein Platz mehr für Argumente. Sie können sich nicht auf ihre Unwissenheit berufen. Allahs Urteil ergeht gegen sie und wird vollstreckt. (Juusuf `Allii)

An diejenigen, die sich unter Ausschluss aller moralischen Bedenken mit den „guten Dingen des Lebens" befassen. Aufgrund ihres Reichtums an Besitz und Einfluss sind diese Leute die tatsächliche Führungsspitze ihrer Gesellschaft und damit moralisch für das Verhalten ihrer Anhänger mitverantwortlich. (Asad)

 

57. “Qaul“ bedeutet hier „Wort", „Befehl", „Gesetz", „Urteil, das nach einem bestimmten Gesetz gegen jemanden ausgesprochen wird." (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 10:33 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

58. Sie und ihre Bewohner wurden der Vernichtung preisgegeben. (Al-Dschalalain)

Vergleiche auch Surach 5:16. Allah hat das Gewissen geschaffen, damit die Menschen dadurch geleitet werden. Wenn sie ihrem Gewissen nicht folgen, sondern jenen einflussreichen Leuten, die die tatsächlichen Führer der Gesellschaft sind, selbst aber Korruption in der Gesellschaft verbreiten, dann verdient dieses Volk Allahs Zorn. Umgekehrt ist dies eine Ermahnung für jede Gemeinschaft, dass sie sorgfältig ihre Führer auswählen sollte, denn wenn letztere böse sind, führen sie die Gemeinschaft ihrem Untergang entgegen. (Maududi)

 

 

17. Und wie viele Generationen haben Wir nach Nuch59 vernichtet! Und es genügt, dass Dein Herr mit der Schuld Seiner Diener vertraut ist und sehr wohl sieht.60

 

59. Die Sintflut bildet einen Neuanfang in der Geschichte. Aber selbst danach wurden hunderte von Staaten, Städten und Generationen wegen ihrer Schlechtigkeit vernichtet. (Juusuf `Allii)

Vergleiche Surach 7:59-64 und 11:25-49. (Anm. d. Übers.)

Die Ermahnung ist an die kafir Quraischiten gerichtet, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Lüge bezichtigten. Allah will ihnen mit diesen Worten zeigen, dass sie nicht edler sind als jene, die Er bestraft hat dafür, dass sie Seine Gesandten verleugneten. (ibn Kasir)


60. Die Bösen sollen nicht denken, sie seien mit ihrer Bosheit unbemerkt davongekommen, nur weil ihnen eine gewisse Lebensspanne und zeitweiliger Luxus gewährt worden ist. Allah beobachtet und beachtet alles, Offenkundiges wie Geheimes. Er kennt die verborgenen Motivationen und Gedanken der Menschen und braucht kein anderes Beweismittel. (Juusuf `Allii)

Er braucht keine weiteren Zeugen. (Darjabadi)

 

 

18. Wenn jemand nach Vergänglichem61 strebt, so lassen Wir ihn unverzüglich daran teilhaben, soviel Wir wollen und für wen Wir es wünschen.62 Dann bereiten Wir für ihn die Hölle,63 in der er verachtet und ausgestoßen Qualen erleiden wird.64

 

61. Wer ausschließlich dieses Leben leben will, so dass er nicht nach Höherem trachtet als nach dieser Erde, dem gibt Allah sofort seinen Anteil daran, wenn Er will. (Qutb)

Hier wird erklärt, warum der Erfolg manchmal den Bösen recht zu geben scheint.

1. Vergängliche Dinge sind in der ewigen Ordnung der Dinge nur von geringem Wert;

2. sie werden nach einem bestimmten Plan Allahs verteilt, nicht weil ihre Empfänger sie sich wünschen; und

3. das Ziel der Bösen ist schließlich ewiges Elend und Verlust der Gnade - die Hölle, die schlimmer ist als Vernichtung in den Begriffen dieser Welt. (Juusuf `Allii)

Vergängliche Güter sind ganz sicher kein Zeichen für Allahs Zustimmung, sondern Er verteilt sie in Übereinstimmung mit Seinem allumfassenden Plan. (Darjabadi)

 

62. Allah gewährt ihnen großzügig alles, was sie von den Annehmlichkeiten dieser Welt wünschen. (Darjabadi)

 

63. Wörtlich: „Wir teilen ihm die Hölle zu". (Asad)

Wer sich nur seinen Neigungen und Begierden hingibt, und nicht darauf achtet, wie er diese irdischen Freuden zu erreichen sucht, der begeht unwillkürlich solche Sünden, die ihn direkt zur Hölle führen. (Qutb)

 

64. Verachtet für sein falsches Handeln und Tun, als er das Vergängliche dem Fortdauernden vorzog. (ibn Kasir)

Dann wird Hochmut und Arroganz gedemütigt. Diese Schande und der Ausschluss davon, „Allahs Angesicht sehen zu dürfen", ist schon in sich eine Strafe, deren Schwere nicht in Begriffen dieser Welt ausgedrückt werden kann. (Juusuf `Allii)

Jemand, der nicht an das zukünftige Leben den Iman verinnerlicht und nur für den Erfolg in dieser Welt kämpft, dient damit dieser Welt und verhält sich falsch, denn er hat kein Gefühl für seine persönliche Verantwortung gegenüber Allah. Damit verdient er diese Strafe. (Maududi)

 

 

19. Wer aber nach dem Jenseits strebt65 und sich eifrig darum bemüht und mu`min ist,66 dem wird sein Bemühen dereinst gedankt.67

 

65. Hier kommt das Gegenstück zum letzten Ajach. Wer nur irdischen Erfolg wünscht, bekommt ihn manchmal und missbraucht ihn. Auch diejenigen, deren Blick auf das zukünftige Leben gerichtet ist, bekommen ihren Anteil an Allahs Überfluss, vorausgesetzt, sie erfüllen die Bedingungen, die in der nächsten Fußnote ausführlich erläutert werden. Ihre Wünsche und Bestrebungen aber sind vor Allah wohlgefälliger. (Juusuf `Allii)


66. Und er verinnerlicht den Iman an die Vergeltung und Belohnung. (ibn Kasir)

Der bloße Wunsch nach moralischem und geistigem Gut genügt nicht. Er muss sich in ernsthaftem Streben äußern und von einem Iman getragen sein. Unter solchen Voraussetzungen sind menschliche Wünsche für Allah annehmbar. (Juusuf `Allii)

Streben nach dem Guten des zukünftigen Lebens setzt Iman an Allah und Verantwortungsbewusstsein Ihm gegenüber voraus. Daher bezieht sich das Wort „Iman" in diesem Zusammenhang offensichtlich auf die Erkenntnis der absoluten Einheit und Einzigartigkeit Allahs sowie die Bereitschaft, die Rechtleitung zu akzeptieren, die Er dem Menschen durch die prophetischen Offenbarungen schickt. (Asad)

Das Leben auf dieser Erde ist angemessen für Vieh, Reptilien, Insekten und anderes Getier. Das Leben des Jenseits ist würdiger für den Menschen, denn dort ist er in Allahs Nähe, Der ihm Ehre erwies und ihn aufs beste erschaffen hat. (Qutb)

 

67. Er wird für alle Bemühungen in seinem Streben nach dem zukünftigen Leben belohnt. (Maududi)

 

 

20. Jeden von ihnen, die einen wie die anderen, versehen Wir mit den Gaben deines Herrn.68 Und die Gaben deines Herrn werden niemandem versagt.69

 

68. Hier handelt es sich um die Gaben des Diesseits. (Al-Dschalalain)

Was diese oder jene erhalten, sind nichts anderes als Allahs Gaben. Sowohl die einen, die das diesseitige Leben suchen, bekommen davon, wie auch die anderen, die das Jenseits erstreben. (Qutb)

 

69. Im Diesseitigen Leben werden die Gaben Allahs niemandem vorenthalten. (Al-Dschalalain)

Allah versorgt alle, die Gerechten wie die Ungerechten. Der Unterschied wird jedoch aus den beiden nächsten Versen deutlich. (Juusuf `Allii)

Allah schenkt Gerechte und Ungerechte, aber es sind die Gaben Allahs und keines anderen. Die Diener dieser Welt sind nicht in der Lage, den an dem zukünftigen Leben Orientierten Allahs Gaben vorzuenthalten, und umgekehrt. (Maududi)

 

 

21. Schau, wie Wir den einen von ihnen vor den anderen den Vorzug gegeben haben,70 doch das Jenseits ist größer an Rang stufen und größer an Auszeichnung.71

 

70. In irdischen Gütern, ohne Rücksicht darauf, ob die Empfänger gut oder böse sind. Reichtum und Einfluss sind kein Kriterium für die Nähe eines Menschen zu Allah. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 16:71 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

Die Verschiedenheit der Menschen auf dieser Erde ist offensichtlich in ihren Mitteln, ihre Richtungen und Taten. (Qutb)

Auf der Erde gibt es Reiche wie auch Arme, Hübsche wie auch Hässliche, solche die jung sterben und andere, die uralt werden. (ibn Kasir)


71. Der Mensch soll nicht meinen, alle Gaben Allahs seien von gleichem Wert. An geistigen Werten orientierte Menschen haben einen weit höheren Stellenwert vor Allah als diejenigen, die nur an Vergänglichem interessiert sind. Es wäre daher völlig falsch, den irdischen Wohlstand eines Bösen mit dem scheinbaren Mangel bei einem geistig orientierten Menschen zu vergleichen. Nach richtigen Maßstäben gemessen gibt es zwischen beiden keinen Vergleich. (Juusuf `Allii)

Der höhere Rang derjenigen, die nach dem zukünftigen Leben streben, äußert sich nicht in Überlegenheit in materiellen Dingen, sondern liegt auf einer ganz anderen Ebene. Sie genießen die wahre Ehre und Zuneigung, die den Tyrannen und Einflussreichen versagt bleibt. Alles, was sie auf dieser Welt erwerben, erwerben sie nämlich auf ehrliche Weise, während jene unlautere und grausame Methoden anwenden. Sie geben es sinnvoll und für rechtschaffene Zwecke aus, erfüllen ihre Pflichten anderen gegenüber, spenden für Arme und Bedürftige, um Allahs Wohlgefallen zu erlangen, während jene ihre Mittel für Vergnügen und Luxus ausgeben oder damit Korruption und andere Missstände verbreiten. Deswegen sind die Mutaqis vorbildlich in jeder Hinsicht und somit besonders erhöht. (Maududi)

Die Ungleichheit im Jenseits ist noch gewaltiger als die auf der Erde. Denn während die einen die untersten Stufen der Hölle erleiden, genießen die anderen die höchsten Stufen des Paradieses. Und wie es mehrere Stufen in der Tiefe der Hölle gibt, enthält das Paradies hundert Rangstufen. (ibn Kasir)

 

 

22. Setze nicht neben Allah eine andere Gottheit,72 damit du nicht verachtet und enttäuscht zurückbleibst.73

 

72. Die scheinbare Ungleichheit der Gaben Allahs lässt kurzsichtige Menschen an Allahs Gerechtigkeit zweifeln. Der Fehler liegt jedoch im mangelnden Wissen und Iman dieser Menschen. Es gibt keine Entschuldigung für sie, wenn sie andere Wesen als Allah anbeten und verehren. Niemand außer Allah ist unserer Verehrung würdig. (Juusuf `Allii)

Dieser Satz kann auch übersetzt werden: „Erfindet nicht eine andere Gottheit neben Allah" oder „Stellt keine andere Gottheit an Allahs Seite". (Maududi)

Nachdem Allah zuvor erklärt hat, dass das Glück, das Jenseits zu erlangen, davon abhängt:

1. dass man es will,

2. dass man sich bemüht dahin zu streben und

3. dass man mu`min ist. Nun werden die Einzelheiten dieses Bemühens in Form von 25 Geboten dargestellt. 1. Die Einzigartigkeit Allahs: „Setze keine Gottheiten neben Allah." (Safwat Al-Bajaan)

 

73. Wenn unvernünftige Menschen sich der Verehrung anderer Gottheiten zuwenden, werden sie nicht nur enttäuscht, sondern verlieren bei ihren Mitmenschen den Respekt und sind auf geistiger Ebene zum Elend verurteilt. Alle ihre Begabungen und Handlungen nützen ihnen nichts. (Juusuf `Allii)

 

 

Abschnitt 3

 

23. Und dein Herr hat entschieden,74 dass ihr niemanden außer Ihm75 anbeten und den Eltern Wohltaten erweisen76 sollt. Falls einer von ihnen oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen,77 dann sage niemals ein mürrisches Wort78 zu ihnen und schelte sie nicht,79 sondern sprich in gütiger Weise mit ihnen.80

 

74. In den nun folgenden Ajachs sind die Grundprinzipien dargelegt, auf denen der Islam die Gesamtstruktur des menschlichen Lebens aufbaut. Sie bilden sozusagen das Manifest des Aufrufs, das der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegen Ende seines Aufenthalts in Mekka verkündete, vor Beginn des neuen Stadiums in Medina. Auf diese Weise sollte jeder wissen, dass die neue islamische Gesellschaft und der islamische Staat auf solchen ideologischen, moralischen, kulturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen aufgebaut werden sollte. (Maududi)

 

75. Das Verbot, niemand anderem zu dienen. (Safwat Al-Bajaan)

Auf das Verbot des Götzendienstes (im letzten Ajach) folgt hier unmittelbar das Gebot, Allah allein zu dienen. Dass es sich dabei um ein unbedingtes Gebot handelt, wird durch das Wort “qada“ (wörtlich: „Er bestimmte") besonders betont. (Qutb)

Dieses Gebot ist sehr umfassend. Es verbietet nicht nur die Anbetung irgendeines anderen als Allah, sondern bedeutet auch, dass wir Allah allein vorbehaltlos gehorchen und uns Ihm allein hingeben. Seine Gebote und Sein Gesetz sind allein des Gehorsams würdig, und Seine Autorität steht über allem. Dies ist also nicht nur eine Anweisung, die sich auf das Bekenntnis zum Islam und die individuelle Praxis bezieht, sondern sie dient als Grundlage des moralischen, kulturellen und politischen Systems, wie es in Medina durch den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verwirklicht wurde. Ihr oberstes Prinzip ist, dass Allah allein der Souverän und Gesetzgeber ist. (Maududi)

 

76. 4. Gebot: die Eltern gütig behandeln. (Safwat Al-Bajaan)

Während Allah die letztendliche wirkliche Ursache dafür ist, dass der Mensch ins Dasein kommt, sind die Eltern die äußere, unmittelbare Ursache. Deswegen folgt auf den Aufruf, Allah allein zu dienen, unmittelbar das Gebot, die Eltern zu lieben und zu ehren. Darüber hinaus soll der ganze vorliegende Abschnitt - bis einschließlich Ajach 39 - zeigen, dass Freundlichkeit und gerechtes Handeln zwischen den Menschen zur Vorstellung „Streben nach dem Guten im zukünftigen Leben" unbedingt dazugehören. (Asad)

Es liegt in der Natur der Eltern, für ihre Kinder zu sorgen, oft bis zur Selbstaufgabe. Und wie die neue Pflanze den Samen aussaugt, bis er zu Krümeln wird, nehmen auch die Kinder die ganze Kraft und Mühe und Fürsorge der Eltern in Anspruch, bis sie eines Tages schwach und greise sind. Doch die Kinder vergessen dieses sehr schnell. Deshalb braucht Allah nicht den Eltern ihre Kinder ans Herz zu legen, sondern umgekehrt erweckt der Qur’an mit diesem Gebot Güte und Barmherzigkeit in den Herzen der Kinder. (Qutb)

 

77. Die Worte „bei dir" illustrieren die Vorstellung der Schutzsuche und Zufluchtnahme im Zustand des hohen Alters und der Schwäche. (Qutb)

Die geistigen und moralischen Pflichten werden hier gegenübergestellt. Wir sollen Allah allein dienen, weil niemand außer Ihm unseres Dienstes würdig ist, nicht weil Er „ein eifersüchtiger Allah ist, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied bei den Kindern..." (Exodus 20:5). Beachte, dass ’Ibadach sowohl individuell als auch gemeinschaftlich geschieht, daher der Plural “Ta'buduu“. Die Freundlichkeit gegenüber den Eltern ist eine individuelle gute Handlung, daher der Singular taqul, qul und so weiter. (Juusuf `Allii)

Ein Alter, in dem es manchmal schwer ist, es ihnen recht zu machen. (Darjabadi)

 

78. 5. Gebot: den Eltern gegenüber kein Wort des Verdrusses zu äußern. (Safwat Al-Bajaan)

Ein Wort oder Ton, der Verachtung, Abscheu oder Lieblosigkeit ausdrückt. (Asad)

Oder irgendein anderes respektloses Wort. Das heißt betrachte die Fürsorge für sie nicht als Last oder sei nicht abweisend zu ihnen. (Darjabadi)

 

79. 6. Gebot: Sie nicht zu schelten. (Safwat Al-Bajaan)

Dies muss besonders betont werden angesichts der furchtbaren Unsitten, die in manchen Gesellschaften üblich sind, wie beispielsweise die, alt gewordene Eltern zu verlassen oder „abzuschieben". (Darjabadi)


80. 7. Gebot: Mit ihnen in gütiger Weise zu sprechen. (Safwat Al-Bajaan)

Beachte im Gegensatz hierzu die Praxis in „fortschrittlichen" westlichen Familien. In einer Gesellschaft, die wesentlich technologisch ausgerichtet und zunehmend immer mehr nach rein mechanischen Gesichtspunkten organisiert ist, hat das Verhalten eines Kindes seinen Eltern gegenüber keine große soziale Bedeutung. So verliert der europäische Vater von Tag zu Tag mehr Autorität über seinen Sohn, und der Sohn verliert ständig mehr Respekt vor seinem Vater. Ihre gegenseitigen Beziehungen werden zunehmend durch die mechanistische Gesellschaft zerstört... (Darjabadi)

 

 

24. Und aus Barmherzigkeit senke die Schwingen der Demut auf sie hernieder81 und sprich: „Mein Herr! Erbarme Dich ihrer, so wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war."82

 

81. Dies ist das 8. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Als ob die Demut Flügel hätte, die sie senkt als Zeichen der Ergebung. So ist auch diese Barmherzigkeit, die in ihre Sanftheit und Zärtlichkeit wie Unterwürfigkeit erscheint. Eine Unterwürfigkeit, die keinen Befehl zu verweigern vermag. (Qutb)

Vergleiche Surach 15:88 und die entsprechende Fußnote. Das Bild ist das eines Vogels, der seine Flügel zärtlich über seine Jungen ausbreitet. Es trifft auf zweifache Weise zu:

1. Als die Eltern stark waren und das Kind hilflos, überschütteten sie es mit ihrer Zärtlichkeit; wenn nun das Kind erwachsen ist und die Eltern alt und schwach, sollte es dann den Eltern nicht ähnliche zärtliche Fürsorge erweisen? 2. Darüber hinaus sollte der Mensch dies alles mit Demut betrachten: erinnert ihn die elterliche Liebe nicht an jene große Liebe Allahs gegenüber Seinen Geschöpfen? Hierin liegt weit mehr als menschliche Dankbarkeit; sie reicht bis in die größten geistigen Höhen hinauf. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 15:88 und 26:215 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

82. Dieses Bittgebet ist das 9. Gebot. (Safwat Al-Bajaan) Nämlich in ihrem hohen Alter und nach ihrem Tod.

(ibn Kasir)

Beachte, dass wir aufgefordert werden, Vater und Mutter zu ehren, nicht „auf dass es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden" (Exodus 20:12), sondern auf einer viel höheren und allgemeineren Grundlage, wie sie einer vervollkommneten Beziehung würdig ist. In erster Linie wird nicht nur Respekt verlangt, sondern liebevolle Fürsorge und Demut. Darüber hinaus ist dieses Gebot mit dem Gebot verbunden, Allah allein zu dienen: Göttliche Liebe wird für uns in der elterlichen Liebe symbolisiert. In beiden Fällen kann nichts von dem, was wir tun, das ausgleichen, was wir empfangen haben. Schließlich wird dadurch unser eigener geistiger Fortschritt geprüft: wir können nicht Allahs Vergebung erwarten, wenn wir uns denen gegenüber unfreundlich oder rücksichtslos verhalten, die uns aufgezogen haben. (Juusuf `Allii)

Dies ist eine zärtliche Erinnerung an die eigene hilflose Kindheit, wie sie von den Eltern aufs beste behütet worden ist. Nun sind die Eltern selbst in einer ähnlichen Lage von Hilflosigkeit, die wiederum der Zärtlichkeit und der Fürsorge bedarf. (Qutb)

Umgekehrt bedeutet dies, dass die Erziehung der Kinder Sache der Eltern ist und nicht etwa des Staates. (Darjabadi)

 

 

25. Euer Herr weiß sehr wohl, was in euren Seelen ist.83 Wenn ihr gütig seid,84 dann ist Er allverzeihend gegen die, die sich Ihm zuwenden.85

 

83. Dieser Einschub erfolgt, bevor es mit den Geboten, Pflichten und Verhaltensregeln weiter geht, um das Tor zur Umkehr für den zu öffnen, der einen Fehler oder eine Nachlässigkeit begeht, sie aber bald bereut. (Qutb)

Bloßes äußerliches Verhalten genügt nicht; es kommt auf die innere Haltung an. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 11:31 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

84. Gewohnheitsmäßig, und den Eltern gegenüber immer gehorsam und respektvoll. (Darjabadi)

„Wenn ihr rechtschaffen seid, (wird Er euch eure Irrtümer vergeben)". Dieser Einschub verdeutlicht die Bedeutung dieses elliptischen Satzes. (Asad)

 

85. Nach der inneren Haltung des Herzens und den verborgenen und geheimen Absichten urteilt Allah. Er kennt dies alles. (Juusuf `Allii)

Solange das Herz gütig ist, ist die Tür zur Vergebung offen. Und die „awwabun" (Umkehrer) sind jene, die immer, wenn sie einen Fehler begehen, bald zu ihrem Herrn reuig umkehren. (Qutb)

 

 

26. Und gibt dem Verwandten, worauf er ein Anrecht hat,86 und ebenso dem Armen und dem Reisenden.87 Hüte dich jedoch vor Verschwendung.88

 

86. Das heißt Freundschaft Zuneigung und Hilfe in Notzeiten. (Darjabadi)

Dies ist das 10. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Nach der Erwähnung der Eltern, und wie man sie gütig behandeln soll, wendet er sich nun den Verwandten zu. In einem Hadis steht: „Deine Mutter und dein Vater, dann der Nächste und der Nächste. (ibn Kasir)

 

87. In diesem Satz sind die Gebote 11 und 12 enthalten. (Safwat Al-Bajaan)

Der Qur’an macht den Anspruch von Verwandten, Armen und Reisenden auf angemessenem Unterhalt zu eurem von Allah vorgeschriebenen Recht. Es ist somit keine Gefälligkeit oder eine gnädige Gewährung. (Qutb)

Im jüdischen Dekalog, der einem primitiven und hartherzigen Volk gegeben wurde, hat solche verfeinerte Freundlichkeit gegenüber in Not befindlichen Menschen und Reisenden (das heißt Fremden, denen man zufällig begegnet), keinen Platz. Damals bestand auch keine Gefahr, das Vermögen sinnlos zu verschwenden. Selbst das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, kommt nach der rituellen Einhaltung des Sabbat. Hier ist ’Ibadach mit Freundlichkeit gekoppelt - gegenüber Eltern, Verwandten, Bedürftigen, Menschen, die sich fern von zu Hause befinden, auch wenn sie uns völlig fremd sind. Sie haben Rechte, die wir erfüllen müssen. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 2:177. Der Begriff ihn “As-Sabil“ (wörtlich: „Sohn der Straße") bezeichnet einen Reisenden, der sich fern von seiner Heimat befindet, besonders dann, wenn ihm aufgrund seiner Lebensumstände nicht genügend Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Im weiteren Sinne bezeichnet er eine Person, die vorübergehend oder auf Dauer nicht in ihre Heimat zurückkehren kann, beispielsweise einen politischen Flüchtling oder jemanden, der im Exil lebt. (Asad)

 

88. Nicht verschwenderisch zu sein, ist das 13. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Alle Freundlichkeit, Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft sind durch unsere eigenen Mittel bedingt. Es nützt nichts, wenn wir nur geben, um als großzügig bekannt zu werden. Viele Familien ruinieren sich durch extravagante Ausgaben bei Hochzeiten, Beerdigungen und so weiter, oder „um Freunden oder Verwandten einen Gefallen zu tun". Dieses Gebot war kaum jemals notwendiger als für die Muslime unserer Zeit. (Juusuf `Allii)

Der Qur’an verbietet Verschwendung, das heißt unberechtigte Ausgaben. Mudschahid sagt: „Wenn jemand sein gesamtes Eigentum aus berechtigten Gründen ausgibt, ist er kein Verschwender. Wenn er aber ein “Mudd“ (ein Hohlmaß= 18L.) im Unrecht ausgibt, ist er ein Verschwender." Es geht nämlich nicht um die Höhe der Ausgaben, sondern um den rechten Zweck. (Qutb)

Sinnlos und zu keinem guten Zweck. (Asad)

 


27. Wahrlich, die Verschwender sind Brüder der Scheytane,89 und der Scheytan ist seinem Herrn gegenüber undankbar.90

 

89. Vergleiche auch oben Fußnote 88. Die Verschwender werden als „Brüder der Scheytane" bezeichnet, weil sie ihre Mittel für lügnerische, schädliche und sündige Dinge ausgeben. (Qutb)

Ah bedeutet nicht nur „Bruder", sondern auch „Gefährte" oder ähnliches. (Darjabadi)

 

90. Der Scheytan erfüllt nämlich nicht die Pflicht, die er Allah für Seine Wohltaten schuldet. Das gleiche tun auch seine Brüder, indem sie ihre Aufwendungen nicht für erlaubte Dinge und in gebühriger Weise einsetzen. (Qutb)

Verschwender sind nicht einfach nur dumm, sondern gehören zur gleichen Art wie die Bösen. Der Oberste der Bösen (beachte den Übergang vom Plural zum Singular!) kam durch seine Undankbarkeit Allah gegenüber zu Fall. Wer also Allahs Gaben verschwendet und missbraucht, ist Allah gegenüber undankbar. (Juusuf `Allii)

 

 

28. Und wenn du dich91 von ihnen92 wegwenden musst93 und (selbst) einen Gnadeerweis deines Herrn zu erbitten suchst, so sprich zu ihnen in besänftigender Weise.94

 

91. Aufgrund deiner Unfähigkeit, ihnen zu helfen. (Darjabadi)

 

92. Von denen, die materielle Hilfe von dir erbitten. (Darjabadi)

 

93. Wenn du gegenwärtig nicht die Mittel hast, anderen zu helfen, und deine Hilfeleistung hinausschieben musst, bis Allah deine eigene Situation erleichtert hat. (Darjabadi)

Wenn du selbst in Not bist und anderen nicht helfen kannst. (Asad)

 

94. Dies ist das 14. Gebot. (Safwat Al-Bajaan) Er soll sie auf bessere Zeiten vertrösten. (Qutb)

Es kann zweierlei Gründe dafür geben, sich von jemandem „abzuwenden:

1. man hat vielleicht nicht die Mittel, sie zu unterstützen und ihnen ihre Rechte zu gewähren; oder

2. man muss sie vielleicht meiden, weil sie andere Absichten haben. In beiden Fällen besteht kein Grund, unfreundlich mit ihnen zu sprechen. Man soll sich nicht auf kühle Höflichkeit beschränken, sondern sich um die Art von Freundlichkeit bemühen, die aus Mitgefühl und Verständnis kommt und die Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang erleichtert. (Juusuf `Allii)

Der Mensch soll sein Vermögen und sein Einkommen nicht nur für sich selbst verwenden. Er soll sich Mühe geben, auf bescheidene Weise seine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und außerdem Verwandten, Nachbarn und anderen bedürftigen Personen ihr Recht zu gewähren. Diese Haltung trägt dazu bei, eine Atmosphäre der Zusammenarbeit, Sympathie und Gerechtigkeit in der Gemeinschaft zu schaffen. Wenn sich jemand bei einem anderen entschuldigen muss, weil er ihm nicht helfen kann, sollte er Allah bitten, ihm diese Hilfe bald wieder zu ermöglichen. Auf dieser Grundlage entstand schließlich das Gebot, Sakach („Armensteuer") und Sadaqa (freiwillige Spende) zu zahlen. Die Rechte der Waisen wurden dadurch ebenso bestimmt wie die Sitte, dass jeder Haushalt einen Reisenden drei Tage beherbergen sollte. Dadurch entstanden Gefühle der gegenseitigen Solidarität, die so weit gingen, dass die Menschen aus eigenem Antrieb diesen moralischen Verpflichtungen nachkamen, die weder eingeklagt noch gesetzlich erzwungen werden konnten. (Maududi)

 


29. Und fessele deine Hand nicht an deinen Nacken,95 doch strecke sie auch nicht unendlich aus,96 damit du nicht zu tadeln bist und nicht mittellos dasitzt.97

 

95. 15. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

„Die Hand an den Nacken gebunden" ist eine Umschreibung für Geiz und besonders für die Abneigung dagegen, anderen zu helfen. (Asad)

Vergleiche auch den Ausdruck für Geiz in Surach 5:67. Wir sollen nicht so freizügig sein, dass wir uns selbst ins Elend bringen und von vernünftigen Menschen getadelt werden müssen, aber es ist ebenso falsch, unsere Mittel denen vorzuenthalten, die ein Anrecht auf unsere Hilfe haben, oder sie nicht für gute Zwecke einzusetzen. Wir müssen jedoch den Mittelweg zwischen unseren Möglichkeiten und den Bedürfnissen anderer Menschen finden. (Juusuf `Allii)

 

96. 16. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Sei weder geizig noch zu großzügig, sondern befolge den Mittelweg zwischen diesen Extremen. (Darjabadi)

 

97. Wenn wir Ajach 27 und 29 zusammen lesen, wird deutlich, dass der Qur’an die Menschen ermahnt, dem goldenen Mittelweg zu folgen, das heißt, sie sollen weder geizig sein und ihr Vermögen aus dem Umlauf ziehen, noch extravagant ihre eigene Wirtschaft ruinieren. Sie sollen lernen, sich auf ausgeglichene Weise zu verhalten, so dass sie Geld ausgeben, wo es ausgegeben werden sollte, aber es nicht verschwenden und sich selbst in Schwierigkeiten bringen. Dies sind nicht nur moralische Instruktionen für Individuen. Sie sollen ebenso die islamische Gesellschaft vor Extravaganz schützen. Im islamischen Staat von Medina wurden dementsprechend praktische Maßnahmen ergriffen. Viele Formen von Luxus und Extravaganz wurden gesetzlich verboten und geahndet. Soziale Reformen wurden durchgeführt, um alle Bräuche zu unterbinden, die zu solchen Extravaganzen führten. Die Pflicht, Sakach zu zahlen, trug dazu bei, dass Geiz als Haltung abgebaut wurde. Es entstand eine öffentliche Meinung, die es den Menschen ermöglichte, zwischen Großzügigkeit und Verschwendung sowie zwischen Geiz und Sparsamkeit zu unterscheiden. Diese innere moralische Haltung wurde ein Bestandteil des islamischen Gesellschaftslebens, so dass bis heute geizige Menschen getadelt und großzügige Menschen überall geachtet werden. (Maududi)

 

 

30. Wahrlich, dein Herr gewährt reichlich Unterhalt98 wem Er will und beschränkt ihn auch.99 Denn Er ist fürwahr mit Seinen Dienern vertraut und sieht sie wohl.100

 

98. Das heißt Er versorgt reichlich und großzügig. (Darjabadi)

 

99. Wenn ein unvernünftiger Verschwender vorgibt, seine Großzügigkeit sei gut für viele Menschen, auch wenn sie ihn selbst ruiniert, dann wird er hiermit daran erinnert, dass Allah für alle Menschen sorgt. Er kennt die wahren Bedürfnisse jedes einzelnen und erfüllt sie. Einigen gibt Er reichlich, aber allen gibt Er nach gerechtem Maß. Wer sind wir, dass wir vorgeben könnten, großzügiger zu sein? (Juusuf `Allii)

Er misst Seine Versorgung den Umständen entsprechend zu. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 13:26 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)


100. Der Mensch ist nicht in der Lage, die Weisheit zu erkennen, die in der ungleichen Versorgung der einzelnen liegt. Es wäre falsch, eine künstliche Gleichmacherei herbeiführen zu wollen. Das beste wirtschaftliche System ist eins, das auf den Geboten Allahs zur Verteilung des Eigentums beruht. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 17:17; 17:96; 35:31 und 42:27 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

 

Abschnitt 4

 

31. Und tötet nicht eure Kinder101 aus Furcht vor Armut. Denn Wir gewähren ihnen und euch Unterhalt.102 Wahrlich, sie zu töten ist ein großes Vergehen.103

 

101. „Tötet nicht eure Kinder" stellt das 17. Gebot dar. (Safwat Al-Bajaan)

Bei den Arabern war es verbreitet, neugeborene Mädchen zu töten. In einer Gesellschaft, die sich ständig im Kriegszustand befand, galt ein Sohn als Quelle der Kraft, während eine Tochter als Quelle der Schwäche angesehen wurde. Bis heute ist in einigen Ländern Kindestötung aus wirtschaftlichen Gründen nicht unbekannt. Dieses Verbrechen gegen das Leben von Kindern wird hier als eins der größten Verbrechen beschrieben.

(Juusuf `Allii)

Historisch kann sich dies auf den vorislamischen arabischen Brauch beziehen, unerwünschte neugeborene Mädchen lebendig zu begraben (vergleiche auch Surach 81:8-8 und die entsprechenden Fußnoten), oder auf die gelegentliche Sitte, männliche Kinder ihren Göttern zu opfern, die jedoch wesentlich seltener war. Darüber hinaus hat dieses Gebot jedoch zeitlose Gültigkeit, denn es bezieht sich auch auf Abtreibungen „aus Furcht vor Armut", das heißt aus rein wirtschaftlichen Gründen. (Asad)

 

102. An dieser Stelle erwähnt der Qur’an die Versorgung der Kinder vor der der Eltern, in Surach 6:15 jedoch ist es umgekehrt: „Wir versorgen euch und sie." Hier handelt es sich um die Furcht vor einer (eventuellen) Verarmung, die in Zukunft durch die Kinder eintreten könnte, und deswegen wird ihre Versorgung der der Eltern vorausgeschickt. In Surach 6 wird ihre Tötung aus bereits vorhandener Armut der Eltern verboten. Deswegen wird dort die Versorgung der Eltern zuerst erwähnt. (Qutb)

 

103. Selbst die Gegner des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, müssen zugeben, dass er mit dem Verbot der Kindestötung eine bedeutende soziale Reform durchgesetzt hat. (Darjabadi)

 

 

32. Und kommt der Unzucht nicht nahe,104 denn das ist fürwahr eine Abscheulichkeit105 und ein übler Weg.106

 

104. Das ist das 18. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Zwischen dem Verbot, Kinder zu töten, und dem Verbot der Unzucht und des Ehebruchs besteht nämlich ein Zusammenhang, ebenso wie auch zum Verbot des Tötens überhaupt. Von einem anderen Standpunkt aus betrachtet ist Töten im Ehebruch impliziert, denn er führt oft zur Abtreibung oder Kindestötung, und ein Kind aus einer ehebrecherischen Verbindung, wenn es am Leben gelassen wird, muss oft ein verachtetes oder elendes Leben führen. Was Tötung in einer anderen Form darstellt. Sie sind auch eine Art des Tötens für die Gemeinschaft, weil sie ihr soziales Gefüge untergräbt,

die Ehe zum unnötigen Gebilde degradiert und somit auch die Familie, in deren Schoß die Kinder wohlbehütet aufwachsen, in Frage stellt. (Qutb)

Das arabische Wort “Sinaa“ ist umfassender als das deutsche Wort „Ehebruch", das außereheliche Beziehungen verheirateter Personen bezeichnet, oder „Unzucht", das sich auf unverheiratete Personen bezieht. Es umfasst jede Art außerehelicher sexueller Beziehungen. (Darjabadi)

Wörtlich: „nähert euch nicht dem Ehebruch". Damit wird das Verbot intensiviert. (Asad)

Vergleiche auch Surach 6:151 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

105. Ehebruch ist an sich abscheulich und erniedrigend für die Seele. Der Islam verurteilt Ehebruch, Promiskuität und Unkeuschheit in jeder Form. (Darjabadi)

 

106. Wörtlich: „es ist übel als Weg". Und es ist ein Übel, das den Weg zu anderen Missständen öffnet. Ehebruch ist nicht nur an sich schandhaft und nicht mit Selbstrespekt oder dem Respekt vor anderen in Einklang zu bringen, sondern er führt zu weiteren Übeln. Er zerstört die Grundlage des Familienlebens; er wirkt sich gegen die Interessen der schon geborenen oder noch ungeborenen Kinder aus; er kann Morde, Fehden und den Verlust von Ruf und Eigentum verursachen sowie auch auf Dauer die sozialen Bindungen lösen. Wir sollten ihn nicht nur meiden, sondern auch jede Annäherung oder Versuchung in dieser Richtung. (Juusuf `Allii)

Ehebruch führt zu anderen Lastern und hat eine äußerst zersetzende Wirkung. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 4:22. (Anm. d. Übers.)

 

 

33. Und tötet keine Seele, die (zu töten) Allah verboten hat, es sei denn mit Berechtigung.107 Wird jedoch jemand unrechtmäßig getötet, so geben Wir seinem nächsten Anverwandten

Ermächtigung,108 doch soll er beim Töten das Maß nicht überschreiten,109 denn ihm wird gewiss Hilfe zuteil.110

 

107. Dies ist das 19. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Islam ist der Diin des Lebens und des Friedens. Nach Abgötterei ist Mord das größte Verbrechen, denn Allah ist Derjenige, Der das Leben schenkt, und außer Ihm steht es niemandem zu, es wieder zu nehmen, es sei denn mit Seiner Zustimmung und innerhalb der Rahmenbedingungen, die Er dafür gesetzt hat. Jedes Leben ist unverletzlich, es sei denn, es lägen rechtliche Gründe vor. Diese rechtlichen Gründe sind genau festgelegt. In „Al Sahihein", wird erwähnt, dass der Prophet Muhammad - Friede sei mit ihm - sagte: „Das Blut eines Muslims, der bezeugt, dass es außer Allah keinen Gott gibt, und dass Muhammad Sein Gesandter ist, darf nicht vergossen werden, es sei denn aus drei Gründen: als Vergeltung für ein anderes Menschenleben; wenn ein Verheirateter Ehebruch begeht; oder wenn er den Islam aufgibt und zugleich in seiner Gemeinschaft Zwietracht gestiftet hat." (Qutb)

Als Vollstreckung eines Gerichtsurteils oder in einem gerechtfertigten Krieg (vergleiche auch Surach 2:190 und die entsprechende Fußnote) oder in individueller legitimer Selbstverteidigung. (Asad)

Dies bedeutet nicht nur, dass man andere nicht töten darf, sondern ist auch ein Verbot des Selbstmordes, der auch eine Art von Mord ist. Wenn jemand glaubt, er sei „Herr seiner selbst" und habe daher das Recht, sich selbst zu töten oder sein Eigentum zu vernichten, dann vergisst er, dass jede Seele Allah gehört und niemand das Recht hat, sie zu töten oder auch nur zu missbrauchen. Diese Welt ist ein Ort, wo wir geprüft werden, wobei es für die Prüfung keine Rolle spielt, ob unsere Lebensumstände günstig oder ungünstig für uns sind. Es wäre falsch, davor davonzulaufen, geschweige denn ein so furchtbares Verbrechen wie Selbstmord zu begehen. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 6:151 und 4:92 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

108. Vergeltung darf nur nach Gerechtigkeit geübt werden. Den Angehörigen des Opfers steht das Recht zu, entweder den Mörder hinzurichten oder statt dessen von ihm Blutgeld anzunehmen oder ganz auf Strafe zu verzichten. (Qutb)

Unter strengen Bedingungen ist es erlaubt, *ein Leben für ein Leben zu nehmen. Diese Forderung steht dem Erben eines Ermordeten zu; er darf jedoch die Bedingungen nicht überschreiten. (Juusuf `Allii)

In diesem Zusammenhang wir der Begriff “Wali“ (wörtlich: „jemand der sich für jemandes Rechte einsetzt) meist auf den Erben oder nächsten Angehörigen des Opfers bezogen. Samachsari betont jedoch, dass es sich auch auf die Regierung beziehen kann, die „sich für die Rechte aller Bürger einsetzt". Der Ausdruck “qutila masluuman“ („unrechtmäßig getötet") weist darauf hin, dass hier nur Fälle von absichtlichem Mord gemeint sind, denn das Wort “Sulm“ wird im Qur’an nur für absichtliches, nie aber für versehentliches Unrecht gebraucht. (Asad)

 

109. Das 20. Gebot. (Safwat Al-Tafasir)

Das Gesetz steht auf seiner Seite. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, das „er" beziehe sich auf den Erben der Person, gegen die sich die Vergeltung richtet, denn auch auf seiner Seite steht das Recht, wenn der Erbe des Ermordeten seine Rechte überschreitet. (Juusuf `Allii)

Als Gegenleistung für die Machtbefugnis, die dem Erben über den Mörder gegeben wird, wird er dazu verpflichtet in dieser Hinsicht keine Überschreitung zu begehen, indem er beispielsweise einen anderen als den, der die Tat begangen hat, für ihn tötet oder dessen Leiche verstümmelt. (Qutb)

Der Verteidiger der Rechte des Opfers darf also die Strafe nicht gegen einen anderen als den tatsächlichen Mörder verhängen, sondern er muss auch je nach der Lage des Falles mildernde Umstände anerkennen und gegebenenfalls von einer Bestrafung überhaupt absehen. (Asad)

Übertreibung wäre auch, mehr Personen als den Mörder selbst zu töten, den Täter zu foltern oder seine Leiche zu entstellen oder ihn zu töten, nachdem man schon Blutgeld angenommen hat, und ähnliches. (Maududi)

 

110. Das heißt, in diesem Leben wird von seinem Mörder Vergeltung gefordert, und im zukünftigen Leben wird ihm ein Segen zuteil, den Allah allen schenkt, die ohne rechtmäßigen Grund getötet wurden (Rasi).

Einige Kommentatoren beziehen jedoch das „er" auf den Verteidiger der Rechte des Ermordeten und interpretieren den Satz: „Das Gesetz ist auf seiner Seite, darum darf er nicht mehr als die gerechte Vergeltung verlangen." (Asad)

Auf welche Weise die Hilfe kommt, wird hier nicht definiert, denn zur Zeit der Offenbarung war der islamische Staat noch nicht gegründet. Danach aber wurde deutlich gemacht, dass der Erbe des Opfers nicht berechtigt war, Vergeltung zu fordern, indem er einfach den Täter ermordete. Nur die islamische Regierung ist bevollmächtigt, für Vergeltung zu sorgen. (Maududi)

 

 

34. Und kommt nicht dem Besitz der Waisen nahe, es sei denn zu (ihrem) Vorteil,111 bis sie ihre Volljährigkeit erreicht hat.112 Und haltet das Versprechen ein.113 Wahrlich, für (die

Einhaltung) des Versprechens wird Rechenschaft gefordert.114

 

111. Das 21. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Auf die Unverletzlichkeit von Ehre und Leben ist in den nun folgenden Abschnitten von der Unverletzlichkeit des Eigentums von Waisen und von vertraglichen Vereinbarungen die Rede. Der Islam schützt all dieses, und der Prophet Muchammad - Friede sei mit ihm - sagte: „Für jeden Muslim ist Blut, Ehre und Eigentum jedes anderen Muslims unantastbar." Dieses Gebot wird in Bezug auf das Eigentum der Waise noch intensiviert, indem vor der bloßen Annäherung gewarnt wird, es sei denn zu ihrem Vorteil." Denn Waisen sind zu schwach, um selbst Eigentum zu verwalten oder zu schützen, deswegen obliegt diese Pflicht der islamischen Gemeinschaft, bis die Waise selbst das geschäftsfähige Alter erreicht hat. (Qutb)

Vergleiche auch Surach 6:152, und andere Abschnitte, die sich auf die Rechte der Waisen beziehen, beispielsweise Surach 2:220. Wenn jemand das Vermögen einer Waise anrührt, sollte das nur geschehen, um es zu vermehren oder gegen etwas besseres einzutauschen, niemals aber um eines persönlichen Vorteils willen. Ein Geschäft, das zwischen gleichwertigen Partnern völlig legal ist, kann zwischen einer Waise und dem Vormund unfair sein. (Juusuf `Allii)

 

112. “Aschud“ bedeutet das Alter, wenn die Waise die volle Reife der Durchsetzungskraft und Vernunft erreicht hat, etwa zwischen dem Alter von 18 bis 30 Jahren. Das Volljährigkeitsalter kann bei 18 oder 21 Jahren liegen, oder in bestimmten Fällen im islamischen Recht niedriger als 18 Jahre. Im Falle einer Waisen müssen strengere Normen beachtet werden. (Juusuf `Allii)

Auch dies war nicht nur eine moralische Verpflichtung. Nach Gründen des islamischen Staates wurden rechtliche und administrative Maßnahmen ergriffen, um die Rechte der Waisen zu garantieren. Einzelheiten finden wir in der Hadis- und Fiqch- Literatur. Das Prinzip wurde auf alle diejenigen Bürger ausgeweitet, die nicht in der Lage waren, ihre eigenen Interessen wahrzunehmen. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst erklärte: „Ich bin der Vormund dessen, der keinen Vormund hat". (Maududi)

 

113. Dies ist das 22. Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Der bestimmte Artikel („haltet das Versprechen ein") hat hier verallgemeinernde Bedeutung und wird am besten übersetzt: „jeden Vertrag". (Juusuf `Ali)

 

114. Allah wird dereinst nicht nur danach fragen, ob jemand zu seinem Wort gestanden hat, sondern auch denjenigen zur Rechenschaft ziehen, der sein Wort gebrochen hat. (Qutb)

Für jedes Versprechen wird Rechenschaft gefordert, oder jedes Versprechen wird untersucht. (Asad)

Dies ist nicht nur eine moralische Verpflichtung für Einzelpersonen, sondern wurde nach Gründung des islamischen Staates Leitprinzip für alle inneren und äußeren Angelegenheiten der Gemeinschaft und der Regierung. (Maududi)


 

35. Und gebt volles Maß, wenn ihr ausmesst, und wiegt mit richtigem Gewicht.111 Dies bringt Gutes (ins Diesseits) und einen guten Ausgang (dereinst).116

 

115. Hier folgen Gebot 23 und 24. (Safwat Al-Tafaasir)

Vom Einhalten der Verträge geht es nun zur Gewissenhaftigkeit beim Zumessen und Wiegen. (Qutb)

“Mustaqim“ bedeutet wörtlich: „gerade". Dieser Begriff hat im Qur’an ausnahmslos eine geistige oder moralische Bedeutung. Deswegen bezieht er sich - wie in einer ähnlichen Redewendung in Surach 6:152 - nicht nur auf geschäftliche Vorgänge, sondern auf alle zwischenmenschlichen Beziehungen. (Asad)

Als Teil der Aufgabe einer islamischen Regierung ergab sich daraus die Überwachung der Handelsgeschäfte und die Verhinderung und strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen diese Gebot. (Maududi)

 

116. Ehrlichkeit beim Ausmessen und Wiegen bringt Gutes im Diesseits und einen guten Ausgang im Jenseits entsprechend dem Wortlaut des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm: „Wer die Möglichkeit hat Verbotenes zu tun, aber aus Furcht vor Allah davon ablässt, dem wird Allah vor dem Jenseits einen besseren Ersatz im Diesseits schenken". (Qutb)

Volles Maß und Gewicht geben ist nicht nur in sich selbst gut und richtig, sondern bringt darüber hinaus geistige und materielle Vorteile. (Juusuf `Allii)

Das Ziel dieses Verhaltens ist das beste in dieser Welt und das beste im zukünftigen Leben. In dieser Welt, weil dadurch gegenseitiges Vertrauen entsteht. Auf dieser Grundlage gedeiht die Wirtschaft, und es entwickelt sich allgemeiner Wohlstand. Das Ziel des zukünftigen Lebens ist ohnehin völlig von Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Taqwa abhängig. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 4:59. (Anm. d. Übers.)


 

36. Und halte dich nicht an das, wovon du keine Kenntnis hast.117 Denn wahrlich, sowohl das Gehör wie das Gesicht und das Herz, sie alle werden dereinst darüber zur Rechenschaft gezogen.118

 

117. Das 24. Gebot. (Safwat Al-Tafaasir)

Neugier veranlasst uns manchmal, uns in Dinge einzumischen, die böse sind. Wir sollen uns vor dieser Gefahr schützen. Wir sollten nur auf Berichte von Leuten hören, die uns gut und zuverlässig bekannt sind, und Dinge sehen, die gut und lehrreich sind; ebenso sollen wir in uns Gefühle und Gedanken pflegen, von denen wir berechtigterweise annehmen können, dass sie uns geistig nützlich sind. Für die Nutzung aller dieser Fähigkeiten, die uns gegeben wurden, werden wir zur Rechenschaft gezogen. Sinnlose Neugier wird verurteilt. (Juusuf `Allii)

Dies bezieht sich auf unbegründete Annahmen über Ereignisse oder Menschen (damit auch auf Verleumdung und üble Nachrede), auf Aussagen, die nicht bewiesen werden können, sondern auf bloßen Vermutungen beruhen, oder auf Einmischung in eine gesellschaftliche Situation, die wir nicht richtig abschätzen können. (Asad)

Diese kurzen Worte beschreiben den vollkommenen Weg für Herz und Vernunft, nämlich den Weg tatsächlichen Wissens. Wer ihn beschreitet, fällt nicht Unwissenheit und Illusion zum Opfer und handelt und urteilt nicht auf der Grundlage bloßer Vermutungen. (Qutb)

 

118. Vernunft und Herz wie auch Gehör und Gesicht gehören zu den großen Dingen, die Allah dem Menschen anvertraut hat. Für ihre Anwendungsweise sind wir Allah verantwortlich. Der Gesandte Allahs - Friede sei mit ihm - sagte: „Die größte Lüge ist, wenn jemand behauptet, dass seine Augen etwas gesehen haben, was sie nicht sehen konnten." (Qutb)

Dieses Gebot bedeutet, dass wir niemals Vermutungen und Annahmen statt tatsächlichem Wissen folgen sollen. Es bezieht sich auf alle Aspekte des islamischen Lebens, auf Recht, Politik und Moral ebenso wie auf Wissenschaft, Kunst und Erziehung. Die islamische Ethik verlangt, sich vor Misstrauen zu hüten und niemanden ohne entsprechende Untersuchung zu verdächtigen. Dies gilt im Strafrecht ebenso wie für außenpolitische Beziehungen. Auch Wissenschaft, die auf bloßen Vermutungen und irrationalen Vermutungen beruht, wird abgelehnt. Damit wird der Aberglaube von der Wurzel her vernichtet. (Maududi)


 

37. Und gehe nicht voll Hochmut auf der Erde umher.119 Du kannst ja wahrlich weder die Erde spalten noch die Berge an Höhe erreichen.120

 

119. Dies ist das 25. und letzte Gebot. (Safwat Al-Bajaan)

Hochmut, Arroganz und Überschätzung unserer Macht und Fähigkeiten sind der erste Schritt zu vielen Missständen. Sie sind völlig unberechtigt, denn alle unsere Fähigkeiten wurden uns von Allah geschenkt.

(Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 31:18; 40:75 und 57:23. (Anm. d. Übers.)

 

120. Wenn der Mensch kein Gefühl für den Allmächtigen empfindet, so wird er überheblich durch das, was er an Reichtum, Macht, Kraft und Schönheit erreicht hat. Würde er aber daran denken, dass dies alles Allahs Gaben sind, und dass er in Wirklichkeit klein und schwach ist vor Allahs Macht und Stärke, so würde er seinen Hochmut zurücknehmen und seine Einbildung in Zaum halten. Mit seinem kleinen schmächtigen Körper ist er nichts im Verhältnis zu den mächtigen Gebilden, die Allah erschaffen hat. Er ist stark nur durch die Kraft, die Allah ihm gab, angesehen durch die Ehre, die ihm von Allah verliehen wurde, edel durch den Geist, den Allah ihm einhauchte, damit er in engem Kontakt zu Ihm stehe, nach Ihm trachte und Seiner stets eingedenk sei. (Qutb)

Dieses Gebot warnt vor der Verhaltensweise von Tyrannen und selbstherrlichen Menschen und gilt nicht nur für einzelne, sondern ebenso für das kollektive Verhalten der muslimischen Gemeinschaft. Verantwortliche des islamischen Staates sollten frei von jeder Spur von Tyrannei, Arroganz, Hochmut und Eitelkeit sein. In Verhalten, Kleidung und Wohnung sollten sie bescheiden sein. (Maududi)

 

 

38. Das Übel all dessen ist bei Allah verhasst.121

 

121. Allah lehnt alles das, was Er verboten hat, ab; oder: Er lehnt Ungehorsam gegenüber allen diesen Geboten ab. (Maududi)

Nach Ansicht einiger Kommentatoren bezieht sich dies auf den Inhalt der letzten beiden Ajachs. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich auf alle genannten Gebote bezieht, ob sie eindeutig ausgesprochen oder impliziert sind. (Asad)

 

 

39. Dies gehört zu dem, was dir dein Herr an Weisheit122 offenbart hat. Und nimm dir nicht mit Allah eine andere Gottheit,123 sonst wirst du in die Hölle geworfen, getadelt und verstoßen.124

 

122. Die in Ajach 23-39 erläuterten Gebote gehen weit über den Dekalog hinaus, indem sie Motivationen hervorheben und besondere Aufmerksamkeit auf die Schwachen und Hilflosen lenken. Für all dies sind wir verantwortlich, wenn wir ein geistiges Verständnis für Allah erlangen wollen. Es beginnt mit der Aufforderung, Allah zu dienen, und endet mit einer ähnlichen Aufforderung, die das Argument abrundet. Damit wird die Tatsache betont, dass Liebe zu Allah die Liebe zu unseren Mitmenschen und Mitgeschöpfen, ausgedrückt in praktischer Hilfe, einschließt. (Juusuf `Allii)

Beachte, dass das Wort “Hikma“ (normalerweise übersetzt mit „Weisheit") von dem Verb “hakama“ („er hielt zurück" oder „er schränkte ein", nämlich von einer nicht wünschenswerten Verhaltensweise) hergeleitet ist. Es bedeutet daher in erster Linie „etwas, das von bösem oder unvernünftigem Verhalten abhält", oder im positiven Sinne „Einsicht in das, was besser ist". Da dieser Begriff sich hier besonders auf das bezieht, was „hassenswert vor Allah ist", impliziert er ethisches Unterscheidungsvermögen (die Kenntnis dessen, was richtig und falsch ist) seitens des Menschen. Dies setzt wiederum das Vorhandensein absoluter, Allah gewollter ethischer Werte voraus. (Asad)


123. Da es keine Grundlage für die Annahme absoluter ethischer Werte gibt, das heißt unabhängig von der Zeit und den gesellschaftlichen Umständen, ohne einen Iman an Allah und Seine letztendliche Entscheidung, schließt der Abschnitt, wie er angefangen hat: mit einem Aufruf zur Erkenntnis von Allahs Einheit und Einzigartigkeit. (Asad)

 

124. Das Wort „getadelt" veranlasst uns zu einem Rückblick auf Ajach 29 dieser Surach. Dazwischen liegt eine Aufzählung von Vergehen, die aus Gier und der egoistischen Rücksichtslosigkeit gegenüber den Rechten anderer Menschen begangen werden. Das Wort „stoßen" erinnert uns an Ajach 18 dieser Surach; von dort an bis hierher werden Vergehen aufgeführt, die uns um Allahs Gnade bringen. Letzteres ist natürlich weiter gefasst als ersteres. Auf subtile Weise werden hier die beiden Gedankengänge verknüpft. (Juusuf `Allii)

 

 

40. Hat denn euer Herr für euch Söhne aus ersehen125 und für Sich Töchter unter den Engeln genommen?126 Ihr sprecht da wahrlich ein schwieriges Wort.

 

125. Damit sind die mekkanischen Götzendiener angesprochen. Sie maßen Söhnen einen sehr hohen Wert bei. (Darjabadi)

 

126. Vergleiche auch Surach 16:57-59. Das Gebot, Allah zu dienen, beinhaltet auch das Verbot, anderen als Allah zu dienen oder Allah auf falsche Weise zu dienen. In der Gesellschaft, in der Töchter verachtet wurden und sogar ihr Leben eigens geschützt werden musste, war es besonders abwegig, Allah Töchter zuzuschreiben. (Juusuf `Allii)

Dies ist eine Frage, die die ganze Missbilligung ausdrückt. Eine Missbilligung der Behauptung, die Engel seien Allahs Töchter. Allah ist gleichermaßen erhaben über Ehepartner und Kind, wie auch über Teilhaber oder Ebenbild! Während die Götzendiener selbst Söhne vorzogen und ihre Töchter oft aus Angst vor Armut, Schwäche oder Schande töteten, schrieben sie gleichzeitig Allah Töchter zu. Wenn nun aber Allah Derjenige ist, Der Söhne und Töchter schenken kann, sollte Er ihnen dann die höhergesetzten Söhne geben und Sich Selbst die Töchter, die niedriger geschätzt sind, vorbehalten? Diesen Diskurs führt Allah auf, um ihnen zu zeigen wie schwach und unsinnig ihre Behauptung ist. (Qutb)

Im vorislamischen Arabien stellte man sich die Engel als eine Art weibliche Untergottheiten vor und bezeichnete sie als „Töchter Allahs" trotz der Verachtung, die man für weibliche Nachkommen hegte. (Asad)

 

 

Abschnitt 5

 

41. Und Wir haben in diesem Qur’an (die Dinge) auf verschiedenste Weise dargelegt,128 damit sie ermahnt seien,129 doch es lässt sie nur umso mehr (von der Wahrheit) abrücken.130

 

127. Vergleiche auch Surach 53:22. (Anm. d. Übers.)

 

128. Nämlich das Thema der absoluten Reinheit und Einheit Allahs. (Darjabadi)

 

129. Im Qur’an werden die Dinge von allen Gesichtspunkten her erläutert, individuell wie rational, durch Geschichten, Gleichnisse und in Form kategorischer Gebote. Die Bösen jedoch entfernen sich oft noch mehr von der Wahrheit, statt von solchen Lehren zu profitieren. (Juusuf `Allii)

Um die Lehre des Monotheismus zu erklären und zu festigen, benutzt der Qur’an verschiedene Wege und Methoden, damit die Menschen ermahnt werden mögen. Der Iman an die Einheit Allahs braucht nicht mehr als eine Erinnerung und die Rückkehr zur menschlichen Naturanlage und ihrer Logik, wie auch zu den Zeichen dieses Daseins und ihrer Beweisführung. (Qutb)

 

130. Vergleiche auch Surach 35:42 und 25:60. (Anm. d. Übers.)

Je mehr sie den Qur’an hören, umso mehr fliehen sie vor ihm aus Angst, dass der Islam, den er beinhaltet, über den ihrigen dominieren könnte. (Qutb)

 

 

42. Sprich: „Gäbe es neben Ihm Gottheiten, so wie sie sagen,131 so würden selbst diese danach trachten, zum Herrn des Thrones zu gelangen.132

 

131. Nämlich die Götzendiener (Darjabadi)

 

132. Es gibt nur einen Allah. Gäbe es jene angeblichen Ungottheiten, dann müssten diese sich doch wieder an Allah und Seine Macht halten, denn sie könnten ohne Ihn nichts tun. Die islamische Vorstellung von der Einheit Allahs ist damit ganz anders als polytheistische Vorstellungen von einem Pantheon mit einem obersten Gott.

(Juusuf `Allii)

Die Untergottheiten würden vielleicht versuchen, mit Allah zu konkurrieren, ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen und ihren eigenen Willen durchzusetzen. (Darjabadi)

Der Begriff 'arg (wörtlich: „Thron" oder passender „Sitz der Macht") wird im Qur’an benutzt, um Allahs absolute Herrschaft über alles Existierende zu bezeichnen. Darüber hinaus sind sich die Kommentatoren über die Bedeutung dieses Ajachs nicht völlig einig. Einige verstehen ihn dahingehend, dass die Untergottheiten versuchen würden, Allah Seine Macht zu nehmen und Chaos im Universum hervorzurufen. Andere - unter ihnen besonders Tabari und ibn Kasir - bieten eine bessere, wenn auch komplizierter Erklärung. Ausgehend von der legitimen Annahme, dass diejenigen, die an die Existenz mehrerer Gottheiten glauben, diese nur als Mittel zwischen Mensch und Allah ansehen, argumentieren sie wie folgt: würden diese gottähnlichen Mittler tatsächlich existieren, dann müssten auch sie Ihn als höchstes Wesen anerkennen und damit zugeben, dass sie keine eigenständige Macht besitzen und letztendlich von Ihm völlig abhängig sind. Diese unvermeidliche Schlussfolgerung bedeutet eine Ablehnung aller Eigenschaften Allahs dieser imaginären „Mittler". Ist es dann nicht folgerichtiger, sich direkt an Allah zu wenden, der allmächtig ist und alles sieht und hört? (Asad)

 

 

43. Gepriesen sei Er und Hocherhaben über das, was sie zu sagen pflegen!"133

 

133. Das heißt weit entfernt ist Er von aller Unvollkommenheit und der Unvollständigkeit, die impliziert ist, wenn von Nach­kommen die Rede ist. Schon allein die Vorstellung einer "Begrenzung" bedeutet die Möglichkeit eines Vergleiches oder einer Korrelation eines Objektes mit einem anderen: Allah aber ist einzigartig, "nichts ist Ihm gleich" (vergleiche Surach 42:11 und 2:4). Jeder Versuch, Ihm oder Seine Attribute einzugrenzen, ist eine logische Unmöglichkeit und vom ethischen Standpunkt her betrachtet eine Sünde. (Asad)

 

 

44. Ihn preisen die sieben Himmel134 und die Erde und wer (auch immer) in ihnen ist,135 und es gibt nichts, was nicht Sein Lob singt.136 Doch ihr könnt deren Lobpreisung nicht verstehen.137 Er ist wahrlich nachsichtig, verzeihend.138

 

134. Vergleiche Surach 2:29. Der Begriff “Sama'“ („Himmel") bezeichnet alles, was über etwas anderem ausgebreitet ist, so beispielsweise den sichtbaren Himmel, der sich wie ein Gewölbe über der Erde erhebt. So wird der Begriff im Qur’an in erster Linie gebraucht. Im weiteren Sinne bezeichnet er das „kosmische System". Die Zahl sieben ist im semitischen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit „mehrere", so wie siebzig für „viele" steht. Wenn wir dies im Zusammenhang mit der linguistischen Definition betrachten, dass jeder “samaa'“ “samaa'“ ist in Bezug auf das, was sich darunter befindet", dann können wir die „sieben Himmel" als eine „Mehrzahl kosmischer Systeme" erklären. (Asad)

 

135. Das gesamte Universum und alles darin bezeugt, dass ihr Schöpfer und Herr frei von allen Fehlern und Mängeln und weit darüber erhaben ist, dass jemand Anteil an Seiner Göttlichkeit haben könnte. (Maududi)

 

136. Jedes auf seine Weise und in seiner Sprache. Doch verstehen könnt ihr sie nicht, solange ihr nicht mit euren Herzen hinhorcht und sie nicht auf die verborgenen Geheimnisse dieses Daseins richtet. Würde die Seele zur Klarheit und Lauterkeit gelangen, so würde sie in die Lage versetzt, das Leben in Belebtem und Unbelebtem zu hören und zu fühlen. (Qutb)

Sie verkünden nicht nur die Herrlichkeit ihres Schöpfers, sondern beweisen, dass Er in jeder Hinsicht vollkommen und allen Lobes würdig ist. Alles Existierende beweist, dass sein Schöpfer Einer ist, dessen sämtliche Eigenschaften vollkommen sind. (Maududi)

 

137. Die ganze Schöpfung, belebte wie unbelebte, verkündet Sein Lob, die belebte bewusst, und die unbelebte, indem sie die Einheit und Herrlichkeit Allahs bezeugt. Mystiker glauben, dass auch unbelebte Geschöpfe beseelt sind, ein weiterer Ausdruck für Allahs Macht. Die ganze Natur bezeugt Seine Macht, Weisheit und Güte. Es sind nur solche wie „ihr", das heißt diejenigen, die ihre eigenen natürlichen Neigungen ablehnen und den Islam nur deswegen ablehnen, weil sie in begrenztem Maße einen freien Willen bekommen haben - die nicht einmal das begreifen, was jedes andere Geschöpf begreift und mit Stolz und Freude verkündet. Welch unendliche Erniedrigung für euch! Dennoch erträgt Allah geduldig euer Verhalten und vergibt euch. So weit geht Seine Güte. (Juusuf `Allii)

 

138. Er sucht euch nicht unmittelbar mit Seiner Vergeltung heim, sondern vergibt euch selbst jetzt noch, wenn ihr bereut und umkehrt. (Darjabadi)

Vor allem ist Er so langmütig und bereit zu vergeben, dass Er Individuen wie Gemeinschaften genügend Gelegenheit zur Umkehr einräumt, Seine Gesandten und vorbildliche Persönlichkeiten schickt, um sie zu ermahnen und zu leiten, und alle vergangenen Fehler und Irrtümer vergibt, wenn jemand aufrichtig bereut und den rechten Weg beschreitet. (Maududi)

 

 

45. Und wenn du den Qur’an vorträgst,139 führen Wir zwischen dir und denen, die nicht ans Jenseits den Iman verinnerlichen,140 eine unsichtbare Schranke herbei.141

 

139. Dieser Abschnitt schließt an Ajach 41 oben an. (Asad)

 

140. Die absichtlich den Islam ablehnen und zurückweisen. (Darjabadi)

 

141. Einige der angesehenen Quraischs hörten sich zwar den Qur’an an, doch sie mühten sich, ihre Herzen nicht dadurch erweichen zu lassen. Sodann senkte Allah eine unsichtbare Schranke zwischen ihnen und dem Gesandten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Qutb)

Einen unsichtbaren Schleier. Einige Kommentatoren verstehen “mastuur“ („unsichtbar") hier als gleichbedeutend mit “Saatir“: ein Schleier, der unsichtbar macht, ein dichter oder dunkler Schleier. Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Bedeutung von “mastuur“ im Sinne von „verborgen" oder „unsichtbar" mehr mit der mystischen Bedeutung des ganzen Abschnittes übereinstimmt. Wenn die gesamte Natur, die äußere wie die in uns selbst, Allahs Lob verkündet, dann sind jene Unglückseligen, die sich selbst von ihrer besseren Natur getrennt haben, völlig von den Gesandten Allahs und Seiner Offenbarung isoliert; dann

1. sind sie ihrer Gemeinschaft nicht würdig, und

2. müssen die Gesandten Allahs und ihre Botschaft vor dem Schaden und Schmerz geschützt werden, die Lästerung gegenüber Allahs oder Auflehnung ihrer makellosen Natur zufügen. Dadurch, dass der Schleier unsichtbar ist, ist er nicht weniger real. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche auch Surach 41:4; 31:7 und 36:9 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)


 

46. Und Wir haben ihre Herzen verhüllt,142 so dass sie nicht verstehen, und Taubheit in ihre Ohren gelegt.143 Wenn du deinen Herrn, den Einen, Einzigen, im Qur'an erwähnst,l44 dann kehren sie ihre Rücken und rücken (noch mehr von der Wahrheit) ab.145

 

142. Vergleiche auch Jesaja 6:9-10: „Und er sprach: Gehe hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehts nicht; sehet und merkt's nicht! Verstocke das Herz dieses Volkes und lass ihre Ohren taub sein und ihre Augen blind, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihren Herzen und sich nicht bekehren und genesen." (Darjabadi)

 

143. Wenn aufgrund ihrer absichtlichen Ablehnung der Wahrheit sich jener unsichtbare Schleier über die Kafirs senkt, bewirkt dies, dass ihr Verstand getrübt wird, so dass sie nichts begreifen, und ihre Ohren verstopft, so dass sie nicht hören. Mit anderen Worten verdichten sich die Ergebnisse des Bösen, so dass sie Allahs Gnade ausschließen. (Juusuf 'Allii)

Vergleiche auch Surach 6:25 und 2:7 und die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

Nach diesen Gesetzmäßigkeiten schließen sich diejenigen, die nicht an das zukünftige Leben den Iman verinnerlichen, selbst davon aus, vom Qur’an Nutzen zu ziehen. Allah führt diese Gesetzmäßigkeit auf sich selbst zurück und sagt: Das natürliche Ergebnis solchen Kufr ist, dass das Herz eines solchen Menschen unempfindlich und seine Ohren der Botschaft des Qur’ans gegenüber taub werden, denn der Qur’an fordert ja gerade zum Iman an das zukünftige Leben auf und begründet damit seine Botschaft. (Maududi)

 

144. Wobei du die Existenz von Gottheiten neben Ihm oder Vermittlern zwischen Menschen und Allah leugnest. (Darjabadi)

 

145. Sie weichen der Lehre von der Einheit Allahs aus, die ihr soziales Gefüge bedroht, das auf falschem Diin und Gottheiten basiert. (Qutb)

Eine solche Abneigung empfinden sie gegenüber der Lehre von der Einheit Allahs. (Darjabadi)

 

 

47. Wir wissen sehr wohl,146 worauf sie hören, wenn sie dir zuhören. Und wenn sie sich insgeheim untereinander besprechen,147 dann sagen die Ungerechten:148 „Wahrlich, ihr folgt niemand anderem als einem Mann, der unter einem Zauberbann steht!"149

 

146. Allah kennt am besten ihre Absichten. (Darjabadi)

 

147. Vergleiche auch Fußnote 143 oben. Da dies der Fall ist, kann ihre einzige Absicht beim Zuhören nur die sein, darüber zu spotten, statt sich belehren zu lassen. Sie geben zwar vor zuzuhören. Aber wenn sie mit ihresgleichen zusammentreffen, zeigen sie ihr wahres Gesicht. Vergleiche auch Surach 2:14. Sie können nicht umhin einzusehen, dass in Allahs Wort eine einzigartige Anziehungskraft und Schönheit liegt, dass es tröstet, hilft und viele Menschen erhöht, die es mit der richtigen Einstellung aufnehmen. Darum geben sie vor, solchen Menschen überlegen zu sein, und lachen sie aus, weil sie jemandem zuhören, der ihrer Ansicht nach unter dem Einfluss magischer Kräfte steht. (Juusuf `Allii)

Sie wollen in der Botschaft des Qur’ans etwas finden, was sie bemängeln können. (Asad)

 

148. Zu Muslimen, die sich vielleicht in ihrer Gesellschaft befinden. (Darjabadi)

 

149. Diese Worte zeigen, dass sie doch ergriffen sind von der Sprache des Qur’ans. Sie spüren in ihrem Inneren, dass sie für einen Menschen zu hoch gegriffen ist. Sie führen dies aber auf einen Zauber und dessen Kraft zurück. Wären sie gerecht, so hätten sie sagen müssen: „Dies muss Allahs Wort sein, denn solches könnte niemals von einem Menschen, oder einem anderen Geschöpf verfasst sein. (Qutb)

Den Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als besessen oder von magischen Mächten beeinflusst zu erklären, unterscheidet sich nicht von modernen Behauptungen, er sei Epileptiker oder ein Opfer von Autosuggestion gewesen. (Darjabadi)

Auf diese Weise versuchten sie, Muslime von Allahs Botschaft abzubringen. (Maududi)

 

 

48. Schau auf welche Weise sie dir die Gleichnisse prägen,150 doch sie sind irregegangen und sie werden nie einen Weg finden können.151

 

150. Indem sie dich einmal als Dichter und einmal als Narren oder als Wahrsager oder Magier bezeichnen. (Darjabadi)

 

151. Das hier benutzte Wort ist “Sabilan“, „einen Weg", nicht „den Weg". Sie sind in die Irre gegangen und haben den Weg verloren. Sie können keinerlei Mittel finden, zu diesem Weg zurückzukehren, sich selbst zu rechtfertigen oder ihre boshaften Vergleiche gutzumachen. (Juusuf `Allii)

 

 

49. Und sie sagen:152 „Wenn wir zu Knochen153 und Staub154 geworden sind, sollen wir dann in einer neuen Schöpfung wiedererweckt werden?"155

 

152. Nämlich die Götzendiener, die eine Auferstehung leugnen. (Darjabadi)

 

153. In unseren Gräbern, wenn das Fleisch zerfallen ist. (Darjabadi)

 

154. Und wenn selbst diese Knochen zerbröckelt sind. (Darjabadi)

 

155. Sie wollen nicht wahrhaben, dass Allah, der sie einmal aus nichts erschaffen hat, sie immer wieder neu erschaffen kann, mitsamt der Erinnerung an ihre Vergangenheit, so dass Er sie dafür zur Rechenschaft ziehen kann, wie sie ihre Begabungen und Möglichkeiten genutzt oder missbraucht haben, die Er ihnen gegeben hatte. Was ist eine neue Schöpfung, wenn nicht dies? (Juusuf `Allii)

Sie wollen nämlich nicht darüber nachdenken, dass sie ursprünglich nicht lebendig waren und dass das zukünftige Leben nicht anders entsteht als das jetzige. Vor der Allmacht Allahs stellt sich das eine nicht schwerer dar als das andere, denn das Instrument jeder Erschaffung ist das „Sei!" und es ist. (Qutb)

 


 

50. Sprich: „Selbst wenn ihr zu Stein oder zu Eisen würdet,156

 

156. Dinge, die noch weiter vom Leben entfernt sind als die Knochen eines toten Menschen. (Darjabadi)

 

 

51. Oder sonst zu einer anderen Schöpfung, die ihr selbst für noch härter haltet!"157 Da werden sie sagen: „Wer wird uns wiedererwecken?"158 Sprich: „Derjenige, Der euch das erste Mal erschuf." Alsdann werden sie ihre Köpfe vor dir schütteln und sagen: „Wann wird das sein?"159 Sprich: „Es mag sein, dass es schon nahe bevorsteht.160

 

157. Knochen, Staub oder Asche mögen vielleicht noch Überreste von der Persönlichkeit enthalten, deren Bestandteile sie einst bildeten. Aber selbst wenn die Menschen zu Stein oder zu Eisen würden oder zu irgend etwas, dessen Belebung ihnen völlig unvorstellbar erscheint, wäre es für Allah dennoch nicht unmöglich. Er hat eine eindeutige Botschaft gesandt, dass wir über unser Leben Rechenschaft ablegen müssen, und Seine Botschaft ist notwendigerweise wahr. (Juusuf `Allii)

 

158. Vergleiche auch Surach 10:4 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

159. Und obwohl das Problem auf eine ganz klare Weise gelöst wurde, bleiben sie hartnäckig und heben oder senken ihre Köpfe missbilligend und spottend. (Qutb)

Der Skeptiker ändert seine Taktik, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt. Das Argument, dies könne nicht geschehen, ist nicht mehr haltbar. Er wird verunsichert und sagt: Na, also wann geschieht es dann?" Den wirklichen Zeitpunkt kennt kein Mensch. In der Tat gilt es bei diesem Ereignis gar keine Zeit mehr. Unsere relativen Vorstellungen von Zeit und Raum entfallen vollständig, und uns scheint, als sei es nicht zu lange hinausgezögert worden, sondern zu plötzlich eingetroffen. Siehe auch den nächsten Ajach. (Juusuf `Allii)

Sie schütteln verständnislos den Kopf. (Darjabadi)

 

160. Vergleiche Surach 33:63; 42:17; 21:109; 72:25 und 70:6-7 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.) Nehmt euch in acht. Denn dieser Tag wird unweigerlich kommen. (ibn Kasir)

Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kann diesen festgelegten Zeitpunkt nicht kennen. Möglicherweise ist es früher, als sie vermutet haben. Um so passender wäre es für sie, sein Eintreffen zu fürchten, während sie noch leugnen und spotten. (Qutb)

 

 

52. Eines Tages wird Er euch rufen, und ihr werdet antworten,161 indem ihr Ihn lobpreist.162 Und ihr werdet glauben, ihr hättet nur kurze Zeit verweilt."163


161. Sie antworten auf diesen Ruf. (Darjabadi)

 

162. Bei diesem Ajach kann es sich um eine Fortsetzung der wörtlichen Rede handeln, die im letzten Ajach mit dem Satz: „Es mag sein, dass es... " begonnen hat, muss aber nicht. Im letzteren Falle wäre die Antwort an den Skeptiker dort abgeschlossen, und diese Worte wären eine allgemeine Feststellung, die sich auch auf die Rechtschaffenen bezieht, die auferstehen und Allahs Lob verkünden. Insgesamt ziehe ich jedoch vor, diesen Ajach als Teil der Antwort zu betrachten. (Juusuf `Allii)

Selbst wenn sie das ganze Leben lang Allah geleugnet haben, sind sie letztendlich in diesem Augenblick nur in der Lage,Ihn zu verherrlichen. (Qutb)

In der Welt und im Grab. (Darjabadi)

Die Mu’mins preisen Allah, weil sie bereits im irdischen Leben an Ihn den Iman verinnerlichten und ihre Überzeugung verwirklichten. Auch die Kafirs werden zwangsläufig Allah preisen, und zwar aufgrund ihrer eigenen inneren Veranlagung, die sie in ihrer Unvernunft unterdrückt hatten. Alle solche Unterdrückung verschwindet in diesem neuen Leben, so dass sie unwillkürlich in Allahs Lob einstimmen. (Maududi)

 

163. Die Wertschätzung des Lebens in dieser Welt wird durch diese bildliche Darstellung gemindert werden. Es ist wie ein Schatten, der schnell weicht. (Qutb)

Wie stark die geistige Blindheit im irdischen Leben auch gewesen sein mag, die „neue Schöpfung" öffnet die Augen für die Wahrheit. Über Allahs Wirklichkeit kann sich dann niemand mehr täuschen, und alle müssen zwangsläufig die Wahrheit erkennen und Allahs Lob verkünden. Alle werden auch überrascht sein über die scheinbar kurze Zeitspanne, die seit ihrem vergänglichen Erdenleben verstrichen ist. (Juusuf `Allii)

 

 

Abschnitt 6

 

53. Und sage Meinen Dienern,164 dass sie nur so sprechen sollen, wie es am besten ist.165 Denn der Scheytan richtet fürwahr Unheil an zwischen ihnen. `Wahrlich, der Scheytan ist dem Menschen ein offenkundiger Feind.167

 

164. Von denen, die die Wiederauferstehung leugnen, wendet sich nun der Text ab zu den Mu’mins, um sie zu leiten. (Qutb)

...die Mu’min sind. (Al-Dschalalain)

Zu den Muslimen, die natürlich empört über das Verhalten der Kafirs waren. (Darjabadi)

 

165. Sie sollen in ihren Unterhaltungen und Disputen auf die guten Worte achten und nur das beste aussprechen. (ibn Kasir)

Dieses Gebot bezieht sich auf zwei Situationen.

1. Selbst mit deinen Gegnern und den Feinden Allahs solltest du auf gute Weise sprechen: wie könntest du über andere urteilen? Das Urteil steht Allah allein zu, denn Er kennt euch (die ganze Menschheit) am besten, und dein persönliches Wissen ist günstigstenfalls unvollkommen.

2. Untereinander solltet ihr nicht misstrauisch sein, sondern höflich und mit der besten Redeweise miteinander verkehren. Ein falsches oder unfreundliches Wort kann alle eure Bemühungen zunichte machen, Einigkeit herzustellen, denn die Kräfte der Zwietracht sind zahlreicher als die Kräfte der Einigkeit. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 16:125 und 29:46 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

Selbst mit Kafirs und anderen Gegnern des Islams sollen die Mu’mins immer auf die beste Weise sprechen. Sie sollen weder harte Worte benutzen noch übertriebene Feststellungen machen, sondern in der Diskussion distanziert bleiben und nur das sagen, was wahr und angemessen ist, trotz allem provozierenden Verhalten der Opponenten. (Maududi)

 

166. Sie sollen überall und unter allen Umständen Gutes sprechen, um damit Scheytans List entgegenzuwirken, der durch böse Worte Unfrieden und Streit anstiften will. Gute Worte erfreuen die Herzen und vereinigen sie. (Qutb)

 

167. Ihm macht es Vergnügen, unter den Menschen Spaltungen zu verursachen. (Darjabadi)

Die Mu’mins sollen sich vor Scheytans Provokationen hüten: wenn ihr im Gespräch mit euren Gegnern spürt, dass Zorn in euch aufsteigt, sollt ihr gleich verstehen, dass Satan euch erregt, um eurem Gespräch zu schaden, denn er nutzt Menschen aus, um Streit zwischen ihnen zu säen. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 7:22 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

 

54. Euer Herr kennt euch am besten.168 Wenn Er will, erbarmt Er sich euer,169 oder wenn Er will, bestraft Er euch.170 Und Wir haben dich nicht als ihren Sachverhalter entsandt.171

 

168. Er kennt die Neigungen und Dispositionen jedes einzelnen. (Darjabadi)

Er weiß am besten, wer von euch Seine Rechtleitung verdient und wer nicht. (ibn Kasir)

 

169. Indem Er euch recht leitet. (Darjabadi)

...indem er euch zum Gehorsam und zur Umkehr verhilft. (ibn Kasir)

Der Mensch sollte sich nicht einen Augenblick lang Illusionen hingeben, die auf den Schluss hinauslaufen, er sei weiser als Allah. Allahs Wissen ist allumfassend. Wenn Er sich jemandem als barmherzig erweist, den wir als böse empfinden, oder jemanden straft, den wir für rechtschaffen halten, dann liegt der Fehler in unserem Wissen und unseren Schlussfolgerungen, nicht aber in Allahs gerechtem Plan. Nicht einmal die Propheten wurden gesandt, die Angelegenheiten der Menschen zu entscheiden, sondern nur um Allahs Botschaft zu verkünden. Um so weniger können sich gewöhnliche Menschen anmaßen, über andere zu urteilen. Allahs Wille und Plan übersteigt alles menschliche Wissen. (Juusuf `Allii)

 

170. Dies soll die Mu’mins davor warnen, dass sie für sich eine Sonderstellung beanspruchen, indem sie beispielsweise für sich selbst das Paradies erwarten und für ihre Gegner die Hölle. Allah allein hat die Macht, diese Entscheidung zu treffen, denn Er allein kennt die bekannten und die geheimen Regungen im Menschen. Er wird entscheiden, ob jemand Barmherzigkeit verdient oder Strafe. Wir können zwar anhand der Offenbarung sehen, dass eine bestimmte Art von Mensch Barmherzigkeit verdient und eine andere Allahs Zorn auf sich zieht, aber niemand hat das Recht, über das spezielle Schicksal eines einzelnen Menschen zu spekulieren. (Maududi)

 

171. Deswegen kommt es auch gar nicht in Frage, auf Kafirs Zwang auszuüben. (Darjabadi)

Das Wort “wakil“ übersetze ich in diesem Zusammenhang mit „jemand, der das Schicksal (eines anderen Wesens) bestimmen kann". Vergleiche auch Ajach 2 dieser Surach und die entsprechende Fußnote. Eine alternative, ebenso annehmbare Übersetzung wäre: „Wir haben dir bei deinem Auftrag nicht die Verantwortung für ihr Verhalten auferlegt." (Asad)

Wenn nicht einmal der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst das Schicksal der Menschen entscheiden kann, sollten wir uns hüten, jemandem Paradies oder Hölle zuzusprechen. (Maududi)

 


55. Und dein Herr weiß, was in den Himmeln und auf Erden ist.172 Und Wir haben einigen der Propheten mehr Wohltaten erwiesen als en anderen,173 und Wir gaben Dawuud die Psalmbücher.174

 

172. Es ist uns nicht nur verboten, über den Wert gewöhnlicher Menschen zu urteilen, sondern wir dürfen auch keine falschen Normen zur Beurteilung der Propheten und Gesandten aufstellen. Selbst wenn einer von ihnen dem ungebildeten arabischen Volk entstammte, so war er dennoch in der Lage, eine Barmherzigkeit für die gesamte Welt zu werden. Wenn einer von ihnen mit Allah direkt sprach oder das Leben eines anderen mit einem Wunder begann, dann dürfen wir daraus keine Überlegenheit des einen über den anderen herleiten. Es bedeutet nur, dass Allahs Weisheit für uns unermesslich ist. (Juusuf `Allii)

Allahs vollkommenes Wissen umfasst alle Wesen im Himmel und auf der Erde: Engel, Propheten, Menschen und Dschin. Aufgrund dieses Wissens von Seinen verschiedenen Geschöpfen hat Er die Propheten mit verschiedenen Gaben ausgestattet. (Qutb)

 

173. Die Gründe für diesen Unterschied in den Gaben kennt Allah allein. Doch ihre Form ist ausführlich behandelt worden in der Erläuterung zu 2:253. (Qutb)

Dies scheint eine Anspielung auf Muhammads, Allahs Segen und frieden auf ihm,  Rolle als letzter Prophet zu sein: trotz seiner persönlichen Unfähigkeit, „das Schicksal der Menschen zu bestimmen", denen er Allahs Botschaft überbrachte, sollte seine Botschaft diejenige sein, die die Zeit überdauerte. (Asad)

Die Zeitgenossen des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sahen in ihm nichts Außergewöhnliches. Er schien ein gewöhnlicher Mitbürger zu sein. Während sie jedoch einerseits die großen Persönlichkeiten ihrer Geschichte ehrten, verachteten sie den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der in ihren Augen dem Vergleich nicht standhielt. Allah hat mit diesem Ajach ihre Einwände beantwortet, indem Er sagte, dass Er sehr wohl alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde kennt und weiß, wer von ihnen würdig ist, ein Prophet zu sein. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 27:15 und 2:253 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

174. Die geistigen Gaben an die Propheten können verschiedener Art sein, je nach den Bedürfnissen ihrer Umwelt und der Zeit, in der sie leben, so wie es Allah seiner Weisheit entschieden hat. Als      hervorragendes Beispiel wird hier die Gabe der Musik und des Gesangs an Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dies bedeutet nicht, dass Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dadurch anderen Propheten überlegen wäre. Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhielt die Psalmen, die zu Allahs Lob im ’Ibada gesungen werden sollten. Vergleiche auch Surach 4:163, wo über Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die gleichen Worte gesagt werden. (Juusuf `Allii)

“Sabuur“ ohne den bestimmten Artikel Al- bedeutet auch „ein Buch" oder „eine Schrift". (Darjabadi)

Bücher waren in bestimmten Zeitspannen dauerhafter als die materiellen Wunder. (Qutb)

So wie Dawuuds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Buch der Weisheit Allahs (der Psalter) den Ruhm seines irdischen Königreiches überdauerte, so wird Muchammads, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Botschaft, der Qur’an das wechselnde Schicksal seiner Anhänger überdauern. (Asad)

Möglicherweise wurde Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, besonders erwähnt, um zu zeigen, dass Prophetentum nichts mit Weltflucht zu tun hat, denn gegen Muchammad - Friede sei mit ihm - wurde oft eingewandt, er sei ein Mensch dieser Welt. Hier wird gesagt: Obwohl Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein König war, der mehr als gewöhnliche Menschen in irdische Angelegenheiten verwickelt war, wurde er von Allah zum Propheten erwählt und mit Psalmen beschenkt. Ebenso wurde Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erwählt, obgleich er Frau und Kinder hatte, sein Leben wie ein gewöhnlicher Mensch lebte, Handel trieb und alle Pflichten erfüllte, die für einen Menschen zur Aufrechterhaltung seines Lebens notwendig waren. In Mekka nahm man demgegenüber an, ein frommer Mensch müsste der Welt entsagen und sich asketisch zurückziehen, um an Allah zu denken. (Maududi)

 


56. Sprich:175 „Ruf diejenigen an, an die ihr außer Ihm glaubt.176 Doch sie haben weder die Macht, Schaden von euch abzuwenden, noch einen Ausweg zu finden."177

 

175. Nämlich all diejenigen, die an die Existenz irgendeiner göttlichen Macht außer Allah glauben. (Asad)

 

176. Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, bezieht sich das auf die Verehrung von Heiligen oder Engeln. (Asad)

 

177. In den vorigen Ajachs wurde das Misstrauen der Menschen gegeneinander und den Propheten gegenüber verurteilt. Am schärfsten wird hier die Vorstellung verurteilt, andere Wesen könnten Allah gleich sein oder in dieselbe Kategorie wie Er gehören. Allah allein gehört alle Macht, und jene Wesen haben keine Macht. Sie können die Schwierigkeiten der Menschen nicht beseitigen. Sie können sie nicht einmal beeinflussen oder ändern, so dass die Menschen Erleichterung empfinden. Warum sollte man dann Abgötterei betreiben? (Juusuf `Allii)

Sie können eure Laster auch nicht selbst übernehmen - in Anspielung auf die christliche Lehre von der „stellvertretenden Sühne". (Asad)

Diese Warnung betont die Lehre von Allahs Einheit und verurteilt Götzendienerei. Dementsprechend ist Götzendienerei nicht darauf beschränkt, andere als Allah anzubeten, sondern es gehört dazu ebenso, andere außer Ihm um Hilfe anzurufen, denn dies wäre schon ein Teil der Verehrung. Kein anderer als Allah hat die Macht, Gebete zu erhören, Schwierigkeiten zu erleichtern oder die Situation eines Menschen zu ändern. Wer glaubt, jemand anderes hätte dazu die Macht, macht sich der Götzendienerei schuldig. (Maududi)

 

 

57. Diejenigen, die sie anrufen,178 trachten (selbst) nach der Gunst ihres Herrn,179 ja sogar jene von ihnen, die (Ihm) am nächsten sind,180 und sie hoffen auf Seine Barmherzigkeit und fürchten Seine Strafe.181 Wahrlich, vor der Strafe deinen Herrn muss man auf der Hut sein.

 

178. Soweit sie nicht reine Phantasieprodukte sind, sondern wirkliche Lebewesen und gute Diener Allahs, wie Propheten, Heilige und Engel. (Darjabadi)

 

179. Durch gewissenhaften Gehorsam gegenüber Seinen Gesetzen und Geboten. (Darjabadi)

 

180. Wenn Menschen, Heroen, Propheten oder Engel verehrt werden, ist dies sinnlos:

1. Wenn sie selbst gute und heilige Wesen sind und Allah nahe stehen, brauchen sie doch ihrerseits Mittel und Wege, um Zugang zu Ihm zu finden, und bemühen sich darum, das heißt sie leben in der Hoffnung auf Allahs Gnade.

2. Obwohl es aufgrund ihres Wesens ausgeschlossen ist anzunehmen, dass sie sich Allahs Zorn zuziehen könnten, sind sie nur Geschöpfe und unterliegen dem Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit. (Juusuf `Allii)

Etwa auch die größten Propheten und die Engel. (Asad)

 

181. Wie alle sterblichen Wesen. Sie können nicht einmal sich selbst nützen oder vor Schaden bewahren. (Darjabadi)

Selbst Propheten, Heilige und Engel hoffen auf Allahs Gnade und fürchten Seinen Zorn und wetteifern miteinander, Seine Nähe zu erlangen. (Maududi)
Strafe deines Herrn muss man auf der Hut sein.

 

 

58. Und es wird keine Stadt geben,182 die Wir nicht vor dem Tag der Auferstehung der Vernichtung preisgegeben haben werden183 oder die Wir nicht184 mit strenger Strafe belegt haben werden.185 Das ist in einem Buch niedergeschrieben.186

 

182. Keine von Kafirs bevölkerte Stadt. (Darjabadi)

Damit sind die Bewohner gemeint. (Al-Dschalalain)

 

183. Nach Allahs Beschluss wird der Tag der Auferstehung erst eintreffen, wenn kein Leben mehr auf der Erde besteht. Auch werden einige der Städte, die sich des Frevels schuldig gemacht haben, ihre Strafe schon vorher bekommen haben. (Qutb)

Da alles in der Welt vergänglich ist und vergeht, sollte sich der Mensch nach dem zukünftigen Leben ausrichten. (Asad)

 

184. Im zukünftigen Leben. (Darjabadi)

 

185. Dieser Ajach kommentiert den letzten Satz des vorigen Ajachs: „Der Zorn deines Herrn ist etwas, vor dem du dich hüten sollst." Die Kafirs fordern gedankenlos Allahs Zorn heraus. Wissen sie aber, was sie da tun? Selbst die besten unter uns müssen vor Furcht zittern, wenn sie sich die Folgen vor Augen führen, sofern es keine Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit gibt. (Juusuf `Allii)

 

186. Wörtlich: „in einem Buch", das heißt in Übereinstimmung mit den unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten, die Allah für Seine Schöpfung festgelegt hat. (Asad)

 

 

59. Und Wir lassen nur deshalb davon ab, Zeichen187 herabzusenden, weil die früheren (Generationen) sie als Lüge abgetan haben.188 So gaben Wir den Tamud189 die Kamelstute als einen leuchtenden Beweis,190 doch sie taten unrecht an ihr.191 Und Wir senden die Zeichen nur herab, um Furcht einzuflößen.192

 

187. Besondere Wunder, wie sie von den Götzendienern gefordert werden. (Darjabadi)

Die Botschaften Allahs wurden immer von Wundem begleitet, um die Gesandten zu bestätigen und den Menschen vor der Behauptung im Falle ihrer Leugnung Angst einzuflößen. Das Wunder des Islam ist der Qur’an, das Buch, das die vollkommene Lebensweise vorzeichnet. Er spricht das Denkvermögen und das Herz an und entspricht den natürlichen Anlagen des Menschen. Er bleibt für viele Generationen offen, was nicht der Fall ist bei materiellen Wundern, die nur von einer einzelnen Generation gesehen werden. (Qutb)

 

188. Vergangene Generationen behandelten Zeichen und Wunder mit Ablehnung und Verachtung und beschworen damit ihren eigenen Untergang herauf. Nur Allahs Barmherzigkeit gewährt ihnen eine Frist und verhindert die Vollstreckung einer sofortigen Strafe. (Juusuf `Allii)

Dieser elliptische Satz macht eine wichtige Aussage über die Bedeutung des Qur’ans. An vielen Stellen betont der Qur’an die Tatsache, dass der Prophet Muhammad - Friede sei mit ihm - keine ähnlichen Wunder wie frühere Propheten tun konnte, die damit angeblich ihre verbale Botschaft bestätigen konnten. Sein einziges Wunder war der Qur’an selbst - eine Botschaft, die vollkommen in ihrer Klarheit und ethischen Aussagekraft ist, die für alle Zeiten und alle menschlichen Entwicklungsstufen bestimmt ist und nicht nur die Gefühle, sondern auch die Vernunft der Menschen anspricht und allen offen steht, ungeachtet der Volkszugehörigkeit oder der sozialen Umgebung, die aber auch für immer unverändert bewahrt bleiben sollte. Da sich die früheren Propheten ausnahmslos in ihrer eigenen Zeit an ihre eigene Volksgemeinschaft wandten, war die Lehre notwendigerweise durch die gesellschaftlichen und intellektuellen Bedingungen der jeweiligen Gemeinschaft und Zeit bestimmt. Und da die Völker, an die sie sich wandten, noch nicht das Entwicklungsstadium des unabhängigen Denkens erreicht hatten, brauchten diese Propheten symbolische Zeichen oder Wunder, damit die Menschen die innere Wahrheit ihrer Botschaft begreifen konnten. Die Botschaft des Qur’an wurde demgegenüber in einer Zeit offenbart, in der die Menschheit (und besonders die Bewohner jener Regionen, die zuvor durch die jüdisch-christliche religiöse Entwicklung hervorgehoben waren) einen Reifegrad erreicht hatte, der es ihr in Zukunft ermöglichte, eine religiöse Lehre ohne die Hilfe überzeugender Zeichen und demonstrativer Wunder zu begreifen, die in der Vergangenheit - wie der obige Ajach betont - oft nur Anlass zu neuen Missverständnissen gegeben hatten. (Asad)

 

189. Um ein Beispiel zu nennen. (Darjabadi)

 

190. Damit ihr klar sehen könnt. Um euch die Augen zu öffnen. (Darjabadi)

Als Beispiel wird die Geschichte von den Tamuud angeführt. Eine schöne Kamelstute wurde als Wunderzeichen geschickt. In ihrer Bosheit schnitten sie ihr die Sehnen durch. Statt dass sie also dadurch ermahnt wurden, war sie die Ursache für ihren Untergang, denn ihre Rebellion wunde dadurch bloßgestellt. Für eine ausführliche Wiedergabe der Geschichte vergleiche auch Surach 7:73 und die entsprechenden Fußnoten. (Juusuf `Allii)

 

191. Statt Nutzen von diesem Wunder zu haben, beschleunigten sie damit das Strafgericht Allahs. (Darjabadi)

 

192. Zeichen wie Erdbeben, Donner, Sonnen- und Mondfinsternis. Qatada erzählte: „Allah flößt den Menschen Angst ein durch Zeichen, die Er gerade dafür auserwählt, auf dass sie ermahnt werden und umkehren.

(Safwat Al-Tafaasir)

Zeichen, Wunder und Symbole schickt Allah als Warnung, um den Übeltätern Furcht einzuflößen und sie auf den rechten Weg zurückzubringen. Furcht kann ein Motiv sein, verhärtete Herzen zur Umkehr zu bewegen, vergleiche auch Surach 2:74 und die entsprechenden Fußnoten. Einige Herzen sind jedoch so hart, dass selbst dies nicht mehr wirkt. Da den Menschen ein begrenzter freier Wille gegeben wurde, können sie in diesem Rahmen frei entscheiden. Wenn sie sich dann jedoch tatsächlich für das Böse entschieden haben, schiebt Allah in Seiner unendlichen Barmherzigkeit die Strafe auf und hält den Anlass ihrer unmittelbaren Selbstzerstörung zurück, indem Er die Zeichen zurückhält, die sie vielleicht zu noch größeren Verbrechern herausfordern und damit um so eher ihren Untergang herbeiführen würden. (Juusuf `Allii)

Zeichen ` Wunder werden nicht zum Zeitvertreib gezeigt. Sie sollen den Menschen demonstrieren, dass Allah Seinem Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beisteht, und dass sie die furchtbaren Folgen ihres Ungehorsams berücksichtigen sollen. (Maududi)

 

 

60. Und (gedenke der Zeit) als Wir zu dir sagten: „Wahrlich, dein Herr umfängt die Menschen."193 Und die Erscheinung, die Wir dich sehen ließen, haben Wir zu einer Prüfung für die Menschen gemacht,194 ebenso wie den verfluchten Baum im Qur'an.195 Und Wir

versuchen, um damit Furcht in ihnen zu erwecken,196 doch es steigert nur noch ihre Widersetzlichkeit.

 

193. Mit Seinem Wissen und Seiner Macht. Darum lass nicht ab von der dir auferlegten Aufgabe, denn Allah wird dich vor den Menschen beschützen. (Al-Dschalalain)

Dies kann sich auf Surach 72:28 beziehen, die bereits früher in Mekka offenbart worden waren. Aber das Argument ist zeitlos. Dieser Ajach besteht aus drei Teilen. Zeichen oder Wunder geschehen oder geschehen nicht, ganz entsprechend Allahs allweisen Plan der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Dies widerspricht in keiner Weise der anscheinenden Freiheit, die den Bösen gewährt wird, denn

1. sind alle Geschöpfe ohnehin in Allahs Hand, und Seine Verzögerung aufgrund Seiner Barmherzigkeit beeinträchtigt nicht Seine Macht;

2. sind die Visionen der Wahrheit, wie sie prophetische Menschen erhalten, selbst Zeichen, aufgrund derer sie die Kafirs warnen können; und

3. ist es manchmal barmherziger, den Menschen noch einmal Zeit und Gelegenheit zu geben, indem die Sache noch nicht gleich entschieden wird. (Juusuf `Allii)

Er umfasst sie mit Seinem Wissen. (Darjabadi)

 

194. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, dies beziehe sich auf die Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, (siehe oben Ajach 1), andere beziehen es auf andere geistige Visionen. Visionen dieser Art sind Wunder und damit Stein des Anstoßes für die Kafirs. Sie ermutigen demgegenüber die Mu’mins. Auf diese Weise sind sie „eine Prüfung für die Menschen". (Juusuf `Allii)

Da die Erfahrung der Himmelsreise den widersprüchlichsten Interpretationen offen stand und steht und von daher Zweifel an ihrer Wirklichkeit erwecken kann, ist sie - wir aus dem folgenden hervorgeht - „eine Prüfung für die Menschen": wer schwach im Iman oder oberflächlich war, wurde in seiner Überzeugung von Muchammads, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Glaubwürdigkeit erschüttert, während diejenigen, die an Allah den Iman verinnerlichten, darin ein außerordentliches Beispiel für die geistige Zuwendung sehen, die Allah Seinen auserwählten Dienern schenkt. Sie wurden dadurch also in ihrem Iman an die Botschaft des Qur’an bestärkt. (Asad)

 

195. Der Baum Saqquum, ein bitterer Baum, der am Grunde der Hölle wächst, Symbol für alles, was unangenehm ist. Vergleiche auch Surach 37:62-65 und 56:52, die beide früher als diese Surach offenbart wurden. Er ist eine Heimsuchung für Übeltäter. (Juusuf `Allii)

Der „Baum der tödlichen Frucht" als eine der Manifestationen der Hölle. Im obigen Ajach wird er als „verflucht" bezeichnet, weil er offensichtlich die Hölle selbst symbolisiert. (Asad)

 

196. Durch ständige Warnungen und Bestrafungen. (ibn Kasir)

 

 

Abschnitt 7

 

61. Und als Wir zu den Engeln sprachen:197 „Werft euch vor Adem198 nieder." Da warfen sie sich (alle vor ihm) nieder, bis auf Iblis.199 Der sagte:200 „Soll ich mich vor jemandem niederwerfen, den Du aus Lehm geschaffen hast?"201

 

197. Vergleiche Surach 7:11-18, wo es wie hier um die Versuchung der individuellen Menschenseele geht, während in Sure 2:30-38 vom kollektiven Menschen die Rede ist, der in Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dargestellt wird. Arroganz, Eifersucht, Trotz und Hass sind die Bestandteile der Geschichte von Iblis.

(Juusuf `Allii)

 

198. Dem ersten Menschen. (Darjabadi)

 

199. Der Schwerpunkt liegt bei dieser Darstellung auf der Verachtung Iblis' gegenüber Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, (hier als Prototyp für die ganze Menschheit steht). Deswegen schließt dieser Ajach wahrscheinlich an den Schluss von Ajach 53 oben an: „Scheytan ist der offenkundige Feind des Menschen". Die Betonung der Würde des Menschen, ausgedrückt in Allahs Gebot an die Engel, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, niederzuwerfen, verbindet diese Allegorie mit den Ajachs 70-72. (Asad)

Die Geschichte soll den Kafirs verdeutlichen, dass ihre arrogante und indifferente Haltung Allah gegenüber dieselbe ist, die Scheytan bewies. Sie folgen in der Tat Scheytan, der ein verschworener Feind des Menschen ist, und gehen in die Falle, die er seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte für die Nachkommen Adems, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufgestellt hat. (Maududi)

 

200. In reiner Verachtung. (Darjabadi)

 

201. Während er selbst, der aus Feuer erschaffen war, sich für besser hielt. (Darjabadi)

Dieser Text zeigt die eigentlichen Gründe für seine Fehlleitung auf, um die Menschen davor zu warnen. Es ist nur der Neid, den er gegen Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, liegt, der ihn zwar den Lehm erwähnen, das Einhauchen von Allahs Geist in diesem Leben jedoch verschweigen lässt. (Qutb)

 

 

62. Er fuhr fort:202 „Siehst Du, dies ist jener, den Du mehr geehrt hast als mich. Wenn Du mir eine Frist gewährst bis zum Tag der Auferstehung, so werde ich gewiss seine Nachkommen in meine Gewalt bringen bis auf einige wenige."203

 

202. Nachdem er seines Ungehorsams wegen verworfen worden war. (Darjabadi)

Nun sucht Iblis diese Geschöpf verächtlich zu machen, indem er seine Schwäche aufdeckt, nämlich seine Neigung zur Sünde, und er sagt dies frohlockend. (Qutb)

 

203. Die Macht des Bösen über den Menschen ist auf den freien Willen des Menschen zurückzuführen. Er liefert sich selbst dem Bösen aus. Nur über diejenigen, die Allah treu dienen, hat das Böse keine Macht. Dies wird ausdrücklich in Ajach 65 unten und an anderen Stellen erwähnt. (Juusuf 'Ali)

Iblis vergisst, dass in den Menschen die Bereitschaft steckt zum Guten und zur Rechtleitung ebenso wie zum Schlechten und zum Irrtum. Auch, dass der Mensch, wenn er die Verbindung mit Allah aufrechthält, vor Sünde und Irrtum bewahrt wird. (Qutb)

Vergleiche Surach 7:16-17. Das Verb “ichtanaka“ bedeutet wörtlich: „er band ein Seil um den Unterkiefer (beispielsweise eines Pferdes)", nämlich um es zu führen. Die Form “ichtanaka“ bedeutet daher: „er veranlasste (ein anderes Wesen), ihm blindlings zu folgen" oder „blindlings zu gehorchen". (Asad)

Scheytan verlockt die Menschen mit falschen Erwartungen und Erfolgsversprechungen. (Maududi)

 

 

63. Er (Allah) sprach: „Hinfort mit dir! Wer auch immer von ihnen dir folgt, fürwahr, die Hölle soll euer Lohn sein, eine überaus reichlicher Lohn!204

 

204. Die Macht des Bösen wird fortgeschickt, aber nicht ohne eine deutliche Warnung: Tu, was du kannst; wenn jemand von ihnen seinen freien Willen missbraucht und dir bewusst folgt, muss er mit dir zusammen die Folgen tragen. Ihr alle seid persönlich für euch selbst verantwortlich. (Juusuf `Allii)

Wenn Allah dem Scheytan seinen Wunsch gewährt, so geschieht das nur unter dem Aspekt, dass die Menschen mit genügend Verstand und Willen ausgestattet sind, dass sie es in der Hand haben, Iblis zu folgen oder sich von ihm abzuwenden. (Qutb)


 

64. Und führe ins Verderben205 wen du kannst von ihnen mit deiner (verführerischen) Stimme,206 und ziehe gegen sie mit all deinen Reitern und Mannen,207 und sei ihr Teilhaber an Gut und Kindern,208 und mache ihnen Versprechungen."209 Doch was ihnen Scheytan verspricht ist nichts als Verblendung!210

 

205. Tu das Schlimmste, was du tun kannst; ihr seid jedoch gewarnt, dass dieser Weg zum Untergang führt.

(Juusuf `Allii)

Das folgende ist eine Verkörperung der Mittel der Verführung, der Umzingelung und der Besitzergreifung von Sinnen, Gefühlen und Willen. (Qutb)

 

206. Es sind jene, die zur Auflehnung gegen Allah aufrufen. (ibn Kasir)

Durch die Einflüsterung böser Gedanken. (Darjabadi)

Das Böse stellt dem Menschen viele Fallen. Dazu gehören Stimmen, die persönliche Verführung, die Böses als gut erscheinen lässt. (Juusuf `Allii)

 

207. Der machtvolle Ansturm des Bösen wird hier mit dem Bild der Kavallerie und Infanterie dargestellt. Wenn andere Verführungskünste versagen, geschieht der Angriff mit Waffengewalt aller Art. (Juusuf `Allii)

Wie Qatada sagt, finden sich diese Reiter und Mannen, die dem Scheytan gehorchen, unter den Dschin wie auch unter den Menschen. (ibn Kasir)

 

208. Wenn auch die gewaltsamen Angriffe auf Widerstand stoßen, hat das Böse andere Waffen bereit. Greifbare Früchte werden dem Menschen vor die Augen gehängt, verführerische Gewinne und Nachkommen, die gewissen verführerischen Leidenschaften entstammen. Oder vielleicht auch Kinder, die Lastern oder irdischen Reichtum anhängen, und so weiter. Satan macht Zukunftsversprechungen aller Art. (Juusuf `Allii)

Nach Ibn 'Abbas und Mudschahid ist dies die Verführung, Gelder für sündige Dinge auszugeben. Und nach 'Ataa ist es das Zinsnehmen. Al-Hassan meint, dieses bedeute, ihre Gelder mit Verbotenem zu verdienen und sie für Verbotenes auszugeben. Im allgemeinen müsste es aber heißen, dass alles, worin oder womit Allah Ungehorsam gezollt und dem Scheytan gefolgt wird, eine Teilhaberschaft bedeutet. (Ibn Kasir)

 

209. Versprich ihnen alles mögliche! (Darjabadi)

Dass es zum Beispiel weder Auferstehung noch Vergeltung geben wird. (Al-Dschalalain)


210. Dieser Satz ist eingefügt, um aufzuzeigen, was Scheytans Versprechungen wert sind. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch Surach 4:120 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

Vergleiche auch Surach 14:22. (Anm. d. Übers.)

 

 

65. „Doch wahrlich, über Meine Diener sollst du keine Macht haben."211 Und dein Herr genügt als Beschützer.212

 

211. Seine Macht erstreckt sich nur über jene, die sich ihm zuwenden. Jene jedoch, die gefestigt sind durch eine immerwährende Verbindung zu Allah und Ihm dienen, über deren Herzen hat der Scheytan keine Macht. (Qutb)

Um den Sinn vollständig zu erfassen, muss dieser Ajach zusammen mit den beiden vorigen Ajachs gelesen werden. Das Böse hat nur Macht über Menschen, die seinen Verführungen nachgeben. (Juusuf `Allii)

Dies verdeutlicht noch einmal, dass Scheytan nach islamischer Vorstellung nicht eine Art „böse Gottheit" ist. Der Mensch selbst erwirbt durch seine Schwäche die Gewohnheit, Fehler zu machen. Scheytan hat keine Macht, denn sein Einfluss ist auf Überredung und Einflüsterung beschränkt. (Darjabadi)

 

212. Da das Böse keine Macht über die aufrichtigen Diener Allahs hat, sollen diese völlig Ihm vertrauen. Er ist in der Lage, für ihre Anliegen zu sorgen und sie durch Seine Gnade vor Schaden und Gefahr zu schützen.

(Juusuf `Allii)

Er beschützt, stärkt und hilft euch. (ibn Kasir)

 

 

66. Euer Herr ist es, Der die Schiffe auf dem Meer dahintreibt,213 auf dass ihr Seine Wohltaten zu erlangen sucht.214 Er ist wahrlich barmherzig gegen euch.

 

213. Dieser Abschnitt von Ajach 66-72 schließt eng an den vorherigen an. Er teilt dem Menschen mit, dass er seinen wahren Herrn erkennen und im Gehorsam Ihm gegenüber standhaft sein soll, wenn er sich vor den Verführungen und falschen Versprechungen Scheytans schützen will, der seit Anbeginn der Schöpfung sein Feind ist. Scheytan will beweisen, dass der Mensch nicht die Ehre wert ist, mit der Allah ihn gesegnet hat. In diesem Abschnitt werden Argumente für die Lehre von Allahs Einheit vorgelegt, die den Menschen im Iman bestärken und widerstandsfähig gegen Götzendienerei machen sollen.(Maududi)

 

214. Dieses Bild vom Meer und der Fähigkeit, die es mit Allahs Hilfe dem Menschen ermöglicht, es zu befahren und durch Handel materielle Gewinne, durch menschliche Kontakte gesellschaftliche Gewinne und durch den Erwerb von Wissen geistige Gewinne zu erlangen, wird immer wieder vorgeführt, um Allahs Güte dem Menschen gegenüber zu illustrieren. Vergleiche auch Surach 2:164. (Juusuf 'Allii)

Wir sollten versuchen, aus den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, erzieherischen und intellektuellen Möglichkeiten solcher Reisen Nutzen zu ziehen. (Maududi)

 

 

67. Und wenn ihr in Not geratet auf dem Meer, entschwunden sind dann (aus eurem Sinn) jene, die ihr anstelle von Ihm anruft.215 Doch sobald Er euch aufs Land rettet, wendet ihr euch ab. Wahrlich, der Mensch ist meist undankbar!216


215. Vergleiche auch Surach 6:24 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

Den Missetaten des Scheytans werden hier die Wohltaten Allahs gegenübergestellt. Während Scheytan nur schlechtes für den Menschen will, geht Allah barmherziger mit ihm Um, indem Er ihm hilft, ihn rechtleitet und seine Versorgung leicht erreichbar macht. (Qutb)

Euer eigenes inneres Wesen kennt keinen anderen Herrn als Allah, und tief in eurem Innern fühlt ihr, dass Er allein die Macht hat, euch Gewinn oder Verlust zu geben. Sonst würde kein Mensch gerade zu dem Zeitpunkt Allah anrufen, wo er feststellt, dass niemand anderes sein Unglück abwenden kann. (Maududi)

 

216. Allahs Barmherzigkeit und Seine Gaben werden wieder der Undankbarkeit des Menschen gegenübergestellt. In der Gefahr erinnert sich dieser an den Einen wahren Allah. Sobald aber die Gefahr abgewendet ist, fällt er wieder in sein eigenes Wunschdenken zurück. Vergleiche auch Surach 10:22-23. (Juusuf `Allii)

Er verwirft wieder den Iman an den einen Gott und kehrt zurück zu seiner gewohnten Art, der Gunst Allahs mit Undankbarkeit zu begegnen. (Al-Dschalalain)

Mit Ausnahme desjenigen, dessen Herz ständig in Verbindung mit Allah bleibt. (Qutb)

 

 

68. Seid ihr denn sicher, dass Er euch nicht in der Erde versinken,217 oder dass Er nicht einen Steinregen218 auf euch niedergehen lässt? Und ihr werdet niemanden finden, der euch beschützen könnte.

 

217. Meint ihr denn, dass ihr, wenn ihr das Festland erreicht habt, vor Allahs Vergeltung und Bestrafung verschont würdet? (ibn Kasir)

Nur mit Allahs Gnade und Hilfe ist der Mensch auf dem Land oder auf der See sicher. Wie oft hören wir von gewaltigen Erdbeben oder Tornados. Da kommt der Untergang so plötzlich, dass die Opfer keine Zeit mehr haben, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Sie werden einfach ausgelöscht. (Juusuf `Allii)

 

218. In jeder Lebenslage ist der Mensch in Allahs Hand, auf dem Land ebenso wie auf dem Meer. Wie sollte er sich da in falscher Sicherheit wiegen? (Qutb)

“Haasib“ ist ein Sturm, der Sand oder Steine vor sich hertreibt. (Darjabadi)

 

 

69. Oder seid ihr sicher, dass Er euch nicht wieder dorthin219 zurückführt und dann einen Sturmwind gegen euch entsendet und euch ertrinken lässt für eure Undankbarkeit?220 In diesem (Augenblick) werdet ihr keinen finden, der euch gegen Uns verteidigen221 könnte!

 

219. Wörtlich: „darein" oder „darauf". (Asad)

Angesprochen sind jene Widersetzlichen, die Allah, den Einzigen anriefen, als sie in Not waren und so das Festland erreichten. (ibn Kasir)


220. Wenn ein Mensch vor Allahs Zorn flieht, ist kein Ort sicher für ihn. Er flieht vielleicht vom Meer aufs Land und wieder zurück vom Land aufs Meer. Aber sein Leben ist von Dem abhängig, in Dessen Hand unser aller Schicksal liegt. (Juusuf `Allii)

 

221. “Tabi“ bedeutet Anhänger oder „jemand, der sich für jemandes Interessen einsetzt". (Darjabadi)

 

 

70. Wir haben fürwahr die Kinder Adems geehrt222 und sie über Land und Meer getragen223 und sie mit guten Dingen versorgt,224 und Wir zeichneten sie aus gegenüber den meisten unserer Geschöpfe.225

 

222. Nämlich die Menschen. Der Mensch ist ein geehrtes und würdiges Geschöpf. (Darjabadi)

Allah hat den Menschen besonders geehrt, indem Er ihm die Fähigkeit zum vernünftigen Denken gegeben hat (vergleiche Surach 2:31 und die entsprechende Fußnote), durch die er allen anderen belebten Wesen gegenüber überlegen ist, selbst den Engeln. Indem diese besondere Auszeichnung des Menschen hier betont wird, schließt dieser Ajach an Ajach 61 oben an und setzt das dortige Thema fort. (Asad)

 

223. Die Beförderung des Menschen zu Land und auf dem Meer geschieht dadurch, dass er sich die Naturgesetze dienstbar macht und sie seiner Natur anpasst. Gäbe es dies nicht, so wäre es für den Menschen nicht möglich zu überleben, da er von Natur aus zu schwach wäre. Doch Allah gibt ihm die Möglichkeit und die Fähigkeit dazu. (Qutb)

Vergleiche auch Surach 10:22 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 

224. Der Mensch hingegen vergisst durch lange Gewohnheit, dass Allah ihn mit guten Gaben beschenkt hat. Er kennt ihren Wert erst, wenn sie ihm einmal genommen werden, um dies allzu schnell wieder zu vergessen, als da sind: Sonne, Wind, Wasser, Gesundheit, Bewegungsfähigkeit, die Sinne, der Verstand, Speise und Trank und all das, was im unermesslichen Universum ist. (Qutb)

 

225. Die Ehre und Würde, die Allah dem Menschen gegeben hat, wird hier besonders erwähnt, um die sich daraus ergebenden Verpflichtungen zu betonen. Der Mensch wurde in eine Ehrenstellung gegenüber der Schöpfung erhoben; er hat Fähigkeiten bekommen, durch die er sich auf dem Land und zur See und schließlich auch in der Luft von einem Ort zum anderen bewegen kann; alle Mittel für Unterhalt und Wachstum aller Aspekte seines Wesens werden von Allah zur Verfügung gestellt, und seine geistigen Fähigkeiten (das größte Geschenk Allahs) erheben ihn über die übrige Schöpfung Allahs. Sollte er dann nicht erkennen, worin sein edler Auftrag besteht, und sich auf sein wahres Leben im Jenseits vorbereiten? (Juusuf `Allii)

 

 

Abschnitt 8

 

71. Und gedenke des Tages, an dem Wir226 die Menschen gruppenweise mit ihren Führern227 herbeirufen werden. Und wem seine Aufzeichnungen228 in seine rechte Hand gegeben werden, diese werden ihre Bücher (gerne) lesen,229 und nicht das Geringste soll ihnen vorenthalten werden.230

 

226. Zum Gericht. (Darjabadi)

 

227. Das Wort “Imaam“ hat verschiedene Bedeutungen, vergleiche beispielsweise Surach 2:124 und die entsprechende Fußnote. Die Kommentatoren sind unterschiedlicher Ansicht über die hier gemeinte Bedeutung. Einige verstehen es so, dass jede Gruppe von Menschen mit ihrem jeweiligen Führer erscheint, der Zeuge für ihre Tugenden oder Vergehen ist; vergleiche auch Surach 16:84. Nach einer anderen Ansicht handelt es sich bei dem “imaam“ um ihre Offenbarung, ihre heilige Schrift. Nach einer dritten Ansicht ist der “imaam“ das Verzeichnis ihrer Handlungen, von dem im nächsten Satz die Rede ist. (Juusuf `Allii)

Ibn 'Abbas ist der Ansicht, dass mit “imaam“ hier das Verzeichnis ihrer Handlungen gemeint ist. Abu Al'aljia, Al'Hasam, und Al-Dachhak teilen diese Meinung, die auch wir als wahrscheinlicher erachten, bestärkt durch den Text im 96:12: „und alles haben Wir in einem detaillierten Buch aufgezählt." (ibn Kasir)

Rasi ist der Meinung, der Ausdruck “imaam“ bezeichne hier ganz abstrakt die bewusste gute oder böse Neigung, die das Verhalten einer Person bestimmt und die Motivationen für seine Handlungen steuert. Vergleiche auch Surach 53:39 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

 

228. Den Bericht, in dem alle seine Handlungen verzeichnet sind. (Darjabadi)

Dieses Symbol wird. im Qur’an oft verwendet, um die Anerkennung der Rechtschaffenheit im geistigen Sinne zu beschreiben, so wie die „linke Hand" das Gegenteil bedeutet. Vergleiche auch Surach 69:19 und 84:7 und die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

 

229. Mit großer Freude. (Darjabadi)

Die Ungerechten bekommen ihr Verzeichnis der Taten in die linke Hand. Sie schämen sich darüber und versuchen, es hinter ihrem Rücken zu verstecken. Vergleiche auch Surach 69:7-13. (Maududi)

 

230. Wörtlich: „um den Wert eines Fatiil“, ein winziges Häutchen in der Rille eines Dattelkerns, das keinerlei Wert hat. (Juusuf `Allii)

Dieser letzte Satz bezieht sich offensichtlich sowohl auf die Rechtschaffenen als auch auf die Ungerechten. (Asad)

 

 

72. Doch wer in diesem (Leben) blind war,231 der wird (auch) im Jenseits blind232 und am weitesten vom Weg abgeirrt sein.

 

231. Am Tag des Gerichts erhalten die Gerechten das Verzeichnis ihrer Taten und danken glücklich Allah für Seine Gnade. Die Ungerechten waren bereits in diesem irdischen Leben blind, und im zukünftigen Leben können sie das Licht von Allahs Angesicht nicht sehen. Sie werden im Gegenteil feststellen müssen, dass sie sich um so weiter von ihrem Weg entfernt haben, je länger sie gegangen sind. Beachte die Gedankenassoziation: Blindheit - das Licht nicht sehen - sich immer weiter vom rechten Weg entfernen. (Juusuf `Allii)

Blind gegenüber den Zeichen Allahs und Seinen klaren Beweisen. (Ibn Kasir) Im Herzen blind.

(Safwat Al-Tafaasir)

 

232. Vergleiche auch Surach 20:124-125. Dieser Abschnitt zeigt, dass das zukünftige Leben eines Menschen nicht nur durch seine irdische Lebensweise bedingt, sondern eine organische Fortsetzung dessen ist, wobei sich eine natürliche Entwicklung bemerkbar macht und zuvor vorhandene Tendenzen intensiviert werden. (Asad)

 


73. Und beinahe hätten sie dich in Versuchung geführt,233 weg von dem, was Wir dir offenbart haben, damit du etwas anderes über Uns erdichtest.234 Denn dann hätten sie dich ganz gewiss zum Freund genommen.235

 

233. Einige Götzendiener hatten versucht, den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu einigen Zugeständnissen als Gegenleistung für ihren Übertritt zum Islam zu erpressen. (Darjabadi)

Wenn der Text auf einige Versuche der Götzendiener, den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu verführen hindeutet, so geht er doch im einzelnen nicht darauf ein. Er soll nur Allahs besondere Gnade ihm gegenüber betonen, durch die Er ihn an der Wahrheit festhalten lässt und ihn vor Versuchung schützt. (Qutb)

 

234. Mutaqi Menschen - wie hier dem Prophet geschieht es immer wieder, dass Versuchungen an sie herantreten in Form von attraktiven irdischen Dingen, wenn sie Zugeständnisse machen würden. Dadurch könnte die ganze von Allah gesandte Botschaft entstellt werden. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hätte Reichtum und soziale Position von den Quraisch akzeptieren und ihre Götzen „nur respektieren" können. Ein unehrlicher Mensch wäre mit Vergnügen auf einen solchen Vorschlag eingegangen. Gesandte Allahs jedoch sind widerstandsfähiger und weisen alle solche Betrügereien zurück. (Juusuf `Allii)

 

235. Dies bezieht sich auf ein Kompromissangebot der Quraisch: sie verlangte vom Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eine gewisse Anerkennung ihrer Stammesgottheiten und versprach als Gegenleistung, ihn als Prophet anzuerkennen und zu ihrem Führer zu machen. Dieses Angebot lehnte der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbstverständlich ab. (Asad)

 

 

74. Und wenn Wir dich nicht gefestigt hätten,236 fürwahr, dann hättest du dich ihnen fast ein wenig gefällig gezeigt.237

 

236. In besonders hohem Maße, und hätte Allah ihn nicht als Prophet ohnehin immun gegen absichtliche Verbrechen gemacht... (Darjabadi)

 

237. Auch eine geringfügige Abweichung am Wegesanfang führt zu vollkommenem Fehlgehen. Wenn ein Mann, dem eine Mission auferlegt ist, einem Teil seiner Aufgabe nicht nachkommt, auch wenn dieser ganz minimal ist, wird er die Kraft nicht besitzen, es bei diesem einen Mal zu belassen, denn seine Bereitschaft zu kapitulieren steigert sich bei jedem Schritt, den er rückwärts macht. (Qutb)

Vom rein menschlichen Standpunkt aus erscheint es politisch klug, klein “Zugeständnisse“ an menschliche Schwächen zu machen, um einen Auftrag Allahs zu erfüllen. Dem Gesandten Allahs wird jedoch die Kraft gegeben, solchen Versuchungen zu widerstehen. (Juusuf `Allii)

In deinem Eifer, die Götzendiener für den Islam zu gewinnen. (Darjabadi)

Dies bedeutet hier, dass der Iman des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, es ihm unmöglich machte, etwas von dieser Art in Erwägung zu ziehen. (Asad)

 

 

75. Doch dann238 hätten Wir dich gewiss die doppelte (Strafe) in diesem (Leben) und die doppelte (Strafe) im Tod kosten lassen!239 Dann hättest du niemanden gefunden, der dir gegen Uns hätte beistehen können.240

 

238. Rein hypothetisch. (Darjabadi)


239. Das vielfache von dem, womit normale Leute bestraft werden. (Asad)

Wäre ein Kompromiss mit dem Bösen und ein Verrat an seiner Aufgabe für einen Propheten überhaupt möglich, dann gäbe es für ihn keine Ausnahme im Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit. Da in diesem Fall Kraft und Verantwortung größer sind, würde auch die Strafe vergrößert. Sie wäre zweifach: eine Bloßstellung in diesem Leben und die Strafe für einen Verrat an der Wahrheit im zukünftigen Leben. (Juusuf `Allii)

Nämlich einmal für den eigenen Verrat an Allahs Offenbarung, und dann dafür, dass er durch sein Beispiel andere auf Irrwege geführt hätte. Die Bedeutung dieses Abschnittes geht jedoch weit über ihren historischen Rahmen hinaus: er bringt den Gedanken zum Ausdruck, dass jedes bewusste Vergehen gegen eine grundlegende Wahrheit ein unverzeihlicher Fehler ist. (Asad)

 

240. Gegenleistungen für einen Kompromiss mit dem Bösen sind trügerisch. Es kann sich um Einfluss, Position oder andere Möglichkeiten handeln oder aber auch um Reichtum und Lebensgenuss. Diese aber, selbst wenn man sie dadurch erlangt, nützen nichts gegen Allahs Urteil. (Juusuf `Allii)

Dieser Ajach darf keineswegs als eine Herabsetzung der Person des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verstanden werden. Die Absicht ist vielmehr, auf die Huld Allahs dem Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegenüber hinzuweisen. “Laula“ ist ein Partikel, das darauf hindeutet, dass es von vorneherein ausgeschlossen war. (Safwat Al-Tafaasir)

 

 

76. Und beinahe hätten sie dich dazu gebracht, das Land zu verlassen, um dich daraus zu vertreiben,241 doch dann242 wäre ihr Verbleib darin243 nur von kurzer Dauer gewesen,244

 

241. Wie es im Fall des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geschah, versuchen die Feinde, den Gesandten Allahs durch Drohungen aus ihrer Gesellschaft zu vertreiben. Sie rechnen bei ihrem Plan jedoch nicht mit Allah. Wer die Rechtschaffenen verfolgt, gräbt sich sein eigenes Grab. (Juusuf `Allii)      ~

Ein Jahr nach der Offenbarung dieser Surach zwangen die Kafirs den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, Mekka zu verlassen. Nach weiteren acht Jahren betrat er Mekka wieder als Sieger, und wiederum zwei Jahre später war ganz Arabien von den Götzendienern befreit. (Maududi)

Diese Surach wurde zu einer Zeit offenbart, als die Verfolgung sowohl physisch als auch moralisch, unter der der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger zu leiden hatten, ihren Höhepunkt erreicht hätte. (Asad)

Als die Versuchungen der Götzendiener keinen Erfolg beim Propheten, Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hatten, wollten sie ihn aus dem Land - Mekka - verscheuchen. Doch Allah gab ihm ein, auszuwandern. Hätten sie ihn vertrieben, so hätte sie Allah zugrunde gehen lassen, wie es Seiner Gesetzmäßigkeit entsprach. Doch sie wurden aufgrund Seiner Weisheit und Kenntnis vor dieser Bestrafung bewahrt. (Qutb)

 

242. Wenn du die Stadt wirklich verlassen hättest. (Darjabadi)

 

243. Wörtlich: „nach dir". (Asad)

 

244. Diese Voraussage wurde fast zwei Jahre später erfüllt, als gerade jene Führer der Quraisch in der Schlacht von Badr getötet wurden. (Asad)

Wörtlich: hätten sie nur ein wenig verweilt. (Anm. d. Übers.)

 


77. So wie es (Unser) Brauch war bei Unseren Gesandten245, die Wir vor dir geschickt haben.246 Und du wirst in Unserer Vorgehensweise keine Abänderung finden.

 

245. Das heißt, die Völker, die ihre Propheten vertrieben, wurden ausnahmslos vernichtet. (Asad)

Oder sie wurden der Herrschaft ihrer Feinde unterworfen, oder sie wurden von den Anhängern ihres Propheten besiegt. (Maududi)

Jene zu vernichten, die sie vertrieben haben. (Al-Dschalalain)

Die Gesetzmäßigkeiten Allahs können nicht individuell abgeändert werden, sondern sind ewig und unabänderlich. (Qutb)

 

246. Den Muslimen wird mitgeteilt, dass der Konflikt zwischen Iman und Kufr kein Problem ist, dem sie allein gegenüber­stehen. Der einzige Iman ist von manchem Volk abgelehnt worden, und es fehlte nicht an früheren Nationen, die ihre Gedanken Institutionen auf der Grundlage des Kufrs aufbauten. Es ist daher ihre Pflicht zu sehen, was das Schicksal dieser beiden war: der Bekenner des Imans und derer, die kafir waren. In der Geschichte kann man ablesen, wie Allah mit den Rechtschaffenen und den Bösen verfuhr. (Siddiqi)

Das heißt, Ende (der Untergang in dieser Welt. Reist über die Erde und lasst euch von den Spuren ihres Untergangs warnen, die ihr da zu sehen bekommt. (Darjabadi)

Die Geschichte berichtet vom Untergang dieser Völker, und im Qur`an wird an verschiedenen Stellen davon berichtet. Die gesamte Erde ist Schauplatz menschlichen Lebens, und die Erde und das Leben sind ein aufgeschlagenes Buch, aus dem Einsichten gewonnen werden können. (Qutb)

Nur Allahs Wahrheit ist dauerhaft und wird am Ende den Sieg davontragen. In der Niederlage dürfen wir nicht entmutigt sein oder den Kampf aufgeben. Iman bedeutet Hoffnung, Aktivität, beständiges Streben nach dem Ziel. (Juusuf 'Allii)

 

 

Abschnitt 9

 

78. Verrichte das Gebet247 von der Neigung der Sonne248 bis zum Anbruch der Nacht249 und (lies) den Qur'an bei Anbruch des Tages.250 Wahrlich, das Lesen des Qur’ans bei Anbruch des Tages wird (von den Engeln) bezeugt.251

 

247. Wahre seine Zeiten. (Safwat Al-Tafaasir)

Die Kommentatoren verstehen dies als das Gebot der fünf täglichen Gebete, nämlich die vier während des Niedergangs der Sonne vom Zenith bis zum Anbruch der Nacht und das frühe Morgengebet, dem gewöhnlich Rezitation des Qur’ans folgt. Die ersten vier Gebete sind „Suchr" unmittelbar nachdem die Sonne ihren Höchststand überschritten hat; „`Asr" am späten Nachmittag; „Marib" unmittelbar nach dem Sonnenuntergang; und nachdem das Abendrot abgeklungen und die Nacht angebrochen ist. Unterschiedliche Ansichten bestehen bezüglich einiger Worte oder Sätze, nicht aber über die allgemeine Aussage dieses Abschnitts. (Juusuf `Allii)

Angesprochen ist sowohl der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als auch der Leser. (Darjabadi)

Entgegen der Meinung mancher Qur’an-Kommentatoren, die diesen Worten die Gebetszeiten entnehmen, neige ich zu der Auffassung, die besagt, dass was in diesen Ajachs genannt wird, als eine Sonderbestimmung für. den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu erachten ist: Die Zeiten des vorgeschriebenen Gebets stehen jedoch durch Tat und Wort des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist. (Qutb)

Das Gebot des regelmäßigen Gebets folgt unmittelbar auf die Erwähnung von Schwierigkeiten und Hindernissen. Dies bedeutet auch, dass Standhaftigkeit in widrigen Lebensumständen durch regelmäßiges Gebet erlangt werden kann. (Maududi)

 

248. Wir haben den arabischen Wortlaut übersetzt mit „von der Neigung der Sonne...“. Obwohl einige Gefährten des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der Ansicht waren, dies beziehe sich auf den Sonnenuntergang, ist die Mehrheit von ihnen der Meinung, dass es sich um ihren Niedergang vom Zenith handelt, darunter `Umar, Anas und wichtige Gelehrte wie Hasan Basri, Mudschahid und Dschafar Saadiq. (Maududi)

 

249. Dies umfasst die beiden Abendgebete Marib und `Ischa. (Darjabadi)

Nach der Ansicht einiger Kommentatoren bedeuten die arabischen Worte „völlige Dunkelheit der Nacht", während andere sie als „Mitternacht" verstehen. Nach der ersten Ansicht ist damit der Anfang der Zeit für das `Ischa-Gebet gemeint und nach letzterer das Ende davon. (Maududi)

 

250. Die Qur’anrezitation hat, so wie auch das Gebet, bei Tagesanbruch besonders starke Wirkung. (Qutb)

Wie aus der Praxis (Sunnach) des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hervorgeht, umschreibt dieser Vers vollkommen die täglichen fünf Gebete, die für jeden Mann und jede Frau eine Pflicht sind. Obgleich in jedem Gebet Abschnitte aus dem Qur’an rezitiert werden, wird hier das Morgengebet besonders hervorgehoben, weil der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach Anweisung Allahs zu dieser Zeit die Qur’anrezitation verlängerte und auf diese Weise diesem Gebet ein besonderes Gewicht gab. (Asad)

 

251. Das Morgengebet wird besonders hervorgehoben, denn der Morgen ist eine „heilige Zeit", in der besonders geistige Einflüsse nach der Ruhe der Nacht auf die Seele wirken. (Juusuf `Allii)

Die meisten klassischen Kommentatoren verstehen hier, dass das Morgengebet „sowohl von den Engeln des Tages als auch denen der Nacht" bezeugt wird. Rasi vertritt demgegenüber die Ansicht, dass es sich bei dem „Zeugen" um den Funken der Erleuchtung Allahs in der Seele des Menschen handelt - die Verfeinerung seiner inneren Wahrnehmungsfähigkeit zu einer Zeit, wenn Dunkelheit und Stille der Nacht dem lebenspendenden Licht des Tages weichen müssen - so dass das Gebet hier zu einem Mittel wird, tiefere Einsicht in den Bereich der geistigen Wahrheiten zu gewinnen und auf diese Weise Verbindung mit allem Heiligen aufzunehmen. (Asad)

Das Gebot der täglichen fünf Gebete kam anlässlich der Himmelsreise des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. An anderen Stellen im Qur’an ist ebenfalls von den Gebetszeiten die Rede, beispielsweise in Surach 11:114; 20:130 und 30:17-18. (Maududi)

 

 

79. Und unterbrich dafür deinen Schlaf in der Nacht,252 ein zusätzlicher (’Ibadach) für dich.253 Auf dass dein Herr dich in einen glorreichen Rang erhebe.254

 

252. Dies richtet sich besonders an den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der gewöhnlich mehr als die fünf vorgeschriebenen Gebete verrichtet. Tahadschud ist ein Gebet nach Mitternacht bis in die frühen Morgenstunden. (Juusuf `Allii)

Tahadschud bedeutet wörtlich die Unterbrechung des Schlafes. Man steht auf, nachdem man einen Teil der Nacht im Schlaf verbracht hat, und verrichtet dieses Gebet. (Maududi)

“Bihi“ (wörtlich: „damit" oder „mit ihm", also mit seiner Rezition) bezieht sich auf den Qur’an, denn der Qur’an ist der Geist und Wesen des Gebets. (Qutb)

 

253. Zusätzlich zu den obligatorischen fünf Gebeten. Dies ist also kein Gebot, sondern eine Empfehlung, obgleich der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst meist den größten Teil der Nacht im Gebet verbrachte. (Asad)

“Nafl“ bedeutet wörtlich „zusätzlich zu einer Pflicht". (Maududi)

Das Wort “'asa“ (wörtlich: es mag sein, oder möge...) dient, wie die Kommentatoren erklären, im Sprachgebrauch des Qur’ans der Festsetzung und Bestimmung, da es ein edles Versprechen Allahs ist, das nicht unerfüllt bleiben wird. (Safwat Al-Tafaasir)

 

254. Im zukünftigen Leben sollte dem Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der höchste Rang - maqaam machmuud - zuteil werden. In diesem liegt eine große mystische Bedeutung einschließlich seiner besonderen Auszeichnung vor allen anderen Propheten. Der unmittelbare Bezug ist möglicherweise die Hoffnung, dass die Verfolgung in Mekka bald vorüber sein und das Werk in Medina beginnen wird. (Juusuf `Allii)

Gebet, Qur’anrezitation und Nachtwache sowie diese ständige Verbindung mit Allah ist der Weg, der zu dieser lobenswerten Stellung führt. Wenn nun Allah Seinem auserwählten Gesandten dies alles befielt, um wie viel notwendiger ist es dann für andere Menschen, sich dieser Mittel zu bedienen, wenn sie im zukünftigen Leben einen hohen Rang zu erlangen suchen. (Qutb)

Nach einem Hadis ist damit auch die Möglichkeit der Fürsprache für andere gemeint, wie sie dem Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegeben wird. (Darjabadi)

Wenn jetzt die Kafirs voll damit beschäftigt sind, dich zu schmähen und überall zu verleumden, so ist doch die Zeit nicht fern, wo dich die ganze Welt lobt, und im zukünftigen Leben werden alle Geschöpfe dich zu recht loben. (Maududi)

 


80. Und sprich: „Mein Herr! Lass meinen Eingang wahrhaftig sein,255 und lass meinen Ausgang wahrhaftig sein,256 und gewähre mir Deine hilfreiche Macht!"257

 

255. Zu jedem Lebensabschnitt, auch in den Tod. (Darjabadi)

Einen zufriedenen Eingang nach Medina, bei dem ich nicht zu sehen bekomme, was mir zuwider ist.

(Al-Dschalalain)

Während Qatada meint, dass dies der Eingang in Medina bedeutet, meint Al'Afi von ibn 'Abbas übernommen, dass dies ein Eintreten in den Tod bedeutet. (ibn Kasir)

Lass meinen Ausgang aus Mekka so sein, dass mein Herz kein Heimweh danach empfindet. (Al-Dschalalain)

Dieses Gebet zeigt, dass sich die Zeit der Auswanderung (Hidschra) nähert. Darum lehrte Allah Seinen Gesandten, so zu beten, sowie unter allen Umständen der Wahrheit zu folgen. Wenn er auswanderte, so sollte es um der Wahrheit willen geschehen, und wo immer er hinging, es sollte für die Sache der Wahrheit sein. (Maududi)

Das Eintreten in jede Angelegenheit und in jedem Ort. (Safwat Al-Bajaan)

 

256. „Ausgang" und „Eingang" können hier auf vier verschiedene Arten interpretiert werden:

1. Eingang in den Tod und Ausgang bei der Auferstehung. Für die Rechtschaffenen, die ihre Seele durch Gebet gereinigt und geistige Lehren aus dem Qur’an angenommen haben (vergleiche den vorigen Ajach), bedeutet dies jedesmal eine vollere Erkenntnis von Wahrheit und Ehre und die Freude darüber. Entgegengesetzt ist die Wirkung für diejenigen, die sich von Allah entfernt haben. Für sie wird die Wahrheit bitter, und statt der Ehre erwartet sie Bloßstellung und Erniedrigung.

2. Der Eintritt des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in ein neues Leben in Medina, das noch in der Zukunft verborgen lag, und den Auszug aus einem Leben unter der Verfolgung und in einer Umgebung der Lüge in Mekka, dessen Bewohner noch dem Polytheismus anhingen.

3. Wiederum auf die bevorstehende Auswanderung bezogen kann das Gebet bedeuten: „Lass uns aus reinen, wahrhaftigen Absichten und in geistiger Würde auswandern, nicht aus Zorn gegen die Bewohner von Mekka oder unsere Verfolger oder aus Interessen irdischer Macht in Medina oder ähnlichen niederen Motiven.

4. ganz allgemein Eingang und Ausgang in jedes Lebensstadium. (Juusuf `Allii)

Allah lehrte Seinen Gesandten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dieses Bittgebet, um Allah damit anzurufen und damit seine Gemeinde lernt, wie sie sich zu Allah wendet. Wahrhaftiger Ausgang und Eingang sind gleichbedeutend mit der Wahrhaftigkeit der ganzen Reise. (Qutb)

Vergleiche auch Psalm 121:8. (Anm. d. Übers.)

 

257. Was wir auch immer planen, unser Erfolg ist von Allahs Hilfe abhängig. Wie edel auch immer unsere Absichten sein mögen, wir haben nicht das Recht, Menschenleben in Gefahr zu bringen, bevor wir Allahs Auftrag dazu haben. Propheten handeln nur in Allahs Auftrag und nach Seiner Inspiration. (Juusuf `Allii)

Gib mir Macht und Autorität oder lass mir eine Regierung zur Seite stehen, damit ich mit ihrer Hilfe die korrupte Welt reformieren kann. Macht ist notwendig, um Laster unter Kontrolle zu bringen und das Gesetz der Gerechtigkeit durchzusetzen. Nach einem Hadis vernichtet Allah durch die Macht der Regierung die Missstände, die nicht durch die Lehre des Qur’an abgeschafft wurden. (Maududi)


 

81. Und sprich: „Nun ist die Wahrheit gekommen258 und die Falschheit ist verschwunden. Wahrlich, die Falschheit ist zum Untergang bestimmt."259

 

258. Die Wahrheit hat gesiegt und bleibt bestehen. (Darjabadi)

Mit dieser Macht, die dir von Allah verliehen ist, verkünde das Kommen der Wahrheit und das Verschwinden der Falschheit. (Qutb)

Vergleiche auch Surach 8:8; 21:18 und 42:24. (Anm. d. Übers.)

 

259. Der Trug muss von seinem Wesen her vergehen, denn er ist das Gegenteil der Wahrheit; die Wahrheit aber ist beständig. (Juusuf `Allii)

Zur Zeit dieser Offenbarung hatten die Verfolgungen ihren Höhepunkt erreicht. Viele Muslime waren nach Abessinien ausgewandert, und die Zurückgebliebenen litten unter unsagbaren Schwierigkeiten, wobei das Leben des Propheten Muchammad, Allahs Segen und frieden auf ihm, ständig in Gefahr war. Allem Anschein nach hatte also der Trug überall die Oberhand, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass die Wahrheit jemals siegen könnte. Deswegen spotteten die Kafirs besonders über diese Ankündigung. Die Vorhersage des Sieges wurde jedoch wahr, als zehn Jahre später der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wieder in Mekka einzog und gerade dies verkündete, während er die Götzen in der Ka'ba zerbrach. (Maududi)

 

 

82. Und Wir senden im Qur’an das herab, worin Heilung260 und Barmherzigkeit für die Mu’mins ist.261 Doch für den Ungerechten mehrt es nur den Verlust.262

 

260. Ein Heilmittel für alle moralischen, gesellschaftlichen und geistigen Krankheiten des Menschen. (Darjabadi)

 

261. Im Qur’an liegt eine Heilung und Barmherzigkeit für diejenigen, deren Herzen vom Iman erleuchtet und geöffnet werden. Sie finden im Qur’an Ruhe, Sicherheit und Zufriedenheit. Dies ist das Heilmittel gegen teuflische Einflüsterungen, Angst und Ratlosigkeit, denn durch ihn werden dem Menschen Ruhe und Sicherheit verliehen. Er fühlt Allahs Zufriedenheit mit sich und Wohlgefallen am Leben. Innere Unruhe, Gier, Hass, Neid und vieles andere dergleichen sind demgegenüber Krankheiten, die dem Herzen zusetzen und ihn schwächen. Somit ist der Qur’an eine Gnade für die Mu’mins. (Qutb)

Vergleiche auch Surach 10:57. (Anm. d. Übers.)

 

262. Sie können weder Nutzen aus ihm ziehen, noch können sie ihn richtig vernehmen. (ibn Kasir)

Da sie nicht an den Qur’an den Iman verinnerlichen wollen, verstricken sie sich immer mehr in Kufr und Irrtum.

(Safwat Al-Tafaasir)

In Allahs Offenbarung liegt Heilung für unsere zerbrochenen Seelen, Hoffnung auf eine geistige Zukunft und Freude über die Vergebung unserer Fehler. Alle, die den Iman verinnerlichen und recht handeln, teilen dieses Privileg. Nur wer gegen Allahs Gesetz rebelliert, erleidet einen Verlust. Je stärker sie sich gegen die Wahrheit wenden, um so tiefer fallen sie ins Elend. (Juusuf `Allii)

Mit den „Übeltätern" sind Menschen gemeint, die aus Selbsttäuschung oder überschwänglicher Liebe zu dieser vergänglichen Welt jede Möglichkeit der Rechtleitung Allahs von vornherein zurückweisen und schließlich geistigem Nihilismus zum Opfer fallen. (Asad)

Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hasste dies alles mit den Worten zusammen: „Der Qur’an ist entweder ein Beweismittel für oder gegen dich." (Maududi)

 


83. Und wenn Wir dem Menschen Wohltaten erweisen, dann wendet er sich ab und entfernt sich (von Uns).263 Und wenn ihn Schlimmes berührt, ist er zutiefst verzweifelt.264

 

263. Wohlstand lässt den Menschen eitel und übermütig werden, wenn er nicht an den Geber denkt und Ihm dankt und Ihn preist. Not hingegen lässt ihn verzweifeln, sofern er die Bindung zu Allah nicht aufrechterhält. (Qutb)

 

264. Hier offenbart sich der Wert des Imans und der Barmherzigkeit, die er einem schenkt. (Qutb)

Die Wahrheit rettet uns vor zwei Extremen: wenn wir glücklich sind, rettet sie uns davor, deswegen übermütig zu werden, denn wir erkennen, dass alles von Allah kommt; wenn wir Schwierigkeiten erleiden, brauchen wir nicht zu verzweifeln, denn wir wissen, dass Allah unsere Zuflucht und Hilfe ist. (Juusuf `Allii)

Vergleiche Surach 11:9-10 und die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

 

 

84. Sprich: „Jeder handelt auf seine Art und Weise.265 Doch euer Herr weiß es am besten, wer auf dem rechten Weg ist.“ 266

 

265. Entsprechend seiner natürlichen Veranlagung und seinen Neigungen. (Darjabadi)

„Schakilach": Richtung, Veranlagung, Willensrichtung, Iman. (ibn Kasir)

 

266. Wenn die Ungerechten ihrer Wege gehen, soll uns das nicht entmutigen. Es liegt in ihrer Natur. Wir sollen an der wahren Rechtleitung festhalten. (Juusuf `Allii)

 

 

Abschnitt 10

 

85. Und sie befragen dich über den Geist.267 Sprich: „Das Wissen über den Geist ist allein meinem Herrn vorbehalten. Und was ihr an Wissen erhalten habt, ist sehr gering."269

 

267. Was ist Offenbarung? Wer bringt sie? Diese und ähnliche Fragen werden immer gestellt, wenn von Offenbarung die Rede ist. Hier wird uns die Antwort gegeben. Offenbarung ist eins jener hohen geistigen Geheimnissen die nicht in Begriffen alltäglicher menschlicher Erfahrung erklärt werden können. Sie ist geistig. Der Geist Dschibrils kommt nicht aus seinem eigenen Willen heraus, sondern auf Allahs Geheiß und offenbart, was Allah ihm zu offenbaren befiehlt. Vom gesamten geistigen Wissen können gewöhnliche Sterbliche nur einen geringen Teil begreifen. Und nur das, was sie, wie ungenau auch immer, begreifen können, können sie erhalten. Wir sind nicht in der Lage, etwas zu fordern, was wir uns wünschen. Wenn wir das täten, würden wir uns damit nur lächerlich machen, denn Rechtleitung kommt von Allahs Weisheit, nicht von unserem irdischen Wissen.

(Juusuf `Allii)

“Ruuch“: die Seele des Menschen. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 16:2. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, dass sich dies hier besonders auf die Offenbarung des Qur’an bezieht, andere verstehen darunter die Seele, insbesondere die des Menschen. Letztere Interpretation klingt jedoch nicht überzeugend, da sich sowohl der vorige wie auch der folgende Vers ausdrücklich auf den Qur’an bezieht und damit auf das Phänomen der göttlichen Offenbarung. (Asad)

Wenn wir den Ajach in seinem Zusammenhang lesen, wird deutlich, dass das Wort “Ruch“ (wörtlich: „Seele" oder „Geist") hier für den Engel steht, der die Offenbarung bringt. Vergleiche auch Surach 40:15 und 42:52. (Maududi)

Der Weg, den der Qur’an immer beschritten hat, ist der, dass er den Menschen nur Antworten auf Sachen gibt, die für sie von Wichtigkeit sind und die sie mit ihrem Verstand begreifen können. Sie sollten ihre Energie nicht an falscher Stelle vergeuden. (Qutb)

 

268. Dies bedeutet keine Beschränkung des menschlichen Verstandes, sich zu bestätigen, sondern eine Leitung für diesen Verstand, die Grenzen seines eigenen Wissens zu erkennen und entsprechend seinen eigenen Möglichkeiten zu begreifen. “Ruuch“ („Geist") gehört zu den unfassbaren, heiligen Geheimnissen Allahs, die außer Ihm keiner begreifen kann. Das Wissen des Menschen ist, gemessen an Allahs absolutem Wissen, eng begrenzt. Somit kann er nicht all die Geheimnisse dieses Daseins mit seinem begrenzten Verstand erfassen. (Qutb)

Erschaffen, wie andere Wesen. Damit wird der Standpunkt polytheistischen Diins zurückgewiesen, nach dem der Geist oder die Seele des Menschen eine unabhängige Entität ist, die gleich Allah ewig existiert. (Darjabadi)

 

269. Wenig im Vergleich zu Allahs Wissen. Der Mensch besitzt nur soviel Wissen, wie er erfassen und verwenden kann. Dazu gehört nicht die genaue Kenntnis des Geistes. Selbst die physische Natur ist für Wissenschaftler schwierig zu erklären. Jedes gelöste Problem wirft gleich wieder eine neue, bisher unvorstellbare Serie von Problemen auf. Das Wissen kann sich erweitern, ist aber immer begrenzt. (Darjabadi)

 

 

86. Und wahrlich, wenn Wir wollten, könnten Wir gewiss das hinwegnehmen, was Wir dir offenbart haben.270 Dann würdest du keinen Sachwalter für dich in dieser (Sache) gegen Uns finden.271

 

270. Durch Auslöschen aus Schrift und Gedächtnis. (Darjabadi)

Auch das geistige Wissen, das wir erlangen, bekommen wir durch Allahs Gnade und Gunst. Wer könnte Ihn zur Rechenschaft ziehen, wenn Er es uns vorenthalten würde? (Juusuf `Allii)

Allah weist auf die Offenbarung an den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und ihre Erhaltung hin. Damit hat Allah den Menschen Seine besondere Gunst erwiesen. Denn durch den Qur’an erhalten sie, eine Generation nach der anderen, Rechtleitung und Wohlergehen. (Qutb)

 

271. Niemand kann dich mit anderen Mitteln zur Rechtleitung versehen. Dies spielt auf die Tatsache an, dass die Rechtleitung Allahs die einzige Quelle für ethische Werte im absoluten Sinne ist. Das „Wegnehmen" bezeichnet ihre Entfernung aus Herzen und Gedächtnis der Menschen und ihr Verschwinden in schriftlicher Form. (Asad)

 

 

87. Es sei denn durch Barmherzigkeit von deinem Herrn.272 Wahrlich, Seine Gnade gegen dich ist sehr groß.273

 

272. Durch die Gnade Allahs ist die Offenbarung im Herzen des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und dem seiner Gefährten erhalten geblieben. (Safwat Al-Tafaasir)

Nur Allahs Barmherzigkeit kann sich für uns einsetzen. Wir können diesen Satz in seinem weitesten abstrakten Sinne interpretieren wie auch im konkreten Sinne des Beinamens unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der als „Barmherzigkeit für die Welten" bezeichnet wird. Damit kommen wir von der abstrakten Frage auf die konkrete Frage nach dem Qur’an, auf den sich ausdrücklich die folgenden Ajachs beziehen. (Juusuf `Allii)


273. Deswegen besteht keine Gefahr, dass dieser Fall eintritt. (Darjabadi)

Obgleich diese Ajachs an den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet sind, werden damit die Kafirs angesprochen, die den Qur’an entweder als Werk des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst oder eines anderen Menschen ansehen. Ihnen wird hier gesagt, dass er Allahs Wort ist. Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat nicht die Fähigkeit, ein solches Buch hervorzubringen, sondern ist von der Offenbarung abhängig. (Maududi)

 

 

88. Sprich: „Wenn sich auch alle Menschen und Dschin274 zusammentun würden, um etwas von gleicher Art wie diesen Qur’an hervorzubringen,275 könnten sie niemals etwas von gleicher Art wie ihn hervorbringen, auch wenn sie einander dabei unterstützen."276

 

274. Was sind Dschin? In Surach 18:15 erfahren wir, dass Iblis einer der Dschin war, und es wird darauf hingewiesen, dass dies der Grund dafür war, dass er Allah nicht gehorchte. In diesem Abschnitt, aber auch in anderen lesen wir, dass Allah den Engeln befahl, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, niederzuwerfen, und alle gehorchten außer Iblis. Das bedeutet, dass Iblis mit zu der Gemeinschaft der Engel gehörte. An vielen Stellen werden Dschin und Menschen zusammen erwähnt. In Surach 55: 14-15 ist die Rede davon, dass der Mensch aus Lehm erschaffen wurde, die Dschin hingegen aus der Feuerflamme. Das Wort stammt von der Wurzel “dschanna“ ("verborgen sein", im Aktiv: "verbergen", wie in Surach 6:76). Es wird deswegen ge­sagt, dass der Begriff Dschin die verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen bezeichnet. Andere halten sie für wilde Völker, die in Urwäldern und Gebirgen versteckt leben. Ohne dogmatisch sein zu wollen, bin ich auf Grund intensiven Studiums der diesbezüglichen Abschnitte des Qur’an der Ansicht, dass der Begriff einfach "Geist" bedeutet, im Sinne einer unsichtbaren oder verborgenen Kraft. In Folklore und Märchen wie beispielsweise 1001 Nacht werden sie in phantastischen Formen personifiziert, aber damit befassen wir uns hier nicht. (Juusuf 'Allii)

Trotz aller klaren Zeichen haben einige Menschen verborgene Wesen zu Partnern Allahs gemacht, die lediglich Geschöpfe ihrer Phantasie und ihres Wunschdenkens sind. In ihrer Unwissenheit gehen sie so weit, diesen verschiedene Kräfte und Aufgaben zuzuschreiben, so dass sie angeblich das Universum lenken und auf das Schicksal der Menschen einwirken; So kommen beispielsweise Vorstellung von einem Regengott, einer Göttin des Reichtums, einem Gott der Krankheit und ähn­liches zustande. Solche "Gottheiten" sind imaginäre Wesen, die unter verschiedenen Namen von allen polytheistischen Völkern der Erde geschaffen wurden. (Maududi)

 

275. So wie “Ruuch“ zu den Geheimnissen Allahs gehört, die Allah vorbehalten bleiben (vergleiche oben Fußnote 268), so ist auch der Qur’an das alleinige Werk Allahs. Kein Geschöpf, weder Dschin noch Mensch, kann etwas ähnliches hervorbringen. (Qutb)

Kein Kompendium von Gesetz und Ethik, kein System der Soziologie könnte jemals an den Qur’an heranreichen. (Darjabadi)

In seiner Sprachreinheit und -gewandheit. (Al-Dschalalain)

Vergleiche auch Surach 2:23; 10:37-38; 11:13; 6:93 und 8:31, wo teilweise sogar eine regelrechte Herausforderung ausgesprochen wird. (Anm. d. Übers.)

 

276. Der Qur’an besteht nicht aus Lauten und Redewendungen, die die Menschen und Dschin nachzuahmen versuchen könnten, sondern er ist wie alle anderen Werke Allahs eine einzigartige Schöpfung. Die, die selbst geschaffen sind, sind nicht imstande, ähnliches zu bewerkstelligen. (Qutb)

Der Beweis für den Qur’an liegt in seiner Schönheit und in seinem Wesen sowie in den Umständen, unter denen er verkündet wurde. Die Welt wird herausgefordert, ein solches Buch hervorzubringen, aber es ist ihr nicht gelungen. Er ist das einzige offenbarte Buch, dessen Text bis heute rein und unverfälscht erhalten geblieben ist. (Juusuf `Allii)

 

 

89. Und Wir haben wahrlich für die Menschen in diesem Qur’an (die Lehren) in (vielfältig) abgewandelter Form durch Gleichnisse dargelegt.277 Doch die meisten Menschen lehnen ihn ab,278 einzig aus Kufr.

 

277. Im Qur’an wird alles von verschiedenen Gesichtspunkten her erklärt, durch Gebote, Gleichnisse, Beispiele, Geschichten, Parabeln und so weiter. Er gibt nicht nur Geschichten wieder oder legt abstrakte Theorien vor, sondern leistet jede denkbare Hilfe zu unserem äußeren und inneren Leben. (Juusuf `Allii)

Das Wort “Matal“ (wörtlich: „Gleichnis", „Parabel", „Beispiel") ist hier mehr oder weniger gleichbedeutend mit “Wasf“ („Beschreibung mittels eines Vergleichs" oder „Definition"). Im weiteren Sinn bedeutet es „eine Lehre". (Asad)

 

278. Eine Art der Undankbarkeit besteht darin, dass wir zwar Lippenbekenntnisse zum Qur’an leisten, ihn aber nicht in der gehörigen Weise studieren (vergleiche Surach 2:121) und seinen Geboten und Normen nicht folgen. (Juusuf `Ali)

Anstatt Nutzen aus dem Qur’an und seinen vielfältigen ausgelegten Lehren und Beispielen zu ziehen, machten die Menschen ihre Gefolgschaft von Wundern abhängig, die sie dem Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abverlangten. (Qutb)

Das heißt, sie sind nicht bereit, Gedanken zu akzeptieren, die ihren eigenen Kufr Neigungen widersprechen. (Asad)

 

 

90. Und sie sagen:279 „Wir werden an dir niemals den Iman verinnerlichen, ehe du nicht einen Quell aus der Erde für uns hervorsprudeln lässt;280

 

279. Nämlich die mekkanischen Götzendiener. (Darjabadi)

 

280. Vergleiche Surach 2:60. (Juusuf `Allii)

Wie dies. (Asad)

 

 

91. Oder ehe du nicht einen Garten besitzt mit Dattelpalmen und Weinreben, und Ströme inmitten von ihm hervorsprudeln lässt im Überfluss;281

 

281. Dieses unübersichtliche Chaos von Wunderforderungen der Kafirs steht genau im Gegensatz zu den nüchternen und vernünftigen Argumenten, die im letzten Satz von Ajach 93 beginnen und in Abschnitt 11 und 12 fortgesetzt werden. Es erinnert an die materialistische Phantasie der jüdischen Skeptiker, die für den Fall des jüdischen Volkes (siehe unten Ajach 104) verantwortlich waren. Für ein durstiges Volk unterwegs in einem trockenen Land ist eine Wasserquelle wie bei Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, oder wie der Brunnen Samsam ein großes Wunder. Aber Wunder sind nicht dazu da, dass kafir Pöbel sie anstarrt. Ein schöner, gut bewässerter Garten ist ein Symbol der Glückseligkeit, aber der Skeptiker kann nicht Allah befehlen, einen solchen nur zum Vergnügen hervorzubringen. Dasselbe gilt für ein goldgeschmücktes Haus, abgesehen davon, dass die Symbolik hier materialistischer ist. Dass der Himmel einstürzt oder Allah von Angesicht zu Angesicht sichtbar wird oder der Mensch auf einer Leiter in den Himmel steifst oder ein gebundenes Buch vom Himmel fällt, das alles sind irrelevante Vorschläge, die zwischen geistigen und materiellen Dingen keinen Unterschied machen. (Juusuf `Allii)

Hier scheint es sich um eine ins lächerliche verzerrte Anspielung auf das im Qur’an so oft erwähnte Paradies zu handeln. (Asad)

 

 

92. Oder du den Himmel, so wie du behauptet hast, Stück nach Stück auf uns herabfallen lässt, 282 oder Allah und die Engel leibhaftig herbeibringst;283

 

282. Vergleiche Abschnitte wie beispielsweise Surach 82:1 und die folgenden Ajachs oder Surach 25:25, wo vom Zusammenbruch des Firmaments als Zeichen einer Weltkatastrophe die Rede ist, mit dieser lächerlichen Forderung der Skeptiker. (Juusuf `Allii)


283. Vergleiche Surach 2:55 und 4:153, wo vom Wunsch der Kinder Israels die Rede ist, Allah von Angesicht zu Angesicht zu sehen, und Surach 6:8-9, wo Engel herabkommen sollen, um die Menschen zu überzeugen.

(Juusuf `Allii)

 

 

93. Oder du ein Haus aus Edelsteinen besitzt, oder aufsteigst in den Himmel,284 doch selbst dann werden Wir erst an dein Aufsteigen den Iman verinnerlichen, wenn du ein Buch zu uns herabkommen lässt, das wir lesen können."285 Sprich: „Gepriesen sei mein Herr!286 Bin ich denn etwas anderes als ein Mensch, der (von Allah) gesandt ist?"287

 

284. Vergleiche Surach 6:35, wo von einer Himmelsleiter die Rede ist. (Juusuf `Allii)

 

285. In dem deine Bestätigung steht. (Al-Dschalalain)

Auch in Surach 6:7 ist von dem unvernünftigen Gedanken materialistischer Skeptiker die Rede, eine geistige Offenbarung sollte greifbar und in gebundener Form vom Himmel kommen. (Juusuf `Allii)

Die Anspielung auf diese „Bedingungen" sind nicht nur rein historischer Art, sondern veranschaulichen eine weit verbreitete, psychologisch widersprüchliche Geisteshaltung, eine merkwürdige Mischung aus Skeptizismus und primitiver Leichtgläubigkeit, die den Iman an einen Propheten von seinen Wundern abhängig macht. Da das einzige Wunder, das dem Propheten Muhammad - Friede sei mit ihm - von Allah gegeben wurde, der Qur’an selbst ist (vergleiche Ajach 59 dieser Surach), wird er im nächsten Abschnitt aufgefordert zu erklären, dass diese Forderungen irrelevant und unverschämt sind. (Asad)

 

286. Er allein ist allmächtig! (Darjabadi)

Wunder liegen allein in Allahs Macht. (Asad)

 

287. Ein Gesandter Allahs ist ein Mensch, der Allahs Befehl folgt, nicht jemand, der die Launen und Neugier der Kafirs befriedigt. Größere Wunder als alles, was ihre unvernünftige Phantasie sich vorstellen konnte, lagen vor ihnen. Der Qur’an war ein solches Wunder und bleibt ein solches durch alle Zeiten. Warum verinnerlichten sie den Iman dann immer noch nicht? Der wahre Grund war Trotz und Eifersucht wie bei Iblis, siehe den nächsten Ajach. (Juusuf `Allii)

Er bleibt an den Grenzen seines Menschseins stehen und wirkt nur im Bereich seines Auftrages ohne wenn und aber. (Qutb)

 

 

Abschnitt 11

 

94. Und was die Menschen vom verinnerlichen des Imans abhielt, als die Rechtleitung zu ihnen kam, war nichts anderes als dass sie sich sagten:288 „Hat Allah etwa einen Menschen zum Gesandten gemacht?289

 

288. Wörtlich: „außer dass sie sagten". Das Verb “qaala“ (auch das Nomen “Qaul“) wird oft benutzt im Sinne von „eine Meinung äußern" oder „eine Überzeugung zum Ausdruck bringen; im obigen Fall geht es eindeutig um einen Einwand. (Asad)

 

289. Wenn ein Mensch zu Ehren kommt, freuen sich seine aufrichtigen Mitmenschen für ihn, denn seine Ehre strahlt auf sie aus. Wer aber Böses in seinem Herzen hat wie sein Prototyp Iblis (vergleiche oben Ajach 61 und die entsprechenden Fußnoten), wird eifersüchtig. Für solche Menschen ist allein die Tatsache, dass ihr Mitmensch Allahs Gnade empfängt, Grund genug, sie gegen ihn aufzubringen. Alle anderen Gründe sind Vorwände.

(Juusuf `Allii)

Die Tatsache, dass Propheten Menschen sind, war immer ein Stein des Anstoßes für götzendienerische Völker. (Darjabadi)

Im Gegensatz dazu kam es jedoch auch oft vor, dass mu’min Anhänger eines Propheten diesen nachträglich für übermenschlich („Sohn Gottes" oder „Inkarnation Gottes") erklärten. Unwissende Menschen haben nie begreifen können, dass Menschen Gesandte Allahs sein konnten. (Maududi)

Da die meisten Menschen den wahren Wert ihrer Menschlichkeit und die Würde, die sie bei Allah genießen, nicht begreifen, halten sie es für ausgeschlossen, dass ein Mensch von Allah gesandt wird. Sie können auch nicht begreifen, dass Engel auf der Erde nicht lebensfähig wären, da ihre Beschaffenheit nicht an Lebensbedingungen der Erde angepasst sind. Allah müsste sie dann zu Menschen umgestalten, was es für die Menschen schwer machen würde, sie als Engel zu erkennen. (Qutb)

 

 

95. Sprich: „Wenn es Engel gäbe, die sicher auf Erden wandeln könnten,290 wahrlich, dann hätten Wir vom Himmel einen Engel291 als Gesandten zu ihnen herabgeschickt."292

 

290. Wenn Engel die Erde bewohnten, dann könnte ein Engel vom Himmel als Gesandter zu ihnen geschickt werden, denn sie könnten einander verstehen, und Allahs Botschaft könnte ohne Schwierigkeiten erklärt werden. Die Erde ist jedoch von Menschen bewohnt, die selbst untereinander in Rassen, Völker und Gruppe unterteilt sind. Zu jeder Gruppe ist ein Gesandter aus ihren eigenen Mitte geschickt worden: zu den `Ad ihr Bruder Huud ('Vergleiche Surach 11:50), zu den Tamuud ihr Bruder Salich, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, Surach 11:61), und so weiter. In der Tat schafft das Auftreten eines Engels bei bösen Menschen Schwierigkeiten und Auflehnung, wie es bei den Engeln der Fall war, die zu Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kamen (Surach 11:77-80). Jedenfalls können sie unter Menschen ihren Auftrag nicht effektiv ausführen. (Juusuf `Allii)

 

291. Wenn Allah beschlossen hätte, dass die Engel auf der Erde leben sollten, dann hätte Er diese doch in menschlicher Gestalt erschaffen. Denn dies ist die Form, die den Gesetzmäßigkeiten der Schöpfung und der Natur dieser Erde angepasst ist. Deshalb heißt es in Surach 6:9: „Hätten Wir einen Engel zum Gesandten gemacht, so hätten Wir ihm die Gestalt eines Menschen gegeben". (Qutb)

 

292. Prinzipiell werden Gesandte zu einem Volk ihrer eigenen Art geschickt. (Darjabadi)

Allah weist in mehreren Stellen des Qur’ans darauf hin, dass es eine besondere Güte und Gnade für die Menschen ist, wenn Er ihnen einen Gesandten ihresgleichen schickt. Denn die gemeinsame Sprache ermöglicht es ihnen, ihn zu verstehen und von ihm zu lernen. (ibn Kasir)

Gesandte Allahs übermitteln nämlich nicht nur eine Botschaft, sondern sollen die Menschen entsprechend dieser reformieren. Sie müssen die Grundsätze der Botschaft auf die Lebensumstände der Menschen anwenden und selbst in der Praxis vorleben. Sie müssen darüber hinaus in der Lage sein, Missverständnisse zu beseitigen, die bei den Hörern der Botschaft entstehen könnten, und die Mu’mins dazu zu erziehen, eine Gesellschaft zu gründen, die diese Lehre als Grundlage hat. Sie müssen sich mit denjenigen auseinandersetzen, die Allahs Botschaft ablehnen und bekämpfen. Da all dies in einer menschlichen Gesellschaft geschehen muss, kann nur ein menschlicher Gesandter diese Aufgabe erfüllen. Würde ein Engel als Gesandter geschickt, dann könnte er zwar die Botschaft verkünden, nicht aber unter Menschen leben und ihr Leben und ihre Probleme teilen, um sie zu reformieren. Nur ein Mensch ist für diese Aufgabe geeignet. (Maududi)

Vergleiche auch Surach 6:8 und 15:7 mit den entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

 


96. Sprich: „Allah genügt als Zeuge zwischen mir und euch.293 Er ist fürwahr mit Seinen Dienern vertraut und sieht sie wohl."294

 

293. Wenn ihr einen wahren Zeugen sucht, dann braucht ihr nicht irgendwelche spektakulären Wunder, sondern das Zeugnis des ewig lebenden Allahs. Allah ist überall anwesend - und bei euch. Reinigt eure Herzen und bittet Ihn um Vergebung und Beistand, und Er wird euch führen und euch den Weg weisen. (Juusuf `Allii)

 

294. Er kennt ihr Inneres und ihr Äußeres. (Al-Dschalalain)

Allah hört und sieht sämtliche Bemühungen des Propheten, die Menschen zu verändern, und ebenso hört und sieht Er ihre Anstrengungen gegen Allahs Botschaft. Er genügt als Zeuge, denn Er hat letztendlich zu urteilen. (Maududi)

 

 

97. Und wen Allah rechtleitet, der ist fürwahr rechtgeleitet,295 und wen Er irregehen lässt, für die wirst du niemals einen Beschützer finden außer Ihm. Und diese werden Wir am Tage der Auferstehung (umgedreht) auf ihren Gesichtern296 zusammenscharen, blind, stumm und taub.297 Die Hölle wird ihr Aufenthaltsort sein. Jedesmal, wenn das Feuer nachlässt, werden Wir (noch) Feuerglut für sie298 hinzufügen.

 

295. Eure unaufrichtigen Haarspaltereien sind sinnlos. Die einzige wahre Rechtleitung kommt von Allah. Wenn ihr nicht Seine Gnade sucht, seid ihr verloren. Außer Ihm gibt es keinen wahren Freund und Beschützer. (Juusuf `Allii)

Allah hat Gesetzmäßigkeiten (Sunnach) für Rechtleitung und Irrtum festgesetzt und ließ die Menschen entsprechend diesen Gesetzen verfahren. Eines dieser Gesetze ist, dass der Mensch sowohl für die Rechtleitung als auch für Irrtum ausgerüstet ist. Strebt er nun nach Rechtleitung, so verdient er, von Allah geleitet zu werden. Wer aber, durch seine Abwendung von den Zeichen der Rechtleitung, die Irreführung verdient, den kann niemand vor Allahs Strafe schützen. (Qutb)

Wenn ein Mensch der Wahrheit den Rücken kehrt und sich mit Trug zufrieden gibt, dann kann ihn keine Macht der Welt vom Trug abbringen und zur Wahrheit führen. Seiner eigenen Entscheidung entsprechend hat er eine Abneigung gegen die Wahrheit und eine Vorliebe für Trug. (Maududi)

 

296. In einer erniedrigenden und quälenden Form. (Qutb)

Niedergeworfen auf ihre Gesichter. (Darjabadi)

 

297. Sie werden blind, taub und stumm auferweckt, weil sie sich so schon in diesem Leben verhalten haben: sie wollten die Wahrheit nicht sehen, hören oder sprechen. (Maududi)

Von ibn Malik ist der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gefragt worden sein: „Wie werden die Menschen auf ihren Gesichtern zusammen geschart?" Er antwortet: „Derjenige, Der sie auf ihren Füßen schreiten lässt ist auch imstande, sie auf ihren Gesichtern laufen zu lassen." (ibn Kasir)


298. Wenn ihr auf eurem bösen Weg besteht, nimmt dieser ein böses Ende. Ihr identifiziert euch immer mehr mit dem Bösen. Ihr kommt zu Schanden wie Leute, die ihr Gesicht verloren haben, und verliert eure Fähigkeit, euch ein Urteil zu bilden, die Allah euch dereinst gegeben hatte. Statt zu sehen, werdet ihr blind für Allahs Zeichen. Statt die Harmonie und Musik der Sphären zu hören, wie sie sich im Leben reiner und heiliger Menschen widerspiegeln, hört ihr nur undeutliche Laute wie Taube. Statt euch im Gebet an Ihn wenden zu können, um Seine Gnade zu erbitten und Sein Lob zu verkünden, bleibt ihr stumm. Das Feuer eurer Strafe nimmt nicht ab, sondern wird nur stärker, je tiefer ihr in die Hölle kommt. (Juusuf `Allii)

Mit der Wendung „für sie" soll wahrscheinlich der individuelle Charakter des Leidens betont werden, das im Qur’an allegorisch als „lodernde Flamme" bezeichnet wird. (Asad)

 

 

98. Dies ist ihre Vergeltung dafür, dass sie nicht an Unsere Zeichen den Iman verinnerlichten, sondern sagten: „Wenn wir zu Knochen geworden und vermodert sind,299 sollen wir dann in einer neuen Schöpfung wiedererweckt werden?"300

 

299. In unseren Gräbern. (Darjabadi)

 

300. Hier wird der Satz von Ajach 49 oben wiederholt. Diese Erinnerung rundet das Argument ab. Nach verschiedenen ethischen Vorschriften, mit denen Iman verbunden ist, folgte eine Diskussion des Kufrs. Seine verschiedenen Hintergründe wurden analysiert und die entsprechende Strafe wurde geschildert. Im nächsten Abschnitt wird dann Pharao als Beispiel für den Kufr dargestellt und die Surach mit einer Ermahnung zum Iman abgeschlossen. (Juusuf `Allii)

Diese Leugnung der Macht Allahs, Tote wieder aufzuerwecken, ist gleichbedeutend mit einer Leugnung Seiner Allmacht und damit Seines Wesens. All dies ist in den Worten „taub und blind und stumm" im letzten Ajach  enthalten. (Asad)

 

 

99. Sehen sie denn nicht,301 dass Allah, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat,302 die Macht besitzt, ihresgleichen (wieder) zu erschaffen?303 Doch Er hat für sie eine Frist festgesetzt, über die es keinen Zweifel gibt.304 Aber die Ungerechten wollten unbedingt ihre Gotteslästerung weiterführen.305

 

301. Diejenigen, die die Möglichkeit einer Auferstehung leugnen. (Darjabadi)

 

302. Der ursprüngliche Schöpfer, der alles ins Dasein gerufen hat und dessen Schöpferkraft nicht abgenommen hat. (Darjabadi)

 

303. Allah, der alles im Himmel und auf Erden erschaffen hat, hat sicherlich auch die Macht, individuelle Seelen wiederzuerwecken, nachdem ihre Körper zerfallen sind, mit der Erinnerung an ihr vergangenes Leben und zu einer Fortsetzung ihrer geistigen Geschichte. Er hat jedoch für jedes Stadium unserer Existenz eine Frist festgelegt, die wir weder verlängern noch verkürzen können. (Juusuf `Allii)

Wörtlich: „dieselben wie sie zu schaffen", das heißt sie individuell aufzuerwecken, wobei jeder dieselbe Identität („Gleichheit") hat wie vor seinem oder ihrem Tod. (Asad)


304. Wörtlich: „einen Termin (Adschal) für sie". Da “Adschal“ in erster Linie „ein bestimmter Termin (an dem etwas fällig wird)" bedeutet, bezieht sich dies offensichtlich auf die unausweichliche Tatsache der Auferstehung. (Asad)

 

305. Dieser Satz veranlasst uns zu einem Rückblick auf Ajach 89 oben, wo die Darlegung der wirklichen Hintergründe für die ablehnende Haltung der Skeptiker gegenüber dem Qur’an anfing. (Juusuf `Allii)

 

 

100. Sprich: „Wenn ihr Verfügungsgewalt hättet über die Schätze der Barmherzigkeit meines Herrn,306 dann würdet ihr damit geizen aus Furcht, dass sie zu Ende gehen,307 denn der Mensch ist gar knauserig!"308

 

306. Wenn die höchsten Gaben Allahs zu eurer Verfügung ständen. Angesprochen sind die Kafirs. (Darjabadi) Angesprochen sind jene, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu solchen undurchführbaren Dingen zwingen wollten, wie Häuser aus Gold, Palmen und Weinrebengärten, sprudelnde Quellen... etc. (Qutb)

 

307. Gerade die, die Wunder verlangen, sind so geizig, dass wenn ihnen die Herrschaft über die Schätze der Barmherzigkeit Allahs übertragen würde, sie diese zurückhalten würden, aus Angst sie zu erschöpfen. Allahs Barmherzigkeit dagegen kann niemals versiegen. (Qutb)

Da der Mensch von Natur aus abhängig von seinem materiellen Eigentum ist, versucht er instinktiv, es für sich zu behalten. Allah ist demgegenüber unabhängig und steht deswegen über jedem Bedürfnis, Seiner Großzügigkeit Grenzen aufzuerlegen. Diese implizierte Bezugnahme auf Allahs Gnade und Großzügigkeit ist notwendig, weil sowohl im vorigen als auch im folgenden Ajach die Tatsache betont wird, dass Er nie aufhört, die Menschen durch Seine Propheten einem guten Leben zu leiten. (Asad)

 

308. Ein neues Argument richtet sich hier an jene, die Allahs Offenbarung auf einen begrenzten Kreis von Menschen beschränkt wissen wollen, zu denen sie dann selbst gehören. Unmittelbar bezog sich dies auf die Juden, die nicht begreifen konnten, wie es möglich war, dass Nichtjuden Offenbarung und Rechtleitung erhielten, die sogar noch dem überlegen war, was sie selbst für sich beanspruchten. Eine solche Tendenz ist jedoch unter den Menschen weit verbreitet. Eine spezielle Rasse, Kaste oder Kultur sieht sich selbst als Treuhänder für Allahs Botschaft, obgleich diese universal ist. Allahs Gnade ist universal, und Er verteilt Seine Gaben weit unter den Menschen. Sie werden nicht weniger, indem Er sie austeilt. Nur ein Geizhals hortet sein Eigentum aus Angst, es könnte verbraucht werden. Seid ihr geistige Geizhälse, die Allahs Botschaft der Menge vorenthalten wollen? Ist das der Grund, warum ihr das Auftreten eines neuen Lehrers bestreitet, der als Barmherzigkeit zu allen Menschen, ja zur gesamten Schöpfung kommt? (Juusuf `Allii)

 

101. Und Wir haben Muusa neun klare Beweise gegeben.309 So frage die Kinder Israels danach.310 Als er damals zu ihnen311 kam, da sagte Pharao zu ihm: „Ich glaube wahrhaftig, O Muusa dass du unter Zauberbann stehst."312

 

309. Dass auch die Anhäufung von Wundern nicht dazu angetan ist, verhärtete Herzen zum Iman zu führen, zeigt die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Ihm wurden neun klare Beweise gegeben, doch Pharao und sein Gefolge leugneten sie allesamt. Das Beispiel Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und der Kinder Israels wird hier aufgeführt, da es zum Thema und zum Anfang dieser Surach passt. Es endet mit der Erwähnung des Jenseits und des Tages der Auferstehung, von dem mehrfach in dieser Surach die Rede ist. (Qutb)

Neun deutliche Zeichen: vergleiche auch Surach 7:133 und die entsprechenden Fußnoten. Die Geschichte von Pharao (oder ein Ausschnitt daraus) soll hier den Niedergang einer Seele durch Stolz auf äußerliche Macht und Würde veranschaulichen. (Juusuf `Allii)

Nach ibn 'Abbas sind diese neun Wunder: der Stab, die Hand, Ernteschäden, Dürre, die Flut, die Heuschrecken, die Läuse, die Frösche und das Blut. (ibn Kasir)

 

 

102. Er antwortete: „Du weißt sehr wohl, dass dies alles von niemand anderem herabgesandt worden ist als dem Herrn der Himmel und der Erde als sichtbare Beweise.313 Doch denke ich, O Pharao, dass du der Vernichtung anheim fallen wirst."314

 

310. Die Juden der heutigen Zeit, nämlich darüber, was der Qur’an in der Beziehung aussagt. Sie werden es auf der Grundlage ihrer eigenen Schriften bestätigen müssen. Diese Aufforderung bezieht sich offensichtlich auf Ajach 104 und erklärt, warum die Geschichte von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Pharao in diesem Zusammenhang erwähnt wurde. (Asad)

Nach Rasi dient die Befragung hier nicht dazu, den Propheten zu lehren, sondern die Wahrhaftigkeit seiner Aussage nach Maßgabe der Juden und ihrer Gelehrten aufzuzeigen. Sie ist also eine Beweisführung.

(Safwat Al-Tafaasir)

 

311. Zu ihnen: nämlich zu Pharao, der in seiner Ratsversammlung saß, umgeben von den Würdeträgern seines Volkes. Vergleiche auch Surach 7:103. (Juusuf `Allii)

 

312. Zu einem anderen, späteren Zeitpunkt in dieser Szene nennen Pharaos Würdenträger Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einen „äußerst geschickten Zauberer" (siehe Surach 7:109). Hier kam Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zwar mit seinen neun Zeichen, hatte sie aber noch nicht gezeigt, deswegen warf man ihm vor, das Opfer von Magie zu sein. Das ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, besessen zu sein. (Juusuf `Allii)

 

313. Wir können sehr wohl annehmen, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Pharao aufforderte, sich an seine Vergangenheit zu erinnern, denn er war an seinem Hof aufgezogen worden und hatte alle Wissenschaften der Ägypter studiert. Daher konnte er auch nicht besessen sein oder naiv und von der ägyptischen Magie beeinflusst. Er sollte etwas Größeres zeigen: nicht die trügerische Magie der ägyptischen Zauberer, sondern die wahren Zeichen, die von Allahs Allmacht stammten. Diese sollten die Augen des Volkes öffnen, und wenn Pharao sich dem Iman widersetzte, sollte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihm vor seinem Untergang warnen. Dies ist der Weg einer Seele, die sich durch ihren Stolz herabziehen lässt. (Juusuf `Allii)

Du weißt es sehr wohl in deinem Inneren. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 6:109 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, konnte dies kategorisch sagen, denn die Plagen, die Ägypten heimsuchten, konnten nicht durch Magie oder menschliches Wirken hervorgebracht werden. Nur jemand, der nicht über seine Verstandeskräfte verfügte, konnte annehmen, dies sei von einem anderen als dem Herrn der Welten bewirkt worden. (Maududi)


314. Das heißt: ich bin nicht von Magie beeinflusst, aber du bist dem Untergang geweiht, weil du auf deinem Kufr beharrt hast, obwohl du so viele Zeichen Allahs gesehen hast. (Maududi)

 

 

103. So wollte er315 sie von der Erde aus dem Land verschwinden lassen,316 doch Wir ließen ihn ertrinken und die mit ihm waren allesamt,317

 

315. Daraufhin versucht Pharao auf verschiedene Weise, nicht nur Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu vernichten, sondern dessen ganzes Volk. Die Geschichte wird vollständiger in Surach 7 wiedergegeben. Allahs Zorn bricht über Pharao und alle diejenigen herein, die ihn physisch und geistig begleiteten. Die Ägypter, die den Weg zur Umkehr fanden, waren Pharaos Zorn ausgeliefert, wurden aber vor Allahs Zorn gerettet (vergleiche Surach 7:121-120). (Juusuf `Allii)

 

316. Die Antwort Pharaos auf die Wahrheit war die jedes Tyrannen: auf Gewaltanwendung zurückzugreifen, um sie auszurotten. (Qutb)

 

317. Selbst Denkmäler wie die große Sphinx, die in der Lage zu sein schien, den Jahrtausenden zu widerstehen, waren teilweise verschüttet. Die meisten Pyramiden sind stark beschädigt. Der Gegensatz zwischen Ägypten und Israel ist ein Teil der Geschichte. Auch Israel erwies sich schließlich als unwürdig, und im Laufe der Zeit gewannen die Araber, die von ihnen als Ismaeliten verachtet wurden, die Oberhand. In den europäischen Ghettos erlitten die Juden Verfolgung und Unter­drückung, und ihr Schicksal im Dritten Reich ist bekannt. Auch die Araber oder Türken oder irgendeine andere Nation hatten keine Sonderbevollmächtigung von Allah. Rechtschaffenheit ist der Prüfstein. (Juusuf ‘Allii)

 

 

104. Und wir sagten danach318 zu den Kindern Israels: „Bewohnt das Land."319 Doch wenn die Zeit des Jenseits gekommen ist,320 werden Wir euch in einer bunt zusammengewürfelten

Menschenmenge321 herbeibringen.

 

318. Nach Pharaos Untergang. (Darjabadi)

 

319. Allah ließ zwar jene Leute, die unterdrückt wurden, das Land erben, machte sie aber fair ihre Taten und Verhalten zugleich verantwortlich. (Qutb)

Die Israeliten wurden im Verheißenen Land, in Palästina, angesiedelt. Dort gründeten sie ihr Reich. Durch ihre Vergehen verwirkten sie jedoch Allahs Gnade und werden dafür wie alle anderen Menschen und Völker entsprechend dem Gesetz der persönlichen Verantwortlichkeit von Gott zur Rechenschaft gezogen. (Juusuf `Allii)

Dieser Teil von der Geschichte Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und der Israeliten ist genau auf die Götzendiener von Mekka anwendbar, die den Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  die Mu’mins aus ihrem Gebiet vertreiben wollten. Ihnen wird gesagt: wenn ihre euch ähnlich verhaltet wie Pharao, dann trifft euch ein ähnliches Schicksal. (Maududi)

 

320. Die Stunde der Auferstehung. (Al-Dschalalain)

 

321. Das heißt: ihr und eure Feinde. Denn nach ibn 'Abbas, Mudschahid Qatada und Al-Dachhak bedeutet “lafif“: eure Gesamtheit. (ibn Kasir)

Nach Rasi bezeichnet der Ausdruck “lafif“ eine Menschenmenge, die aus unzähligen heterogenen Elementen zusammengesetzt ist, guten und bösen, starken und schwachen, glücklichen und unglücklichen, kurz, die Menschheit in allen ihren Aspekten. Dies soll hier offensichtlich den Gedanken zurückweisen, dass die Kinder Israels aufgrund ihrer Abstammung von Ibrahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein „auserwähltes Volk" sind, das a priori für Allahs Gnade prädestiniert ist. Der Qur’an weist diesen Anspruch zurück, indem er sagt, dass am Tag des Gerichts die ganze Menschheit gerichtet wird und niemand eine privilegierte Stellung hat. (Asad


 

105. Und Wir haben ihn322 in Wahrheit herabgesandt und in Wahrheit ist er herabgekommen.323 Und dich haben Wir wahrlich nur als Verkünder froher Botschaft und als Warner geschickt.324

 

322. Um die Wahrheit auf der Erde einzusetzen. (Qutb)

Der Qur’an wurde in Wahrheit von Allah offenbart: er wurde nicht von Menschen gefälscht. Er ist in Wahrheit herabgekommen: er wurde niemals entstellt oder geändert, während er der Menschheit übermittelt wurde.

(Juusuf `Allii)

 

323. Ohne jede Entstellung, oder „im angemessensten Augenblick", als sich die Welt nach Rechtleitung sehnte. (Darjabadi)

Wahrheit ist sein Thema und Wahrheit ist sein Ziel. Seine Stütze ist die Wahrheit und nach ihr ist sein Bestreben. (Qutb)

 

324. Mit dieser Wahrheit, die er erhielt, sollte der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, frohe Botschaft verkünden, und mit ihr sollte er warnen. (Qutb)

Ein Freudenbote für die Mu’mins, die ihm folgen, und ein Warner für diejenigen, die sich seiner Botschaft widersetzen. (Ibn Kasir)

Der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte ein Gesandter sein; er war nicht dafür verantwortlich, wenn die Kafirs seine Botschaft zurückwiesen. Seine Aufgabe bestand darin, sie zu verkünden und zu erläutern und sie als ein Vermächtnis in der Welt zurückzulassen. (Juusuf `Allii)

Es ist weder Aufgabe eines Propheten, Wunder zu tun, um die Menschen zu überzeugen, die seine Botschaft nicht aufgrund ihres Inhalts beurteilen, noch die Entscheidung zwischen Wahrheit und Trug zu fällen. Da der Qur’an mit der Wahrheit offenbart wurde, sollte der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Menschen vorlegen und ihnen mitteilen, dass sie selbst für ihre Entscheidung dafür oder dagegen verantwortlich sind. (Maududi)

 

 

106. Und Wir haben den Qur’an unterteilt,325 damit du ihn den Menschen in Abschnitten vortragen kannst,326 und so sandten Wir ihn nach und nach herab.327

 

325. Er ist getrennt in 23 Jahren herabgekommen. (Al-Dschalalain)

Wir haben ihn deutlich gemacht und frei von Mängeln und die Gebote darin erklärt. (Darjabadi)

Wörtlich: „den Wir in (aufeinander folgende) Teile geteilt haben", oder, nach Ansicht anderer Kommentatoren: „den Wir deutlich dargelegt haben." (Asad)

 

326. Langsam und deutlich, damit die Zuhörer in der Lage sind, sie zu begreifen. (Darjabadi)

Jeweils nach den gegebenen Umständen und Erfordernissen. (Al-Dschalalain)

 

327. Das Wunder besteht darin, dass diese Teile, die zu unterschiedlichen Zeiten und unter verschiedenen Umständen herabgesandt wurden, so eng und harmonisch zusammenpassen, wie es der Fall ist. Offenbarung ist immer fortschreitend. Auch frühere Offenbarungen waren dies. Jede von ihnen kennzeichnete ein Stadium in der Entwicklung der geistigen Geschichte der Welt. Der Mensch nimmt nicht mehr auf, als der Bereitschaft seines geistigen Entwicklungsstandes entspricht. Allahs Offenbarung kommt als Licht, das unsere Probleme beleuchtet und uns in tatsächlichen Situationen den Weg weist. (Juusuf `Allii)

Dieser Ajach bezieht sich sowohl auf die historische Tatsache, dass der Qur’an schrittweise offenbart wurde, als auch darauf, dass er dennoch ein integriertes Ganzes bildet und deswegen nur verstanden werden kann, wenn man ihn in seiner Gesamtheit betrachtet. Vergleiche auch Surach 20:114 und die entsprechende Fußnote. (Asad)


 

107. Sprich: „Es ist gleich, ob ihr an ihn den Iman verinnerlicht oder nicht, - wahrlich, diejenigen, denen vordem328 Wissen gegeben worden ist, werden, wenn er ihnen vorgetragen wird, demütig niederfallen, indem sie mit ihrem Antlitz den Boden berühren."329

 

328. Iman oder Kufr der Menschen beeinträchtigt nicht die Schönheit und Herrlichkeit der Offenbarung Allahs. Wer über geistiges Wissen und Einsicht verfügt, erkennt Allahs heiliges Wort sofort, wenn er es hört, und wirft sich nieder, um Allah zu preisen. Unter den Wissenden sind auch diejenigen, die frühere Offenbarungen empfangen haben und diese von entstelltem Gedankengut freigehalten haben. (Juusuf `Allii)

Wörtlich: „vor ihm", das heißt bevor ihnen der Qur’an als solcher zur Kenntnis gelangte. (Asad)

Dies bezieht sich auf diejenigen Leute der Schrift, die ihre heiligen Schriften gut kannten und sich von Thematik und Formulierung her ein Urteil bilden konnten. (Maududi)

 

329. Dies geschah im Fall einiger Juden, die schließlich den Islam annahmen. (Darjabadi)

 

 

108. Und sie werden sagen: „Gepriesen sei unser Herr, die Verheißung unseres Herrn ist fürwahr in Erfüllung gegangen!"330

 

330. Die Empfänger früherer Offenbarungen finden im Qur’an und im Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der ihn übermittelte, die Erfüllung von Allahs Versprechen. Wer geistig darauf vorbereitet war, fand auf dieselbe Weise die Erfüllung seiner geistigen Sehnsucht. (Juusuf `Allii)

Hierbei kann es sich um eine Anspielung auf die zahlreichen Voraussagen von der Ankunft des Propheten Muhammad - Friede sei mit ihm - in der Bibel handeln, besonders beispielsweise in Deuteronomium 18:15 und 18. Im weiteren Sinne bezieht sich jedoch die „Erfüllung des Versprechens Allahs" darauf, dass Er eine bestimmte Offenbarung, den Qur’an, offenbart hat, so dass von da an die Menschen auf allen Ebenen ihrer geistigen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung geleitet werden konnten. (Asad)

 

 

109. Und sie fallen weinend nieder auf ihr Angesicht, und es lässt sie noch zunehmen an Demut.331

 

331. Ein Gefühl ernsthafter Demut ergreift einen Menschen, der erkennt, wie er trotz seiner eigenen Unwürdigkeit in Verbindung mit der Wahrheit Allahs gebracht wird. (Juusuf `Allii)

Ihre Ergriffenheit ist so stark, dass Worte nicht ausdrücken können, was in ihrem Inneren vorgeht. Somit drücken ihre Tränen das aus, was sie nicht mit Worten zu sagen vermögen. (Qutb)

Beim Lesen oder hören des arabischen Textes folgt an dieser Stelle eine Niederwerfung. (Anm. d. Übers.)

 


110. Sprich: „Ruft Ihn an als Allah oder als Erbarmer,332 bei welchen Namen ihr Ihn immer anruft - Ihm gehören die schönsten Namen.333 Und sprich dein Gebet nicht zu laut334 und nicht zu leise,335 sondern suche zwischen diesem einen Mittelweg"336

 

332. Vergleiche auch Surach 7:180. “Rachman“ beschreibt eine der Eigenschaften Allahs. Seine Gnade und Barmherzigkeit begegnet dem mit Fehlern behafteten Menschen, noch bevor er das Bedürfnis danach verspürt, und Allahs Gnade bewahrt die Menschen vor vielen Vergehen. Wir können Allah entweder mit Seinem einfachen Namen rufen, der all Seine Attribute umfasst oder mit einem der Namen, die jene Attribute bezeichnen, durch die wir versuchen, mit unserem begrenzten Verstand Sein Wesen zu erklären. Das Attribut der Barmherzigkeit – “Rachman“ - war den kafir Arabern besonders zuwider (siehe Surach 25:60 und 21:36) und wird deswegen im Qur’an besonders betont. (Juusuf `Allii)

 

333. Makhul erzählte, dass ein Götzendiener den Propheten Allahs Segen und Frieden auf ihm, hörte, wie er im Sudschud sagte: „Du Erbarmer, Du Barmherziger", da sagte er: „Er (der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm) behauptet, einen Einzigen anzubeten, dabei ruft er zwei an!" Alsdann wurde dieser Ajach herabgesandt. Das gleiche überliefert auch ibn Dscharir von ibn 'Abbas. (ibn Kasir)

Die schönsten Namen Allahs sind zahlreich. In den Hadisen sind 99 aufgezählt, die dem Gedenken Allahs herangezogen werden. Zu diesem Thema gibt es zahlreiche Kommentare und Abhandlungen. (Juusuf `Allii)

Jeder Name beleuchtet und verdeutlicht einen besonderen Aspekt Seiner allumfassenden Vollkommenheit. (Darjabadi)

Vergleiche auch Surach 7:180 und die entsprechenden Fußnoten. “Rachman“ ist ausschließlich auf Allah anwendbar und bezeichnet den, der „sich selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben hat" (vergleiche Surach 6:12 und 54). (Asad)

 

334. Damit die Kafirs es nicht hören und darüber spotten. (Darjabadi)

In einem Hadis, das sich wohl in erster Linie auf Bittgebete bezieht, werden die Muslime aufgefordert, nicht überlaut zu sprechen, „denn Allah ist nicht taub oder weit entfernt". (Anm. d. Übers.)

 

335. Sonst könnten deine Gefährten, die hinter dir beten, deine Rezitation nicht vernehmen. (Ibn Kasir)

Vergleiche Surach 7:205. Gebete sollen mit Ernst und Demut gesprochen werden, ob es sich um gemeinschaftliche oder persönliche Gebete handelt. Eine solche Haltung verträgt sich nicht mit überlautem Aussprechen der Worte, wenn auch bei öffentlichen Gebeten laut genug gesprochen werden muss. Selbstverständlich muss der Gebetsruf laut gesprochen werden, aber Qur’anrezitationen sollten weder so laut sein, dass sie die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich lenken, noch so leise, dass sie nicht von der ganzen Gemeinschaft gehört werden können.

(Juusuf `Allii)

 

336. Eine Art und Weise, die Wärme und Eifer mit Sanftheit und Demut verbindet. (Darjabadi)

 

 

111. Und sprich: „Preis sei Allah, Der sich niemals einen Sohn genommen hat331 und Der keinen Teilhaber an Seiner Herrschaftsgewalt hat338 und Der niemanden braucht, um Ihn vor Schmach zu beschützen." So rühme Ihn allenthalber!339

 

337. Durch Adoption, wie es auch eine Version der christlichen Lehre von der Gottessohnschaft entspricht. (Darjabadi)

Das heißt, Der frei ist von der Unvollkommenheit, die mit der Notwendigkeit verbunden ist, ein Kind als Erweiterung des eigenen Seins zu haben. Da diese Aussage nicht nur die christliche Lehre von der Gottessohnschaft zurückweist, sondern die logische Unmöglichkeit einer solchen Vorstellung betont, wird der Satz am besten in der Gegenwart übersetzt und das Wort “Walad“ in seiner Grundbedeutung „Nachkomme", die sich auf beide Geschlechter bezieht. (Asad)

 

338. Als Teilhaber oder Untergottheit. Damit werden alle Lehren des Polytheismus zurückgewiesen. (Darjabadi)

 

339. Ein erster Schritt zum Verständnis des Wesens Allahs besteht darin, unsere Vorstellungen von Aberglaube zu reinigen wie etwa dem, Allah habe Kinder oder Partner, oder Er sei abhängig von anderen Wesen, die Ihn schützen. Wir müssen erkennen, dass Er der Eine und die Einzige Realität ist. Seine Größe und Herrlichkeit liegt jenseits all dessen, was wir uns vorstellen können. Die Surach begann mit der Verkündung von Allahs Lob und schließt in demselben Stil. Von einem anderen Gesichtspunkt her wird in der nächsten Surach dieses Thema aufgegriffen. (Juusuf `Allii)

Der Schluss dieser Surach fasst die zentrale These dieser Surach zusammen. (Qutb)

 

 

 

Einführung zu Surach 18  “Die Höhle“

 

In der Einführung zu Surach 17 wurde erklärt, wie die fünf Surachs 17 bis 21 das Thema von der geistigen Entwicklungsgeschichte des Individuums ausführen, und wie sie in die Gesamtthematik passen.

Diese spezielle mekkanische Surach kann als eine Lektion über die Kürze und das Mysterium des Lebens bezeichnet werden. Zuerst kommt die Geschichte von den Höhlengefährten, die eine lange Zeit hindurch dort schliefen und dennoch glaubten, es haben sich nur um einen Tag oder weniger gehandelt. Dann ist da die Geschichte von dem geheimnisvollen Lehrer, der Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm zeigt, dass das Leben selbst eine Parabel ist. Und schließlich ist da die Geschichte von Sul-Qarnain, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dem mächtigen Herrscher des Westens und Ostens, der einen eisernen Wall baute, um die Schwachen vor den Starken zu schützen. Diese Parabeln beziehen sich auf die Kürze, Unsicherheit und Eitelkeit dieses Lebens, auf die vielen Widersprüche darin, die nur durch Geduld und volles Wissen verstanden werden können, und auf die Notwendigkeit, unsere geistigen Gewinne vor den Einflüssen des Bösen zu schützen.

 

Zusammenfassung:

 

Der Qur’an ist eine Leitung und eine Warnung. Dieses Leben ist kurz und voller Gefahren. Wie aus der Geschichte von den jungen Männern in der Höhle deutlich wird, ist unser Zeitempfinden mangelhaft. Sie hatten Iman, Wahrhaftigkeit, Geduld und andere Tugenden. Aber ihr Leben war ein Geheimnis, das nur von wenigen ergründet werden kann. (Ajachs 1-22)

Wissen ist für Allah: sei auf der Hut vor unbegründeten Vermutungen und falschen Erwartungen. Lerne aus der  Parabel des Qur’ans von dem Mann, der stolz auf seine irdischen Güter ist und schließlich alles verliert. (Ajachs 23-44)

Dieses Leben ist unsicher und veränderlich: Güte und Tugend sind besser und wünschenswerter. Denn der Tag der Abrechnung naht mit Barmherzigkeit und Zorn. (Ajachs 45-59)

In seinem Durst nach Wissen vergaß Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Grenzen. Er wurde zu Geduld und Iman ermahnt und verstand es, als ihm die Widersprüchlichkeiten des Lebens erklärt wurden. (Ajachs 60-82)

Sul-Qarnain hatte ein riesiges Reich. Er strafte die Schuldigen und belohnte die Guten und schützte die Schwachen vor den Gesetzlosen. Aber er war mu’min und schätzte Allahs Rechtleitung. Allah ist Einer, und ’Ibadach ist Rechtschaffenheit. (Ajachs 83-110)

Der überwiegende Teil dieser Surach besteht aus Erzählungen. Sie beanspruchen 71 der 110 Ajachs dieser Surach. Die wenigen verbleibenden Ajachs bestehen entweder aus erklärenden Bemerkungen zu diesen Erzählungen oder aber aus einigen Szenen des Jüngsten Tages. Hinzu kommen einige Beispiele des Lebens, die einen bestimmten Sinn oder einen Gedanken illustrieren. Doch was all diese Geschichten vereint, und um deren Achse sich ihre ganze Thematik dreht, ist die Richtigstellung von Bekenntnis, Denken und Ansichten. Im ersten und im letzten Ajach wird eine Richtstellung des Bekenntnisses vorgenommen. Beide Ajachs proklamieren die Einzigkeit Allahs, verneinen den ’Ibadach und bekräftigen die Offenbarung. Auch im Verlauf der Surach wird des öfteren hierauf hingewiesen, so zum Beispiel in der Erzählung der Höhlenbewohner und an ihrem Ende, in der Geschichte der beiden Gärten und an ihrem Schluss und bei der Beschreibung der Szenerie Tage der Auferstehung. (Qutb)


 

Die Höhle

 

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.

 

l. Preis sei Allah,l Der Seinem Diener das Buch herabsandte2 und nichts Krummes hineingelegt hat.3

 

l. Vergleiche Surach 17:111. Das Thema der letzten Surach, dass Allah gut ist und alles Lob Seiner Geschöpfte verdient, denen Er eine eindeutige Offenbarung hat zukommen lassen, wird in dieser Surach fortgesetzt. Der Geist der Menschen entwickelt sich schrittweise nach oben, durch Allahs Gnade und Barmherzigkeit. (Juusuf `Allii)

 

2. Allah hat Seinem Diener Muchammad - Friede sei mit ihm - den Qur’an herabgesandt; dafür wird Er hier gepriesen. Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist Sein Diener, nicht Sein Sohn oder Partner. (Qutb)

Schon im ersten Ajach zeichnet sich der Verlauf dieser Surach ab, geradlinig und einfach, nämlich dass Allah Derjenige ist. Der das Buch offenbart hat. Darum gebührt Ihm unser Lobpreis. Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und somit alle Geschöpfe sind Seine Diener. Niemand ist Allahs Sohn und Er hat keinen Teilhaber. (Qutb)

 

3. Einige Menschen stellen sich vor, ein heiliges Buch müsse voll sein mit Mysterien - dunklen Andeutungen, zweideutigen Ausdrücken, Worten, die so weit von der menschlichen Sprache entfernt sind, dass sie alles oder nichts bezeichnen können. kafir Orakel waren in eine Sprache eingekleidet, die dem Hörer eine Bedeutung nahezuhringen schienen. während sie sich durch die nachfolgenden Ereignisse oft als das Gegenteil erwiesen. Sie waren eindeutig krumm, nicht gerade. Das Wort „gerade" (qayjim) wird im nächsten Ajach benutzt, um den Qur’an zu bezeichnen, im Gegensatz zu dem Wort „krumm" ('Iwadsch). Vergleiche auch Surach 19:36 und die entsprechende Fußnote. (Juusuf 'All)

Der Islam bietet keine unerreichbaren Ideale, kaum theologische Komplikationen, keine mystischen Sakramente und keine Priesterhierarchie. (Darjabadi)

Der Begriff “'Iwadsch“ bedeutet „Krumme" oder „Abweichung (vom Weg)". sowie auch „Entstellung" und „Erwartung". Der obige Satz soll das direkte, unzweideutige Wesen des Qur’ans hervorheben und seine Reinheit' von allem Obskuren und allen inneren Widersprüchen betonen. Vergleiche auch Surach 4:82: „Wenn er von jemand anderem wäre als (von) Allah, dann würden sie darin gewiss viele Widersprüche finden." (Asad)

Nichts darin ist so kompliziert oder undurchsichtig, dass es jenseits menschlichen Verständnisses läge. Es gibt auch nichts, dass vom geraden Weg der Wahrheit abweichen und im Inneren einer wahrheitsliebenden Person Zweifel und Unsicherheit auslösen würde. (Maududi)

 


2. (Er hat den Qur’an) gerade4 (gemacht), um damit vor strenger Strafe von Ihm zu warnen,5 und den Mu’mins, die gute Werke tun, die frohe Botschaft zu verkünden, dass ihnen ein schöner Lohn zuteil werde.6

 

4. Hier folgt das Wort „gerade" (“qayjim“), um der Eigenschaft des Buches als „ohne Krümmung" Nachdruck zu verleihen. (Qutb)

“Qayjim“: „gerade", etwas, das keine Ecken und Winkel hat, die für die Menschen geheimnisvoll wirken können; was klar und eindeutig spricht; was zum rechten Weg leitet. Vergleiche auch Surach 9:36, wo dieses Adjektiv auf eindeutiges Verhalten angewendet wird, im Gegensatz zu Verhaltensweisen, die andere Menschen verwirren und täuschen. Der Qur’an ist vor allen Dingen gerade, klar und eindeutig. Seine Anweisungen sind schlicht und für jeden verständlich. Ein Buch, das von den größten Geheimnissen des geistigen Lebens handelt, muss notwendigerweise Teile beinhalten, deren volle Bedeutung einigen Gemütern eher deutlich wird als anderen, die nicht so gut vorbereitet sind. Hier gibt es jedoch nirgends irgendwelche Mystifizierungen oder Bestrebungen, die Tatsachen in dunkle Aussprüche einzukleiden, die der menschlichen Vernunft widersprechen. Allah will eindeutig vor geistigen Gefahren warnen und die Menschen zur höchsten Glückseligkeit leiten. (Juusuf `Allii)

In sich selbst eindeutig, und gleichzeitig ein Maßstab und eine Norm. (Darjabadi)

 

5. Die Kafirs. (Darjabadi)

Jene, die nicht an das Buch den Iman verinnerlichen und sich ihm widersetzen. (ibn Kasir)

 

6. Nämlich das Paradies. (Darjabadi)

Der Lohn, der hier den Mu’mins verkündet wird, ist an eine Bedingung geknüpft, nämlich an den sichtbaren Beweis des Imans: gute Werke zu verrichten. (Qutb)

 

 

3. In dem werden sie auf ewig bleiben.7

 

7. Der „Lohn" ist keine materielle Sache oder durch Zeit und Raum begrenzt. Er ist ein Zustand der Glückseligkeit. (Juusuf `Allii)

 

 

4. Und um jene8 zu warnen, die behaupten, dass „Allah sich einen Sohn genommen hat."9

 

8. Nach der allgemeinen Warnung im letzten Ajach ergeht hier eine besondere Warnung. (Qutb)

 

9. Eine Warnung ist nicht nur für jene notwendig, die Allah oder Seine Botschaft leugnen, sondern auch für all jene, deren falsche Vorstellungen von Allah die den Islam entwerten, indem sie annehmen, Allah habe einen Sohn, denn Allah ist Einer und hoch erhaben über alle Vorstellungen physischer Reproduktion. (Juusuf `Allii)

Dies bezieht sich eindeutig auf die Christen, und zwar besonders auf diejenigen unter ihnen, die glauben, Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sei wohl ein Mensch, obgleich seine Geburt auf wunderbare Weise stattfand, aber er sei als Sohn Allahs angenommen worden, nämlich durch jenen äußersten Grad an der Weisheit Allahs und Macht, mit dem er erfüllt war. (Darjabadi)

Dies bezieht sich auch auf jene kFIR Araber, die von Allah behaupten, Er habe Kinder. (Maududi)

 

 

5. Sie besitzen keinerlei Wissen darüber,10 ebenso wenig wie ihre Väter.11 Ungeheuerlich ist das Wort, das aus ihrem Mund hervorkommt.12 Was sie da sprechen, ist nichts anderes als eine Lüge.

 

10. Sie haben keine Beweismittel für diese ihre Behauptungen. (ibn Kasir)

Die meisten klassischen Kommentatoren (und meines Wissens alle früheren Übersetzer) beziehen das Pronomen “bihi“ auf die Aussagen „Allah hat einen Sohn genommen" und verstehen damit diesen Satz als „sie haben kein Wissen davon", das heißt kein Wissen von einem solchen Geschehnis. Diese Interpretation ist jedoch insofern „schwach", als fehlendes Wissen nicht unbedingt eine objektive Verneinung der betreffenden Tatsache bedeutet. Es ist daher offensichtlich, dass “bihi“ nicht „davon" bedeuten kann, sondern nur „von Ihm", nämlich „von Allah". Der Satz muss daher bedeuten, dass diejenigen, die solchen Anspruch erheben, kein wirkliches Wissen von Ihm haben, da sie Ihm etwas zuschreiben, das nur von unvollkommenen, geschaffenen Wesen ausgesagt werden kann. Diese Interpretation wird auch von Tabari und Baydawi gestützt. (Asad)

 

11. Die diese Irrlehre erfunden haben. (Darjabadi)

Ihre Ahnen, denen sie nacheiferten, um allesamt in die Irre zu gehen. (Safwat Al-Tafaasir)

 

12. Die Behauptung ist widerwärtig und entehrend. (Safwat Al-Bajaan)

Dass Allah einen Sohn haben könnte, hat weder in der Wirklichkeit noch in der Vernunft eine Grundlage. Es ist lediglich ein „Wort" oder eine „Aussage" aus ihrem Mund. Es ist nicht einmal ein Dogma, das vernünftig begründet oder so erklärt werden kann, dass es mit Gottes geistiger Natur übereinstimmt. (Juusuf `Allii)

Diese Aussage wird als „ungeheuerlich" bezeichnet, denn sie beruht nicht auf irgendwelchem Wissen darüber, dass Allah einen Sohn gezeugt oder adoptiert haben könnte. Sie haben lediglich ihre Liebe zu jemandem übertrieben und eine solche Beziehung erfunden, und sie sind sich nicht der ungeheuerlichen Gotteslästerung bewusst, die ihre Aussage beinhaltet. (Al-Manar)


 

6. Willst13 du dich zu Tode grämen14 ihretwegen, wenn sie nicht an diese Worte15 den Iman verinnerlichen?

 

13. Wörtlich: „es könnte sein, dass du..." und so weiter. Der Partikel “la'alla“ weist jedoch in diesem Zusammenhang nicht auf eine Möglichkeit hin, sondern eher auf eine rhetorische Frage, die einen Tadel für die betreffende Haltung beinhaltet. (Asad)

 

14. In einer vernünftigen Welt würde die Verkündung eines vernünftigen Diins wie der Islam allgemein akzeptiert. Die Welt ist jedoch gar nicht vernünftig. Dass eine Botschaft auf so viel Widerstand stieß, machte den Verkünder des Islam traurig. Er wollte den Weg zum Heil weisen. In der mekkanischen Zeit erntete er dafür nichts als Verachtung und Verfolgung durch die einflussreichen Leute der Stadt, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Wahrheit, die er verkündete. Ein weniger starkes Herz wäre vielleicht verzweifelt, denn es hätte die Aufgabe, die Welt von Trug, Aberglauben, Egoismus, Unrecht und Unterdrückung zu befreien, als hoffnungslos empfunden. Hier wird er getröstet und ermahnt, sich nicht zu Tode zu grämen: er tat nur seine Pflicht. Und wie aus den späteren Ereignissen hervorgehen sollte, ging der Samen der Wahrheit auf, auch wenn dies noch nicht so bald sichtbar wurde. Jene „Führer" stolzierten nur in fremden Federn einher, und ihre Herrlichkeit sollte bald für immer vergehen. (Juusuf `Allii)

 

15. Das heißt an den Qur’an, der die Lehre von der vollkommenen Einheit verkündet. (Darjabadi)

Dies bezieht sich auf den wirklichen Grund der Sorge und Trauer des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zur Zeit der Offenbarung dieser Surach. Er war nicht traurig über die Verfolgung, unter der er und seine Gefährten zu leiden hatten, sondern über die Irrwege und moralische Degeneration seines Volkes. Obgleich er versuchte, sie aus diesem entwürdigenden Zustand zu befreien, hielten sie hartnäckig daran fest. Er war traurig, denn er war überzeugt, dass ihr Verhalten sie unweigerlich Allahs Zorn ausliefern würde. Er setzte sich Tag und Nacht für ihre Rettung ein, aber allem Anschein nach wollten sie das Strafgericht Allahs herausfordern. Er selbst hat seine Gefühle folgendermaßen beschrieben: „Ich kann dies in einem Gleichnis schildern. Jemand entzündet ein Feuer, um Licht zu verbreiten. Aber die Nachtfalter fielen ständig hinein und verbrannten bei lebendigem Leibe. Er versuchte, sie vor dem Feuer zu schützen, aber die Nachtfalter machten seine Bemühungen zunichte. Dasselbe gilt für euch und mich. Ich halte euch am Rocksaum fest, um euch vom Feuer fernzuhalten. aber ihr habt es darauf abgesehen, hineinzufliegen." In diesem Ajach ist ein Trost für den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, enthalten: da du nicht verantwortlich dafür bist, sie zum Islam zu zwingen, solltest du sich auch nicht ihretwegen zu Tode grämen. Deine Aufgabe besteht nur darin, frohe Botschaft zu verkünden und zu warnen, nicht Menschen zum Islam zu bewegen. (Maududi)

Diese rhetorische Frage ist in erster Linie an den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  gerichtet. der traurig über die Feindseligkeit war, die die Mekkaner seiner Botschaft entgegenbrachten, und über ihr zu erwartendes geistiges Schicksal. Darüber hinaus bezieht sie sich jedoch auch auf jeden, der vom Wahrheitsgehalt einer ethischen Forderungen überzeugt ist, dann aber von der Gleichgültigkeit entmutigt wird, mit der seine gesellschaftliche Umgebung darauf reagiert. (Asad)

 

 

7. Wir haben wahrlich das, was auf Erden ist, zu einem Schmuck für sie gemacht,16 auf dass Wir sie prüfen,17 wer von ihnen der Beste ist im Tun.18

 

16. Die Güter dieser Welt - irdische Macht, Ruhm. Reichtum, Position und alles, wofür sich Menschen einsetzen - sind nur ein vorübergehendes Schauspiel. Ihr Vorhandensein oder Fehlen hat keinen Einfuß auf den wahren Wert eines Menschen in der geistigen Welt, der Welt. die bestehen bleibt. Dennoch haben sie ihren Nutzen. Sie prüfen die echten Qualitäten eines Menschen. Wer ihr Sklave wird, verliert seinen Rang in der geistigen Welt. Wer sie nutzt, wenn sie ihm zur Verfügung stehen. und nicht verzweifelt. wenn er sie nicht hat, zeigt seine wirkliche Qualität. (Juusuf 'Allii)

Hier teilt Allah mit, dass Er diese Welt vergänglich gemacht und ihren Schmuck zum Schwinden verurteilt hat. So gilt sie als ein Ort der Prüfung und nicht als ein Ort des Verweilens. (ibn Kasir)

 

17. Das heißt. Allah lässt in ihrer jeweiligen Haltung - moralisch oder unmoralisch - gegenüber materiellen Gütern und Vorteilen dieser Welt ihren wahren Charakter offenbar werden. In gründlicherer Analyse bedeutet dieser Abschnitt, dass das wirkliche Motiv, das der Weigerung des Menschen, an Allahs geistige Botschaft den Iman zu verinnerlichen (siehe den vorigen Ajach). fast immer in der übertriebenen, blinden Bindung an die Güter dieser Welt liegt, verbunden mit falschem Stolz auf das, was man für eigene Errungenschaften hält. Vergleiche auch Surach 16:22 und die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

 

18. Allah weiß alles. Doch die Vergeltung Allahs richtet sich nur nach dem, was die Menschen in ihrem Leben durch Handlungen verwirklichen. Der Text schweigt über diejenigen, deren Handlungen nicht gut sind. Der Wortlaut ist so. dass sie nicht gesondert erwähnt zu werden brauchen. (Qutb)

 

 

8. Und Wir werden fürwahr das, was auf ihr19 ist, zu unfruchtbarem Staub machen.20

 

19. Auf der Erde. (Juusuf 'Allii)

Am Jüngsten Tag. (Darjabadi)

 

20. Nach all der Schönheit wird sich die Erde zu einer unfruchtbaren Ruine ohne Nutzen verwandeln. (ibn Kasir)

Die schönste Szenerie dieser Erde wird wie Staub und Sand. wenn diese Welt vergeht und die wahren geistigen Werte wieder zur Geltung gebracht werden. (Juusuf 'Allii)

Ohne jedes Leben und jede Aktivität. (Darjabadi)

Alles. was ihr in dieser Welt seht und attraktiv findet. ist nur ein vorübergehender Schmuck, der euch prüfen soll. Leider seid ihr jedoch dem Missverständnis zum Opfer gefallen, dies alles sei zu eurem Vergnügen geschaffen worden, und habt euer Vergnügen zu eurem einzigen Lebensziel gemacht. Deswegen beachtet ihr euren wahren Freund nicht. Ihr müsst begreifen, dass dies alles eine Prüfung für euch ist, durch die festgestellt werden soll, wer von euch sich von seinem wahren Lebensziel ablenken lässt. und wer standhaft am wahren ’Ibadach festhält. Dies alles hat ein Ende. wenn eure Prüfung vorüber ist, und nichts bleibt auf der Erde zurück. (Maududi)

 

 

9. Oder21 meinst du (etwa),22 dass die Gefährten der Höhle23 und die Inschrift24 Unsere einzigen wundersamen Zeichen gewesen sind?25

 

21. (Und da das Leben dieser Welt nur eine Prüfung ist). glaubst du wirklich, dass die (Parabel von den) Männern in der Höhle und (ihre Verbundenheit mit) der Schrift wunderbarer ist...?" Dieser Einschub stellt die elliptisch implizierte Verbindung zwischen dem langen folgenden Abschnitt und den beiden vorigen Ajachs dar. (Asad)

 

22. Hier folgt eine wunderbare Geschichte oder Allegorie. Wir lernen daraus

1. von der Relativität der Zeit:

2. von der Unwirklichkeit der Positionen von Unterdrücker und Unterdrückten. Verfolgern und Verfolgten auf dieser Erde.

3. von der Wahrheit der endgültigen Auferstehung. wo die wahren Werte wiederhergestellt werden; und

4. von der Macht von Iman und Gebet. zum Richtigen zu führen. Wenn diese Dinge auch wunderbar erscheinen, sie geschehen täglich auf Allahs Erde. (Juusuf 'Allii)

 

23. Die ..Gefährten der Höhle" sind junge Männer. deren Anzahl wir nicht kennen. Sie mussten sich in eine Höhle zurückziehen. weil sie mu’min waren. Dort schliefen sie eine unbekannte Anzahl von Jahren. Schließlich wurden sie wieder erweckt und debattierten über den Zeitraum. den sie so verbracht hatten. (Qutb)

Die kafir Quraisch hatten die Gewohnheit. dem Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Fangfragen zu stellen, die sie nicht selten von Juden und Christen nahmen und von denen sie glaubten. der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, könne sie nicht beantworten. Auf diese Weise wollten sie ihn unglaubwürdig machen. Bei einer diese Fragen ging es um die im Umlauf befindliche christliche Legende von den Siebenschläfern von Ephesus. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erzählte ihnen nicht nur die wesentlichen Ereignisse der Geschichte. sondern wies sie darauf hin. dass es Variationen gab. und tadelte die Menschen. über solche Details zu streiten (siehe unten Ajach 22). Am wichtigsten ist jedoch. dass er die Geschichte (der Inspiration entsprechend) als Parabel behandelte. die auf geistige Lehren von höchstem Wert hinweise. Dies ist Offenbarung im höchsten Sinne des Wortes. (Juusuf 'Allii)

 

24. “Rajim“: “Inschrift". So wird das Wort von Al-Dschalalain interpretiert, und die meisten Kommentatoren stimmen damit überein. Vergleiche auch die nächste Fußnote. Andere nehmen an. dies sei der Name des Hundes. Siehe unten Ajach 13. (Juusuf 'Allii)

Einige Gefährten des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und ihre Nachfolger waren der Meinung. es sei der Name des Ortes gewesen. wo das Ereignis stattfand und der irgendwo zwischen Ayla und Filistin gelegen haben soll. Andere Kommentatoren sind der Ansicht. es bedeute eine „Inschrift". die an der Höhle zur Erinnerung an die Schläfer aufgestellt wurde. (Maududi)

“Al Rayim" ist die Inschrift. auf der die Vor- und Nachnamen der Höhlenbewohner eingraviert sind.

(Al-Dschalalain)

Während die einen Gefährten des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, meinten. dass “Al Rajim" der Name des Tales sei. zu dem die Höhle gehörte. meinen andere, dass es der Name des Berges sei. in dem sich die Höhle befand. Said ibn Dschubair wiederum nennt eine Steintafel, auf der die Geschichte der Höhlenleute aufgeschrieben steht und die am Eingang der Höhle aufgestellt worden ist. Doch Abdur-Rachman ibn Sayd ibn Muslim sagte. Dass “Al-Rayjim". das Buch bedeutet und stützt sich auf die Ajachs 9 und 20 von Surach 89. in denen steht “Kitaahun Marq mi". das heißt: ein geschriebenes Buch. Und diese Interpretation erscheint uns als die wahrscheinlichste. (ibn Kasir)

 

25. Wörtlich: “…dass die Gefährten der Höhle ...wundersamer waren…“  Dies bedeutet. dass die Allegorie oder Parabel. die auf dieser Geschichte beruht, völlig mit der ethischen Lehre übereinstimmt, die im Qur’an insgesamt verkündet wird. und damit nicht ..wundersamer" ist als andere Aussagen.

Die meisten Kommentatoren neigen zu der Ansicht. dass sich diese Geschichte auf die Anfangsphase des Christentums bezieht, nämlich auf die Christenverfolgungen unter Kaiser Decius im dritten Jahrhundert. Nach der Legende zogen sich einige Christen aus Ephesus mit ihrem Hund in eine verborgene Höhle zurück, um ihrem Diin entsprechend leben zu können, und verbrachten dort einen sehr langen Zeitraum in einem wundersamen Schlaf. Als sie schließlich erwachten - ohne zu wissen, dass sie so lange geschlafen hatten - schickten sie einen der Gefährten in die Stadt, um Nahrungsmittel zu kaufen. In der Zwischenzeit hatte sich die Lage völlig verändert. Das Christentum wurde nicht mehr verfolgt, sondern war sogar Staatsreligion des Römischen Reiches geworden. Die alte Münze (aus der Regierungszeit von Decius), mit der der junge Mann für seine Einkäufe bezahlen wollte, erregte die Neugier der Leute. Sie fingen an, den Fremden auszufragen, und so kam die Geschichte von den jungen Männern in der Höhle und ihrem wundersamen Schlaf ans Licht. Es scheint jedoch, dass die christliche Fassung der Legende die spätere Entwicklung einer sehr viel älteren Überlieferung ist, die auf vorchristliche, jüdische Quellen zurückgeht. Dies wird aus mehreren authentischen Hadis deutlich, die bei allen klassischen Kommentatoren erwähnt werden, und nach denen die jüdischen Rabbiner von Medina die mekkanischen Opponenten des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Veranlassten, durch die Frage nach dieser Geschichte „seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen“ In einen, Kommentar bemerkt ibn Kasir zu diesem Hadis: „Es wird gesagt, dass sie Anhänger von Isa der Sohn der Marjam, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, waren aber Allah weiß es besser: denn es ist offensichtlich, dass sie viel früher lebten als in der Zeit des Christentums. Denn wären sie Christen gewesen, warum sollten dann den jüdischen Rabbinern daran gelegen sein, ihre Geschichte zu bewahren, so sich die Juden doch von allen freundschaftlichen Beziehungen zu ihnen (den Christen) abgetrennt hatten?" Wir können daher mit Sicherheit annehmen, dass die Legende der Gefährten der Höhle - befreit von ihrer christlichen Formulierung und ihrem aufgesetzten christlichen Hintergrund - eigentlich jüdischen Ursprungs ist. Wenn wir die Geschichte auf ihre wesentlichen Züge reduzieren - freiwilliger Rückzug von der Welt, jahrelanger „Schlaf" in einer verborgenen Höhle und wunderbares „Erwachen" nach einem unbestimmten Zeitraum - haben wir eine bemerkenswerte Allegorie vor uns, die sich auf eine Bewegung bezieht, die in der Geschichte des Judentums eine wichtige Rolle spielt, nämlich die asketische Essener-Bruderschaft in den Jahrhunderten vor dem Auftreten Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, besonders auf denjenigen Zweig davon, der in selbstauferlegter Abgeschiedenheit in der Nachbarschaft des Toten Meeres lebte und in jüngster Zeit, nach der Entdeckung der Schriftrollen vom Toten Meer, als „Qumran-Gemeinschaft" bekannt wurde. Der Ausdruck „Ar-Radschim" im obigen Ajach (von mir übersetzt mit „Schriften") stützt diese Theorie. Nach Tabari betrachteten einige der frühesten Autoritäten diesen Ausdruck als gleichbedeutend mit “marquum“ („etwas Geschriebenes"). Da es historisch erwiesen ist, dass die Mitglieder der Quran-Gemeinschaft sich völlig dem Studium, dem Abschreiben und der Bewahrung der heiligen Schriften widmeten, und da sie ihrer völligen Reinheit wegen sehr bewundert wurden, ist es mehr als wahrscheinlich, dass ihre Lebensweise einen so starken Eindruck auf die Phantasie ihrer mehr weltlich gesinnten Diinsgenossen machte, dass sie allmählich zur Legende von den „Leuten der Höhle" wurden, die zahllose Jahre lang „schliefen", das heißt von der Außenwelt abgeschnitten waren, und „erwachten", als ihre geistige Aufgabe erfüllt war. Was immer der Ursprung dieser Legende sein mag, die Tatsache bleibt bestehen, dass sie im Qur’an in rein allegorischem Sinne gebraucht wird, nämlich als Veranschaulichung von Allahs Macht, Tod (den „Schlaf") und Leben (das „Erwachen") hervorzubringen; und zweitens als Gleichnis für die Frömmigkeit, die Menschen veranlasst, eine böse Welt zu verlassen, um ihren Iman zu erhalten, und für Allahs Anerkennung dieses Islams, indem Er ihnen ein geistiges Erwachen gewährt, das die Zeit und den Tod überdauert. (Asad)

Diese Geschichte wird aufgeführt als ein Beispiel des Imans und wie diese der Seele Sicherheit verleiht. Sie ziehen den Islam den irdischen Genüssen und Gütern vor und begeben sich in die Höhle, als es zu schwierig wird, nach dem Islam unter den Menschen zu leben. So behütet sie Allah, beschützt sie und umfasst sie mit Seiner Barmherzigkeit. (Qutb)

Ihre Angelegenheit ist nicht wundersamer als die Erschaffung von Himmel und Erde, die Verschiedenheit von Tag und Nacht und die Dienstbarmachung von Sonne, Mond und Sternen und vieles mehr. (ibn Kasir)

 

 

10. (Zu der Zeit), da die jungen Männer in der Höhle Zuflucht suchten,26 sprachen sie: „Unser Herr, gib uns aus der Fülle Barmherzigkeit und bereite den Weg zum rechten

Handeln."27

 

26. Eine mündlich überlieferte Volkserzählung ist bezüglich der Daten notgedrungen ungenau und variiert in ihren Details. Ein syrischer Autor legte irgendwann im 6. Jahrhundert die Geschichte schriftlich nieder. Nach seiner Version handelt es sich um sieben junge Männer, die sich während der Regierungszeit von Kaiser Decius (249-251 n.C.), der die Christen gewaltsam verfolgte, zum Schlafen zurückzogen und in der Regierungszeit des Kaisers Theodosium II (408-450 n.C.) erwachten. (Juusuf `Allii)


27. Die jungen Männer versteckten sich in der Höhle, aber sie vertrauten auf Allah und legten im Gebet ihre Sache in Seine Hände. Dann fielen sie allem Anschein nach in einen Schlaf und wussten nichts von den Ereignissen in der Außenwelt. (Juusuf `All)

Wörtlich: „und versieh uns, aus unserem Zustand heraus (min amrinaa), mit einem Bewusstsein für das, was richtig ist (ruschd)." Dieser Abschnitt ist eine Art Einführung zu der Allegorie von den Leuten der Höhle und zeichnet in groben Zügen vor, was ab Ajach 13 gründlicher ausgeführt wird. (Asad)

 

 

11. Da legten Wir in der Höhle (eine Hülle) über ihr Gehör28 für eine Anzahl von Jahren.

 

28. „So legten Wir (eine Hülle) über ihr Gehör", das heißt Wir versiegelten ihre Ohren, so dass sie nichts hörten. Da sie sich in einer Höhle befanden, sahen sie auch nichts. Es war, als ob sie gestorben wären, und ihr Wissen und ihre Vorstellungen blieben auf dem Zeitpunkt stehen, als sie sich in die Höhle zurückgezogen hatten. Wie eine Uhr, die im Augenblick eines Unfalls stehen bleibt, so dass anhand dessen nachher der genaue Zeitpunkt des Unfalls bestimmt werden kann. (Juusuf `Allii)

So dass sie ungestört schlafen konnten. (Darjabadi)

Allah veranlasste, dass sie - physisch oder metaphorisch - von den Lauten und dem Treiben der Außenwelt abgeschnitten wurden. (Asad)

 

 

12. Dann weckten wir sie wieder,29 um zu wissen,30 welche von den beiden Parteien die Zeitspanne ihres Verweilens besser zu berechnen vermochte.31

 

29. Weckten sie oder ließen sie auferstehen aus ihrem Schlaf oder dem Zustand, in den sie verfallen waren (siehe unten Ajach 18), so dass sie wieder anfingen, die Dinge um sich herum wahrzunehmen, aber nur mit dem Gedächtnis aus der Zeit, als sie aufgehört hatten, mit der Welt in Verbindung zu stehen. (Juusuf `Allii)

Oder: „sandten sie aus" - ein Hinweis auf die Rückkehr zum aktiven Leben dieser Welt. (Asad)

 

30. Wörtlich: „so dass Wir erfahren". Da Allah jedoch alles mit Seinem Wissen umfasst, bedeutet „erfahren" hier, dass Er es verwirklicht und damit Seinen Geschöpfen bekannt macht. (Asad)

 

31. Die zwei Parteien sind nach Meinung von ibn 'Abbaas zum einen die Höhlenbewohner und zum anderen die Leute, die sie zu Gesicht bekamen. Doch Mudschahid ist der Meinung, dass es die Höhlenleute waren, die sich in zwei Parteien spalteten im Streit über die Zeit ihres Verweilens. (Safwat Al-Tafaasir)

Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, hatten sie jedes Zeitgefühl verloren. Obgleich sie alle zusammen gekommen und ebenso lange am gleichen Ort gelegen hatten, waren ihre Eindrücke von der Zeit, die inzwischen vergangen war, ganz unterschiedlich. Die Zeit ist somit mit unserer eigenen inneren Erfahrung verbunden. Wir müssen lernen, dass Menschen, die ebenso gut sind wie wir, dennoch anders auf bestimmte Tatsachen reagieren können, und dass in solchen Fällen Streit sinnlos ist. Richtig ist zu sagen: „Allah weiß es am besten" (siehe unten Ajach 19). (Juusuf `Allii)

Das Verb “achsa“ bedeutet nicht nur „er rechnete" oder „er berechnete", sondern auch „er begriff". Da eine „Berechnung der in der Höhle verbrachten Zeit keinen besonderen Einfluss auf die ethische Bedeutung dieser Parabel haben kann, ist hier offensichtlich die zweite Bedeutung gemeint: wer „besser begreift", nämlich die geistige Bedeutung des Zeitsprunges zwischen ihrem „Einschlafen" und „Erwachen". (Asad)

 

 

Abschnitt 2

 

13. Wir wollen dir ihre Geschichte in richtiger Weise berichten.32 Es sind fürwahr junge Männer gewesen, die an ihren Herrn den Iman verinnerlichteten, und Wir mehrten sie noch an Rechtleitung.33

 

32. Das heißt ohne die vielen legendenhaften Ausschmückungen, die in vergangenen Zeiten die Bedeutung dieser Geschichte oder Parabel verschleiert haben. (Asad)

 

33. Nämlich durch Inspiration, wie sie ihre Angelegenheit regeln sollten. (Qutb)

Ihr Iman brachte sie weiter auf dem Weg der Wahrheit voran. Iman ist kumulativ. Jeder Schritt führt höher, mit Allahs Gnade und Hilfe. (Juusuf `Ali)

Allah vertiefte ihr Bewusstsein für den rechten Weg. (Asad)

Da sie mu’min waren, vermehrte Allah ihr Vertrauen auf die Rechtleitung und ermöglichte ihnen, fest und standhaft den Weg der Wahrheit zu gehen, selbst unter Einsatz ihres Lebens. (Maududi)

 

 

14. Und wir stärkten ihre Herzen,34 als sie sich erhoben35 und sprachen: „Unser Herr ist der Herr der Himmel und der Erde. Niemals werden wir eine andere Gottheit außer Ihm anrufen, denn dann würden wir wahrlich eine Ungeheuerlichkeit aussprechen."36

 

34. So dass sie keine Angst hatten, frei zu sprechen und die Wahrheit von der Einheit zu verkünden, die sie deutlich in ihren eigenen Herzen erkannten. (Juusuf `Allii)

Wenn Allah die Herzen festigt, dann zeigen sie Unerschrockenheit und Zuversicht durch die Wahrheit, die sie erfahren haben. Sie sind stolz auf den Glauben, den sie erwählt haben. (Qutb)

 

35. Wir können annehmen, dass sie öffentlich auftraten, um ihre Überzeugung zu verkünden, bevor sie sich in die Höhle zurückzogen. Die Geschichte beginnt eigentlich mit Ajach 13, und die Ajachs 9-12 können als eine Art Einführung verstanden werden. Da der Schwerpunkt auf einer geistigen Lektion beruht, werden die in der Einführung erwähnten Fakten in der Geschichte nur gestreift. (Juusuf `Ali)

Wörtlich: „als sie aufstanden", das heißt ihren missgeleiteten Mitmenschen oder den Herrschern, die die Mu’mins verfolgten, gegenübertraten. (Asad)

 

36. Dies zeigt, dass die jungen Männer wirkliche Monotheisten und Nachfolger ihres Propheten waren. (Darjabadi)

Etwas anderes wäre eine ersonnene Lüge. (ibn Kasir)

 

 

 

15. „Doch dieses unser Volk hat sich Götter außer Ihm genommen.37 Warum bringen sie nicht einen klaren Beweis dafür herbei?38 Wer ist also ungerechter als der, der eine Lüge erdichtet?"39

 

37. In den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten war neben den kafir Gottheiten auch der Kaiserkult im Römischen Reich verbreitet. Die Statue der Diana (Artemis) in Ephesus war eines der antiken Weltwunder. Die Stadt selbst hatte einen großen Hafen und war die Hauptstadt von Kleinasien. Wir können uns vorstellen, wie die heidnischen Kulte dort wucherten. Paulus predigte dort drei Jahre lang, wurde angegriffen und musste schließlich die Stadt verlassen (Apostelgeschichte 19:1-41). (Juusuf 'Allii)

 

38. Sie übernahmen die Anbetung der Götzen gedankenlos und ohne jeglichen Beweis für die Richtigkeit ihres Tuns. (Safwat Al-Tafaasir)

Dies ist der Weg zum Iman: Wenn der Mensch starke Anzeichen und Hinweise für einen Sachverhalt findet, dann geht er diesen nach und findet den Beweis, der Herz und Verstand zufrieden stellt. (Qutb)

Das Adjektiv “bayjin“ („klar, deutlich") bezeichnet einen Beweis, der der Vernunft zugänglich ist. (Asad)

 

39. Das heißt jemand, der imaginäre Gottheiten erfindet und die Wahrheit von Allahs Einheit zur Lüge erklärt oder Seine Existenz überhaupt leugnet. (Asad)

 

 

16. „Und da ihr40 euch von ihnen abgesondert habt und von dem, was sie außer Allah anbeten,41 so zieht euch in die Höhle zurück.42 Euer Herr wird Seine Barmherzigkeit über euch ausgießen und euch in eurer Angelegenheit einen Ausweg finden lassen."43

 

40. Ihr Brüder im Diin. Dies besprechen die jungen Männer unter sich. (Darjabadi)

 

41. Unter Lebensgefahr. (Darjabadi)

Sie waren keine Gesandten für ihr Volk, die dazu berufen waren, sie mit dem Islam zu konfrontieren und sie dazu aufzurufen, um dann das gewöhnliche Schicksal der Gesandten zu erleiden, sondern einfach nur junge Männer, die die Rechtleitung erkannten inmitten einer ungerechten und kafir Gesellschaft. Somit begriffen sie, dass es für sie unmöglich würde, weiterhin unter ihrem Volk zu leben, denn sie hätten weder ihre Überzeugung enthüllen können, noch weiter so tun, als ob sie ihre Götzen verehren. Doch noch wahrscheinlicher ist, dass ihre Überzeugung aufgedeckt worden wäre, und so blieb ihnen nichts übrig, als zu fliehen. (Qutb)

 

42. Nach diesem gemeinsamen Beschluss verließen sie die Stadt und zogen sich in eine geheime Höhle zurück, um dem Tod oder dem Zwang zur Verleugnung des Islams zu entgehen. (Maududi)


43. Das heißt: Habt keine Angst vor irgendetwas, sondern legt eure Sache in Allahs Hände. Jetzt werdet ihr verfolgt, aber Er wird eure Probleme lösen und euch Trost und Erleichterung geben. (Juusuf `Allii)

So ließ Allah in der Höhle Seine Gnade über ihnen walten, indem Er sie unauffindbar machte für ihre Verfolger. (ibn Kasir)

Der Begriff “mirfaq“ bezeichnet „etwas, von dem jemand Nutzen hat", sei es konkret oder abstrakt. In diesem Fall hat er offensichtlich eine geistige Bedeutung. (Asad)

 

 

17. Und du44 hättest sehen können, wie die Sonne beim Aufgang sich von ihrer Höhle nach rechts neigte, und beim Untergang sich von ihnen nach links abwandte,45 während sie im Inneren (der Höhle) lagen.46 Dies gehört zu den Zeichen Allahs.47 Wen Allah leitet, der ist fürwahr rechtgeleitet, und wen Er irregehen lässt, für den wirst du niemals einen Beschützer finden, der ihn auf den rechten Weg führt.48

 

44. Angesprochen ist der Leser. (Darjabadi)

 

45. In den Breiten von Ephesus, das heißt weit über dem nördlichen Wendekreis, ist eine Höhle, deren Eingang in nördlicher Richtung liegt, niemals der Sonnenhitze ausgesetzt, denn die Sonnenseite. liegt im Süden. Wenn die jungen Männer auf dem Rücken lagen, das Gesicht nach Norden gewandt, das heißt zum Höhleneingang hin, dann ging die Sonne auf ihrer rechten Seite auf und an ihrer linken Seite unter, während sie sich in der kühlen, angenehmen Mitte aufhielten. (Juusuf `Allii)

Daraus geht hervor, dass der Höhleneingang im Norden lag. Deswegen konnte kein Sonnenlicht in die Höhle eindringen, und etwa Vorübergehende konnten nicht sehen, was sich in der Höhle befand. (Maududi)

 

46. Wo weder Sonnenhitze noch die Enge der Höhle sie bedrückte. (Darjabadi)

Sie befanden sich in ihrem geräumigen Inneren, und die Sonnenhitze konnte sie nicht stören. Dies ist meiner Ansicht nach eine der vielen Anspielungen im Qur’an auf die Glückseligkeit der Rechtschaffenen im Paradies mit seinem „dauerhaften Schatten". Vergleiche auch Surach 4:57 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

 

47. Dass Er sie zu dieser Höhle führte, deren Klima sie am Leben erhielt. (ibn Kasir)

Der ganze hier erwähnte Vorgang. (Darjabadi)

 

48. Die jungen Männer, die an Allah den Iman verinnerlichten und auf Ihn vertrauten, fanden Zuflucht in der Höhle und waren vor der Verfolgung und Gewalt der Götzendiener geschützt. So wurde ihr Gebet (siehe oben Ajach 16) erhört. (Juusuf `Allii)

Für Rechtleitung und Irrtum gibt es Gesetzmäßigkeiten. Wer sich durch die Zeichen Gottes leiten lässt, den führt Allah diesen Gesetzmäßigkeiten entsprechend, und er befindet sich wahrhaftig auf dem rechten Weg. Wer sich gegen die Rechtleitung sperrt, für den gelten die Gesetzmäßigkeiten seines Irrweges, und er wird niemanden finden können, der ihn dann rechtleitet. (Qutb)

 


Abschnitt 3

 

18. Und du hättest meinen können, dass sie wach seien, während sie doch schliefen. Und Wir ließen sie sich nach rechts und nach links drehen,49 während ihr Hund mit ausgestreckten Pfoten auf der Schwelle lag.50 Wenn du sie beobachtet hättest, hättest du gewiss die Flucht vor Ihnen ergriffen und du hättest gewiss Grauen vor ihnen empfunden.51

 

49. Einige Gelehrte meinten, dass Allah, obwohl Er sie in einen tiefen Schlaf versetzte, ihre Augen sich nicht schließen ließ, damit sie durch ihre Berührung mit der Luft vor der Verwesung verschont blieben. Ihre Wendung zweimal im Jahr hatte, wie einige Vorfahren sagten, den Zweck, dass die Erde sie nicht zerfraß. (ibn Kasir)

Vielleicht waren ihre Augen offen, während ihre Sinne in Schlaf versunken waren. Sie drehten sich von einer Seite auf die andere, wie es Menschen im Schlaf tun. (Juusuf `Allii)

Wenn ein Vorbeigehender sie zufällig in der Höhle entdeckt hätte, wie sie sich von einer Seite auf die andere drehten, so hätte er geglaubt, dass sie nicht schlafen, sondern sich nur ausruhen. (Maududi)

 

50. In der Tradition heißt der Hund Qitmir. (Juusuf `Allii)

Er lagerte am Eingang, um sie zu bewachen, wurde aber vom Schlaf übermannt wie sie auch. (ibn Kasir)

Er war Ihnen treu gefolgt, als sie sich in die Höhle zurückziehen mussten. Hunde gehörten zu den ersten zahmen Haustieren und sind für ihre Wachsamkeit und Treue gegenüber dem Menschen bekannt. (Darjabadi)

 

51. Dieses anschauliche Bild von den Schläfern erklärt den menschlichen Mechanismus, durch den Allah ihre Sicherheit vor ihren kafir Verfolgern bewirkte. (Juusuf `Allii)

Sie hätten durch ihren schlafend-wachen Zustand und durch ihr ständiges Drehen, ohne jedoch aufzuwachen, dem, der sie zu sehen bekam, Angst eingeflößt. Dies war von Allah mit Bedacht so geregelt, damit keiner mit ihnen Unfug trieb, bis die festgesetzte Frist zu Ende ging. (Qutb)

Ein zufälliger Beobachter hätte sofort die geheimnisvolle, ehrfurchterweckende Ausstrahlung gespürt, die diese Männer umgab, und wäre sich dessen bewusst gewesen, dass er vor Allahs auserwählten Dienern stand. (Asad)

Niemand wagte die Höhle zu betreten, denn es war darin stockfinster, und der Hund bewachte den Eingang. Wenn jemand dennoch die jungen Männer darin entdeckt hätte, dann wäre ihm unheimlich zumute gewesen, und er wäre fortgelaufen. Auf diese Weise blieb ihr Zufluchtsort eine so lange Zeit hindurch vor der Außenwelt geheim. (Maududi)

 

 

19. So also weckten Wir sie wieder auf,52 damit53 sie einander befragten.54 So sprach einer von ihnen: „Wie lange habt ihr (nun so) verweilt?" Sie sagten: „Wir verweilten (wohl) einen Tag oder den Teil eines Tages."55 Da sagten sie (alle): „Euer Herr weiß (am besten) wie lange ihr verweiltet.56 Schickt also einen von euch mit diesem eurem Geld in die Stadt.57 Er soll schauen, wer die reinste Speise hat und euch Essen von ihm bringen.58 Und er soll sehr höflich sein59 und niemandem Kenntnis von euch geben.60

 

52. Das heißt auf dieselbe wunderbare Weise, wie Allah sie in Schlaf hatte fallen lassen. (Darjabadi) 53. Vergleiche oben Ajach 12 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

 

54. Dies ist der Höhepunkt der Geschichte. Ihre eigenen menschlichen Eindrücke sollten miteinander verglichen werden. Sie sollten zu der Einsicht kommen, dass mit dem besten Willen und den ehrlichsten Nachforschungen Menschen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen können; dass sie also nicht ihre Zeit mit nutzlosen Debatten vergeuden, sondern sich ihrer Hauptaufgabe im Leben zuwenden sollten; und dass Allah vollkommenes Wissen über die Dinge besitzt, die uns merkwürdig, inkonsistent oder unerklärlich erscheinen oder bei verschiedenen Menschen verschiedene Eindrücke auslösen. Der relative oder mangelhafte Eindruck von der Zeit gibt uns einen Einblick in den Zustand, wo es keine Zeit mehr gibt, von der Auferstehung, wenn alle die kleinen Eindrücke unseres irdischen Lebens durch die endgültige Realität korrigiert werden. Das Mysterium der Zeit hat viele Denker verwirrt. (Juusuf `Allii)

Mir erscheint es, als ob der Partikel „li in li-jatasaa 'aluu" (meist übersetzt mit: „damit sie einander fragen") nicht den Zweck bezeichnen soll („damit"), sondern in diesem Zusammenhang nur auf die Folge hinweist („da begannen sie einander zu fragen"). (Asad)


55. Die Kommentatoren erklärten dies so: Sie gingen am frühen Morgen in die Höhle, und Allah erweckte sie am Ende des Tages. Als sie aufwachten, dachten sie zuerst, die Sonne ginge unter und meinten, es wäre ein ganzer Tag gewesen. Als sie jedoch sahen, dass die Sonne noch nicht unterging, meinten sie, es wäre nur ein Teil des Tages gewesen, den sie verschliefen. Niemandem hätte es einfallen können, dass sie 309 Jahre geschlafen hatten.

(Safwat Al-Tafaasir)

Vergleiche Surach 2:259, wo in der Parabel von dem Mann, den Allah sterben ließ und nach hundert Jahren auferweckte, dieselbe Frage gestellt und ebenso beantwortet wird. Die bemerkenswerte Gleichheit von Frage und Antwort an diesen beiden Stellen ist offensichtlich nicht zufällig. Sie weist gezielt auf die Identität des Grundgedankens hin, der in diesen beiden Allegorien zum Ausdruck kommt: nämlich Allahs Macht, „Lebendes aus dem Toten hervorzubringen und Totes aus dem Lebenden" (vergleiche Surach 3:27; 6:95; 10:31 und 30:19), das heißt Leben neu erschaffen, es vergehen zu lassen und es neu hervorzubringen. Darüber hinaus spielt dieser Ajach auf den trügerischen, erdgebundenen Charakter der menschlichen Vorstellung von „Zeit" an. (Asad)

 

56. Das heißt, sie verstanden - im Gegensatz zu ihren Kameraden, die sich Gedanken darüber machten, was „wirklich" mit ihnen geschehen war, dass der Zeitraum, der zwischen ihrem „Einschlafen" und ihrem „Erwachen" vergangen war, keine eigene Realität und keinen Sinn hatte. Ebenso verhält es sich mit dem Tod eines Menschen und seiner Auferstehung (vergleiche Surach 17:52 und die entsprechende Fußnote). (Asad)

 

57. Sie geben nun ihre fruchtlose Meinungsverschiedenheit auf und wenden sich den praktischen Erfordernissen des Lebens zu. Ihre Gedanken und Vorstellungen sind jedoch an dem Zeitpunkt stehen geblieben, als sie in die Höhle gegangen waren. Das Geld, das sie bei sich hatten, war zur Zeit jenes Tyrannen geprägt worden, der die Religion der Einheit verfolgen ließ und die kafir Kulte verbreitete. (Juusuf `Allii)

 

58. Das heißt, was nicht als Götzenopfer ungenießbar war. (Darjabadi)

Das reinste, bekömmlichste, vielleicht auch das passendste für diejenigen, die Götzendienst ablehnten. Denn in ihrer Vorstellung war die Welt immer noch so, wie sie sie bei ihrem Eintritt in die Höhle gekannt hatten.

(Juusuf `Allii)

 

59. Er soll sich so verhalten, dass er nicht irgendwo Verdacht erregt. (Darjabadi)

 

60. Damit der Tyrann sie nicht verfolgen und belagern kann. (Darjabadi)

Sie hatten Angst, aufgespürt und dann gesteinigt zu werden oder solange gefoltert zu werden, dass sie von ihrer Überzeugung abgehen würden. (Qutb)

 

 

20. Wahrlich, sollten sie Oberhand über euch gewinnen,61 werden sie euch steinigen oder euch zwingen, zu ihrem Bekenntnis zurückzukehren,62 doch dann würdet ihr niemals mehr erfolgreich sein."63

 

61. Es kann kaum mit Worten beschrieben werden, mit welcher Grausamkeit die Verfolger in der Zeit des Kaisers Decius gegen ihre Opfer vorgingen. (Darjabadi)


62. Sie glauben, die Welt hätte sich nicht verändert und dass die grausamen Verfolgungen, die sie kennen gelernt hatten, immer noch anhielten, wo ein Mensch den Islam mit seinem Leben bezahlen musste, wenn er sich nicht der kafir Götterverehrung anschloss. (Juusuf `Allii)

Wie viele ihrer Brüder im Islam. Viele Muslime wurden gezwungen, öffentlich den Islam abzuschwören. (Darjabadi)

 

63. Das heißt, ihr könnt dann niemals das geistige Gut erlangen, das euch nach eurem Wissen, eurem Lernen und eurer Erfahrung zusteht. Aus Furcht vor Menschen die Wahrheit aufzugeben, die man erlangt hat, ist die verächtlichste Form der Feigheit und verschließt mit Recht den Zugang zum Heil, wenn strenge Gerechtigkeitsnormen angelegt werden. Aber selbst dann hilft Allahs Barmherzigkeit dem Feigen, solange die Möglichkeit zur Umkehr offen bleibt. (Juusuf `Allii)

Während ihres „Schlafes" hatte für die Menschen in der Höhle die Zeit stillgestanden, so dass sie annehmen mussten, die Außenwelt sei ihnen immer noch feindlich gesinnt. An diesem Punkt wird die Geschichte abrupt (denn wie wir wissen befasst sich der Qur’an nicht mit Erzählungen um ihrer selbst willen) und im folgenden als Allegorie von Tod und Auferstehung und der Relativität der Zeit, wie sie sich im Bewusstsein des Menschen manifestiert, weitergeführt. (Asad)

 

 

21. Auf diese Weise64 entdeckten Wir sie (den Menschen), damit sie wissen sollten, dass was Allah verspricht, die Wahrheit ist,65 und dass es keinen Zweifel66 an der Stunde gibt.67

Als sie68 untereinander in Streit gerieten über ihre Angelegenheit,69 da meinten (einige): „Errichtet ein Gebäude über ihnen!70 Ihr Herr kennt sie am besten. Doch die Einflussreichen unter ihnen sagten:71 „Wir werden gewiss eine Gebetsstätte über ihnen bauen."72

 

64. Und als Wir sie auferweckten, machten Wir die Menschen auf sie aufmerksam. (Al-Dschalalain)

Der Qur’an überspringt eine lange Zeitspanne, um die nächste Szene aufzugreifen. Nun nehmen wir an, dass die Bewohner der Stadt mu’min wurden, da sie die jungen Männer freudig aufnahmen, als sie von ihnen erfuhren, dass sie vor sehr langer Zeit wegen des Islams die Flucht ergriffen hatten. (Qutb)

So: auf diese Weise, mit diesen Mitteln, das heißt durch die Aussendung eines der Schläfer mit dem alten Geld, um in der Stadt einzukaufen. Seine altmodische Kleidung, seine Sprache und sein Auftreten sowie das längst ungültig gewordene Geld erregte sofort die Neugier der Leute. Als sie seine Geschichte erfuhren, erkannten sie, dass Allah, der Seine Diener so schützen und nach so langer Zeit aus dem Schlaf erwecken kann, auch die Macht hat, Tote aufzuerwecken, und dass Sein Versprechen der Güte und Barmherzigkeit Seinen aufrichtigen Dienern gegenüber wahr ist und so auf treffende Weise demonstriert wurde. Den Männern in der Höhle andererseits wurde deutlich, dass Allah seine Situation ändern kann, bevor wir es bemerken, dass also unsere Hoffnung auf Ihn nicht sinnlos ist, und dass selbst dann, wenn wir am Rande der Verzweiflung stehen, eine Umwälzung in der Welt wirksam ist, bevor die Welt selbst es erkennt. (Juusuf `Allii)

Das heißt durch die Legende, die sich um die Männer in der Höhle entspannte, und besonders durch den allegorischen Gebrauch, den der Qur’an davon macht. (Asad)

 

65. Nach der syrischen Überlieferung hatte der Ladeninhaber den Verdacht, der junge Mann habe irgendwo einen alten Schatz gefunden, und brachte ihn vor den Herrscher. Beim Verhör stellte sich heraus, dass die Jünglinge vor Jahrhunderten Schutz in der Höhle gefunden hatten. Die Nachricht von ihrem Schlaf und Wiedererwachen verbreitete sich schnell in der Stadt, und eine große Menschenmenge machte sich sogleich auf den Weg zur Höhle. Auf diese Weise erfuhren auch die anderen, wie lange sie in der Höhle geschlafen hatten. Nachdem sie ihre Brüder im Islam begrüßt hatten, legten sie sich erneut nieder und starben. (Maududi)

 

66. Der wunderbare lange Schlaf und ihr Erwachen erinnert deutlich daran, wie die Toten zum Leben erweckt werden. (Darjabadi)

 

67. Die Lehre, die wir aus der Geschichte der Höhle ziehen können, ist, dass sie durch ein praktisches fühlbares Beispiel den Beweis für die Auferstehung nach dem Tode erbringt. Nach der syrischen Überlieferung gab es zu jener Zeit in Ephesus hitzige Debatten über die Auferstehung und das Leben nach dem Tod. Obgleich das Volk unter dem Einfluss des Römischen Reiches das Christentum angenommen hatte, waren noch Spuren von altrömischem Götzendienst übrig geblieben, und auch die griechische Philosophie hatte ihren Einfluss noch nicht verloren. Trotz des Islams gab es also Menschen, die nicht an die Auferstehung den Iman verinnerlichten oder zumindest skeptisch waren. Darüber hinaus leugnete die jüdische Sekte der Sadduzäer, die einen großen Bevölkerungsanteil der Stadt stellte, offen die Auferstehung und gegründete dies mit der Thora, während die Gelehrten kein starkes Gegenargument anführen könnten. Der Schlaf der jungen Leute und ihr Erwachen war ein Beweis. (Maududi)

 

68. Die Einwohner der Stadt. (Darjabadi)

 

69. Sobald der Mensch einen Schimmer von der Wahrheit erhascht, fängt er an, darüber zu streiten. Die Schläfer konnten nicht beurteilen, wie lange sie in der Höhle geblieben waren, aber sie ließen weise die Sache auf sich beruhen und wandten sich den wichtigeren Dingen ihres Lebens zu. Die Stadtbewohner konnten sich nicht über die Bedeutung des Ereignisses einigen: sie fingen an, über unwesentliche Einzelheiten zu streiten. Welche Art von Gedenkstätte sollten sie errichten? Ein Haus oder eine Gebetsstätte? Die Gebetsstätte wurde schließlich gebaut. Aber die wahre Bedeutung der geistigen Lektion ging verloren, bis sie im Qur’an erklärt wurde. (Juusuf `Allii)

Wörtlich: „Sie diskutierten ihren Fall (amrahum) unter sich": ein Hinweis darauf, dass die Legende von den Männern in der Höhle die Gedanken der Menschen lange Zeit beschäftigt hat, was zu vielen Diskussionen und widersprüchlichen Interpretationen führte. Der nächste Satz erklärt, warum Allah „die Aufmerksamkeit (der Menschen im Qur’an auf diese Geschichte) gelenkt hat". (Asad)

 

70. Wörtlich: „über ihnen"; dies erscheint sowohl hier als auch in der folgenden Bezugnahme auf eine Gebetsstätte, deren Bau diejenigen vorschlugen, deren „Meinung schließlich die Oberhand behielt". Meiner Ansicht nach bedeutet dies, dass sie das Gebäude „zu ihrem Gedächtnis" errichten wollten. (Asad)

Die Rechtschaffenen wollten eine Mauer um den Höhleneingang errichten, so dass die Schläfer in ihrem Zustand ungestört verbleiben konnten, denn sie waren der Ansicht, dass Allah am besten weiß, was es mit ihnen auf sicht hatte. (Maududi)

Mauert einfach den Höhleneingang zu und lasst sie so wie sie sind. (ibn Kasir)

 

71. Dies waren die römischen Herrscher und Priester, die den rechtschaffenen Menschen widersprachen. Zu jener Zeit war im römischen Reich die Verehrung von Heiligen und deren Gräbern weit verbreitet. Diejenigen, die „die Oberhand behielten", waren die einflussreichen Leute in Kirche und Regierung. (Maududi)

 

72. Nach der Art der Juden und Christen, die über den Gräbern ihrer Propheten und Heiligen Gebetsstätten bauten, ein Beispiel, dem oft auch Muslime folgen, obwohl der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diesen Brauch entschieden abgelehnt hat. (Qutb)


 

22. (Einige) werden sagen,73 es waren drei und der vierte von ihnen war ihr Hund. (Andere) sagen, es waren fünf und der sechste war ihr Hund, wobei sie nur Mutmaßungen anstellen. (Wieder andere) sagen: es waren sieben und der achte war ihr Hund.74 Sprich: „Mein Herr

ist Derjenige, Der ihre Zahl am besten kennt, und nur den wenigsten ist sie bekannt".75 Darum lass dich auf keinen Disput darüber ein, außer mit einer eindeutigen Vorgabe.76 Und erkundige dich bei keinem von ihnen über sie.77

 

73. Das Futur der Form “sayjaquuluun“ weist noch einmal auf den legendären Charakter der Geschichte an sich hin und bedeutet, dass jede Spekulation über ihre Einzelheiten für ihre parabolische, ethische Zielsetzung irrelevant ist. (Asad)

Einige von denjenigen, denen du diese Geschichte erzählst. (Darjabadi)

 

74. Jahrhundertelang gab es Kontroversen über die Anzahl der Schläfer: waren es drei oder fünf oder sieben? Man suchte Antworten nicht aus tatsächlichem Wissen, sondern aus Vermutungen. Nach der bekanntesten Version waren es sieben. Der Streitpunkt war völlig unwesentlich: wirklich wichtig war die geistige Lektion. (Juusuf `Allii)

Während Allah die beiden ersten Aussagen mit den Worten abschwächte, dass dies nur Vermutungen sind, hatte Er die dritte Aussage nicht weiter kommentiert. Er hat sie vielmehr bestätigt mit den Worten „und ihr achter war ihr Hund." (ibn Kasir)

 

75. Es ist über mehrere authentische Personen überliefert, dass ibn Abbas gesagt hat: „Ich bin einer der wenigen, die Allah ausgenommen hat. Ihre Anzahl war sieben." (ibn Kasir)

Wie wirkliche Bedeutung der Geschichte ist nur wenigen bekannt. Die meisten Menschen debattieren über nutzlose Details, von denen sie selbst kein tatsächliches Wissen haben. (Juusuf `Allii)

 

76. Unwesentliche Kontroversen sind ziel- und sinnlos, dennoch werden sie seit undenklichen Zeiten von oberflächlichen Menschen über religiöse Themen geführt. Wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die wesentlich ist und auf Faktenwissen und Erfahrung beruht, sollen wir sie offen verkünden, so dass die Welt Allahs Wahrheit erfahren kann. (Juusuf `Allii)

Nicht anders als mit der wahren Wiedergabe offenbarter Tatsachen. (Darjabadi)

Auf eine Weise, dass dadurch eine selbstverständliche ethische Lehre aus der Geschichte gezogen werden kann. (Asad)

 

77. Denn sie haben kein fundiertes Wissen darüber. (ibn Kasir)

Geschichtenerzähler wissen sehr wenig von der wahren Bedeutung der Geschichten und Parabeln. Im Qur’an liegt eine klare Erläuterung vor. Wir brauchen nicht mehr auf Einzelheiten wie die Anzahl der Schläfer oder die in der Höhle verbrachte Zeit einzugehen. (Juusuf `Allii)

Nur solche Menschen, die kein Interesse an der Wahrheit, sondern an oberflächlichen Dingen haben, verschwenden Zeit und Energie mit Spekulationen über Nebensächlichkeiten. Deswegen gebietet Allah Seinem Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm: „Lass dich nicht auf nutzlose, irrelevante Debatten über solche Dinge ein, auch wenn andere dich hineinziehen wollen, sondern konzentriere dich stattdessen auf die wesentlichen Punkte deiner Aufgabe." (Maududi)

 

 

Abschnitt 4

 

23. Und sage niemals über irgendetwas: „Das werde ich bestimmt morgen tun,"78

 

78. So wie mit dem vorigen Ajach verboten wurde, über Vergangenes sinnlose Spekulationen anzustellen, so wird hier eine ähnliche Spekulation über zukünftige Ereignisse verboten, in die der Mensch keine Einsicht haben kann. (Qutb)

 

 

24. Ohne hinzuzufügen: „So Allah will."79 Und erinnere80 dich deines Herrn,81 wenn du es vergessen hast und sprich: „Möge mich mein Herr immer näher zum richtigen Tun führen."82

 

79. Jede Bewegung, jeder Laut und jeder Atemzug der Lebewesen ist von Allahs Willen abhängig. (Qutb)

Die Ajachs 23 und 24 sind eingeschoben. Wir sollten uns niemals nur auf unsere eigenen Mittel und Möglichkeiten verlassen und darüber Allah vergessen. Wenn wir dennoch vergessen, sollen wir zu Ihm zurückkehren und Ihn in Erinnerung behalten, wie es die jungen Männer in der Höhle taten. (Juusuf `Allii)

Nach Ansicht fast aller Kommentatoren sind diese beiden eingeschobenen Ajachs in erster Linie an den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet, der auf die Frage einiger kafir Quraisch nach den wirklichen Ereignissen in Verbindung mit der Höhle gesagt haben soll: „Ich werde eure Frage morgen beantworten." Daraufhin wurde ihm vorübergehend als Zeichen des Tadels die Offenbarung Allahs vorenthalten. Darüber hinaus drückt diese Ermahnung ein allgemeines Prinzip aus, das für alle Mu’mins gilt. (Asad)

 

80. In allen Dingen und bei jeder neuen Initiative. (Darjabadi)

 

81. Sobald du dich wieder erinnerst. (Darjabadi)

 

82. Wenn du Auskunft brauchst über etwas dir Unbekanntes, so frage Ihn danach und ersuche Seine Hilfe, das Richtige zu tun. (ibn Kasir)

Ein geometrischer vollkommener Kreis ist ein Ideal. Irgendein Kreis, den wir zeichnen, kann nicht so vollkommen sein, dass nicht noch einer denkbar wäre, der dem idealen Kreis näher käme. Ähnlich besteht in unserem Leben immer die Hoffnung, uns noch mehr Allah zu nähern. (Juusuf `Ali)

Dies bedeutet nicht, dass der Mensch nicht über zukünftige Dinge nachdenken oder nicht planen soll, oder so einfach in den Tag hinein lebt, ohne die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden. Es bedeutet vielmehr, dass er bei seiner Planung berücksichtigen muss, dass es Verborgenes für ihn gibt und einen Planer, Der dieses Verborgene ins Werk setzt. Wohl soll er seine Entscheidungen treffen, aber er soll bei seinen Entscheidungen Allah um Hilfe bitten und sich bewusst sein, dass „Allahs Hand über seiner Hand" ist. So soll er nicht ausschließen, dass Allahs Plan anders verlaufen kann als sein eigener. Erreicht er das, worum er sich bemüht hat, so war es auch Allahs Wille. Wenn nicht, so ist er weder traurig darüber noch verzweifelt er, denn alles liegt einzig und allein bei Allah. (Qutb)

 


25. Und sie83 verweilten in der Höhle dreihundert Jahre und noch neun dazu.84

 

83. Nämlich die Schläfer in der Höhle. (Darjabadi)

 

84. Dies scheint Kunde von Allah über die Zeit ihres Verweilens in der Höhle, von ihrem Eintreten bis zu ihrer Entdeckung zu sein, und nicht wie Qataada meint, dass dies die Aussage von Menschen sei. Die Überlieferungskette der Aussagen Qataadas ist unterbrochen, während die erstere von vielen Kommentar-Wissenschaftlern wie z.B. Mudschahid unterstützt wird. (ibn Kasir)

Dieser Ajach sollte im Zusammenhang mit dem nächsten Ajach gelesen werden. In der mündlichen Überlieferung entstanden im Laufe der Zeit verschiedene Versionen von der Geschichte. In den schriftlichen Quellen ist von 372 Jahren oder weniger die Rede. 300 Jahre des Sonnenkalenders würden 309 Jahren des Mondkalenders entsprechen. Der nächste Ajach weist jedoch darauf hin, dass dies alles nur Vermutungen sind. Die Anzahl der Jahre kennt Allah allein. (Juusuf `Allii)

Dies schließt offensichtlich an die in Ajach 22 oben erwähnten „Vermutungen" an, die im nächsten Ajach mit den Worten zurückgewiesen werden: „Mein Herr weiß am besten, wie lange sie dort zubrachten", oder auch „Mein Herr weiß am besten, wie viele sie waren" in Ajach 22. (Asad)

 

 

26. Sprich: „Allah weiß am besten, wie lange sie verweilten. Denn Ihm gehört (das Wissen um) das Verborgene der Himmel und Erde. Wie allsehend und allhörend ist Er.85 Sie86 haben außer Ihm keinen Beschützer, und an Seinen Entscheidungen lässt Er niemanden

teilhaben.87

 

85. Dies ist die endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit. Sie kommt von keinem Geringeren als vom Kenner der Geheimnisse der Erde und des Himmels, dem Allsehenden, dem Allhörenden. Jeder Disput und jeder Streit ist somit beendet. (Qutb)

 

86. Wer sind „sie" in diesem Satz? Es kann sich um die Gefährten der Höhle handeln, denn sie stellten sich unter Allahs Schutz und lehnten es ab, Ihm irgend etwas beizugesellen. Es kann sich aber auch auf die Menschen allgemein beziehen, die auf Abwege geraten und „Götzendiener" werden, indem sie Allah imaginäre Partner zuschreiben. (Juusuf `Allii)

 

87. Wörtlich: bei Seinem Gebot, nämlich bei Seiner Herrschaft über die Welt, oder bei Seinem Urteil am Tag des Gerichts. (Juusuf `Allii)

Er hat es nicht nötig, jemanden daran zu beteiligen. (Al-Dschalalain)

 

 

27. Und trage vor,88 was Dir vom Buch deines Herrn offenbart worden ist,89 Dessen Worte90 von niemandem verändert werden können.91 Und du wirst fürwahr außer Ihm keine Zuflucht finden.

 

88. Nach der Erörterung der Geschichte von den Schläfern in der Höhle beginnt hier eine Schilderung der Situation der Muslime in Mekka zur Zeit der Offenbarung dieser Surach. (Maududi)

Im Anschluss an diese Geschichte wird der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  aufgefordert, sich an dem zu orientieren, was ihm von seinem Herrn offenbart wurde. Denn ausschließlich darin steht die Wahrheit. (Qutb)

 

89. Deine Pflicht beschränkt sich auf diese Verkündung. (Darjabadi)


90. Seine Worte: Seine Gebote, Entscheidungen, Befehle. (Juusuf `Allii)

 

91. Keiner kann sie umändern, verdrehen oder entfernen. (ibn Kasir)

Obwohl damit in erster Linie der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angesprochen war, richtet sich die Warnung an die Kafirs, dass sie nämlich nicht erwarten sollten, der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, könnte ihretwegen Veränderungen am offenbarten Text vornehmen. Er wird keine Kompromisse eingehen, und sie müssen seine Lehre entweder in ihrer Ganzheit akzeptieren oder die Folgen tragen. Dies war eine Antwort auf die wiederholte Forderung der Kafirs nach Kompromissen. Vergleiche auch beispielsweise Surach 10:15. (Maududi)

 

 

28. Und fasse dich in Geduld mit denen, die ihren Herrn morgens und abends anrufen im Trachten nach Seinem Angesicht,92 und wende deine Augen nicht von ihnen ab,93 um nach irdischen Verlockungen zu trachten,94 und gehorche nicht dem, dessen Herz Wir von Unserem Gedenken abgelenkt haben und der nur seinen Begierden folgt,95 so dass sein ganzes Tun verloren ist.96

 

92. Der Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte seine Zeit mit jenen verbringen, die von morgens bis abends Allahs gedenken, Ihm lobpreisen und anrufen, egal ob diese Menschen arm oder reich, stark oder schwach sind, denn alle sind Allahs Geschöpfe. (Ibn Kasir)

Es wird berichtet der Anlass für die Offenbarung dieses Ajachs seien Forderungen der adligen Quraischiten gewesen, die vom Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verlangten, er solle die armen Muslime verjagen, falls er Wert darauf lege, dass sie den Islam annähmen. Oder aber er solle ihnen gesonderte Sitzungen einräumen. Die Antwort darauf ist die, dass der Islam andere Werte und Maßstäbe setzt als die der Unwissenden. Somit wird der Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufgefordert, sich in Geduld zu fassen mit den Mu’mins, indem er den Umgang mit ihnen pflegt und sie lehrt. Denn in ihnen steckt viel Gutes, und sie sind es, die sich für Allahs Auftrag erhoben. (Qutb)

Vergleiche Surach 6:52 und die entsprechende Fußnote. Allahs wahrhaftige Diener sind diejenigen, deren Herzen zu jeder Zeit des Tages ihm zugewendet sind, und die keinen irdischen Gewinn anstreben, sondern Allahs Gnade und Ihn selbst, Seine Anwesenheit und Nähe. Das „Gesicht" ist das Symbol für die Persönlichkeit oder das Selbst. Selbst wenn ihnen irdische Güter fehlen, ermöglicht ihre Gesellschaft weit mehr innere und geistige Befriedigung als irdische Macht oder irdische Attraktionen. (Juusuf `Allii)

 

93. In deinem Eifer, die Reichen und Mächtigen zu gewinnen. (Darjabadi)

Übergehe sie nicht, das heißt tausche sie nicht gegen die Reichen und Mächtigen. (ibn Kasir)

 

94. Deine Interessen sollten sich nicht auf die angenehmen Lebensäußerungen richten, deren sich manche erfreuen. Denn sie sind die Zier des Diesseits. Das Ziel jener jedoch, die Allahs Wohlgefallen suchten, ist weit höher als dieser vergängliche Genuss. (Qutb)

Die Würde des Islam hängt nicht vom Reichtum und Einfluss derer ab, die für ihn gewonnen werden, sondern von ihrer moralischen und geistigen Größe. (Darjabadi)

Vergleiche auch Sure 6:52 und die entsprechende Fußnote. (Asad)


 

29. Und sprich: „Die Wahrheit ist von eurem Herrn." So möge wer will, (sie) annehmen und wer will, möge (sie) ablehnen.97 Doch für die Ungerechten98 haben Wir ein Feuer bereitet, dessen Wände sie gleich einem Zelt einschließen.99 Und wenn sie um Erleichterung flehen, werden sie mit Wasser gleich geschmolzenem Metall getränkt,100 das die Gesichter röstet.101

Welch ein schlechter Trank und welch ein schlimmes Ruhebett!

 

95. Gehorche ihnen nicht, wenn sie beispielsweise verlangen, dass du sie mehr als die Armen begünstigst. Würden sie an Allah denken, dann würden sie ihren Hochmut zügeln und sich der Gegenwart Allahs erinnern, vor dem alle Menschen gleich sind. Sie würden das Band des Islams, der die Menschen miteinander verbindet, in sich spüren. (Qutb)

Infolge seiner Hartnäckigkeit. (Darjabadi)

Samachsari und Rasi übersetzen das Verb “arfalnaa“ - in Übereinstimmung mit der Lehre des Qur’ans - mit „den Wir als achtlos vorgefunden haben". Vergleiche auch Surach 14:4 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

Wir lenkten sein Herz ab, als er nur von dem Gedanken an sich, an sein Eigentum, an seine Nachkommen, an seine Vergnügungen und Gelüste erfüllt war. In seinem Haus gab es keinen Raum mehr für Allah. (Qutb)

 

96. Seine ganzen Bemühungen waren töricht, unmäßig und eine Zeitverschwendung. (ibn Kasir)

Allahs Gnade sorgt sich um diejenigen, die von Allahs Wegen abgeirrt sind, und versucht sie zur Rückkehr zu bewegen. Wenn ein solcher Mensch sich jedoch weigert und seinen Gelüsten folgt, erreicht er irgendwann einen Punkt, wo sein Fall hoffnungslos wird. Dann erreicht Allahs Gnade ihn nicht, und er bleibt in seinem Stolz und seinem Übermut sich selbst überlassen. Nimm dich in acht, dass du nicht einem solchen Menschen folgst oder seine Freundschaft anstrebst. (Juusuf `Allii)

Jemand, der sich einem solchen Menschen anschließt und ihm nachgibt, wird wahrscheinlich denselben Weg einschlagen und ihm in den Irrtum folgen. (Maududi)

 

97. Da die Wahrheit nicht biegbar ist, sollte man sie annehmen, wie sie ist. Wem sie so nicht gefällt, sollte gehen. Kein Entgegenkommen sollte es im Glauben geben, denn der ist Allahs Eigentum und nicht das des Menschen. (Qutb)

Unsere Entscheidungsfreiheit bringt ein entsprechendes Maß an Verantwortung mit sich. Die Wahrheit wird uns angeboten und immer wieder zu unserer Kenntnis gebracht. Wenn wir sie abweisen, müssen wir alle die furchtbaren Folgen auf uns nehmen, die mit dem Höllenfeuer dargestellt werden. Seine Flammen umgeben uns wie ein Zelt. (Juusuf `Allii)

Das Element der Rechtleitung und der Kontrollmöglichkeiten für die Aktivitäten des Ego zeigt, dass das Ego eine freie, persönliche Wirkmacht ist. Es hat seinen Anteil am Leben und an der Freiheit des Letztendlichen Ego, das Seine eigene Willensfreiheit eingeschränkt hat, indem Es ein begrenztes Ego mit der Fähigkeit zu eigener Initiative hat entstehen lassen. (Darjabadi)

 

98. Rasi erklärt den Begriff “Saalimuun“ (wörtlich: „die Ungerechten") im obigen Zusammenhang folgendermaßen: „diejenigen, die ungerecht gegen sich selbst sind, indem sie Allahs Wahrheit zurückweisen." (Asad)

 

99. Sie umfasst sie wie ein Armreif das Handgelenk. (Safwat Al-Tafaasir)

Wir haben es für sie bereitgestellt und werden es in ihre Gegenwart bringen. Es ist ein Feuer, das wie ein Zelt die Ungerechten umschließt, so dass es keinen Ausweg daraus gibt und keine Hoffnung auf Befreiung. (Qutb)

Der Ausdruck „suraadiq" bedeutet wörtlich „Plane" oder „äußere Decke des Zeltes" und bezieht sich hier auf die wogenden „Wände aus Rauch", die die Ungerechten einschließen. Diese Symbolik soll die Ausweglosigkeit des Leidens im zukünftigen Leben betonen. (Asad)

Nach einigen Kommentatoren ist der Satz im Futur zu verstehen und bezieht sich auf die Höllenflammen in zukünftigen Leben. Wir sind jedoch der Ansicht, dass seine Flammen bereits hier in dieser Welt die Ungerechten umfasst haben, die sich von der Wahrheit entfernt haben, und dass sie ihm nicht entkommen können. (Maududi)

 

100. Wenn sie bei der Hitze nach etwas Trinkbarem lechzen. (Qutb)

Von unangenehmen Aussehen. (Darjabadi)

Das arabische Wort „muchl" hat verschiedene Bedeutungen. Einige übersetzen es mit „öliger Belag", andere mit „Lava“ oder „geschmolzenes Metall" und wieder andere mit „Eiter und Blut". (Maududi)

 

101. Mit seiner glühenden Hitze. (Darjabadi)

Wenn es ihnen nahe kommt. (Al-Dschalalain)

 

 

30. Diejenigen aber, die den Iman verinnerlichen und gute Werke tun - Wir lassen führwahr den Lohn dessen nicht verloren gehen, der recht handelt.102

 

102. Die Bezeichnung des Feuers als ein Ruhelager am Ende des vorigen Ajachs ist als Ironie aufzufassen, denn sie werden dort nicht eingewiesen, um es sich darin bequem zu machen. Vielmehr dient dieser Ausdruck dem Vergleich mit dem Ruhelager der Mu’mins im Paradies im nächsten Ajach. (Qutb)

Wie immer wieder betont wird, werden die Rechtschaffenen weit über ihre Verdienste hinaus belohnt. Vergleich auch beispielsweise Surach 28:84 und 30:39. Keine einzige ihrer guten Handlungen bleibt unberücksichtigt, und Allahs Gnade wird ihre Fehler auslöschen. (Juusuf `Allii)

 

 

31. Sie sind es, denen Gärten der Ewigkeit zuteil werden sollen, durch die Ströme fließen. Darin werden sie mit Armreifen aus Gold geschmückt sein103 und sie werden grüne Gewänder aus feiner Seide und schwerem Brokat tragen.104 Behaglich werden sie dort auf Ehrensitzen lehnen.105 Welch eine Belohnung und welch ein schönes Ruhelager.106

 

103. Die Paradiesbewohner werden mit goldenen Armreifen geschmückt wie die Könige in alter Zeit. Dies soll zeigen, dass sie wie die Könige dieser Welt geehrt werden, während ein klafir und böser König dort erniedrigt wird. (Maududi)


104. Das Paradies wird in Bildern von einem angenehmen Leben geschildert, wie wir es uns in unserem gegenwärtigen Zustand vorstellen können: Gärten, Quellen mit kristallklarem Wasser, die schönsten und kostbarsten Schmuckstücke und Kleider. Die Farbe grün wird besonders erwähnt, denn sie erfrischt das Auge und passt gut in den Garten. (Juusuf 'Allii)

 

105. Wie alle Schilderungen im Qur’an von Geschehnissen im zukünftigen Leben ist die obige Bezugnahme auf den„ Schmuck" der Mu’mins mit Gold, Juwelen und Seide (vergleiche ähnliche Abschnitte in Surach 22:23; 35:33 und 76:2 1) und die Ehrensitze (araa'ik), auf denen sie sitzen, offensichtlich eine Allegorie. In diesem Fall ist es ein Gleichnis von der Herrlichkeit, dem immer frischen Leben (symbolisiert durch „gründe Gewänder") und die ruhmvolle Erfüllung, die sie als Ausgleich für die vielen selbstlosen Handlungen, die sie aufgrund ihres Imans in ihrem irdischen Leben getan haben, erlangen werden. Mit Bezug auf die Symbolik dieser paradiesischen Freuden lenkt Rasi unsere Aufmerksamkeit auf die unterschiedliche Konstruktion der beiden Teile dieses Satzes: der erste Teil steht im Passiv („sie werden geschmückt") und der zweite im Aktiv („sie tragen"). Seiner Ansicht nach bezieht sich das Aktiv auf das, was die Rechtschaffenen durch ihre- Handlungen verdient haben, während das Passiv all das bezeichnet, was ihnen über ihre Verdienste hinaus von Allah geschenkt wird. (Asad)

 

106. Dieses Bild ist eine entgegengesetzten Parallele zu dem Bild des Elends in Ajach 29 oben. (Juusuf `Allii)

Wer nun will, der soll den Iman verinnerlichen, und wer will, soll den Iman ablehnen. Wer will, soll sich zu den armen Mu’mins gesellen, selbst wenn ihre Gewänder nach Schweiß riechen sollten. Wem aber der Geruch der Gewänder, die die durch Allahs Gedenken geläuterten Herzen umhüllen, nicht gefällt, den hüllt das Feuer ein. (Qutb)

 

 

Abschnitt 5

 

32. Und führen ihnen das Gleichnis107 von zwei Männern an. Dem einen von ihnen gaben Wir zwei Rebengärten umsäumt von Dattelpalmen, und zwischen beiden legten Wir Getreidefelder an;108

 

107. Um die völlige Wertlosigkeit eines vom Islam getrennten diesseitigen Lebens zu veranschaulichen. (Darjabadi)

Zum Verständnis dieser Parabel sollten wir Surach 8:28 im Auge behalten, wo den arroganten mekkanischen Führern gesagt wird, dass ihretwegen die armen Gefährten des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nicht vernachlässigt werden. (Maududi)

Dieses Gleichnis sollte für die Mu`mins wie auch für die Kafirs angeführt werden, für die Mu`mins, die den Morgen und den Abend im Gedenken ihres Herrn verbringen, jedoch in Armut leben müssen ebenso wie für die hochmütigen Kafirs, die mit Allahs Gnade in Wohlstand leben. (Safwat Al-Bajaan)

 

108. Hier folgt ein einfaches Gleichnis, bei dem es um den Gegensatz von zwei Menschen geht. Der eine war stolz auf sich selbst und vergaß, dass alles, was er hatte, von Allah kam und eine Prüfung in diesem Leben war. Der andere besaß nichts und vertraute auf Allah. Der irdische Reichtum des ersten verging, so dass nichts übrig blieb. Der zweite war letztendlich glücklicher. (Juusuf 'Allii)

Diese Parabel schließt an Ajach 7 dieser Surach an und soll die Aussage veranschaulichen: „Alles Schöne und Gute auf der Erde ist ein Mittel, durch das Allah die Menschen prüft". (Asad)

 

 

33. Jeder der beiden Gärten brachte seine Früchte hervor, und es mangelte an nichts, und Wir ließen inmitten von beiden einen Bach hervorsprudeln;109

 

109. Das Wasser floss darin umher. (ibn Kasir)

Das Wort „tasliim" (wörtlich: „unterdrückt, ungerecht behandelt") wird hier im Sinne von „es mangelte" oder „er hielt zurück" gebraucht. Damit wird ein Kontrast hergestellt zwischen dem Garten, der frei und reichlich seine Früchte austeilte, und seinem Besitzer, der ungerecht und undankbar war. (Qutb)

 

 

34. Und er brachte ihm (reichlich) Früchte110 ein. Da sagte er während eines Streites zu seinem Gefährten: „Ich bin reicher an Vermögen als du und mächtiger an Gefolgschaft."111

 

110. „Tamar" bedeutet nicht nur „Früchte", sondern auch „Eigentum" und „Reichtum", der sich vermehrt, oder Reichtum verschiedener Art. (Darjabadi)

 

111. Die beiden Männer begannen einen Vergleich miteinander. Der Arrogante war stolz auf sein Eigentum und seine große Familie und Dienerschaft. In seiner Selbstzufriedenheit glaubte er, dies würde ihm immer erhalten bleiben. Unrecht tat er auch, indem er auf seinen Gefährten hinabblickte, der, wenn er auch arm war, doch der bessere der beiden war. (Juusuf `Allii)

Dies ist das einzige Verlangen eines unmoralisch Denkenden. (ibn Kasir)

 

 

35. Und er ging in seinen Garten112 und war (dabei) ungerecht gegen sich selbst113 und er sprach: „Ich denke nicht, dass dies (alles) jemals vergehen wird,114

 

112. Zusammen mit seinem Gefährten, um ihn zu quälen. (Darjabadi)

Er betrachtete seinen Garten als ein selbstgemachtes „Paradies". Damit verhielt er sich wie jene gemeinen Menschen, die, sobald sie Reichtum und Macht erlangt haben, dem Missverständnis zum Opfer fallen, ihnen sei das Paradies schon in dieser Welt zuteil geworden, und sie brauchten nichts anderes mehr. (Maududi)

 

113. Durch seine Eitelkeit und Undankbarkeit. (Safwat Al-Tafaasir)

Er war so voll von Eitelkeit und Verblendung, dass er nicht nur vergaß, Allah für Seine Gaben zu danken, sondern den Geber selbst. Zudem dachte er, dass seine Gärten niemals vergehen könnten und leugnete von Grund auf das Kommen des Jüngsten Gerichts. (Qutb)

Nicht sein Reichtum ruinierte ihn, sondern seine Geisteshaltung. Nicht so sehr seinem Nachbarn gegenüber verhielt er sich ungerecht, sondern sich selbst. In seiner Liebe zum Materiellen vergaß er das Geistige oder vernachlässigte es absichtlich. Wie aus Ajach 37 hervorgeht, nahm er seinen Gefährten mit in den Garten, um ihn mit seiner eigenen Wichtigkeit zu beeindrucken, aber der Gefährte ließ sich dadurch nicht aus dem Gleichgewicht bringen. (Juusuf `Allii)


114. Er begründet seine Ansicht mit den unmittelbaren, materiellen Ursachen. (Darjabadi)

 

 

36. Noch glaube ich, dass die Stunde (des Gerichts) je eintreten wird. Und selbst wenn ich zu meinen Herrn zurückgebracht werde,115 werde ich dort gewiss etwas Besseres als ihn im Tausch vor finden."116

 

115. Vor Allahs Gericht. (Asad)

„Selbst falls eine solche Möglichkeit der Auferstehung besteht..." (Darjabadi)

 

116. Hier macht sich der gierige Geist des Materialisten bemerkbar. „Besser" bedeutet seiner Ansicht nach mehr Reichtum und mehr Macht von derselben Art, wie er sie in diesem Leben genossen hatte, während in Wirklichkeit selbst das, was er besaß, auf einer unwirklichen Grundlage ruhte, vergänglich war und ihn selbst mit sich herabziehen sollte. (Juusuf 'Allii)

„Mein Wohlstand ist ein deutlicher Beweis dafür, dass Allah mich liebt." (Maududi)

In Ihrem Stolz bilden sich die Mächtigen und Reichen dieser Welt ein, dass die Werte, die sie auf dieser vergänglichen Welt einheimsten, für sie auch in der himmlischen Welt vorbehalten werden. (Qutb)

 

 

37. Da antwortete ihm sein Gefährte tadelnd: „Willst du denn etwa Den leugnen,117 Der dich aus Staub118 erschaffen hat, dann aus einem Samentropfen, um aus dir einen Mann119 werden zu lassen?

 

117. Sein armer Gefährte, der weder Reichtum noch Diener oder Wächter besaß und weder einen Garten noch Früchte sein eigen nannte, war jedoch mit etwas ausgezeichnet, das dauerhafter und wertvoller war, nämlich mit seinem Iman. So erinnert er seinen Genossen an seine verächtliche Herkunft aus Wasser und Schlamm und warnt ihn vor den Folgen seiner Eitelkeit und Überheblichkeit. (Qutb)

 

118. Vergleiche Surach 3:59 und 23:12 sowie die entsprechenden Fußnoten. (Asad)

 

119. Dies sind die drei Schöpfungsstadien des Menschen: zuerst aus Staub und Erde, die selbst aus dem Nichts entstanden ist und die physische Grundlage seines Körpers bildet; dann aus dem Produkt der Erde, das sich im Körper seiner Eltern gebildet hat, dem Samentropfen (und der empfangsbereiten Zelle); nachdem die verschiedenen Elemente miteinander auf angemessene Weise miteinander verbunden sind und ihm die Seele eingehaucht wurde, ist der Mensch fertig. Vergleiche Surach 87:2 und 15:28-29. (Juusuf 'Allii)

Ist es nicht Kufr, dann noch die Auferstehung zu leugnen? (Darjabadi)

Iman ist nicht darauf beschränkt, dass man Allahs Existenz leugnet, sondern äußert sich auch in Arroganz, Eitelkeit und Leugnung des zukünftigen Lebens. Wenn der betreffende Mensch auch mit Worten Allahs Existenz bestätigte, so wirft ihm sein Nachbar doch Kufr vor, denn jemand, der seinen Reichtum und ähnliche Dinge für Früchte seiner eigenen Fähigkeiten hält und nicht Allahs Gnadengeschenke darin erkennt, und der glaubt, sie seien beständig und niemand könne sie ihm wegnehmen und er sei niemandem dafür Rechenschaft schuldig, dessen Bekenntnis ist nur ein Lippenbekenntnis, während er in Wirklichkeit kafir ist. Er bestätigt Allah zwar als ein Wesen, nicht aber als seinen Herrn. (Maududi)

Kufr bedeute nicht nur Unglaube, sondern auch Undankbarkeit. (Anm. d. Übers.)


 

38. Ich aber (bekenne) mich120 zu Allah, meinem Herrn, und ich stelle meinem Herrn nichts anderes zur Seite.121

 

120. Ich aber sage nicht das gleiche wie du, sondern bekenne mich zu dem Einzigen Gott. (ibn Kasir)

Was jedoch mich anbetrifft. (Darjabadi)

 

121. Wörtlich: „Ich werde nicht jemanden (oder etwas) meinem Herrn an die Seite stellen", das heißt: ich kann für Reichtum oder Armut keine andere Ursache als Ihn sehen. (Asad)

So diene ich niemandem außer Ihm. (ibn Kasir)

 

 

39. Und warum122 hast du nicht, als du in deinen Garten gingst, gesagt: Es ist Allahs Wille? Es gibt keine Macht außer bei Allah!123 Wenn du mich heute ärmer an Vermögen und Kindern siehst als dich,124

 

122. Der Partikel “lau-la“ („wenn nicht gewesen wäre" oder „wäre nicht") wird manchmal synonym zu “hal-la“ benutzt und kann deswegen mit „warum nicht" oder ähnlich übersetzt werden. In diesem Falle würde aber weder die wörtliche Übersetzung noch die Frageform den Sinn genau wiedergeben. Dieser wird erst dann deutlich, wenn wir daran denken, dass “lau-la“ außer seiner Grundbedeutung auch einer der Partikel ist, die Beharrlichkeit zum Ausdruck bringen. Wenn ihm ein Verb im Futur folgt, wird dadurch eine dringende Ermahnung ausgedrückt, folgt ihm aber ein Verb in der Vergangenheit, wie es oben der Fall ist, dann bedeutet es einen Tadel für etwas, das nicht getan worden ist, obgleich es hätte getan werden sollen. Dies ist auf Deutsch schwierig wiederzugeben. (Asad)

 

123. Wenn wir in der Lage sind, etwas zu tun, dann nur mit Allahs Hilfe. (Maududi)

 

124. Das Argument des Gefährten unterteilt sich in fünf Teile:

1. er erhebt Einspruch gegen den Arroganten, der Allah leugnete;

2. aus seiner eigenen geistigen Erfahrung heraus bekennt er, dass Allah Einer ist, und dass Er gut ist;

3. er weist ihn auf eine bessere Art hin, Allahs Gaben zu genießen, nämlich in Dankbarkeit Ihm gegenüber;

4. er bringt Zufriedenheit mit Allahs Handeln ihm gegenüber zum Ausdruck; und

5. er warnt vor der Vergänglichkeit irdischer Güter und Allahs sicherer Strafe für unangebrachten Stolz.

(Juusuf `Allii)

 

 

40. So mag es sein, dass mein Herr mir etwas Besseres gibt125 als deinen Garten, auf ihn126 aber ein Strafgericht vom Himmel herabsendet und er zu feinem Sand wird,127

 

125. Entweder in diesem Leben oder im zukünftigen. (Darjabadi)

 

126. Auf Deinen Garten, um dessentwegen du so hochmütig geworden bis. (Darjabadi)

 

127. Kahl und unbewachsen. (Qutb)

Wörtlich: eine Abrechnung, das heißt eine Wasserflut, die die Bäume des Gartens fällt und die Pflanzungen vernichtet. (Qutb)

Oder irgendein anderes unvorhersehbares Unheil. (Darjabadi)

 


41. Oder dass sein Wasser in den Boden versickert und du es nicht mehr ausfindig machen kannst."128

 

128. Mit „der Abrechnung" im vorigen Ajach ist auch ganz allgemein ein Strafgericht Allahs gemeint, und meiner Ansicht nach kann auch ein Erdbeben gemeint sein, denn es verändert Wasserläufe und zerstört Kanäle, lässt das Wasser versickern und wirft Sand und Gestein auf, so dass weite Landstriche verwüstet werden. (Juusuf `Allii)

 

 

42. Und seine Früchte wurden (der Vernichtung) preisgegeben,129 und es blieb ihm (nichts als) seine Hände zu ringen130 über das, was er dafür ausgegeben hatte und was nun ganz und gar verwüstet dalag. Und er sagte: „Wehe mir, hätte ich doch meinem Herrn nichts anderes an die Seite gestellt!"131

 

129. Alles wurde völlig zerstört, nachdem er die Ermahnungen und Warnungen seiner mu’min Gefährten in den Wind geschlagen hatte.

Plötzlich geht der Text vom Anblick des Wachstums und der Blüte über zum Anblick des Ruins und der Verwüstung, vom Zustand der Eitelkeit und der Überheblichkeit zum Zustand der Reue und der Bitte um Vergebung. Denn das, was der mu’min Mann befürchtete, wurde bittere Realität. (Qutb)

 

130. In völliger Verzweiflung. (Darjabadi)

„Früchte", „preisgegeben" und „er rang die Hände": alle diese Ausdrücke müssen sowohl metaphorisch als auch wörtlich verstanden werden. All sein Eigentum und seine Zufriedenheit waren dahin. Was hatte er nicht alles investiert! Alle seine Gedanken waren damit erfüllt gewesen, alle seine Hoffnungen war darauf aufgebaut, es war die alles verschlingende Leidenschaft seines Lebens gewesen. Hätte er nur auf Allah geschaut statt auf die vergänglichen Dinge dieser Welt! (Juusuf `Allii)

 

131. In diesem Falle stellten sein eigenes Ich und der Mammon Rivalen Allahs für ihn dar. (Juusuf `Allii)

Obwohl er das Wort der Götzendienerei nicht direkt aussprach, hatte er jedoch die irdischen Werte über die des Islams gestellt. (Qutb)

 

 

43. Und er hatte keine Anhängerschar,132 die ihm anstelle von Allah hätte helfen können, noch konnte er sich selbst helfen.133

 

132. Das heißt: „er hatte keine Sippschaft oder Nachkommenschaft mehr, mit der er sich zu brüsten pflegte".

(ibn Kasir)

 

133. Wirkliche Freundschaft und Hilfe findet der Mensch nur bei Allah. Es gibt keine Macht und keine Hilfe außer Seiner, und Sein Lohn ist der beste Lohn. (Qutb)

Er hatte Beziehungen aufgebaut und Leute von sich abhängig gemacht und war stolz auf seine zahlreiche Nachkommenschaft. Wo aber war all dies, als die Abrechnung kam? Er konnte sich nicht selbst helfen, und wie konnte er dann erwarten, dass andere ihm beistanden? (Juusuf `Allii)

 


44. Denn es gibt da keinen anderen Beistand außer den von Allah, dem Wahren. Er ist der Beste (was die) Belohnung (angeht) und der Beste (im Hinblick auf den) Ausgang.134

 

134. Manche Kommentatoren sind der Ansicht, dass das Attribut „Al-Haq" sich auf den Beistand bezieht, dann würde es hier heißen: „und es gibt kein wahren Beistand außer bei Allah." (ibn Kasir)

Er ist der beste Ausgang für den, der Beistand bei Ihm sucht. (Al-Dschalalain)

Alles andere ist sinnlos und nur Zeitverschwendung. Die einzige wahre Hoffnung liegt bei Allah. Andere Gewinne oder Erfolge sind illusorisch: der beste Gewinn und der beste Erfolg kommt von Ihm. (Juusuf `Allii)

Mit diesen Worten sollen sowohl arme Mu’mins getröstet als auch arrogante Kafirs getadelt werden. (Darjabadi)

 

 

Abschnitt 6

 

45. Und präge für sie das Gleichnis des diesseitigen Lebens.135 Es ist wie Wasser, das Wir vom Himmel herabsenden und das die Pflanzen der Erde aufnehmen. Doch bald darauf wird (alles) zu Spreu, die die Winde verwehen. Und es ist Allah, Der Macht hat über alle Dinge.136

 

135. Für ihre Vergänglichkeit. (ibn Kasir)

Mit diesem Hinweis auf seinen vergänglichen Luxus. (Darjabadi)

 

136. Regenwasser an sich ist gut, aber es ist nicht dauerhaft, und man kann darauf kein festes Fundament aufbauen. Schnell wird es von der Erde absorbiert und bringt die blühende Erscheinung von Pflanzen hervor - eine zeitlang. Bald welken diese dahin und werden zu trockener Spreu, die der schwächste Wind umherweht wie ein Nichts. Das Wasser ist fort und auch die Vegetation, der es vorübergehend ein luxuriöses Auftreten ermöglicht hatte. Ebenso ist es mit dem Leben in dieser Welt im Gegensatz zum inneren und wirklichen Leben, das nach dem zukünftigen Leben schaut. Allah ist die einzige dauerhafte Macht, an der wir uns orientieren können, erhaben über alles andere. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch das biblische Gleichnis in Psalm 90:5-6: „Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, sie sind wie ein Schlaf, wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst, das am Morgen blüht und sprosst und des Abends welkt und verdorrt." (Darjabadi)

Allahist allmächtig. Er gibt Leben und Tod, Er verursacht Aufstieg und Niedergang. Auf Sein Gebot hin wechseln die Jahreszeiten. Wenn ihr heute im Wohlstand lebt, solltet ihr nicht dem Irrtum anheim fallen, dies könne ewig dauern. Auf Allahs Geheiß sind euch die Dinge gegeben worden, und durch einen weiteren Befehl kann Er sie euch wieder wegnehmen. (Maududi)

Der ganze Ablauf des diesseitigen Lebens wurde mit Absicht in diesen drei aneinander gereihten kurzen Sätzen dargestellt, um zu illustrieren, wie kurz und unbedeutend es ist. (Qutb)

Man könnte diesen Satz auch so formulieren: „Und dem Können Allahs sind keine Grenzen gesetzt."

(An. d. Übers.)

 

 

46. Gut und Kinder sind die Zier des diesseitigen Lebens.137 Doch bleibende gute Werke138 sind es, die bessere Belohnung bei deinem Herrn erfahren und (Anlass) zur schönsten Hoffnung geben.139

 

137. Das an sich schon vergänglich ist. (Darjabadi)

 

138. „Al-baaijaat as-saalihaat" bedeutet wörtlich: „Handlungen des Gehorsams, oder gute Werke, deren Früchte dauerhaft sind". (Darjabadi)

Nachdem der Text das vergängliche Leben eindrucksvoll illustriert hat, setzt er den Werten, nach denen die Menschen gewöhnlich streben, die anderen Werte gegenüber, die fortdauernd sind und die es verdienen angestrebt zu werden. Gut und Kinder sind eine Zier, sind aber keine Werte, an denen die Menschen gemessen werden. Die Wahren Werte haben nur bleibende Werke, aufrichtige Lehren und ’Ibadach. (Qutb)

 

139. Die Grundlage der Hoffnung auf noch größeren Lohn, weit über unsere Verdienste hinaus. (Darjabadi)

Andere Dinge sind vergänglich, aber gute Handlungen sind vor Gott von bleibendem Wert:

1. durch Allahs Gnade gehen sie von uns aus und sind an sich schon ein Lohn für unseren Iman;

2. sie werden zur Grundlage für unsere Hoffnung auf den höchsten geistigen Lohn im zukünftigen Leben.

(Juusuf `Allii)

 

 

47. Und an dem Tage, an dem Wir die Berge in Bewegung versetzen,140 wirst du die Erde eingeebnet hervorkommen sehen,141 und Wir werden sie alle142 versammeln, und niemanden werden wir auslassen.143

 

140. Sie zerfallen zu Geröll. (Darjabadi)

So werden sie angetrieben wie die Wolken, die in der Luft schweben. (Safwat Al-Tafaasir)

Wenn die Erdumdrehung aufhört, bewegen sich die Berge wie Wolken. Dasselbe ist im Qur’an in Surach 27:88 beschrieben. (Maududi)

 

141. Am Jüngsten Tag bleibt nichts von den jetzigen Landschaftsmerkmalen bestehen. (Juusuf 'Allii)

Völlig entblößt von allen Erhöhungen. (Darjabadi)

Keine Vegetation und keinerlei Gebäude bleiben darauf zurück. (Maududi)

 

142. Mu’mins und Kafirs. (Al-Dschalalain)

 

143. Vom ersten bis zum letzten Menschen werden alle, die jemals gelebt haben, am Tag der Auferstehung versammelt. (Maududi)

 

 

48. Und in einer Reihe werden sie deinem Herrn vorgeführt: „Nun seid ihr wahrlich144 zu Uns gekommen, so wie Wir euch beim ersten Mal erschaffen haben.145 Ihr aber habt geglaubt, dass Wir euch keine Frist setzen würden.146

 

144. Er spricht zu denen, die zu Lebzeiten die Auferstehung geleugnet haben. (Asad)

 

145. Vergleiche Surach 6:94. (Asad)

Im Hadis heißt es: „Die ganze Menschheit, vom ersten bis zum letzten, werden in Reihen auf einer Ebene zusammengeschart." Und von Muqaatil überliefert: „Sie werden in einer Reihe nach der anderen vorgeführt, wobei jede Gemeinde jeweils in einer Reihe aufgestellt wird." (Safwat al Tafasir)

Einzeln, barfuss und nackt und isoliert. (Safwat Al-Tafaasir)

Wir werden so dastehen, wie wir erschaffen sind, ohne die zufälligen Besitztümer, die wir in diesem Leben gesammelt haben mögen, denn diese sind dann vergangen. (Juusuf `Allii)

Nun seht ihr, dass sich die Botschaft des Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als wahr erwiesen hat. Sie haben euch mitgeteilt, dass Allah euch wieder zum Leben erwecken wird, so wie Er euch aus dem Mutterleib hervorgebracht hat aber ihr habt es nicht glauben wollen. Nun seht selbst, ob ihr nicht doch ein zweitesmal zum Leben erweckt worden seid. (Maududi)

 

146. Erst jetzt werden die Skeptiker von der Wirklichkeit überzeugt sein, der sie gegenüberstehen. (Juusuf `Allii)

Ihr habe die ganze Zeit bestritten, dass euch dies widerfahren würde. (ibn Kasir)

 

 

49. Und das Buch wird offen gelegt werden,147 und ihr werdet die Übeltäter in Sorge sehen wegen dessen, was darin ist.148 Und sie werden sagen: „Wehe uns! Was ist mit diesem Buch, das weder Kleines noch Großes ausließ, ohne es vermerkt zu haben? Und sie werden dort all das gegenwärtig finden, was sie getan haben, und dein Herr tut niemandem unrecht.149

 

147. Das Buch der Taten, in dem alle Handlungen aufgezeichnet sind. (Darjabadi)

In die Hand jedes einzelnen Menschen. (Darjabadi)

 

148. Sie fürchten die Konsequenzen der aufgezählten Taten. (Qutb)

 

149. Die Übertäter hatten die ganze Zeit über gewusst, dass Satan ihr Feind ist. Dennoch sind sie ihm gefolgt, bis er sie in diese kritische Lage gebracht hat. Wie merkwürdig ist es, jemandem zu folgen, der seit Anbeginn der Schöpfung (siehe nächster Ajach) als ihr Erzfeind gilt? (Qutb)

Die Menschen werden für alle ihre Handlungen in diesem Leben persönlich zur Rechenschaft gezogen. Dies geschieht in vollkommener Gerechtigkeit. In den Vorstellungen dieser Welt ausgedrückt: es kommt zu einer genauen Berichterstattung über alles, was wir in diesem Leben getan haben; der Bericht wird uns vorgelegt, so dass er uns überzeugt. Da es ein vollkommener Bericht ohne Auslassungen oder Fehleintragungen ist, überzeugt er vollkommen. Strafe ist die Folge der eigenen Handlungen, sie wird nicht ungerecht zugeteilt. (Juusuf `Allii)

Weder werden ungerechte Handlungen registriert, die gar nicht begangen wurden, noch wird jemand für mehr bestraft als das, was er verdient hat, noch werden Unschuldige bestraft. (Maududi)

 

 

Abschnitt 7

 

50. Und (gedenke der Zeit) als Wir den Engeln befahlen:150 „Werft euch vor Adam nieder!"151 Da warfen sie sich (alle vor ihm) nieder bis auf Iblis.152 Er gehörte zu den Dschin153 und er lehnte sich gegen das Gebot seines Herrn auf. Wollt ihr euch ihn und seine Anhänger154 zu Beschützern nehmen an Meiner Stelle, obwohl sie euch Feinde sind?155 Schlecht ist der Tausch der Ungerechten!156


150. Vergleiche Surach 2:34, wo die Geschichte von Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Sündenfall erzählt wird. Dies wird hier erwähnt, um die individuelle Verantwortlichkeit des Menschen zu betonen. Iblis ist euer Feind, und ihr kennt seine Geschichte. Wollt ihr ihm trotzdem folgen, statt eurem Allbarmherzigen Schöpfer und Herrn zu gehorchen? Das wäre ein schlechter Tausch. (Juusuf `Allii)

Diese kurze Bezugnahme auf eine im Qur’an oft erwähnte Geschichte soll in diesem Zusammenhang die angeborene Fähigkeit des Menschen zum begrifflichen Denken und die damit verbundene Pflicht betonen, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Da eine absichtliche Entscheidung des Menschen für moralisch falsches Verhalten - von der im vorigen Abschnitt die Rede ist - fast immer die Folge seiner übertriebenen Bindung an die Verlockungen des irdischen Lebens ist, wird hier die Aufmerksamkeit auf die Tatsache gelenkt, dass diese Bindung das Mittel ist, durch das Satan (oder Iblis) den Menschen veranlasst, moralische Erwägungen außer acht zu lassen und sich selbst geistig zu ruinieren. (Asad)

 

151. Als Zeichen der Ehrung und der Begrüßung. (ibn Kasir)

 

152. Vergleiche Surach 2:34 und die entsprechende Fußnote. (Darjabadi)

 

153. Vergleiche Surach 6:100 und die entsprechende Fußnote. (Juusuf `Allii)

Damit ist gesagt, dass Satan nicht etwa ein „gefallener Engel" ist, wie es der Mythos oft darstellt. Dschin sind aus Feuer erschaffen, nicht aus Licht wie die Engel, und können sich wie Menschen frei für Gut oder Böse entscheiden. (Darjabadi)

Er war eines der dort anwesenden unsichtbaren Wesen. (Asad)

 

154. Iblis ist der Vater der (sinn denn er hat Nachkommen, was an anderen Stellen erwähnt wird. Engel aber haben keine Nachfahren. (Al-Dschalalain)

Eigentlich Satans Nachkommen: diese Bezeichnung brauchen wir nicht wörtlich zu verstehen. Alle seine Anhänger sind seine Nachkommen, selbst die bösen Gedanken, die im Menschen durch Satans Einfluss geboren werden. (Juusuf `Allii)

 

155. Die immer nur Böses für euch wünschen. (Darjabadi)

Diese Anspielung auf jene uralte Geschichte soll die Sinnlosigkeit verdeutliche, Satan trotz der uralten Feindschaft statt Gott zum Freund auszuwählen. Dies äußert sich, indem man die Mittel zum Ungehorsam wählt und die des Gehorsames gegenüber Gott meidet. (Qutb)

 

156. Welch eine entsetzliche Entscheidung, wenn der Mensch mittels seiner begrenzten Wahlfreiheit Böses statt Gutes, Satan statt Gott wählt! Dies wäre wirklich ein übler Tausch! Denn der Mensch ist Allahs Geschöpf, von Ihm beschützt und versorgt. Er würde dann seinen Beschützer und Erhalter verlassen, um der Sklave seines Feindes zu werden. (Juusuf `Allii)

 

 

51. Ich habe sie157 weder der Schöpfung der Himmel und der Erde,158 noch ihrer eigenen Schöpfung bewohnen lassen159 und Ich würde auch niemals solche zum Reistand nehmen, die (andere) irre führen.160

 

157. Scheytan und seine Schar. (Darjabadi)

 

158. Sie sind Geschöpfe wie andere Geschöpfe auch und haben keinen Einblick in das Verborgene. (Qutb)

 

159. Das heißt: „Da sie erschaffene Wesen und nicht gleich mit Mir sind, wie könnt ihr sie da zu euren Herren Machen?" Eine Anspielung auf reale oder imaginäre Wesen, denen Menschen bewusst oder (wie durch Befolgung satanischer „Einflüsterungen") unbewusst göttliche Eigenschaften zuschreiben. (Asad)

Den Ungläubigen soll damit deutlich gemacht werden, dass die Satane kein Anrecht auf ihren Gehorsam und ihre Verehrung haben, denn sie haben keinen Anteil an der Schöpfung, sondern sind selbst Geschöpfe. Allah allein ist der Verehrung würdig. (Maududi)


160. Die Irreführer sind die Satane. (Al-Dschalalain)

Allah will, dass der Mensch gut ist. Wie könnte Er sich dann das Böse zum Partner erwählen? (Juusuf `Allii)

 

161. Zu den Götzendienern. (Darjabadi)

Am Tage des Jüngsten Gerichts vor aller Welt. (ibn Kasir)

 

 

52. Am Tage, da Er sprechen wird:161 „Ruft doch Meine “Teilhaber“, diejenigen, von denen ihr behauptet, dass es sie gebe!"162 Dann werden sie sie rufen, doch sie werden nicht hören, und Wir werden zwischen ihnen einen Abgrund der Verdammnis163 auftun.164

 

162. Ruft diejenigen um Schutz an, die ihr für Meine Partner hieltet und deren Hilfe und Unterstützung ihr erwartet! (Darjabadi) In dieser Situation helfen keine unbewiesenen Behauptungen. (Qutb)

Vergleiche auch Surach 6:22 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

Dieses Thema ist schon an verschiedenen Stellen im Qur’an behandelt worden. Es wird immer wieder betont, dass Götzendienst darin besteht, Allahs Gebote und Rechtleitung zu verlassen und den Geboten und der Führung anderer als Allah zu folgen, selbst wenn man ein Lippenbekenntnis zur Einheit Allahs ablegt. Wir sehen nicht selten in dieser Welt, dass Menschen die satanischen Kräfte sogar verfluchen, ihnen aber dennoch gehorchen. (Maududi)

 

163. Nämlich zwischen die Götzendiener und ihre „Gottheit".- (Darjabadi)

Das Personalpronomen „ihnen" (baynahum) bezieht sich auf den Gläubigen und den Kafirs, wie Abdullah Ibn `Umar sagt, denn Allah wird mit dem Ort des Verderbens die Rechtgeleiteten von den Irregeführten trennen.

(ibn Kasir)

 

164. So dass die Götzendiener vollends an ihrer. „Gottheiten" verzweifeln. (Darjabadi)

„Eine unüberbrückbare Kluft" oder „eine Kluft der Vernichtung": eine Anspielung auf die weite Kluft der Unwirklichkeit, die jene Götzendiener von den gotteslästerlichen Produkten ihrer Phantasie trennt, oder auch die Kluft, die sie von jenen heiligen Menschen trennt, die sie verehrt haben, obwohl letztere niemals den Anspruch auf göttlichen Status erhoben haben. Samachsari und Rasi sehen letztere Interpretationsmöglichkeit besonders auf Isa und Marjam, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. (Asad)

Ihre Freundschaft in dieser Welt wird sich im zukünftigen Leben in bittere Feindschaft verwandeln.  (Maududi)


 

53. Und die Sünder werden das Feuer sehen und gewiss sein, dass sie hineinfallen werden, und sie werden kein Entrinnen daraus finden.165

 

165. Vergleiche auch Ajach 29 und die entsprechenden Fußnoten. (Anm. d. Übers.)

Da es sie umzingeln wird. (Safwat Al-Tafaasir)

 

 

Abschnitt 8

 

54. Und Wir haben wahrlich in diesem Qur’an für die Menschen (die Dinge) durch alle (möglichen) Gleichnisse166 dargelegt. Doch der Mensch bestreitet die meisten Dinge.167

 

166. Matal (wörtlich: „Gleichnis", „Beispiel") bedeutet in diesem Zusammenhang „Lektion". Vergleich auch Surach 17:89 und die entsprechende Fußnote. (Asad)

Um sich ermahnen zu lassen. (Al Dschalalain)

 

167. Mit Ausnahme derer, die Allah rechtleitet. (ibn Kasir)

Er ist das einzige unter den Geschöpfen Allahs, das streitsüchtig ist. (Qutb)

Wenn sich die Menschen nicht die Gewohnheit angeeignet hätten, zu streiten und sich zu sperren, dann hätten sie herausgefunden, dass die Beispiele und Parabeln in den heiligen Schriften eine vollkommene Lösung für ihre Probleme bieten, und sie wären freudig Allahs Ruf gefolgt. (Juusuf `Allii)

 

 

55. Und was die Menschen davon abhielt den Iman zu verinnerlichen, als die Rechtleitung zu ihnen kam, und ihren Herrn um Verzeihung zu bitten, war nichts anderes, als dass sie wollten, es werde mit ihnen ebenso verfahren wie mit den früheren Völkern168 oder dass die Strafe sichtbar über sie komme.169

 

168. Die Hartnäckigkeit und Widerspenstigkeit des Menschen fordert immer wieder eine Wiederholung dessen heraus, was den Bösen und denen, die die Wahrheit leugneten in alten Zeiten geschehen ist. Aus Neugier oder als Herausforderung spielen sie mit der Möglichkeit eines Strafgerichts und verlangen, dass es sofort über sie hereinbricht. Es kommt jedoch noch früh genug, und dann erscheint es ihnen als zu plötzlich. Vergleiche auch Surach 13:6 und die entsprechende Fußnote. (Juusuf `Allii)

Sie haben genügend Rechtleitung bekommen, um dem rechten Weg folgen zu können. Doch sie verlangen ständig, von der gleichen Strafe getroffen zu werden wie die Leugner vor ihnen. Dies tun sie, weil sie die Strafe für unwahrscheinlich halten oder um darüber zu spotten. Oder aber sie wollen die Strafe zuerst sehen, bevor sie bereit sind den Iman zu verinnerlichen. (Qutb)

Die Strafe in dieser Welt. (Darjabadi)

 

169. Wörtlich: „von Angesicht zu Angesicht" oder „in der Zukunft". Beide Behauptungen des Begriffes “qubulanu“ sind in der Vorstellung vom „zukünftigen Leben" enthalten. (Asad)

Der Qur’an hat keine Möglichkeit ausgelassen, die Wahrheit zu erklären. Argumente, Parabeln, Gleichnisse und alle möglichen effektiven Methoden, das Herz des Menschen anzurühren, wurden auf die bestmögliche Weise angewendet. Wenn er die Wahrheit immer noch nicht annehmen will, dann kann nur Allahs Zorn ihm seinen Irrtum verdeutlichen. (Maududi)

 

 

56. Und Wir entsenden die Gesandten nur als Verkünder der frohen Botschaft170 und als Warner. Jene jedoch, die kafir sind, argumentieren mit Lüge, um die Wahrheit zu untergraben,171 und sie nehmen Meine Zeichen und das, wovor sie gewarnt worden sind, um Spott zu treiben.

 

170. Die Leugner zu bestrafen ist nicht Sache der Propheten. Sie sollen nur frohe Botschaft verkünden und warnen. Vernichtung eines Volkes entsprechend den dafür vorgesehenen Gesetzmäßigkeiten ist Allahs Sache. (Qutb)

Gesandte Allahs sind nicht gekommen, um uns mit Dialektik zu amüsieren oder vulgäre Neugier auf Wunder oder Ungewöhnliches zu befriedigen. Es gibt nichts „Krummes" (vergleiche oben Ajach 1) in ihrer Verkündigung. Sie verkünden die Wahrheit, nicht auf abstrakte Weise, sondern mit besonderem Bezug auf unser Verhalten. Sie bringen frohe Botschaft vom Heil, damit wir nicht an unseren Fehlern verzweifeln, und sie warnen uns vor den Gefahren des Bösen. Nutzlose Kontroversen über Worte stören nur die Erfüllung ihres Auftrages oder machen ihn lächerlich. Dies käme gerade den Kafirs gelegen, die eine an sie gerichtete ernste Ermahnung ins Lächerliche ziehen wollen. (Juusuf 'Allii)

Die Botschaft der Propheten ist nach ihrem Inhalt zu beurteilen, und ihr Wahrheitsgehalt hängt nicht von Äußerlichkeiten wie Wundern oder einem Strafgericht Allahs in dieser Welt ab. (Darjabadi)

Ein Prophet soll nicht Allahs Strafgericht über die Menschen bringen, sondern sie lehren, es zu vermeiden. (Maududi)

 

171. Die Wahrheit ist deutlich und klar, aber die Kafirs streiten, als ob sie durch Lüge die Wahrheit entkräften könnten. (Qutb)

 

 

57. Und wer ist ungerechter als der, der auf die Zeichen seines Herrn aufmerksam gemacht wird und sich dann davon abwendet und das vergisst, was seine Hände vorausgeschickt haben?172 Wir haben wahrlich eine Hülle über ihre Herzen gebreitet, so dass sie ihn173 nicht begreifen, und Taubheit in ihre Ohren gelegt. Und so werden sie, wenn du sie zur Rechtleitung aufrufst,174 niemals den rechten Weg finden.


172. In Anbetracht der Macht des Bösen, wie es die Herzen der Menschen ergreift, und in Anbetracht all des Unrechts, das Menschen getan haben, wäre es der Gipfel der Ungerechtigkeit und der Dummheit, sich von Warnungen abzuwenden, die ausdrücklich zu ihrem Nutzen ausgesprochen werden. Aber irgendwann ist ein Stadium der Verhärtung erreicht, wo sie sich durch ihr eigenes Verhalten der Gnade Allahs unzugänglich gemacht haben. Dann legt sich ein Schleier über ihre Herzen, und sie werden eine zeitlang sich selbst überlassen, damit sie vielleicht zu sich selbst kommen und umkehren und Allahs Barmherzigkeit suchen. Wenn sie dies nicht tun, dann zu ihrem eigenen Nachteil. Siehe auch den nächsten Ajach. (Juusuf `Allii)

Seine Fehler und Übeltaten. (Darjabadi)

Indem er auf seinem ungerechten Verhalten beharrte. (Asad)

 

173. Die Wahrheit, den Qur’an. (Darjabadi)

Von jemandem, der sich über Allahs Zeichen und Seine Ermahnungen lustig macht, kann man nicht mehr erhoffen, dass er den Qur’an begreift oder aus ihm Lehren zieht. Deswegen verhüllt Allah ihre Herzen und lässt Schwerhörigkeit auf ihren Ohren lasten, so dass sie den Qur’an weder begreifen noch hören können. (Qutb)

 

174. „Auf den rechten Weg" oder wörtlich „zur Rechtleitung". (Asad)

 

 

58. Und dein Herr ist der Allverzeihende,175 voll von Barmherzigkeit.176 Wenn Er sie hätte strafen wollen nach ihrem Verdienst, hätte Er gewiss die Strafe für sie beschleunigt.177 Doch ihnen ist eine Frist gesetzt, vor der178 sie keine Zuflucht finden werden.

 

175. Er vergibt ihnen selbst dann noch, wenn sie nur sich Ihm hingeben, und Er gewährt ihnen eine Bedenkzeit in diesem Leben. (Darjabadi)

 

176. Er gewährt ihnen Zeit, so dass sie bereuen und sich bessern können. (Asad)

 

177. Er gewährt ihnen Aufschub, vergisst sie jedoch nicht. (Qutb)

 

178. “Min duunihi" (wörtlich: “außer welchem" oder “jenseits dessen") kann sich auf die „unbestimmte Zeit" oder auf „euer Herr" am Anfang dieses Ajachs beziehen. Die meisten Kommentatoren neigen zu ersterer Interpretation, und dementsprechend habe ich übersetzt. Ich schließe mich aber der Ansicht derer an, die letztere Interpretationsmöglichkeit vertreten, und die meiner Ansicht nach bessere Übersetzung würde dann lauten: „Sie haben ihre bestimmte Frist, und sie finden außer Allah keine Zuflucht". Das bedeutet, dass selbst während der ihnen zugestandenen Frist, wo sie sich selbst überlassen sind, weil sie Allahs Gnade zurückgewiesen haben, ihnen Allahs Barmherzigkeit offentsteht, wenn sie bereuen und umkehren. Aber nichts außer Allahs Barmherzigkeit kann sie retten. (Juusuf `Allii)

Vergleiche auch die ähnlichen Abschnitte in Surach 16:61 und 35:45. Die „Zeitbegrenzung" (mau'id) bedeutet in diesem Zusammenhang das Ende des irdischen Lebens oder - wie im nächsten Ajach - den Punkt, an dem keine Umkehr mehr möglich ist. (Asad)


 

59. Dies waren die Städte,179 die Wir zugrunde richteten, als sie unrecht taten,180 und für ihre Vernichtung setzten Wir eine bestimmte Frist.181

 

179. Deren Einwohner in vergangenen Zeiten für ihre Ungerechtigkeit exemplarisch bestraft wurden. (Darjabadi)

 

180. Wörtlich: „als (oder nachdem) sie Böses getan hatten", das heißt ständig über einen langen Zeitraum hinweg. (Asad)

Gemeint sind die untergegangenen Städte von Sabaa, Tamud, Madjan und Luuts, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  Volk, an denen die Quraisch auf ihren Handelsreisen vorbeikamen und die den Arabern gut bekannt waren. (Maududi)

 

181. Allahs Gesetzmäßigkeiten (Sunnach Allah) erfahren keine Veränderungen, und Allah bricht Sein Versprechen nicht. (Qutb)

Ebenso haben heutige Kafirs eine festgesetzte Frist. (Darjabadi)

Die Fälle exemplarischer Bestrafung in vergangenen Zeiten unterstanden auch der Regel, dass Allah den Bösen Spielraum gibt, so dass sie vielleicht umkehren und Seine Barmherzigkeit erlangen. (Juusuf `Allii)

 

 

Abschnitt 9

 

60. Und (gedenke der Zeit)182 als Muusa183 zu seinem Diener184 sprach: „Ich werde nicht ablassen,185 ehe ich nicht den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht habe,186 auch wenn es eine Ewigkeit dauern sollte."187

 

182. Dies ist die dritte Geschichte in dieser Surach. (Safwat Al-Tafaasir)

Der Partikel „id" (der gewöhnlich „als" bedeutet) dient im Qur’an oft dazu, die Aufmerksamkeit auf eine plötzliche Wendung im Thema zu lenken, ohne dabei den kontinuierlichen Gedankenfluss zu unterbrechen. In diesem Fall kennzeichnet er offensichtlich eine Verbindung mit Ajach 54 oben und leitet eine Allegorie ein, die die Tatsache veranschaulichen soll, dass Wissen, besonders geistiges Wissen, unerschöpflich ist, so dass kein Mensch, nicht einmal ein Prophet, den Anspruch erheben kann, eine Antwort auf alle Fragen zu besitzen, die einen Menschen in seinem Leben beschäftigen. In den letzten beiden Ajachs dieser Surach wird dieser Gedanke weiter ausgeführt. Die folgende Parabel von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner Suche nach Wissen (Ajachs 60-82) wurde im Laufe der Zeit zum Kern zahlloser Legenden, mit denen wir uns hier nicht befassen wollen. Nach einer Überlieferung wurde Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, einst dafür von Allah getadelt, dass er sich einmal als den weisesten Menschen bezeichnete. In einer Offenbarung wurde ihm daraufhin mitgeteilt, dass ein „Diener Allahs", der „am Zusammenfluss der beiden Meere" lebe, ihm an Weisheit weit überlegen sei. Als eben Wunsch äußerte, diesen Mann zu finden, gebot ihm Allah, „einen Fisch in einem Korb mitzunehmen" und zu wandern, bis dieser Fisch verschwinden werde. Sein Verschwinden sollte dann das Zeichen sein, dass er am Ziel angelangt wäre. Diese Überlieferung ist zweifellos eine Einführung in die Parabel des Qur’ans. Der dort wie auch hier erwähnte „Fisch" ist ein uraltes religiöses Symbol, das möglicherweise das Wissen Allahs ist oder ewiges Leben bedeutet. Zum „Zusammenfluss der beiden Meere", ~en viele der frühen Kommentatoren geographisch zu identifizieren versuchten (vom Zusammentreffen des Roten Meeres mit dem Indischen Ozean am Bab Al-Mandeb bis zum Zusammenfluss des Mittelmeeres und des Atlantik an der Straße von Gibraltar), bietet Baydaawi eine rein allegorische Erklärung: die „beiden Meere" repräsentieren die beiden Quellen der Ströme des Wissens - durch Beobachtung und intellektuelle Koordination äußerer Phänomene erreichbares (`Ilm As-Sahir) und durch intuitive, mystische Einsicht erlangtes Wissen (`Ilm Al-Baatin), dessen Zusammentreffen das Ziel von Suche ist. (Asad)

 

183. Diese Geschichte aus dem Leben des Propheten Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird im Qur’an nur an dieser Stelle erwähnt. Weder wird der Ort genannt, wo es geschah - abgesehen von der Bezeichnung „Zusammenfluss der beiden Meere" - noch die historischen Begleitumstände. Auch nähere Einzelheiten über den „Diener Allahs", dem Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, begegnete, werden nicht erwähnt, wie etwa sein Name, oder ob er ein Prophet, ein Weiser oder ein Freund Allahs war. Diese Angaben sind auf verschiedene Weise überliefert worden, beispielsweise bei ibn 'Abbaas und anderen. Wir wollen uns hier in erster Linie an den Text des Qur’an halten. (Qutb)

Diese Episode aus der Geschichte Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll vier Punkte veranschaulichen:

1. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hatte das gesamte Wissen Ägyptens studiert. Dies umfasste jedoch nicht alles, so wie auch die gesamte heutige Gelehrsamkeit mit ihren Wissenschaften, Künsten und der Literatur, nicht alles Wissen umfasst. das Wissen Allahs ist unbegrenzt. Selbst nachdem Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, im Propheten berufen worden war, war sein Wissen nicht so vollkommen, dass es nicht noch weiterer Zusätze bedurft hätte.

2. Ständige Bemühungen sind notwendig, um unser Wissen auf dem neusten Stand zu halten. Wir sehen, wie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sich in dieser Richtung Mühe gibt.

3. Der geheimnisvolle Mensch, dem Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, begegnet und dem die Überlieferung den Namen Hidr (wörtlich: „grün") gibt, ist das Symbol für jene Art von Wissen, das immer frisch, grün und lebendig ist, stets in Verbindung mit dem tatsächlichen gelebten Leben, nicht in Büchern und Überlieferungen zementiert. Letztere Art des Wissens hat seinen Nutzen, ist jedoch nur die Grundlage für erstere, die wirkliches Wissen ist und direkt von Allah kommt (vergleiche Ajach 65 unten).

4. Im Leben gibt es viele Widersprüche. Scheinbarer Verlust mag in Wirklichkeit ein Gewinn sein, scheinbare Grausamkeit erweist sich vielleicht als Barmherzigkeit, Böses mit Gutem zu vergelten ist vielleicht in Wirklichkeit Gerechtigkeit und nicht Freigiebigkeit. Allahs Wissen übersteigt jede menschliche Berechnung. (Juusuf `Allii)

 

184. Wörtlich: „junger Mann" (fataa), ein Begriff, der im frühen arabischen Sprachgebrauch unabhängig vom Alter auf einen Diener angewendet wurde. Nach der Tradition handelt es sich hier um Juusch’a, der nach Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Tod der Führer der Kinder Israels werden sollte. (Asad)

Er hieß Juusch'a ibn Nuun. Er diente Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, folgte ihm und war sein Schüler. (Al-Dschalalain)

Vergleiche Numeri 11:28. Hebräische Diener nahmen an den Festen und Familienereignissen teil. (Darjabadi)

 

185. Ich werde immer weiterreisen. (Darjabadi)

 

186. Wo jener Diener Allahs zu finden ist. (Darjabadi)

Wenn irgendeine geographische Bestimmung für eine Geschichte notwendig sein sollte, die eine Parabel ist, dann ist der wahrscheinlichste Ort das Zusammentreffen der beiden Arme des Rote Meeres, nämlich des Golfes von Suez und des Golfes von Aqaba. Sie umschließen die Sinai-Halbinsel, auf der Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und die Kinder Israels die Jahre ihrer Wanderschaft verbrachten. Bei den beiden Meeren kann es sich auch um die beiden großen Ströme des Wissens handeln, die in h und Hidr zusammentreffen sollten.

(Juusuf `Allii)

 

187. „Huqub" bedeutet eine endlos lange Zeitspanne. Manchmal wird sie auf 30 Jahre begrenzt. (Juusuf `Allii)

Die Orientalisten haben wie üblich versucht, die „Quellen" dieser Geschichte zu „erforschen". Ihrer Ansicht nach kann sie auf drei Hauptquellen zurückgeführt werden:

1. das Gilgamesch-Epos;

2. den Alexander-Roman und

3. die jüdische Legende von Elia und Rabbi Joshua ben Levi.

Diese Theorien sind jedoch an den Haaren herbeigezogen und unhaltbar. (Maududi)

Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, "wollte unbedingt ein bestimmtes Ziel erreichen, wie viel Zeit es ihn auch kosten würde. Ob mit „huqub" ein Jahr oder 80 Jahre gemeint sind - wichtig ist seine Entschlossenheit und nicht der Zeitraum. (Qutb)

 


61. Doch als sie ihren Zusammenfluss188 erreichten, vergaßen sie ihren Fisch,189 der seinen Weg zum Meer nahm und davonschwamm.190

 

188. Das heißt der Punkt, an dem sich die beiden Meere vereinigten. (Juusuf `Allii)

 

189. Sie schliefen an dieser Stelle, als der gesalzene Fisch von einigen Wasserspritzern des Meeres zum Zappeln gebracht wurde, so dass er aus dem Korb fiel, in dem Juuschu’a ihn getragen hat. Der Diener wachte auf und sah, wie der Fisch seinen Weg ins Meer nahm. Dag, Vergessen wird hier beiden angelastet, obwohl Josua derjenige war, der vergessen hatte Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, darüber zu berichten. (ibn Kasir)

Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sollte einen Diener Allahs finden, der ihn in solchem Wissen unterweisen sollte, wie er es noch nicht erworben hatte. Er sollte einen Fisch mitnehmen. Den Ort, wo er seinen geheimnisvollen Lehrer treffen sollte, würde er daran erkennen, dass dieser Fisch dort verschwand. (Juusuf `Allii)

 

190. Möglicherweise war dieser Fisch gebraten. Dass er wieder lebendig wurde und seinen Weg ins Meer fand, war ein Zeichen Allahs für Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, woran er den Ort erkennen konnte, an dem das Treffen stattfinden würde. (Qutb)

„Sarab" bedeutet wörtlich „Spur, Eingrabung". Das heißt: Die Spur, die er im Wasser hinterließ.

 

 

62. Und als sie (diesen Ort) hinter sich gelassen hatten,191 sagte er zu seinem Diener: „Bringe uns unser Mittagsmahl, denn wir haben wahrlich auf unserer Reise viel Mühe erlitten."192

 

191. Den Platz an dem sie den Fisch vergaßen. (ibn Kasir)

 

192. Als sie den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht hatten, vergaß Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Fisch, und sein Begleiter vergaß ihm mitzuteilen dass er gesehen hatte, wie dieser auf wunderbare Weise ins Meer gelangte. Sie gingen weiter, aber das Wandern fiel Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, immer schwerer, und er wurde immer erschöpfter. Wenn ähnlicherweise unser altes Wissen erschöpft ist und wir an die Schwelle neuen Wissens gelangen, dann haben wir ein Gefühl des Fremdseins, der Schwere und der Schwierigkeit, besonders wenn wir eine neue Erkenntnis übergehen und sie uns nicht zu eigen machen wollen. Eine Erfrischung ist notwendig, auch wenn sie unserer althergebrachten Verhaltensweise entspricht. Dann jedoch müssen wir umkehren und die anerkannte Fundgrube des Wissens suchen, -die wir angestrebt hatten. Dies herauszufinden ist unsere Aufgabe, die wir nicht ohne Mühe erfüllen können. (Juusuf `Allii)

 

 

63. Da sagte er: „Sieh nur!193 Als wir uns dem Felsen begaben, da habe ich den Fisch ganz vergessen. Doch niemand anderer als Scheytan ließ mich vergessen,194 darauf zu achten. Und er nahm seinen Weg zum Meer auf wundersame Weise."

 

193. Wörtlich: „Hast du gesehen?" Obwohl sie als Frage formuliert ist, ist diese Redewendung - wie auch ihr modernes Äquivalent „Ist das denn zu fassen?" - nicht mehr als eine plötzliche Erinnerung an oder Überraschung über ein ungewöhnliches Ereignis. (Asad)

 

194. Der Begleiter sah mit eigenen Augen den Fisch im Meer davonschwimmen, dennoch „vergaß" er, dies seinem Herrn mitzuteilen. Bei diesem „Vergessen" handelt es sich um mehr als Vergessen. Die Trägheit hatte ihn daran gehindert, diese wichtig Nachricht weiterzugeben. Trägheit ist in solchen Fällen fast ebenso schlimm wie aktiver Trotz, der Impuls Scheytans. Neues Wissen und geistiges Wissen wird also nicht nur durch Unwissenheit versäumt, sondern manchmal durch schuldhafte Nachlässigkeit. (Juusuf `Allii)

 

 

64. (Muusa) sagte: „Das war gerade, was wir wollten."195 So kehrten sie ihren Fußspuren folgend dorthin zurück.

 

195. Das Verschwinden des Fisches zeigte den Ort an, wo ihre Suche enden sollte. (Asad)

Dieses Treffen war scheinbar ein Geheimnis zwischen Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seinem Herrn. So weihte er seinen Diener in dieses Geheimnis erst ein, als es stattfand. (Qutb)

 

 

65. Und so fanden sie einen Unserer Diener,196 dem Wir Barmherzigkeit von Uns verliehen hatten197 und den Wir in unserem Wissen unterwiesen hatten.198

 

196. Ibn K'ab erzählte, dass er Allahs Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sprechen hörte: „Eines Tages, als seine Predigt in seinem Volk hielt, wurde er gefragt, wer der gelehrteste Mensch sei. Und Muusa antwortet: „Ich bin es". Daraufhin wurde er von Allah getadelt, dass er sein Wissen nicht auf Allah zurückgeführt hat. Und Er offenbarte ihm, dass Er einen Diener habe, der wissender sei als er." (Ibn Kasir)

Es war Hidr, wie übereinstimmend die authentischen Hadis erzählen. (Ibn Kasir)

„Einen Unserer Diener": sein Name wird im Qur’an nicht genannt, aber der Überlieferung nach heißt er Hidr. Eine Reihe von malerischen Volkserzählungen ranken sich um seine Person, mit denen wir uns aber hier nicht befassen wollen. Hidr bedeutet „grün": sein Wissen ist stets frisch und grün und stammt aus den Quellen des Lebens selbst, denn es kommt von Allah. Er ist ein geheimnisvolles Wesen, das sorgfältig gesucht werden muss. Er kennt die Geheimnisse der Widersprüche im Leben, die gewöhnliche Menschen nicht begreifen oder falsch verstehen, wie wir im weiteren Verlauf der Geschichte sehen werden. (Juusuf `Allii)

Es gibt keinen Grund anzunehmen, er sei identisch mit Elias, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wie es unter Einfluss jüdisch Überlieferungen oft geschehen ist. Diese Vermutung ist nicht nur deswegen falsch, weil sie der Erklärung es Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, widerspricht, sondern auch schon deswegen absurd, weil der Prophet Elias mehrere hundert Jahre nach Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, geboren wurde. (Maududi)

 

197. Die meisten Gelehrten sind der Ansicht, dass Hidr ein Prophet oder ein Freund Allahs war. (Qutb)

 

198. Hidr hat zwei besondere Gaben von Allah:

1. Barmherzigkeit aus Seiner eigenen Gegenwart; und

2. Wissen aus Seiner Gegenwart. Ersteres befreite ihn von den gewöhnlichen Umständen des täglichen Lebens eines Menschen, und letzteres ermöglichte ihm, den inneren Sinn und die Geheimnisse der Ereignisse zu deuten, wie wir im weiteren Verlauf der Geschichte sehen werden. Vom mystischen Standpunkt aus ist darüber viel geschrieben worden. (Juusuf `Allii)

Dieses besondere Wissen unterschied sich von der Kenntnis der Wahrheiten Allahs, wie sie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, mitgeteilt worden waren, war diesem jedoch nicht überlegen. (Darjabadi)

 


66. Da sagte  zu ihm: „Darf ich dir folgen, auf dass du mich einiges von dem lehrst, was dir an Wissen zuteil wurde über das rechte Tun?"199

 

199. Ohne den vollen Sinn seiner Bitte zu verstehen, spricht Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diese einfache Frage aus. Er möchte etwas von jenem besonderen Wissen erfahren, das Allah Hidr mitgeteilt hat.

(Juusuf `Allii)

 

 

67. Er antwortete: „Wahrlich, du wirst es niemals bei mir aushalten.200

 

200. Ich verfüge über Wissen, das mir von Allah verliehen wurde und von dem du keine Kenntnis hast, wie auch du von Dingen weißt, von denen ich keine Ahnungen habe. (ibn Kasir)

Hidr lächelt verständnisvoll und sagt, es wird vieles geben, das Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bei ihm sieht und nicht völlig versteht und worüber er ungeduldig werden wird. Höchstes geistiges Wissen erscheint oft den Menschen paradox, wenn sie keinen Schlüssel dazu haben. (Juusuf `Allii)

Das Wissen dieses Mannes war nicht menschliches Wissen, das man auf normale Weise erlangt, sondern ein Wissen, das von Allah durch mystische Intuition unmittelbar verliehen wurde. Deswegen sollte es für Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, schwierig werden, Geduld zu zeigen angesichts des Verhaltens dieses Mannes, obwohl er ein Prophet und Gesandter Allahs war. Da dieses Verhalten dem Anschein nach der rationalen Logik widerspricht, muss man zuerst die verborgene Weisheit kennen, die dahinter steckt, sonst bleibt es einem unverständlich. (Qutb)

 

 

68. Und wie könntest du auch Geduld zeigen gegenüber etwas, dessen Sinn du nicht begreifst?"201

 

201. Oder: worüber du keine umfassende Kunde besitzt. (Anm. d. Übers.)

Hidr macht Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seiner Unzulänglichkeit wegen keine Vorwürfe. Jeder von uns kann nur seiner eigenen unvollkommenen Einsicht folgen und nach bestem Wissen urteilen. Wenn wir Iman haben, werden wir vor manchem falschen Schritt bewahrt. (Juusuf `Allii)

Über mysteriöse Ereignisse, die ihm sicherlich als Allahs Gesetz widersprüchlich erscheinen. (Darjabadi)

Wörtlich: „was du nicht mit (deiner) Erfahrung (hubran) erfasst": nach Rasi eine Anspielung darauf, dass nicht einmal ein Prophet wie Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die innere Wirklichkeit der Dinge vollkommen begreifen kann, oder allgemeiner gefasst: auf die mangelnde Gleichmut des Menschen, wenn er mit etwas konfrontiert wird, was er nie zuvor erlebt hat oder nicht unmittelbar begreifen kann. Schein und Wirklichkeit entsprechen einander nicht immer; darüber hinaus berührt die Geschichte auf feine Weise die grundlegende Wahrheit, dass der Mensch nicht wirklich etwas begreifen oder auch nur sich vorstellen kann, was keine Entsprechung - zumindest in seinen Bestandteilen - in seiner eigenen intellektuellen Erfahrung hat. Darin liegt der Grund dafür, dass der Qur’an in Bezug auf alles, was der Wahrnehmung der Geschöpfe unzugänglich ist (Al-Rayb), Gebrauch von Gleichnissen und Allegorien macht. (Asad)

 


69. Da sagte Muusa: „Du wirst mich, wenn Allah will, gewiss geduldig finden, und ich werde mich dir nicht widersetzen in dem, was du gebietest."202

 

202. Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat Iman. Er nimmt die wahrhaftige Haltung des Lernenden dem Lehrer gegenüber an und verspricht, ihm in allen Dingen zu gehorchen - mit Allahs Hilfe. Der Lehrer zweifelt, erlaubt ihm jedoch, ihm zu folgen, unter der Bedingung, dass er über nichts Fragen stellt, bis der Lehrer selbst anfängt, davon zu sprechen. (Juusuf `Allii)

 

 

70. Er sagte: „Wenn du mir folgst, dann befrage mich über nichts, bevor ich nicht (selbst) zu dir darüber spreche."203

 

203. Er verleiht seinen Worten mehr Nachdruck und nennt Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Bedingung, bevor sie aufbrechen. (Qutb)

 

 

Abschnitt 10

 

71. So zogen sie los,204 bis sie ein Schiff bestiegen, in das er ein Loch schlug. Da sagte Muusa: „Hast du ein Loch hineingeschlagen, damit du seine Besitzer ertrinken lässt? Du hast führwahr etwas Schlimmes getan!"205

 

204.  Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und sein Lehrer. (Darjabadi)

Nachdem sich Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, mit der Bedingung einverstanden erklärt hatte.

(Al-Dschalalain)

 

205. Der äußere Eindruck ist der, dass die Tat des Dieners Allahs das Schiff und ihre Passagiere in Gefahr bringt. Vor Empörung darüber vergisst Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Vereinbarung. Denn nur in der Theorie akzeptiert der Mensch Dinge, die in der Praxis mit seinen Vorstellungen kollidieren. So ergeht es auch Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der sich mit etwas, das er nicht kennt, einverstanden erklärt. Und als es darauf ankommt, hält er die Prüfung nicht durch, denn die Theorie hat einen anderen Geschmack als die praktische Erfahrung. (Qutb)

Nachdem sie auch noch unentgeltlich die beiden mitnahmen. (Safwat Al-Tafaasir)

 

 

72. Da antwortete er: „Habe ich nicht gesagt, dass du nicht in der Lage sein wirst, Geduld mit mir zu haben?"206

 

206. Geduldig und sanft weist der Diener Allahs Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf ihre gegenseitige Vereinbarung hin, und dieser bedauert seine Vergesslichkeit. (Qutb)

 

 

73. Muusa sagte: „Mache mir nicht zum Vorwurf, dass ich vergesslich gewesen bin und mute mir nicht zuviel zu bei meiner Aufgabe."207

 

207. Stelle mich nicht für ein Versagen meines Gedächtnisses zur Rede. (Darjabadi)

Das heißt, versage mir nicht die Erleuchtung, die mir durch deine Belehrung zuteil werden kann.

(Anm. d. Übers.)


 

 

74. So zogen sie (weiter),208 bis sie einen Jüngling trafen, den er erschlug.209 Da sagte: „Hast du einen Unschuldigen erschlagen,210 der selbst niemanden getötet hat?211 Da hat du wahrlich etwas Entsetzliches getan!"

 

208. Der Diener Allahs akzeptiert die Entschuldigung, und die beiden wandern weiter. (Qutb)

Nachdem sie das Schiff verließen. (Al-Dschalalain)

 

209. Der noch nicht ganz erwachsen war. (Darjabadi)

Die Erklärung folgt unten in Ajach 80-81. (Juusuf `Allii)

 

210. Denn da er noch nicht erwachsen war, hätte er nicht einmal zur Vergeltung getötet werden dürfen. (Darjabadi)

 

211. Das macht die Tat noch furchtbarer. (Darjabadi)

Wenn bei der Versenkung eines Schiffes nur die Möglichkeit bestanden hatte, dass Menschen dabei ertranken in, so war dies hier vorsätzlicher Mord an einem Menschen, nicht nur der Versuch. Dies war so furchtbar, dass Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, keine Geduld bewahren konnte. In diesem Fall war es weder Vergesslichkeit noch Unachtsamkeit, sondern absichtliche Missbilligung. (Qutb)