Suura 5 "Der Tisch" Aja 82 –

Suura 6 "Das Vieh" Aja 110

 

82. Wahrlich, du wirst finden, dass die Menschen, die am heftigsten in der Feindschaft gegen die Mu’mins, sind die Juden und die Götzendiener. Und du wirst bestimmt finden, dass die, die den Mu’mins am meisten zugeneigt, jene sind, die sagen: "Wir sind Christen!"283 Dies weil unter ihnen Gottesgelehrte284 und Mönche sind und weil sie nicht hochmütig sind.285

283. Dies bedeutet nicht, dass sie sich lediglich als Christen bezeichnen, sondern dass sie so aufrichtige Christen sind, dass sie die Tugenden der Muslime schätzen können, wie es bei den Abessiniern der Fall war, zu denen die Muslime zur Zeit der Verfolgung in Mekka auswanderten. Sie sagten: "Wir sind zwar Christen, aber wir verstehen euren Standpunkt, und wir wissen, dass ihr gute Menschen seid." Sie sind im Herzen Muslime, was immer ihre äußere Bezeichnung sein mag. (Juusuf 'Allii)

Als der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Schreiben mit den Aufruf zum Islam an die Könige und Oberhäupter der verschiedenen Völker schickte, waren die Antworten der Christen unter ihnen die freundlichsten. Die wahre Ursache für die Feindschaft der einen und die Freundschaft der anderen war in ihrer Geisteshaltung zu finden, die durch ihre religiösen Überlieferungen und Bräuche und durch ihre kulturelle und soziale Erziehung beeinflusst wurde. Der Qur’an weist in diesen Aja auf den Grund für die Zuneigung der Christen hin, unterlässt es aber, auf die Ursache für die Feindschaft der Juden und die Götzen­diener den Moslems gegenüber näher einzugehen, da dies in vielen Suuras zur Genüge erklärt wird. (Al-Manar)

Das 11. Vatikanische Konzil sagt in seiner, "Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen" , über den Islam: "Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendi­gen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie bemühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der Islam sich gern beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria ...Überdies erwarten sie den Tag des Gerichts, an den Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deswegen legen sie Wert auf eine sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten. Da es jedoch im Laufe der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslimen kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu üben und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen." (Anm. d. Übers.)

284. Quraisch habe ich übersetzt mit "die sich der Gelehrsamkeit widmen", wie es der Ansicht der Kommentatoren entspricht. Es scheint sich um ein Fremdwort aus den Abessinischen oder eher noch aus den Syrischen zu handeln, denn es bezieht sich wohl auf die Abessinischen Christen. Ihr Eifer beim Studium und die Weltentsagung der Mönchsorden werden der heuchlerischen Arroganz der Pharisäer und Schriftgelehrten gegenübergestellt. (Juusuf 'Allii)

285. Der Fall, den diese Ajas behandeln, beschreibt den Zustand einer bestimmten Gruppe von Menschen, die sagen. "Wir sind Christen". Unter dieser Gruppe sind solche, die genauestens den wahren christlichen Glauben kennen. Diese werden nicht hochmütig sein gegenüber der Wahrheit, wenn sie sie genau erkannt haben. (Qutb)

Sie glauben nicht, Allahs Offenbarung sei ein exklusives Geschenk für die Kinder Israel, wie es die Juden tun; und ihre Priester und Mönche lehren sie, dass Demut das Wesen allen wahren Glaubens ist. Bemerkenswert ist, dass der Qur’an in diesen Zusammenhang die Christen nicht zu denen rechnet, die "etwas außer Gott Göttlichkeit zuschreiben", denn obwohl sie sich durch die Vergötterung Isa as des Schirk (Beigesellung anderer Wesen zu Allah) schuldig machen, verehren die Christen nicht bewusst eine Mehrzahl von Gottheiten, insofern als ihre Theologie Glauben an den Einen Gott postuliert, der verstanden wird als jemand, der sich in den drei Personen manifestiert. Wie sehr auch immer diese Lehre dem Qur’an widerspricht, so ist ihr Schirk doch nicht auf bewusster Absicht begründet, sondern entstammt ihrer "Über­treibung" in der Verehrung Isa as. Vergleiche hierzu Suura 4:171 und 5:80 sowie die Fußnote zu Suura 6:23. (Asad)

 

83. Und wenn sie286 hören, was dem Gesandten offenbart worden ist, siehst du, wie ihre Augen von Tränen überfließen287 wegen dessen, was sie (darin) als Wahrheit erkennen können. Sie sagen: "Unser Herr, wir verinnerlichen den Imaan wahrlich. So zähle uns zu denjenigen, die Zeugnis ablegen.

286, Dies bezieht sich auf die freundlich gesinnten Christen zur Zeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die sich allmählich dem Islam zuwandten. (Darjabaadi)

287, Sie begnügten sich nicht mit Tränen der Rührung und ihre Haltung der Wahrheit gegenüber, die sie so aufs Äußerste rühr­te, als sie den Qur’an hörten, war nicht passiv, Nein! Sie nahmen eine eindeutig bejahende Haltung zu dieser Wahrheit ein. Sie bekannten sich zu ihr und riefen ihren Herrn an, sie zu denen zu rechnen, die diese Wahrheit bezeugten, und sie in die Gemeinschaft einzufügen, die sich für diese Wahrheit einsetzt, nämlich die Muslime, (Qutb)

Das Verb “sami'a“ bedeutet in erster Linie "er hörte", darüber hinaus jedoch auch oftmals "er verstand", "er begriff", Ich habe deswegen übersetzt "wenn sie begreifen." (Asad)

Ein Beispiel für die Christen, auf die dieser Aja anspielt, ist der Abessinische Kaiser. Als Dschafar, der Vetter des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Sprecher der muslimischen Auswanderer in Abessinien, dem Kaiser von den wunderbaren Veränderungen in ihrem Leben berichtete, die durch den Imaan an Muchammeds Prophetentum und die Befolgung seiner Lehre bewirkt worden waren, brachte dieser den Wunsch zum Ausdruck, etwas von der Offenbarung Allahs zu hören. Dschafar trug daraufhin die einleitenden Ajas der Suura Marjam (19. Suura) vor, worin von der Geburt Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, berichtet wird, Davon waren der Kai­ser und die ihn umgebenden Bischöfe zu Tränen gerührt, und der Kaiser rief: "Mir scheint, diese Worte und die, die Jesus offenbart wurden, sind Strahlen des Lichts, das von derselben Quelle herkommt!" (Siddiqi)

 

84. Und warum sollten wir nicht an Allah und an das den Imaan verinnerlichen, was zu uns an Wahrheit gekommen ist,288 wo wir uns doch danach sehnen, dass unser Herr uns unter das Volk der Gerechten einge­hen lässt."

288. Isa as selbst sagte die Ankunft des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, voraus, wobei er ihn mit dem Namen "Geist der Wahrheit" bezeichnete: "Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten, Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkün­den..." (Johannes 16:13), (Siddiqi)

 

85. Und Allah belohnt sie für das, was sie gesagt haben289 mit Gärten, durch die Ströme fließen290 Dort sollen sie (ewig) verweilen. Und das ist der Lohn für diejenigen, die Gutes tun.

289. Wörtlich:" Wegen dessen, was sie gesagt haben" -nämlich womit sie ihren Imaan zum Ausdruck gebracht haben. (Asad)

Allah kennt nämlich die Wahrhaftigkeit ihrer Herzen und Zungen und ihre wahre Entschlossenheit, diesem Weg zu folgen und Zeugnis für diese neue Religion abzulegen, der sie beigetreten waren, dementsprechend bestimmt Er für sie das Para­dies und bezeugt, dass sie wohltätig sind. “Ichsa“ (gutes aufrichtiges Handeln) ist nämlich der höchste Grad des Imaans und "des Islams (Hingabe), und Allah bezeugt für diese Schar von Menschen, dass sie zu denen gehören, die Mu’mins (gute, aufrichtige Menschen) sind. (Qutb)

290. Wörtlich: Unter denen Ströme fließen. (Anm. d. Übers.)

 

86. Und diejenigen, die kaafir sind, und Unsere Zeichen geleugnet haben, das sind die Bewohner des Höllenfeuers.

 

Abschnitt 12

87. O ihr Mu’mins! Verbietet nicht die guten Dinge, die Allah euch erlaubt hat291 Doch geht nicht über diese hinaus.292 Wahrlich, Allah liebt nicht jene, die (seine Gesetze) übertreten.

291. Nahrung, Kleidung und andere erlaubte gute Dinge des Lebens. (Darjabaadi)

Die meisten Kommentatoren -einschließlich Tabari, Samachsari und Rasi -erklären den Ausdruck "La tuharrimuu" لاَ تُحَرِّمُواْ  (wörtlich: "verbietet nicht" oder "erklärt nicht für verboten") im Sinne von "schließt euch nicht aus von", und verstehen ihn als Bezugnahme auf die Selbstkasteiung, die besonders von christlichen Priestern und Mönchen praktiziert wurde. (Asad)

Dieses Gebot Gottes umfasst zweierlei:

1. Ihr habt keine Vollmacht, gewisse Dinge für erlaubt und andere für verboten zu erklären, sonst folgt ihr eurer eigenen Gesetzgebung statt der Allahs.

2. Ihr sollt kein Asketenleben führen wie christli­che, hinduistische und buddhistische Mönche. Eine solche Tendenz ist bei religiösen Menschen immer vorhanden, weil sie glauben, sich Allah nur dadurch nähern zu können. Die Muslime werden hier davor gewarnt. (Mauduudi)

Da ihr nur Menschen und Diener Allahs seid, sollt ihr eure Religion entsprechend nicht für euch die speziellen Aufgaben Allahs in Anspruch nehmen, die Ihm allein zustehen. So steht es euch nicht-zu, die Genüsse, die Allah euch erlaubt hat, zu verbieten oder in einer Art von Entsagung zu unterlassen, von etwas zu essen, was Allah euch als rein und zulässig gegeben hat. Denn Allah ist Derjenige, Der euch damit beschenkt hat, und Ihm allein steht es zu, zu erlauben und zu verbieten. (Qutb)

292. Bei gutem und erlaubten Genuss liegt der Fehler in der Übertreibung. Bloße Enthaltsamkeit oder Askese ist keine Tugend in sich, auch wenn die damit verbundene Demut und Selbstlosigkeit ihren Wert haben mag. In Suura 5:85 werden christliche Mönche ihrer besonderen Tugenden wegen gelobt, während dort wie an anderen Stellen des Mönchstum missbilligt wird. Macht Gebrauch von Allahs Gaben mit Dankbarkeit; Übertreibung und Verschwendung jedoch liebt Allah nicht. (Juusuf 'Allii)

Anas berichtet: Drei Gruppen von Leuten kamen eines Tages zu den Wohnungen der Frauen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und erkundig­ten sich über seine ’Ibadach. Als ihnen davon berichtet wurde, erschienen sie ihnen zu wenig. Sie sagten: "Was sind wir im Verhältnis zu Allahs Gesandtem, dem Allah schon alle seine vergangenen und zukünftigen Fehler vergeben hat?" Und einer von ihnen sagte: "Ich bete die ganze Nacht hindurch," Ein anderer sagte: "Ich faste die ganze Zeit ohne das Fasten zu brechen." Der dritte sagte: "Und ich halte mich von den Frauen fern und heirate nie­mals Da kam Allahs Gesandter zu ihnen heraus und sagte: "Ihr habt dies und jenes gesagt, Aber bei Allah, ich bin derje­nige, der Ihn am meisten von euch fürchtet und Seine Gebote achtet. Trotzdem faste ich manchmal und dann wieder nicht. Ich bete und ich schlafe, und ich verheirate mich mit den Frauen. Wer sich von meiner Sunna entfernt, der gehört nicht zu mir.“ (Qutb)

Selbstauferlegte Gelübde der Buße und Enthaltsamkeit haben keinen Sinn, solange sie nicht in Übereinstimmung mit den durch die Offenbarung gesetzten Grenzen erfolgen. (Darjabaadi)

Nach Ansicht von Imaam Qurtubi zeigen diese Worte eindeutig, dass die Übertretung von Allahs Geboten nach beiden Rich­tungen hin falsch ist, Allah will weder, dass wir wie Mönche auf die guten Dinge verzichten, die Er uns erlaubt hat, noch dass wir übertriebenen Wert auf irdischen Genuss legen. (Siddiqi)

 

88. Und esst von dem Erlaubten (und) Gu­ten, das Allah euch bereitet hat. Und fürchtet Allah, an Den ihr ja den Imaan verinnerlicht habt.293

293. Hier finden wir einen Hinweis auf die Art und Weise, wie wir die guten Dinge genießen sollen. Dies ist uns nicht nur erlaubt, sondern wir werden sogar dazu aufgefordert, sollen jedoch die Taqwa dabei bewahren, (Siddiqi)

 

89. Allah zieht euch nicht wegen eurer un­bedachten (geäußerten) Schwüre zur Rechenschaft.294 Jedoch rechnet Er euch die mit Vorsatz geschworenen Eide295 an. Die Sühne dafür soll sein,296 dass ihr zehn Bedürftigen zu essen gebt, so wie ihr (für gewöhnlich297 euren Angehörigen zu essen gebt, oder sie kleidet oder einen Sklaven befreit298 Und wer dazu nicht in der Lage ist, der soll drei Tage lang fasten. Dies ist die Sühne für die Eide, die ihr geschworen habt. Und haltet eure Schwüre!299 Auf diese Weise macht euch Allah Seine Zeichen klar, auf dass ihr dankbar sein möget.

294. Ibn Abbas berichtet über den Hintergrund der Offenbarung dieses Ajas: Die Leute versagten sich selbst gutes Essen, Kleidung und die Ehe. Als jedoch die Worte kamen ,,O ihr, die ihr den Imaan verinnerlicht habt, verbietet nicht die guten Dinge, die Allah erlaubt hat...", da sagten sie: "Was machen wir jetzt bloß mit unseren Gelübden!" Daraufhin wurde dieser Aja offenbart, (Qutb) Gelübde der Buße oder Enthaltsamkeit können gelegentlich nutzlos sein oder sogar einer wirklich guten Handlung im Wege stehen. Vergleiche Suura 2:224-226 und Fußnoten. Die allgemeinen Grundsätze sind folgende:

1. legt keine sinnlosen Gelübde oder Eide ab;

2. gebraucht nicht Allahs Namen, wörtlich oder implizit, um euch selbst an erlaubten oder guten Handlungen zu hindern;

3. haltet eure Eide und Gelübde nach äußerstem Vermögen;

4. wenn ihr dazu nicht in der Lage seid, macht euer Versäumnis gut, indem ihr den Armen Nahrung und Kleidung gebt oder jemandem zu seiner Freiheit verhelft, wenn ihr dazu auch nicht in der Lage seid, dann durch Fasten. Dies, soweit es den geistigen Aspekt betrifft. Wenn durch euer Versäumnis jemand einen Schaden hat, steht ihm ein Ausgleich zu, aber dies ist eine Frage von Recht und Gerechtigkeit. (Juusuf 'Allii)

Al-Hafidh ibn Kasir hat die überlieferten Aussagen zusammengefasst und fing mit der wahrscheinlichsten Aussage an, wenn man nämlich unabsichtlich sagt "Bei Allah, nein! und "Bei Allah, doch!" Dazu zählt auch, was man im Spaß sagt oder im Ärger und auch, wenn man schwört, etwas vom Essen, Trinken oder von der Bekleidung wegzulassen, worauf die Worte "verbietet nicht die euch erlaubten guten Dinge" zutreffen würden. (Al Manar)

295. Gelübde, die sich auf eine Verpflichtung in der Zukunft beziehen. (Darjabaadi)

296. Wörtlich: "die Buße dafür soll sein" -wobei sich das "dafür" auf den implizierten Bruch eines Gelübdes bezieht. Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, bezieht sich diese Möglichkeit der Wiedergutmachung auf "Eide, die gedankenlos ausgesprochen worden sind", nicht auf absichtliche Verpflichtungen, die andere Personen betreffen. Diese soll der Mu’min -wie am Anfang dieser Suura erwähnt wurde -gewissenhaft erfüllen, soweit es in seiner Kraft steht. (Asad)

297. Wörtlich: im Durchschnitt: das heißt weder überreichlich noch zu knapp bemessen. (Darjabaadi)

298. Indem ihr einen Mu’min (Mann oder Frau) aus der Sklaverei oder Gefangenschaft befreit. (Darjabaadi)

299. Das heißt, schwört nicht leichtfertig oder oft. (Asad)

"Achtet auf eure Schwüre" bedeutet dreierlei:

1. wir sollen Eide und Gelübde auf rechte Weise anwenden und nicht für Nutzloses und Sündhaftes missbrauchen;

2. wir sollen uns an unsere Eide und Gelübde erinnern und sie nicht vergessen;

3. wenn wir bewusst ein Gelübde abgelegt haben, müssen wir es erfüllen, und wer dazu nicht in der Lage ist, soll einen Ausgleich erbringen. (Mauduudi)

Einige Gelehrte sind der Ansicht, dass man nicht übereilte Eide aussprechen oder Gelübde ablegen sollte, und dass man sich diese Möglichkeit für Anlässe aufsparen sollte, wo es unumgänglich ist. (Siddiqi)

 

90. O ihr Mu’mins! Wein300 und Glücksspiel301 und Opfersteine302 und Los­pfeile303 sind eines der Gräuel aus dem Werk Scheytaans. So meidet dies (alles), auf dass ihr erfolgreich sein möget.

300. Das Wort "hamr" خَمْر (abgeleitet von dem Verb "hamara", "er verbarg" oder "er verdeckte") bedeutet jede Substanz, deren Ge­brauch den Intellekt verhüllt, das heißt, die berauscht. Deswegen umfasst das in diesem Aja ausgesprochene Rauschmittelverbot nicht nur alkoholische Getränke, sondern auch Drogen, die eine ähnliche Wirkung haben. Die einzige Ausnahme von diesem totalen Verbot bildet der Fall der "dringenden Notwendigkeit" (im strengsten Sinne des Wortes), wie im letzten Satz von Aja 4 dieser Suura zum Ausdruck kommt, nämlich in Fällen, wo Krankheit Verletzung den Gebrauch berau­schender Medikamente oder von Alkohol unumgänglich machen. (Asad)

301. Vergleiche Suura 2:219 und Fußnoten. (Juusuf 'Allii)

Die Leidenschaft des Glücksspiels ist nicht auf ein Volk oder Land beschränkt, auch nicht auf eine Gesellschaftsschicht oder Kultur. Inbegriffen sind alle Arten von Glücksspiel. (Darjabaadi)

Alkohol, Glücksspiel, Götzenaltäre und abergläubische Praktiken waren die Merkmale der Zeit der Unwissenheit und in der vorislamischen Gesellschaft tief verwurzelt. Sie bildeten ein eng miteinander verknüpftes Brauchtum. Damals trank man Wein im Übermaß und prahlte und wetteiferte damit in den Zusammenkünften; um den Wein drehten sich Poesie und Literatur. Zu den Trinkgelagen gehörte das Schlachten von Vieh, um mit deren Blut die Götzenfiguren zu besprengen, und Glücksspiel durfte auch nicht fehlen, weil damit das Fleisch verlost wurde, was zu vielen Ungerechtigkeiten führte. Das islamische Gesetz begann nicht gleich von Anfang an, dieses Brauchtum zu unterbinden, sondern behandelte (diesen moralischen Übelstand, Anm. d. Verf.) von seiner Wurzel her. Der Islam beginnt bei der Problematik der menschlichen Seele, nämlich bei der inneren Überzeugung, und ersetzt zunächst die Vorstellungen aus der Zeit der Unwissenheit durch wahre islamische Vorstellungen und Auffassungen. Entsprechend dieser Entwicklung wird das Verbot von Alkohol und Glücksspiel allmählich eingeführt, und zwar in drei Phasen: den ersten Schritt bildet Suura 2:219 ("Sie befragen dich über Wein und Glücksspiel..."). Der zweite Schritt ist das Verbot, im berauschten Zustand am Gebet teilzunehmen, in Suura 4:43. Dieser Aja schließlich bringt das endgültige Verbot zum Ausdruck. (Qutb)

302. Vergleiche Suura 5:4. Bei den dort erwähnten Steinen handelt es sich um Steinaltäre oder Steinsäulen, auf die Öl als Opfer gegossen wurde, oder Steinplatten, auf denen den Götzen Fleisch dargebracht wurde. Alle götzendienerischen und aber­gläubischen Praktiken werden hier verboten. (Juusuf 'Allii)

303. Vergleiche Suura 5:4. Die erwähnten Pfeile wurden benutzt, um durch eine Art Auslosung Fleisch zu verteilen. Sie wurden jedoch auch zum Wahrsagen benutzt, beispielsweise um glück- oder unglückbringende Augenblicke vorauszusagen, oder um den Willen der "Götter" in Erfahrung zu bringen. Alle abergläubischen Praktiken werden hier verurteilt. (Juusuf' Allii)

 

91. Scheytaan will fürwahr (nur) Feindschaft und Hass zwischen euch säen304 durch Wein305 und Glücksspiel306 und euch vom Gedenken Allahs und vom Gebet abwenden. Wollt ihr also nicht (damit) aufhören?307

304. Scheytaan versucht, eure Solidarität zu untergraben. (Darjabaadi)

305. Die enge Beziehung zwischen Alkoholismus und Kriminalität ist bekannt. Den Statistiken zufolge werden bis zu 85% aller Verbrechen in Verbindung mit Alkohol begangen. (Darjabaadi)

306. Die demoralisierende Wirkung des Glücksspiels ist so vielseitig, dass sie nicht ausführlich behandelt werden kann. Im Prin­zip ist es nichts anderes als Diebstahl im gegenseitigen Einverständnis. Glücksspiel führt darüber hinaus oft zu anderen Lastern; wenig Gutes liegt im allgemeinen in zu leicht erworbenem Geld, und sowohl der Gewinner als auch der Verlierer versucht, seine Emotionen mit Alkohol und ähnlichem abzureagieren. Sogar zu Selbstmordfällen kommt es in diesem Zu­sammenhang. (Darjabaadi)

307. Hier werden dem Gewissen des Muslims die Ziele Scheytaans enthüllt, die Mu’mins durch diese Mittel vom Gedenken Allahs und vom Gebet abzulenken. Die Gefahren liegen nicht nur in den offensichtlichen Folgen, sondern in der entstehenden Abhängigkeit. (Qutb)

Diese rhetorische Frage impliziert die Notwendigkeit, von diesen Dingen Abstand zu halten. (Asad)

 

92. Und gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und seid auf der Hut.308 Und wenn ihr euch abwendet, dann wisset, dass Unserem Gesandten nur die klare Verkündigung der Botschaft obliegt.309

308. Das heißt: Hütet euch davor, euch gegen Allah und dem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufzulehnen. Und es heißt auch: Nehmt euch in acht vor dem, was euch als Strafe treffen könnte, wenn ihr Seine Anordnungen missachtet. Dies könnte eine harte Prüfung im Diesseits und eine Bestrafung im Jenseits sein. Denn Er hat euch nur das verboten, was euch in beiden Leben Schaden zufügen könnte. (Al-Manar)

Hier werden wir aufgefordert, des Geboten Allahs zu folgen (die immer mit der Vernunft übereinstimmen), statt abergläubisch zu sein (was irrational ist), durch Rauschmittel künstliche Stimmungen zu erzeugen oder durch Glücksspiel unrechten Gewinn zu erzielen. In letzteren mag vorübergehendes Vergnügen oder Nervenkitzel enthalten sein, aber sie führen nicht zu wahrem Glück und wahrem Erfolg. (Juusuf ’Allii)

Dies ist die Basis, auf die alle Angelegenheiten des Imaans zurückgeführt werden: auf Gehorsam gegenüber Allah und Seinem Gesandten. Es ist eine restlose Hingabe, die nichts anderes übrig lässt, als absoluten Gehorsam gegenüber Allah und dem Gesandten und die Vorsicht vor Übertretungen. (Qutb)

309. Vergleiche Suura 5:70. Sowohl der weltliche als auch der geistige Aspekt des Verlustes wird betont. Kann Allahs Botschaft mehr tun? (Juusuf ’Allii)

Der Gesandte, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kann die Menschen nicht zum Imaan zwingen und ist deswegen nicht verantwortlich, wenn sie sich weigern. (Asad)

 

93. Es ist kein Vergehen für diejenigen,310 die den Imaan verinnerlichen und gute Werke tun, in dem was sie (früher) aßen311, wenn sie nur mutaqi312 sind und den Imaan verinnerlichen und gute Werke tun, (und) abermals mutaqi sind und den Imaan verinnerlichen,313 (und) abermals mutaqi sind und aufrichtig handeln. Und Allah liebt die Aufrichtigen.314

310. Dies bezieht sich auf all jene Muslime, die bereits gestorben waren, bevor Alkohol und Glücksspiel verboten wurden und die möglicherweise nicht völlig darauf verzichtet hatten. (Darjabaadi)

311. Das Verb "ta'ima" طَعِمُواْ  bedeutet in erster Linie "er aß", "er schmeckte" im übertragenen Sinne jedoch auch "er genoss", "er nahm teil an" -bezogen auf alles, was erstrebenswert ist. Die meisten Kommentatoren sind der Ansicht, dies bezieht sich auf die vor dem Alkoholverbot verstorbenen Muslime. Mir scheint es jedoch, dass es eine viel weiter gefasste Bedeutung hat und sich auf die "guten Dinge des Lebens" bezieht, die Allah nicht verboten hat und die sich die Mu’mins deswegen nicht zu versagen brauchen (siehe oben Aja 90). (Asad)

Hierin liegt eine allgemeine Gesetzmäßigkeit für die Rechtleitung der Muslime. Die erste entscheidende Handlung eines Muslims ist, dass er ein tiefes Bewusstsein von Allah hat, und durch dieses Bewusstsein gibt es in seinem Herzen das Gefühl von Allahs Anwesenheit. Dieses Gefühl und das Bewusstsein der Verantwortlichkeit vor Ihm stärkt seinen Imaan an Ihm und veranlasst ihn zum rechten Handeln. Wenn sich also ein Mensch voll der Anwesenheit Allahs bewusst ist, hält er Ab­stand von allem Bösen, das Er verboten hat. (Siddiqi)

312. Diese Wiederholung von "Furcht und Imaan" impliziert die Stabilität dieser beiden Gemütszustände. (Siddiqi)

313. Enthaltsamkeit vom Bösen ist zweifellos eine Tugend und zeigt die Taqwa eines Menschen. Die höchste Frömmig­keit ist dann letzteres -solche guten Handlungen auszuführen, die in die Kategorie von "Al-Ichsan" gehören -über die Pflich­ten hinaus, die den Menschen Allah näher bringen und ihn dazu erziehen, immer nur Sein Wohlgefallen zu suchen. Deswe­gen weist diese Ausdrucksweise auf eine Abfolge des Wachstums und der Intensivierung hin. (Siddiqi)

314. Die Aufzählung solch schlichter, alltäglicher Gebote wie der Speisegebote oder der Ehrfurcht vor den heiligen Orten und Einrichtungen muss im Zusammenhang mit den höheren Pflichten des Menschen erklärt werden. Baidawi teilt diese Pflich­ten ganz richtig in drei Kategorien ein: Pflichten Allah gegenüber, Pflichten sich selbst gegenüber (entsprechend der Selb­stachtung) und Pflichten anderen Geschöpfen Allahs gegenüber. Vielleicht haben alle Pflichten diesen dreifachen Aspekt. Die erstere kann man mit Imaan oder Vertrauen bezeichnen, die zweite als Selbstschutz vor dem Bösen oder Gewissen; und die dritte als rechtschaffenes Handeln. Die einfachsten physischen Regeln, beispielsweise bezüglich Reinlichkeit, Er­nährung und so weiter, sind auf diese höheren Aspekte bezogen. Wenn wir uns schlecht ernähren, schaden wir uns selbst, belästigen unsere Mitmenschen und sind Allah Ungehorsam. Wenn wir den Imaan verinnerlichen und rechtschaffen sind, wie kann uns dann das Gewissen fehlen? Wenn wir gewissenhaft und Imaan haben, ist es dann möglich, dass wir nicht rechtschaffen handeln? Wenn Gewissen und Rechtschaffenheit vorhanden sind, können sie dann eine andere Grundlage haben als den Imaan? Alle drei manifestieren sich in willigem Gehorsam gegenüber Allah und Liebe zu Ihm. Wir erfahren Seine Liebe, indem wir Seine Geschöpfe lieben und ihnen Gutes tun; ohne dies ist unsere Liebe zu Ihm sinnlos. (Juusuf 'Allii)

Handeln gemäß Allahs Gesetz ist ein notwendiger Anfang für den willigen Gehorsam Ihm gegenüber. Dies ist Islam im Sinne von Unterwerfung und Hingabe. Erst nach diesem Gehorsam kann der menschliche Verstand im Rahmen seiner Möglichkeiten Allahs Weisheit in Seinen Gesetzen und Verboten zu ergründen versuchen. (Qutb)

 

94. O ihr Mu’mins! Gewiss will Allah euch prüfen in einer Sache, nämlich mit Jagdbeute, die ihr mit euren Händen oder euren Lanzen erreichen könntet,315 damit Allah erkenne,316 wer Ihn im Verborgenen fürchtet. Wer nun nach die­sem (Beschluss die Gesetze) übertritt, dem wird eine schmerzliche Strafe zuteil.317

315. Wörtlich: "mit etwas von dem Wild, das eure Hände und Lanzen (vielleicht) erreichen." (Asad)

316. Wörtlich: "damit Er weiß" oder "erfährt". Vergleiche Suura 3:166. Im heiligen Bezirk ist die Jagd verboten. Wer dieses Verbot absichtlich übertrifft, besitzt weder Imaan noch Respekt. (Juusuf 'Allii)

Am Anfang dieser Suura wurde den Mu’mins verboten, im Zustand der Weihe Tiere zu jagen, und die Symbole Allahs und den heiligen Monat zu entweihen. (vergleiche Aja 2-3). Es wurde damals keine Bestrafung für den Übertreter vorge­sehen, sondern wurde zur Sünde erklärt. Jetzt wird die Bestrafung in Form einer Sühne vorgeschrieben.

Wie alle anderen Abschnitte, so beginnt auch dieser mit der Anrede: ,,O ihr, die ihr den Imaan verinnerlicht habt“, und die Mu’mins werden darüber informiert, dass ihnen eine Versuchung bevorsteht in Bezug auf die Jagd, die ihnen im Zustand der Weihe verboten wurde. (Qutb)

317. Vergleiche auch Suura 2:3. (Asad)

Wer eine Überschreitung begeht, indem er in irgendeiner Weise an der Jagd teilnimmt, obwohl hier eindeutig darüber gesprochen wurde, so erwartet ihn eine schmerzliche Strafe, weil er der Prüfung Allahs keine Beachtung geschenkt hat. Er hat sich selbst das Zeugnis ausgestellt, dass er Allah nicht im Verborgenen fürchtet, sondern nur den Tadel und die Zu­rückweisung der Mu’mins in Betracht gezogen hat, als er sich unter ihren Augen an der Jagdbeute beteiligte. Und dies ist der Charakter der Heuchler. (Al-Manar)

Die Taqwa im Verborgenen ist die Grundlage für Imaan und Gewissen des Muslims, worauf Imaan und Verhalten aufbauen und wovon das dem Menschen anvertraute Amt des Statthalters Allahs auf Erden abhängig ist. Allah ist für die Menschen nicht sichtbar, aber sie erfahren Seine Anwesenheit in sich selbst, wenn sie den Imaan verinnerlicht haben. Er ist Der Erhabene, vor ihnen verborgen, aber sie erfahren Dm insgeheim und haben Ehrfurcht vor Ihm. Die Sicherheit dieser Wahrheit und ihre bewusste Wahrnehmung ist gleichwertig mit dem Bekenntnis zum Islam: ja sie überwiegt es sogar. Und wenn der Mu’mins das Bekenntnis zum Islam: Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt, ausspricht, obwohl er Allah nicht gesehen hat, bedeutet dies einen großen Schritt in der Aufwärtsentwicklung des menschlichen Wesens. (Qutb)

Anmerkung des Überarbeiters: auch wenn man ihn nicht sieht, sind doch die Beweise im Qur’an und in der Natur gegeben, sonst könnte man den Imaan nicht verinnerlichen.

 

95. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Tötet kein Wild, wäh­rend der Pilgerweihe.318 Und wer von euch es absichtlich tötet,319 dann ist ein Ausgleich im Wert dessen, was er getötet hat, an Vieh zu leisten,320 das als Schenkung zur Ka'ba gebracht wird,321 so wie es zwei Gerechte322 unter euch entscheiden, oder die Sühne sei die Spei­sung von Bedürftigen323 oder dem ent­sprechenden Fasten, damit er die Folgen seiner Tat koste.324 Allah vergibt, was vordem geschehen ist.325 Wer es aber von neuem tut, den unterwirft Allah der Vergeltung. Und Allah ist allmächtig und vermag sehr wohl zu vergelten.

318. Vergleiche Suura 2:196 und Fußnoten. (Juusuf 'Allii)

Es ist verboten zu jagen oder anderen auf irgendeine Weise bei der Jagd zu helfen. Es ist weiterhin nicht erlaubt, dass ein Pilger Wild isst, das speziell für ihn erlegt wurde. Wenn jedoch ein anderer, der kein Pilger ist, für sich selbst Wild erlegt und einem Pilger davon ein Geschenk gibt, dann kann dieser davon essen. Selbstverständlich können 1ebensbedro­hende Tiere wie Schlangen und Skorpione jederzeit getötet werden. (Mauduudi)

319. Aus dem letzten Satz dieses Ajas wird deutlich, dass sich das "absichtliche Töten" hier nur auf einen Einzelfall beziehen kann, nicht auf willkürliche, dauernde" Verletzung der gebotenen Grenzen", die der vorige Aja so streng verurteilt. (Asad)

320. Entsprechend dem Wert dieses Tieres. (Darjabaadi)

321. Das heißt, zur Verteilung unter die Armen. Ka'ba bedeutet in diesem Zusammenhang metonymisch das heilige Gebiet von Mekka, nicht nur das Heiligtum selbst (Rasi). Die beiden rechtschaffenen Personen sollen den ungefähren Wert des erlegten wilden Tieres ermitteln und auf dieser Grundlage entscheiden, was für ein Haustier zum Ausgleich geopfert wer­den soll. (Asad)

322. Das heißt, Personen mit Integrität, Ehre und Erfahrung. (Darjabaadi)

323. Nach Imaam Hanifi Ansicht soll er entweder Getreide entsprechend der Sadaqat-ur Fitr im Wert des zu opfernden Tieres unter die Armen verteilen, oder er soll entsprechend der Anzahl der Bedürftigen, die dieses Getreide erhalten hätten, ebenso viele Tage fasten. (Siddiqi)

324. Für einen unbeabsichtigten Verstoß gegen dieses Gebot scheint es keine Strafe zu geben. Ein absichtlicher Verstoß sollte möglichst vorher verhindert werden. Wenn dies nicht gelingt, ist Ausgleich vorgeschrieben, wobei es drei Alternativen gibt: ein gleichwertiges Tier wird zur Ka'ba gebracht und geopfert, und in diesem Falle wird das Fleisch unter die Armen verteilt; oder den Armen soll in Naturalien oder Geldwert Nahrung entsprechend dem Wert des getöteten Tieres zur Verfügung gestellt werden; oder der Übertreter soll so viele Tage lang fasten, wie es der Anzahl der zu ernährenden Armen entspricht. Die letzte Alternative ist wohl nur dem Übertreter offen, der zu arm ist, sich die erste oder zweite leisten zu können, aber in diesem Punkt sind die Kommentatoren unterschiedlicher Ansicht. (Juusuf 'Allii)

Ibn Dscharir und Abi Rattern, von denen ibn Abbas es übernahm, erzählten: Wenn ein Muchrim irgendein Jagdtier tötet, so hat er einen Ausgleich zu leisten. Ist das, was er getötet hat, ein Reh oder etwas ähnliches, so muss er ein Schaf schlach­ten, und zwar in Mekka. Hat er keines zur Verfügung, so muss er sechs arme Menschen speisen, ist ihm auch dies nicht möglich, drei Tage fasten. Tötet er aber einen Hirsch, muss er eine Kuh schlachten. Hat er keine, muss er zwanzig Tage fasten. Ist das erlegte Tier ein Strauß oder ein Zebra, dann ist das Schlachten einer Kamelstute erforderlich. Findet er keinen, muss er dreißig bedürftige Menschen speisen. Ist ihm auch das nicht möglich, so muss er dreißig Tage fasten. (Al-Manar)

Das "Kosten" der Folgen dieser Tat steht hier allgemein für Begreifen, nicht für das spezielle Kosten mit der Zunge. (Al-Manar)

Man könnte hier auch sagen: "... damit ihm die Schwere seiner Tat bewusst wird." (Anm. d. Übers.)

325. Das heißt vor dieser speziellen Offenbarung oder vor dem Verbot der Jagd während der Pilgerfahrt. (Darjabaadi)

 

96. Erlaubt ist euch, (die Tiere) des Meeres zu fangen und zu verzehren326 als Ver­sorgung für euch und die Reisenden.327 Und verboten ist euch die Jagd auf dem Festland, solange ihr euch in der Pilgerweihe befindet. So fürchtet Allah, bei Dem ihr (dereinst) versammelt werdet!

326. "Wasser" bezieht sich auf Meer. Fluss, Teich und ähnliches. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "Jagdbeute des Meeres und seine Nahrung." Letzteres bedeutet entweder "was das Meer an Nahrung hervor­bringt", nämlich Fisch und andere Meerestiere, die vielleicht auch am Strand angeschwemmt werden, oder –nach Samachsari- die Nahrung der Wassertiere. Beide Erklärungen sind insofern annehmbar, als alle Arten von Wassertieren für den Mu’min erlaubt sind, sei er auf der Pilgerfahrt oder nicht. (Asad)

Wassertiere wurden erlaubt, weil unterwegs auf einer Seereise, wenn der Proviant knapp wird, nichts anderes zu essen da ist. (Mauduudi)

Mit Meer ist alles gemeint, was das Wasser mit sich führt, wie etwa Flüsse, Brunnen, Teiche etc., in denen Wassertiere, die man fangen kann, leben. "Fang der Meere" ist das, was normalerweise darin lebt, auch wenn es das Wasser für kurze Zeit verlassen kann, wie Krebse und Wasserschildkröten, oder anders ausgedrückt: das, was nur im Wasser lebensfähig ist. Demnach gehören Was­servögel nicht dazu. Sie gehören nicht zu den Wassertieren, weil ihnen das Wasser nur als Nahrungsquelle dient und nicht als Lebenselement. Dies sagt Imaam Schafi'i und meint weiter: Was erlaubt worden ist, ist, was im Wasser lebt, weil es als Fang des Meeres gilt. Mit dem Ausdruck "keine Nahrungsmittel" ist das gemeint, was das Meer auswirft, beispiels­weise bei Ebbe, oder was obenauf schwimmt. Wäre diese oder andere Überlieferungen, die die gleiche Meinung vertreten, nicht gewesen, hätte ich persönlich diesen Aja so verstanden: Es ist euch erlaubt, im Meer zu fangen und von dem zu essen, was aus seinen Tieren gewonnen werden kann, wobei es gleichgültig ist, ob ihr selbst oder jemand anderes es für euch gefangen hat, oder aber ob das Meer es ausgeworfen hat. (Al-Manar)

327. Nach Al-Hasan Al-Basri ist der Begriff "Reisender" in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit dem Begriff "Pilger": in anderen Worten, Wassertiere aller Art sind den Mu’min erlaubt, ob sie sich auf der Pilgerfahrt befinden oder nicht. (Asad)

 

97. Allah hat die Ka'ba, das Heilige Haus, zu einem Rückhalt328 für die Menschen gemacht und ebenso den Heiligen Monat329 und die Opfertiere und (die mit) Girlanden.330 Dies, damit ihr wissen möget, dass Allah alles weiß, was in den Himmeln und was auf Erden ist und dass Allah Kenntnis bat von allen Dingen.331

328. Es ist nicht allein das Gebiet der Sicherheit und des Friedens -zeitlich wie räumlich -und nicht nur der Sicherheitsgürtel, der Mensch sowie Tier umschließt, sondern die Sicherheit und der Frieden, die sich auf die menschliche Seele senken, in der sich sonst eine Menge Widerstreit findet. So wird ihr Frieden und Güte eingeflößt, so dass der Pilger davor zurückschreckt, seine Hand gegen einen Vogel oder ein Tier auszustrecken. Es ist somit die Zone der Biegsamkeit und der Schulung der menschlichen Seele, in der sie sich läutert und versucht, die himmlische Schar zu erreichen. (Qutb)

Sowohl Pilgern als auch Nichtpilgern ist Jagd aller Art in der Umgebung der Ka'ba verboten, das heißt im Gebiet von Mekka und seiner Umgebung, denn dies ist ein Ort der Sicherheit (vergleiche Suura 2: 125) für alle Lebewesen. In Suura 2: 125 ff wird seine besondere Beziehung zu Ibraahiim as erläutert. Der Name Ka'ba, unter dem -seiner Form gemäß -das Gebäude seit jeher bekannt ist, bedeutet "würfelförmiges Gebäude". Es scheint, dass der Erbauer der Ka'ba -die seit Ibraahiims as Zeiten mehrmals in derselben Form wieder aufgebaut wurde -bewusst die denkbar einfachste Form eines dreidi­mensionalen Gebäudes gewählt hat, den Kubus, als Ausdruck für die Demut und Ehrfurcht des Menschen vor Allah, dessen Größe und Macht über alles hinausgeht, was der Mensch mit architektonischer Schönheit zur Geltung bringen kann. Diese Symbolik wird deutlich in dem Ausdruck “Qijam“ (wörtlich: "Stütze"), der in seinem abstrakten Sinne etwas bezeichnet, wodurch die Angelegenheiten des Menschen gefestigt oder gestärkt werden (Rasi); dementsprechend habe ich den Aus­druck übersetzt mit , „ein Symbol für die ganze Menschheit." (Asad)

In Arabien war die Ka'ba nicht nur ein geheiligter Ort, sondern sie nahm eine zentrale Position im Land ein und stabilisier­te seine Wirtschaft und Kultur. Menschen aus dem ganzen Land vollzogen dort die Pilgerfahrt, und diese riesige Ver­sammlung trug dazu bei, das Gemeinschaftsgefühl der Araber zu stärken, die ansonsten durch Stammesfehden zersplittert waren. Die Pilger kamen aus den verschiedenen Stimmen und knüpften kulturelle Beziehungen an. Dichterwettkämpfe trugen zum Reichtum ihrer Sprache und Literatur bei. Handel und Gewerbe, die mit diesem Anlass verbunden waren, er­füllte die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen. Die heiligen Monate sicherten den Arabern einen viermonatigen Frieden, die einzige Zeit, in der ihre Karawanen in Sicherheit von einem Ort zum anderen reisen konnten. Der Begriff "qijaam" قِيَام hat noch eine weitere Bedeutung. Einige Gelehrte sind der Ansicht, dass auf der Existenz der Ka'ba selbst im Zentrum religiöser Begeisterung die Existenz der Menschheit beruht. (Siddiqi)

329. Vergleiche Suura 3:194 und 5:3. (Juusuf 'Allii)

Allah setzte die Heiligkeit dieser Dinge bei der Erbauung dieses Hauses durch Ibraahiim as und Ismail fest und machte es zum Ort der Sicherheit für die Menschen. Damit erwies Er sogar den heidnischen Arabern Seine Gnade. Sie fühlten sich darin ganz sicher, während die Menschen ringsherum weggerafft wurden. Bei seinem Einzug in Mekka bestätigte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Heiligkeit der Stadt. Aber auch die Stadt Medina wurde für heilig erklärt gemäß der Aussage des Propheten: , „Ibraahiim hat Mekka für heilig erklärt und betete für sie, und ich habe die Stadt (Medina) für heilig erklärt, so wie Ibraahiim as Mekka." (Qutb)

330. Die als Opfer für Allah markiert sind. (Darjabaadi)

Die Pilgerfahrt und die damit verbundenen Riten sind Symbole der Hingabe des Menschen an Allah. (Asad)

331. Allah hat dieses Gebot ausgesprochen, damit der Mensch erfährt, dass Allah alles im Himmel und auf Erden kennt und erfährt, dass Ihm die Disposition des Menschen bekannt ist. Diese Religion entspricht genau der Natur des Menschen und regelt das menschliche Leben in allen seinen Aspekten. (Qutb)

Während der Pilgerfahrt treffen verschiedene Menschen aus allen Erdteilen zusammen. Sie dürfen nicht denken, dass sie Fremde sind, dass niemand sie kennt und sie sich verhalten können, wie es ihnen in den Sinn kommt. Dies ist Allahs Haus, und Er hat gründliche Kenntnis von allen Dingen und von allen Gedanken und Motivationen. Wie der nächste Aja besagt, vergibt Er immer wieder um ist barmherzig, aber Er ist auch streng, wenn er Achtung vor seinen ~ fordert. (Juusuf 'Allii)

Gründliches Nachdenken über die Weisheit, die in der Heiligkeit der Ka'ba und der mit der Pilgerfahrt verbundenen Re­striktionen sowie deren Nutzen enthalten ist, führt zu der Überzeugung, dass Allah, der diese Gebote festgelegt hat, das Wohl und die Bedürfnisse Seiner Geschöpfe von Grund auf kennt. Jedes dieser Gebote nützt verschiedenen Aspekten des menschlichen Lebens. Selbst während des Jahrhunderte langen Chaos vor der Ankunft des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat Allah die Ka'ba zu einem Mittelpunkt der Sicherheit und des nationalen Lebens der Araber gemacht, obgleich diese selbst es darauf anleg­ten, dieses zu zerstören. Jetzt schützen diese Gebote die Sicherheit der Muslime. Sie sollen sie deshalb in ihrem eigenen Interesse halten, denn es liegt ein verborgener Nutzen darin, den sie weder vorhersehen noch mit eigenen Mitteln herbei­führen können. (Mauduudi)

 

98. Wisset, dass Allah streng ist im Strafen332 und dass Er verzeihend, barm­herzig ist.333

332. Er ist streng, wenn Er Respekt vor Seinen Geboten fordert und diejenigen bestraft, die verletzen, was Er unverletzlich gemacht hat. (Darjabaadi)

333. Der Aja beinhaltet Drohung wie Verheißung: Drohung für denjenigen, der sich des Kufrs schuldig macht und sich von den Geboten des Buches Allahs abwendet, und Verheißung für denjenigen; der mu’min ist und Rechtes tut. Die Erwäh­nung der Strafe vor der Verzeihung und Barmherzigkeit ist vielleicht deshalb erfolgt, um darauf hinzuweisen, dass die Strafe oft in Barmherzigkeit und Verzeihung mündet gemäß der Regel, dass Allahs Barmherzigkeit Seinem Unwillen zu­vorkommt. (Al-Manar)

Darum beeilt euch, Ihm um Verzeihung zu bitten. Wendet euch zu Ihm und erfleht Seine Barmherzigkeit. (Darjabaadi)

 

99 .Dem Gesandten obliegt nur die Verkündigung der Botschaft. Und Allah weiß, was ihr offenbart334 und was ihr verbergt.335

334. Was ihr mit Worten und Taten bekannt gebt. (Darjabaadi)

335. Was ihr in euren Herzen verbergt, nämlich eure geheimen Gedanken und Gefühle. (Darjabaadi)

 

100. Sprich: Nicht gleich sind das Schlechte336 und das Gute,337 auch wenn dich die Menge des Schlechten in Erstaunen versetzen mag.338 Darum fürchtet Allah, O ihr, die ihr einsichtig seid, auf dass ihr erfolgreich sein möget!

336. Was Allah ablehnt und verurteilt. (Darjabaadi)

337. Was Sein Wohlgefallen gewinnt. (Darjabaadi)

Der Abschnitt schließt ab mit einem Maßstab, den Allah für die Wertschätzung der Dinge einsetzt, und wonach der Muslim abzuwägen und zu beurteilen hat. In seiner Waage soll das Gute überwiegen. Das Böse hingegen soll unbedeutend sein und niemals und nirgends den Muslim durch seine Menge täuschen. Dies ist eine wichtige Ermahnung für die Gemeinschaft, die Allahs Weg auf der Erde ver­wirklichen und sich für das Gute einsetzen soll. (Qutb)

338. Vergleiche Suura 2:204. Die Menschen urteilen oft nach Quantität statt nach Qualität. Von Zahlen sind sie leicht beein­druckt: ihr Herz wird gefangen genommen durch das, was sie um sich herum wahrnehmen. Aber ein Mensch, der über Vernunft und Unterscheidungsvermögen verfügt, urteilt nach anderen Normen. Er weiß, dass Gutes und Böses nicht mit­einander verwechselt werden dürfen, und wählt sorgfältig das Beste aus, das vielleicht das Seltenste sein kann, und vermei­det das Schlechte, auch wenn ihm das Übel auf Schritt und Tritt begegnet. (Juusuf 'Allii)

Dieser Aja setzt ein neues Wertesystem ein, das sich grundsätzlich von dem Wertesystem derer unterscheidet, die nur nach dem oberflächlichen Anschein gehen. Nicht Menge oder Anzahl einer Sache bestimmen ihren Wert -beispielsweise bei Geld -sondern die Frage, ob es mit rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Mitteln erworben wurde. Der Weise wird sich mit dem Erlaubten zufrieden geben, selbst wenn es unbedeutend und gering erscheint, und niemals versuchen, nach Unerlaubtem zu greifen, selbst wenn es verlockend und großartig aussieht. (Mauduudi)

 

Abschnitt 13

101. O ihr Mu’mins! Fragt nicht nach Din­gen, die, wenn sie euch offenbar wür­den, euch nur verärgern könnten.339 Doch wenn ihr danach fragt, wenn der Qur’an herabgesandt wird, dann werden sie euch klar erscheinen.340 Allah hat sie aus Grade übergangen.341 Und Allah ist verzeihend, nachsichtig.

339. Verschiedentlich traten Leute an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, heran mit Fragen über Angelegenheiten, in denen weder ein Gebot noch ein Verbot offenbart worden war, oder sie verlangten eine ausführliche Darlegung von Geboten, die im Qur’an nur mit kurzen Worten zusammengefasst sind.

Beispielsweise sagte unser Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Ihr Menschen, die Pilgerfahrt ist euch vorgeschrieben." Da stand ein Mann auf und fragte: "Jedes Jahr, Gesandter Allahs?" Dieser jedoch wandte sich von ihm ab, worauf ihn der Mann bedrängte und frag­te: "Jedes Jahr, Gesandter Allahs?" Da sprach der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Wer ist derjenige, der da spricht?" Die anderen sagten: "Er ist Soundso." Da sagte er: "Bei Dem, in Dessen Hand meine Seele ist, wenn ich ja gesagt hätte, dann hätte ich es zur Pflicht gemacht, und wenn ich es zur Pflicht gemacht hätte, würde es über eure Kraft gehen, wenn es über eure Kraft ginge, dann hättet ihr euch von der Religion abgewandt." Darauß1in offenbarte Allah diesen Aja.

Eine weitere bekannte Aussage unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lautet: "Allah hat euch Pflichten auferlegt, darum vernachlässigt sie nicht; und Er hat Grenzen bestimmt, darum überschreitet sie nicht; und Er hat Dinge geheiligt, darum entweiht sie nicht. Und Er hat euch aus Barmherzigkeit gewisse Dinge verschwiegen, ohne sie vergessen zu haben, darum fragt nicht danach." (Qutb)

Der Aja ist direkt mit Aja 102 verbunden, in dem es heißt, dass der Gesandte nur seine Botschaft zu verkünden hat. In Verbindung mit dem Satz "heute habe Ich für euch eure Religion vervollkommnet..." in Aja 3 dieser Suura bedeutet diese Aussage, dass die Mu’mins nicht versuchen sollten, "zusätzliche" Gebote zu den im Qur’an deutlich erklärten oder vom Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, festgelegten Anordnungen herzuleiten, denn, ,dies könnte euch Schwierigkeiten verursachen, das heißt, euch eine zusätzliche Last auferlegen." Aufgrund dieses Ajas haben einige der größten islamischen Gelehrten die Schlussfolgerung gezogen, dass das islamische Gesetz in seiner Gesamtheit aus nichts weiter besteht als den eindeutigen Geboten, die aus dem offenkundigen Wortlaut (Sahir) des Qur’an hervorgehen, und den Anordnungen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und dass es folglich unzulässig ist, die Reichweite solcher offenkundigen Gebote durch subjektive Herleitungsmethoden zu erweitern. Dies hindert jedoch die muslimische Gemeinschaft nicht daran, bei Bedarf dem Geist des Qur’an und der prophetischen Lehren entsprechende zusätzliche, zeitbedingte Gesetze zu entwickeln; es muss jedoch deutlich hervorgehoben werden, dass diese nicht als Teil des islamischen Gesetzes an sich betrachtet werden können. (Asad)

Der Aja wendet sich auch gegen überflüssige und spöttische Scheinfragen, die aus Neugier oder falscher Frömmigkeit gestellt werden. (Darjabaadi)

340. Viele Geheimnisse sind uns wohlweislich verborgen. Wenn uns unsere Zukunft bekannt wäre, dann wären wir nicht notwendigerweise glücklich. Vielfach würden wir uns sogar elend fühlen. Wenn uns die innere Bedeutung einiger von unse­ren Augen befindlicher Dinge enthüllt würde, könnte dadurch großes Unheil entstehen. Allahs Botschaft liegt klar und offen vor uns, soweit es für die Herausbildung unseres Verhaltens notwendig ist. Aber es gibt vieles, was zu tief ist, als dass wir es verstehen könnten, sowohl individuell als auch kollektiv. Es wäre töricht, die Nase hineinstecken zu wollen, wie es einige Leute zur Zeit des Propheten taten. Wenn etwas im Koran erwähnt wird, können wir mit aller Achtung nach seiner Bedeutung fragen, das ist nicht verboten. Aber wir sollten nicht die Grenzen überschreiten

1. unserer eigenen Fähigkeit des Verstehens,

2. der Zeit und des Anlasses zur Fragestellung, und

3. des Teils des universalen Planes Allahs, den Er uns erst noch offenbaren will. (Juusuf 'Allii)

Die Prinzipien des religiösen Gesetzes sind folgende: was der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf sich, nicht erwähnt hat -weder befohlen noch verboten -, das ist erlaubt (mubach), das heißt weder verboten noch obligatorisch. Was er befohlen hat, ist obligatorisch (Fars), und was er verboten hat, ist verboten (Haram), und was immer er uns zu tun befohlen hat, ist verbindlich für uns nur entspre­chend unseren Fähigkeiten. Zu beachten ist, dass in diesem Zusammenhang der Begriff "der Prophet" auch den Qur’an mit umfasst, denn durch den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wurde die Botschaft des Qur’an der Menschheit übermittelt. (Asad)

341. "'afaa llahu 'anhaa" عَفَا اللّهُ عَنْهَا  kann man nach zwei Auslegungen zweifach übersetzen. Die erste Überlieferung besagt: Die Dinge, nach denen zu fragen euch verboten ist, sind die, die Allah stillschweigend übergangen und euch nicht auferlegt hat. Darum sollt auch ihr darüber schweigen. Dies wird bestätigt durch den Ausspruch des Propheten: "Allah hat über Dinge geschwiegen aus Barmherzigkeit euch gegenüber und nicht aus Vergesslichkeit. Darum fragt nicht danach."

Die zweite Auslegung ist die, dass Allah euch euer Fragen vor dem Verbot verziehen hat, gemäß Seiner überaus großen Barmherzigkeit und Nachsicht, wie es auch an einer anderen Stelle im Qur’an heißt: "Allah verzeiht, was bereits geschehen ist." (Al-Manar)

Indem Allah gewisse Dinge unausgesprochen und der Entscheidung des Menschen überlassen hat, ermöglicht Er es ihm, in Übereinstimmung mit seinem Gewissen und im besten Interesse der Gemeinschaft zu handeln. (Asad)

Anmerkung des Überarbeiters: das menschliche Gehirn reicht nicht aus um machen Dinge zu verstehen. Ein Beispiel ist, ein Kind kann nicht alles nachvollziehen was ein Erwachsener macht. Den die Logik reicht nicht aus, und dass muss man zum Verhältnis Allah Mensch sehen. Der Vergleich ist nicht angebracht, und zu Simpel, dennoch könnte es helfen das zu verstehen, dass wir Menschen nie hinter der Weisheit Allahs kommen könnten.

 

102. Bereits vor euch haben Leute solche Fragen gestellt.342 Doch sie schenkten ihnen dann den Kufr.343

342. Beispielsweise die Streitfragen, mit denen die Juden Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegenübertraten (vergleiche Suura 2:68-71); sie zeigten damit, dass sie keinen Imaan hatten. Wenn sinnlose Fragen gestellt werden und es keine Antwort darauf gibt, erschüttert dies auch den Imaan der Törichten. (Juusuf 'Allii)

343. Indem sie der Antwort nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkten. Vergleiche Lukas 22:67: "... und sprachen: Bist du der Christus, so sage es uns! Er aber sprach zu ihnen: Sage ich's euch, so glaubet ihr's nicht ..." (Darjabaadi)

Ein Beispiel für ein Volk, das durch sinnlose und unnütze Fragerei dem Kufr verfiel, ist das der Juden. Zuerst befassten sie sich mit Haarspalterei, die sie zu nutzlosen Fragen über Details der Religion und des Gesetzes führte. Als Folge davon legten sie sich selbst im Laufe der Zeit in dem Maße Einschränkungen auf, dass sie sie nicht mehr befolgen konnten, und machten sich des Ungehorsams und des Kufr schuldig. Wie schade, dass die Muslime trotz der War­nungen des Qur’ans und des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Schritt für Schritt dieser Praxis der Juden folgen! (Mauduudi)

 

103. Es war nicht Allah, Der (abergläubische Vorstellungen344 wie) eine ba’hira,345 ei­ne sa'iba,346 eine wasila347 oder einen hami348 hervorgerufen hat, sondern es waren die Kaafirs, die eine Lüge gegen Allah ersonnen haben.349 Doch die meisten von ihnen begreifen nicht.

344. Dies bezieht sich auf eine Anzahl abergläubischer Praktiken der heidnischen Araber. In der Vorstellungswelt der Heiden, die nicht die verborgenen Geheimnisse der Natur verstanden, wurden verschiedene Phänomene dem Zorn Allahs zugeschrieben und von abergläubischer Furcht begleitet, die auf ihr gesamtes Leben einwirkte. Die hier erwähnten Einzelbei­spiele weisen auf eine allgemeingültige Wahrheit hin: Dass Aberglaube auf Unwissenheit zurückzuführen und somit entwürdigend für den Menschen und Lästerung gegenüber Allah ist. (Juusuf 'Allii)

345. Ein Mutterkamel, dessen Milch die heidnischen Arabern ihren Göttern weihten. Es handelte sich dabei um eine Kamelstu­te, die zehn Jahre geboren hatte, woraufhin ihr Ohr geschlitzt und sie losgelassen wurde, um frei zu weiden. Wenn sie starb, wurde ihr Fleisch nur von den Männern gegessen, während es den Frauen verboten war. (Darjabaadi)

346. Ein Kamel, das als geweihtes Tier losgelassen wurde, so dass es weiden konnte und nicht mehr zur Arbeit herangezogen werden durfte, gewöhnlich als Erfüllung eines Gelübdes. (Darjabaadi)

347. Als wasila wurde irgendein Haustier bezeichnet, einschließlich Ziege oder Schaf, das beim siebten Wurf beziehungsweise Deckungsakt ein männliches und ein weibliches Junges hervorgebracht hatte. (Darjabaadi)

348. Ein Kamelhengst, der losgelassen wurde, nachdem er zehn Junge gezeugt hatte. (Darjabaadi)

Zusammengefasst: Gewisse Arten von Vieh, die aufgrund abergläubischer Vorstellungen ausgesondert und von der Nut­zung durch den Menschen ausgenommen wurden. Dies ist auch der Konsens aller Kommentatoren, wie unterschiedlich sie auch die einzelnen Arten definieren mögen. Dass sie hier erwähnt werden (wie auch impliziert in Suura 6:138-139 und 143-144), illustriert im Zusammenhang mit den vorherigen Ajas die willkürliche Erfindung angeblich "religiöser" Gebote und Verbote. (Asad)

349. Diese abergläubischen Riten sind nicht Gebote Allahs, sondern Erfindungen der Unwissenden. (Darjabaadi)

Der Islam ist gekommen, um das Innerste des Menschen von den Vorstellungen und den Knoten des Heidentums zu befrei­en, dem menschlichen Verstand seine Würde zurückzugeben und ihn aus den Schlingen der Götzen und ihrer Anbetung zu befreien. Daher hat er das Heidentum in all seinen Erscheinungsformen aufs Schärfste bekämpft. Er verfolgte es über­all, sei es in den Tiefen der Seele oder in den religiösen Riten, in den Lebensregeln, den Vorschriften oder im System. Und dies ist eine der heidnischen Krümmungen der vorislamischen Zeit Arabiens, die der Islam behandelt, um sie zurecht­zubiegen. (Qutb)

 

104. Und wenn ihnen gesagt wird: "Kommt herbei zu dem, was Allah (vom Qur’an) offenbart hat und dem Gesandten," sagen sie: "Uns genügt das, bei dem wir unsere Väter fanden,350 auch wenn ihre Väter überhaupt nichts wissen und wenn sie nicht rechtgeleitet sind?

350. Vergleiche Suura 2:170. Wenn ein Gesandter mit der Wahrheit kommt, um uns eine bessere Lebensweise zu lehren ist es dumm zu sagen: "Uns genügt, was unsere Vorfahren taten." (Juusuf 'Allii)

Für die meisten polytheistischen Völker -unter ihnen die vorislamischen Araber -ist die Religion nicht eine Sache der Vernunft und der Offenbarung Allahs, sondern bloßer Brauch -von den Vätern auf ihre Kinder überlieferte Riten und Dogmen. (Darjabaadi)

Viele Araber waren der Annahme, sie folgten der Religion Ibraahiims as, die dieser von Allah gebracht hatte, denn sie hatten Allah nicht gänzlich verleugnet, sondern wussten um Seine Existenz, Seine Macht und Seine Lenkung der Geschehnisse des Daseins. Sie hatten jedoch selbst zusätzlich für sich Gesetze gemacht, die sie dann Allah zuschrieben. Somit waren sie in den Kufr hineingeraten, wie alle Unwissenden immer und überall. (Qutb)

 

105. O ihr Mu’mins! Ihr seid nur für euch selbst verantwortlich.351 Wer irregeht, kann euch keinen Schaden zurügen, solange ihr (selbst) rechtgeleitet seid.352 Zu Allah wird euer aller Rückkehr sein.353 Dann wird Er euch Kunde davon geben, was ihr zu tun pflegtet.354

351. In erster Linie. Die nächstliegende Pflicht für jeden einzelnen ist es, seine eigene Seele zu retten und sich nicht unangemes­sen um andere zu sorgen. Vergleiche im Neuen Testament Galater 6:4-5: "Ein jeglicher aber prüfe sein eigen Werk; und alsdann wird er an sich selbst den Ruhm haben und nicht an einem anderen; denn ein jeglicher wird seine Last tragen."(Darjabaadi)

Solange ihr euch nämlich an den Pfad des Rechts und der Tugend haltet und eure Pflicht gegenüber anderen erfüllt, indem ihr sie zur Rechtschaffenheit mahnt, berührt es euch wenig, wenn sie auf ihrer Schlechtigkeit und ihrem willkürlichen Ungehorsam bestehen. (Darjabaadi)

352. Dies ist eine Warnung vor einer gewöhnlichen menschlichen Schwäche. Einige Menschen halten ständig Ausschau nach den Fehlern anderer, um sie zu kritisieren. Sie werden hier ermahnt, ihre Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Handlungen, Moralvorstehungen und Religionsüberzeugungen zu konzentrieren, statt sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen. Wenn ein Mensch selbst Allah gehorsam ist, seine Pflichten gegenüber Allah und den Menschen erfüllt und den Pfad von Tugend und Rechtschaffenheit beschreitet, wozu es sicherlich auch gehört, Gutes zu verwirklichen und Böses auszurotten, dann kann die Bosheit und Schlechtigkeit anderer ihm nicht schaden. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass ein Mensch nur auf sein eigenes Heil bedacht sein und die Reformierung anderer außer acht lassen sollte. Abu Bakr As-Siddiq wies dieses Missverständnis in einer Ansprache zurück, indem er sagte: "Ihr Leute, ihr tragt diesen Aja vor und interpretiert ihn falsch. Ich selbst habe den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagen hören: „Wenn ein Volk so gleichgültig wird, dass es Böses sieht und nicht versucht, es zu entfernen, oder einen ungerechten Menschen sieht, wie er Unrecht tut, und nicht versucht, ihn davon abzu­bringen, kann Allah alle dafür bestrafen.“ Ich schwöre bei Allah, dass es eure Pflicht ist, Gutes zu gebieten und Böses zu verwehren; sonst wird Allah euch dem schlimmsten Volk ausliefern, das euch unterdrückt. Dann werden die Guten unter euch Gebete sprechen, aber Er wird sie nicht annehmen." (Mauduudi)

Rechtschaffenheit und Liebe zu Allah verlangt, anderen Menschen den Weg der Rechtschaffenheit und Frömmigkeit zu zeigen. Wenn ihr euer Möglichstes getan habt, die Menschen für die Sache der Rechtschaffenheit aufzurufen, dann habt ihr euer Bestes getan und seid in keiner Weise verantwortlich für die Missetaten anderer. Die Verantwortung für ihre Sünden liegt allein bei ihnen. (Siddiqi)

353. Darum seid nicht ungeduldig, wenn die Bösen nicht gleich bekommen, was sie verdienen. (Darjabaadi)

354. Vergleiche Suura 5:51. Die Einheit Allahs wird Meinungsunterschiede klären. Die Einheit des Richters wird dem Verhalten jedes einzelnen sein Recht zukommen lassen, wie verschieden in der Form es auch in dieser Welt in Erscheinung getreten ist. (Juusuf ’Allii)

In diesem einen Aja wird der politische Aspekt im Wesen der muslimischen Gemeinschaft und im Wesen ihrer Beziehun­gen zu den übrigen Gemeinschaften und Nationen umrissen. Die muslimische Gemeinschaft ist Allahs Partei, und es ist ihre Pflicht, sich untereinander zu solidarisieren, zu beraten und zu ermahnen und sich führen zu lassen. Alsdann soll es sie nicht kränken, wenn die Menschen um sie herum irregehen. Dies heißt aber nicht, dass sie von ihrer Pflicht entbun­den sind, die Menschen allesamt zur Rechtleitung aufzurufen. (Qutb)

 

106. O ihr Mu’mins! (Nehmt) Zeugen aus euren Reihen, wenn sich bei einem von euch die Zeichen des (nahenden) Todes einstellen. Dann sollen zwei eurer rechtschaffenen, ehrenvollen Männer,355 Zeu­gen der letztwilligen Verfügung sein,356 oder zwei andere, die nicht zu euch ge­hören, falls ihr auf Reisen seid und euch das Schicksal des Todes ereilt. Haltet sie nach dem Gebet auf und lasst sie beide bei Allah schwören, sofern ihr Zweifel hegt: "Wir wollen dadurch keinen Ge­winn erzielen,357 selbst wenn es sich um einen Verwandten handelt,358 und wir werden Allahs Zeugnis nicht verschwei­gen, sonst wären wir wahrlich Sünder."

355. Personen mit Ehre und Integrität. (Darjabaadi)

"Minkum" مِّنكُمْ  (wörtlich: von euch) bedeutet nach Ansicht der meisten Kommentatoren "aus eurer eigenen Gemeinschaft", nämlich der muslimischen. (Asad)

356. Solche, die keine Muslime sind. (Darjabaadi)

Wenn keine Muslime zur Verfügung stehen, ist es erlaubt, Nichtmuslime heranzuziehen. (Mauduudi)

357. Selbst wenn er mit uns verwandt ist und unser Zeugnis zu seinen Gunsten ausfällt. (Darjabaadi)

358. Dieser Schwur sollte die entscheidende Rolle spielen und die Angelegenheit hiermit beendet sein. Sollte sich jedoch her­ausstellen, dass der Eid falsch war, dann müssen -wie im nächsten Aja erwähnt -andere Beweismittel herangezogen werden. (Juusuf 'Allii)

Wer spürt, dass sein Ende naht, hat die Pflicht, wenn er seinen Verwandten seinen Besitz vermachen will, zwei rechtschaffene Muslime herbeizurufen, um ihnen das zu übergeben, was er seinen nicht anwesenden Angehörigen vermachen will. Dies ist so im Fall, dass er sich zuhause befindet. Ist er aber auf Reisen, und es lassen sich keine Muslime finden, die er mit dieser Aufgabe betrauen kann, so dürfen diese zwei Zeugen Kaafir sein. Hegen die Muslime oder die Verwandten des Toten Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage und an ihrer Aufrichtigkeit, so können sie die Zeugen je nach Religionszugehörigkeit nach der Verrichtung des Gebets zurückhalten und sie bei Allah schwören lassen, dass sie nicht nach Vorteil für sich oder für andere trachten. Alsdann wird ihre Zeugenaussage angenommen. (Qutb)

 

107. Doch wenn sich herausstellt, dass sich die bei den einer Sünde schuldig gemacht haben, dann sollen zwei andere an ihrer Stelle vortreten aus dem Kreis der näch­sten Anverwandten, die ein Recht zu be­anspruchen baben.359 Sie sollen bei Allah schwören: "Wir bezeugen wahrhaf­tig, unsere Zeugenaassage ist aufrich­tiger als ihre Zeugenaussage, und wir Wollen damit niemanden verletzen. Sonst würden wir wahrlich Unrecht tun.

359. Zwei andere, und zwar in diesem Fall von den Erben, gegen deren Interessen sich die Vollstrecker nun bekanntlich ver­gangen haben. (Darjabaadi)

"Istahaqqa" اسْتَحَقَّا: er verdient, etwas (Gutes oder Böses) zugeschrieben zu bekommen. Daher die verschiedenen Bedeutungen:

1. er beging eine Sünde oder machte sich schuldig;

2. er beanspruchte ein ihm zustehendes Recht (auf Eigentum) oder macht seinen Anspruch geltend.

Es gibt einen Präzedenzfall aus der Zeit des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm: Ein Mann aus Medina starb unterwegs, nachdem er seine Waren zwei Freunden anvertraut hatte, die sie seinen Erben in Medina überbringen sollten. Sie jedoch unterschlugen einen wertvollen Silberbecher. Als sich dieser Sachverhalt herausstellte, wurden denjenigen, die mit den wahren Verhältnissen vertraut waren, Eide abgenommen und der Gerechtigkeit Genüge getan. (Juusuf 'Allii)

 

108. Dies ist besser, damit sie wahrheitsgemäßes Zeugnis ablegen360 oder fürchten, dass Eide nach ihren Eiden gefordert werden.361 So fürchtet Allah und gehorcht! Und Allah leitet nicht das Volk der Frevler.

360. Entsprechend der Absicht des Erblassers. (Darjabaadi)

361. Das heißt die Eide, mit denen die Erben den Eiden der Vollstrecker widersprechen. (Darjabaadi)

Wörtlich: "Damit nicht (widersprechende) Eide nach ihren Eiden geboten werden. (Asad)

Dies sind die geeignetesten Mittel um den Zeugen dazu zu veranlassen, wahrheitsgemäß auszusagen. Wenn er nämlich nach dem Gebet in aller Öffentlichkeit schwört, so bemüht er sich, das ihm Anvertraute weiterzugeben, ohne etwas daran zu verändern, entweder aus Ehrfurcht vor Allah oder aus Furcht vor Seiner Bestrafung oder um Lohn von Ihm zu erhalten. Und wenn nicht aus diesen Gründen, dann aus Angst vor einer Bloßstellung, da er sich einer Sünde schuldig gemacht hat und seine Zeugenaussage zurückgewiesen wurde. (Al-Manar)

 

Abschnitt 15

109. Und (gedenket) des Tages, an dem Allah die Gesandten zusammenbringen und sagen wird:362 "Was war die Antwort auf euer Aufruf?" Sie werden sagen: "Wir besitzen kein Wissen. Wahrlich, Du bist Derjenige, der das Verborgene weiß."363

362. In Anwesenheit ihrer Völker. (Darjabaadi)

Die Gesandten, die Er im Laufe der Zeiten über alle Teile der Erde verteilt und an die verschiedenen Nationen gesandt hat, alle mit einer einzigen Botschaft, so verschieden die Zeiten, die Orte und die Völker auch waren.. (Qutb)

363. Hier wird uns eine Szene am Tage des Gerichts vorgestellt, die die Verantwortung und auch die Grenzen jener Männer Allahs beschreibt, die entsandt wurden, Allahs Botschaft den Menschen zu predigen -hier mit besonderer Bezugnahme auf die Botschaft Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Die Gesandten wurden geschickt, um die Wahrheit zu verkünden. Es war für sie unvorstellbar und liegt außerhalb ihrer Verantwortung, welche phantastischen Formen ihre Botschaft durch die Reaktion der Menschen darauf angenommen hat. (Juusuf 'Allii)

Die Propheten sind Menschen wie andere auch. Sie kennen nur das offen Sichtbare, nicht das Verborgene. Der Gesandte kann weder die Echtheit der Überzeugung des einen, noch die Beweggründe für die Ablehnung des anderen kennen. Er kann nur die Dinge so beurteilen wie sie erscheinen. Tiefgehende Kenntnisse aber besitzt nur Allah allein. (Qutb)

Sie kannten weder zu ihren Lebzeiten die geheimen Gedanken und Absichten ihrer Völker, noch konnten sie voraussehen, was diese nach dem Tod ihres Propheten glauben und praktizieren würden. (Darjabaadi)

Vergleiche Aja 102: Die Pflicht eines Gesandten ist lediglich, seine Botschaft zu übermitteln -denn weder kann er Menschen zwingen, dem rechten Pfad zu folgen, noch kann er wissen, was in ihren Herzen ist. Vergleiche auch Suura 4:41-42. (Asad)

 

110. Und wenn Allah sagen wird: ,,O ’Isa, Sohn der Marjam! Gedenke Meiner Gnadenerweise364 an dir und deiner Mutter, als Ich dich durch den heiligen Geist unterstützte,365 so dass du zu den Menschen in der Wiege und im Mannesalter sprachst,366 und als Ich dich die Schrift und die Weisheit lehrte367 und die Thora und das Evangelium,368 und als du aus Lehm etwas in Gestalt eines Vogels formtest6369 mit Meiner Ermächtigung370 und ihm (Leben) einhauchtest und es ein Vogel wurde mit Meiner Er­mächtigung,371 und als du die Blinden und die Aussätzigen heiltest mit Meiner Ermächtigung,372 und als du die Toten wieder ins Leben zurückriefst373 mit Meiner Ermächtigung. Und (gedenke der Zeit) als ich die Kinder Israels von dir zurückhielt,374 als du mit den klaren Beweisen zu ihnen kamst und die Kaafirs unter ihnen sagten: „Dies ist nichts anderes als offenkundige Zauberei.“375

364. In einer feierlichen Szene beim Jüngsten Gericht wird Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aufgefordert, alle Wohltaten und Gnadengeschenke aufzuzählen, die Allah ihm hat zukommen lassen, so dass sich seine Anhänger ihrer Undankbarkeit schämen, seine Botschaft entstellt zu haben, während sie aus ihrer Reinheit und geistigen Wahrheit so viel Nutzen hätten ziehen können. Dieses Argument wird bis zum Ende der Suura fortgesetzt. (Juusuf ’Allii)

Die Ansprache wird in aller Öffentlichkeit vor seinen Anhängern, die ihn zu Allah erhoben und angebetet haben, an 'Isa. Allahs Segen und Frieden auf im, gerichtet, vor den Anhängern, die Geschichten und Übertreibungen um ihn und um seine Mutter erdichtet haben. Zuerst wird er an die vielen Gnadenerweise Allahs an ihm und an seiner Mutter erinnert, und die Wunder werden aufgeführt, die ihm Allah mitgab, durch die die Menschen zur Religion geführt werden sollten. Als erstes wird die Unterstützung durch den heiligen Geist in seiner Kindheit erwähnt, so dass er im Säuglingsalter mit den Menschen redete. Dann die Frei­sprechung seiner Mutter von den Anschuldigungen, die seine ungewöhnliche Geburt aufgeworfen hatte, alsdann die Fähig­keit, im Mannesalter zu den Menschen zu sprechen, um sie zum Imaan an Allah aufzurufen; dass ihm das Lesen beigebracht und ihm die Fähigkeit verliehen wurde, in allen Angelegenheiten mit Weisheit zu urteilen. Allah lehrte ihn die Thora, die bei den Kindern Israels bereits vorhanden war, und das Evangelium, das ihm Allah offenbarte. Ihm wurde auch die Voll­bringung mancher Wunder mitgegeben, wozu kein Mensch fähig wäre, außer mit Allahs Ermächtigung. (Qutb)

365. "Der heilige Geist" (Ruuch Al-Qudus  رُوحِ الْقُدُسِ ) kann sieh beziehen auf die Offenbarungen oder den Engel Dschibriil, der sie den Propheten überbrachte, oder auf die ,heilige Seele Isas as, die Allah in Reinheit erschaffen hat. Der Begriff "ruuch" wird im Qur’an auch im Sinn von Eingebung verwendet -siehe 16:2,40:15,42:52,58:22,97:4. ,Der heilige Geist" hat außer dem Namen nichts gemeinsam mit dem ,Heiligen Geist' des Christentums der dritten Person der ,Heiligen Dreieinigkeit". (Siddiqi)

366. Die Sendung Allahs Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll nur drei Jahre gedauert haben, von seinem 30. bis zu seinem 33. Lebensjahr, als er angeblich gekreuzigt wurde. Doch im Neuen Testament (Lukas 2:46) wird davon gesprochen, dass er bereits als Knabe mit den Rechts­gelehrten im Tempel diskutierte und sogar schon vorher (Lukas 2:40), dass "das Kind aber wuchs und erstarkte in der Fülle der Weisheit. In einigen apokryphen Evangelien ist die Rede davon, dass er bereits im Kindesalter predigte. (Juusuf 'All)

367. Mit der "Schrift" könnte das Evangelium bzw. die Thora gemeint sein, auch die eigentliche Fähigkeit des Lesens und Schrei­bens. (Qutb)

368. "Und die Thora und das Evangelium". Die Konjunktion "und" am Anfang dieses Ausdrucks soll die Tatsache betonen, dass sowohl Thora als auch Evangelium in der Isa. Allahs Segen und Frieden auf ihm, übermittelten Offenbarung (Al-Kitab) enthalten waren. Obgleich die Thora eine ältere Offenbarung war, wird gesagt, dass sie Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gelehrt wurde, denn seine eigene prophetische Sendung war auf dem Gesetz Musa. Allahs Segen und Frieden auf ihm, begründet, das durch das Evangelium nur bestätigt, nicht aber aufgehoben werden sollte (vergleiche Matthäus 5:17-.19). (Asad)

369. Das Wunder der Lehmvögel ist in einigen der apokryphen Evangelien zu finden; das des Heilens der Blinden und Aussätzi­gen und des Auferweckens der Toten in den kanonischen Evangelien. Das ursprüngliche Evangelium bestand nicht aus den verschiedenen Geschichten, die erst später von den Jüngern aufgeschrieben worden sind, sondern aus der Botschaft, die Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst verkündet hat. (Juusuf 'Allii)

Das Bemerkenswerte an dieser Ansprache ist, dass sie aus Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eigenem Munde kommt, so wie es Marjam von Allah vorausgesagt wurde und später tatsächlich eintraf. Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, stellt dabei klar, dass ein jedes "seiner" Wunder ein Wunder von Allah ist. (Qutb)

370. Das heißt, durch Allahs Willen, nicht durch Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Willen. (Darjabaadi)

371. Der Begriff "tayr" oder auch "ta'ir" طَّيْرِ wird im vorislamischen Sprachgebrauch wie auch im Qur’an oft im Sinne von" Schicksal' , benutzt (vergleiche beispielsweise Suura 7:131; 27:47 oder 36: 19, oder noch deutlicher in Suura 17:13). Beispiele für diesen idiomatischen Gebrauch der Begriffe sind in allen maßgeblichen Lexika zu finden. Auf diese Weise wird auf die von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, so geliebte gleichnishafte Art darauf hingewiesen, wie er aus dem "Lehm" des (sehr materialistischen -Anm. d. Übers.) Lebens der Kinder Israel für sie die Zukunftsperspektive geistiger Erhebung schafft, und dass diese Zukunftsperspektive, belebt durch Allahs Inspiration, durch Seinen Willen und mit ihrem Imaan, in ihrem Leben verwirklicht werden kann. (Asad)

Ob es sich hier um ein Gleichnis oder um eines der Wunder Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, handelt, entzieht sich unserem begrenzten menschlichen Wissen -Anm. d. Übers.

Der Ausdruck "mit Meiner Ermächtigung" soll darauf hinweisen, dass Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, diese Fähigkeit nicht stets hatte, wie die nor­malen körperlichen Funktionen, sondern dieses Wunder wurde nur erbracht, wenn Allah ihm die Erlaubnis und die Er­mächtigung dazu gab (Al-Manar).

372. Alle diese Wunder wurden für Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, getan, nicht von ihm. (Darjabaadi)

Beachte, wie die Worte, ,mit Meiner Ermächtigung" bei jedem dieser Wunder wiederholt werden, um damit zu betonen, dass sie nicht aus Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Macht oder Willen heraus geschahen, sondern aus Allahs Macht und Willen heraus und mit Seiner Erlaubnis, denn Er ist erhaben über Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und alle anderen Sterblichen. (Juusuf 'Allii)

373. Vergleiche Suura 3:49, sowie für die übertragene Bedeutung auch Suura 6: 122. (Asad)

374. Lange vor ihrem Versuch, Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu kreuzigen, hatten die Juden es auf sein Leben abgesehen: vergleiche Lukas 4:28-29. Ihr Versuch, ihn zu kreuzigen, schlug schließlich auch fehl, vergleiche Suura 4: 157. (Juusuf 'Allii)

375. Nach Lukas 11:15 beispielsweise wurde Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach der Austreibung eines Teufels aus einem Menschen vorgeworfen, er triebe den Teufel durch den Obersten der Teufel aus, das heißt, man beschuldigte ihn, Schwarze Magie zu betreiben. Im Qur’an wird ein solches Wunder der Teufelsaustreibung nicht erwähnt, und wir werden auch nicht aufgefordert, an dämo­nische Besessenheit dieser Art zu glauben. Aber Musa, Isa und Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, wurden von denjenigen, die keine andere Erklärung für Allahs Machtausübung finden wollten, der Magie und Zauberei bezichtigt. (Juusuf 'Allii)

Wie merkwürdig ist doch die Mentalität fehlgeleiteter Menschen! Wenn sie in einem Menschen göttliches Wirken feststel­len, versgöttlichen sie diesen Menschen, oder sie setzen ihn herab auf die Stufe der Hexenmeister, wobei sie die durch ihn sichtbar gewordenen Wunder als Magie abtun. (Siddiqi)

 

111. Und (gedenke der Zeit) als Ich den Jüngern376 eingab, dass sie an Mich und an Meinen Gesandten den Imaan verinnerlichen sollten.377 Sie sagten: „Wir haben den Imaan gewiss verinnerlicht. So be­zeuge, dass wir (Allah) ergeben378 sind.

376. "Hawariun" -hier mit Jüngern übersetzt -ist der Plural von Hawari, was soviel bedeutet wie "derjenige der aufrichtig zu einem ist, treu in seiner Freundschaft, insgeheim und öffentlich". In der Grundsprache bedeutet es: reine weiße Farbe. (Al-Manar)

377. Das heißt: Auch der Imaan der Jünger war eines der Gnadengeschenke Allahs für Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm; er selbst hätte nicht die Macht gehabt, einen einzigen Menschen auf den rechten Weg zu bringen. (Mauduudi)

378. Das heißt Muslime sind. (Anm. d. Übers.)

Vor oder nach der Sendung Muchammeds auf dieser Erde sind alle, die sich Allahs Willen unterwerfen, Muslime, und

ihre Religion ist Islam ("Hingabe an Allah"). Vergleiche auch Suura 3:52 und Fußnote. (Juusuf 'Allii)

Die ersten Jünger Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, glaubten an ihn nicht als Sohn Allahs, sondern als Gesandten Allahs, so wie sie auch an Allahs Einheit und das Prophetentum Seiner Gesandten den Imaan verinnerlichten, wie es der Überzeugung der Muslime entspricht. (Siddiqi)

 

112. (Gedenke der Zeit) als die Jünger zu Isas, dem Sohn Marjams, sagten: "Kann dein Herr379 uns einen Tisch380 vom Himmel herabsenden?" Er sagte: "Fürchtet Allah, wenn ihr den Imaan verinnerlicht habt seid."381

379. Dieser Dialog enthüllt uns die Natur des Volkes Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und insbesondere der Auserwählten unter ihnen, der Jünger. Es wird ein großer Unterschied zwischen ihnen und den Gefährten des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, deutlich. Die Jünger, denen Allah den Imaan an Ihn und an 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, eingab, so dass sie nicht nur den Imaan verinnerlichten, sondern Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zum Zeugen ihrer Ergebenheit mach­ten, verlangen trotz allem, was sie an Wunder Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesehen haben, nach einem neuen Wunder, um ihre Herzen damit zu beruhigen und die Gewissheit zu bekommen, dass er ihnen die Wahrheit gesagt hat, und um 'als Zeugen für ihre Nachkommen aufzutreten. Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Gefährten aber verlangten nach ihrem Bekenntnis zum Islam kein einziges Wunder. Durch ihre Imaan waren sie sicher im Herzen und sie verlangten danach keine Beweise seiner Aufrichtigkeit von ihm. Sie verinnerlichten den Imaan an ihn, ohne dass ein Wunder vollbracht worden wäre außer dem Wunder dieses Qur’ans.

Die Kommentare über "Kann dein Herr..." sind unterschiedlich. Wie konnten die Jünger in dieser Formulierung eine solche Frage stellen, nachdem sie an Allah den Imaan verinnerlichten und Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zum Zeugen ihrer Ergebenheit machten! Die einen meinen, dass nicht das "Können" hier gemeint sei, sondern die erforderliche Macht, ihnen den Tisch herabzusenden. Dagegen meinen die anderen, dass es bedeuten soll: "Wird deine Bitte erfüllt, wenn du sie aussprichst?" Wie dem auch sei, Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, antwortete ihnen, indem er sie davor warnte, Wunder zu wünschen, denn dies sei kein Merkmal der Mu’mins. (Qutb)

Die Frage, „Kann dein Herr..." im Munde der mu’min Jünger kann nur folgendes bedeuten: gibt es nicht vielleicht irgendetwas in Allahs Plan, das einem solchen Wunder entgegensteht? (Darjabaadi)

380. Ma'ida bedeutet nicht nur "ein Tisch mit Speisen darauf", sondern auch "Speisen an sich" ohne einen Tisch. In diesem Zusammenhang ist möglicherweise nicht von einem Tisch die Rede. Es geht wohl um ein Wunder von zubereiteter himmli­scher Speise, um das die Jünger baten. (Darjabaadi)

Die Geschichte von der himmlischen Speise wird in den Evangelien, wie sie heute bestehen, oder in anderen Schriften der Christen nicht erwähnt. Die heute in der Bibel enthaltenen Evangelien sind nicht identisch mit dem Evangelium (Indschil), das Allah Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm offenbart hat; jedoch erscheint in den biblischen Evangelien ein Anklang an dieses Speisewunder in einer abgewandelten Form, beispielsweise in Matthäus 15:32-38: "Und Jesus rief seine Jünger zu sich und sprach: Es jammert mich des Volkes; denn sie sind nun schon drei Tage lang bei mir und haben nichts zu essen, und ich will sie nicht ohne Speise von mir lassen, auf dass sie nicht verschmachten auf dem Wege. Da sprachen zu ihm seine Jünger: Woher sollen wir soviel Brot nehmen in der Wüste, dass wir so viel Volk sättigen? Und Jesus sprach zu ihnen: Wie viel Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben und wenige Fischlein. Und er hieß das Volk sich lagern auf die Erde und nahm die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt; und hoben auf, was übrig blieb von Brocken, sieben Körbe voll. Und die da gegessen hatten, waren viertau­send Mann, ohne die Frauen und Kinder." Ähnliche Versionen sind in den anderen biblischen Evangelien zu finden. (Qutb)

381. Die Bitte der Jünger klingt ein bisschen nach

1. Mangel an Imaan;

2. zu großer Wertschätzung physischer Nahrung; und

3. einem naiven Wunsch nach Zeichen und Wundern.

All dies ist auch in den kanonischen Evangelien feststellbar.

1. Ziemlich am Anfang der Geschichte (Lukas 5:8) bittet Simon Petrs Jesus, von ihm fortzugehen, da er (Simon) ein sündiger Mensch sei. Derselbe Petrus verleugnet später schamlos mehrmals seinen Meister, als sich dieser in der Hand seiner Feinde befindet. Einer der Jünger ist es sogar, der Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verrät.

2. Selbst in den kanonischen Evangelien geht es in zahlreichen Wundererzählungen um Speise und Trank, beispielsweise die Verwandlung von Wasser in Wein (Johannes 2:1-11), die Verwandlung von fünf Broten und zwei kleinen Fischen in Speise für 5000 Menschen (Johannes 6:5-13) (das einzige Wunder, das in allen vier Evangelien geschildert wird), die wunderbare Anzahl der gefangenen Fische (Lukas 5:4-11), der Fluch gegen den Feigenbaum, weil er keine Früchte trug (Matthäus 21: 18-19), die Allegorie von Jesu Fleisch und Blut, das gegessen und getrunken wird (Johannes 6:53-57).3. Da die Samariter Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nicht in ihrem Dorf beherbergen wollten, verlangten die Jünger Jakobus und Johannes, dass ein Feuer vom Himmel herabfallen und sie verzehren sollte (Lukas 9:54). (Juusuf 'Allii)

Die Worte Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm zeigen deutlich, dass er die Forderungen seiner Jünger nicht befürwortet, denn sie beinhalten einen naiven Wunsch nach Wundem als Beweis für Allahs Wohltaten. (Siddiqi)

 

113. Sie sagten: "Wir wollen davon essen und unsere Herzen beruhigen und er­kennen, dass du uns, die Wahrheit gesagt hast, und dass wir dafür Zeugnis ablegen."382

382. Trotz Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Ermahnung zur Taqwa bestehen jedoch die Jünger weiterhin auf ihrer Bitte, Sie wollen von diesen einzig­artigen Speisen essen, die auf dieser Erde nicht ihresgleichen haben, und mit diesem Wunder, das sich vor ihren Augen vollzogen hat, ihre Herzen beruhigen. (Qutb)

Ihr vorrangiger Wunsch war es, an dem darin liegenden Segen teilzuhaben und Zeugen dafür zu sein. (Darjabaadi)

 

114. Da sagte Isa, der Sohn Marjams: ,,O Allah, unser Herr, sende uns einen Tisch vom Himmel herab,383 damit es ein Fest384 für uns sei, für den ersten und den letzten von uns, und ein Zei­chen von Dir,385 und versorge uns, denn Du bist der beste Versorger.386

383. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass in der Bitte der Jünger keine Respektlosigkeit oder Arroganz enthalten war. (Darjabaadi)

Das heißt: Als 'Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Aufrichtigkeit ihrer Absicht erkannt und dass sie nicht Allahs Macht auf die Probe stellen wollten, sprach er diese Bitte aus. (Al-Manar)

384. Das Wort 'Id wird nicht nur für Freude und Glück benutzt, sondern auch für religiöse und volkstümliche Feste. Deswegen hat "Al-Suddi" in seiner Erklärung dieses Wortlautes gesagt: "Wir wollen den Tag, an dem der Tisch herabgesandt wur­de, zu einem Festtag machen, den wir und unsere Nachkommen hoch ehren wollen." (Al Manar)

385. Den ersten, das heißt die gegenwärtige Generation, die sich natürlich freut und geehrt fühlt durch diesen besonderen Be­weis Gnade Allahs, die letzten, das heißt jene, die nach uns kommen und die glücklich darüber sein werden, dass ihre Vorväter Empfänger solcher Auszeichnung Allahs gewesen sind. (Darjabaadi)

Der Wortlaut dieses Gebets scheint auf das Letzte Abendmahl hinzuweisen. Vergleiche auch die Petrusvision in der Apo­stelgeschichte 10:9-16. (Juusuf 'Allii)

"... ein Zeichen von Dir" das heißt: ein Zeichen für die Wahrhaftigkeit meines Prophetentums und meiner Sendung. (Al-Manar)

386. In Isa. Allahs Segen und Frieden auf ihm, Bitte, wie sie im Qur’an wiedergegeben ist, kommt die ganze Demut eines Allahsdieners seinem Herrn gegenüber und sein Imaan zum Ausdruck. (Qutb)

In Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Gebet -wie auch im Islam -muss "Nahrung" sowohl als physische als auch als geistige Kraft verstanden werden, besonders als letzteres. "Unser täglich Brot gib uns heute" scheint die Formulierung eines Autors zu sein, der diese Bitte wörtlich versteht. (Juusuf 'Allii)

Beachte Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Haltung. Er bittet Allah um himmlische Nahrung in erster Linie als ein Zeichen von Ihm, dann erst als Lebens­unterhalt. (Siddiqi)

 

115. Da sagte Allah: "Ich werde ihn wahrlich zu euch herabsenden.387 Wer von euch jedoch danach kaafir wird,388 den werde Ich gewiss mit einer Strafe belegen, wie Ich noch niemanden auf der Welt bestraft habe!"389

387. Die grammatische Form "munassil" مُنَزِّل (wörtlich: "Ich bin Einer, der herabsendet' ') zeigt auf, dass es sich um ein wiederkeh­rendes Ereignis handelt -eine Kontinuität, die ich in meiner Übersetzung durch das in Klammem hinzugefügte Wort "immer" zum Ausdruck gebracht habe. Diese Betonung der Tatsache, dass Allah uns immer wieder neu mit physischer und geistiger Nahrung versorgt, erklärt die äußerste Strenge, mit der Er diejenigen verurteilt, die in ihrer arroganten Annahme, der Mensch sei sich selbst genug und unabhängig, diese offensichtliche Wahrheit abstreiten; zusätzlich wird damit die Forderung nach Wundem als "Beweis" für Allahs Existenz getadelt. (Asad)

388. Auch: "wer undankbar ist". Kafara bedeutete auch "undankbar sein -im Gegensatz ­zu schakara dankbar sein", "sich dankbar erweisen". Damit werden diejenigen gewarnt, die ihre Dankespflicht gegenüber einem so deutlichen Zeichen Allahs nicht erfüllen. (Darjabaadi)

389. Allah erhört die Bitte Seines aufrichtigen Dieners mit dem Seiner Macht angemessenen Ernst, damit die Bitte nach einem Wunder nicht zum Spiel und Zeitvertreib ausartet. Und damit diejenigen, die auch nach dem unwiderlegbaren Beweis noch kaafir bleiben, nicht ohne Strafe davonkommen können. (Qutb)

Es ist eine verdorbene Generation, die Zeichen und Wunder fordert. Gewöhnlich wird diesem Wunsch nicht entsprochen. Wo dies jedoch geschieht, vermehrt sich dadurch die Verantwortung derer, die darum gebeten haben. Wenn sie auch da­raufhin noch die Religion zurückweisen, Lügen ersinnen oder Götzen und falschen Idealen nachlaufen, dann ist ihre Strafe schwerer als die anderer Menschen. Wie sich dies praktisch unter den sogenannten Christen auswirkt, wird beispielsweise in dem Buch "If Christ Came to Chicago" von W. T. Stead verdeutlicht. (Juusuf 'Allii)

 

Abschnitt 16

116. Und wenn Allah sprechen wird.390 ,,O 'Isa, Sohn Marjams, hast du zu den Menschen gesagt,391 dass sie dich und deine Mutter als zwei Gottheiten neben Allah nehmen sollen?"392 Er sagte: "Gepriesen seiest Du! Es steht mir nicht zu, dass ich etwas sage, wozu ich kein Recht habe.393 Wenn ich es gesagt hätte, dann wüsstest Du es. Du weißt, was in meiner Seele ist, doch ich weiß nicht, was in Dir ist.394 Denn Wahrlich, Du bist Der, Der das Verborgene weiß.395

390. Wörtlich: "Und als Allah sprach". Vieles, was mit dem Jüngsten Tag zusammenhängt, wird in der Vergangenheitsform angesprochen, um damit auszudrücken, dass es ohne Zweifel so geschehen wird.

Dies ist als eine Drohung und ein Tadel an die Adresse der Christen in aller Welt zu verstehen. (ibn Kasir)

Nämlich am Tag des Gerichts. Der Vers steht in einem sinnvollen Zusammenhang mit den vorhergehenden Versen. Die Wunderforderung weist auf mangelnde Glaubensstärke hin. In diesem Vers wird darüber hinaus die Haltung angespro­chen, auf Grund derer Jesus und Maria als Gottheiten neben Gott verehrt wurden, trotz der Tatsache, dass weder Jesus noch Maria jemals einen solchen Anspruch stellten, sondern die Menschen aufforderten, Gott allein zu dienen. (Siddiqi)

391. Während eines irdischen Lebens zu denen, die sich als Christen bezeichnen. (Darjabaadi)

Allah weiß sehr wohl, was Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihn, zu den Menschen gesagt hat. Hier geht es jedoch um ein Verhör an jenem gefürchteten Tag, womit nicht derjenige gemeint ist, an den die Frage gerichtet wird. Es soll aber in dieser Form und mit der erwähnten Antwort die hässliche Lage derer, die diesen aufrichtigen, edlen Diener zum Allah erhoben haben, verstärkt zum Ausdruck gebracht werden. (Qutb)

392. Hier handelt es sich nicht, wie vielfach fälschlich angenommen wurde, um ein "Missverständnis der Dreieinigkeit", sondern um den Tatbestand der Christolatrie, die ein offizieller Bestandteil der Lehre aller Großkirchen ist und im Qur’an an verschiedenen Stellen entschieden zurückgewiesen wird (vergleiche Aja 75, 76, 78, 80 in dieser Suura sowie Suura 3: 15 und 19 und viele andere Stellen), und den der Mariolatrie. Letztere wird beispielsweise in folgendem Gebet von Caratina von Siena verdeutlicht: ,,O Maria, Maria, du Tempel der Dreieinigkeit! O Maria, du Trägerin des Feuers! Maria, du Darbieterin der Barmherzigkeit! Maria, du Gebärerin der Frucht! Maria, du Auslöserin des Menschengeschlechts, denn durch das Leiden deines Fleisches im Wort wurde die Welt losgekauft! Christus kaufte sie frei mit seinem Leiden und du mit dem Schmerz an Leib und Geist!" Das "Ave Maria" ist allgemein bekannt. Bemerkenswert ist, dass die Idealisie­rung Marjams einhergeht mit einer Verteufelung der Frau bis hin zur Hexenverfolgung. (Anmerkung d. Übers.)

Der Begriff "Mutter Gottes" wurde zuerst von einigen Theologen in Alexandria geprägt. Obwohl dieser Begriff beim Volk großen Anklang fand, war die Kirche zunächst nicht geneigt, die Lehre zu akzeptieren, und erklärte die Marienvereh­rung für Irrglauben. Beim Konzil von Ephesus 431 n.C. wurde der Begriff schließlich offiziell von der Kirche benutzt. Infolgedessen verbreitete sich die Marienverehrung lawinenartig sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche, bis zur Zeit der Offenbarung des Qur’an die Verehrung der "Mutter Gottes" die des "Vaters" und des "Heiligen Geistes" in den Schatten gestellt hatte. Statuen von ihr wurden in den Kirchen aufgestellt, und sie wurde verehrt, angebetet und ange­rufen. Als größte Quelle christlicher Zuversicht galt es, ihre Hilfe und ihren Schutz zu erlangen. Obwohl die Protestanten nach der Reformation alles dransetzten, die Marienverehrung zu bekämpfen, hängt die katholische Kirche ihr immer noch an. (Mauduudi)

393. Wörtl.: "Er sagte..." vergl. 391 -(Anm. d. Übers.)

Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist von der gotteslästerlichen Haltung seiner so genannten Anhänger sehr betroffen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen der "Christlichen Religion" und der Religion Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zwischen der aus griechischer Philosophie auf jüdischem Boden errichteten Dogmenstruktur und dem, was Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, selbst den Imaan verinnerlichte. (Darjabaadi)

394. Hiermit wird endgültig die christliche Lehre zurückgewiesen, Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Wissen sei identisch mit Allahs Wissen. (Darjabaadi)

395. 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, weist hier selbst die Unterstellung derjenigen zurück, die ihn vergöttern, nämlich die Kenntnis übermenschlicher Dinge. (Siddiqi)

 

117. Niemals habe ich zu ihnen etwas gesagt, außer was Du mir zu sagen geboten hast: „Betet Allah, meinen Herrn und euren Herrn an.' 396 Ich war Zeuge über sie, solange ich unter ihnen weil­te.397 Als Du mich jedoch abberufen hast,398 warst Du der Wächter über sie. Und Du bist Zeuge über alle Dinge.399

396. Er war weder Gott, noch Sein Sohn, noch Seine Inkarnation. Auch einige der frühen Christen erkannten seine Menschlich­keit, beispielsweise die Eboniten. Und einige moderne Forscher nähern sich der islamischen Vorstellung an. Rein historisch betrachtet kann über Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nicht mehr ausgesagt werden als dass er ein Mensch in einer bestimmten Umgebung war. Der Christus der vier Evangelien ist ein Produkt der Menschen.

Vergleiche Matthäus 4:10: "Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und Ihm allein dienen." (Darjabaadi)

397. Als lebender Mensch. Zu Lebzeiten Jesu gab es weder ein Dogma der Gottessohnschaft noch der Trinität. (Darjabaadi)

Hieraus ist nicht eine Bestätigung des Kreuzestodes herzuleiten, denn die Rede ist vom Tag des Gerichts, wenn Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der aus der Hand seiner Feinde gerettet und entrückt wurde und dann auf der Erde einige weitere Jahre verlebte, gestorben ist und aufersteht. Wichtig ist, dass sich die ganze Diskussion auf Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Verantwortung bezieht. (Siddiqi)

Das heißt, er hat seine Pflicht erfüllt, indem er darüber wachte, was sie sagten und taten, solange er unter ihnen weilte. Er bestätigte das Rechte und verwarf das Falsche. Als Allah ihn jedoch abrief, war Allah allein ihr Bewacher. Sein Auftrag war beendet, so dass er nicht mehr Zeuge dessen, was sie hernach taten, sein konnte. (Al-Manar)

398. Aus dem Sinn des Textes im Qur’an können wir entnehmen, dass Allah Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, abberufen und zu sich erhoben hat. Und einige Überlieferer meinen, dass er bei Allah lebt. Ich sehe keinen Widerspruch zwischen den beiden Aussagen, denn auch die Märtyrer werden von dieser Erde abberufen, während ihr Leben bei Allah weitergeht. über die Form und die Art ihres Lebens bei Ihm besitzen wir aber kein Wissen, ebenso wenig wie von der Art des Lebens Isas, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der hier zu seinem Herrn sagt: "Ich weiß nicht, was nach meinem Tod aus ihnen geworden ist." (Qutb)

399. 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bestätigt hier, dass er sterblich war, und dass sein Wissen beschränkt war wie das jedes Sterblichen. (Juusuf 'Allii)

 

118. Wenn Du sie bestrafen willst, so sind sie wahrlich Deine Diener.400 Und wenn Du ihnen verzeihst, so bist Du wahrlich der Allmächtige, der Weise.401

400. Du hast als ihr Schöpfer und Herr das Recht, mit ihnen zu verfahren, wie Du es für richtig befindest. Das Wort "'abd" عِبَاد ist vielleicht mit "Geschöpf" besser wiedergegeben als mit der gewöhnlichen Übersetzung "Diener" oder "Knecht". (Darjabaadi)

401. Hier liegt die Grenze der Fürbitte, die ein Mensch bei Allah für die Sünder einlegen kann. (Juusuf 'Allii)

Mit diesem Aja wird die christliche Lehre der stellvertretenden Sühne zurückgewiesen. Allah allein ist der Richter und

sonst niemand, auch nicht Seine Gesandten, einschließlich Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Siddiqi)

Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, beschließt seine Antwort mit einer uneingeschränkten, Ermächtigung Allahs in der Sache seiner Anhänger. Er stellt nicht nur fest, dass ihre Verehrung nur Ihm allein gebührt, sondern auch, dass Er die Macht besitzt, ihnen zu vergeben oder sie zu bestrafen, wie es Seiner Weisheit entspricht. (Qutb)

 

119. Allah wird sagen: „Dies ist der Tag, an dem die Wahrhaftigen Nutzen ziehen werden aus ihrer Wahrhaftigkeit.402 Ihnen werden Gärten zuteil, durch die Ströme fließen. Dort werden sie ewig verweilen. Allah ist wohl zufrieden mit ihnen, und darüber sind sie hocher­freit.403 Das ist die höchste Glückseeligkeit.404

402. Der Begriff "Sidq" صِدْق ("Wahrhaftigkeit") ist hier im weitesten Sinne gebraucht worden. Wahrhaftige Menschen sind solche, die trotz aller Schwierigkeiten und Anfeindungen zu ihrem Versprechen stehen. (Siddiqi)

Dies spricht Allah, der Herr der Welten am Abschluss der Befragung auf dem Schauplatz der Welten, wenn die letzte Ent­scheidung fallt: die Wahrhaften haben Nutzen von ihrer Wahrhaftigkeit. (Qutb)

403. Sie sind hocherfreut über die Ehre, die ihnen von Allah zuteil wurde. (Qutb)

Der Mu’min akzeptiert das Leben des Universums freudig und offen, nicht in der trüben, farblosen Art stoischer Resigna­tion. (Darjabaadi)

404. "Al-Faus" الْفَوْز bedeutet Glück, Freude, Heil, Erfüllung der Wünsche. Welche wunderschöne Definition für die Rettung am Ende des Lebens! Dass wir nämlich Allahs Wohlgefallen erlangen und ein Stadium erreichen, wo Sein Wohlgefallen uns alles bedeutet. (Juusuf 'Allii)

 

120. Allah gehört die Herrschaft über die Himmel und die Erde und was in ihnen ist. Und Er hat Macht über alle Dinge.405

405. Dieser Aja bildet einen passenden Abschluss für diese Suura. Sie begann mit der Ermahnung, das Versprechen Allah gegen­über einzuhalten, und das Hauptthema bildete Allahs Einheit, Seine Göttlichkeit, Seine Autorität als Gesetzgeber und die Negation sämtlicher anderer Gottheiten einschließlich der Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dieser letzte Aja fasst Allahs Macht und Herrlichkeit zu­sammen und verkündet den Menschen noch einmal eindringlich, dass Er allein der Herr des Universums und der Anbetung würdig ist. Wenn sich jemand vom rechten Weg abwendet, kann er sich doch Seiner Macht nicht entziehen. (Siddiqi)

 

Einführung zu Suura 6

Diese Suura stammt aus der späten Mekkanischen Zeit. Der größte Teil davon wurde zusammenhängend offenbart. Ihr Platz in der traditionellen Anordnung entspricht logischen Erwägungen. Wir haben bereits von der Geistes­geschichte der Menschheit gehört, frühere Offenbarungen und ihr Verlust oder ihre Entstellung sind behandelt worden, das äußerliche Leben der neuen Gemeinschaft wurde geregelt und die Punkte herausgestellt, in denen es Juden und Christen nicht gelungen ist, die zentrale Lehre des Islam -die Einheit Allahs-zu bewahren. Als nächster Schritt wird die islamische Lehre dem heidnischen Arabien gegenübergestellt.

"Die Benennung dieser Suura geht auf die in den Ajas 136 ff erwähnten abergläubischen Vorstellungen aus vor­islamischer Zeit zurück, mit deren Begründung die Araber Tiere ihren verschiedenen Götzen zu opfern pflegten. Wie kurzlebig solche kaafir Diinvorstellungen im Lichte der weiteren arabischen Geschichte auch erscheinen mögen, so dienen sie im Qur’an doch als Veranschaulichung der menschlichen Neigung, Geschaffenem göttliche oder abgöttische Eigenschaften oder eingebildete Kräfte zuzuschreiben. Der überwiegende Teil dieser Suura kann als viel­seitige Beweisführung gegen diesen Hang bezeichnet werden, der sich keineswegs nur auf offensichtlich polytheistische Diins beschränkt." (Asad)

Zusammenfassung:

-Zunächst wird Allahs Wesen erklärt und die Art, wie Er sich offenbart, und die Schwächen des Polytheismus werden bloßgelegt (Ajas 1-30).

Die Leere des Lebens dieser Welt wird dem Zeugnis von Allahs wunderbarem Walten in aller Schöpfung gegen­übergestellt. Ihm gehören die Schlüssel des Unsichtbaren und der Geheimnisse all dessen, was wir wahrnehmen (Ajas 31-60).

-Allahs Wirken in Seiner Welt und Seine ständige Fürsorge und Leitung sollten auf Seine Einheit verweisen, so wie es bei Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der Fall war, als er mit denen argumentierte, die falschen Göttern anhingen (Ajas 61-82).

-Die Abfolge von Propheten nach Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hielt Allahs Wahrheit lebendig und führte bis zum Qur’an. Wie kann der Mensch dann nicht die Majestät und Güte Allahs verstehen, wenn er über Allahs Wesen und Seine Botschaft an die Menschen nachdenkt? (Ajas 83-110)

-Die starrsinnigen und aufrührerischen Menschen täuschen sich selbst; man sollte ihnen aus dem Wege gehen. Auch wenn sie sich untereinander unterstützen, wird die angemessene Strafe sie ereilen (Ajas 111-129).

-Trotz aller Verbrechen und allen Aberglaubens der Kaafir wird Allahs Plan verwirklicht (Ajas 130-150).

-Besser ist es, dem geraden Weg zu folgen, Allahs Weg, wie er im Qur’an gewiesen wurde, in Einigkeit und völliger Hingabe unseres Lebens (Ajas 151-165). (Juusuf 'Allii)

 

 Das Vieh

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Bannherzigen.

 

1. Preis sei Allah, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat,1 und Der die Fin­sternis und das Licht gemacht hat.2 Und doch stellen die Kaafirs3 ihrem Herrn (andere) gleich.4

1. Er ist der einzige Schöpfer, ohne vermittelnde Instanzen oder Untergottheiten. (Darjabaadi)

2. Beide sind geschaffene Dinge, und Allah ist der Ursprung und Schöpfer von beiden. Damit wird der Dualismus zurückge­wiesen. Vergleiche auch Jesaja 45:7: " ...der sich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden gebe und schaffe Unheil" (Darjabaadi)

Sowohl "Finsternis" als auch "Licht" sind hier in ihrer geistigen Bedeutung benutzt. Wie überall im Qur’an steht "Finster­nis" im Plural (Sulumat), um ihre Intensität zu betonen, und wird am besten übersetzt mit "tiefe Finsternis" oder "Tiefen der Finsternis". (Asad)

Die Erwähnung von "Finsternis" in der Pluralform betont, dass Finsternis Abwesenheit von Licht ist und vielerlei Form annehmen kann. (Siddiqi)

3. Hier liegt ein dreifaches Argument vor:

1. Allah hat alles erschaffen, was du siehst und kennst: wie kannst du Ihm dann eines Seiner Geschöpfe gleichsetzen?

2. Er ist dein Meister und Erzieher, Er sorgt für dich und liebt dich: wie kannst du dann so undankbar sein und etwas Anderem nachlaufen?

3. Finsternis und Licht helfen dir, Wahres von Falschem zu unterscheiden: wie kannst du dann Den Wahren Gott mit deinen eigenen Vorstellungen und Ansichten verwechseln? Dies kann auch eine Zurückweisung der Dualitätslehre in der alten persischen Theologie sein!

Licht und Finsternis sind keine miteinander in Konflikt stehenden autonomen Mächte, sondern beide Geschöpfe des Einen Wahren Gottes. (Juusuf 'Allii)

Hier werden die Wahrheiten angesprochen, die den Ausgangspunkt der Suura bilden und die Grundlage für die Gesamtheit der in dieser Suura erwähnten Themen entwerfen. Dazu gehört zuerst das Lob Allahs, die Verkündigung von Lob und Preis für Sein mächtiges Wirken in der Schöpfung. Die Schöpfung begann mit dem größten Bereich des Daseins Himmel und Erde -und ihm wurde die angestrebte Ordnung zugemessen -Licht und Finsternis. Obgleich die Menschen daraus die Schöpfermacht und Weisheit Allahs ersehen können, sind sie dennoch kaafir, und statt Allah zu loben setzen sie Ihm Teilhaber zur Seite. (Qutb)

Sie verehren Geschöpfe Allahs, angefangen vom Fetisch über zahlreiche Götter und Göttinnen, mit denen sie das Universum bevölkern, bis hin zu Anbetung 'Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und Marienkult. (Darjabaadi)

Vor allem waren hiermit die arabischen Götzendiener angesprochen, die anerkannten, dass Allah der Schöpfer von Himmel und Erde, der Sonne und des Mondes ist und Tag und Nacht hervorbringt. Niemand von ihnen hätte dies alles für eine Schöpfung ihrer diversen Gottheiten gehalten. Deswegen ermahnt Allah sie etwa so: "Wenn ihr selbst zugebt, dass Allah der Schöpfer von Himmel und Erde ist, warum macht ihr dann Andere zu euren Götzen und betet sie an und opfert ihnen und bittet sie um Hilfe?" (Mauduudi)

4. "Adala" hat verschiedene Bedeutungen:

1. eine Sache mit einer anderen gleichsetzen, wie es hier gebraucht ist; genau ins Gleichgewicht bringen;

2. gerecht handeln, beispielsweise zwischen zwei Parteien, vergleiche Suura 42: 15;

3. ausgleichen oder wiedergutmachen entsprechend dem Wert von etwas anderem, vergleiche Suura 6:70;

4. für Ausgleich sorgen, etwas die richtige Disposition geben, etwas in gerechte Proportionen bringen, vergleiche Suura 32:7; 5. das Gleichgewicht beein­flussen, Parteilichkeit zeigen, vergleiche Suura 4: 135. (Juusuf ’Allii)

 

2. Er ist es, der euch aus Lehm erschaffen hat,5 dann hat Er eine Frist6 für euch beschlossen, und bei Ihm ist eine festge­setzte Frist. Und doch zweifelt ihr!7

5. Nach dem allgemeinen Argument geht es hier um den Menschen selbst. Kann ein so schwaches Geschöpf, aus Lehm erschaffen, sich gegen seinen Schöpfer wenden? Und kann der Mensch vergessen oder bezweifeln, dass er sich nur vorübergehend hier befindet? Dann nämlich, nach einer bestimmten Zeit, kommt der Tag der Abrechnung vor Allah. (Juusuf' Allii)

6. Dieses Leben ist eine Zeit der Erprobung und Prüfung. (Juusuf ’Allii)

Eine Lebensspanne für euch. (Darjabaadi)

7. Nämlich am Tag der Auferstehung. (Darjabaadi)

Die Wahrnehmung der menschlichen Existenz, die der Existenz des Daseins und der beiden Erscheinungen Finsternis und Licht folgt, führt zu dem wunderbaren Übergang von der Finsternis des Lehms zu dem frohen Licht des Lebens. Neben der Wahrnehmung der menschlichen Existenz gibt es eine andere, in ihr enthaltene Wahrnehmung: die festgesetzten Zei­ten zunächst des Todes und darauf die der Auferstehung. Dies alles soll dem menschlichen Herz die Gewissheit der Füh­rung Allahs und der Begegnung mit Ihm übermitteln. Dennoch zweifeln diejenigen, die mit dieser Suura angesprochen sind. (Qutb)

 

 3. Und Er ist der Einzige Gott in den Himmeln und auf Erden.8 Er weiß, was ihr geheim haltet und was ihr offenbart und Er weiß, was ihr erwerbt.9

8. Wer Himmel um Erde erschaffen hat, ist auch Der Einzige Gott im Himmel und auf Erden. Alle Attribute Allahs sind in beiden verwirklicht, entsprechend den Gesetzmäßigkeiten, die Allah, der einzigen Machthaber, in beiden vorgeschrieben hat.(Qutb)

9. Allah hat ihn (den Menschen) ebenso erschaffen wie Himmel und Erde. Mit seiner ersten Formung aus Lehm dieser Erde um den ihm verliehenen Eigenschaften, die aus ihm einen Menschen machten, unterliegt er den Naturgesetzen, die Allah für ihn vorgesehen hat, ob er will oder nicht. Sein Dasein ist zuallererst durch Allahs Wille und nicht durch 'seinen eigenen Willen zustande gekommen. Nicht durch den Willen seines Vaters oder seiner Mutter kam er zur Welt, denn zwar begeben sich die beiden, aber es steht nicht in ihrer Macht, einem Fötus das Leben zu geben. Er wird geboren entspre­chend den Naturgesetzen, die Allah für Schwangerschaft und Geburt festgelegt hat. Er atmet die Luft, die Allah hat entstehen lassen, auf eine Weise, wie Allah es geplant hat. Allah kennt das, was in ihm verborgen ist und das, was er zum Ausdruck bringt. (Qutb)

Es wäre töricht anzunehmen, Allah regiere nur im Himmel. Er regiert auch auf der Erde. Er kennt alle unsere geheimen Gedanken um Regungen und den wahren Wert hinter all dem, was wir offen zeigen. Er beurteilt unsere Taten gemäß unseren Absichten. (Juusuf ’Allii)

Wer außer Allah kann den Anspruch erheben, dass sein Wissen alles im Universum umfasst? Wenn das Wissen aller geschaf­fenen Wesen begrenzt ist, wie unsinnig ist es dann, an Gottheiten außer Allah den Imaan zu verinnerlichen. (Siddiqi)

 

4. Und kaum erreicht sie eines der Zeichen ihres Herrn,10 schon wenden sie sich davon ab.

10. Nämlich die Zeichen Seiner Herrlichkeit; die Argumente, welche die Wahrheit Seiner Gesandten stützen. (Darjabaadi)

Es mangelt ihnen nicht an Zeichen, die sie zum Imaan veranlassen sollten, auch nicht an Beweisen für die Wahrhaftigkeit der Botschaft und des Gesandten um die wahre Göttlichkeit, die dahinter steht. Was ihnen fehlt ist der Wille zur Bejahung. Ihre Halsstarrigkeit um ihr Widerstreben hindert sie daran, zur Einsicht um zum Nachdenken zu kommen. (Qutb)

 

5. Sie hatten die Wahrheit11 als Lüge verworfen, als sie zu ihnen kam. Doch bald wird die Kunde zu ihnen kommen über das, worüber sie zu spotten pftegten.12

11. Dies ist die Wahrheit die ihnen von Dem gekommen ist, Der Himmel und Erde, Finsternis und Licht und den Menschen aus Lehm geschaffen hat. Dies ist die Wahrheit, die sie hartnäckig leugnen. Sie wenden sich von den Zeichen ab und verspotten den Aufruf zum Islam. (Qutb)

Allah tröstet Seinen Gesandten damit, dass die Haltung der Menschen immer die gleiche war, in der Vergangenheit ebenso wie in der Gegenwart. (Siddiqi)

12. Wörtlich: "Sie werden informiert werden über das, was sie gewohnt waren zu verspotten", nämlich die Fortsetzung des Lebens nach dem Tod und -ganz allgemein -die Botschaft des Qur’an. (Asad)

Das heißt: das Ende ihres Leugnens wird sein, dass die Bestätigung der wichtigen Kunde im Qur’an, die sie zuvor verspottet haben, Wahrheit wird. Diese Kunde ist das Versprechen Allahs an Seinen Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihm zum Sieg zu verhelfen, sein Islam die Oberhand gewinnen zu lassen und seinen Feinden Misserfolg im Diesseits und Vernichtung in Jenseits zu bescheren. (Al-Manar)

Diese Hoffnung wurde dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kurz vor seiner Auswanderung nach Medina gegeben. (Siddiqi)

 

6. Sehen die denn nicht, wie viele Völker Wir vor ihnen vernichtet haben,13 denen Wir auf Erden Macht und Ansehen verliehen hatten, wie Wir es euch nicht gegeben haben14 und denen Wir reichlich (Regen) vom Himmel gespendet haben15 und zu deren Füßen wir Ströme fließen ließen. Doch Wir vernichteten16 sie wegen ihrer Vergehen.17 Und Wir ließen andere Völker nach ihnen ent­stehen.18

13. Hier kommt das historische Argument. Wenn wir so kurzsichtig oder arrogant sind anzunehmen, wir hätten eine feste Position auf dieser Erde und wären uns unserer Privilegien sicher, dann werden wir an sehr viel bedeutendere Nationen aus der Vergangenheit erinnert, die ihre Pflichten versäumten und untergingen. Aus ihrem Schicksal müssen wir auf unser eigenes schließen, wenn wir auf gleiche Weise versagen. Aber diejenigen, die keinen Imaan haben, sehen den Tatsachen nicht ins Gesicht, sondern "wenden sich ab". (Juusuf 'Allii).

Dies ist eine Tatsache, die der Mensch vergisst, sobald Allah ihm auf der Erde eine Machtposition gibt. Er vergisst, dass seine Position durch Allahs Willen zustande gekommen ist, um ihn darin zu prüfen, ob er diese Macht erfüllt gemäß seiner Verpflichtung gegenüber Allah und Seinem Gesetz, Ihm allein zu dienen und zu gehorchen, oder ob er sich zur Gottheit erhebt, um über das was ihm anvertraut wurde, als Besitzer und Verwalter zu verfügen (Qutb)

14. Allah hatte ihnen weitaus mehr Macht und Wohlstand verliehen als euch. (Darjabaadi)

Die Feinde des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, werden hier aufgefordert, über das Schicksal vergangener Nationen nachzudenken. Sie besaßen Macht und Herrschaft in ihrem Reich, und ihre Kultur und Zivilisation hatte einen beachtlichen Stand erreicht, aber trotz Macht und Ruhm gingen sie aufgrund ihres moralischen Verfalls unter. Wenn solche machtvollen Nationen nicht unbegrenzt ihre Herrschaft aufrechterhalten konnten, wie konnten sich dann die heidnischen Araber der Ausbreitung des Islam in den Weg stellen? (Siddiqi)

15. Regen, der ihr Land fruchtbar machte. (Darjabaadi)

Wir stellten ihnen die Flüsse in ihre Dienst. Wir ließen sie unterhalb ihrer Häuser, die sie an ihren Ufern errichteten, oder durch die Gärten und Wiesen fließen. (Al-Manar)

16. Allah ließ materiellen Segen aller Art auf jene früheren Nationen herabregnen; als sie jedoch den rechten Weg verließen, wurden sie von der Bühne der Weltgeschichte entfernt und in den Hintergrund gedrängt. Anzumerken ist, dass Regen auch geistigen Segen bedeutet. (Siddiqi)

17. Ihre Sünden allgemein und Abgötterei im besonderen. (Darjabaadi)

18. Wörtlich: "eine andere Generation nach ihnen". Der Begriff “qarn“ bedeutet im Qur’an jedoch nicht immer "Generation", sondern meistens "Zeitalter" oder "Menschen, die einem bestimmten Zeitalter angehören" sowie "Zivilisation" im histo­rischen Sinne dieses Wortes.(Asad)

Dieser Text beschließt die Tatsache, dass Sünden ihre Urheber zerstört. Allah lässt die Ungerechten an ihrer Ungerechtigkeit zugrunde gehen. (Qutb)

 

7. Und wenn Wir dir ein beschriftetes Papier19 herabgesandt hätten, so dass sie es mit ihren Händen hätten berühren können, dann hätten die Kaafirs trotzdem gesagt: "Das ist wahrlich nichts anderes als offenkundige Zauberei!"20

19. Qirtas konnte zu Lebzeiten des Gesandten nur "Pergament" bedeuten, das seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert in Westasien gewöhnlich als Schreibmaterial benutzt wurde. Papier, wie wir es kennen, das aus Lumpen hergestellt wird, kam bei den Arabern erst 751 D.C. nach der Eroberung Samarkands in Gebrauch. Die Chinesen hatten es seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert benutzt. Die Araber führten es nach Europa ein. (Juusuf 'Allii).

20. Hätte Allah Seinem Gesandten diesen Qur’an nicht durch Eingebung offenbart, die für sie nicht sinnlich wahrnehmbar ist, sondern auf Pergamentblättern, die sie hätten sehen und mit ihren Händen berühren können, dann wären sie von dem, was sie gesehen und berührt hätten, doch nicht überzeugt gewesen, sondern hätten mit Sicherheit gesagt: "Das ist doch Zauberei!" (Qutb)

Materialisten wollen tatsächliche materielle Dinge vor sich sehen; wenn ein solches Ding jedoch von einer ungewöhnli­chen Quelle herkommt oder etwas ausdrückt, was sie nicht verstehen können, bezeichnen sie es als Zauberei, und es ver­hilft ihnen nicht zum Imaan, denn "in ihren Herzen ist eine Krankheit" (Suura 2:10). (Juusuf 'Allii)

 

8. Und sie sagten: "Wenn nur ein Engel zu ihm herabgesandt worden wäre"21 Doch wenn Wir einen Engel herabgesandt hätten, wäre ihr Schicksal beschlossen gewesen.22 Dann wäre ihnen kein Aufschub gewährt worden.23

21. 1. Die arabischen Götzendiener leugneten nicht Allah, sondern sie verlangten einen Beweis dafür, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Ihm gesandt war und dass dieses Buch, das er ihnen übermittelt hatte, wirklich von Allah stammte. Vergleiche auch Suura 17:89-95.

2. Die Araber kannten Engel, deswegen verlangten sie, dass Allah einen solchen zu Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, herab­schickte. Sie kannten jedoch nicht die gewöhnliche physikalische Funktionsweise der Schöpfung, wie sie Allah kennt, und irrten diesbezüglich in ihren Vorstellungen. Vergleiche Suura 53: 19-28. (Mauduudi)

22. Dies ist ein Teil der Kennzeichnung dieser Geschöpfe Allahs. Sie fordern in unüberlegter Weise, dass Allah ihnen Engel schickt. Aber Allahs Gewohnheit ist es, Engel herabsenden -wenn immer Er sie zu einem Volk schickt, das Seinen Pro­pheten ablehnt -, um Seinen Befehl zu vollstrecken und das Volk zu vernichten. Wenn Allah diese Forderung der Götzen­diener erhört hätte, dann wäre ihr Schicksal besiegelt und ihr Untergang beschlossen gewesen, und es wäre ihnen kein Aufschub gewahrt worden. (Qutb)

Vergleiche Suura 2:210. Wenn Engel sich den Menschen in ihrer wirklichen Gestalt zeigen würden, wäre der Tag des Gerichts angebrochen. (Asad)

1) Hätte Allah einen Engel geschickt, so hätte ihnen nicht mehr die Möglichkeit offen gestanden, sich zu bessern und umzu­kehren. Diese Chance bleibt ihnen, denn kein Engel ist erschienen, um ihnen die Wirklichkeit so offen zu zeigen, dass sie gezwungen gewesen wären, daran den Imaan zu verinnerlichen. Diese hätte nämlich ihrem irdischen Leben seinen Sinn genommen. Der Mensch ist hier, um sich seiner Prüfung zu unterziehen und die unsichtbare Wirklichkeit zu entdecken, ohne sie tat­sächlich zu sehen, indem er von seiner Vernunft angemessen Gebrauch macht und dann entsprechend den Forderungen dieser Wirklichkeit sein eigenes Ich unter Kontrolle bringt.

2) Diese Prüfung, das "irdische Leben", bleibt solange beste­hen, wie das "Unsichtbare" unsichtbar bleibt. Sobald das "Unsichtbare" sichtbar wird, findet die Prüfungszeit automa­tisch ihr Ende. (Mauduudi)

23. Wenn ihr Verlangen, einen Engel zu sehen, erfüllt worden wäre, dann hätte es ihnen nichts genützt, denn sie wären ver­nichtet worden wie Finsternis von Licht vernichtet wird. (Juusuf 'Allii)

Es war also ein Akt der Barmherzigkeit von Allah, ihrer Forderung nicht nachzukommen. (Darjabaadi)

 

9. Und wenn Wir ihn als Engel entsandt hätten,24 hätten Wir ihn zu einem Manne geformt,25 doch dann hätten Wir sie noch verwirrter gemacht, als sie schon ohnehin waren.

24. Wörtlich: "wenn Wir ihn zu einem Engel gemacht hätten" -wobei sich das Pronomen offensichtlich auf den Träger der Botschaft Allahs bezieht. (Asad)

25. Sollte ihren groben Sinnen dennoch ein Engel erscheinen, so könnte er dies nur, indem er Menschengestalt annimmt. In diesem Falle würden ihre verwirrten Vorstellungen vom geistigen Leben nur noch verwirrter. Sie würden sagen: "Wir hatten einen Engel sehen wollen, aber nun sehen wir nur einen Menschen." (Juusuf 'Allii)

Der normale Mensch ist nicht fähig die Engel und die Dschinnn in ihrer ursprünglichen Gestalt wahrzunehmen, wie Allah im Qur’an über den Teufel sagt: "Er und die seiner Gattung sehen euch, während ihr sie nicht sehen könnt." Die Augen der Menschen können nicht alles wahrnehmen, was in dieser Welt existiert. Sie können beispielsweise das Wasser, und alles was dichter ist, sehen, während das was leichter ist, wie die Luft, ihnen verborgen bleibt. Engel und Dschinnn sind aus einer unsichtbaren Welt, die noch dünner ist als die erwähnte Luft. Nehmen sie aber eine dichtere Form an, wie die des Menschen, können die Menschen sie sehen, aber nicht in ihrer ursprünglichen Form. Wenn so etwas jedoch geschieht, so gilt dies als übernatürlich, wie im Falle des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der den Engel Dschibriil zweimal in seiner ursprünglichen Gestalt, gesehen hat. (Al-Manar)

Engel gehören einer anderen Kategorie der Schöpfung an als die Menschen, und wir wissen von ihnen nur das, was uns ihr Schöpfer von ihnen mitteilt -dass sie nicht in der Gestalt auf der Erde umhergehen können, in der Allah sie geschaffen hat, denn sie gehören nicht zu den Bewohnern dieses Planeten. Sie haben trotzdem die Eigenschaft, die Gestalt des Men­schen anzunehmen, wenn sie eine Aufgabe im Leben des Menschen zu erfüllen haben, wie etwa bei der Überbringung einer Botschaft, bei der Vernichtung von Kaafirs, deren Untergang von Allah beschlossen worden ist, zur Stärkung der Mu’mins und zur Bekämpfung ihrer Feinde und zu an den anderen Aufgaben, die im Qur’an erwähnt sind. (Qutb)

Engel hätten Menschengestalt annehmen müssen, weil sie sonst für Menschen nicht wahrnehmbar sind. Außerdem hätten sie nicht als Vorbild oder Modell für die Menschen dienen können, (Siddiqi)

 

10. Und Wahrlich (viele) Gesandte wurden bereits vor Dir verlacht,26 doch diejeni­gen unter ihnen die spotteten, wurden von dem erfasst, was sie zu verlachen pflegten.27

26. Spott und Ablehnung sind in der Geschichte der Propheten nicht neu und brauchen deswegen nicht zu ernst genommen oder gefürchtet zu werden. Vergleiche 2. Chronik 30:10: "aber die verlachten und verspotteten sie." (Darjabaadi)

27. Allah, der Erhabene, versichert hier dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dass vor ihm zahlreiche Propheten verspottet wurden und dass was ihm widerfährt seitens der grausamen Quraischiten, keine Neuerung darstelle. Die Spötter werden von der Strafe ihrer Verhöhnung derart umgeben, dass es für sie kein Entrinnen daraus gibt. (Al-Manar)

"Die Spötter wurden verspottet von dem, was sie verspotteten" würde einen Teil der Bedeutung wiedergeben, aber nicht die ganze. "Sie wurden von dem Spott eingeschlossen" bedeutet, dass durch die Logik der Ereignisse sich das Blatt wen­det, und so wie ein Mensch im Krieg von Feinden umzingelt und zur Kapitulation gezwungen werden kann, so werden diese Spötter entdecken müssen, dass die Ereignisse die Wahrheit bestätigen. Wo waren diejenigen, die Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verspottet hatten, als Titus Quds zerstörte? Was war das Schicksal der Spötter, die Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aus Mekka vertrieben, als dieser im Triumph dorthin zurückkehrte und sie um Gnade baten und er sie ihnen gewährte? (Juusuf 'Allii)

Vergleiche 2, Chronik 36: 16: "Aber sie verspotteten die Boten Gottes und verachteten seine Worte und verhöhnten seine Propheten, bis der Grimm des Herrn über sein Volk wuchs und es kein Vergeben mehr gab," (Darjabaadi)

Spöttische Ablehnung geistiger Wahrheiten schlägt unweigerlich auf die Spötter zurück und hat nicht nur eine schädliche Wirkung auf ihr persönliches Leben, sondern schädigt, wenn sich eine solche Haltung in einer Gesellschaft ausbreitet, die moralische Grundlage der Gemeinschaft und somit ihr irdisches Glück und manchmal sogar ihre physische Existenz. (Asad)

 

Abschnitt 2

11. Sprich: "Reist auf Erden umher und seht, wie das Ende derjenigen war, die geleugnet haben"28

28. Reisen geben die Möglichkeit zur Beobachtung und Betrachtung der in der Geschichte wirksamen Gesetzmäßigkeiten ("Ge­wohnheit Allahs") am Beispiel zahlreicher Länder und Völker, über die wir nachdenken sollten. (Qutb)

 

12. Sprich: "Wem gehört, was29 in den Himmeln ist und auf Erden?"30 Sprich: "Es gehört Allah. Er hat Sich Selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben.30 Wahrlich Er wird euch zusammenbringen am Tag der Auferstehung, über den es keinen Zweifel gibt.32 Diejenigen, die ihre Seelen verdorben haben, sind es, die nicht den Imaan verinnerlicht haben.33

29. Alles, was im Universum existiert. (Darjabaadi)

30. Diese Ansprache soll der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, an diejenigen aus seinem Volk richten, die seine Botschaft ablehnen und die sagen "Wenn nur ein Engel zu ihm geschickt würde" (Al-Manar)

Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird aufgefordert, den Götzendienern entgegen zu treten. Sie wissen, dass Allah der Schöpfer ist, aber trotzdem setzen sie Ihm Wesen gleich, die keine Schöpfung hervorbringen können, und erklären die zu Partnern Allahs. Hier soll er sie mit der Frage konfrontieren, wem nach der Erschaffung von Himmeln und Erden die Herrschaft über beide gebührt. (Qutb)

Auf die Frage, wem alles gehört, was es im Himmel und auf der Erde gibt, mussten die Götzendiener schweigen. Sie konnten nicht leugnen, dass alles Allah gehört, denn sie selbst glaubten ja daran, aber sie konnten dies auch nicht bestätigen, denn dann hätten sie ihrem Gegner ein Argument gegen sich selbst und ihren Polytheismus geliefert. Nachdem sie sich also durch die Frage in dieser kritischen Situation befanden, forderte Allah Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf zu sagen: "Allah." (Mauduudi)

31. Er ist unbestrittener Herrscher, aber Er hat als besondere Gunst und Wohltat sich selbst Barmherzigkeit zum Gesetz ge­macht, und zwar aus eigener freier und nicht erzwungener Entscheidung. Barmherzigkeit ist die Grundlage Seiner Ent­scheidungen und Seines Umgangs mit Seinen Geschöpfen im Diesseits und im Jenseits. Der Imaan an diese Grundlage ist eine der Wertvorstellungen des Islam. Vergleiche auch Aja 54 dieser Suura. Allahs Barmherzigkeit erstreckt sich auf alle Seine Geschöpfe -darauf stützt sich ihr Dasein und ihr Leben -und ist in jedem Augenblick der Schöpfung und im Leben der Geschöpfe deutlich sichtbar.

Dem Gesandten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm wurden einmal Kriegsgefangene vorgeführt. Unter diesen befand sich eine Frau, die infolge ihrer mit Milch übervollen Brüste unruhig war. Als sie unter diesen Kriegsgefangene ein Kind fand, nahm sie es und stillte es.

Da fragte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seine Gefährten: "Könntet ihr euch vorstellen, dass diese Frau ihr Kind ins Feuer wirft?" Sie antworteten: "Nein, bei Allah, dazu wäre sie nie in der Lage." Er erwiderte: "Allah ist Seinen Geschöpfen gegenüber noch barm­herziger als diese Frau gegenüber ihrem Kind." (Qutb)

In einem Hadiis Qudsi sagt Allah von sich selbst: "Meine Barmherzigkeit überwindet Meinen Zorn." (Asad)

32. Wer den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verspottet, darf sich nicht der Illusion hingeben, er befinde sich außer Allahs Reichweite. Allah umfasst alle Dinge. Wenn er nicht bestraft wird, so liegt dies allein an Allahs Barmherzigkeit; nichts kann sonst Allahs Strafe zurückhalten. (Siddiqi)

33. Diejenigen, die ihre eigenen Seelen geschädigt haben, indem sie nicht auf den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gehört haben und damit ihre anerschaffenen Fähigkeiten zum Guten verschwenden. (Darjabaadi)

Sie haben ihre Wahrnehmung für Gut und Böse verloren und können nicht vernünftig zwischen Wahrem und Falschem unterscheiden. (Siddiqi)

 

13. Ihm gehört, was in der Nacht wohnt34 und am Tage,35 und Er ist der Hörende, der Wissende.36

34. "Sakana" سَكَنَ bedeutet

1. wohnen;

2. ausruhen, anhalten, aufhören sich zu bewegen, versteckt liegen;

3. still sein, wie es bei Konsonanten ohne darauf folgenden Vokal der Fall ist. (Juusuf 'Allii)

In dem erstem Aja "Sprich, wem gehört was in den Himmeln ist und auf der Erde" ist der Raum gemeint, der die

Geschöpfe umfasst, während in diesem Aja von der Zeit die Rede ist. (Qutb)

Allah, Dem einzig und allein Raum und Zeit gehört, umfasst alles mit Seinem Hören und Seinem Wissen. (Qutb)

35. Wenn wir uns Tag und Nacht als Orte vorstellen, beide bewohnt von offenkundigen und verborgenen, beweglichen und ruhenden, lauten und schweigenden Dingen, dann erhalten wir eine Vorstellung von dem angedeuteten Bild. Das Geheimnis der Zeit (die noch abstrakter zu sein scheint als der Raum) wird auf diese Weise anband der Vorstellung von Ort oder Raum veranschaulicht. Kontrolle über all dieses hat der Eine Wahre Gott. (Juusuf 'Allii)

36. Diesem ganzen Abschnitt liegt implizit ein Zwiegespräch zugrunde, dessen einer Teil durch den anderen verstanden wird und zum Ausdruck kommt. In Aja 11 könnte ein imaginärer Diskussionspartner einwenden: "Warum sollten wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen?" Die Antwort lautet: "Nun, reist in der Welt herum und seht selbst, ob es nicht wahr ist, dass Tugend und Taqwa eine Nation erhöhen, ihr Gegenteil aber zum Niedergang führt. Sowohl die Vergan­genheit als auch die Gegenwart verdeutlichen dies. "In Aja 12 lautet der Einwand vielleicht: "Sprichst du etwa von Allahs Macht?" Der Mu’min antwortet: "Ja, aber Allahs eigenes Attribut ist die Barmherzigkeit, ebenso wie Weisheit und Wissen jenseits von dem, was ein Mensch wahrnehmen kann." (Juusuf 'Allii)

 

14. Sprich:37 "Soll ich einen anderem au­ßer Allah zum Beschützer38 nehmen, Dem Schöpfer der Himmel und der Erde? Er versorgt mit Nahrung, doch braucht Er nicht mit Nahrung versorgt werden."39 Sprich: "Wahrlich, mir ist geboten worden, der erste40 zu sein, der sich (in Allahs Willen) ergibt41 und ganz gewiss nicht einer42 von jenen, die Allah (andere Götter) beigesellen.

37. Zu den Polytheisten, im Anschluss an diese Erläuterung der Lehre von Gottes Einheit. (Darjabaadi)

38. Die Frage, Allah allein zum Beschützer und Freund zu nehmen (Wali), mit alldem was dieses Wort beinhaltet, ist die Kernfrage des Imaans. Es bedeutet, Ihn zum Gott und zum angebeteten Beschützer zu nehmen, dessen Herrschaft sich der Diener einzig und allein unterwirft und Den er verehrt, indem er seine religiösen Verpflichtungen auf Ihn allein ausrichtet. Es bedeutet, Ihn allein zum Verbündeten zu nehmen, dessen Beistand und Hilfe man sucht und an Den man sich bei Schicksalsschlägen wendet. Es gibt entweder solch eine aufrichtige Ergebenheit Allah gegenüber und das wäre "Islam", oder man lässt den einen oder anderen neben Allah daran teilhaben, was Götzendienerei darstellt, die niemals mit dem Islam im gleichen Herzen existieren könnte. (Qutb)

39. Dies ist sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne wahr. Allah verdanken wir die Befriedigung aller unserer Bedürf­nisse, aber Er ist von allen Bedürfnissen unabhängig. (Juusuf 'Allii)

Alle jene, die von den Götzendienern zu Göttern neben Allah gemacht worden sind, sind auf Nahrung und Unterhalt von ihren Verehrern angewiesen. Kein Pharao kann seine Macht zur Geltung bringen, wenn nicht seine Untertanen ihm Steu­ern zahlen, keine Gottheit wird eine Gottheit, solange nicht ihre Anbeter sie zum Idol machen, in einem Tempel aufstellen und schmücken. Alle diese künstlichen Götter sind von ihren "Dienern" abhängig. Einzig und allein der Herr des Universums braucht niemanden, sondern alle brauchen Ihn. (Mauduudi)

In dieser schlichten Darstellung der Fakten liegt ein Hauch von Ironie: wenn es sich mit der Hilflosigkeit der falschen Gottheiten so verhält, wie unklug ist es da, sie als Freunde und Beschützer zu nehmen! (Siddiqi)

40. Der erste in meiner Nation. (Darjabaadi)

41. Der erste Muslim (d.h. der, der sich Allah hingibt) meiner Zeit. (Darjabaadi)

42. Wörtlich: "und dass ich nicht sei". Ein elliptischer Bezug zu den Worten, in denen dieses Gebot formuliert wurde. (Asad)

 

15. Sprich: "Ich43 fürchte wahrlich, die Strafe eines ungeheuerlichen Tages, wenn ich mich meinem Herrn widerset­zen würde."

43. Selbst ich, der Gesandte Allahs, Allahs segen und Frieden auf ihm. (Darjabaadi)

 

16. Wer an diesem Tag davon verschont bleibt, dem wurde gewiss Barmherzigkeit zuteil. Und dies ist die offenkundige Glückseligkeit.44

44. Der in Fußnote 36 erwähnte implizierte Dialog wird hier fortgesetzt. In Aja 14 mag der Gesprächspartner einwenden: "Wir haben doch ganz andere Interessen im Leben als Religion um Allah." "Nein," sagt der Mutaqi, "mein Schöpfer ist die eine und einzige Macht, deren Schutz ich suche, und ich wetteifere auf dem Weg zu Ihm." In Aja 15 wird einge­wandt: "Genießt das Leben, denn es ist kurz!" Die Antwort lautet: "Das zukünftige Leben ist für mich wirklicher und verspricht wahre Erfüllung meiner Wünsche! Glück und Unglück kommen nicht von den vergänglichen Illusionen dieses Lebens, sondern von Allahs Macht und Weisheit." In Aja 19 holt der Opponent zu seinem letzten Argument aus: "Wie willst du das denn beweisen?" Die Antwort ist: "Ich weiß, dass es wahr ist, denn Allahs Stimme ist in mir, und mein lebender Lehrer erweckt diese Stimme, und hier ist das Buch der Offenbarung. Allah ist Einer, und es gibt keinen außer Ihm." (Juusuf 'Allii)

 

17. Wenn Allah dich von Unheil erfassen lässt, kann niemand es abwenden außer Ihm. Und wenn Er dir Gutes zuteil werden lässt, so ist Er es, Der Macht hat über alle Dinge.45

45. Das gewöhnliche Volk verehrt die Götzen aus Furcht, diese könnten ihm schaden, oder in der Hoffnung, sie könnten ihnen einen Nutzen bringen. Götzen können weder das eine noch das andere. Alle Macht und Güte liegt in der Hand des Einen Wahren Gottes. Alles andere ist Vorwand oder Illusion. (Juusuf 'Allii)

Dies ist das Wesen des Tauhid (Lehre von der Einheit Allahs). Bloßer Imaan an Allah genügt nicht. Tauhid erfordert, Allah als einzigen Beschützer zu nehmen und in allen Lebenslagen auf Ihm allein zu vertrauen. Dies wird von  'Abdul Qadir Dschilani in seinem Buch Futuh al-Rayb folgendermaßen erläutert: " Wenn jemand nach Sicherheit in dieser Welt und im Jenseits strebt, ist es unumgänglich, dass er Geduld übt und sich hingibt und sich nicht damit befasst, über Einstellung und Verhalten der Leute zu murren, und dass er bezüglich der Erfüllung seiner Bedürfnisse auf Allah allein vertraut und von Ihm, dem Erhabenen, Erleichterung erwartet." (Siddiqi)

Warum nimmt man einen anderen als Allah zum Beschützer und begibt sich damit in den Polytheismus, weicht vom Islam ab und stellt sich der ungeheuerlichen Strafe als Resultat seines Ungehorsams? Macht man dies nicht in der Hoffnung, Profit zu erzielen oder einen Schaden abzuwenden in dieser Welt? Man erhofft sich die Hilfe der Menschen, obwohl all dies in Allahs Hand liegt, und Er allein hat die absolute Macht über Ursache und Wirkung. Er ist der Allmächtige über Seine Diener und hat die Weisheit und Kenntnis im Geben und im Nehmen. (Qutb)

 

18. Er ist der Allgewaltige über Seine Diener und Er ist der Weise, der mit allem Wohlvertraute.

19. Sprich: " Welches ist das größte von allen Zeugnissen?"46 Sprich: „Allah ist Zeuge zwischen mir und euch.47 Und dieser Qur’an ist mir offenbart worden,48 dass ich euch damit warne und alle, die es erreicht.49 Wie könnt ihr also bezeu­gen, dass es neben Allah noch andere gibt?"50 Sprich: "Ich kann es nicht bezeugen!" Sprich:51 "Er ist vielmehr ein Einziger Gott.52 Und ich bin wahrlich fern von dem, was ihr als Götzen anbetet."53

46. Wessen Zeugnis hat den entscheidenden Einfluss in dieser Sache? (Darjabaadi)

Welcher Zeuge in dieser Welt hat die größte Bezeugungskraft? Wessen Zeugnis erbebt sich über alle Zeugnisse? Und wessen Zeugnis besitzt die entscheidende Kraft, so dass sich jedes andere Zeugnis erübrigt? Die Antwort kann wahrhaftig nur lauten: "Sprich: Allah." (Qutb)

47. Allah ist selbst Zeuge für die Tatsache, dass Er Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu Seinem Gesandten berufen hat, und was dieser sagt, ge­schieht in Seinem Auftrag. (Mauduudi)

48. Die Unvergleichlichkeit des Qur’an bildet selbst einen Beweis Allahs. (Darjabaadi)

Die erste und wichtigste Art des Zeugnisses Allahs ist Seine Offenbarung. (Siddiqi)

49. "Dass ich euch damit warne und alle, die es erreicht." Eine andere mögliche Auslegung wäre (nach Maulana Islachhi): "Ich warne euch damit, und alle, die es erreicht, sollen ebenfalls andere damit warnen." Dies erinnert dann die Muslime an ihre religiösen Verpflichtungen. (Siddiqi)

Der Text im Qur’an bewegt mit diesem ergreifenden Klang die Herzen in einer Weise, wie es niemals durch menschliche Sprache erreicht werden könnte. (Qutb)

50. Dass Allah Einer ist, ist eine solch unbestreitbare Wahrheit, dass jeder, der mit gesundem Menschenverstand begabt ist, sie nur bestätigen und nur ein ausgesprochener Lügner sie ablehnen kann. (Siddiqi)

51. Jetzt, da eine weitere Diskussion mit diesen verwirrten Menschen sinnlos ist. (Darjabaadi)

52. "Ich kann für eine so absurde Aussage kein Zeuge sein." (Darjabaadi)

53. Wörtlich: "Ich bin frei von dem, was ihr (Ihm) beigestellt." (Asad)

 

20. Diejenigen, denen Wir das Buch gegeben haben, kennen es,54 wie sie ihre (eigenen) Söhne kennen.55 Diejenigen, die ihre eigenen Seelen verdorben haben, sind es, die nicht den Imaan verinnerlichten.56

54. vergleiche Suura 2:146. In beiden Abschnitten kann das Pronomen sowohl mit "es" als auch mit "ihn" übersetzt werden; letzteres bezieht sich dann auf den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wie einige Kommentatoren meinen. (Juusuf 'Allii)

Es wird mehrfach im Qur’an erwähnt, dass das Volk der Schrift -Juden wie Christen -genaue Kenntnisse über den Qur’an und die Botschaft Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, besitzt. Die Erwähnung des Volkes der Schrift in diesem Aja, der wie oben erwähnt mekkanisch ist, lässt darauf schließen, dass dies eine Vorhaltung an die Adresse der Götzendiener ist. Sie leugneten diesen Qur’an, obwohl das Volk der Schrift ihn so erkennt, wie es seine eigenen Kinder erkennt. Und wenn die meisten von ihnen nicht daran den Imaan verinnerlichten, so lag es daran, dass sie ihre Seelen so verdorben hatten, dass sie nicht den Imaan verinnerlichen werden konnten. (Qutb)

Die Wahrheit von Allahs transzendentaler Einheit und Einzigartigkeit wird in allen heiligen Schriften betont. (Asad)

55. So wie sie die Propheten ihres eigenen Volkes kennen. (Darjabaadi)

Wer Kenntnis von offenbarten Schriften besitzt, hat die Gewissheit, dass es nur einen Gott gibt, Der keinen Partner hat. Er kann deswegen den Imaan an Allah von den vielfältigen anderen Vorstellung und Theorien über Allah unter­scheiden, so wie ein Mensch leicht sein eigenes Kind unter tausend von anderen Kindern wieder erkennen kann. (Mauduudi)

56. Sie haben durch Selbstbetrug, Eitelkeit, Arroganz und eine ablehnende Haltung gegenüber der Wahrheit ihre eigene Seele geschädigt, obwohl sie die Wahrheit erkannten, und nun ist es schwer für sie, dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Imaan zu verinnerlichen. (Siddiqi)

 

Abschnitt 3

21. Wer ist also ungerechter57 als jener, er eine Lüge gegen Allah erdichtet oder Seine Zeichen58 leugnet? Wahrlich, die werden keinen Erfolg haben.

57. ’Sulm (wörtlich: Ungerechtigkeit, Unterdrückung) steht hier gleichbedeutend mit Götzendienst (Schirk). Dieser Begriff wird 7 mal im Qur’an oft in diesem Sinne gebraucht, wo immer die Abscheulichkeit von Götzendienst betont werden soll, weil er eine Ungerechtigkeit ist gegenüber der Wahrheit, dem eigenen Selbst und anderen Menschen sowie ein Übergriff auf das Recht Allahs, als Einziger -ohne Partner- angebetet und verehrt zu werden. (Qutb)

58. "Zeichen Allahs" sind alle die Zeichen, die auf die Tatsache hinweisen, dass es nur einen einzigen Gott gibt und alles andere Ihm dient. Diese Zeichen sind überall im Universum ausgebreitet. Sie finden sich im Inneren des Menschen selbst und im Charakter und den großen Taten der Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sowie in den offenbarten Schriften. Deswegen ist das Vergehen dessen, der angesichts aller dieser Zeichen anderen Wesen Attribute Allahs zuschreibt und ihnen göttliche Verehrung zukommen lässt, so schwerwiegend. Es ist eine große Ungerechtigkeit, anderen Wesen Eigenschaften Allahs zuzuschrei­ben, ohne Wissen, Beobachtung und Erfahrung, aufgrund reiner Vermutungen oder aufgrund überlieferter Traditionen der Vorfahren. Wer dies tut, verhält sich ungerecht gegenüber der Wahrheit, der Wirklichkeit, sich selbst und allem und jedem im Universum. (Mauduudi)

 

22. Und an jenem Tag werden wir sie59 al­lesamt versammeln. Dann werden Wir zu jenen sprechen, die Allah andere Götter Seite geteilt haben. "Wo sind eure Götzen60, die ihr (für Götter zu ge­halten habt?"

59. Die gesamte Menschheit. (Darjabaadi)

60. Wörtlich: "diese eure Partner, die ihr vermutet (dass sie existieren)". Wo im Qur’an der Begriff “schuraka (Plural von karik) in Verbindung mit Religionsvorstellungen auftaucht, handelt es sich ausnahmslos um wirkliche oder imaginäre Wesen oder Kräfte, denen Anteil an Allahs Eigenschaften zugeschrieben wird: folglich bezieht sich diese Vorstellung -und ihre kompromisslose Verurteilung im Islam -nicht nur auf die Verehrung falscher Gottheiten, sondern auch darauf, dass heiligen, aber auch abstrakten Ideen wie Besitz, sozialem Status, Macht, Nationalität und so weiter, pseudo-göttliche Eigenschaften und Kräfte zugeschrieben werden, in dem man ihnen einen objektiven Einfluss auf das menschliche Geschick beimisst. (Asad)

Zu den Zeichen Allahs gehört auch die Offenbarung des Qur’ans, die früheren Offenbarungen sowie die Natur mit allen ihren vielfältigen Phänomenen. (Siddiqi)

 

23. Dann werden sie keine Ausflucht61 mehr haben, als sagen zu müssen: "Bei Allah, unserem Herrn, wir haben wahr­lich keine Götzen angebetet."62

61. Von seinem Grundgedanken "versuchen, prüfen, in Versuchung führen" her hat das Wort “Fitnach“ verschiedene Bedeutun­gen, beispielsweise

1. Versuchung, wie in Suura 2.: 102;

2. Schwierigkeiten, Unterdrückung, Verfolgung, wie in Suura 2.:191 ("Verfolgung ist schlimmer als Totschlag");

3. Zwietracht, Zwiespalt, wie in Suura 3:7; 4. Ausflucht, eine Ausrede, die -wie hier -auf einer Unwahrheit begründet ist. Andere Bedeutungsnuancen werden behandelt, wo sie auftreten. (Juusuf 'Allii)

62. Die Wahrheit, die durch diese Prüfung offenkundig und auch daraus ersichtlich wird, dass sie sich ihrer entledigen wollten und die Herrschaft des einzigen Gottes bestätigen und den Götzendienst verlassen müssen, den sie in ihrem Leben betrieben haben. (Qutb)

Wer Allah gelästert hat, indem er Ihm in seiner Phantasie falsche Gottheiten beigesellt hat, wird jetzt selbst die Nichtigkeit seiner Vorstellungen einsehen. Was für eine Antwort kann er jetzt geben? In seiner Abartigkeit wird er abstreiten, jemals Vorstellungen von falschen Gottheiten gehabt zu haben. (Juusuf 'Allii)

Nach Imaam Rasi setzten sie Polyteisten Allah zwar Götzen zur Seite, aber sie waren sich der Ungeheuerlichkeit ihres Vergehens nicht bewusst und lebten in der Annahme, sie glaubten an Allahs Einheit. Jene "Partner" betrachteten sie als Vermittler zwischen Mensch und Allah, nicht als Seine Rivalen. Auf diese Weise erlagen sie dem Irrtum, dass es nicht dem Imaan an die Einheit Allahs widerspricht, göttliche oder pseudogöttliche Eigenschaften Personen oder Dingen neben Allahs zuzuschreiben. (Siddiqi)

 

24. Schau wie sie sich selbst betrogen haben und63 wie ihnen das entschwunden ist, was sie ersonnen haben.64

63. Mit "Schau" ist geistige Wahrnehmung gemeint. (Al-Manar)

Vergleiche auch Suura 10:28 und Fußnoten. (Asad)

Indem sie zu Lebzeiten glaubten, ihre falschen Vorstellungen ständen nicht im Widerspruch zum Imaan an Allahs Ein­heit. (Siddiqi)

Sie haben sich selbst betrogen im Diesseits, indem sie Fürsprecher nahmen, damit sie zwischen ihnen und Allah vermitteln sollten. Das war in ihren Augen eine Ehrenbezeugung und kein Frevel gegenüber Allah. (Al-Manar)

 

25. Unter, ihnen gibt es welche, die (vorgeben), dir zuzuhören.65 Doch haben Wir über ihre Herzen eine Hülle gebreitet, so dass sie es nicht verstehen,66 und Taubheit in ihre Ohren. Und Wenn sie auch all die Zeichen sehen würden, würden sie dennoch nicht den Imaan verinnerlichen;67 ja selbst wenn sie zu dir kommen, um mit dir zu disputieren, sagen die Kaafirs68: "Das sind wahrlich nichts weiter als Fabeln der Alten."69

64. Das Lügengebäude, das sie aufgebaut hatten, lässt sie hier im Stich. Indem sie die Tatsache abstreiten, dass sie sich falschen Göttern zugewandt hatten, geben sie die Falschheit ihrer Vorstellungen zu und verurteilen sich praktisch selbst. (Juusuf 'Allii)

65. Dieses Muster wiederholt sich in allen Generationen, Nationen und zu jeder Zeit und Überall. Sie sind zwar Menschen vom Stamme Adems, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, die hören, was ihnen gesagt wird, aber ohne es zu begreifen, als ob ihre Ohren taub wären und ihnen den Dienst versagt hätten. Ihr Verstand scheint so verhüllt zu sein, so dass zu ihm nichts von dem Gehörten durchzudringen vermag. (Qutb)

Sie suchen nicht die Wahrheit und haben nicht die Absicht, vom Qur’an zu profitieren. (Darjabaadi)

Vergleiche Suura 2:1 und Fußnote. (Siddiqi)

66. Sie verstehen den Qur’an nicht. (Juusuf ’Allii)

67. Vergleiche Suura 2: 7 und 14:4. (Asad)

Hier beschreibt Allah Sich Selbst als Ursache für ihr mangelndes Verständnis- und Einsichtsvermögen, denn alles, was in der Welt infolge naturgesetzlicher Gegebenheiten stattfindet, hat seinen Ursprung in Allahs Gesetz Er ist ja der Urheber dieser Naturgesetze. Die eigensinnigen Kaafirs haben durch ihren Starrsinn, ihre Vorurteile und ihren Unwillen ent­sprechend diesen Gesetzmäßigkeiten ihre Fähigkeiten verkümmern lassen, denn wer verstockt und nicht bereit ist, die Hal­tung eines rechtschaffenen Menschen anzunehmen, dessen Herz verschließt sich automatisch gegen jede Art von Wahrheit, die seiner eigenen Begierde widerspricht. Wenn dieser natürliche Prozess in menschlicher Sprache beschrieben wird, sagt man: "Das Herz dieses Menschen hat sich verschlossen." Allah, der Urheber der Naturgesetze, schildert dasselbe so: "Wir haben das Herz dieses Menschen verschlossen." (Mauduudi)

68. Der Qur’an betont, dass die Kaafirs die Wahrheit nicht deswegen leugnen, weil sie keine Bestätigung dafür erhalten haben, sondern aus ihrer eignen Falschheit heraus. Die erhabene Lehre des Qur’an liegt vor ihnen, und die edelste Persön­lichkeit steht dafür ein.. Das gesamte Universum mit all seinen vielfältigen Phänomenen zeigt ihnen das wahre Wesen der Großen Wirklichkeit auf. Wenn alle diese Tatsachen sie nicht von der Wahrheit überzeugen können, was kann ihnen sonst den Imaan verinnerlichen? (Siddiqi)

69. "Asatir" أَسَاطِير bedeutet Fiktion; Geschichten ohne Grundlage oder Lehre; Legenden oder Sagen aus alter Zeit. (Darjabaadi)

Der Vorwurf lautet hier: "Es gibt nichts neues in der Botschaft, zu der der Gesandte, Allahs Segen und Frieden auf ihm, uns aufruft. Dieselbe alte Botschaft haben wir früher schon gehört." Was alt ist, kann ihrer Ansicht nach nicht gut sein. Tatsache ist jedoch, dass die Botschaft immer ein und dieselbe war und so bleiben wird. Die Gesandten Gottes, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die seit frühesten Zeiten für die Leitung und Führung der Menschheit gekommen sind, haben immer die gleiche Botschaft empfangen, und das gilt auch für den Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Ohne das Licht Allahs jedoch ist es nicht möglich, diese zeitlose Wahrheit einzusehen, und man könnte geneigt sein, einige erfundenen Theorien als Wahrheit zu verkünden und zu sagen: "Wir haben eine neue Botschaft, die niemand vor uns je empfangen hat." (Mauduudi)

Wenn die menschliche Natur dieselbe bleibt und ihre geistigen Bedürfnisse die gleichen sind, wie kann dann die Grundlage einer Religion absolut neu sein? Dienst an dem Einen Gott ist der Grundstein der Religion, und dies war immer der Kern der Religion der gesamten Menschheit. Propheten sind nicht dazu gesandt worden, um die Menschen mit unerhörten Neuerungen zu schockieren, sondern die moralische und religiöse Entwicklung der Menschheit voranzubringen, indem sie frühere Stadien erfüllen und überschreiten. (Siddiqi)

 

26. Sie verbieten es anderen und halten sich selbst fern davon. Doch sie führen sich selbst ins Verderben ohne es zu spüren.70

70. Sie wussten wohl, dass es keine Fabeln früherer Völker waren, und dass ihre Behauptung nichts nützen würde, wenn sie die Menschen den Qur’an hören lassen würden. Die Obrigkeit der Quraischiten fürchtete den Einfluss des Qur’ans auf sich und auf ihre Untertanen. So genügte es nicht, einfach dazusitzen und zu erzählen, dies seien nur Fabeln der Ahnen, son­dern sie gingen weiter und verboten den Untertanen, ihn zu hören. Sie selbst blieben fern, aus Angst zu hören um dann zu erhören. (Qutb)

Wen zerstört denn der jenige, der alle Anstrengungen unternimmt, sich und andere von der Leitung, vom Gedeih und der Errettung fernzuhalten, außer sich selbst? (Qutb)

 

27. Und wenn du sie nur sehen würdest, wie sie vor das Feuer gestellt werden und sie dann sagen: "Wenn wir nur zurückkeh­ren könnten, dann würden wir nicht die Zeichen unseres Herrn leugnen, sondern würden unter denen sein, die den Imaan verinnerlichen!"71

71. Der Wunsch der Kaafirs nach einer neuen Chance entspringt nicht ihrer Wahrheitsliebe, sondern der Angst vor dem Höllenfeuer, das sie vor sich sehen. (Siddiqi)

Erst jetzt wissen sie, dass es "die Zeichen unseres Herren" waren. (Qutb)

 

28. Doch nein, es wird ihnen klar werden, was sie zuvor zu verbergen pflegten.72 Doch wenn sie zurückgeschickt würden,73 würden sie in das zurückfallen, was ihnen verboten worden ist, denn sie sind wahrlich Lügner.74

72. Ganz entgegen ihren Erwartungen wurde ihnen die Nichtigkeit ihrer Handlungen offenbar. (Darjabaadi)

Die Wahrheit war ihnen bekannt, aber sie hatten sie aus Stolz und Selbstsucht unterdrückt. Wenn jetzt die furchtbare Kon­sequenz ihrer Haltung zum Vorschein kommt, wollen sie ins irdische Leben zurückkehren. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, "was sie verborgen hatten" bedeute die verborgenen Konsequenzen ihrer falschen Vorstellungen und bösen Handlungen. (Siddiqi)

73. Selbst dieser Wunsch ist also nicht aufrichtig und entstammt nicht einer wirklichen inneren Wandlung. (Darjabaadi)

Ihr Wunsch ist nicht die Folge vernünftigen Denkens und Überlegens, sondern das Ergebnis ihrer direkten Erfahrung der Wirklichkeit, nach der selbst der verstockteste Kaafirs sie nicht mehr zu leugnen wagt. (Mauduudi)

74. Ihre Falschheit beruhte nicht auf Mangel an Wissen, sondern auf Schlechtigkeit und Selbstsucht. In ihren Herzen ist Krankheit (Suura 2: 10), deswegen funktionierten weder ihr Erkenntnisvermögen noch ihre Augen und Ohren auf angemessene Weise. Sie verdrehen, was sie sehen, hören oder erfahren, und laufen immer tiefer ins Elend. Die Täuschungen, mit denen sie anderen Menschen begegnet sind, werden vor dem Richterstuhl vor ihren eigenen Augen deutlich. (Juusuf 'Allii)

Allah kennt ihre Natur und ihr Beharren auf der Unwahrheit. Er weiß, dass nur die furchterregende Lage vor dem Feuer sie zu dieser Aussage, diesen Wünschen und Versprechungen geführt hat. Doch es sind nur Lügen. (Qutb)

Ihr Wunsch nach einer zweiten Chance entspricht nicht der Liebe zur Wahrheit um ihrer selbst willen, sondern in erster Linie ihrer Angst vor den bösen Folgen ihres Tuns. Aber Imaan ist nutzlos, wenn er nicht um seiner selbst willen ange­strebt wird. (Asad)

Solange sie dem Höllenfeuer ausgesetzt sind, versprechen sie, dem Weg der Wahrheit und Rechtschaffenheit zu folgen. Sobald sie aber daraus' befreit sind, kehren sie zu ihren alten Vorstellungen und Praktiken zurück und betrachten die Schrecken des Feuers als bloßen Alptraum. (Siddiqi)

 

29. Und sie würden sagen: "Wahrlich, es gibt kein anderes Leben nach unserem Leben in dieser Welt, und wir werden nicht wiedererweckt werden."75

75. Die heidnischen Araber waren ebenso materialistisch wie abergläubisch. Ihr größtes Hindernis, den Islam anzunehmen, war vielleicht seine Lehre von der Auferstehung. (Darjabaadi)

Beim gründlichen Nachdenken über den Kausalzusammenhang zwischen den verschiedenen Religionnssätzen und der reli­giösen Praxis stellen wir fest, dass die Ablehnung des Jenseitigen Lebens zur Negierung aller metaphysischen und religiösen Wahrheiten führt und den Menschen kaafir macht. Durch den Imaan an ein zukünftiges Leben und die Verantwort­lichkeit am Tag des Gerichts versucht der Mensch, sein Verhalten mit den durch den Imaan an Allah ausgesprochenen religiösen Werten in Einklang zu bringen. Wer ein Leben in materiellem Vergnügen und ohne Einschränkungen führen will, leugnet den Imaan an das zukünftige Leben beim aller ersten Anlass. (Siddiqi)

 

30. Und wenn du sie nur sehen würdest, wie sie vor ihren Herrn gestellt werden! Und Er wird sagen: "Ist dies nicht die Wahr­heit?"76 Und sie werden sagen: ,,O doch! Bei unserem Herrn!" Und Er wird sagen: "So kostet die Strafe dafür, dass ihr kaafir gewesen seid."77

76. Ihre Auferstehung und die Tatsache, dass sie von Allah für ihre Gedanken und Handlungen zur Rechenschaft gezogen wer­den. (Siddiqi)

Dies ist das Ende derjenigen, die gesagt haben "Es gibt kein anderes Leben als dieses Leben, und wir werden nicht wieder erweckt werden." Und dies ist ihr jämmerlicher Anblick in der Gegenwart ihres Herren, Dessen Begegnung sie geleugnet haben. (Qutb)

77. Wörtlich: "Das Leiden wegen" oder "infolge". Der Partikel “bi-ma“ bringt hier einen Kausalzusammenhang zwischen ihrer Verleugnung der Wahrheit und dem folglichen Leiden zum Ausdruck. (Asad)

 

Abschnitt 4

31. Verloren sind gewiss diejenigen, die das Zusammentreffen mit Allah als Lüge verwerfen, bis die Stunde78 ganz plötzlich über sie kommt. (Dann) sagen sie: "Wehe uns, was haben wir nur (auf der Welt) vergeudet."79 Denn sie tragen ihre Last (ihrer Sünden) auf ihren Rücken. Übel ist wahrlich was auf ihnen lastet!80

78. "As-Sa'at" السَّاعَة bedeutet nicht nur Zeitpunkt der Auferstehung, sondern auch die Todesstunde des Menschen. (Darjabaadi)

Dies ein wirklicher Verlust, nämlich einerseits der des diesseitigen Lebens, weil sie es auf einem niedrigen Niveau ver­bracht haben, und andererseits der des jenseitigen Lebens, in der Art, wie hier beschrieben ist. Die Überraschung, mit der die Sorglosen nicht gerechnet haben, "bis die Stunde sie plötzlich trifft" wird sie zum Jammern bringen. (Qutb)

79. Wir haben zu unseren Lebzeiten nicht darauf geachtet. (Darjabaadi)

80. Schrecklich ist die Last der Vergehen, mit der sich die Bösen belastet finden, wenn sie sich dessen bewusst werden. Einige Kommentatoren personifizieren die Vergehen als hässliche Dämonen, die auf dem Rücken der Menschen reiten, während die guten Handlungen zu starken und geduldigen Reittieren werden, die den Menschen auf ihrem Rücken tragen. Wenn die guten Taten gering sind und die bösen überwiegen, werden der Mensch und seine guten Taten unter der Last des Bösen erdrückt, die sie tragen. (Juusuf ’Allii)

 

32. Das diesseitige Leben ist nichts weiter als Spaß und Zeitvertrieb.81 Doch die Wohnstätte des Jenseits ist besser für diejenigen, die mutaqi sind.82 Wollt ihr also nicht begreifen?83

81. Hier wird nach dem allgemeinen Maßstab Allahs das Leben dieser Welt dem zukünftigen Leben gegenübergestellt. Die vergänglichen Tage auf diesem Planeten können nicht das zeitlose, ausgebreitete jenseitige Reich aufwiegen, und die illu­sorischen Vergnügungen dieser Welt sind nicht mit jenem ruhigen Ernst vergleichbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein asketisches Leben islamischen Vorstellungen entspräche. (Qutb)

Spiel und Scherz sollen unseren Verstand für die ernsten Dinge des Lebens vorbreiten: sie selbst sind nicht wichtig. So ist dieses Leben eine Vorbreitungszeit auf die ewige Heimat, auf die wir uns zu bewegen, die weit raus wichtiger ist als die vergänglichen Reize, die uns vielleicht in diesem Leben verführen können. (Juusuf ’Allii)

Das Leben in dieser Welt ist unwirklich, unwesentlich und vergänglich. (Darjabaadi)

Dieses irdische Leben wurde mit Spiel und Scherz verglichen, weil es hier vieles gibt, dessen Schein trügt und Menschen ohne gesunden Menschenverstand und Einsicht in Missverständnisse verwickeln kann, was dazu führt, dass sie falsche An­sichten entwickeln, durch die das Leben für sie tatsächlich Spiel und Scherz ist. Die Rolle eines Herrschers oder Machtha­bers in dieser Welt ist beispielsweise in der Tat nichts anderes als die Rolle eines Schauspielers, der auf der Bühne einen König darstellt, indem er eine Krone trägt und man ihm gehorcht, so wie man einem wirklichen König gehorcht, während er in Wirklichkeit nicht die Macht eines tatsächlichen Königs besitzt und auf Geheiß des Regisseurs abgesetzt wird. Man­ches Drama dieser Art wird auf der Bühne dieser Welt um uns herum aufgeführt. Der Tod bringt jedes zu einem jähen Ende, woraufhin der Mensch alles in seinem wirklichen Zusammenhang sieht und alle Missverständnisse beseitigt werden. (Mauduudi)

82. Für diejenigen, die ihren Herrn fürchten und rechtschaffen sind. (Darjabaadi)

83. Das Jenseits ist unsichtbar. Der Imaan daran ist eine Erweiterung der Vorstellungskraft, und eine Erhöhung des Intellekts. Dafür zu arbeiten, ist trefflicher für die Mutaqis. Dies wissen die Vernünftigen sehr wohl. (Qutb)

 

33. Wir wissen schon, dass dich das betrübt, was sie sagen.84 Doch in Wahrheit bezichtigen sie nicht dich der Lüge,85 sondern diese Ungerechten verleugnen86 die Zeichen Allahs.

84. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Suura herabgesandt wurde, um die Götzendiener von Mekka zum Islam aufzurufen und mit ihnen über Monotheismus, Prophetentum und Auferstehung zu argumentieren. Darum kommt in diesen Erzählungen oft "und sie sagten" vor. Auch der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird mit dem Wort "Sprich" angewiesen, die Argumentation zu eröffnen.(Al-Manar)

Wörtlich: "Was sie sagen", nämlich über das Leben nach dem Tode, das sie als Ammenmärchen bezeichnen, und ganz allgemein über den Qur’an. (Asad)

85. Sie lehnen nicht dich als Person ab. (Darjabaadi)

86. Mit "As-Salimun" الظَّالِمِين (Die Ungerechten) sind in diesem Zusammenhang die Götzendiener gemeint, so wie es auch an anderen Stellen im Qur’an der Fall ist; siehe auch oben Aja 21. (Qutb)

Alle Angehörigen seines Stammes betrachteten den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als ehrenhaft und vertrauenswürdig bis zu dem Zeitpunkt, als er ihnen mit der Offenbarung gegenübertrat. Selbst dann gab es niemanden, der ihm als Person Lügenhaftigkeit vor­warf; selbst seine erbittertsten Feinde beschuldigten ihn niemals, in weltlichen Dingen die Unwahrheit gesprochen zu ha­ben. Diese Vorwürfe machten sie ihm nur in seiner Eigenschaft als Propheten. Nach einer Überlieferung von 'Allii soll Abuu Dschehl in einem Gespräch mit dem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesagt haben: "Wir bezeichnen dich nicht als Lügner, aber wir betrachten das, was du verkündest, als falsch." Aus diesem Grund tröstet Allah Seinen Gesandten mit diesem Aja. (Mauduudi)

"Dschuhud" جْحَدُون bedeutet Leugnen einer Tatsache aus reinem Starrsinn. (Siddiqi)

 

34. Doch bereits vor dir wurden die Gesandten zu Lügnern erklärt. Doch sie ertrugen geduldig, dass sie zu Lügnern erklärt wurden genauso wurde ihnen Schaden zugefügt, bis ihnen Unsere Hilfe zuteil wurde. Und nichts könnte Allahs87 Versprechen ändern. Und wahrlich hast du schon die Kunde über (manche) Gesandten erhalten.88

87. Niemand hat Einfluss auf Seine Entscheidungen und Versprechen. (Darjabaadi)

Diese Worte sagt Allah zu Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als Erinnerung und Trost. Sie führen aber auch denen, die nach dem Propheten Muchammed -Friede sei mit ihm -zu Allah aufrufen, ihren Weg klar vor Augen und definiert ihre Aufgabe. Sie beschreiben die Mühen und Schwierigkeiten ihres Weges, und was sie am Ende zu erwarten haben. (Qutb)

Mauduudi übersetzt "kalimatillah" ِكَلِمَاتِ اللّهِ  mit Gesetz Allahs. Entsprechend diesem Gesetz ist es notwendig, dass die Rechtschaffenen lange und gründlich geprüft werden, so dass ihre Stärke, ihre Rechtschaffenheit, ihre Opferbereitschaft und ihre Treue sowie ihr Vertrauen auf Allah erwiesen wird. Aus diesem Grund müssen sie Anfechtungen und Leiden durchstehen, um diese hohen moralischen Eigenschaften zu erwerben, denn nur mit diesen Waffen können die dem Islam feindlichen Kräfte über­wunden werden. Wenn sich entsprechend diesem Gesetz ihre Fähigkeit herausstellt, kommt Allahs Hilfe im rechten Augenblick. (Asad)

88. Die Geschichten der früheren Propheten sind dir bereits bekannt: welchen Verfolgungen sie ausgesetzt waren und wie Allah schließlich ihre Gegner bestrafte, wie Er es versprochen hatte. (Darjabaadi)

Wörtlich: "du hast bereits etwas von den Informationen über die Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erhalten." Dies bezieht sich auf die Tatsache, dass nur einige der früheren Propheten und ihre Geschichten im Qur’an besonders erwähnt worden sind, immer in Verbin­dungen mit einer speziellen moralischen Belehrung, während die große Mehrheit von ihnen nur andeutungsweise erwähnt wurde, um die Tatsache zu betonen, dass kein Volk und keine Kultur jemals ohne prophetische Leitung geblieben ist. (Asad)

 

35. Und falls ihre Abkehr unerträglich für dich ist -dann versuche, einen unterirdischen Schacht zu erreichen, falls dir das möglich ist oder eine Leiter zum Himmel, um ihnen ein Zeichen zu bringen?89 doch wenn Allah es gewollt hätte, hätte Er sie allesamt recht­geleitet.90 So sei keinesfalls einer der Unwissenden!91

89. Im Leben des Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und in der Botschaft, die er übermittelte, gab es zahlreiche Zeichen der Sendung Allahs. Wenn diese die Kaafirs nicht überzeugten, war es da nicht sinnlos, Wunder aus dem Inneren der Erde hervorzubringen oder durch einen sichtbaren Aufstieg zum Himmel vorzuweisen? Wenn der Gesandte in seinem Eifer, alle zum Imaan an seine Botschaft zu bewegen, von ihrer abweisenden Haltung und ihrer Verfolgung verletzt war, dann wird ihm hier gesagt, dass volle Einsicht in Allahs Plan ihn davon überzeugen würde, dass Ungeduld unangebracht ist. Dies geschah in der Zeit der Verfolgung vor der Auswanderung. Die Geschichte in Medina und später zeigt, wie Allahs Wahrheit schließ­lich endgültig siegte. (Juusuf  'Allii)

Übernatürliche Phänomene wären nicht angebracht gewesen, um die intellektuelle und moralische Revolution auszulösen, die für die Entstehung einer gerechten Gesellschaft erforderlich ist. (Mauduudi)

90. Wörtlich: Hätte Er sie zusammengeführt zur Rechtleitung. (Anm. d. Übers.)

Hätte Allah die gesamte Menschheit durch aufrüttelnde Wunderzeichen auf den rechten Weg bringen wollen, dann hätte Er dies leicht tun können, indem Er den Schleier des Verborgenen entfernte, denn dann hätte es niemand mehr wagen können, die Wahrheit zu leugnen. Er weiß jedoch sehr wohl, dass die Veränderungen im Gemüt des Menschen, die durch greifbare Beweise und erschreckende Zeugnisse hervorgebracht werden, weder tief greifend noch dauerhaft sind. Eine geistige und moralische Revolution kann nur durch eine Veränderung der Herzen ausgelöst und nur durch Überzeugung verwirklicht werden. (Siddiqi)

91. Sei nicht einer von denen, die nichts von den Gesetzen Allahs in seiner Schöpfung wissen; solche die herbeisehnen, was sie gut und nützlich finden, auch wenn dessen Verwirklichung unmöglich ist, weil es den weisen Gesetzen Allahs nicht entspricht. (Al-Manar)

Allahs Zielsetzung ist es nicht, jeden einzelnen Menschen auf irgendeine Art und Weise zur Annahme der Rechtleitung zu zwingen, sonst hätte Er sie so geschaffen, dass sie von Geburt an rechtschaffen gewesen wären, und es wäre nicht not­wendig gewesen, Propheten zu schicken. Allah beabsichtigt, den Menschen die Wahrheit auf vernünftige Weise darzule­gen, so dass jeder, der sie begreift, sie ohne jeden Zwang annehmen und seinen Charakter dementsprechend formen kann. Dadurch können die Mu’mins die besten Menschen zu sich hinziehen, bis sie Allahs Weg durch ihre hohen Ideale, besten Grundsätze, charakterliche Reinheit und schlagkräftigen Argumente verwirklichen können. Allah sichert ihnen Leitung und Hilfe in jedem Stadium zu, so wie sie es brauchen und verdienen. Wenn jemand erwartet, dass Allah mit übernatürlichen Methoden die falschen Vorstellungen aus den Köpfen der Menschen auslöscht und stattdessen richtige einsetzt, dann soll er wissen, dass dies dem widerspricht, was Allah mit der Schöpfung des Menschen vorgesehen hat. Er erschuf den Men­schen als verantwortliche Person und gab ihm Handlungsfreiheit, um ihn zu prüfen. (Mauduudi)

Allah fordert Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf, einen tieferen Einblick in die Sache zu nehmen und nicht oberflächlich zu urteilen wie diejenigen, die die Feinheiten moralischer und geistiger Veränderungen nicht kennen. (Siddiqi)

 

36. Wahrlich, nur diejenigen sind empfänglich, die zuhören.92 Und was die an­ geht, die (gleich) Toten sind, so wird Allah sie wiedererwecken.93 Dann wer­den sie zu Ihm zurückgebracht.

92. Die Menschen teilen sich in zwei Gruppen angesichts der Wahrheit, die ihnen der Gesandte überbrachte:

Die erste Gruppe ist eine lebendige Gruppe. Ihre natürlichen Wahrnehmungsorgane sind aktiv und offen. Sie ist empfänglich für die Rechtleitung, die so stark und klar ist, und die mit der natürlichen Veranlagung derart im Einklang steht, dass es genügt, sie zu hören, um von ihr eingenommen zu werden.

Und die zweite Gruppe ist eine tote Gruppe. Ihre natürlichen Veranlagungen sind gelähmt. Sie hört nichts und ist nicht empfänglich. Und somit kann sie weder gehorchen noch irgend etwas empfinden. Ihr fehlt es nicht an Beweisen für diese Wahrheit, sondern es fehlt ihr an einen natürlichen Leben, das empfangen kann, was ihm gesandt wird. Für diese Menschen vermag der Gesandte, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nichts zu tun. Ihre Angelegenheit ist abhängig von Allahs Willen. Denn Er ist Der Machthaber. (Qutb)

Hierin liegt eine zweifache Bedeutung:

1. wenn Menschen offen und ernsthaft auf die Wahrheit hören, müssen sie daran den Imaan verinnerlichen; selbst wenn ihre geistigen Fähigkeiten tot sind, wird Allah sie in Seiner Barmherzigkeit neu beleben, und sie wer­den den Weg zu Ihm finden, wenn sie ernsthaft versuchen zu begreifen.

2. Die Aufrichtigen werden den Imaan verinnerlichen; aber diejenigen, deren Herzen tot sind, werden nicht zuhören, können jedoch schließ­lich dem Gericht nicht entgehen. (Juusuf 'Allii)

93. "Diejenigen, die tot sind": das sind Menschen, die blindlings ihren Weg befolgen und nicht einmal dann bereit sind, ihn zu verlassen, wenn ein anderer sich offensichtlich als der rechte Weg herausstellt. (Mauduudi)

Die Seelen, denen das Unterscheidungsvermögen zwischen Wahrheit und Lüge fehlt. (Siddiqi)

 

37. Sie sagen: "Warum wird nicht94 ein Zeichen zu ihm herabgesandt von seinem Herrn?"95 Sprich: "Allah hat gewiss die Macht, Zeichen herabzusenden, doch die meisten von ihnen wissen (es) nicht."96

94. "Lau la"  لَوْلاَ  heißt in diesem Fall "warum nicht'. (Darjabaadi)

95. Vergleiche in Neuen Testament: "Dieses böse und abtrünnige Geschlecht sucht ein Zeichen; und soll ihm kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Jona" (Matthäus 16:4). "Und er seufzte in seinem Geist und sprach: Was sucht doch dieses Geschlecht ein Zeichen? Wahrlich, ich sage euch: Es wird diesem Geschlecht kein Zeichen gegeben werden. Und er ließ sie und trat wiederum in das Schiff und fuhr hinüber" (Markus 8: 12-13). (Darjabaadi)

96. Sie fordern Wunder, ohne zu begreifen, dass Allah gewöhnlich in Verbindung mit einem solchen auch die Konsequenzen einfordert. Der Qur’an erwähnt immer wieder diese Forderung solcher Menschen, die nicht wissen, was mit einem Wunder an Folgen verbunden ist und in welcher Weisheit Allah ihnen eine solche Antwort versagt; letzteres gehört zu der Barmher­zigkeit, die Er sich selbst vorgeschrieben hat, um das Unglück abzuwenden. (Qutb)

Überall um sie herum befinden sich Zeichen, aber sie begreifen nicht. Wenn sie dennoch ein spezielles Wunderzeichen verlangen, um ihre grobe Unwissenheit zu besänftigen, dann wird Allah ihrem Wunsch nicht entsprechen, denn sie können immer an dem herummäkeln, was auf ihr Niveau hinabsteigt. (Juusuf 'Allii)

Wörtlich: "die meisten von ihnen wissen nicht", nämlich dass Allah Sich Selbst -wie der nächste Aja hervorhebt ­durch das sich ständig erneuernde Wunder Seiner Schöpfung dauernd manifestiert. (Asad)

 

38. Es gibt kein Tier auf Erden und keinen Vogel, der mit seinen Flügeln dahinfliegt, die nicht so wie ihr Gemeinschaf­ten bilden.97 Nichts haben Wir im Buch außer acht gelassen.98 Dann99 werden sie zu ihrem Herrn versammelt werden.100

97. Die Menschen stehen nicht allein in dieser Welt, so dass ihr Existenz ein Zufallprodukt wäre. Sie stehen inmitten anderer Lebewesen, die alle einer planmäßigen Ordnung unterliegen. Dies offenbart einen bestimmten Zweck, Planung und Weis­heit, und weist auf einen einzigen Schöpfer bin, Der alle Seine Geschöpfe nach einer einheitlichen Ordnung führt. (Qutb)

"Tiere, die auf der Erde leben": dazu zählen sowohl Wassertiere als auch Insekten, Vierfüßler und andere. Geflügelte Lebewesen sind gesondert erwähnt. "Ta'ir", gewöhnlich mit "Vogel" übersetzt, bezeichnet alles, was fliegt, auch beispielsweise Fledermäuse. In unserer Arroganz schließen wir die Tiere vielleicht aus unseren Überlegungen aus, aber sie alle haben ein individuelles und soziales Leben wie wir selbst, und alles Leben folgt Allahs Willen und Plan. In Aja 59 dieser Suura erfahren wir, dass kein Blatt herunterfällt ohne Seinen Willen, und dass Trockenes und Grünes in Seinem Buch verzeichnet ist; mit anderen Worten, sie alle folgen Seinem archetypischen Plan, dem Buch, das auch hier erwähnt ist. Sie alle sind in verschiedenem Grad Seinem Plan verantwortlich: alle werden am Ende vor Ihm versammelt. (Juusuf 'Allii)

Das Wort "Umma" أُمَ (Plural: Umam) bezeichnet in erster Linie eine Gruppe von Lebewesen, die gewisse Charakteristika oder Lebensumstände gemeinsam haben. Somit bedeutet es oftmals "Gemeinschaft", "Volk", "Nation", "Art", "Genera­tion" und so weiter. Da alle diese Gruppen, seien sie menschlich oder tierisch, durch die Grundtatsache charakterisiert sind, dass ihre Mitglieder lebendige Wesen sind, bezeichnet der Begriff Umma gelegentlich auch "Geschöpfe Allahs". Der Sinn des obigen Abschnittes wäre somit: Der Mensch kann Allahs "Zeichen" oder "Wunder" in allen Lebensphänomenen seiner Umgebung entdecken und sollte deswegen versuchen, sie zu beobachten, um einen besseren Einblick in "Allahs Gewohnheit" (Sunna Allah) zu gewinnen -was ein Begriff des Qur’ans für das ist, was wir als Naturgesetz bezeichnen. (Asad)

98. Allah hat nicht nur die vielfältigen Arten erschaffen, sondern sie auch mit allem versorgt, was sie brauchen. Wenn bei­spielsweise Tiere mit Instinkten ausgestattet sind, dann hat Allah auch für den Anwendungsbereich dieser Instinkte gesorgt. Die Vögel hat Allah mit Flügeln ausgestattet und die Tiere mit Füßen und vielen anderen Dingen, mit deren Hilfe sie auf der Erde leben können. Abgesehen von der Erfüllung seiner physischen Bedürfnisse hat Allah dem Menschen durch Seine Gesandten Offenbarungen zukommen lassen, durch die seine religiösen, geistigen Und moralischen Bedürfnisse erfüllt werden. Allah hat jeder Art ihren gerechten Anteil gegeben, und niemandem ist etwas versagt worden.

Verschiedene Erklärungen gibt es für den Begriff "Buch" in diesem Zusammenhang. Einige Kommentatoren vertreten die Ansicht, dass es sich um die Tafel handelt, auf der Allahs Schöpfungsplan verzeichnet ist. Andere sind der Ansicht, dass der Qur’an gemeint ist, der in jeder Hinsicht vollkommen ist. (Siddiqi)

99. Der Partikel "Summa" wird meistens als eine Konjunktion gebraucht, die eine zeitliche oder ordnungsmäßige Abfolge bezeichnet (dann, danach, daraufhin und so weiter), gelegentlich aber auch als gewöhnliche Verbindung wie "und". In einem anderen Zusammenhang - wie es im Qur’an sehr oft vorkommt -hat es die Bedeutung einer wiederholten Betonung, Eine Anspie­lung auf etwas, das bereits festgestellt wurde und jetzt wiederum hervorgehoben werden soll. (Asad)

100. Sowohl Menschen als auch Tiere. (Darjabaadi)

 

39. Jene, die Unsere Zeichen leugnen, sind taub und stumm,101 in tiefer Finsternis. Allah lässt irregehen102 wen Er will, und wen Er will, den führt er den geraden Weg.103

101. Das Gleichnis derer, die nicht begreifen wollen, ist das eines Tauben, der nicht hören kann, und das eines Stummen, der nicht sprechen kann. Überdies befindet er sich in tiefer Finsternis, so dass er nicht sehen kann. Wie kann ein solcher Mensch den geraden Weg oder zumindest einen Ausweg aus seiner misslichen Lage finden? (ibn Kasir)

Die Willensfreiheit des Menschen macht einen kleinen Unterschied. Wenn er die Zeichen sieht, seine Ohren jedoch vor der Botschaft verschließt und sich weigert, die Botschaft auszusprechen, die die ganze Natur verkündet, dann wird die gesetzmäßige Konsequenz sein, dass er leidet und umherirrt, so wie er im umgekehrten Fall Bannherzigkeit und Heil er­langt. (Juusuf ’Allii)

102. Als direkte Folge dessen, dass er selbst seine Fähigkeiten missbrauchte. (Darjabaadi)

103. Vergleiche Suura 14:4. (Asad)

Dies geschieht entsprechend Allahs Plan. Er gibt jedem die Gelegenheit, dem rechten Weg zu folgen; wenn jemand aber aus Stolz absichtlich seinen Verstand der Wahrheit verschließt, dann lässt Allah ihn in die Irre gehen. (Siddiqi)

 

40. Sprich: "Überlegt euch doch -wenn die Strafe Allahs über euch kommt104 oder die Stunde euch ereilt,- wen außer Allah werdet ihr dann anrufen, falls ihr wahrhaftig seid?105

104. So wie bei früheren Generationen. (Darjabaadi)

105. Wenn ihr in euren Anschauungen wirklich aufrichtig und ehrlich wäret, müsstet ihr in Augenblicken äußerster Gefahr und Not jene anderen Gottheiten anrufen und nicht Allah, wie ihr es aber tatsächlich tut. (Darjabaadi)

 

41. Nein, vielmehr werdet ihr Ihn allein anrufen106. Alsdann wird Er das abwenden, weswegen ihr zu Ihm gebetet habt, wenn Er will und ihr werdet vergessen, was ihr Ihm beigesellt habt."107

106. So wird es immer wieder deutlich, wenn Menschen ernsthaften Schwierigkeiten gegenüberstehen (Darjabaadi)

107. In den Ajas 40 und 41 geht es um ein weiteres Zeichen, nämlich das, was der Mensch in sich selbst finden kann. Wenn den Menschen ein Unheil trifft oder er dem Tod mit allen seinen Schrecken gegenübersteht, dann sieht er keine Zuflucht außer bei Allah. Selbst ausgesprochene Götzendiener vergessen ihre Gottheiten und rufen zu Allah um Hilfe, und ebenso ergeht es Atheisten mit ihren unwillkürlichen Gebeten um Rettung. Dieses Zeichen -der eigene innere Gemütszustand des Menschen -wird hier als Hinweis auf die Wahrheit erwähnt, als Hinweis auf den Einen Gott und das Verlangen des Menschen, Ihn anzubeten, das in jedem Herzen eingebettet ist. Auch wenn es durch Gleichgültigkeit und Unwissenheit unterdrückt worden ist, kommt es doch manchmal durch die Erschütterung eines Unheils zum Vorschein. (Mauduudi)

 

Abschnitt 5

42. Wir haben bereits vor Dir (Botschaften) zu vielen Völkern herabgesandt und (als sie leugneten) Leid und Unheil108 über sie kommen lassen, damit sie demütig würden.109

108. Wie beispielsweise Hunger, Elend, Krankheit und Tod. (Siddiqi)

109. Vergleiche Deuteronomium 8:2: "Und gedenke des ganzen Weges, den dich der Herr, dein Gott, geleitet hat diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit kund würde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.“(Darjabaadi)

Der Qur’an erzählt der Menschheit die Geschichten vieler Völker vor der Geburt der "Geschichte", die von Menschenhand gemacht wurde. Denn die Geschichte, die der Mensch registriert, ist jung und erfasst nur einen minimalen Teil von der tatsächlichen Geschichte auf dieser Erde. In diesen Ajas finden wir ein oft wiederholtes Beispiel für die vielen Völker, die ihre Gesandten der Lüge bezichtigten, und Allah strafte sie durch Leid und Unglück in ihrem Besitz und in sich selbst. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Geschichte Pharaos und seines Volkes und welches Unheil sie traf, das im heiligen Qur’an erzählt wird. Allah bestrafte sie, damit sie zu sich zurückfänden und ihr Gewissen prüften unter der Schwere der Strafe, damit sie Demut gegenüber Allah zeigten und ihre Halsstarrigkeit ablegten. (Qutb)

 

43. Hätten sie, als das Leid von Uns über sie kam, demütig gebeten,110 statt ihre Herzen zu verhärten,111 und Scheytaan ließ ihnen anziehend erscheinen, was sie zu tun pflegten.112

110. Wörtlich: Warum wurden sie also nicht demütig? Anm. d. Übers.

Hier soll keine Frage ausgedrückt werden, sondern Mitleid: Hätten sie sich doch vor Allah gedemütigt; wie schade, dass sie nicht eine demütige Haltung annahmen! (Siddiqi)

111. Ein Herz, das nicht durch Leiden zu Allah zurückgebracht wird, ist ein versteinertes Herz oder auch ein totes Herz, weil das Leiden darin kein Gefühl hervorruft. Leiden ist eine Heimsuchung für die Menschen von Allah, die die Lebendigen erweckt und veranlasst, sich ihrem Herrn zuzuwenden, und ein Teil der Barmherzigkeit, die Er sich selbst vorgeschrieben hat. (Qutb)

112. Sorgen und Leiden können, wenn sie richtig verstanden werden, ein großes Geschenk Allahs für uns sein. Vergleiche Psalm 94:12: "Wohl dem, den du, Herr, in Zucht nimmst und lehrst ihn durch dein Gesetz." Durch Leiden lernen wir Demut, das Gegenmittel für viele Laster und der Ursprung vieler Tugenden. Wenn wir ihm aber auf falsche Weise begegnen, murren und klagen wir und werden mutlos, und Scheytaan bekommt seine Gelegenheit, uns zu verlocken. (Juusuf 'Allii)

 

44. Doch als sie vergaßen, womit sie ermahnt worden waren,113 öffneten Wir Ihnen die Tore zu allen Dingen,114 bis Wir, als sie sich freuten über das, was ihnen gegeben worden war, ganz plötz­lich über sie kamen. Und siehe, da verzweifelten sie.115

113. Immer wieder durch ihre Propheten. (Darjabaadi)

114. Die eigene innere Wahrheit in uns selbst und der Welt zu erfahren, setzt eine fortgeschrittene Empfindsamkeit und geistige Entwicklung voraus. In einem weniger tiefgehenden Stadium können uns die guten Dinge des Leben Güte und Freundlich­keit lehren. In solchen Fällen wurzelt sich die Botschaft ein. Andere Charaktertypen jedoch werden im Wohlstand aufgeblasen. Für sie ist Wohlstand eine Versuchung oder sogar eine Strafe. Sie bewegen sich immer tiefer in die Sünde hinein, bis sie plötzlich herausgezogen werden, und statt dann demütig zu sein, sind sie verzweifelt. (Juusuf 'Allii)

115. Die Völker, die die Gesandten der Lüge bezichtigten, wurden mit Not und Leid geprüft, damit sie Demut und Gehorsam zeigten. Doch als sie die Ermahnung aus den Augen verloren und Gott wusste, dass sie nicht zu retten waren, kam die Verlockung, die ins Verderben führte. Er öffnete ihnen alle Türen der Genüsse und der Macht ohne Schranken und Mühe. Sie versanken freudig darin, ohne an den Wohltäter zu denken und Ihm zu danken. Ihr Leben wurde leer und ihr Charakter verdorben. Und als alles in Unordnung geraten war, kam die Zeit für das unabänderliche Gesetz. Sie wurden allesamt vernichtet. (Qutb)

Das Verb "ablasa" bedeutet "alle Hoffnung aufgeben" oder "verzweifelten Geistes sein" (dieses Wort ist etymologisch mit dem Namen Iblis verbunden). (Asad)

Ihr materieller Wohlstand konnte nicht ihre geistigen und moralischen Mängel ausgleichen, und ihre Gesellschaftsstruktur, die nach außen hin so imposant aussah, brach zusammen wie ein Kartenhaus, und zwar so plötzlich, dass sie völlig über­rascht waren und keinen Ausweg aus ihrer Tragödie finden konnten. (Siddiqi)

 

45. Dann aber wurden diejenigen ausgerottet, die unrecht taten.116 Preis sei Allah, dem Herrn der Welten!117

116. Als Beispiele für Völker, die Allah bis zum letzten Mann vernichtet hat, sind die Völker von Nuuch, Huud, Salich, und Luut, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen. zu erwähnen. Auch die Pharaonen, die Griechen und die Römer wurden nach dem gleichen Gesetz behandelt. Und hier wie dort steht hinter der Blüte ihrer Kultur und ihrem Untergang der verborgene Beschluss Allahs. (Qutb)

Dieses Phänomen ist in der Geschichte wohl bekannt, nämlich der unausweichliche soziale und moralische Verfall von Gesellschaften, die die geistigen Wahrheiten aus den Augen verloren haben. (Asad)

117. Wenn Allah die Übeltäter straft, ist dies ein Akt der Gerechtigkeit, um die Wahrhaftigen und Rechtschaffenen vor ihren Machenschaften zu schützen und Seine gerechten Entscheidungen zum Tragen zu bringen. Dieser Aspekt Seiner Eigen­schaften wird durch den Namen "Herr der Welten" betont. (Juusuf 'Allii)

Dass Allah die Menschheit von der Unterdrückung der Bösen befreit, ist Anlass zu diesem Lob. (Siddiqi)

 

46. Sprich: "Überlegt doch -wenn Allah euer Gehör und euer Augenlicht hinwegnimmt und eure Herzen versiegelt118 ­welche Gottheit außer Allah könnte sie euch dann zurückgeben?"119 Schau, wie Wir die Zeichen mannigfaltig darlegen, doch wenden sie sich ab!120

118. Alle Ereignisse haben ihren Ursprung in Allah. Wenn wir also für unsere vorsätzliche Abkehr die Strafe bekommen, indem unsere Sinne versiegelt, also für das Gute unzugänglich gemacht werden, ist diese Bestrafung auf die Gerechtigkeit Allahs zurückzuführen. –Darjabaadi schreibt dazu: "Man beachte, dass das Versiegeln ihrer Herzen die Folge der vorsätzlichen Entscheidung für den Kufr ist, nicht deren Ursache." (Juusuf 'Allii)

Ein Siegel auf das Herz setzen, bedeutet, jemandem seine Fähigkeit zu denken und zu verstehen nehmen. (Mauduudi)

119. Hat irgendeine eurer falschen Gottheiten die Macht dazu? (Darjabaadi)

120. Das heißt: Siehe, wie Wir Unsere unzähligen Zeichen und Beweise vielfältig darlegen, damit sie ermahnt und überzeugt werden. Anstatt reuig zurückzukehren, wenden sie sich hartnäckig ab. (Al-Manar)

Sie lehnen es ab, über sie Schlussfolgerungen nachzudenken, zu denen die von ihnen anerkannten Prämissen führen. (Darjabaadi)

 

47. Sprich: "Überlegt doch121, wenn die Strafe Allahs plötzlich oder offenkundig zu euch kommt, wer anders wird dann der Vernichtung preisgegeben als jene, die unrecht tun?"123

121. Wört1ich: "Seht ihr selbst". (Asad)

122. Plötzlich, d.h. ohne Warnung, offenkundig; d.h. mit zahlreichen Warnungen, auch an die Sünder, obgleich diese nicht darauf achten. Wer die Zeichen Allahs liest und versteht, weiß ohnehin, dass alles Böse schließlich vergolten wird. Die Strafe trifft jedoch die Übeltäter, nicht die Rechtschaffenen. Es ist Gerechtigkeit, nicht Rache. (Juusuf 'Allii)

123. Gelegentlich haben auch Rechtschaffene zusammen mit den Übeltätern zu leiden. Dies ist jedoch nicht ihre Vernichtung, denn sie werden dafür im zukünftigen Leben voll entschädigt und erlangen Seligkeit. (Siddiqi)

 

48. Wir haben die Gesandten nur als Verkünder froher Botschaft und als Warner geschickt.124 Wer als den Imaan verinnerlicht und gute Werke tut, der braucht nichts zu be­fürchten noch soll er traurig sein.125

124. Diese Religion bereitete die Menschheit vor, ihren gesunden Verstand einzusetzen, diese großartige Fähigkeit anzuwen­den, die Allah ihr gegeben hat, um die Wahrheit zu erkennen, die in Seinen Zeichen überall im Dasein, in der Entwicklung des Lebens und den Geheimnissen der Schöpfung zum Ausdruck kommt, und die dieser Qur’an enthüllt und sichtbar macht. (Qutb)

Die Propheten sind nicht gekommen, um die Entscheidungsfähigkeit des Menschen außer Kraft zu setzen, sondern um zu verkünden und zu lehren -den Reumütigen Hoffnung zu geben (" Frohe Botschaft") und die Aufrührer vor Allahs Zorn zu warnen. (Juusuf 'Allii)

In keinem Fall ist ein ~ dazu da, auf Geheiß der Spötter Wunder zu tun. (Darjabaadi)

125. Sie brauchen nicht die Strafe des Diesseits zu befürchten, die die Leugner treffen wird, noch die Strafe des Jenseits, die die Frevler treffen wird. Sie werden auch nicht dem nachtrauern, was ihnen an scheinbaren Genüssen dieser Welt entgan­gen ist. (Al-Manar)

 

49 . Doch diejenigen, die Unsere Zeichen geleugnet haben, werden von der Strafe erfasst mit dem was sie gesündigt hatten.

50. Sprich: "Ich sage euch nicht. dass ich die Schätze Allahs besitze und ich kenne auch nicht das Verborgene.126 Und ich sage auch nicht zu euch: ,Ich bin wahr­lich ein Engel!’127 Ich folge nur dem, was mir eingegeben worden ist."128 Sprich: "Sind die Blinden und die Se­henden gleich?" Wollt ihr also nicht nachdenken?129

126. Gesandte Allahs sind nicht wie Wahrsager, die vorgeben, verborgenen Wahrheiten zu enthüllen oder in die Zukunft zu schauen, oder im wesentlichen anders zu sein als gewöhnliche Menschen. Die Bedeutung geht noch weiter: Gesandte Allahs teilen Allahs Wahrheitsschätze aus, aber die Schätze gehören nicht ihnen, sondern Allah; sie haben größere Einsicht in höhere Dinge, aber diese Einsicht beruht nicht auf ihrer eigenen Weisheit, sondern auf Allahs Offenbarung; sie sind von demselben Fleisch um Blut wie wir, um die Feinheit ihrer Worte um Lehren entsteht durch Allahs Gnade gegenüber ihnen um denen, die diese Worte hören. (Juusuf 'Allii)

Die unermesslichen Schätze Seiner Allmacht und Allwissenheit, bis auf den Teil davon, den Allah Seine Gesandten lehrt. (Darjabaadi)

127. Sondern ein gewöhnlicher Mensch. (Darjabaadi)

Ein Prophet wird nicht in die Welt geschickt, um den Menschen weis zumachen, die natürlichen um übernatürlichen Kräfte seien' in seiner Gewalt. Es ist die Erhabenheit ihrer Moral um ihrer Lehren, die sie vor den Menschen auszeichnet. Da die Propheten niemals vorgegeben haben, über übernatürliche Kräfte zu verfügen, ist es absurd, von ihnen diesbezüglich Beweise zu verlangen. Beweise fordert man nur, wenn ein Mensch Behauptungen aufstellt; wo aber keine solche Behauptung aufgestellt wird, kann kein ehrlicher Mensch einen Beweis verlangen. Das ist eine intellektuelle Unredlichkeit. (Siddiqi)

128. Hier wird mit den falschen Vorstellungen der Götzendiener über die wahre Beschaffenheit der Botschaften um der Ge­sandten aufgeräumt um sie werden richtig gestellt. Die Vorstellungen der kaafir Araber waren so weit von dem rea­len Prophetentum entfernt, dass sie es mit Magie und Wahrsagung verwechselten. Sie verlangten vom Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dass er ihnen die Zukunft voraussagte und Wunder vollbrächte. (Qutb)

Über diesen besonderen Bezug hinaus soll dieser Abschnitt jede Art von Vergötterung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, verhindern um betonen, dass er wie alle Propheten vor ihm nichts als ein sterblicher Mensch war, ein Diener, den Allah auserwählt hatte, der Menschheit Seine Botschaft zu übermitteln. (Asad)

Der einzige Anspruch des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm war, dass er den Offenbarungen folgte, die er von Allah erhalten hatte, um dass er nur nach ihrem Maßstab beurteilt werden sollte. (Mauduudi)

129. Das heißt: Können diejenigen, die sich Allahs Botschaft gegenüber taub um blind verhalten, ihren Weg durch das Leben wohl ebenso gut finden wie jene, die geistige Einsicht um Führung durch Allahs Offenbarung erlangt haben? (Asad)

Obwohl die Gesandten Allahs (die "Sehenden") nur Menschen sind, sind sie von einem höheren Licht begleitet., um man darf ihnen nicht mit sinnlosen Wünschen zu nahe treten. Obwohl sie Menschen sind, verdienen sie besondere Hochach­tung. (Juusuf 'Allii)

Die Befolgung der 0ffenbarung allein ist Rechtleitung um Sehkraft, und wer ohne diese Rechtleitung zurückgelassen wird, ist ein Blinder. (Qutb)

 

Abschnitt 6

51. Und jene,130 die fürchten, dass sie vor ihrem Herrn versammelt werden,131 ­warne sie mit diesem (Qur’an), dass sie außer Ihm keinen Beschützer und keine Fürsprecher haben, damit sie mutaqi werden.132

130. Es gibt einige Übeltäter, die dennoch an den Tag des Gerichts den Imaan verinnerlichen: sie sollen an ihre persönliche Verantwortung erin­nert werden, damit sie sich vor dem Bösen in acht nehmen, und sie sollen sich nicht auf Beschützer oder Vermittler gegen­über Allah verlassen; nur Allah in Seiner Barmherzigkeit kann ihnen vergeben. (Juusuf ’Allii)

Hier sind an erster Stelle die Mutaqi gemeint, die ermahnt werden sollen. Manche Qur’ankommentatoren sind aber der Ansicht, dass ganz allgemein alle gemeint sind, auf die die Offenbarung Wirkung haben könnte. (Al-Manar)

131. Der Imaan an das zukünftige Leben lässt den Menschen in ihm den Wunsch entstehen, ein vom religiösen Standpunkt aus gesehen, religiöses Leben zu führen. (Siddiqi)

132. Aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass sich dieser Aja auf die Anhänger früher heiliger Schriften wie Juden und Christen bezieht, die mit den Anhängern des Qur’an den Imaan an ein Leben nach dem Tod teilen, sowie auf Agnostiker, die zwar diesbezüglich keine ausgeprägten Glaubensvorstellungen haben, aber mit der Möglichkeit eines Lebens nach dem Tod rechnen. (Asad)

 

52. Und weise nicht diejenigen ab, die vom Morgen bis zum Abend ihren Herrn anrufen im Wunsch nach Seinem Ange­sicht.133 Du bist in keiner Weise veran­twortlich für sie, und sie sind in keiner, Weise verantwortlich für dich.134 Würdest du sie also abweisen, dann würdest du unrecht tun.135

133. "Wadschha" وَجْهَه bedeutet wörtlich Gesicht, vergleiche Suura 2:112. "Angesicht' ist eine Bezeichnung für Allahs Gnade oder Anwesenheit, das höchste Ziel geistigen Strebens. (Juusuf 'Allii)

Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird aufgefordert, nicht diejenigen abzuweisen, die sich Allah aufrichtig hingeben und sich nur Seinem Dienst widmen und allein nach Seiner Zufriedenheit streben. Dies ist eine Form der selbstlosen Hingabe, der Liebe und des guten Benehmens.

Der Grund für die Herabsendung dieses Ajas war, dass einige hoch angesehenen Araber es ablehnten, dem Anruf zum Islam Folge zu leisten mit der Begründung, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, von Armen und Schwachen mit schäbiger und übel riechender Kleidung aufgesucht werde. Die soziale Stellung dieser Leute erlaube ihnen nicht, zusammen mit den adligen Quraischiten in der gleichen Gesellschaft zu sitzen. So verlangten diese Adligen von Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dass er sie abweise, was er jedoch ab­lehnte. (Qutb)

Der historische Bezug kann jedoch die Bedeutung dieses Abschnitts nicht voll erklären. Entsprechend der Methode des Qur’an werden Anspielungen auf historische Ereignisse -zeitgenössische wie frühere -immer in Verbindung mit einer ethischen Lehre grundsätzlicher Art gemacht, und dieser Abschnitt ist keine Ausnahme. Wie die Formulierung zeigt, bezieht er sich nicht auf "gesellschaftlich niedrigstehende" Muslime, sondern auf Menschen, die -ohne im üblichen Sinne des Wortes Muslime zu sein -an Allah den Imaan verinnerlichen und ständig ("morgens und abends") Sein Angesicht suchen, nämlich Seine Gnade und Sein Wohlgefallen. Auf diese Weise werden die Ajas 52 und 53 logisch mit Aja 51 verbunden. Obwohl hierin erster Linie der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angesprochen ist, wendet sich die Aufforderung an alle Anhänger des Qur’an: sie sollen niemanden zurückweisen, der an Allahs den Imaan verinnerlichet -auch wenn seine Religionsvorstellungen vielleicht nicht ganz den Anforderungen des Qur’ans entsprechen -, sondern ihm im Gegenteil helfen, indem sie ihm geduldig die Lehre des Qur’an erklären. (Asad)

134. Dir steht nicht zu, über ihre inneren Motivationen und Absichten zu urteilen. (Darjabaadi)

Jeder ist Allah allein verantwortlich. Es steht niemandem zu, zu beurteilen, was in ihrem Din nicht den Lehren des Qur’an entspricht. (Asad)

135. Sie kommen zu dir nur als Suchende, und es wäre ungerecht, sie zurückzuweisen, auch wenn sie in der Vergangenheit Fehler begangen haben. (Mauduudi)

 

53. Auf diese Weise haben Wir die einen von ihnen durch die anderen in Versuchung geführt,136 so dass sie sagten: "Hat Allah nur diesen unter uns137 Gnade erwiesen?"138 Kennt Allah nicht (am besten) jene, die dankbar sind?139

136. Die einflussreichen Leute, die nicht den armen und einfachen, aber aufrichtigen Schülern vorgezogen wurden, wurden damit auf ihre geistige Einsicht hin geprüft. Die Versuchung bestand darin zu sagen (wie sie es ja auch tatsächlich taten): "Wir sind viel bedeutender als sie: Hat Allah nur solche niedrigen Menschen für Seine Lehre ausgesucht?" Aber Allah kann­te am besten diejenigen, die Ihm für Seine Leitung dankbar waren. (Juusuf 'Allii)

137. "Min bay ninaa" مِّن بَيْنِنَا  ("unter Uns") kann nach Ansicht von Samasari in diesem Zusammenhang auch verstärken werden als ..in Präferenz zu uns". Dies könnte dann eine Anspielung sein auf die sarkastische Skepsis, mit der Nichtmuslime in der Regel dem Anspruch der Muslime begegnen, der Qur’an sei die letzte Formulierung der Botschaft Allahs an den Menschen. Die oben erwähnte ..Prüfung" oder ..Versuchung" ~t in der fehlenden Bereitschaft der Anhänger anderer Religionsrich­tungen, diesen Anspruch als gültig zu betrachten und somit die Vorurteile gegen den Islam abzubauen, zu denen sie durch ihre kulturelle und historische Umgebung bewusst oder unbewusst neigen. (Asad)

138. Dies sprachen die Führer der Quraisch mit Spott und Verachtung. (Darjabaadi)

139. Allah allein weiß am besten, wer seine Pflichten Ihm gegenüber erfüllt und wer nicht, und Er leitet jeden so, wie dieser es verdient hat. Diese moralische Kapazität hat nichts mit Armut oder Wohlstand zu tun. (Darjabaadi)

Materieller Besitz oder gesellschaftlicher Status haben bei Allah keinen Stellenwert. Nur Aufrichtigkeit, Reinheit des Her­zens und Wahrheitsliebe im Menschen zählt vor Ihm. (Siddiqi)

 

54. Und wenn diejenigen zu dir kommen, die an Unsere Zeichen den Imaan verinnerlicht haben, dann sprich: "Friede sei mit euch.140 Eurer Herr hat Sich Selbst Barmherzigkeit vorgeschrieben.141 Wahrlich, wer von euch aus Unwissenheit Übles tut, dann (aber) reuevoll umkehrt nach (all) dem und sich bessert,142 (gegen den) ist Er wahrlich verzeihend, barmherzig."143

140. Nicht nur wurden die Geringen mit ihrem Imaan nicht fortgeschickt, um den Reichen einen Gefallen zu tun, sondern sie wurden geehrt und besonders gegrüßt, mit dem Gruß, der für den Islam charakteristisch geworden ist: "Friede sie mit dir!" Wobei das Wort salam ("Friede") etymologisch mit dem Wort "Islam" zusammenhingt. Mit Worten wurden sie gegrüßt, und im Leben wurde ihnen Allahs besondere Gnade versprochen. (Juusuf 'Allii)

Der Begriff salam umfasst Frieden in der Seele des Menschen, Friede unter den Menschen, Sicherheit vor allem Bösen und damit Freiheit von allem moralischen Konflikten und Unruhen. (Siddiqi)

141. Vergleiche Suura 6:12. (Juusuf 'Allii)

142. Nach dem Geschenk des Imaan und der Zusicherung, dass die Abrechnung erleichtert wird, ist es Allahs besondere Gnade, dass Er Sich Selbst Bannherzigkeit vorgeschrieben hat gegenüber denjenigen, die an Sein Zeichen den Imaan verinnerlichen, und Er fordert Seinen Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf, ihnen dies mitzuteilen. Seine Barmherzigkeit geht so weit, dass Er die sondern allesamt vergibt, denn der Mensch kann nur aus Unwissenheit sündigen. Somit umfasst die Vergebung alle Sünden, wenn man nur bereut und sich danach bessert. (Qutb)

Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, soll diejenigen unter seinen Anhängern trösten, die vor ihrem Übertritt zum Islam schwerwiegende Fehler begangen haben, indem er ihnen die Zusicherung macht, dass Allah denen vergibt, die umkehren. Die Sticheleien der Feinde des Islam sollen sie nicht besorgt machen über das, was in der Vergangenheit geschehen ist. (Mauduudi)

143. Den Muslimen wird Allah Barmherzigkeit zugesichert. Sie sollen sich nicht unter der Last der Vergangenheit entmutigt fühlen, sondern entschlossen ein rechtschaffenes Leben entsprechend den Lehren des Islam beginnen. Allahs Barmherzig­keit hilft ihnen dabei. (Siddiqi)

 

55. Auf diese Weise legen Wir die Zeichen dar, damit der Weg der Sünder erkannt werde.144

144. So dass der Weg des Lichtes klar vom Weg der Finsternis unterschieden werden kann. (Darjabaadi)

Der Qur’an pflegt nicht nur die Wahrheit aufzuzeigen, um den Weg der Mu’mins klar sichtbar werden zu lassen, sondern er erachtet es ebenso für wichtig, die Falschheit sichtbar zu machen, damit auch der Weg der Übeltäter in Erscheinung tritt. Dies ist wichtig, damit der Unterschied zwischen den beiden Wegen offenbar wird. (Qutb)

 

Abschnitt 7

56. Sprich: "Wahrlich, mir ist verboten, diejenigen anzubeten, die ihr anstelle von Allah anbetet."145 Sprich: "Ich folge nicht eurem Ansinnen, sonst würde ich irregehen und nicht unter den Rechtgeleiteten sein."146

145. Die Götzendiener riefen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dazu auf, ihre Religion gut zu heißen, dann würden sie auch seine Religion gut heißen, und vor ihren Götzen niederzuknien, dann würden sie vor seinem Gott das gleiche tun -als ob dies möglich wäre, und als ob Vielgötterei und Monotheismus in ein und demselben Herzen sich zusammenfinden könnten. Deshalb fordert Allah hier den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, dazu auf, den Götzendienern vorzuhalten, dass es ihm verboten ist, denen zu dienen, die sie neben Gott als ebenbürtige Gottheiten anrufen und ihren Gelüsten zu folgen. Denn sie rufen ihre Götzen aus ihren eigenen Wunschvorstellungen heraus an, nicht aus Wissen und Wahrheit. Und falls er ihren Wunschvorstellungen folgte, würde er irregeleitet, anstatt rechtgeleitet zu werden. Das Verbot bezieht sich auf alles und jeden, der neben Allah angerufen oder ernannt wird. (Qutb)

146. Hier werden nun den Mekkanern einige Argumente vorgelegt, denn sie weigerten sich, an Allahs Botschaft den Imaan zu verinnerlichen. Jedes Argument wird mit dem Wort "Sprich" eingeleitet. Folgende sind die ersten vier:

1. Ich habe Licht empfangen und werde ihm folgen.

2. ich ziehe das Licht, das ich erhalten habe, euren Wünschen und Launen vor.

3. Eure Herausfor­derung -"Wenn es einen Gott gibt, warum bestraft Er die Gotteslästerer nicht gleich?" -werde ich nicht annehmen; die Strafe liegt in Allahs Hand.

4. Wenn es in meiner Hand läge, müsste ich die Herauforderung annehmen; ich weiß jedoch nur, dass Allah Dummheit und Bosheit sehr wohl kennt und darüber hinaus vieles andere, was kein Sterblicher erfassen kann; ihr könnt winzige Einblicke in Seinen Plan haben und sicher sein, dass Er euch zur Rechenschaft zieht. (Juusuf' Allii)

 

57. Sprich: "Ich halte mich wahrlich an die Erleuchtung von meinem Herrn, auch wenn ihr ihn leugnet. Es liegt nicht in meiner Macht, (herbeizuführen) was ihr zu beschleunigen wünscht.147 Wahrlich, die Entscheidung ist bei Allah. Er er­klärt die Wahrheit148 und Er ist der Beste, Der (zwischen uns) entscheidet."

147. Was ihr beschleunigt sehen wollt: worüber ihr Kaafir so ungeduldig seid, nämlich die Strafe, von der ihr spöttisch behauptet, sie könnte euch nicht treffen. Vergleiche 13:6. (Juusuf ’Allii)

Ein übernatürliches strafendes Eingreifen liegt nicht in meiner Hand. (Darjabaadi)

Vergleiche auch Suura 8:32. (Asad)

148. Hier geht es um die Wahrheit Allahs, so wie sie sich in den Herzen derer, die Ihm nahe stehen offenbart, so dass sie Ihm darin endecken können. Sie finden diese Wahrheit in den Tiefen ihrer Herzen und die Gewissheit dafür. Diese Wahrheit soll der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf Allahs Geheiß den leugnenden Götzendienern gegenüber proklamieren, die Beglaubigungswunder für seine Offenbarung fordern.

Gleichermaßen fordern sie das Eintreffen eines Wunders oder der Strafe als Bestätigung der prophetischen Botschaft, was durch Gottes Urteil und Bestimmung geschehen kann. Und Er allein entscheidet zwischen dem Aufrufer zur Wahrheit und diejenigen, die diese Wahrheit leugnen. Der Prophet, Allahs segen und Frieden auf ihm, selbst spricht sich von dieser Macht frei. Er ist nur ein Mensch, der Eine Offenbarung empfängt, damit er sie verkündet und warnt, nicht damit er urteilt und entscheidet. (Qutb)

 

58. Sprich: " Wenn das, was ihr zu be­schleunigen wünscht, in meiner Macht läge, dann wäre die Sache gewiss bereits entschieden zwischen mir und euch.149 Und Allah kennt sm besten jene, die un­recht tun."150

149. Das heißt: Hätte Gott mir die Macht gegeben, so wäre die Sache zwischen mir und euch entscheiden, indem ich die Ungerechten, die sich meiner Botschaft widersetzen und die Menschen davon zurückhalten, vernichtet hätte. (Al-Manar)

Der Gesandte Allahs, Allahs Frieden und Segen auf ihm, ist nicht dazu da, um mit den Bösen Rechnungen zu begleichen. Die Angelegenheit liegt nicht zwischen ihm und ihnen, sondern zwischen ihnen und Allah. Er soll nur vor Sünde warnen und die frohe Botschaft des Heils verkünden. (Juusuf ’Allii)

Eine Überzeugung, die lediglich auf einem übernatürlichen "Beweis" begründet ist, hätte keinen geistigen Wert. (Asad) Der menschlichen Kraft bezüglich Geduld, Sanftmut und Nachsicht sind Grenzen gesetzt. Niemand außer Allah übt solche Sanftmut und Einsicht gegenüber dem Ungehorsam und der Widerspenstigkeit der Menschen. (Qutb)

150. Aus Seinem Wissen und Seiner Weisheit gewährt Er ihnen Aufschub und duldet sie, obwohl Er allmächtig ist -dann sendet Er die Strafe auf sie herab. (Qutb)

Er allein kennt den Grund, warum Er den Bösen Aufschub gewährt. (Siddiqi)

 

59. Und bei Ihm sind die Schlüssel des Verborgenen, Schätze,151 um die keiner weiß außer Ihm allein. Und Er weiß, was auf dem Land und im Meer ist.152 Und es fällt kein Blatt herab, ohne dass Er es weiß, und es ist kein Körnchen in der Finsternis der Erde und nichts Grünes und nichts Vertrocknetes,153 das nicht in einem deutlichen Buch (verzeichnet) ist.154

151. "Mafatih" مَفَاتِح ist der Plural von sowohl "Mitfah" (Schlüssel) als auch "Maftah" (Schatz). Beide Bedeutungen sind hierin enthalten; ich übersetze mit "Bei Ihm sind die Schlüssel des Verborgenen, die Schätze, die niemand außer Ihm kennt." (Juusuf 'Allii)

Der Ausdruck "Mafatihu-l-Dscheraib" beinhaltet, dass alles was den Geschöpfen an Kenntnissen verborgen bleibt, bei Allah zu finden ist. (Al-Manar)

152. Der Imaan an das "Verborgene" ist einer der Grundpfeiler der Aqida. Der Qur’an stellt hier fest, dass es ein "Verborgenes" gibt, dessen "Schlüssel" nur Allah allein kennt, und dass, was dem Menschen an Kenntnissen gegeben wurde, nur ein minimaler Teil davon ist. Allah schuf diese Welt und unterstellte sie unabänderlichen Gesetzen, von denen Er dem Menschen einen Teil offenbart, so dass er zu der Gewissheit gelangt, die Wahrheit von Allah bekommen zu haben. Allah beschreibt die Mu’mins an mehreren Stellen des Qur’ans mit der Aussage, dass sie an das "Verborgene" den Imaan verinnerlichen, und macht es zu einem der grundsätzlichen Attribute des Imaans, wie etwa in Suura 2 Aja 1 -5. Vergleiche auch Suura 2:285 und Suura 72:26 -27, wo erwähnt wird, dass Allah einem Teil Seiner Gesandten etwas von dem Verborgenen offenbart. (Qutb)

153. Wörtlich: "frisch oder trocken"; ich übersetze mit "lebendig oder tot". (Asad)

Allah ist der einzige, der alle verborgenen Realitäten des Lebens kennt. Diese Tatsache wird hier noch einmal betont, um die Gegner daran zu erinnern, dass nichts Seinem Wissen entgeht. Er kennt die Handlungen der Menschen, die Absichten dahinter, den sichtbaren Teil der Handlungen und den Eindruck, den diese auf alle Phasen des menschlichen Lebens ma­chen, so wie ohne Sein Wissen kein Blatt vom Baum fällt und kein Samenkorn im dunklen Erdreich keimt. Er weiß, wie weit ein bestimmter Mensch geistig brachliegt, und ob er durch himmlisches Wasser wieder belebt werden kann oder ob er leblos bleibt, auch wenn reichlicher Segen auf ihn herabregnet. (Siddiqi)

154. Das ist das mystische Register, der archetypische Plan, das Ewige Gesetz, demgemäß alles Sichtbare und Unsichtbare geordnet und reguliert wird. Viel von der mystischen Lehre wird hier mit schönen Metaphern und Bildern erklärt. Die einfachsten Dinge in der Natur folgen ~ Gesetz. Grünes und Verstrockenes. Lebendiges und Totes -nichts liegt außerhalb Seines Schöpfungsplanes. (Juusuf 'Allii)

 

60. Er ist es, Der euch in der Nacht hinwegnimmt,155 und Er weiß, was ihr am Tage an Taten vollbringt. Darin erweckt er euch dann156 wieder, damit eine festgesetzte Frist erfüllt werde.157 Dann ist zu Ihm eure Rückkehr.158 Dann wird Er euch Kunde geben davon, was ihr zu tun pflegtet.159

155. Schlaf ist eine Form des Todes, in der die Sinne an Achtsamkeit verlieren, das Gefühl erlahmt, die Vernunft ruht und das Bewusstsein schlummert. Dies ist das Geheimnis, das der Mensch nicht zu erklären weiß. Und dies ist eine der vielen Formen des "Verborgenen", das den Menschen umgibt. (Qutb)

"Tawaffaa" تَوَفَّا bedeutet wörtlich: "er nahm (etwas) vollständig". Der Tod ist durch das Verschwinden sämtlicher Lebensimpulse (der "Seele") gekennzeichnet. Der Schlaf wird mit dem Tod verglichen, weil in beiden Fällen das Bewusstsein den Körper verlässt, in diesem Falle vorübergehend und teilweise. Vergleiche auch Suura 39:42. (Asad)

156. Wörtlich: "darin", bezogen auf die Zeit des Tages. Die Polarität von Schlaf und Wachen enthält ein Anspielung auf Leben und Tod, vergleiche auch Suura 78:9 -11. (Asad)

157. Die Lebensspanne jedes einzelnen Menschen. (Darjabaadi)

158. So wie die gesamte Schöpfung Allahs Gesetz und Plan unterworfen ist, so ist es auch das Leben des Menschen in allen Einzelheiten und in jedem Augenblick, wach oder schlafend. Schlaf -der "Zwillingsbruder des Todes" -wird hier dadurch geschildert, dass Allah die Seele zu sich nimmt, zusammen mit den Aufzeichnungen all dessen, was wir im Wachen getan haben, und diese Aufzeichnungen erscheinen uns manchmal in verwirrten Bruchstücken im Traum. Tagsüber erwachen wir wieder zu unseren Aktivitäten, und so geht es weiter, bis wir unsere Lebensspanne auf dieser Erde erfüllt haben. Dann kommt der andere Schlaf -der Tod -und schließlich folgen Auferstehung und Gericht, wo wir alles deutlich vor uns sehen, nicht wie in einem Traum, und das ist die endgültige Wirklichkeit. (Juusuf 'Allii)

159. Wer falsche Vorstellungen vom Leben nach dem Tod hat, glaubt nicht, dass er für seine Handlungen in diesem Leben zur Rechenschaft gezogen wird. Diese Menschen werden hier aufgefordert, über den ganz alltäglichen Lebenslauf nachzu­denken. Sie arbeiten tagsüber, und ihre Handlungen werden aufgezeichnet; in der Nacht werden sie zu Ihm zurückgerufen, und Er weckt sie morgens wieder auf. So wie sie sich in diesem Ablauf niemals außerhalb Seiner Reichweite befinden, so auch in ihrer ganzen Lebenszeit, im Tod und bei der Auferstehung. (Siddiqi)

 

Abschnitt 8

61. Und Er ist der Allgewaltige über Seine Diener,160 und Er sendet Wächter über euch herab,161 bis dann, wenn der Tod einen von euch ereilt, Unsere Gesand­ten162 ihn hinweg nehmen, und sie lassen (dabei) nichts außer acht.163

160. "Al-Qahiir" الْقَاهِر ist ein Beiname Allahs und bedeutet "derjenige, der über Seine Geschöpfe verfügt" oder "der alles Geschaffene überwindet". (Darjabaadi)

Allah gehört die zwingende Herrschaft über Seine Geschöpfe, und sie unterliegen Seiner Allmacht. Sie sind schwach im Griff dieser Autorität und ohne Kraft und Beistand. Sie sind Diener und Dem allmächtigen Allah vorbehaltlos unterworfen. Dies ist die Wirklichkeit, in der sich der Mensch befindet, trotz der Freiheit, die ihm gegeben wurde, um sich zu bewegen und trotz seiner Kenntnisse und seines Wissens. (Qutb)

161. Die meisten Kommentatoren verstehen unter diesen Wächtern die Schutzengel. Allah wacht über uns und schützt uns und stellt uns auf materiellem, moralischem und geistigem Gebiet alles zur Verfügung, was wir für Wachstum und Entwicklung brauchen, was uns vor Schaden bewahrt und uns unserem Ziel näher bringt. (Juusuf 'Allii)

Engel, die uns schützen und unsere Handlungen registrieren. (Darjabaadi)

162. Wörtlich "Rusul" رُسُل ("Gesandte"), meist übersetzt mit "Engel". Dasselbe Wort wird für menschliche Gesandte benutzt, die Propheten, die Allah schickt, um die Menschheit zu lehren. Die wirkenden Kräfte, die bei unserem Tod unsere Seelen neh­men, erfüllen ihre Pflicht präzise. Sie kommen weder vor noch nach dem festgesetzten Zeitpunkt und handeln nicht auf andere als auf die von Allah befohlene Weise (Juusuf 'Allii)

163. Sie versäumen nicht ihre Pflicht. (Darjabaadi)

 

62. Dann werden sie zu Allah, ihrem wah­ren Herrn zurückgebracht. Wahrlich, die Entscheidung liegt allein bei Ihm. Und Er ist der Schnellste im Abrechnen.164

164. "Al-Haqq" الْحَق: die Wahrheit, der einzig Wahre. Hier geht es darum, dass in diesem Augenblick unsere Illusionen vom Leben in dieser niedrigen Welt verschwinden, wenn wir zu Allah zurückgebracht werden, von woher wir gekommen, sind. Die Folgen unserer Handlungen erscheinen schneller, als wir sie mit Zeitbegriffen ausdrücken können. Hier ist die Antwort für alle, die bezüglich der Wirkungsweise von Allahs Plan ungeduldig waren; vergleiche Suura 6:57-58. (Juusuf 'Allii)

Er allein entscheidet und rechnet ab, und Seine Entscheidung und Seine Vergeltung lassen nicht auf sich warten. Abrechnung, Vergeltung und Urteil am Tage des Gerichtes beruhten auf den Handlungen, die der Mensch in diesem Leben getan hat. Dabei wird ihm nur das angerechnet, was er auf grund eines vorhandenen Gesetzes Allahs getan hat, aus dem hervorgeht, was erlaubt und was verboten ist. (Qutb)

 

63. Sprich:165 "Wer rettet euch aus den finsteren Gefahren166 von Land und Meer, wenn ihr Ihn demütig flehend aus der Tiefe167 eures Herzens anruft: ,,Wenn Er uns nur aus (all) diesem ret­tet, dann werden wir ganz gewiss dankbar sein!"'168

165. Hier folgen drei weitere Argumente (vergleiche oben Aja 56 und Fußnote);

5. Dass ihr Ihn in Gefahrenzeiten anruft, zeigt, dass ihr euch in der Tiefe eures Herzens bewusst seid, dass ihr Ihn braucht;

6. Allahs Fürsorge rettet euch, dennoch lauft ihr Undankbarerweise falschen Göttern nach;

7. ihr habt nicht nur physische Katastrophen zu fürchten; eure Auseinandersetzungen untereinander sind weit destruktiver, und nur der Imaan an Allah kann euch davor bewahren. (Juusuf' Allii)

166. "Sululumat" ظُلُمَات: Finsternis, lauernde Gefahren, wie in Wüsten, Gebirgen, Wäldern und Meeren. (Juusuf 'Allii)

167. Es gibt zwei Lesarten, die aber beide schließlich bei der gleichen Bedeutung zusammentreffen:

1. "Hufyatan" خُفْيَةً, still, heimlich, aus der Tiefe des Herzens, bedeutet unaussprechliche Angst;

2. "Hifatan", aus Angst, Furcht oder Verehrung, wie in Suura 7:205. (Juusuf ’Allii)

168. Wenn ein Unheil einen Menschen trifft und er keinen Ausweg mehr finden kann, dann ruft er zu Allah als letzte Zuflucht, dass Er ihn davon befreit. Warum sucht er gerade in dieser Schwierigkeit Zuflucht bei Allah? Weil er keine andere Macht außer Allahs Macht sieht, die ihn von diesem Unheil befreien kann. Er trifft die richtige Entscheidung in der Notsituation, wenn er Schutz bei Allahs Barmherzigkeit sucht, aber sobald er daraus gerettet ist, wendet er sich an andere Instanzen außer Allah. Welche Undankbarkeit! (Siddiqi)

 

64. Sprich: "Es ist Allah, Der euch daraus rettet und aus jeder Bedrängnis. Trotz­dem stellt ihr ihm (abermals) Götzen an die Seite."169

169. Ihr selbst seid Zeugen für Allahs Allmacht; Er allein hat die einzige Autorität, und euer Wohl und Wehe liegt in Seiner Hand. Deswegen wendet ihr euch an Ihn im Unglück, wenn euch kein anderer Ausweg übrig bleibt. Angesichts dieser eindeutigen Zeichen habt ihr dennoch Partner an Seine Seite gesetzt. Ihr lebt von Seiner Versorgung und behandelt andere als eure Versorger. Ihr bekommt Hilfe von Ihm in der Not und behandelt dennoch andere als eure Helfer und Beschützer; Er rettet euch von Unheil, und dennoch betrachtet ihr andere als eure Retter; Ihn ruft ihr an in der Not, aber ihr opfert anderen, wenn Er sie lindert. Obwohl ihr Tag und Nacht die Zeichen Seiner Göttlichkeit steht, dient ihr anderen. (Mauduudi)

 

65. Sprich: "Er hat die Macht dazu, dass Er eine Strafe von oben oder von unter euren Füßen über euch hereinbrechen lässt,170 oder euch in verschiedenen Parteien zersplittern lässt171 und den einen von euch Macht über die anderen verleiht."172 Schau, wie Wir die Zeichen ausführlich darlegen, damit sie begreifen mögen.173

170. Unheil von oben und von unten: wie beispielsweise Stürme und Gewitter und so weiter, oder Erdbeben, Erdrutsche, Überschwemmungen und so weiter. (Juusuf ’Allii)

Aus welcher Richtung und mit welchen Mitteln auch immer. (Asad)

Nach ibn Abbas bedeutet Unheil von oben Härte, die ein tyrannischer Herrscher seinem Volk zufügt, und Unheil von unten bedeutet Entbehrungen, die einem Menschen durch seine Untergebenen zugefügt werden. (Siddiqi)

171. Zwietracht und Auseinandersetzungen untereinander. (Siddiqi)

172. Krieg und Bürgerkrieg. Ein konkretes Beispiel dieser Form des Zorns Allahs ist die Teilung Europas in verschiedene Machtblöcke und die immer gegenwärtige Gefahr eines Großkrieges. (Darjabaadi)

Innerer Zerfall, Angst, Gewalt und Diktatur sind unvermeidliche Folgen, wenn eine Gesellschaft die geistigen Wahrheiten verlässt. (Asad)

Diese Art von Strafe hat die Menschheit in verschiedenen historischen Anlässen kennen gelernt, wenn sie von Allahs Wahr­heit abgewichen und menschlicher Schwäche und Unwissenheit gefolgt war. Bis heute erlebt die gesamte Welt diese Strafe! (Qutb)

173. Vergleiche Suura 6: 46, wo diese Redewendung die Argumentation einleitet, die hier beendet wird. (Juusuf 'Allii)

Wenn euch keine ummittelbare Strafe trifft, dann sollte dies euch nicht veranlassen, rücksichtslos weiter euren Weg zu verfolgen, ohne zu unterscheiden, was recht und unrecht ist. Ihr solltet stattdessen den Aufschub nutzen und von den euch gegebenen Zeichen profitieren und die Wahrheit erkennen und den rechten Weg befolgen. (Mauduudi)

 

66. Doch dein Volk leugnet dies, obwohl es die Wahrheit174 ist. Sprich: "Ich bin nicht für euch verantwortlich."

174. Mit der Wahrheit ist hier der Qur’an gemeint. (Al-Manar)

Zum Zeitpunkt dieser Offenbarung hatte der größte Teil des Volkes des Propheten Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Wahrheit nicht nur abgelehnt, sondern verfolgte sie sogar. Die Pflicht des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war es, die Botschaft zu übermitteln, wie er es auch tat. Für ihr Verhalten war er nicht verantwortlich. Er sagte ihnen jedoch deutlich, dass alle Warnungen von Allah zeitlich begrenzt sind, wie sie bald selbst herausfinden sollten, und zwar schon innerhalb von wenigen Jahren. Denn die Anführer fanden ein böses Ende, und ihr gesamtes System aus Betrug und Selbstsucht wurde zerstört, um dem Islam Platz zu machen. Abgesehen von dieser speziellen Bedeutung ist dieser Aja auch auf die Gegenwart und jede andere Zeit anwendbar. (Juusuf ’Allii)

Allah befiehlt Seinem Gesandten, sich von seinem Volk zu distanzieren, mit dem Hinweis darauf, dass er nicht ihr Vormund und nicht bevollmächtigt ist, ihre Herzen rechtzuleiten -das gehört nicht zu den Aufgaben eines Propheten, . Wenn er die Wahrheit, die er empfangen hat, verkündet hat, ist die Sache zwischen ihm und den anderen abgeschlossen. (Qutb)

Meine Pflicht ist nicht, euch sehen zu lassen, was ihr nicht sehen wollt, und verständlich zu machen, was ihr nicht verstehen wollt. Ich soll euch nur den Unterschied zwischen Wahrheit und Falschem verdeutlichen. (Mauduudi)

Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, kann die Menschen nicht zwingen, seine Botschaft anzunehmen, oder bestrafen, wenn sie es nicht tun. (Siddiqi)

 

67. Jede Prophezeiung hat ihre, festgesetzte Zeit und bald werdet ihr (es) erfahren."175

175. Naba'a bedeutet Information, hier: Botschaft von Allah. "Mustaqar" مُّسْتَقَر bedeutet Ort oder Zeit, die nicht überschritten werden bzw. Termin. (Siddiqi)

In diesen wenigen Worten liegt eine solche Drohung, dass sie die Herzen erzittern lässt. Sie gibt ihnen die Gewissheit, dass die Wahrheit siegen wird und die Lüge, wie sehr sie sich auch rühmen mag, ein Ende hat. Sie lässt vertrauen, dass Allah die Lügner zur festgesetzten Zeit bestrafen wird. Und dies zu wissen ist wichtig für diejenigen, die zu Allah aufrufen und mit der Ablehnung ihres Volkes konfrontiert sind. (Qutb)

Jede Prophezeiung, von der der Qur’an spricht, wird mit Sicherheit zu einer bestimmten Zeit eintreten, wobei die Wahrheit von der Lüge deutlich zu unterscheiden sein wird. Und ihr werdet sehen, wie wahr diese Berichte des Qur’ans waren, die ihr geleugnet habt. (Al-Manar)

 

68. Und wenn du jene siehst, die über Unsere Zeichen herabsetzend sprechen dann wende dich von ihnen ab bis sie zu einem anderen Gespräch übergehen.176 Doch wenn Scheytaan es dich vergessen lässt, dann bleibe, nachdem du dich erinnert hast, nicht mit denen sitzen, die unrecht tun.177

176. Dieses Gebot richtet sich an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, aber aus dem Textzusammenhang geht hervor, dass es an alle Muslime gerichtet war. Es betrifft die Zeit in Mekka, als das Wirken des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nur auf das Aufrufen zu Allah begrenzt und ihm der Kampf noch nicht auferlegt war, um keine Zusammenstöße mit den Kaafirs zu verursachen. Er wurde hiermit aufge­fordert, die Gesellschaften der Götzendiener zu verlassen, sobald er feststellte, dass sie Allahs Zeichen verspotteten oder respektlos davon sprachen. Dieser Auftrag ist an die Muslime gerichtet, wie manche Kommentatoren meinen. (Qutb)

177. Vergleiche Suura 4: 140. Wenn in einer Versammlung die Wahrheit verspottet wird, ist es uns nicht erlaut-., daran teilzunehmen. Wenn wir bereits anwesend sind und es herausfinden, sollen wir sie sofort verlassen. (Juusuf ’Allii)

Das heißt, wenn ihr dieses Gebot vergesst und in der Gesellschaft solcher Menschen bleibt. (Al-Manar)

 

69. Und diejenigen die mutaqi sind werden nicht für die Taten (der Unge­rechten) zur Rechenschaft gezogen.178 Aber sie sollen sie ermahnen,179 auf dass sie doch noch mutaqi werden, mögen.

178. Jeder Mensch ist für sein eigenes Verhalten verantwortlich. Aber die Rechtschaffenen haben zwei Pflichten:

1. sich selbst vor "Ansteckung" zu schützen, und

2. Allahs Wahrheit zu verkünden, denn selbst in den unwahrscheinlichsten Umständen ist es möglich, dass es eine Wirkung hat. (Juusuf 'Allii)

Es gibt keine gemeinsame Verantwortung zwischen den Mutaqis und den Götzendienern, auch wenn sie der gleichen Rasse und Nation angehören, denn das zählt nach Allahs Maßstab und nach islamischer Auffassung nicht. Die Muraqis bilden eine Gemeinschaft, Die Götzendiener bilden eine Gemeinschaft, und die Mutaqis sind nicht für die Ungerechten verantwortlich, und diese haben nur die Aufgabe, die anderen zu ermahnen, auf dass sie auch mutaqi werden mögen, (Qutb)

179. Wörtlich: "Jedoch, eine Ermahnung", (Asad)

 

70. Und verlasse diejenigen, die ihren Diin als Spaß und Zeitvertreib nehmen und die sich vom diesseitigen Leben täuschen lassen.180 Doch erinnere sie stets daran, dass sich (jede) Seele durch das ins Verderben stürzt, was sie erworben hat.181 Sie hat außer Allah keinerlei Beschützer und Fürsprecher.182 Und wenn sie sich auch mit jeglichem Löse­geld loszukaufen trachtet,183 wird es doch nicht von ihr angenommen. Das sind diejenigen, die sich durch das ins Verderben stürzen, was sie erworben haben.184 Ihnen wird ein Trunk aus siedendem Wasser185 zuteil und eine schmerzliche Strafe, wen sie kaafir waren.186

180. Vergleiche Aja 32, wo wir erfahren, dass das Leben dieser Welt nur Spiel und Scherz ist, während Religion und das Leben nach dem Tod ernsthafte Dinge sind, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Weltliche Menschen behandeln diesen Sachverhalt umgekehrt, denn sie werden von den Verlockungen dieses Lebens getäuscht. Ihre Handlungen jedoch überführen sie. (Juusuf 'Allii)

Dieses Gebot ist an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet und wendet sich ebenso an die Muslime. Es bezieht sich auf Missbrauch der Religion in Wort und Tat. (Qutb)

Der Satz kann auf zwei Arten verstanden werden:

1. Sie haben aus ihrer Diin Spiel und Scherz gemacht, oder

2.sie haben Spiel und Scherz zu ihren Diin gemacht.

Die letztere Übersetzung scheint mir wahrscheinlicher, denn sie betont die Tatsache, dass viele von denen, die "vom Leben dieser Welt verlockt" sind, das verfolgen, was der Qur’an als "vergängliches Vergnügen" bezeichnet -einschließlich der Annehmlichkeiten, die Geld und Macht bringen können. Dies artet gelegentlich in eine Art religiösen Eifer aus, eine Haltung, die dem Betreffenden jedes Gefühl für moralische und geistige Werte nimmt. (Asad)

181. In der Verehrung von Geld und Macht. (Darjabaadi)

Sie sind im weltlichen Leben so gefangen, dass sie nicht an ein Leben jenseits des Grabes denken können. Ihre Konzentration auf sinnlichen Genuss lässt sie alle edleren Regungen verlieren. Sie sind geistig tot. (Siddiqi)

182. Wir dürfen niemals unsere eigene persönliche Verantwortlichkeit vergessen oder uns durch die Illusion von einer stell­vertretenden Sühne täuschen lassen. (Juusuf 'Allii)

183. Wörtlich: „Obwohl er vielleicht (versucht), sich mit allem Lösegeld loszukaufen, "das heißt, obwohl er nach der Auferstehung Ausgleich aller Art für seine vergangenen Fehler anbietet." .(Asad)

184. Denn sie zogen keinen Nutzen aus den Ermahnungen und hörten nicht auf die Stimme der Vernunft. (Darjabaadi)

185. Zu den verschiedenen Bedeutungen des Wortes "hamim" gehört die Vorstellung intensiver Hitze ebenso wie die schmerzhafter Kälte. In der Eschatologie des Qur’an bezieht es sich ausnahmslos auf die Leiden der Übeltäter im zukünftigen Leben. (Asad)

186. Durch das Hilfsverb "kanuu" كَانُواْ  ist in diesem Satz Wiederholung oder Beharren ausgedrückt. (Siddiqi)

Diese Worte treffen auf die zu, die sich zum Islam bekennen, dann aber mit dessen Gesetzen Spiel und Spaß treiben. Diese sind unter dem Namen "Munafiq" (Heuchler) bekannt und traten zum erstenmal in Medina auf. (Qutb)

 

Abschnitt 9

71. Sprich:187 "Sollen wir außer Allah etwas anbeten, was uns weder nützen noch schaden kann,188 und auf unseren Fersen umkehren, nachdem Allah uns rechtgeleitet hat, wie jemand, der sich von den Teufeln verführen lässt189 und in Verwirrung gestürzt wird auf Erden?190 Gefährten rufen ihm zu, um ihn rechtzuleiten: ,Komm zu uns!' Sprich: "Wahrlich, die Leitung Allahs ist die (einzig richtige) Rechtleitung. Uns ist geboten worden, uns dem Herrn der Welten zu ergeben."191

187. Immer wieder taucht dieses "Sprich!" in dieser Suura auf, denn es soll betont werden, dass Allah allein die Befehlsgewalt zusteht, und dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, auf Geheiß seines Herrn warnen und verkünden soll. (Qutb)

Hier wird die Argumentation fortgesetzt, die in den Fußnoten zu Aja 56 und 63 dieser Suura erläutert wurde:

8. Wer wird sich leblosen Götzen zuwenden, nachdem er von dem lebendigen, ewigen Gott Rechtleitung erfahren hat? Dies würde in der Tat zeigen, dass wir Dummköpfe sind und auf den Abgrund zulaufen.

9. Befolgt darum die einzige wahre Leitung, die Leitung Allahs, und gehorcht Seinem Gesetz, denn wir müssen uns vor Seinem Richterstuhl verantworten. (Juusuf 'Allii)

188. Mancher mag von diesen Worten verblüfft sein und sagen: Es gibt doch vieles, was uns nützt, und vieles, was uns schadet, wie beispielsweise Medizin und Gift. Ebenso nützen uns manche Personen, während andere uns Schwierigkeiten bereiten. Sie sehen nur diese Phänomene und verstehen nicht das wahre Wesen von Nutzen und Schaden, auf das sich der Qur’an hier bezieht. Wenn wir über diese Phänomene und ihre Auswirkungen auf das menschliche Leben tiefer nachdenken, werden wir entdecken, dass diese Dinge oder Personen nicht in sich selbst nützlich oder schädlich sind, sondern dass hinter ihnen eine Macht steht, die sie zu dem macht, was sie sind. (Siddiqi)

189. “Istahwat-hu“ kommt von der Wurzel “hawa“ (Verlangen, niedrige Wünsche) und bedeutet "jemanden veranlassen, seinen niedrigen Begierden zu folgen". Es bezeichnet in diesem Zusammenhang einen Menschen, der nur seinen Begierden folgt und die höheren Zielsetzungen der Religiosität und der geistigen Erhebung unbeachtet lässt. (Siddiqi)

Vergleiche in diesem Zusammenhang Suura 2:14, 14:~2 und 15: 17 und zugehörige Fußnoten. (Asad)

190. Schaytan nennen die Araber alles, was rebellisch, arrogant und widerspenstig ist, egal ob Mensch, Dschinn oder Teufel. Aber auch manch bösartige Tiere und hässlich aussehende Gestalten werden mit diesem Ausdruck bedacht. (Al-Manar)

Der Kaafir wird mit einem Verwirrten vergleichen, der kein Ziel im Leben hat und keinen Weg, ein solches zu erreichen. Er irrt auf der Erde herum, ohne zu wissen wohin und wozu. (Siddiqi)

191. Allahs Leitung, und dies ist ganz sicher, ist die einzige Rechtleitung. Die Menschheit irrt umher, wenn sie diese Rechtleitung verlässt oder von einem Teil abweicht oder sie gar durch ihre eigenen Vorstellungen, Systeme, Gesetze und Werte ersetzt. Dass Allah hier als "Herr der Welten" bezeichnet wird, hat seinen Grund. Es soll damit die unausweichliche Realität festge­stellt werden, dass alles, was in diesen Welten existiert, sich den Gesetzen Allahs hingibt, auch der Mensch -einmal unfreiwillig in Bezug auf seine organische Zusammensetzung, wo er sich ohnehin unterzuordnen hat, aber auch dort, wo ihm die Wahl zusteht, nämlich zwischen Rechtleitung und Irrtum zu wählen. (Qutb)

 

72. Und dass ihr das Gebet verrichtet192 und (nur) Ihn fürchtet.193 Denn Er ist es, bei Dem ihr versammelt werdet."194

192. Das Gebet ist der am deutlichsten sichtbare Ausdruck der Hingabe an Allah. (Siddiqi)

193. Taqwa ist die bedeutendste Eigenschaft des Herzens in einer Person, die sich Allah hingegeben hat. (Siddiqi)

Die Wurzel ist Hingabe an den Herrn der Welten und Gehorsam gegenüber Seinem Gebot. Darauf folgt der von Ihm ange­ordnete ’Ibade und schließlich die Zähmung des eigenen Ich (Selbsterziehung). (Qutb)

194. Hier ist noch einmal ein Verweis auf das zukünftige Leben. (Siddiqi)

 

73. Und Er ist es, der die Himmel und Erde in Gerechtigkeit195 und Weisheit er­schaffen hat.196 Und wann immer Er sagt: "Sei!" Und siehe, da ist es. Sein Wort ist die Wahrheit.197 Ihm gehört die Herrschaft am Tag, an dem in die Posaune gestoßen wird.198 Er kennt das Verborgene und das Offenbare199 und Er ist der Weise, der Allwissende.200

195. Hier wird das Argument zugespitzt und bildet gleichzeitig eine Überleitung zu der großen Einsicht Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der sich nicht bei den Wundem der Natur aufhielt, sondern "von der Natur zum Gott der Natur" durchdrang. Allah hat Himmel und Erde nicht nur erschaffen: mit zunehmendem Wissen entdecken wir immer mehr, mit welchen wahren und vollkommenen Proportionen die gesamte Schöpfung zusammengehalten wird. Geschöpfe sind der 'zeit unterworfen, nicht aber ihr Schöpfer: Sein Wort öffnet die Tür der Existenz. Es ist nicht nur der Anfangspunkt der Existenz, sondern Maß und Norm für Wahrheit und Recht. Aus unserer Sicht in dieser Welt mag es viele Irrtümer des Willens geben, aber in dem Augenblick, wo die Posaune geblasen wird, stellt der endgültige Richter mit vollkommener Gerechtigkeit die Herrschaft von Recht und Wahrheit wieder her. Sein Wissen umfasst die gesamte Realität. (Juusuf 'Allii)

196. Er hat Himmel und Erde mit einem bestimmtem Zweck erschaffen, nicht zum Zeitvertreib oder zum Spaß. (Darjabaadi)

In allem Ernst, mit einer bestimmten Zielsetzung und mit deutlichen Beweisen der Wahrheit. (Siddiqi)

197. Gleichgültig, ob es sich um ein Wort handelt, durch das die Schöpfung ins Dasein gerufen wird ("Sei!", und es ist), oder durch das Er befiehlt, sich Dun, allein hinzugeben, oder durch das Er dem Menschen Seine Gebote mitteilt: in all diesem ist Sein Wort wahr. (Qutb)

So wie Allah Himmel und Erde in Wahrheit erschaffen hat, so wird Er auch in Wahrheit die Menschheit auferwecken und zur Rechenschaft ziehen. (Siddiqi)

198. Ihm allein gehört die Herrschaft am Tag des Gerichts, und niemand wird etwas gegen Seinen Willen äußern dürfen. (Siddiqi)

199. Sein Urteil ist vollkommen, denn Er kennt sowohl das Offene als auch das Verborgenen -was der Mensch in dieser Welt geplant und was er getan hat. (Siddiqi)

Der Begriff "Asch-schahaada" الشَّهَادَةِ (wörtlich: "was bezeugt ist" oder; "werden kann") wird in diesem Zusammenhang wie auch an anderen Stellen als direkte Antithese von "Al-Raib" الْغَيْب ("was sich außerhalb des Wahrnehmungsvermögens der Geschöpfe befindet") verwendet. Auf diese Weise werden die beiden Aspekte der Wirklichkeit wiedergegeben, die sinnlich oder konzeptuell von geschaffenen Wesen erfasst werden können. (Asad)

200. Allahs Urteil beruht auf vollkommener Weisheit, und keinem Menschen geschieht Unrecht. (Siddiqi)

 

74. Und (gedenke der Zeit) als Ibraahiim zu seinem Vater Asar201 sagte: "Nimmst du dir Götzenbilder202 zu Göttern? Wahrlich, ich sehe dich und dein Volk203 in offenkundigem Irrtum."

201. Im nun folgenden Abschnitt wird mittels einer Erzählung die Erläuterung von Allahs Einheit und Einzigartigkeit fortge­setzt. In der Bibel ist der Name von Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Vater nicht Asar, sondern als Tera wiedergegeben. Er scheint jedoch auch unter anderen Namen bekannt gewesen zu sein, die alle bezüglich Herkunft und Bedeutung unbekannt sind. So wird er in verschiedenen talmudischen Erzählungen ’Sarah genannt, während Eusebius Pamphili Athar als seinen Namen angibt. Obgleich weder der Talmud noch Eusibius als autoritativ für den Zweck des Qur’ankommentars angesehen werden können, ist nicht ausgeschlossen, dass der Name Asar (der nur einmal im Qur’an vorkommt), die vorislamische, arabisierte Form von Asar oder ’Sarah ist. (Asad)

Nach einer Überlieferung von Mudschahid war A’sar nicht der wirkliche Name von Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Vater, sondern der Name seines Stammes den dieser aufgrund seiner besonderen Verbundenheit mit einer Gottheit namens Asar angenommen hatte. (Siddiqi)

Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Name war am Anfang "Abram". Dann gab ihm Allah den Namen Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Dies soll "der Vater des Volkes" heißen, was als eine Vorbedeutung einer großen Nachkommenschaft verstanden wird. Das Wort besteht aus zwei Teilel "ib" إِبْ, aus den arabischen "ab" (Vater) hergeleitet, und der zweite Teil ist hebräischer Herkunft und soll Volk heißen.(Al-Manar)

202. Es ist die gesunde, natürliche Veranlagung die aus dem Munde Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, spricht, und die nicht anerkennen wollte, dass die Götzenbilder, die sein Volk anbetet, Götter sein sollten. Denn sie verehrten sowohl Götzenbilder als auch Sterne und Planeten, während in seiner natürlichen Vorstellung der Allah. Dem sie zu dienen und den sie anzubeten hatten, und Der die Menschen und alle Lebewesen erschaffen hat, weder eine Gestalt aus Stein noch eine Figur aus Holz seien könnte. (Qutb)

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Religion besonders bedeutsam war, denn fast alle Araber betrachteten ihn als ihren Leiter und ihr Vorbild. Besonders die Quraisch waren stolz darauf, von ihm abzustammen und Hüter der Ka'ba zu sein, die er erbaut hatte. Deswegen ist die Bezugnahme auf seinen Imaan an die Einheit Allahs, seine Ablehnung gegenüber dem Polytheismus und seine Auseinandersetzung mit seinem Volk wichtig. Dadurch wird nämlich aufgezeigt, wie wenig Substanz der Anspruch der Araber auf diese Beziehung mit Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hatte, Sie sollen darauf hinge­wiesen werden, dass Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seine Anhänger sich jetzt in Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Lage befanden und ihre Widersacher dem unwissenden Volk glichen, mit dem er sich auseinandersetzen musste. (Mauduudi)

203. Die babylonische Religion war eine Mischung aus Animismus, Bilderkult und Naturverehrung. Jede Stadt hatte ihre eigene Schutzgottheit -meistens als männlich vorgestellt -die mit einem Naturphänomen in Verbindung gebracht wurde. Die Hauptgottheiten waren Sonne und Mond. (Darjabaadi)

 

75. So zeigten Wir Ibraahiim204 das Reich der Himmel und der Erde,205 damit er einer von jenen sei, die (von der Wahr­heit) überzeugt sind.

204. Die Chaldäer, unter denen Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lebte, besaßen, eine gründliche Kenntnis der Sterne und anderer Himmelskörper. Er jedoch blickte durch die physische Welt hindurch und sah die geistige Welt dahinter. Die Gottheiten seiner Vorfahren bedeuteten ihm nichts. Das war der erste Schritt. Aber Allah führte ihn weit darüber hinaus. Er zeigte ihm mit Gewissheit die geistigen Kräfte hinter den Kräften und Gesetzmäßigkeiten des physischen Universums. (Juusuf 'Allii)

So wie die Naturphänomene täglich vor euren Augen sind und euch Allahs Zeichen gezeigt werden, so wurden sie Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gezeigt. Während ihr blinden Menschen sie aber nicht seht, obwohl ihr sie betrachtet, dachte Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, über sie nach und entdeckte die Wahrheit. (Mauduudi)

205. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm verdiente durch seine reine Natur und seine Aufrichtigkeit, dass Allah ihm einen Einblick in die Geheimnisse des Daseins gewährte und die Zeichen enthüllte, die zur Rechtleitung führt. Dadurch wird er von der bloßen Leugnung der falschen Götter zu der bewussten Überzeugung von dem wahren Gott geführt. (Qutb)

Wenn die Ergebnisse der bisher durchgeführten archäologischen Forschung richtig sind, war der Polytheismus nicht nur eine religiöse Vorstellung und Basis der Rituale, sondern die Grundlage ihres wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und sozialen Lebens. Die Botschaft Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, griff also nicht nur die Wurzeln des Götzenkulte an, sondern auch die Verehrung der königlichen Dynastie und den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Status der Priesterschaft und Adligen und das gesellschaftliche Leben des ganzen Landes. Deswegen hatte sein Aufruf weitreichende Implikationen. Er forderte eine völlige Umformung der vorhandenen Gesellschaftsstruktur und ihre Neuorganisation auf der Grundlage von Tauhid. Deswegen wurde Ibraahiim, Allahs segen und Frieden auf ihm, so gewaltsam von seinem Volk angefeindet. (Mauduudi)

 

76. Und als die Nacht über ihn hereinbrach, sah er einen leuchtenden Stern.206 Da sagte er: "Das ist mein Herr."207 Doch als er unterging, sagte er: "Ich liebe nicht die, die untergehen."

206. Dies möge der Jupiter gewesen sein, der unter dem Namen Marduk als Hauptgottheit verehrt wurde, oder Venus (Ischtar), die als Hauptgöttin galt. (Darjabaadi)

Wie zuvor erwähnt, verehrte sein Volk die Gestirne. Als er schon die Hoffnung aufgab, dass sein Wahrer Gott, Den er, obwohl unwissend, in sich fand, keines dieser Götzenbilder sein konnte, so hoffte er ,Ihm vielleicht doch in den Dingen zu finden, die sein Volk verehrt. Dies war weder das erste Mal, dass ihm bewusst wurde, dass sein Volk die Gestirne verehrte, noch war es das erste Mal, dass er einen Stern sah. Aber in dieser "Nacht" schienen es ihm wie noch nie zuvor, als ob der Stern ihm etwas sagen und ihm etwas zuflüstern wollte in Bezug auf das, was ihn beunruhigte. (Qutb)

207. Aufgrund seines Lichtes, seines Aufgangs und seiner Höhe, wäre der Stern eher geeignet gewesen, der Herr zu sein, als die Götzenbilder. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, lehnt jedoch diese Vermutung ab. Sein Innerstes erlaubt ihm nicht, etwas zu lieben, das entschwindet, und es zu seinem Gott zu machen. Denn Gott, Den die natürliche Veranlagung liebt entschwindet nicht vor der Schöpfung. (Qutb)

Diese Allegorie zeigt die Stadien von Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geistiger Entwicklung. Wir dürfen nicht annehmen, dass er buchstäblich Sterne oder Himmelskörper verehrte. Nachdem er die Götzenverehrung seiner Vorfahren durchschaut hat, beginnt seine Einsicht in die Sinnlosigkeit der Verehrung weit entfernter schöner Dinge, denen Kräfte zugeschrieben werden, die sie nicht besitzen. Ein solches Beispiel ist ein Stern, der in der Nacht leuchtet. Der Aberglaube mag daraus die Zukunft lesen, aber wahres Wissen zeigt, dass der Stern in seinem Auf- und Untergang Gesetzmäßigkeiten folgt, die ihm von Allah gegeben worden sind, auch sein Licht erlischt im hellen Tageslicht. Es ist deswegen sinnlos, ihn anzubeten, denn er ist keine Macht und schon gar nicht die allerhöchste Macht. (Juusuf 'Allii)

 

77. Und als er den Mond aufgehen sah, sagte er: "Das ist mein Herr."208 Doch als er unterging, sagte er: "Wenn mein Herr mich nicht rechtleitet" dann werde ich einer von jenen sein, die irregehen."

208. Im weiteren Verlauf der Allegorie erweist sich der Mond, obgleich er größer und heller als der Stern aussieht, bei genauerer Beobachtung nicht nur als vorübergehende Erscheinung wie der Stern, sondern auch als ein Himmelskörper, der seine Form ständig ändert und noch dazu bezüglich seines Lichtes auf einen anderen Himmelskörper angewiesen ist. Das ist nicht Gott! In diesem Stadium beginnt die Suche nach etwas, das zuverlässiger ist als die Phänomene, die dem Auge in der Dunkelheit der Nacht erscheinen. Hier bittet man um Leitung Allahs. (Juusuf 'Allii)

Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, spürt, dass er Hilfe von seinem wahren Herrn braucht, Den er in seinem Inneren und in seiner natürlichen Anlage fürchtet und Den er liebt, aber noch nicht erkannt hat. Er spürt, dass er ohne die Leitung seines Herrn umherirrt. (Qutb)

 

78. Und als er die Sonne209 aufgehen sah, sagte er: "Das ist mein Herr. Das ist größer (als die anderen).210 Doch als sie unterging, sagte er: ,,O mein Volk, Ich bin wahrlich fern von dem, was ihr Ihm als Götzen an die Seite stellt!

209. Im alten Mesopotamien wurde die Sonne seit alters her verehrt. Das Ideogramm der Sonne -wie auch das des Mondes –ist in der babylonischen Sprache immer von einen Bestimmungswort, das Göttlichkeit bedeutet begleitet. Keine Gottheit im Pand1eon genoss gleichermaßen dauernde Beliebtheit, sowohl in Babylonien wie auch in Assyrien, wie die Sonne. (Darjabaadi)

210. Die Sonne geht täglich auf und unter, aber heute erscheint sie Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als eine neue Schöpfung. Am Ende seiner langen Suche scheint er endlich ans Ziel gelangt zu sein. Aber auch die Sonne geht unter. Hier stellt sich eine Verbindung her zwischen der wahren inneren Anlage Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und dem wahren Gott, und Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, findet Allah in seinem Bewusstsein wie zuvor in seinem inneren Gefühl. Er findet seinen Gott weder in einem Stern, noch im aufgehenden Mond, noch in einer leuchtenden Sonne und wendet sich Ihm allein zu. (Qutb)

Das nächste Stadium der Allegorie ist die Sonne. Du befindest dich im hellen Tageslicht. Jetzt hast du den richtigen Hinweis. Du siehst das größte Himmelobjekt. Aber ist es wirklich das größte? Tausende von Sternen im Weltall sind größer als die Sonne. Und die Sonne erscheint und verschwindet wieder, Tag für Tag. Allah, der dich und alle Seine wunderbaren Geschöpfe ins Dasein gebracht hat, ist nicht so. Ist es nicht Dummheit, die Geschöpfe anzubeten, wenn wir uns dem wah­ren Gott zuwenden können? Wir wollen alle diese Dummheiten lassen und den Einen Wahren Gott verkünden! (Juusuf 'Allii)

Die Geschichte lehrt, dass ein Mensch, wenn er seine Augen und sein Verstand richtig anwendet, die Wahrheit erreichen kann, auch wenn er wie Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, in einer Umgebung geboren und aufgewachsen ist, die von Götzendienst durchsetzt ist und wo niemand Gelegenheit hat, etwas von der Einheit Allahs zu erfahren. Notwendig ist nur, dass man die Naturphänomene richtig beobachtet, gründlich darüber nachdenkt und die Vernunft anwendet, um in einem zusammen­hängenden, logischen Gedankengang zur Wahrheit zu gelangen. Es scheint aus diesen Ajas, dass das Volk in Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Umgebung Himmelskörper anbetete. Von daher war es nur natürlich, dass er Ausgangspunkt für seine Suche nach Allah die Frage war: Kann eins dieser Dinge wirklich der Herr sein? Indem er entdeckte, dass alle diese "Gottheiten" seines Volkes an ein unveränderliches Gesetz gebunden waren und sich ausschließlich in Übereinstimmung damit bewegten, kam er zu der unumgänglichen Schlussfolgerung, dass keiner von ihnen Eigenschaften hatte, die ihn als Gottheit auszeichnen konnten. Der Herr ist nur der Eine, Der sie geschaffen hat und Dem sie Gehorsam sein müssen.

Oft geschieht es, dass ein Mensch ein Ereignis immer wieder beobachtet, ohne dass dadurch eine Gedankenaktivität ausge­löst wird, bis schließlich ein Augenblick kommt, wo die Beobachtung gerade dieses Vorganges den Menschen zum Nach­denken über ein ganz bestimmtes Problem bewegt. Vielleicht ist man auch mit der Lösung eines bestimmten Problems beschäftigt und beobachtet plötzlich einen Vorgang, der, obwohl er alltäglich ist, jetzt der Vernunft einen Hinweis gibt. Dies geschah in Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Fall. Nächte waren vorher vergangen, Sonne, Mond und Sterne waren jahrelang auf- und unter­gegangen, aber in dieser bestimmten Nacht regten sie in ihm den Gedankenfluss an, der ihn zu der grundlegenden Wahrheit der Einheit Allahs führte.

Ein Mensch muss auf seiner Suche nach Wahrheit verschiedene Stadien des Nachdenkens über Abgötterei durchlaufen. Was jedoch seinen Imaan bestimmt ist nicht der gegenwärtige Stand seines Nachdenkens, sondern die Richtung der Suche und das endgültige Ziel. Die Zwischenstadien des Nachdenkens gehören zur Forschung und dürfen nicht als endgültige Entscheidung angesehen werden. Nachdenken über verschiedenen Formen der Abgötterei geschieht als Fragestellung, nicht als Praxis. Es ist einen Art Arbeitshypothese. Sobald der Suchende in einem dieser Stadien eine negative Antwort erhält, schreitet er weiter in seinen Nachforschungen fort. (Mauduudi)

 

79. Ich habe wahrlich mein Gesicht Dem zugewandt, Der Himmel und Erde erschaffen hat,211 in Imaan, und ich gehöre gewiss nicht zu den Götzenanbetern."212

211. Die Chaldäer wussten sehr wohl, dass Allah Himmel und Erde erschaffen hatte, aber sie hatten Ihm andere Gottheiten zur Seite gesetzt, beispielsweise Götzenbilder und Himmelskörper. (Siddiqi)

212. Vorbehaltlose Hingabe an Allah allein beweist den Imaan des Menschen, und jede Ablenkung davon ist Götzendienst. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Hingabe der eigentliche Inhalt des Imaans ist, nicht Angst. Zweifellos spielt auch Furcht eine Rolle, aber nur in dem Sinne, dass ein wahrer Diener Allahs fürchtet, durch Fehler seinerseits das Missfallen seines Herrn zu erregen. (Siddiqi)

 

80. Doch sein Volk rührte Wortgefechte mit ihm.213 Da sagte er: "Wollt ihr mit mir über Allah streiten, wo Er mich doch schon rechtgeleitet hat? Ich fürchte mich nicht vor denen, die ihr Ihm als Götzen an die Seite stellt.214 Außer es wäre mit der Zustimmung meines Herren. Mein Herr umfasst alle Dinge mit (Seinem) Wissen.215 Wollt ihr euch also nicht ermahnen lassen?

213. Die Ibraahiimsallegorie wird fortgesetzt: wenn geistige Erleuchtung so weit geht, dass sie einen Menschen aus dem Rahmen der Religion seiner Vorfahren herausnimmt, werden die Menschen ihn zur Rede stellen. Sie drohen ihm mit den Konse­quenzen seiner abweichenden Meinung. Doch was kümmert es ihm? Er hat die Wahrheit gefunden. Er ist frei von aber­gläubischen Ängsten, denn er hat den wahren Gott gefunden, ohne Dessen Zustimmung ihm nichts geschehen kann. Im Gegenteil weiß er, dass gerade die Kaafir berechtigten Grund zur Angst haben. Darum ermahnt er sie und versucht, ihnen die deutliche Wahrheit näher zubringen 'anstelle des vagen und mysteriösen Aberglaubens -die Sicherheit der Religions anstelle der drückenden Ängste derer, die keine deutliche Leitung und Führung haben. (Juusuf 'Allii)

214. Sie haben absolut keine Macht. (Darjabaadi)

Das hier benutzte Wort bezeichnet unbelebte Objekte. Dieser Ausdruckweise liegt der Gedanke zugrunde, dass die Gottheiten der Polytheisten leblose Gegenstände sind, die keinerlei Fähigkeit besitzen, Menschen zu nützen oder zu schaden. (Siddiqi)

215. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, fordert die Götzendiener auf, sich auf die Tatsache zu besinnen, dass sein Herr, den auch sie als ihren Herrn ~kennen, Kenntnis von allen Dingen hat und alle ihre Handlungen sehr wohl wahrnimmt. Er stellt diese Frage, um sie aus ihrer Lethargie herauszureißen und zu veranlassen, mittels ihrer Vernunft die Wirklichkeit zu betrachten. (Mauduudi)

 

81. Wie sollte ich die fürchten, die ihr Ihm als Götzen an die Seite stellt,216 wenn ihr euch nicht davor fürchtet, Allah Götzen an die Seite zu stellen, für die Er euch keine Ermächtigung herabgesandt hat?217 Wer von uns bei den hat mehr Recht, zuversichtlich zu sein ­(sagt es), wenn ihr (es) wisst!

216. Wie soll derjenige fürchten, der Allah gefunden hat. Was und wen soll er fürchten, denn alle Macht außer Allahs Macht ist bedeutungslos, und keine Herrschaft außer Allahs Herrschaft ist zu fürchten. (Qutb)

217. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, erklärt ihnen ihren Trugschluss. Die Götzendiener drohten dem Gesandten Allahs mit den Konsequenzen seines kompromisslosen Monotheismus, während sie selbst wegen ihrer Unverschämtheit, anderen Wesen außer Allah Göttlichkeit zuzuschreiben, Furcht hätten empfinden müssen. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, macht sie auf ihre trotzige Haltung gegenüber Allah aufmerksam und fragt sie, wie sein Imaan und seine Treue seinem Herrn gegenüber ihn zur Frucht veranlassen kann, während ihr Verrat an ihrem Herrn sie selbst nicht zur Furcht bewegt. Der Mensch verspürt Angst, wenn er im Unrecht ist, wohinge­gen Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Gegner versuchen, ihm wegen seiner Hingabe an Allah und seiner Ablehnung gegenüber den Götzen Angst einzujagen. (Siddiqi)

 

82. Diejenigen, die den Imaan verinnerlicht haben und ihren Imaan nicht mit Unrecht vermischen, sind würdiger, den inneren Frieden zu finden, und sie sind es, die rechtgeleitet sind."218

218. Nicht Angst, sondern das Gefühl innerer Sicherheit und Seelenfrieden bilden die Substanz des Imaans. (Siddiqi)

 

Abschnitt 10

83. Dies ist Unsere Beweisführung,219 die Wir Ibraahiim gegenüber seinem Volk gegeben haben.220 Wir erheben um Rangstufen, wen Wir wollen.221 Wahrlich, dein Herr ist weise, wissend.

219. Dass Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Gedankengang hier als Allahs eigenes Argument bezeichnet wird, bedeutet, dass er unter dem Einfluss der Inspiration Allahs zustande kam und deswegen auch für die Anhänger des Qur’an Gültigkeit besitzt. (Asad)

220. Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm, geistige Erziehung hob ihn weit über seine Zeitgenossen hinaus, und es wurde von ihm erwartet, dass er dieses Wissen und diese Würde benutzen, um seinem eigenen Volk die Wahrheit zu verkünden. (Juusuf 'Allii)

Das Argument verdeutlicht Die Einheit Allahs, die Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, seinem Volk verkünden sollte. Es wird verdeutlicht, dass er nicht schrittweise zum Islam gelangte, indem er einen Himmelskörper nach dem anderen für seinen Herrn hielt und sie dann alle wider verwarf, sondern indem er sie als Manifestationen von Allahs Herrlichkeit erkannte. Der wahre Gott ist der Schöpfer und Erhalter des Universums. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine allmähliche Zunahme des Imaans, sondern um ein logisch aufgebautes Argument, mittels dessen er die Leere der Religion an die Himmelskörper bloßstellte. (Siddiqi)

221. Grade oder Stufen beziehen sich auf Wissen, Weisheit und Frömmigkeit. (Darjabaadi)

 

84. Und Wir schenkten ihm Ishaaq und Jaquub, und beide leiteten Wir recht.222 Und vordem leiteten Wir (auch) Nuuch recht, und aus seiner Nachkommen­schaft Daawuud, Suleymaan, Eyjuub, Juusuf, Musa und Haruun. So belohnen Wir jene, die Gutes tun,223

222. In den folgenden Ajas werden außer Nuuch und Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, siebzehn Propheten und Gesandte namentlich erwähnt, und es wird auf die anderen "von ihren Vorvätern, Nachkommen und Brüdern" hingewiesen. Mit dem Schlusswort hinter jeder Namenfolge "Und so belohnen Wir diejenigen, die Gutes tun", "Und jeden von ihnen haben Wir vor aller Welt ausge­zeichnet" und "Wir haben sie erwählt und auf einem geraden Weg rechtgeleitet" wird noch einmal das gute Handeln dieser edlen Schar, ihre ,Auserwähltheit von Allah und Seine Rechtleitung unterstrichen. Die Erwähnung dieser Gruppe von Menschen auf diese Art und Weise und in dieser Form dient als Einleitung für die Bestimmungen, die darauf folgen. (Qutb)

Die hier in vier Gruppen aufgezählten großen Lehrer der Menschheit werden in den drei großen Religionen anerkannt, die auf Musa, Isa und Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, begründet sind. Zuerst ist von Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, seinem Sohn Ishaaq und dessen Sohn Jaquub, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, die Rede. Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, war der erste Gesandte, der eine Schrift erhielt, wie in Suura 87:19 erwähnt ist, obwohl die Schrift selbst heute verloren gegangen ist. Sie waren deshalb die ersten, die Rechtleitung in Form einer Schrift erhielten. (Juusuf 'Allii)

223. In der zweiten Gruppe finden wir die Begründer großer Familien, abgesehen von Ibraahiim, nämlich Nuch, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, aus der Zeit der Sintflut; Dawuud und Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, die Begründer des jüdischen Königtums; Eyjuub, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der 140 Jahre alt wurde, vier Generatio­nen seiner Nachkommen erlebte und am Ende seines Lebens mit reichem Weideland gesegnet wurde (vergleiche Hiob 41: 12-16); Juusuf, Allahs Segen und Frieden auf ihm, der als Staatsminister in Ägypten Großes leistete und Ahnherr von zwei Stämmen wurde; und Musa und Haruun, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, die Führer des Exodus aus Ägypten. Sie führten ein aktives Leben und werden deswegen bezeichnet als "Men­schen, die Gutes tun". (Juusuf 'Allii)

 

85. Und Sekariijaa und Jachjaa und Isa und Iljaas!224 Sie alle gehörten zu den Rechtschaffenen.225

224. Die dritte Gruppe besteht nicht aus Männern der Tat, sondern aus Predigern der Wahrheit, die ein einsames Leben führten. Zusammengefasst werden sie unter dem Begriff " die Gerechten".

Sie sind die mystischen Propheten um bilden eine zusammenhängende Gruppe um Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm . Sekariijaa war der Vater Jachjaa, des Vorläufers Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, (vergleiche Suura 3: 37-41). Nach biblischem Bericht (Matthäus 11:14) bezeichnete Jesus Johannes den Täufer als den Elias. (Juusuf 'Allii)

225 .Keiner dieser Propheten hatte weltliche Macht. Durch die Anziehungskraft ihres vorbildlichen Lebens riefen sie die Menschen zum Weg der Hingabe an Allah. (Siddiqi)

 

86. Und Ismaa'iil und Jese’a und Juunus und Luut.226 Und jedem von ihnen gaben Wir Vorrang vor aller Welt,227

226. Diese letzte Gruppe wird zusammengefasst als jene, die "Vorrang erhielten vor aller Welt". Hier werden vier Menschen erwähnt, die alle in ihrem Leben großes Unglück bewältigen mussten und an Auseinandersetzungen zwischen den Völkern beteiligt waren, dies aber durch Orientierung an Allahs Weg durchstanden. Ismail war Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, ältester Sohn: als er ein Säugling war, verdursteten er und seine Mutter beinahe in der Wüste bei Mekka, aber sie wurden durch die Entstehung des Brunnens Semsem gerettet, und er wurde der Stammvater des arabischem Volkes. Elisa war der Nachfolger des Pr0­pheten Elias (siehe Fußnote 224); er lebte in den bewegten Zeiten der Königsreiche Israel und Juda, wo es böse Könige gab und andere Nationen sie bedrohten; er tat viele Wunder, um durch seinen Rat wurden die Feinde in Schach gehalten. Die Geschichte von Juunus, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ist bekannt: er wurde von einem Fisch oder Wal verschluckt, aber durch Allahs Barmherzigkeit gerettet; durch sein Wirken wurde die Stadt Niniveh gerettet (vergleiche Suura 10: 98). Luut war ein Zeitgenosse und Neffe von Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden: als die Stadt Sodom ihrer Bosheit wegen dem Untergang preisgegeben wurde, wurde er als Gerechter gerettet (vergleiche Suura 7: 80-84). (Juusuf 'Allii)

227. Wir zeichneten die durch das Prophetentum aus. (Darjabaadi)

 

87. Und (so manche) von ihren Vorvätern und ihrer Nachkommenschaft und ihren Brüdern haben Wir erwählt und rechtgeleitet auf den geraden Weg.228

228. Dieser Aja bezieht sich meiner Ansicht nach zurück auf alle erwähnten vier Gruppen von Propheten. (Juusuf 'Allii)

 

88. Dies ist die Rechtleitung Allahs, Er leitet damit wen Er will von Seinen Dienern229 Und wenn sie Ihm Götzen an die Seite gestellt hätten, dann wäre das, was sie (an Gutem) zu tun pflegten, nutzlos gewesen für sie.230

229. Rechtleitung Allahs für den Menschen auf dieser Erde stellt sich in dem da, was von den Propheten übermittelt wird. In dieser Quelle, die von Allahs selbst als die Rechtleitung Allahs festgesetzt wird, offenbaren sich die feststehenden Wahrheiten und was man zu befolgen hat. Und Allah ist Derjenige, Der zu dieser Rechtleitung die führt, die er auserwählt. (Qutb)

Das Prophetentum ist die einzige Quelle direkter Rechtleitung von Allah. Es ist keine Eigenschaft, die erworben werden kann, sondern eine besondere Gnade Allahs, die Er demjenigen erweist, den Er für würdig dazu befindet. (Siddiqi)

230. Sollten aber diese rechgeleiteten Diener sich von der Einzigkeit Allahs, von der einzigen Quelle ihrer Rechtleitung abwenden und Ihm andere beigesellen, an die sie den Imaan verinnerlichen oder denen sie dienen oder von denen sie gar Lehren empfangen, so gehen ihre vorherige guten Taten verloren. Ihre Taten werden genauso zugrunde gehen wie ein Stück Vieh, das an einer giftigen Pflanze grast, dessen Leib sich aufbläht, und das schließlich verendet. Dies ist sprachlich der Ursprung des Wortes "habita" حَبِطَ. (Qutb)

Es ist nicht ausgeschlossen, dass jemand, der Allah entgegen besserem Wissen anderes zur Seite setzt, etwa durch Skrupellosigkeit Ruhm als großer Eroberer gewinnt oder durch unrechtmäßigen Erwerb fabelhaften Reichtum erlangt. Er kann aber nicht den hohen Rang erwerben, der ihn zum Führer der Frommen und Rechtschaffenen macht. Die Propheten und ihre Gefährten gewannen ihre Auszeichnungen, Quelle der Tugend und Rechtleitung für die ganze Welt zu sein, indem sie gewissenhaft den Götzendienst mieden und standhaft dem Weg der Allahs folgten. (Mauduudi)

 

89. Diese waren jene, denen Wir das Buch und die Weisheit und das Prophetentum gegeben haben231 Wenn diese nicht an sie232 den Imaan verinnerlichen wollen, so haben wir da­mit ein Volk betraut, das sie nicht leugnet.233

231. Die erste Feststellung war, dass die Rechtleitung Allahs allein aus den Propheten übermittelten Offenbarungen kommt. Zweitens wird hier nun festgestellt, dass die Propheten, die Er erwähnte, diejenigen sind, denen Er die Schrift, die Weis­heit, die Macht und das Prophetentum gegeben hat. “Hukm“ bedeutet sowohl Weisheit als auch Macht. Einigen dieser Gesandten offenbarte Allah eine Schrift, beispielsweise Musa die Thora, Daawuud die Psalmen und Isa das Evangelium, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen. Anderen gab Allah die Herrschaft wie Dawud und Suleymaan, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden. Aber alle von ihnen besaßen Macht in dem Sinne, dass die bei ihnen befindliche Offenbarung Allahs Gesetz war und die Religion, die sie gebracht haben, Allahs Macht über Menschen und Dinge ausübt. Allah hat nie einen Propheten geschickt, dem man nicht hätte gehorchen sollen, und kein Buch, das nicht nach Gerechtigkeit unter den Menschen geurteilt hätte. Diese Propheten sind diejenigen, die von Allah beauftragt wurden, seine Religion an die Menschen zu übermitteln, daran den Imaan zu verinnerlichen und darüber zu wachen. (Qutb)

Drei Dinge wurden den Propheten gegeben:

1. Die Schrift und die Rechtleitung;

2. die Urteilsfähigkeit und die Vernunft, diese Rechtleitung zu verstehen, und die Fähigkeit, ihre Grundsätze auf die Lebensumstände anzuwenden und sich ein korrektes Bild von den Problemen des Lebens zu machen;

3. das Prophetentum als das Amt der Menschenführung in Über­einstimmung mit der Rechtleitung. (Mauduudi)

232. Sie: nämlich Schrift, Autorität und Prophetentum. Sie wurden den übrigen Schriftvölkern genommen und dem Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und seiner Gemeinschaft anvertraut. (Juusuf 'Allii)

Wenn "diese" (die götzendienerischen Araber) die Schrift, die Autorität und das Prophetentum ablehnen, so bedarf die Religion Allahs von ihrer nicht und diese edler Schar, und die an sie den Imaan verinnerlicht ist genug für diese Religion. (Qutb)

233. Wenn die Götzendiener Allahs Rechtleitung ablehnen, so ist dies ohne Bedeutung: Wir haben bereits eine Gemeinschaft von Mu’mins entstehen lassen, die den Wert dieses Segens voll begreifen und schätzen. (Mauduudi)

Gemeint sind die "Ansar" Medinas und die aus Mekka Ausgewanderten, und allgemein die Gefolgschaft Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Al-Manar)

 

90. Das sind diejenigen, die Allah rechtgeleitet hat234 So folge ihrer Rechtleitung zum Vorbild235 Sprich: " Ich verlange keinen Lohn von euch236 Dies ist wahrlich nichts anderes als eine Ermahnung für (die Menschen in) aller Welt."237

234. Die Propheten, wie sie in den vorigen Ajas erwähnt worden sind. (Siddiqi)

235. Diese achtzehn Propheten, die in den vorherigen Ajas erwähnt wurden, sind diejenigen, die Allah vollkommen rechtge­leitet hat. Dieser Rechtleitung allein, und nicht den Fehlern die andere begehen, sollst du als Gesandter Allahs nacheifern, indem du die Menschen zu Allah aufrufst und geduldig ihre Ablehnung, ihre Verleugnungen und Verletzungen erträgst. (Al-Manar)

236. Mit diesem Amt verfolge ich keine eigenen Interessen. (Darjabaadi)

237. Für die gesamte Menschheit, für die ganze Welt. Die Ermahnung beschränkt sich nicht auf ein Volk oder eine Rasse. Denn die Rechtleitung Allahs dient dazu, die Menschheit insgesamt zu ermahnen, und deshalb zieht der Prophet keinen Nutzen für sich daraus, sondern sein Lohn liegt bei Allah. (Qutb)

Das Wort "Sikra" ذِكْرَى  bedeutet Erinnerung. Dahinter steht der Gedanke, die Stellung des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, zu definieren. Seine Botschaft ist die Kulmination aller von früheren Propheten übermittelten Botschaft. Seine Lehre ist deshalb die Erfüllung und letztgültige Formulierung von Allahs Willen. Aber es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen ihm und den früheren Propheten: sie kamen, um ihre eigenen Völker auf den Weg der Rechtschaffenheit zu führen, während er als Gesandter für die gesamte Menschheit und für alle Zeiten mit einer universalen Botschaft kam. (Siddiqi)

 

Abschnitt 11

91. Und sie verkennen Allahs Macht und Würde,238 wenn sie sagen: "Allah hat keinem Menschen etwas offenbart".239 Sprich: "Wer hat (dann) das Buch herabgesandt, mit dem Musa gekommen ist als Licht und Rechtleitung für die Menschen?240 Ihr habt es zu (einzelnen beschrifteten) Blättern gemacht, von denen ihr (ein Tell) herzeigt, doch viele davon verbergt ihr.241 Und doch wurdet ihr (darin) gelehrt, was ihr (zuvor) nicht wusstet, weder ihr noch eure Väter." Sprich: ,,(Alles )ist von Allah."242 Dann lass sie mit ihren unsinnigen Gesprächen ihren Spaß treiben.

238. "Qadara" قَدَر: den Wert oder die Kapazität von etwas einschätzen oder abwägen! Macht haben, etwas tun. Vergleiche Suura 4:149. Die Juden, welche die Offenbarung Muchammeds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ablehnten, hatten in ihren eigenen Schriften eine gute Antwort bezüglich der Offenbarung Muusas, Allahs Segen und Frieden auf ihm! Für alle, die nicht an Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, den Imaan verinnerlichten, war die Antwort allgemeiner gefasst: wird Allah richtig eingeschätzt, wenn man den Imaan verinnerlicht, Er habe entweder nicht die Macht oder nicht den Willen, die Menschheit zu leiten und zu führen, während man sehen kann, dass Er allmächtig und der Ursprung alles Guten ist? Wenn du meinst, Rechtleitung käme nicht durch inspirierte Schriften oder Menschen, sondern aus unserer allgemeinen Intelligenz, dann wird auf die geistige Unwissenheit von "euch und euren Vorfahren" verwiesen und auf die traurige geistige Finsternis, in der sich gerade im intellektuellen Bereich hoch stehende Personen und Völker befinden. (Juusuf 'Allii)

239. Diese Aussage der Mekkanischen Götzendiener in ihrer Zeit der Unwissenheit taucht in allen Zeiten ständig wieder auf. Sie unterscheiden dabei nicht zwischen den selbst erdachten Religionen und den Religionen, die von den Gesandten Allahs überbracht worden sind. Wer dies behauptet, kennt Allah nicht richtig, Seine Güte, Seine Gnade und Seine Gerechtigkeit. (Qutb)

240. Vergleiche Suura 5:47 und 5:499. In diesen beiden Abschnitten steht Rechtleitung (im praktischen Verhalten) vor Licht (oder geistiger Einsicht), denn sie beziehen sich auf gewöhnliche, durchschnittliche Menschen. Hier steht Licht (oder gei­stige Einsicht) an erster Stelle, denn es geht um die Frage: schickt Allah Offenbarungen? (Juusuf 'Allii)

241. Sie verbergen viele seiner Gesetze und Mitteilungen, wie es für sie von Vorteil ist. (Al-Manar)

Die an Musa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtete Botschaft war einheitlich: sie war eine Schrift. Das gegenwärtig vorliegende Alte Testament ist eine Sammlung von Büchern verschiedener Art ("Blätter"). Auf diese Weise kann man etwas vorzeigen, aber die Einheit fehlt, und der Geist des Originals ist teilweise verloren gegangen, verborgen oder überdeckt. Dasselbe bezieht sich auf das Neue Testament. (Juusuf 'Allii)

Dieser Abschnitt richtet sich offensichtlich an diejenigen Anhänger der Bibel, die ihrem heiligen Charakter als offenbarte Schrift Lippendienste erweisen, während sie sie in Wirklichkeit als bloße "Papierblätter" behandeln, das heißt als etwas, was wenig Auswirkungen auf ihr eigenes Verhalten hat, denn obgleich sie vorgeben, die in ihr enthaltenen moralischen Werte zu bewundern, verbergen sie vor sich selbst die Tatsache, dass diese Werte in ihrem eigenen Leben fehlen. (Asad)

242. Allah überließ es nicht den Leugnern, diese Frage zu beantworten, sondern befahl Seinen Gesandten, ein entscheidendes Wort zu sprechen. Denn hier ist kein Spielraum für den Disput rechthaberischer Menschen. (Qutb)

 

92. Und dies ist ein gesegnetes Buch, das Wir herabgesandt haben, als Bestäti­gung244 dessen, was vordem bereits (an Offenbarungen vorbanden) war, und damit du die Mutter der Städte 245 und alles um sie herum warnen mögest. Und jene, die an das Jenseits den Imaan verinnerlichen, verinnerlichen auch den Imaan an Allah, und sie achten stets auf die Verrichtung ihrer Gebete.246

243. Zu Allahs Gewohnheiten gehört, dass Er Gesandte schickt und ihnen die Schrift offenbart. Dieses neue Buch, dessen Offen­barung sie ablehnen, ist ein gesegnetes Buch in jedem Sinne des Wortes. Es ist gesegnet von seiner Wurzel her, denn Allah hat es gesegnet gleich bei der Herabsendung. Gesegnet ist auch sein Empfangsort, von dem Allah weiß, dass er würdig ist: das reine, große und edle Herz des Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Gesegnet ist es in seinem Umfang und Inhalt, denn gemes­sen an den dicken von Menschenhand geschriebenen Büchern besitzt es zahlenmäßig wenig Blätter. Er beinhaltet aber soviel an Beweisen, Inspirationen, Eindrücken und Rechtleitungen in jedem seiner Absätze wie keine zehn dicken Bücher zusammen. (Qutb)

Es ist gesegnet, indem es Allahs Segen übermittelt. Allahs höchster Segen ist Rechtleitung und Licht, die uns durch diese Schrift übermittelt werden und die uns näher zu ihm bringen. (Juusuf 'Allii)

244. Es bestätigt die früher offenbarten Schriften Allahs. Wer vom Islam behauptet, er sei die erste Religion, die die voll­ständige Lehre von der Einheit Allahs oder dem Prophetentum oder der Auferstehung und Abrechnung gebracht hat, der weiß nichts vom Islam und hat den Qur’an nicht gelesen! Allah selbst sagt, dass alle Seine Gesandten -Allahs Segen und Friede sei mit ihnen allen -die Lehre von der absoluten Einheit Allahs gebracht haben, die keine Kompromisse schließt mit Götzendienst in irgendeiner Form, dass sie alle den Menschen von der Wahrheit des Prophetentums berichtet und sie vor dem Auferstehungstag und der Abrechnung gewarnt haben. (Asad)

245. Mutter der Städte: Mekka, jetzt die Qibla und das Zentrum des Islam. Auch wenn dieser Aja wie der größte Teil dieses Abschnittes in Mekka vor der Hidschra offenbart wurde und bevor Mekka zur Qibla des Islam wurde, war diese Stadt den­noch "Mutter der Städte", indem sie in der Tradition mit Ibraahiim sowie mit Adem und Hawa, Allahs Segen und Frieden auf ihnen allen, assoziiert wurde. (Juusuf 'Allii)

Mekka wurde Mutter der Städte genannt, weil sich dort das Haus Allahs befindet, das erste Haus, das für die Menschen erbaut wurde, damit die darin Allah allein anbeten, ohne Partner. Und Allah machte es zum Schutz- und Zufluchtort aller Menschen und Lebewesen, und aus ihm ging der allgemeine Aufruf an alle Bewohner dieser Erde. (Juusuf 'Allii)

246. Diejenigen, die den Imaan verinnerlichen, dass es ein Jenseits und eine Abrechnung gibt, verinnerlichen auch den Imaan unweigerlich daran, dass Allah zu den Menschen Gesandte schicken muss denen offenbart wird. Es ist auch für sie unerlässlich, stets Verbindung zu Allah aufrechtzuerhalten und ihren Gehorsam Ihm gegenüber in Form des Gebets zu bekunden. (Qutb)

Der Imaan an das zukünftige Leben lässt im Menschen wahre Frömmigkeit entstehen, deren deutlichster Ausdruck die Liebe zum Gebet ist und der Wunsch, es pünktlich und aufrichtig zu verrichten. Wer nicht betet, ist geistig tot. (Siddiqi)

 

93. Wer ist also ungerechter als jener, der Lügen gegen Allah erdichtet und sagt: "Mir ist eine Offenbarung zuteil geworden", während ihm doch gar nichts of­fenbart worden ist,247 und jener der sagt: "Ich werde etwas (als Offenba­rung) herabsenden gleich dem, was Al­lah herabgesandt hat."248 Wenn du nur sehen könntest, wie die Ungerechten sich in der Todespein befinden und die Engel ihre Hände nach ihnen ausstrecken249 (und sagen:) "Liefert eure Seelen aus!250 Heute sollt ihr erniedrigende Be­strafung erhalten, wen ihr (Dinge) über Allah gesagt habt, wozu ihr kein Recht hattet und wen ihr Seinen Zeichen ge­genüber hochmütig wart."

247. Qatada und ibn Abbas berichten, dieser Aja sei anlässlich der Behauptung Musailimas und zwei weiterer namentlich bekannter Personen sie seinen Propheten, offenbart worden. (Qutb)

In diesem Zusammenhang scheint sich der Begriff "Lüge" auf die in Aja 91 erwähnte Leugnung Offenbarung Allahs als solcher zu beziehen. (Asad)

248. Das bedeutet in sarkastischer Weise, dass die angebliche Offenbarung Menschenwerk ist und deswegen Ähnliches von an­deren Menschen hervorgebracht werden kann. (Asad)

249. Um ihre Seelen zu nehmen. (Darjabaadi)

Dies bezieht sich nicht auf die gewöhnliche Todesangst, die Guten und Bösen gemeinsam ist, sondern auf den Schmerz, den diejenigen empfinden, die Allahs Gesandte abgelehnt haben. (Siddiqi)

250. Wir können davon ausgehen, dass die Bösen nicht bereitwillig die materielle Existenz ihres Körpers aufgeben angesichts der "Belohnung", die sie erwartet. (Juusuf 'Allii)

 

94. Und siehe, ihr kommt einzeln, einer nach dem anderen,252 wie Wir euch beim ersten Mal erschaffen haben,253 und ihr lasst hinter euch zurück, was Wir euch zuteil werden ließen,254 und Wir sehen nicht eure Fürsprecher bei euch, von denen ihr behauptet habt, dass sie (Allahs) Teilhaber wären in euren (Angelegenheiten).255 Nun sind alle Ban­de zwischen euch zerschnitten und entschwunden ist euch, was ihr zu behaupten pflegtet.256

251. Am Tag des Gerichts. Hier spricht Allah die Bösen an. (Darjabaadi)

252. Einzeln und nicht gemeinsam mit anderen, wie bei der ersten Erschaffung und wie bei der Geburt, wenn man nackt und hilflos zur Welt kommt. (Qutb)

Das heißt: ihr kommt einzeln nacheinander aber auch allein ohne gleichgestellte Gottheiten und Götzen, ohne Verwandte und Geschwister, ohne Helfer und Beschützer, beraubt aller Dienerschaft, Gelder und Güter. (Al-Manar)

253. Bei der Schöpfung des Menschen laufen verschiedene Prozesse ab. Wenn sein Körper aus Lehm, das heißt irdischer Materie geschaffen wurde, so gab es auch einen früheren Prozess, in dem diese Materie erschaffen wurde. Hier wird der Körper zurückgelassen, und die Seele wird angesprochen. Die Seele durchlief verschiedene Prozesse der Formung und der Anpas­sung an ihre verschiede~ Funktionen in verschiedenen Umgehungen (vergleiche Suura 32:7-9). Aber jede einzelne Seele, die ihren Körper verlassen hat, kommt zurück, wie sie geschaffen wurde, mit nicht mehr als ihrer Geschichte, "den Taten, die sie erworben hat", die zu einem Bestandteil ihrer selbst geworden sind. Alles Äußere, das ihr als Hilfe zu ihrer Ent­wicklung gegeben worden war, muss sie zurück lassen, wie stolz sie auch darauf gewesen sein mag. Dabei mag es sich um materielle Dinge handeln wie Reichtum Macht und Einfluss oder auch Kinder, Verwandte und Freunde, oder immaterielle Dinge wie Begabungen und Intelligenz. (Juusuf 'Allii)

254. Allen Besitz, alle Zierde, Kinder, Vergnügungen des Lebens, Ansehen und Macht habt ihr zurückgelassen, nichts von alldem könnt ihr mitnehmen. (Qutb)

255. Diejenigen, von denen ihr behauptet habt, sie würden sich für euch einsetzen, und die ihr an eurem Leben und eurem Besitz teilhaben ließet und vor denen ihr sagtet, sie waren eure Fürsprecher bei Allah (vergleiche Suura 39:3 "Wir dienen ihnen nur, damit sie uns Allah näher bringen".). Dazu zählen Menschen wie Priester oder Machthaber, Götzen, Dämonen und Engel, Sterne, und andere Himmelskörper, die auf falsche Götter symbolisch hindeuten sollen. (Qutb)

Wörtlich: "Von denen ihr angenommen habt, sie seien in Bezug auf euch (Allahs) Partner", das heißt in der Lage, euch infolge ihrer angeblichen Teilhabe an Allahs Göttlichkeit zu beschützen. Vergleiche auch Aja 22 dieser Suura. (Asad)

256. Alle falschen Vorstellungen von Vermittlern, Halbgöttern, Gottheiten, Erlösern und so weiter verschwinden jetzt wie bedeutungslose Träume, ohne ein Spur zu hinterlassen. Die Seele steht der Wirklichkeit von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie begreift ihre persönliche Verantwortlichkeit. (Juusuf 'Allii)

Alles was ihr behaupte habt, ist euch entschwunden, einschließlich der Nebengottheiten, denn sie besitzen weder Fürspra­cherecht bei Allah noch irgendwelchen Einfluss. (Qutb)

 

Abschnitt 12

95. Wahrlich, Allah ist es, Der das Samenkorn und den Dattelnkern257 keimen Iäßt.258 Er bringt das Lebende aus dem Toten hervor, und Er ist es, Der das Tote aus dem Lebenden hervorbringt.259 Das ist der wahre einzige Gott260 Wie könnt ihr euch also (von der Wahrheit) abbringen lassen!261

257. Samenkorn und Dattelkern sind als Arten des Pflanzenreiches ausgewählt worden, um uns zu zeigen, wie unser physisches Leben davon abhängt. Mit den später erwähnten Früchten (siehe unten Aja 99) beginnt eine weitere Allegorie, auf die wir später eingehen. Unter dem Begriff "Samenkorn" sind sowohl die Getreide zusammengefasst als auch die Hülsen­früchte, die beide wichtige Grundnahrungsmittel darstellen, während die Dattelpalme in Arabien für Nahrung, Frucht, Süßigkeit, Baumaterial für Häuser, Schatten in den Oasen und die Norm für Reichtum und Wohlstand steht. In der Wurzel “falaka“ sind zwei Bedeutungen enthalten: spalten und keimen lassen! eine dritte Nuance kommt im nächsten Aja zum Aus­druck, wo das "Spalten" bedeutet, dass Allah den Tag anbrechen lässt. Spalten und Keimen bedeutet bei Pflanzen einen zweifachen Prozess:

1. das Samenkorn spaltet sich, und

2. ein Teil wächst nach oben, indem es das Licht sucht, und bildet die Blätter und die anderen sichtbaren Teile der zukünftigen Pflanze, und der andere Teil gräbt sich in die Dunkelheit, formt die Wurzeln und sucht genau die Stoffe, die für den Unterhalt der betreffenden Pflanze notwendig sind. Dies ist nur ein kleines Beispiel für Allahs Gerechtigkeit und Ordnung, die im folgenden Aja angesprochen wird. (Juusuf ’Allii)

258. Wörtlich: Allah ist der Spalter... Siehe auch 113:1. (Anm. d. Übers.)

Hier beginnt eine weitere wunderschöne Schilderung der Natur, die sich auf Allahs herrliche Schöpferkraft bezieht. In wie wenigen und einfachen Worten wird uns das ganze Formenspiel der Schöpfung vor Augen geführt! Angefangen von unseren bescheidenen animalischen Bedürfnissen und unserer Abhängigkeit von der Pflanzenwelt werden wir aufgefor­dert, über die Interaktion von Lebendem und Totem nachzudenken. Hierin liegt eine mystische Lehre, die sich nicht nur auf das physische, sondern auch auf das höhere Leben jenseits der physischen Sphäre bezieht- nicht nur auf individuelles, sondern auch auf kollektives Leben in den Nationen. Später erhalten wir einen Einblick in das tägliche Wunder von Mor­gen, Mittag und Abend und gehen über zu den Sternen, die den Reisenden führen. Noch weiter kommen wir zu den zahllo­sen Einzelwesen aus der menschlichen Seele, ihren Aufenthalt und ihre Bestimmung. Dann kehren wir zurück zum Himmel: die Schilderung köstlicher Früchte, die der sanfte Regen vom Himmel hervorbringt, veranlasst uns, über die geistigen Früchte nachzudenken, die unser Imaan für uns trägt, mit Hilfe der Barmherzigkeit, die Allah über uns regnen lässt. (Juusuf 'Allii)

259. Das Wunder des Entstehens von Leben aus Totem wird im Qur’an ebenso oft angesprochen wie die anfängliche Schöpfung des Daseins, wo immer auf die Wahre Göttlichkeit hingewiesen und auf ihre Zeichen die Einheit des Schöpfers aufmerk­sam gemacht wird, um so die Notwendigkeit des ausschließlichen Gehorsams des Dieners seinem Schöpfer gegenüber zu begründen. (Qutb)

Dies bedeutet nicht, dass es in der physischen Natur keine festgelegte Grenze zwischen Leben und Nicht-Leben, zwischen Organischem und Anorganischem gibt. In der Tat sind die Wissenschaftler erstaunt über die Grenzen dazwischen und ge­ben offen zu, dass sie nicht in der Lage sind, das Mysterium des Lebens zu Lösen. Wenn es bereits in der physischen Natur eine solche Barriere gibt, ist es nicht um so wunderbarer, dass Allah Leben schaffen kann? Er spricht nur: "Sei!" und es ist. Er kann Leben aus dem Leblosen hervorbringen und Leben vernichten. Aber es gibt noch zwei andere Bedeu­tungen, in de~ wir den Kontrast zwischen Lebendem und Totem betrachten können:

1. Wir haben gerade von der Pflan­zenwelt gesprochen. Wenn wir das Ganze sehen und den Gegensatz zwischen dem Winter des Todes, dem Frühling der Wiederbelebung, dem Sommer des Wachstums und dem Herbst des Verfalls, der zum Winter des Todes zurückführt, so entdecken wir einen geschlossenen Kreis der Entstehung von Lebendem aus Totem und Totem aus Lebendem.

2. Betrachte unser individuelles und gemeinschaftliches geistiges Leben. Wir erheben uns aus der Finsternis des geistigen Nichts zum Licht geistigen Lebens. Wenn wir nicht den geistigen Gesetzmäßigkeiten folgen, wird Allah uns dieses Leben nehmen, und wir sind wieder wie tot. Wir können viele Tode erleiden. Die Schlüssel für Leben und Tod sind in Allahs Hand. Weder Leben noch Tod sind zufällig: hinter beiden steht sie Ursache aller Ursachen -nur Er. (Juusuf 'Allii)

200. So wie Allahs Totem Leben geben und Lebendes töten kann, so kann Er auch einem Volk neues Leben geben, das vom religiösen und moralischen Standpunkt aus betrachtet tot ist und ein Volk absterben lassen, das mit seinem religiösen Enthusiasmus prahlt. Neues Leben wurde den Arabern durch das Erscheinen des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gegeben. (Siddiqi)

261. Die in der Bibel berichtete Geschichte der Kinder Israa'iils ist voller Vergehen und Verbrechen. (Darjabaadi)

 

96. Er ist es, Der die Morgendämmerung aufbrechen läßt,262 und Er macht die Nacht zum Ausruhen und die Sonne und den Mond zur Berechnung (der Zeit). Dies Alles ist die Planung263 des Allmächtigen, Allwissenden264

262. Derselbe, Der die Samen und das Korn spalten lässt, ist Der, Der den Tag anbrechen lässt, die Nacht zum Ausruhen macht und die Kreisbahn von Sonne und Mond genauestens bemessen und berechnet hat. Nichts ist in diesem Dasein dem Zufall überlassen, auch wenn mancher behauptet, dass das Leben ein Zufallsprodukt sei. Dieses törichte Gerede wird auch noch als "Wissen" oder "Philosophie" bezeichnet. In Wirklichkeit urteilen sie aus ihren eigenen Wunschvorstellung und nicht aus den Ergebnissen ihrer Erkenntnisse. (Qutb)

263. Nacht, Tag Sonne, Mond- Allahs großes astronomisches Universum. Wie weit und wie nah es uns gleichzeitig ist! Allahs Universum ist grenzenlos, und wir können kaum seine Beziehung zu uns begreifen. Letzteres sollen wir jedoch versuchen, wenn wir zu den "Wissenden" zählen wollen. Zu dem Begriff "Taqdir" تَقْدِير vergleiche auch Suura 6:91 und Suura 4:149. (Juusuf' Allii)

264. Wenn Allahs den Lauf der Himmelskörper bestimmen und ihnen ihre Aufgabe zuweisen kann, dann besitzt Er allein Macht, Weisheit und Wissen, ein Volk im Licht religiöser Größe erscheinen zu lassen und ein moralisch verkommenes Volk in den Schatten zu stellen. Was immer Er tut, ist auf Seinem vollkommenen Wissen begründet. (Siddiqi)

 

97. Und Er ist es, Der die Sterne für euch gemacht hat, damit ihr den Weg in der Finsternis zu Lande und auf dem Meer findet.265 So legen Wir die Zeichen dar für ein Volk, das zu erkennen vennag.266 

265. Vergleiche die Fußnote zum letzten Aja. Auf See, in Wüsten oder Urwäldern -immer, wenn wir weite Räume durchqueren müssen leiten uns die Gestirne, so wie Sonne und Mond wie bereits erwähnt das Maß unserer Zeit bestimmen. (Juusuf 'Allii)

In den finsteren weglosen Gegenden der Erde und der Gewässer orientieren sich die Menschen an den Sternen, früher wie auch heute. Nur die Mittel unterscheiden sich, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Versuche. Die Basis dieser Orientierung in der Finsternis bleibt aber dieselbe, gleich ob es sich um sinnlich wahrnehmbare Finsternis handelt oder die Finsternisse des Denkens und der Vorstellungen. (Qutb)

266. Die Orientierung nach den Sternen zu Land und zu Wasser macht es erforderlich, dass man ihre Bahnen, ihre Positionen und Kreise genauestens kennt. Ebenso notwendig ist aber auch, dass es ein Volk gibt, das sie als Zeichen des Allmächtigen und Weisen Schöpfers erkennen kann. Ein Volk, das die Sterne nur als Mittel der sinnlichen Orientierung nimmt, ohne eine Verbindung zwischen ihrer Bedeutung und ihrem Schöpfer herzustellen, ist ein Volk, das die eigentliche Rechtleitung nicht zu finden vermag. (Qutb)

Da die verschiedenen Phänomene, auf die sich die letzten drei Ajas beziehen, im Bereich der wahrnehmbaren Aspekte der Natur liegen, wurde das Verb “ja'lamun“ ("sie wissen") zur Kennzeichnung derer benutzt, die daraus Rechtleitung erhalten. Bloße Beobachtung dieser Tatsachen kann jedoch dem Menschen nicht helfen, daraus richtige Schlussfolgerungen über Allah zu ziehen. Erst durch Weisheit kann man zu der Wahrheit gelangen, die mit der Wahrheit übereinstimmt, die der Mensch durch prophetische Offenbarung erhält. (Siddiqi)

 

98. Und Er ist es, Der euch aus einem einzi­gen Wesen hat entstehen Iassen,267 und (euch die Erde) zum Aufenha1tsort und zur Heimstatt (gemacht hat).268 So legen Wir die Zeichnen dar für ein Volk, das zu begreifen vermag.269

267. "Anscha'a" أَنشَأَ: wachsen lassen, vermehren, entwickeln, ein weiterer Prozess der Schöpfung. Zu den Wundem der Schöpfung Allahs gehört, dass Er aus einem einzigen Menschen so viele von uns hervorgebracht hat, und jedes Individuum hat so viele ver­schiedene Anlagen und Fähigkeiten, und dennoch sind wir eine Einheit. lm nächsten Aja kommen wir zu der Allegorie der Trauben und anderer Früchte: alle Trauben mögen ähnlich aussehen, aber jeder Art hat ein eigenes Aroma und andere besondere Eigenschaften. Dasselbe gilt für den Menschen. (Juusuf 'Allii)

Hier geht es um die Natur des Menschen. Sie ist einheitlich im Wesen sowie in der Beschaffenheit bei Mann und Frau (vergleich Suura 4:1). (Qutb)

Dies betont die Einheit der Menschheit. Die verschiedenen Menschenrassen, so sehr sie sich auch unterscheiden mögen, haben dennoch denselben Ursprung und dieselben Ahnen. (Darjabaadi)

268. Die Kommentatoren sind unterschiedlicher Ansicht über die Bedeutung der Begriffe "mustaqar" مُسْتَقَر und "mustauda" in diesem Zusammenhang, Da "mustaqar" in erster Linie bedeutet: "das Ende eines Verlaufes", das heißt, der Punkt, wo eine Sache ihre Erfüllung oder ihr Ziel erreicht, und “mustauda“ ein "Verwahrungstort" ist, habe ich übersetzt: "eine Zeitspanne (auf Erden) und einen Ruheplatz (nach dem Tod)", Diese Auffassung wird gestützt durch Suura 11:6, wo davon die Rede ist, dass Allah jedem Lebewesen seinen Unterhalt zur Verfügung stellt und seine Zeitspanne (auf Erden) sowie seinen Ruheplatz (nach dem Tod) kennt, (Asad)

"Mustaqar" heißt: wo man zu wohnen pflegt, wie in dem Aja "Die Erde ist für euch ein Aufenthaltsort" und in dem Aja "Er macht euch die Erde zu einem Wohnsitz", Das Wort Mustauda heißt: der Platz an dem anvertrautes Gut aufbewahrt wird, Nach der Überlieferung von Qur’anauslegern könnte mit Mustaqar die Gebärmutter, und mit “Mu­stauda“ könnten die Lenden des Mannes gemeint sein. Manche wiederum meinen, dass das erste Wort für den Aufenthalt auf der Erde steht, während das zweite Wort für das steht, was in den Gräbern bis zum Jüngsten Tag aufgespeichert ist. (Al-Manar)

Die Geburt eines Menschen, sein Leben in dieser Welt und sein Aufenthalt im Grab -alles hat einen von Allah gegebenen Sinn. Nichts ist sinn- und ziellos, (Siddiqi)

269. Hier wird der Aja “jafqahun“ (sie verstehen) benutzt im Gegensatz zu “ja'lamun“ (sie wissen) im vorigen Aja, Da die Phänomene des Lebens und des Todes außerhalb des Bereichs der sinnlichen Wahrnehmung liegen, braucht man Einsicht und Verstand, um das Rätsel von Leben und Tod zu lösen, besonders bezüglich des zukünftigen Lebens (Siddiqi)

Vernunftbegabte Menschen können in der Schöpfung der Menschheit und den verschiedenen Rollen von Mann und Frau bei ihrer Verbreitung und in den verschiedenen Stadien des menschlichen Lebens von der Geburt bis zum Tod Zeichen der absoluten Realität entdecken. (Mauduudi)

 

99. Und Er ist es, Der Wasser herabsendet vom Himmel270 Damit lassen Wir Pflanzen aller Arten sprießen,271 und Wir bringen Grünes damit hervor,272 und daraus lassen Wir dichtgereihtes Korn wachsen, und aus dem Blütestand der Dattelpalme niederhängende Datteltrauben, und Gärten mit Weinreben,273 und die Olive und den Granatapfel, einander ähnlich und (doch wieder) nicht ähnlich.274 Schau (nur) auf ihren Er­trag, wenn sie Früchte tragen und reif werden!275 Tatsächlich, in all dem sind Zeichen für ein Volk, das mu’min ist.276

270. Die Rolle des Wassers für das Wachstum aller Dinge ist dem einfachen wie dem gebildeten Menschen, dem Unwissenden wie dem Wissenschaftler bekannt. Die wirkliche Rolle des Wassers ist weitaus bedeutender, als es nach diesen allgemeinen an alle Menschen gerichteten Worten im ersten Moment aussieht. Denn wenn die Theorie von der glühenden Erde, die dann hart wurde, wahr sein sollte, hat als erstes das Wasser die Erdoberfläche fruchtbar werden lassen. (Qutb)

Unsere Allegorie bringt uns nun weiter zur Reife, zur Frucht und zur Ernte, Durch den Samen kamen wir aus dem Nicht­sein ins Leben, Wir verbrachten unser alltägliches Leben in Arbeit und Ruhe und kamen an den Meilensteinen der Zeit vorbei, Wir hatten geistige Erfahrungen, indem wir die weiten Räume der geistigen Welt durchquerten und uns vom Stern des Imaans leiten ließen -wir sind gewachsen, und jetzt steht die Ernte bevor. Wie zufrieden ist der Landwirt, wenn die Ernte eingebracht und die Trauben gelesen sind! So ergeht es dem Menschen, wenn er die Früchte des Imaans erntet. (Juusuf 'Allii)

271. Wachstum verschiedener Art, obgleich der Regen ein einziger ist. (Darjabaadi)

Der Wechsel von der 3. in die 1. Person ist sehr bedeutsam. Dadurch soll den Menschen eingeprägt werden, dass Allah nicht nur allmächtig ist, sondern dass Er Interesse an ihnen hat und sie mit allem versorgt, was sie brauchen. (Siddiqi)

272. Im Gegensatz zum folgenden, das im Präsens steht, wird der gesamte Satz hier in der Vergangenheit ausgedrückt und weist damit indirekt auf den Grundgedanken hin, dass Allah alles Lebende "aus Wasser geschaffen" hat (vergleiche Suura 21: 30). (Asad)

273. Der Mensch wird hier aufgefordert, über Macht, Geschick und Plan des Großen Meisters nachzudenken, der mit äußerster Vollkommenheit eine große Vielfalt von Geschöpfen hervorgebracht hat. Kann ein verständiger Mensch sich jemals vor­stellen, dass alle diese Phänomene systematischen Wachstums nicht einen Sinn und Plan hinter sich haben? Diese verschie­denen Manifestationen der Natur in nur einen Aspekt der Pflanzenwelt legen bereit Zeugnis davon ab, dass das Universum und alles darin von einer einzigen großen Macht erschaffen wurde. (Siddiqi)

274. Jede Frucht -seien es Trauben, Oliven oder Granatäpfel -sieht anderen ihrer Art ähnlich, und dennoch sind sie untereinander verschieden in Geschmack, Konsistenz, Form, Größe, Farbe, Saft oder Ölgehalt, Proportionen und so weiter. Wen­de diese Allegorie auf den Menschen an, dessen geistige Früchte ebenso verschieden sein können und dennoch gleich wertvoll! (Juusuf 'Allii)

275. Und hiermit wird diese wunderbare Allegorie abgeschlossen. Suche in der Weltliteratur, ob du ein solches Loblied finden kannst, das so schön im literarischen Klang ist und eine so tiefe geistige Bedeutung hat. (Juusuf 'Allii)

276. Vergleiche den Schlusssatz in den Ajas 97 und 98 und die Fußnoten dazu. Hier heißt es: "für Menschen, die den Imaan verinnerlicht haben"! Das ist die wahre Frucht geistigen Lebens. Für sie ist Glaube notwendig, da er sie Gott näher bringt. (Juusuf 'Allii)

Imaan öffnet das Herz und schärft den Blick, verbindet die Existenz des Menschen mit dem Dasein und lässt ihn an Den Schöpfer aller Dinge den Imaan verinnerlichen. Nur wer den Imaan verinnerlicht, kann diese Zeichen Allahs begreifen. (Qutb)

 

100. Und doch setzen sie Allah die Dschinnn277 (als Götzen) an die Seite, obwohl Er sie erschaffen hat278 Und sie erfinden ohne Wissen Söhne und Töch­ter für ihn.279 Gepriesen sei Er und hoch erhaben über das, was sie Ihm zuscbreiben.280

277. Was sind Dschinn? In Suura 18:15 erfahren wir, dass Iblis einer der Dschinn war, und es wird darauf hingewiesen, dass dies der Grund dafür war, dass er Allah nicht gehorchte. In diesem Abschnitt, aber auch in anderen lesen wir, dass Allah den Engeln befahl, sich vor Adem, Allahs Segen und Frieden auf ihm, niederzuwerfen, und alle gehorchten außer Iblis. Das bedeutet, dass Iblis mit zu der Gemeinschaft der Engel gehörte. An vielen Stellen werden Dschinn und Menschen zusammen erwähnt. In Suura 55: 14-15 ist die Rede davon, dass der Mensch aus Lehm erschaffen wurde, die Dschinn hingegen aus der Feuerflamme. Das Wort stammt von der Wurzel “dschanna“ ("verborgen sein", im Aktiv: "verbergen", wie in Suura 6:76). Es wird deswegen ge­sagt, dass der Begriff Dschinn die verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen bezeichnet. Andere halten sie für wilde Völker, die in Urwäldern und Gebirgen versteckt leben. Ohne dogmatisch sein zu wollen, bin ich auf Grund intensiven Studiums der diesbezüglichen Abschnitte des Qur’an der Ansicht, dass der Begriff einfach "Geist" bedeutet, im Sinne einer unsichtbaren oder verborgenen Kraft. In Folklore und Märchen wie beispielsweise 1001 Nacht werden sie in phantastischen Formen personifiziert, aber damit befassen wir uns hier nicht. (Juusuf 'Allii)

Trotz aller klaren Zeichen haben einige Menschen verborgene Wesen zu Partnern Allahs gemacht, die lediglich Geschöpfe ihrer Phantasie und ihres Wunschdenkens sind. In ihrer Unwissenheit gehen sie so weit, diesen verschiedene Kräfte und Aufgaben zuzuschreiben, so dass sie angeblich das Universum lenken und auf das Schicksal der Menschen einwirken; So kommen beispielsweise Vorstellung von einem Regengott, einer Göttin des Reichtums, einem Gott der Krankheit und ähn­liches zustande. Solche "Gottheiten" sind imaginäre Wesen, die unter verschiedenen Namen von allen polytheistischen Völkern der Erde geschaffen wurden. (Mauduudi)

278. Einige polytheistische Araber verehrten die Dschinn als Götter, obwohl sie nicht wussten, wer sie sind. Sie hatten zwar zu Beginn der Religion Ismails, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angehört, die den einzigen Gott verherrlichte, diese aber so weit verlassen, dass sie den Dschinn Attribute Allahs zugeschrieben. Und dies, obwohl sie wussten, dass jene Allahs Geschöpfe waren. (Qutb)

Der Qur’an nimmt hier Bezug auf die Geisteshaltung derer, die den Dschinn Eigenschaften Allahs zuschreiben. Während der vorige Aja von Allahs Macht und Herrlichkeit spricht, zeigt dieser die Degeneriertheit des Menschen auf, der die Dschinn Allahs zur Seite setzt. Kann es etwas Entwürdigehrendes geben als die Beigesellung geschaffener Dinge zu Allah, nur weil sie unsichtbar sind? (Siddiqi)

279. Wörtlich: "Sie haben für Ihn Söhne und Töchter erfunden, ohne Wissen (darüber)"; eine Anspielung auf die Vorstellun­gen der vorislamischen Araber, die die Engel als "Töchter Allahs" betrachteten (als solche bezeichneten sie auch einige ihrer Göttinnen), aber auch auf die christliche Vorstellung von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als "Allahs Sohn". Vergleiche auch Suura 19:92 und die zugehörige Fußnote. (Asad)

Nicht genug, dass sie die Dschinn als Allahs Teilhaber anbeteten, erfanden sie für Allah Söhne -bei den Juden Usair und bei den Christen Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Bei den Polytheisten waren die Engel die Töchter Allahs, obwohl sie nicht wussten, warum sie weiblichen Geschlechts sein sollten, denn Behauptungen können nicht auf fundiertem Wissen basieren. (Qutb)

Polytheistische Völker haben gelegentlich sogar einen ganzen Stammbau von Göttern und Göttinnen erfunden, die von einem Vatergott abstammen. (Al-Manar)

280. Das heißt weit entfernt ist Er von aller Unvollkommenheit und der Unvollständigkeit, die impliziert ist, wenn von Nach­kommen die Rede ist. Schon allein die Vorstellung einer "Begrenzung" bedeutet die Möglichkeit eines Vergleiches oder einer Korrelation eines Objektes mit einem anderen: Allah aber ist einzigartig, "nichts ist Ihm gleich" (vergleiche Suura 42:11 und 2:4). Jeder Versuch, Ihm oder Seine Attribute einzugrenzen, ist eine logische Unmöglichkeit und vom ethischen Standpunkt her betrachtet eine Sünde. (Asad)

 

Abschnitt 13

101. Der Schöpfer der Himmel und der Erde!281 Wie kann Er einen Sohn haben, wo Er doch keine Gefährtin hat. Und Er ist es, Der alles erschaffen hat und Er ist es, Der um alle Dinge weiß.

281. Der dieses Dasein in einer einzigartigen Weise aus dem Nichts hervorbringt -wozu braucht Er einen Nachfolger? Nach­kommenschaft ist Form der Ausbreitung von Vergänglichem, zur Unterstützung der Schwachen und zur Freude derer, die nichts hervorbringen können. Überdies kennt jeder die Grundlage der Vermehrung, nämlich, dass jedes männliche We­sen eine Gefährtin weiblichen Geschlechts gleicher Gattung benötigt. Dieser Vergleich ist ihrer Art zu Leben näher und somit verständlicher für die Menschen. (Qutb)

 

102. Das ist Allah, euer Herr.282 Es gibt kei­nen Gott außer Ihm, dem Schöpfer aller Dinge, so dienet Ihm allein. Denn Er ist der Hüter aller Dinge.

282. Hier kommt der höchste, reinste und kompromissloseste Monotheismus zum Ausdruck, der in der Weltliteratur zu finden ist. (Darjabaadi)

Da Allah allein die Welt erschaffen hat, ist Er auch ihr alleiniger Besitzer und infolgedessen ist Er ihr alleiniger Versorger. Er versorgt Seine Geschöpfe von Seinen Besitz, an dem niemand teilhaben kann. Wenn diese drei Tatsachen, Schöpfung, Eigentum und Versorgung, feststehen, so muss auch unweigerlich feststehen, dass Ihm die alleinige Herrschaft gebührt. Er allein besitzt Göttliche Eigenschaften, und Ihm allein gilt die Verehrung mit all ihren Attributen, wie Gehorsam, Unter­werfung und Hingabe. (Qutb)

 

103. Kein Blick vermag Ihn zu erfassen, Er aber erfasst die Blicke, und Er ist der Gütige, der (mit allem )Wohlvertraute.283

283. Die Augen der Menschen und all ihrer Sinnesorgane sowie ihr Denkvermögen sind zu dem Zweck erschaffen, um in diesem Dasein zu bestehen und als Statthalter Allahs auf diese Erde ihre Aufgabe zu erfüllen. Sie sollen damit auch die Zeichen, die auf Allah hindeuten, erkennen, aber Ihn zu sehen bekommen sie nicht. Diese Fähigkeit ist ihnen nicht gegeben worden, denn das Vergängliche vermag den ewigen Schöpfer nicht zu sehen (Qutb)

"Al-Latiif" اللَّطِيف: fein, subtil, so fein, dass es für das physische Auge unsichtbar und für die Sinne nicht wahrnehmbar ist. Im übertragenen Sinne: so rein, dass es sich jenseits der intellektuellen und geistigen Einsichtsfähigkeit des gewöhnlichen Menschen befin­det. Auch die aktive Bedeutung muss verstanden werden: jemand, der die feinsten und subtilsten Geheimnisse kennt (ver­gleiche Suura 12:63). (Juusuf 'Allii)

Das Wort "Al-Latiif, auf Allah bezogen, steht im Qur’an immer in Verbindung mit dem Wort "Al-Habir" الْخَبِير ("der alles wahrnimmt'), uns diese Kombination soll ausnahmslos darauf hinweisen, dass Er menschlicher Wahrnehmung, Vorstellungskraft oder menschlichem Begreifen unzugänglich ist, im Gegensatz zu Seiner eigenen allumfassenden Wahrnehmungsfähigkeit. (Asad)

Was der Mensch von Allah wahrnehmen kann, sind die sichtbaren Auswirkungen Seines Handels innerhalb des Univer­sums. (Siddiqi)

 

104. "Tatsächlich,  sind sichtbare Beweise von eurem Herrn zu euch gekommen.284 Wer also sehen will, der tut es zu seinem eigenen (Besten), und wer sich blind stellt, der schadet sich selbst. Und ich285 bin nicht euer Hüter."

284. Was von Allah gekommen ist, sind Einsichten, die zur Rechtleitung führen. Wer tiefe Einsicht besitzt, der findet Licht und Rechtleitung zu seinem eigenen Vorteil. Und Jenseits der tiefen Einsicht kann es nur Blindheit geben, denn wer nach diesen Beweisen noch herumirrt, ist ein Blinder. Seine Sinne sind lahm gelegt, seine Gefühle sind verschlossen und sein Gewissen ist nicht vorhanden. (Qutb)

285. Nach meinem Dafürhalten ist die Aufforderung "Sprich!" am Anfang des Ajas impliziert. Der Wortlaut wäre dann das, was der Gesandte, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagen soll. Deswegen habe ich den ganzen Aja in Anführungszeichen gesetzt. (Juusuf 'Allii)

"Meine einzige Aufgabe ist, euch dies zu vermitteln. Dann liegt es an euch, die Augen zu öffnen und zu sehen oder wie ein Blinder die Augen verschlossen zu halten. Meine Pflicht ist nicht, denen gewaltsam die Augen zu öffnen, die sie ver­schließen, und ihnen zu zeigen, was sie nicht sehen wollen." (Mauduudi)

 

105. Und so legen Wir die Zeichen286 vielgestaltig dar, damit sie sagen: "Du hast gelernt,"287 und damit wir sie einem Volk klarmachen, das wissend ist.288

286. Wenn wir so kurzsichtig oder arrogant sind anzunehmen, wir hätten eine feste Position auf dieser Erde und wären uns unserer Privilegien sicher, dann werden wir an sehr viel bedeutendere Nationen aus der Vergangenheit erinnert, die ihre Pflichten versäumten und untergingen. Aus ihrem Schicksal müssen wir auf unser eigenes schließen, wenn wir auf gleiche Weise versagen. Aber diejenigen, die keinen Imaan haben, sehen den Tatsachen nicht ins Gesicht, sondern "wenden sich ab". (Juusuf 'Allii).

287. Wörtlich: "du hast gut gelernt", nämlich Allahs Botschaft. (Asad)

Die Mannigfaltigkeit in der Darlegung der Zeichen Allahs, damit jeder man auf seine Art und Weise und gemäß seinem Begriffsvermögen die Rechtleitung zum Islam finden kann. Diejenigen aber, die im Götzendienst verwurzelt sind, an­statt Lehren daraus zu ziehen, sagen aus Starrhalsigkeit: "Dies hast du zuvor gelernt und studiert, und es ist keineswegs die Offenbarung Allahs, wie du behauptest". Tatsächlich wurde damals die Behauptung aufgestellt, dass der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, bei einem römischen jungen Mann, zu dem er öfter hinging, gelernt habe. (Al-Manar)

Siddiqi übersetzt: "dass du es (von jemand anderem) gelernt hast (als Allah)" und bezieht den Aja auf den Vorwurf gegen den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, er habe seine Botschaft aus jüdischen und christlichen Quellen genommen und als Offenbarung ausgege­ben. Dieser Vorwurf wird bis heute gemacht. In von Orientalisten verfassten Biographien des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wird dieser Punkt immer wieder betont.

 

106. Folge dem, was dir von deinem Herrn, dem einzigen Gott, offenbart worden ist. Und wende dich ab von den Götzen­dienern.289

288. Die Lehre des Qur’an erklärt Sachverhalte durch verschiedene Symbole, Parabeln, Erzählungen und Hinweise auf die Na­tur. Jedes mal wird uns eine neue Phase der Fragestellung präsentiert. So würde es ein eifriger und sorgfältiger Lehrer halten, wie es Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war. Wer sich auf der Suche nach Wissen befand und auf diese Weise einige Kenntnisse von geistigen Dingen erworben hatte, erhielt Hilfe zum weiteren Verständnis dessen, wovon er zuvor nur einseitige Kenntnisse hatte. (Juusuf 'Allii)

Die verschiedenen Ausdruckweisen, in welche die Offenbarung gekleidet ist, sind eine Prüfung für die Menschen, denn sie helfen, das Echte vom Falschen zu unterscheiden. Dasselbe wurde bereits in Suura 2:26 in Verbindung mit den unbedeu­tenden Dingen in den Parabeln des Qur’an gesagt. So wie durch das Beispiel unbedeutender Dinge den Suchenden geholfen wird, die Wahrheit zu finden, so helfen unterschiedliche Ausdrucksweisen denjenigen, die bereits Wissen haben und Ge­brauch davon machen, tiefer über ihre Ziele nachzudenken und zu ihrem eigenen Nutzen zu lernen. (Mauduudi)

289. Ein Aufrufer zu Allahs Sache darf sich weder innerlich noch äußerlich so sehr um die Widersacher seiner Aufgabe küm­mern. Er soll sich vielmehr denjenigen widmen, die ihn gehört und erhört haben, denn diese brauchen eine solide religiö­se Basis, auf die sie ihr Leben, ihren Charakter und ihr Verhalten aufbauen und ausrichten können. Dies alles benötigt und verdient seine Anstrengung. Die anderen aber verdienen es, gemieden und vernachlässigt zu werden, nachdem sie Zur Genüge aufgerufen und in Kenntnis gesetzt worden sind. (Qutb)

 

107. Wenn Allah gewollt hätte, hätten sie Ihm keine Götzen an die Seite ge­stellt.290 Doch wir haben dich nicht zu ihrem Wächter gemacht und du bist auch nicht ihr Hüter.291

290. Wenn Allah die Menschen zur Rechtleitung zwingen wollte, dann hätte Er dies tun können. Er hat jedoch den Menschen mit der Bereitschaft sowohl zur Rechtleitung als auch zum Irrtum geschaffen. Er hat ihn auf diese Art und Weise erschaffen auf Grund einer Weisheit, die Er alleine kennt, und damit der Mensch die Rolle, die Er für ihn erwählt hat, in diesem Dasein erfüllt. (Qutb)

Es ist Allahs Plan, im Zusammenwirken mit dem menschlichen Willen Allahsverständnis und Verständnis Seiner Bezie­hung zu uns entstehen zu lasen. Dies ist die Antwort auf den Einwand: "Wenn Er allmächtig ist, warum existiert dann das Böse in der Welt? Könnte Er es nicht vernichten?" Das könnte Er wohl, aber sein Plan ist anders; jedenfalls ist es nicht die Aufgabe eines Lehrers, jemanden zur Annahme der Wahrheiten zu zwingen, die er verkündet. (Juusuf 'Allii)

Auf der freien, bewussten Entscheidung des Menschen für das Richtige und gegen das Falsche beruht seine geistige und moralische Entwicklung. (Siddiqi)

291. Wer zu Allah aufruft, darf seine Hoffnung nicht auf diejenigen setzen, die ihre Herzen gegenüber dem Vermittler des Auf­rufs verschließen und nicht auf die Eingebung des Imaans achten. Sein Herz sollte frei sein, und seine Hoffnungen und Taten sollten sich auf diejenigen richten, die ihm zuhören und antworten. (Qutb)

Allah bitte jeden Menschen zu einem Wesen machen können, das der Wahrheit folgt. Das ist aber nicht die Zielsetzung bei der Schöpfung des Menschen. Die wahre Zielsetzung ist, dass dem Menschen Entscheidungsfreiheit zwischen Wahrheit und Lüge gegeben wurde. Indem ihm das Licht der Wahrheit gezeigt wird, wird der Mensch geprüft, was er wählt. Richtig für dich ist, selbst den rechten Weg zu befolgen und andere dazu einzuladen. Diejenigen, die diese Einladung annehmen, sollten zu deinen Freunden werden, die du unter keinen Umständen im Stich lassen solltest, selbst wenn es sich in den Augen weltlich orientierter Menschen um unbedeutende Personen handelt. Andererseits solltest du diejenigen nicht beach­ten, die deine Einladung nicht annehmen, und sie ihren eigenen Weg gehen lassen. (Mauduudi)

Wenn Allah den Menschen Handlungsfreiheit gegeben hat, wie könnte der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ihnen dann seinen Willen aufzwingen? (Siddiqi)

 

108. Und beleidigt nicht diejenigen, die sie anstelle von Allah anbeten, damit sie nicht aus Feinseligkeit Allah beleidigen, ohne (es) zu wissen292 So ließen Wir jeder Gemeinschaft ihr Tun schön erschei­nen293 Dann ist zu ihrem Herrn ihre Rückkehr und Er wird ihnen Kunde ge­ben davon, was sie zu tun pflegten.

292. Wenn ihr mit den Kaafirs diskutiert. (Darjabaadi)

Dieses Verbot, etwas zu beleidigen, was anderen Menschen heilig ist -selbst, wenn es dem Grundsatz der Einheit Allahs widerspricht -steht im Plural und ist deswegen an alle Mu’mins gerichtet. Während also von einem Muslim erwartet wird, dass er sich mit dem falschen Religion anderer auseinandersetzt, darf er nicht die Objekte dieser beleidigen und damit die Gefühle seiner irregeleiteten Mitmenschen verletzen. (Asad)

Bei Diskussionen mit Nichtmuslimen sollen die Muslime angemessene Grenzen wahren und darauf verzichten, ihre heili­gen Dinge und Personen zu beleidigen, denn es würde alle noch weiter von der Wahrheit entfernen. (Mauduudi)

Im weiteren Sinne ist aus diesem Aja abgeleitet worden, dass man auf alle Handlungen verzichten soll, die nicht den Zie­len des Islam dienen, sondern Schaden verursachen und zu Streit und Hass führen. Nur wenn dies wiederum dem Islam großen Schaden bringen würde, kann man ungeachtet der Reaktion der Menschen handeln. (Siddiqi)

293. Die tatsächliche persönliche Religion eines Menschen hängt von mehreren Faktoren ab: seiner persönlichen Psychologie, dem Hintergrund seines Lebens, seinen verborgenen oder unterdrückten Gefühlen, Neigungen oder seiner Geschichte (die die Psychoanalyse zu entwirren sucht), seinen ererbten Dispositionen und Antipathien und all den feinen Einwirkungen seiner Umgebung und seiner Erziehung. Die Aufgabe eines mu’min Menschen besteht darin,

1. von allen den Faktoren Gebrauch zu machen, die seinen höheren Zielsetzungen dienen;

2. die zu reinigen, die missbraucht worden sind;

3. neue Gedanken und Vorstellungsweisen einzuführen; und

4. das zu bekämpfen, was falsch ist und anders nicht in Ordnung gebracht werden kann: alles mit dem Ziel, zur Wahrheit zu gelangen und allmählich geistiges Licht einzulassen, wo zuvor Finsternis herrschte.

Wenn dies nicht mit der Diskretion und dem Geschick eines geistigen Lehrers geschieht, kann nicht nur eine Trotzreaktion die Folge sein, sondern Verachtung Allahs und Seiner Wahrheit, und unter den schwächeren Muslimen können Zweifel verbreitet werden. Was für Individuen gilt, gilt auch für Gemeinschaften und Nationen. In ihrer Selbstbezogenheit glauben sie, nur ihre eigenen Vorstellungen seien richtig. In Seiner unendlichen Barmherzigkeit duldet Allah sie und fordert diejenigen auf, die reinere Imaan haben, nicht die Schwächen ihrer Nachbarn zu ver­unglimpfen, so dass diese nicht ihrerseits die Wahrheit schlecht machen und die Sache schlimmer machen als zuvor. Soweit es Verfehlungen gibt, wird Allah vergeben und durch Seine Barmherzigkeit Abhilfe für Unwissenheit und Dummheit schaf­fen. Soweit es sich um aktiv Böses handelt, wird Er nach Seinem Ermessen damit verfahren. Selbstverständlich darf ein Rechtschaffener sein Licht nicht unter den Scheffel stellen oder sich weigern, ein rechtschaffenes Leben zu führen, wo es ihm möglich ist. (Juusuf ’Allii)

Es liegt in der Natur des Menschen, die Religionsvorstellungen für allein richtig zu halten, die ihm seit seiner Kinderzeit eingepflanzt worden sind und die er jetzt mit seiner gesellschaftlichen Umgebung teilt. Deswegen führt Polemik gegen solche Vorstellungen oft zu feindseligen psychologischen Reaktionen. (Asad)

 

109, Sie schwören bei Allah ihre feierlichsten Eide, dass sie, wenn ein Zeichen294 zu ihnen käme, ganz gewiss daran den Imaan verinnerlichen würden. Sprich: "Wahrlich, die Zeichen sind bei Allah."295 Doch was lässt euch wissen, dass sie, selbst wenn (Zeichen zu Ihnen) kämen, den Imaan verinnerlichen werden?296

294. "Zeichen" (Aja) steht hier für ein greifbares Wunder, dessen Anblick ihnen keine andere Alternative übriglassen würde als Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, als von Allah gesandten Propheten anzuerkennen. (Mauduudi)

Anzumerken ist, dass im Qur’an der Begriff "Zeichen" auch für Wunder benutzt wird, wie für alle anderen Offenbarungen und Manifestationen der Herrlichkeit Allahs, die wir in jedem Augenblick unseres Lebens um uns herum wahrnehmen, oder die außerordentliche Entfaltung von Allahs Macht -all dies sind natürliche Geschehnisse im innersten, geheimsten Sinne des Wortes, ob sie dem gewöhnlichen Lauf der Ereignisse folgen oder darüber hinausgehen. (Siddiqi)

295. Zeichen, Wunder oder wie immer man sie nennt geschehen niemals durch die Handlung des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sondern immer durch Allahs eigene Macht. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, benutzt sie nur im Auftrage Allahs als Beweismittel für die Wahrheit seines An­spruches. Ein Wunder ist nichts anderes als ein Eingriff in die Ordnung der Natur, wie wir sie aus der alltäglichen Erfah­rung kennen, durch den Schöpfer der Natur. (Darjabaadi)

Ein "Wunder" ist eine ungewöhnliche Botschaft Allahs, die oftmals in symbolischer Form eine geistige Wahrheit zum Ausdruck bringt, die sonst dem Intellekt des Menschen verborgen geblieben wäre, Aber selbst solche außergewöhnlichen "wunderbaren" Botschaften können nicht als "übernatürlich" bezeichnet werden, denn die so genannten Naturgesetze sind lediglich wahrnehmbare Manifestationen von "Allahs Gewohnheit" (Sunnach Allah) bezüglich seiner Geschöpfe, Folglich ist alles, was existiert und geschieht, "natürlich" im eigentlichen Sinne des Wortes. Da nun diese außergewöhnlichen Bot­schaften in der Regel durch besonders begabte und von Allah erwählte Persönlichkeiten ausgedrückt werden, sagt man von ihnen gelegentlich, sie "tun Wunder", Dieses Missverständnis behebt der Qur’an hier mit den Worten: "Wunder sind allein in Allahs Macht", Vergleiche auch Suura 17:59. (Asad)

296. Wenn die Kaafirs trotzig sind, wird nichts sie überzeugen, Keine Geschichte ist mehr voller Wunder als die Geschichte von Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm,, Dennoch wird uns in derselben Geschichte berichtet, dass Isa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte: "Dieses böse und abtrünnige Geschlecht sucht ein Zeichen, und soll ihm kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Jona" (Matthius 16:4). Allah gibt täglich Zeichen, die von denen verstanden werden, die den Imaan verinnerlichen. Beharrliche Forderung eines besonderen Zei­chens bedeutet nur Widerspenstigkeit und Verständnislosigkeit gegenüber der geistigen Welt. (Juusuf 'Allii)

Dies ist an jene Muslime gerichtet, die sich sehnlichst wünschten, ein solches Zeichen würde ihre missgeleiteten Mitmenschen auf den rechten Weg bringen. Darauf antwortet Allah: "Ihr solltet euch dessen bewusst sein, dass sie nicht den Imaan verinnerlichen, auch wenn sie ein solches Wunder erleben würden, denn ihre Forderung ist lediglich ein Vorwand für ihren Kufr." (Mauduudi)

 

110. Und Wir werden ihre Herzen und Ihre Sinne verwirren,297 weil sie (schon) beim ersten Mal nicht daran bereit waren den Imaan zu verinnerlichen,298 und Wir lassen sie in ihrer Widersetzlichkeit verblendet umherirren.299

297. Wo es bloßen Trotz und Spott gegenüber dem Islam gibt, führt dies dazu, dass das Herz des Übeltäters sich verhärtet und seine Augen versiegelt werden, so dass er nicht mehr das sehen kann, was gewöhnlichen Sterblichen sichtbar ist. In seinem Abstieg zum Falschen wird er noch heftiger. (Juusuf ’Allii).

Solange sie der Wahrheit gegenüber blind bleiben, als Folge ihres Widerwillens, sie zu akzeptieren -dies geschieht ent­sprechend den Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung, die Allah Seinen Geschöpfen vorgeschrieben hat. (Asad)

298. Ihr Trotz machte sie zu Feinden der Wahrheit, und das hat auf ihre Lebensanschauung eingewirkt und ihr Wahrnehmungs­vermögen abgestumpft, so dass sie nunmehr weder die Wahrheit noch ihre verschiedenen Manifestationen wahrnehmen können. Dieser innere Zustand ist derselbe, mit dem sie die Botschaft des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, das erste Mal abgelehnt haben. Seit­dem hat es keine Veränderung in ihrer Haltung gegeben, und es wäre deswegen zuviel verlangt, wenn sie nun an ihn den Imaan verinnerlichen sollten, nachdem sie ein Wunder gesehen haben (Siddiqi)

299. Vergleiche Suura 2:15 Allahs Barmherzigkeit ist stets bereit, menschlicher Schwäche und Unwissenheit weiterzuhelfen, Reue anzunehmen und zu vergeben. Wenn aber ein Mensch offen rebelliert, bekommt er Spielraum, und es ist seine eigene Schuld, wenn er verblendet umherirrt und nirgends Hoffnung und Zuflucht findet (Juusuf ’Allii)