Von Suura 2 "Die Kuh" Aja 142-252

Abschnitt 17

142. Die Idioten unter den Menschen werden sagen: "Was hat sie bewogen, sich von ihrer Gebetsrichtung271 abzuwenden, nach der sie sich (bisher) gerichtet hatten?"272 Sprich: "Allah gehört der Osten und der Westen; Er leitet wen er will zu geradem Weg."273

271. Die Qibla ist die Richtung; in der ich die Muslime im Gebet wenden. Vordem pflegten sie sich zur heiligen Stadt Quds hinzuwenden. Heilig sowohl für Juden wie für Chrisen, das  "Volk der Schrift". Als die Muslime dann, verachtet und verfolgt. aus Mekka vertrieben in Medina angelangt waren. wurde die Ka'ba als Qibla eingesetzt. Der Wechsel fand etwa 16 1/2 Monate nach der Hidschra statt. (Juusuf ‘Allii)

272. Wörtlich: auf der sie waren. (Anm. d. Übers.)

273. In diesem und den nachfolgenden Ajas, wie auch in dem ganzen Rest dieser Suura, werden die Grundzüge und Charakteristika der Muslim-Gemeinde aufgezeigt, die sie zu einer eigenständigen, von anderen unabhängigen Gesellschaft formen sollen. Diese Eigenständigkeit äußert sich nicht nur in der geistigen Sphäre, insbesondere in der Auffassung vom Sinn des Daseins und vom Verhältnis des Menschen zu Allah, sondern auch im materiellen Bereich, in dem der geistige Gehalt sichtbare Gestalt annimmt. Dazu gehört auch die neue Gebetsrichtung. Auf diese Weise wurde nicht nur die Fabel von der Überlegenheit des auserwählten Volkes der Juden und ihrer Religion zunichte gemacht, sondern gleichzeitig auch die Übereinstimmung und Gemeinsamkeit mit den früheren Propheten, vor allem dem Erbauer der Ka'ba, Ibraahiim, Allahs Segen und Frieden auf ihm, unterstrichen. Die Kontinuität der Botschaft Allahs wird dadurch deutlich zum Ausdruck gebracht. (Qutb)

 

143. Und so machten Wir euch zu einer Gemeinde der Mitte274, auf dass ihr Zeugen seiet über die Menschen, und der Gesandte Zeuge sei über euch. Und Wir setzten die Qibla, nach der du dich (bisher) gerichtet hattest275, nur (deshalb) fest, damit Wir denjenigen, der dem Gesandten folgt, von dem (zu unterscheiden) wissen, der auf seinen Fersen kehrt macht. Und sie276 war wahrlich schwer, außer für diejenigen, die Allah geleitet hat. Und es ist nicht Allahs277, dass Er euren Imaan278 verloren gehen lässt; wahrlich, Allah ist gegenüber den Menschen gütig, barmherzig.

274. Die Bezeichnung "Gemeinde in der Mitte" schließt alle jene Eigenschaften ein die, die Gemeinde der Muslime aufweisen soll. Sie ist von Allah selbst dazu auserkoren Zeugen über die Menschen zu sein, das unter ihnen Gerechtigkeit und Gleichgewicht herbeizuführen, ihnen Maßstäbe an die Hand zu geben, nach denen sie urteilen können. Diese Muslim-Gemeinde soll der ganzen Menschheit die ewigen Prinzipien übermitteln, nach denen sie das Gute vom Bösen unterscheiden, alle Bereiche menschlichen Schaffens richtig bewerten und die ihnen zukommenden Proportionen zuerkennen kann. Diese Maßstäbe haben allerdings ihren Ursprung nicht in menschlichen Vorstellungen und Neigungen, sondern ausschließlich im Wort Allahs, das Sein Prophet den Menschen überbracht hat. Und der Gesandte soll seinerseits Zeuge sein über die Muslime, damit sie ihrer großen Aufgabe gerecht werden.

Die Gemeinde der Muslime ist also dazu aufgerufen, sich "in der Mitte" zu halten und zwar in jeder Beziehung. Es soll eine Gemeinde sein, die jedem Extrem ablehnend gegenübersteht, die Ausgewogenheit, wie sie nur in der Mitte zu finden ist, sucht und wahrt. Alle Übertreibungen, die lediglich einen Aspekt des menschlichen Lebens fördern und dadurch alle anderen in ihrer Entwicklung hemmen oder gar abtöten, sollen dieser Gemeinde fremd sein. Das islamische Ideal des Menschen liegt in Ebenmaß und Gleichgewicht, denn nur so kann der Mensch sein diesseitiges Ziel erreichen und seine Aufgabe hier erfolgreich lösen: der Stellvertreter Allahs auf Erden zu sein.

Die Tatsache, dass die Muslim-Gemeinde heute nicht fähig ist, den Platz in der Welt einzunehmen, den Allah selbst ihr zugedacht hat, ist nur ein Beweis dafür, dass sie andere Wege eingeschlagen hat als die im Qur’an aufgezeigten. Und sie wird ihrer Aufgabe in der Welt nicht gerecht, bis sie wieder bereit ist, der Führung Allahs unbedingt Gehorsam zu leisten. (Qutb)

275. Wörtlich: auf der du warst. (Anm. d. Übers.)

276. Nämlich diese Wende zur neuen Qibla (Al-Dschalalain), oder die Prüfung. (Siddiqi)

277. Wörtlich: Allah ist nicht (von solcher Art). dass. ..(Anm. d. Übers.)

278. Imaan ist hier gleichbedeutend mit Gebet. Es wird den Muslimen versichert, dass ihre nach der früheren Qibla hin verrichteten Gebete keineswegs umsonst waren. Da beide Gebetsrichtungen in Befolgung von Allahs Geboten eingehalten wurden, wird den Muslimen ihr Lohn nicht geschmälert. Es ist nicht die Richtung, die zählt, sondern die Ergebung in Allahs Willen. (Siddiqi)

 

144. Wir sehen, wie dein Gesicht sich dem Himmel suchend zukehrt279, und Wir werden dich bestimmt zu einer Qibla wenden, mit der du zufrieden sein wirst. So wende dein Gesicht in Richtung der Heiligen Masdschid280 und wo immer ihr auch seid, wendet eure Gesichter (beim Gebet) in ihrer Richtung. Diejenigen, denen das Buch gegeben ward, wissen bestimmt, dass es die Wahrheit ist von ihrem Herrn. Und Allah ist nicht achtlos dessen, was sie tun.

279. Nämlich in Erwartung einer Offenbarung bezüglich der neuen Gebetsrichtung. (Al-Dschalalain)

280. Das heißt der Ka'ba in Mekka. (Anm. d. Übers.)

Dieser Aja wurde nach der Überlieferung offenbart, als unser Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerade einer Einladung folgend das Mittagsgebet im Hause von Bisr ibn Al-Bara leitete. Er hatte soeben die Hälfte der Andacht verrichtet, als er den Befehl zum Wechsel der Gebetsrichtung erhielt. Sogleich wandte er sich noch während des Gebets zur Ka'ba und die Betenden taten es ihm nach. Anschließend wurde der Wechsel der Gebetsrichtung öffentlich bekannt gemacht in Medina und den Vororten der Stadt. (Mauduudi)

 

145. Doch (selbst) wenn du denjenigen, denen das Buch gegeben ward, alle Zeichen (als Beweise) brächtest, würden sie deine Qibla nicht befolgen181. Und du befolgst ihre Qibla nicht; sie befolgen (ja selbst) untereinander ihre jeweilige Qibla nicht. Doch solltest du ihren Ansinnen182 folgen nach dem, was dir an Wissen zugekommen ist, so würdest du bestimmt zu denen gehören, die unrecht tun.

281. Nämlich aus Widerspenstigkeit. (Al-Dschalalain)

282. Im Imaan gibt es keine Kompromisse. Allahs Gebote müssen ganz strikt befolgt werden. Wer sich von ihnen abwendet, überschreitet die gesteckten Grenzen. (Mauduudi)

Diese Warnung ist nicht nur an den Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gerichtet, sondern vielmehr an alle Muslime. Nicht die Wünsche der Juden und Christen sollen für sie maßgebend sein, sondern einzig und allein die Gebote Allahs. (Siddiqi)

 

146. Diejenigen, denen Wir das Buch gegeben haben, kennen es283, wie sie ihre (eigenen) Söhne kennen und (trotzdem) verbirgt ein Teil von ihnen die Wahrheit, wo sie doch wissen.

283. Das heißt das Buch, oder ihn kennen, das heißt nach Meinung von Al-Dschalalain unseren Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Anm. d. Übers.)

 

147. (Es ist) die Wahrheit ist von deinem Herrn, so sei nicht einer von denen, die (daran) zweifeln.284

284. Die Anrede hier gilt nicht so sehr unserem Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, wie vielmehr den Muslimen, wann immer sie auch gelebt haben mögen. Vor allem aber betrifft sie uns in der heutigen Zeit. In einer Einfalt ohnegleichen bitten wir um Aufschluss in Sachen unserer Religion Orientalisten aus den Reihen von Juden, Christen, und lernen von ihnen unsere Geschichte und vertrauen ihnen Aussagen über unser Erbe an. Wir geben unser Gehör allem, was sie in ihren Vorlesungen über unseren Qur’an, über die Tradition unseres Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  und über das Leben unserer Vorfahren an Zweifeln hineinschmuggeln. Wir schicken zu ihnen Scharen unserer Studenten, die von ihnen in den islamischen Wissenschaften unterrichtet und auf ihren Universitäten ausgebildet werden, um dann mit infiziertem Verstand und Gewissen zu uns zurückzukommen. (Qutb)

 

Abschnitt 18

148. Jeder hat ein Ziel, dem er sich zuwendet285. So wetteifert miteinander in guten Werken. Wo immer ihr auch seid, Allah wird euch zusammenbringen286; wahrlich, Allah hat Macht über alle Dinge.

285. Oder: Jedes (Volk) hat eine Richtung, nach der es sich (beim Gebet) wendet. (Anm. d. übers.)

286. Damit sollen die Muslime gewahr werden, dass Verinnerlichung des Imaans, die das Wesen des Islaams ausmacht, sich durch 'Ibaada entwickelt, das heißt indem das Innewohnen Allahs im Menschen allmählich vollzogen wird, bis es verwirklicht ist. Dies geschieht durch den stets gegenwärtigen Imaan daran, dass Allah die gesamte Menschheit vor Sich zu versammeln vermag, wo dereinst jeder einzelne Rechenschaft über seine Taten wird ablegen müssen. Daraus ergibt sich dann die umso größere Notwendigkeit, sich aufs äußerste um ein Leben wie, Allah es mag, zu bemühen. (Siddiqi)

 

149. Und von wo (auch immer) du herkommst287, wende dein Gesicht in Richtung der geschützten Masdschid, denn dies ist gewiss die Wahrheit von deinem Herrn. Und Allah ist nicht achtlos dessen, was ihr tut.

287. Dies bezieht sich auf Reisen. Selbst unterwegs sollten die Muslime die Qibla streng beachten. (Siddiqi)

 

150. Und von wo (auch immer) du herkommst, wende dein Gesicht in Richtung der geschützten Masdschid. Und wo immer ihr auch seid288, wendet eure Gesichter in ihrer Richtung289, damit die Menschen kein Argument gegen euch haben290, außer denjenigen unter ihnen, die unrecht tun; so fürchtet sie nicht, sondern fürchtet Mich291; und damit Ich an euch Meine Gnade vollende und ihr vielleicht rechtgeleitet werden möget.

288. Das heißt, unter welchen Umständen auch immer ihr euch befindet, oder zu welcher Zeit es auch sei, oder wo auch immer ihr euch gerade aufhalten mögt. (Juusuf ’Allii)

289. Dieses Gebot wird mehrmals wiederholt, damit die Muslime die überragende Bedeutung ihrer neuen Gebetsrichtung als Mittelpunkt ihres religiösen und gesellschaftlichen Lebens klar erkennen. (Siddiqi)

290. Das heißt, damit zum Beispiel die Juden nicht behaupten können: "Der Prophet lehnt unsere Religion ab, befolgt aber trotzdem unsere Qibla (nämlich Quds)", oder die Götzenanbeter etwa sagen: "Er ruft auf zum Bekenntnis Abrahams beachtet aber dessen Qibla nicht." (Al-Dschalalain)

291. Diejenigen, die unrecht tun, werden nie aufhören mit ihren Versuchen, die Muslime unter irgendwelchen Vorwänden in Verruf zu bringen. Das einzig Vernünftige ist, sich überhaupt nicht darum zu kümmern, sich auf dem rechten Pfad zu halten und Allah allein zu fürchten. (Siddiqi)

 

151. So wie Wir unter euch einen Gesandten aus eurer Mitte erstehen ließen292, der euch Unsere Zeichen vorträgt und euch läutert und euch das Buch und die Wahrheit lehrt und euch lehrt, was ihr nicht gewusst habt293

292. Wörtlich: sandten. (Anm. d. Übers.)

293. Dieser Aja sollte mit 2:150 zusammen gelesen werden. den er gewissermaßen abrundet. Hier wird betont. dass durch die Anweisung, die Ka'ba zur Qibla zu nehmen, Allah den Islaam vervollkommnet hat und dem Gebet Ibraahiims, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  für die kommenden Generationen Gehör und Verwirklichung zuteil werden ließ. Dieses Gebet bestand aus drei Teilen:

1. dass Mekka zu einem geheiligten Ort erhoben werde (2:126);

2. dass ein wahrhaftiges Muslim-Volk erweckt werde, das seine Andachtsstätten eben dort haben sollte (2:128), und

3. dass ein Prophet zu seinen Nachkommen entsandt werde, der mit den Fähigkeiten ausgestattet sein sollte (2:129), die hier nochmals wiederholt werden. (Juusuf ‘Allii)

 

152. Gedenket also Meiner294, damit (auch) Ich euer gedenken möge295; und seid Mir dankbar und seit nicht undankbar gegen Mich .

294. Das aus dem arabischen Verbum "sakara" (gedenken, sich erinnern, erwähnen) abgeleitete Wort Sikr deutet in der Sufi­ Literatur und Praxis eine Vielfalt von Gedankenverbindungen an. Für die Sufis (Mystiker) ist Sikr sowohl ein mit höchster Andacht verrichtetes Ritual wie auch ein Zustand des Geistes oder des Herzens, in dem der Betende sich darum bemüht, der Gegenwart Allahs innezuwerden. (Juusuf ‘Allii)

295. In diesen Worten ist eine Gnade verborgen, die sich jeder Muslim richtig vergegenwärtigen sollte. Allah, der Allmächtige, der über alles Erhabene, der Schöpfer des Alles, ist bereit, der Menschen, der überaus kleinen, der völlig unbedeutenden, zu gedenken, wenn diese Seiner gedenken! (Qutb)

 

Abschnitt 19

153. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt, sucht Hilfe in der Standhaftigkeit und Gebet; wahrlich, Allah ist mit den Geduldigen.296

296. Es ist bezeichnend, dass die erste Aufforderung an die Muslim-Gemeinde nachdem sie in den vorangegangenen Ajas die Grundzüge zu einem unabhängigen Gemeinwesen mit eigener Gebetsrichtung und eigenständigem Charakter aufgezeigt bekommen hat, -lautet, Hilfe in Standhaftigkeit und Gebet zu suchen und zu jedem Opfer bereit zu sein, um die große Bürde der Aufgabe tragen zu können. Mit Opfer ist nicht nur gemeint, Widerwärtigkeiten wie Angst, Hunger und Entbehrungen willig auf sich zu nehmen, sondern auch, das eigene Leben auf dem Pfad Allahs hinzugeben. (Qutb)

 

154. Und sagt nicht von denen, die auf dem Pfad Allahs getötet wurden, (sie seien) tot. Nein! Lebend (sind sie), doch ihr nehmt es nicht wahr.297

297. Das Phänomen des Todes und des Lebens hat nichts mit der augenscheinlichen, äußerlichen Tatsache des Getötet werden zu tun. Das wichtigste Merkmal des Lebens ist das Wachstum, die Ausbreitung, die Fähigkeit zu wirken. Das Hauptmerkmal des Todes dagegen ist die Negation, der Stillstand, das Erlöschen. In dem Maß, in dem eine Idee sich entwickelt und ausbreitet, wirken diejenigen, die für sie ihr Leben geopfert haben, kontinuierlich weiter und bleiben somit ein lebendiger Bestandteil der Kräfte, durch die das menschliche Leben, das Leben in dieser Welt, gestaltet wird. Diese Gefallenen sind in so weit reichendem Sinn lebend, dass wir, wie es in diesem Aja heißt, mit unserem begrenzten Verstand es nicht wahrnehmen können.

Deshalb wird an den Märtyrern auch keine Totemwaschung vorgenommen, denn diese Waschung soll den leblosen Körper reinigen, während die für die Sache Allahs Gefallenen als Lebende rein sind. Sie werden auch in den Kleidern bestattet, in denen sie den Märtyrertod erlitten haben. Da sie lebend sind, soll ihre irdische Kleidung auch die Kleidung ihres Grabes bleiben. Selbst die Hinterbliebenen empfinden die Trennung von diesen Mudschaheddin nicht als schmerzlich oder unerträglich, denn als Lebende stehen sie ihrer Familie und ihren Freunden weiterhin nahe.

Allerdings muss man immer klar vor Augen haben, wer diese Blutzeugen (arabisch schahid, Plural schuhada), die weiterleben, sind. Es sind diejenigen, "die auf dem Pfad Allahs getötet wurden". Nur auf dem Pfad Allahs, unter keinem anderen Zeichen und für keine andere Sache. Auf dem Pfad der Wahrheit, die Er offenbarte; auf dem Pfad des Gesetzes, das Er erließ; auf dem Pfad der Religion, die Er auserwählte; auf diesem Pfad einzig und allein. Jede andere Losung, jede andere Absicht, jedes andere Ideal schließt dieses Märtyrertum aus. Sowohl der Qur’an als auch der Hadiis machen dies mit allem Nachdruck klar, um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen. (Qutb)

 

155. Und bestimmt werden Wir euch prüfen mit etwas Angst, Hunger und Minderung an Besitz, Seelen und Früchten.298 Doch verkünde frohe Botschaft den Standhaften,

298. An Seelen, das heißt indem Menschen sterben, sei es durch Krieg, Alter oder Krankheit, und an Früchten, das heißt durch Feldschäden, Trockenheit usw. (Al-Dschalalain)

 

156. Die, wenn sie ein Unglück trifft, sagen: "Wir gehören Allah und zu Ihm kehren wir zurück."299

299. Diese Verbundenheit mit Allah und dieses Vertrauen zu Ihm zu jeder Zeit und in jeder Lebenslage sind die wichtigsten Eigenschaften eines Mu`mins, der weiß, dass es keine Macht gibt außer Seiner Macht, keine Gewalt außer Seiner Gewalt, keinen Willen außer Seinem Willen und keine Zuflucht außer bei Ihm. (Qutb)

 

157. Sie sind es, auf denen Segnungen von ihrem Herrn ist und Barmherzigkeit und sie sind es, die rechtgeleitet sind.301

301. Einzigartig sind die Schlussworte dieses Absatzes, der die islamischen Reihen mobilisiert. Auf der einen Seite befinden sich in der Waagschale Mühen, Hunger, Angst, Entbehrungen und sogar der Märtyrertod, die, die Muslim-Gemeinde auf sich nehmen und erdulden muss, indem sie ihre Aufgabe erfüllt, der Welt die Botschaft des Islaam zu übermitteln. In der anderen Waagschale ist nur dies: der Segen Allahs, Seine Barmherzigkeit und die Gewissheit, dass die Muslime rechtgeleitet sind. Allah verspricht ihnen hier als Belohnung weder den Sieg, noch die Macht, noch irgendwelche Beute. Diese Muslimgemeinde wird nur mit einem einzigen Ziel losgeschickt, ohne jegliche Nebenabsichten und ohne jeden anderen menschlichen Wunsch, selbst den Wunsch, dem Islaam zum Sieg zu verhelfen. Diese Gemeinde soll ihren Weg gehen mit dem einzigen Ziel vor Augen, den Segen ihres Herrn und Seine Barmherzigkeit zu erlangen und die Gewissheit, dass sie rechtgeleitet ist. Dies allein ist das Ziel, dies allein ist die Belohnung, dies allein ist die Frucht, nach der sie streben. (Qutb)

 

158. Wahrlich, Al-Safaa und Al-Marwa302 gehören zu den (Orten der) Kulthandlungen Allahs und wer bei dem Haus den Hadsch oder die Umra303 verrichtet, für den ist es kein Vergehen, wen er sie (beide) umschreitet304. Und wer freiwillig Gutes tut, so ist Allah erkenntlich, wissend.

302. Al-Safaa und Al-Marwa sind zwei Erhebungen, umgeben von Säulen, im Herzen von Mekka nahe der geschützten Masdschid. Die Entfernung zwischen beiden, die 493 Schritte beträgt, soll während der Pilgerfahrt siebenmal, teilweise im Eilschritt, zurückgelegt werden. Dies geschieht in Erinnerung an Hadschar, die Mutter von Ibraahiims  Sohn Ismaa'iil, die zwischen beiden hin und her lief, um in der ausgedörrten Wüste alleingelassen für ihr Kind nach Wasser zu suchen. (Darjabaadi)

303. Hadsch  ist die Pilgerfahrt zur Ka'ba in Mekka während der festgesetzten Tage des Monats Sul-Hidscha; Umra (auch die kleine Pilgerfahrt genannt) ist der Besuch der Ka'ba zu irgendeiner beliebigen Zeit. (Mauduudi).

304. Das Umschreiten von Al-Safaa und Al-Marwa gehört zu den Riten des Hadsch und ist keineswegs etwas Tadelnswertes, wie einige Muslime damals in der Annahme meinten, es handle sich um Überbleibsel aus der heidnischen Vergangenheit der Araber (Darjabaadi)

 

159. Diejenigen, die verbergen305, was Wir von den klaren Beweisen und der Rechtleitung herabsandten,306 nachdem Wir es den Menschen im Buch307 erklärt hatten, diese wird Allah verfluchen und verfluchen werden sie die Fluchenden.308

305. Das heißt die Juden. (Al-Dschalalain)

306. Den Muslimen werden hier als warnendes Beispiel die Juden vor Augen geführt, die ihre Schriften zum Monopol der Rabbiner machten, anstatt sie unter dem Volk zu verbreiten. Die Muslime als Anführer der Menschheit sollen die Rechtleitung, die ihnen zuteil wird, weitergeben und nicht zurückhalten. (Mauduudi)

307. Das heißt in der Thora. (Al-Dschalalain)

308. Von Allah verflucht zu werden heißt im Sprachgebrauch des Qur’an, von Allah hinweggetrieben, Ihm entfremdet zu werden, also Seiner Barmherzigkeit und Gnade verlustig zu gehen. Verflucht von den Fluchenden bedeutet, verflucht von Engeln, Menschen und den Dschinn, also von allen, die das Böse hassen und verabscheuen. (Darjabaadi)

 

160. Außer denjenigen, die sich (Allah) wieder reuevoll zuwenden, sich bessern und (öffentlich) klarstellen, (was sie verbargen). Denen wende Ich Meine Gnade wieder zu, denn Ich bin der gnädig Sich wieder Zuwendende, der Barmherzige.309

309. Im Islaam wird Allah im Gegensatz zu anderen Diins weder als eifersüchtig noch als rachebegierig angesehen. Siehe Altes Testament, Josua 24: 9: "Da sprach Josua zum Volk: „Ihr könnt nicht Jahwe dienen, denn er ist ein heiliger Gott, er ist ein eifersüchtiger Gott, der euch eure Vergehen und eure Sünden nicht vergeben wird.'" (Darjabaadi)

 

161. Wahrlich, diejenigen, die kaafir310 sind und in ihrem Kufr311 sterben, über denen ist der Fluch Allahs und der Engel und aller Menschen.312

310. Die wörtliche Bedeutung des arabischen Verbums "kafara" كَفَلرَ ist bedecken oder verbergen. Im Lauf der Zeit wurde es vornehmlich für das "Verbergen der Wahrheit" und schließlich für ihre Verwerfung, also das Gegenteil von "Imaan",  im weiteren Sinne dann Annehmen und Unterwerfen sowie Verneinung und Auflehnung.

Abgesehen von diesem Sprachgebrauch wird das Wort "Kufr" im Qur’an für Undank verwendet, denn es ist nichts anderes als Undankbarkeit, wenn man die von Allah gegebenen Dinge und Fähigkeiten entgegen Allahs Willen benützt. (Mauduudi)

311. Wörtlich: während sie kaafir sind. (Anm. d. Übers.)

312. Ein Fluch ist nicht nur eine Sache von Worten. Vielmehr ist er ein furchtbarer geistiger Zustand im Gegensatz zum Zustand der Gnade. Kann ein Mensch verfluchen? Natürlich nicht in dem Sinn, in dem wir vom Fluch Allahs sprechen. Doch wenn Menschen unterdrückt oder ungerecht behandelt werden, steigen ihre Hilferufe im Gebet zu Allah empor und daraus entsteht Allahs "Zorn" oder "Fluch", das heißt, dem Übeltäter wird Allahs Gnade entzogen. (Juusuf 'Allii)

 

162. Darin313 werden sie (ewig) verweilen. Die Strafe wird ihnen nicht erleichtert und es wird ihnen kein Aufschub gewährt.

313. In dem Fluch. (Al-Dschalalain)

 

163. Euer Gott ist ein einziger Gott, es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Sich Erbarmenden, dem Barmherzigen.314

314. Damit wird klar und eindeutig das christliche Konzept der Dreieinigkeit, der Dualismus im Zoroastrismus (Der Zoroastrismus (auch: Mazdaismus oder Parsismus) ist eine um 1200 v. 'Isa. entstandene, 560 v. 'Isa. reformierte, Diin. Sie wurde im Gebiet des heutigen Irans begründet, auch heute noch finden sich dort Anhänger des Zoroastrismus.) und die Vielfalt der Gottheiten in polytheistischen Diins zurückgewiesen und verurteilt. (Darjabaadi)

 

Abschnitt 20

164. Wahrlich, im Erschaffen der Himmel und der Erde, (in) dem Aufeinanderfolgen von Nacht und Tag, (in) den Schiffen, die auf dem Meer schwimmen mit dem, was den Menschen nützt, (in) dem, was Allah vom Himmel an Wasser hernieder sandte und Er gab der Erde damit Leben, nachdem sie ausgedörrt war315 und verstreute auf ihr jedwedes Getier, (in) dem Wechsel der Winde und den dienstbaren Wolken zwischen Himmel und Erde, (in all dem) sind Zeichen für Leute, die begreifen.316

315. Wörtlich: nach ihrem Tod. (Anm. d. Übers.)

316. Dieser Aja steht in bedeutungsvollem Zusammenhang mit dem vorangegangenen, in dem uns Allah als unser einziger Herr und Schöpfer vor Augen geführt wird. Nun wird uns gesagt, dass wir die große Wahrheit von der Einheit Allahs leicht vorstehen können, wenn wir mit reinem Herzen und Verstand die Naturerscheinungen betrachtend und verstehend die Zeichen Allahs daraus zu lesen vermögen. Die verschiedenen Naturerscheinungen werden als Zeichen und Symbole Allahs bezeichnet, weil deren richtige Beobachtung die großen Wahrheiten bestätigt, die dem Menschen durch prophetische Offenbarung zuteil geworden sind. Es gibt nur einen Gott die gesamte Natur legt unumstößliches Zeugnis für die Gültigkeit dieser Tatsache ab. Die wunderbaren Zeichen im Universum sprechen eine beredte Sprache, indem sie die Einheit der Planung in der allergrößten Vielfalt der Natur erkennen lassen und dadurch den planenden Willen, der hinter allen Naturerscheinungen steht, Die Sinnswahrnehmungen des Menschen bekräftigen, sofern der richtige Gebrauch von ihnen gemacht wird, nur allzu klar die Wahrheiten, die dem Menschen durch die Offenbarungen Allahs kundgetan wurden. Die Natur verkörpert einen großen Plan wie wäre dieser möglich ohne die Planungsfähigkeiten eines Großen Planers? Der besondere Zauber der Natur, den zu erkennen uns der Qur’an immer wieder ermahnt, liegt in der Widerspiegelung des Planenden Willens, denn alle Naturerscheinungen beflügeln uns dazu, die geistige Wirklichkeit wahrzunehmen. (Siddiqi)

 

165. Und (doch) gibt es unter den Menschen einige, die sich außer Allah Seinesgleichen (zum Anbeten) nehmen (und) sie lieben, wie man (nur) Allah lieben darf.317 Die aber, die den Imaan verinnerlicht haben, lieben Allah (noch) mehr. Wenn (nur) diejenigen, die unrecht tun in Anbetracht der Strafe,318 (die ihnen dereinst zuteil wird), sehen könnten, dass alle Stärke Allah gehört und dass Allah streng im Strafen ist.

317. Selbst wenn es sich nicht um Götzen wie früher handelt. weil sich ja kein intelligenter Götzenanbeter mehr Wurzeln oder Steine zum Anbeten nimmt, können es die "goldenen Kälber" der heutigen Zeit sein, die, die Menschen vergöttern, (Juusuf ‘Allii)

318. Wörtlich: wenn sie die Strafe sehen. (Anm. d. Übers.)

 

166. Wenn sich (dereinst) diejenigen, denen gefolgt wurde, von jenen lossagen, die (ihnen) gefolgt sind und sie die Strafe sehen (die sie erwartet) und die Verbindungsstricke zu ihnen abgeschnitten sind!319

319. Wenn die unvermeidlichen Folgen der Blasphemie und Verleugnung Allahs eintreten, dann lösen sich solche künstlichen Bindungen selbst sagen sich von ihren Anbetern los. (Juusuf ‘Allii)

 

167. Und diejenigen, die gefolgt sind, sagen (dann): "Wenn wir (nur die Möglichkeit einer) Rückkehr hätten,320 so würden wir uns von ihnen lossagen, wie sie sich von uns losgesagt haben."321 So zeigt ihnen Allah ihre Taten als (Grund für) gramvolle Reue und sie kommen aus dem Feuer nicht heraus.

320. Das heißt wenn wir nochmals auf Erden leben könnten. (Al-Dschalalain)

321. Das hoffnungslose Ende dieser Rädelsführer und Irreleitenden und ihrer Anhänger ist hier nochmals aufgezeigt, um die Muslime zu ermahnen, in der Wahl ihrer Führer und Lehrmeister sehr vorsichtig zu sein, Frühere Völker sind vom rechten Weg abgekommen, weil sie falschen Führern folgten. Daraus sollten die Muslime ihre Lehren ziehen. (Mauduudi)

 

Abschnitt 21

168. Oh ihr Menschen,322 esst von dem, was es auf Erden an Erlaubtem (und) Gutem gibt und folgt nicht den Fußstapfen Schaytaans,323 denn er ist euch ein deutlicher Feind.

322. In den folgenden Ajas werden nun verschiedene Anordnungen der Schaarii'a, des Gesetzes Allahs, das uns offenbart wurde, behandelt. Das Wesen dieser Gesetzgebung ist, dass sie weder auf dem Nützlichkeitsprinzip noch auf materialistischer Basis beruht, sondern dass ihre Grundlage rein geistiger und ethischer Natur ist. Der menschliche Verstand ist nicht fähig, aus eigener Kraft hierfür den richtigen Weg zu finden. Es ist Allah allein, der ihr ethischen und geistigen Gehalt zu geben und sie zu formen vermag. (Siddiqi)

323. Indem ihr unreine Nahrung zu euch nehmt, die sowohl körperlich wie ethisch und geistig ungesund ist. (Darjabaadi)

 

169. Er gebietet euch nur Böses und Abscheulichkeit, und dass ihr über Allah sagt, was ihr nicht wisst.

170. Und wenn ihnen gesagt wird: "Folgt dem, was Allah herabgesandt hat", (so) sagen sie: "Nein! Wir folgen dem, wobei wir unsere Väter gefunden haben." (Wie) aber, wenn ihre Väter nichts begriffen hätten und nicht rechtgeleitet gewesen wären?324

324. Dieser Aja kritisiert die blinde Nachahmung ohne Überlegung und ohne Verstand. Selbst wenn der Mensch seinen eigenen Vorvätern nacheifert und ihre Lebensweise und ihre Ansichten zu den seinen macht, ist dies für ihn noch keine Garantie, dass er richtig handelt, denn seine Vorfahren können ihrerseits Sitten und Überzeugungen übernommen haben, die auf falschen Grundlagen beruhten. (Qutb)

 

171. Das Gleichnis derjenigen, die den Imaan bedecken sind, ist wie das Gleichnis eines Menschen), der irgendein (Tier) anschreit,325 das nichts hört außer Lauten und Zurufen. Taub, stumm und blind (sind sie), darum begreifen sie nicht.326

325. Das arabische Verbum "na'aqa" wird meist verwendet, um die unartikulierten Zurufe zu beschreiben, mit denen ein Schafhirte seine Herde antreibt. (Siddiqi)

326. Der Zustand dieser Unwissenden und Blinden ist gleichzusetzen dem von abgestumpftem Herdenvieh. Sie hören lediglich auf Zurufe, ohne sich zu überlegen, wohin sie geführt werden. Es ist, als ob diese Menschen blind seien, denn sie vermögen nicht einmal den Tatsachen ins Gesicht zu sehen; als ob sie taub seien und darum den Ruf der Wahrheit nicht hören können; und als ob sie stumm seien, weil sie nicht imstande sind, sich zum Richtigen zu bekennen. Das Ärgste jedoch ist, dass sie keinen Verstand besitzen. (Siddiqi)

 

172. Oh die ihr den Imaan verinnerlicht habt, esst von den guten Dingen, die Wir euch bereitet haben und seid Allah dankbar, wenn ihr Ihm allein dient.327

327. In Aja 168 wurde die ganze Menschheit angesprochen, hier die Muslime, damit sie, die sich Diener Allahs nennen, Gebrauch machen von allem Guten, das Allah erschaffen hat, und Ihm danken für Seine Gnade.

Hier zeigt sich die Einstellung des Islam gegenüber weltlichen Dingen, denn er lehrt nicht Selbstverleugnung und Kasteiung, sondern ermuntert seine Anhänger, sich der Gaben Allahs innerhalb der gesteckten Grenzen zu erfreuen. (Siddiqi)

 

173. Er hat euch verboten nur (den Genus von) natürlich Verendetem,328 Blut, Schweinefleisch329 und dem, worüber etwas anderes als Allah angerufen worden ist.330 Wer aber gezwungen ist, ohne (es) zu begehren und ohne das Maß zu überschreiten, für den ist es keine Sünde;331 wahrlich, Allah ist verzeihend, barmherzig.

328. "Maita" bedeutet nicht nur ein Tier, das eines natürlichen Todes gestorben ist, sondern auch eines, das nicht entsprechend dem Gesetz der Scharii'aa geschlachtet wurde. (Siddiqi)

Fische und dergleichen sind erlaubt, auch wenn sie nicht eigens unter Aussprechung des Namens Allahs rituell geschlachtet wurden; allerdings bezieht sich auch diese Ausnahme keinesfalls auf verendete Fische. (Juusuf 'Allii)

329. Es ist nicht nur das Fleisch von Schweinen, das zu essen verboten ist; auch alles sonstige (wie etwa Schweinsleder oder Borsten) wird als unrein betrachtet und ist den Muslimen darum untersagt. (Baidawi)

330. Das Fleisch der Tiere, über denen beim Schlachten etwas anderes ausgesprochen worden ist als der Name Allahs, ist den Muslimen untersagt, nicht weil es ihre physische Gesundheit beeinträchtigen könnte, sondern weil es der Reinheit ihrer Psyche abträglich ist. Diese soll, wie auch alles andere im Leben eines Muslims, völlig in Einklang mit der Einheit Allahs stehen und durch keinerlei negative Einflüsse gestört werden. (Qutb)

331. Hier wird die Verwendung unreiner Dinge unter drei Umständen gestattet: Es muss sich erstens um einen äußersten Notfall handeln, also wenn man zu verhungern oder verdursten droht oder wegen einer Krankheit in Lebensgefahr schwebt und es nichts anderes als das Verbotene gibt; man darf zweitens nicht den Wunsch hegen, Allahs Geboten zuwider zu handeln; und man sollte drittens keinesfalls auch nur einen Bissen oder einen Tropfen mehr zu sich nehmen als unumgänglich nötig. (Mauduudi)

 

174. Diejenigen, die verbergen, was Allah von dem Buch herabgesandt hat und es um einen geringen Preis verkaufen, diese verzehren in ihren Bäuchen nichts als Feuer.332 Allah wird zu ihnen am Tage der Auferstehung weder sprechen333 noch wird Er sie läutern; und eine schmerzliche Strafe wird ihnen zuteil.

332. Hier wird uns gesagt, dass uns die Verwendung von unrechtmäßigem Gut, insbesondere wenn es durch Verbergen der Wahrheit und Entstellung der religiösen Lehren und Grundsätze um irdischer Vorteile willen erworben ist. nichts als Verderben bringt. (Siddiqi)

333. Das heißt Er wird sich ihnen nicht in Barmherzigkeit und Mitleid zuwenden. (Siddiqi)

 

175. Sie sind es, die den Irrtum für die Rechtleitung erkauft haben und die Strafe für die Verzeihung. Was hat sie (nur) dem Feuer gegenüber334 so beharrlich gemacht!

334. Das ihnen dereinst beschieden sein wird. (Anm. d. Übers.)

 

176. Dies335 (ist deshalb), weil Allah das Buch mit der Wahrheit336 herabgesandt hat. Und diejenigen, die sich über das Buch streiten, haben sich gewiss (von der Wahrheit) weit entfernt.337

335. Das heißt die Strafe, die sie zu ertragen haben werden. (Dschalalain)

336. Dies bezieht sich auf den Qur’an und soll besagen: nachdem die Übeltäter mit den vorangegangenen Schriften ihr Unwesen getrieben haben und die darin enthaltenen Lehren um materieller Vorteile willen entstellt und verzerrt haben, können sie nun die Wahrheit in reinster Form im Qur’an finden, sofern sie nur bereit sind, sich dazu zu bekennen und den rechten Weg einzuschlagen. (Siddiqi)

337. Wörtlich: ...sind gewiss in weiter Abspaltung. (Anm. d. Übers.)

Wer sich in die Obhut des Buches begibt, steht im Einvernehmen mit der Wahrheit und mit dem ganzen Universum. Wer sich aber über das Buch streitet, befindet sich in Zwietracht mit sich selbst und der Welt. (Qutb)

 

Abschnitt 22

177. Nicht darin besteht die Güte,, dass ihr eure Gesichter (beim Gebet) dem Osten oder dem Westen zuwendet; Güte ist vielmehr, an Allah zu den Imaan zu verinnerlichen, den Jüngsten Tag, die Engel, das Buch und die Propheten, (von) dem Besitz- obwohl man ihn liebt zu geben den Verwandten, den Waisen, den Armen, dem Wanderer, den Bettlern und für (das Freikaufen von) Sklaven, das Gebet zu verrichten und Seka338 zu geben.339 Und (gut sind) diejenigen, die ihr Versprechen halten, wenn sie es gegeben haben und diejenigen, die in Elend, Not und zu Zeiten von Krieg geduldig sind.340 Sie sind es, die wahrhaft und mutaqi sind.

338. Gebet und Seka (das heißt eine Steuer, die im Islam zur Grundlage des Wirtschaftssystems erhoben wurde), waren stets ein wichtiger Bestandteil des Islams. Wie alle anderen Propheten, machten auch die Propheten Israels beides zu bindenden Pflichten für die Juden; doch nach und nach begannen die Juden, sie zu vernachlässigen. Sie hörten auf, das Gebet gemeinsam zu verrichten, ja die meisten von ihnen beteten nicht einmal für sich allein. Anstatt Seka zu bezahlen fingen sie sogar an, Zinsen für ihr Geld zu verlangen. (Mauduudi)

339. Dieser Aja sollte im Zusammenhang mit der Anordnung über die Änderung der Gebetsrichtung gelesen und verstanden werden. Die Menschen dürfen nicht meinen, dass die Gütigkeit oder der Imaan sich in äußerlichen Dingen und Formen erschöpft. Es ist vielmehr der Inhalt, der zählt.

Der echte Imaan bewirkt eine Abkehr des Menschen von einer vielfältigen Abhängigkeit verschiedenen Kräften und Einflüssen gegenüber zu einer einzigen Abhängigkeit Allah gegenüber, die in Wirklichkeit den menschlichen Geist befreit und von jedem anderen Zwang erlöst, so dass er sich nun im Einklang mit der gesamten Schöpfung befindet. (Qutb)

Juusuf ‘Allii schreibt weiterhin: "Ein echter Mu`min, für den die Liebe zu Allah und seinen Mitmenschen das Wichtigste ist, muss natürlich seinen. Imaan durch hilfreiche Taten anderen gegenüber unter Beweis stellen. Individuelle Wohltätigkeit und Gütigkeit sind allerdings auch noch nicht alles, was uns an Pflichten auferlegt ist. Sowohl im Gebet als auch in der Hilfe für andere sollten wir uns nach Möglichkeit mit Gleichgesinnten zusammentun, denn gerade in der Gemeinschaft kann das Erreichbare vervielfacht werden."

340. Die islamischen Tugenden der Standhaftigkeit und Geduld, die unentbehrlich sind für die menschliche Würde, sollen sich vor allem bei drei Gelegenheiten bewähren: bei körperlichen Schmerzen oder Leiden, bei jeder An von Unglück, gleichviel ob es selbstverschuldet ist oder nicht, und in Zeiten öffentlicher Drangsal, sei es nun Krieg, Gewalttätigkeiten, Seuchen oder was auch immer. (Juusuf ‘Allii)

 

178. Oh die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Es ist euch die Widervergeltung vorgeschrieben für die Getöteten: der Freie für den Freien, der Sklave für den Sklaven, das Weib für das Weib. Doch wem von seinem Bruder etwas vergeben wird, so (soll) die Verfolgung (der Ansprüche) auf geziemende Art und die Leistung ihm gegenüber341 auf wohltätige Weise (geschehen).342 Dies ist eine Erleichterung von eurem Herrn und eine Erbarmung.343 Wer nun nach diesem (Beschluss die Gesetze) übertritt, dem wird eine schmerzliche Strafe zuteil.

341. Das heißt die Strafe, die sie zu ertragen haben werden. (Dschalalain)

342. Widervergeltung ist nicht dasselbe wie Rache. In diesem Aja kommt die unparteiische Gerechtigkeit voll zum Ausdruck. Das islamische Recht zieht nicht nur die Verantwortung des Mörders für das begangene Verbrechen in Betracht, sondern Dementsprechend wird Mord nicht so sehr als Verbrechen gegen den Staat betrachtet, sondern in erster Linie als Unrecht an der Familie des Ermordeten, woraus sich das Recht der Angehörigen ergibt, falls sie von der Verhängung der Todesstrafe Abstand nehmen wollen, auf einer angemessenen Entschädigungssumme zu bestehen. Somit lassen diese Bestimmungen Raum sowohl für strikte Bestrafung als auch für Gerechtigkeit in Form einer Wiedergutmachung. (Darjabaadi)

343. Diese Erleichterung ist nur der Gemeinde der Muslime eingeräumt worden; in der Thora findet sie sich nicht. (Qutb)

 

179. In der Widervergeltung ist Leben für euch, Oh ihr, die ihr Verstand besizt!344 Vielleicht werdet ihr (Allah) fürchten.

344. In der Widervergeltung liegt die Sicherheit für die Allgemeinheit, da sie eine wirkungsvolle Maßnahme darstellt, das menschliche Leben zu schützen. Somit trifft der Islam einerseits Vorsorge für die Verhinderung von Verbrechen und andererseits bietet er dem Menschen Gelegenheit, seine edlen Eigenschaften der Güte und des Verzeihens in die Tat umzusetzen. (Siddiqi)

 

180. Es ist euch vorgeschrieben, wenn sich bei einem von euch der Tod naht, sofern er Gut hinterlässt, ein Vermächtnis den Eltern und den Verwandten auf geziemende Art (zu machen). (Dies ist) als rechtliche Verpflichtung (bindend) für die Mutaqi.345

345. Nach dem Gesetz, das der Sicherheit menschlichen Lebens dient, kommen wir nun zur Sicherung des Eigentums. Hier handelt es sich nicht um das Erbgesetz im einzelnen (das in Suura 4 festgelegt ist), sondern darum, dass rechtzeitig ein Testament erstellt wird, damit jeder, der dem Verstorbenen Nahestand, seinen gerechten Anteil erhält und Streitigkeiten vermieden werden. (Siddiqi)

 

181. Doch wer es umändert,346 nachdem er es gehört hat, so ist die Sünde dafür (nur) bei denen, die es umändern. Wahrlich, Allah ist hörend, wissend.

346 Wörtlich: vertauscht. (Anm. d. Übers.)

Wer den letzten Willen gehört hat. sündigt, falls er ihn abändert nach dem Tod des Erblassers, während dieser daran schuldlos ist,. Nur in einem Fall ist es dem Bevollmächtigten erlaubt, das Vermächtnis zu ändern und zwar dann, wenn er weiß, dass der Erblasser mit seinem Testament absichtlich jemanden bevorzugen oder benachteiligen wollte. Es ist für den Testamentsvollstrecker dann erlaubt, den letzten Willen so zu gestalten, dass ein Abweichen vom rechten Weg nicht möglich ist, so dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. (Qutb)

 

182. Wer aber seitens des Erblassers eine Unrechtmäßigkeit347 oder Sünde befürchtet und zwischen ihnen Frieden stiftet, für den ist es keine Sünde348. Wahrlich, Allah ist verzeihend, barmherzig.

347. Versehentlich begangen hinsichtlich des Nachlasses, "dschanafaa" جَنَفا bedeutet wörtlich abfallen oder abweichen von dem rechten Weg, unrecht handeln. (Darjabaadi)

348. Ein lediglich ausgesprochener letzter Wille ist zulässig, doch wird vom Erblasser erwartet, dass er seinen Erben gegenüber gerecht ist und nicht von dem abweicht, was als angemessen gilt. Deshalb sind genaue Anteile für die Erben festgelegt worden (siehe Qur’an 4:11 etc.), die der Entscheidungsfreiheit des Erblassers gewisse Grenzen auferlegen. sie aber nicht aufheben. Unter den Nachkommen gibt es beispielsweise einige (wie etwa verwaiste Enkel, sofern es überlebende Söhne gibt), die an sich nichts erben würden, für die der Erblasser aber trotzdem vielleicht gerne sorgen würde. Oder es mag auch Außenstehende geben, die der Erblasser bedenken möchte und die Juristen sind der Auffassung. dass er das Recht hat, dies mit Maximal einem Drittel seines Vermögens zu tun. Allerdings soll er nicht einseitig zugunsten eines Erben auf Kosten anderer entscheiden oder versuchen, rechtmäßige Gläubiger um ihren Anteil zu bringen. Sollte er dies beabsichtigen, dann können sich die Ohrenzeugen des nur ausgesprochenen letzten Willens auf zweierlei Weise einschalten. Zum einen können sie den Erblasser dazu überreden, sein Testament zu ändern, bevor er stirbt. Oder aber sie können nach dem Ableben des Erblassers die betroffenen Parteien zusammenrufen und sie bitten, einer angemesseneren Lösung zuzustimmen. In diesem Fall handeln sie im Imaan und ohne schlechte Absichten. Sie tun also nichts Böses. Der Islam unterstützt alle rechtmäßigen Bemühungen, Frieden unter Brüdern aufrechtzuerhalten und Unstimmigkeiten oder Zank zu vermeiden. Abgesehen von dieser Ausnahme ist die Abänderung eines letzten Willens ein Verbrechen, wie dies in jeder Gesetzgebung der Fall ist. (Juusuf ‘Allii)

 

Abschnitt 23

183. Oh die ihr den Imaan verinnerlicht habt! Das Fasten ist euch vorgeschrieben,349 so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren.350 auf dass ihr gottesfürchtig werden möget.351.

349. Von allen Geschöpfen Allahs ist es der Mensch allein, der vom rechten Weg abirrt. Dafür sind hauptsächlich zwei Triebe verantwortlich, nämlich die Liebe zu materiellem Besitz und die Anfechtungen des Fleisches. Durch die Institution der Seka, das heißt der Abgabe für Bedürftige, hat der Islam die Herzen seiner Anhänger vom unmäßigen Besitztrieb befreit und sie dazu bewegt, sich Allah zuliebe bereitwillig von ihrem Vermögen zu trennen. Das Fasten ist den Muslimen vorgeschrieben worden, um ihre Begierden im Zaum zu halten, damit sie nicht zu deren Sklaven werden und die Kontrolle über sich selbst verlieren. Man sollte also nicht vergessen, dass das Fasten keineswegs als Strafe gedacht ist oder eine untragbare Bürde darstellt, sondern dass es Mäßigung und geistige Disziplin lehren soll. Um zum wahren Diener Allahs zu werden, muss der Mensch fähig sein, sein Verhalten in Einklang zu bringen mit der moralischen und geistigen Disziplin, wie sie in der Scharii'a festgelegt ist. Darum darf er nicht hilflos seinen Begierden ausgesetzt sein. Das Fasten ist eine unentbehrliche Schulung dafür. Das Fasten im Islam zeichnet sich ferner dadurch aus, dass es den Menschen nicht zur Abwendung von dieser Welt erzieht, sondern zum vollkommenen und bereitwilligen Gehorsam Allah gegenüber. Denn all das, worauf der Mensch während des Fastens verzichten soll, wie Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr, das ist ihm nach Beendigung des Fastens erlaubt, Die natürlichen Triebe sollen also keineswegs völlig unterdrückt, sondern lediglich in gesunden Grenzen gehalten werden. Zum Fasten gehört auch, dass sich der Muslim ganz besonders davor hütet, schlechte Rede zu führen, zu lügen oder Böses zu tun. So entsteht eine Atmosphäre religiöser Frömmigkeit und der Hinwendung zu Allah in der Gemeinschaft der Muslime. Wie Abuu Huraira berichtet, hat der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesagt: "Wenn der Ramadaan beginnt, werden die Pforten des Paradieses geöffnet und die Tore der Hölle geschlossen, und die Teufel werden in Ketten gelegt." (Bucharii und Muslim). (Siddiqi)

350. Das bedeutet nicht, dass das den Muslimen vorgeschriebene Fasten in der Zahl der Tage oder der Art und Weise den früheren Fasten Vorschriften gleicht. Es heißt lediglich, dass das Prinzip der Selbstdisziplin durch Fasten nicht neu ist. (Juusuf ‘Allii)

351. (Allah) fürchten so wird der tiefe Sinn des Fastens deutlich, dass es einen nämlich Taqwa und Imaan lehren soll. Das Fasten als Erfüllung einer von Allahs auferlegten Pflicht ist ein Mittel und Weg dahin. (Qutb)

 

184. (Das Fasten ist euch) für eine (begrenzte) Anzahl von Tagen (auferlegt)352. Und wer von euch krank ist oder auf einer Reise353, so (kann er) eine (gleiche) Anzahl anderer Tage (fasten).354Und denen, die es (nur) mit großer Mühe ertragen können,355 ist als Ersatz356 Speisung eines Armen auferlegt. Und wer freiwillig Gutes tut, so ist es besser für ihn. Und dass ihr fastet, ist besser für euch, wenn ihr (nur) wüsstet!

352. Das heißt für dreißig oder neunundzwanzig Tage, denn beim Ramadaan handelt es sich um einen Mondmonat, also um die Zeit zwischen dem ersten Erscheinen des neuen Mondes bis zu dem Tag, an dem dies das nächste Mal geschieht. (Darjabaadi)

353. Der Wortlaut über Krankheit und Reise ist allgemein gefasst und nicht eingeengt. Jede Krankheit und jede Reise erlaubt das Fastenbrechen unter der Voraussetzung, dass es der Kranke nachholt, sobald er gesundet, und der Reisende, sobald er einen festen Aufenthaltsort hat. Das ist das Grundlegende beim Verstehen dieses weit gefassten Textes des Qur’ans.

Die Einengung aufzuheben und Schaden zu verhindern, kommt dem islamischen Verständnis am nächsten. Die Bestimmung hängt weder von der Schwere einer Krankheit noch von der Beschwerlichkeit einer Reise ab, sondern von der Tatsache der Krankheit und der Reise überhaupt auf Grund der Absicht, es dem Menschen leicht. nicht schwer zu machen.

Es bleibt noch anzumerken, dass diese Aussage die Befürchtung entstehen lässt, dass jene, die eine liberale Auffassung vertreten, zu weit gehen könnten und die religiösen Pflichten aus geringstem Anlas vernachlässigt werden. Das veranlasste die Rechtsgelehrten, eine strenge Haltung einzunehmen und Bedingungen festzusetzen. Doch das rechtfertigt meiner Meinung nach nicht die Einschränkung dessen, was der Wortlaut weit fasst. Denn die Religion führt die Menschen nicht durch Ketten zum Gehorsam, sondern durch Taqwa. Das Ziel dieser religiösen Pflicht ist ja gerade die Taqwa. Wenn sich jemand der Erfüllung dieser Pflicht unter dem Vorwand entziehen will, dass es erlaubt sei, so liegt für ihn von Anfang an nichts Gutes darin, weil das primäre Ziel dieser Pflicht nicht verwirklicht wird. Aber was sich einem schließlich in Bezug auf das Fasten auf Reisen einprägt, ist, dass es empfehlenswert ist, es zu brechen, ohne dass wirklich eine Beschwerlichkeit vorliegen muss. Was Krankheit betrifft, so habe ich nichts darüber gefunden außer den Äußerungen der Rechtsgelehrten. Offensichtlich ist in keiner Beschreibung von Krankheit eine Einschränkung festzustellen, weder hinsichtlich der Art. des Ausmaßes noch der Furcht vor ihrer Schwere; jedoch muss das Fasten nach der überwiegenden Meinung nachgeholt werden, und zwar je ein Tag für einen Tag Krankheit oder Reise, und ohne Unterbrechung hintereinander. (Qutb)

354. Dies ist als Zugeständnis, nicht als Vorschrift zu verstehen. Wer krank oder auf Reisen ist. kann das Fasten bis nach dem Ramadaan verschieben, er muss es aber nicht tun; es bleibt also jedem freigestellt. (Darjabaadi)

Qutb zitiert unter anderen diesen Hadiis: "Ein Mann von den Banu ’Abdullah ibn Ka'b ibn Malik namens Anas ibn Malik sagte: Der Gesandte Allahs, Allahs segne ihn und gewähre ihm Frieden sprach: Allah, erhaben ist Er, nahm dem Reisenden die Hälfte des Gebets und erlaubte ihm das Fastenbrechen; er erlaubte es (auch) den stillenden und schwangeren Frauen, wenn sie Angst um ihr Kind haben." (Verfasser der Sunan)

355. Bedeutende Kommentatoren wie Samsari verstehen "jutiiquunahu" يُطِيقُونَهُ im hier wiedergegebenen Sinn. Andere meinen, es heiße soviel wie "die es sich leisten können", wobei "es" sich entweder auf das Fasten oder auf die Speisung eines Armen beziehen kann. (Siddiqi)

Anfangs fiel den Muslimen das Fasten schwer -es wurde im zweiten Jahr nach der Hidschra kurz vor der Verpflichtung zum Dschihaad vorgeschrieben. Allah gab dem die Erlaubnis dazu, der nur mit Mühe fasten konnte das ist die Bedeutung von "jutiiquunahu" die Fähigkeit, es nur mit größter Anstrengung ertragen zu können. Er gab diese Erlaubnis: Fastenbrechen bei Speisung eines Armen. Dann legte er ihnen nahe, im allgemeinen freiwillig Gutes zu tun, indem sie den Armen zu essen gaben. Einerseits zusätzlich, nicht als Ersatz, andererseits über die Ersatzhandlung hinaus, indem sie zwei, drei oder mehr Armen zu essen gaben. Dann legte er ihnen nahe, das Fasten trotz der Beschwerlichkeit vorzuziehen. (Qutb)

 

185. Der Monat Ramadan357 (ist es), in dem der Qur’an als Rechtleitung den Menschen herabgesandt worden ist358 und als klarer Beweis359 der Rechtleitung und der Unterscheidung360 (zwischen Gut und Böse). Wer von euch also in dem Monat zugegen ist, der soll in ihm fasten. Und wer krank ist oder auf einer Reise, so (kann er) eine (gleiche) Anzahl anderer Tage (fasten- Allah will es euch leicht, Er will es euch nicht schwer361 machen ­ damit ihr die (vorgeschriebene) Anzahl (der Fastentage) vollendet und Allah rühmt, dass Er euch geleitet hat. Vielleicht werdet ihr dankbar sein.

356. Wörtlich: Loskaufung. (Anm. d. Übers.)

357. Dies ist der neunte Monat des islamischen Kalenderjahres. (Siddiqi)

358. "Der Monat, in dem der Qur’an herabgesandt worden ist", in dem Sinne, dass der Anfang der Offenbarung im Ramadaan lag, oder dass der größte Teil in den Ramadaan-Monaten offenbart wurde. (Qutb)

359. Wörtlich: als klare Beweise. (Anm. d. Übers.)

360. Siehe Fußnote 73 zu 2:53. (Anm. d. Übers.)

361. Wörtlich: Allah will euch Leichtes, Er will euch nicht Schweres. (Anm. d. Übers.)

Das ist das höchste Prinzip beim Auferlegen dieses Imaans: Die Leichtigkeit ohne jegliche Beschwernis. (Qutb)

362. Dich, Oh Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Darjabaadi)

 

186. Und wenn dich362 Meine Diener über Mich befragen, so bin Ich nahe; Ich höre den Ruf des Bittenden, wenn er Mich ruft. Deshalb sollen (auch) sie auf Mich hören und an Mir den Imaan verinnerlichen.363 auf dass sie besonnen handeln mögen.

363. Selbst wenn wir Allah nicht mit unseren Sinnen sehen und fühlen können, dürfen wir nicht meinen, Er sei uns fern. Er ist uns so nah, dass Er uns erhört, selbst wenn wir nicht in Worten, sondern nur in unserem Herzen zu Ihm rufen, sofern wir nur Seine Diener sind. (Mauduudi)

 

187. Erlaubt ist euch, in der Nacht des Fastens mit euren Frauen Beischlaf auszuüben. Sie sind (wie) ein Gewand364 für euch und ihr seid (wie) ein Gewand für sie. Allah weiß, dass ihr gegen euch selbst trügerisch gehandelt habt, und Er wandte euch Seine Gnade wieder zu und vergab euch365. So pflegt nun Verkehr mit ihnen und trachtet nach dem, was Allah euch bestimmt hat366. Und esst und trinkt, bis der weiße Faden von dem schwarzen Faden der Morgendämmerung klar für euch erkennbar wird367. Danach vollendet das Fasten bis zur Nacht368. Und pflegt keinen Verkehr mit ihnen, während ihr euch in die Moscheen (zur Andacht) zurückgezogen habt369. Dies sind die Schranken Allahs370, so kommt ihnen nicht nahe! So erklärt Allah Seine Zeichen den Menschen. Vielleicht werden sie (Ihn) fürchten.

364. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau wird hier in wenigen beredten Worten beschrieben: das Gewand ist dem Körper des Menschen am nächsten, es bedeckt und schützt ihn und es macht ihn schön. So wird die Abhängigkeit beider Ehegatten im Leben versinnbildlicht der eine ist unvollständig ohne den anderen. (Siddiqi)

365. Bevor dieser Aja offenbart wurde, herrschte unter den Muslimen allgemein die Ansicht, dass Geschlechtsverkehr während des Fastenmonats selbst nachts zu meiden sei, was jedoch besonders für junge Ehepaare sehr schwer war. So gab es also "heimliche Übertretungen", gefolgt von schlechtem Gewissen. Hier nun ist eindeutig festgelegt, dass während der Nächte des Ramadaan nichts Sündiges im Verkehr mit dem Ehepartner zu sehen ist. (Siddiqi)

366. Wörtlich: vorgeschrieben hat, nämlich an Erleichterungen. (Anm. d. Übers.)

367. Wer ein sehr enges Verhältnis zur Natur hat, kennt die bezaubernden Erscheinungen der frühen Morgendämmerung. Zuerst tauchen weiße, undeutliche Streifen im Osten auf, dann werden diese überzogen von einer dunklen Zone, der eine rosigweiße folgt, die sich ganz klar von der Dunkelheit abhebt. Dies ist die echte Morgendämmerung, mit der das Fasten beginnt. (Juusuf ‘Allii)

368. "Bis zur Nacht" Entsprechend der Überlieferung dessen, was unser Prophet Muhammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, getan hat, wird angenommen, dass dies bedeutet "bis zum Sonnenuniergang". (Juusuf ‘Allii)

369. Dies nennt man "Itiqaf". Es ist eine besondere, nicht obligatorische Form der Andacht während der letzten zehn Tage des Ramadaan. Man zieht sich in eine Moschee zurück und widmet sich ganz dem Gebet und der Meditation, zusätzlich zu den vorgeschriebenen religiösen Pflichtübungen. Dabei enthält man sich aller weltlichen Tätigkeiten, Wünsche und Begierden. (Mauduudi)

370. Man sollte versuchen, sich in sicherem Abstand von diesen Schranken zu halten und sie nicht einmal zu berühren, weil dann die Gefahr besteht, sie zu überschreiten. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, hat dazu folgendes Beispiel angerührt: "Jeder König hat ein von Grenzen eingefasstes Land und Allahs umgrenztes Land ist durch die Schranken Seiner Gebote gekennzeichnet; wer seine Herde nahe an der Grenze weidet, läuft Gefahr, dass sich seine Tiere jenseits verirren."(Siddiqi)

 

188. Und verschlingt nicht euren Besitz untereinander auf nichtige Art371 und bestecht nicht den Richter, um (dadurch) einen Teil vom Besitz (anderer) Menschen auf sündige Weise zu verschlingen, wo ihr doch wisst372.

371. Oder "durch Falschheit". (Anm. d. Übers.)

372. Der Sinn des Fastens ist nicht erfüllt. wenn neben den körperlichen Begierden nicht auch die Habgier in Schranken gehalten wird. Für gewöhnlich hält sich für einen ehrbaren Menschen, wer sich hütet, Raub. Diebstahl und Unterschlagung zu begehen. Hier werden jedoch zwei weniger ins Auge fallende Arten von Gier erwähnt. Das ist zum einen. wenn man sein Vermögen dazu verwendet, andere etwa Richter oder die Obrigkeit zu bestechen, um sich unter dem Mäntelchen der Rechtmäßigkeit materielle Vorteile zu verschaffen, wobei "Besitz (anderer) Menschen" durchaus auch "öffentliche Mittel" bedeuten kann. Eine noch verborgenere Form des Missbrauchs ist es, wenn man sein eigenes oder anderer Leute Geld zu nichtigen oder leichtfertigen Zwecken vergeudet. Auch das ist nach islamischem Maßstab Gier. Besitz erlegt uns Verantwortung auf. Wenn wir dies nicht verstehen oder dem nicht gerecht werden, haben wir nicht die volle Lehre aus der Selbstbeherrschung durch Fasten gezogen. (Juusuf ‘Allii) 

 

Abschnitt 24

189. Sie fragen dich373 über die neuen Monde. Sprich: "Sie sind festgesetzte Zeiten (Messer) für die Menschen und den Hadsch374. "Und es ist nicht Frömmigkeit, dass ihr in die Häuser von ihrer Rückseite hineingeht. Frömmigkeit ist vielmehr, (Allah) zu fürchten. So geht in die Häuser durch ihre Türen hinein und fürchtet Allah375. Vielleicht werdet ihr erfolgreich sein.

373. Oh Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. (Dschalalain)

374. Die Bezugnahme auf die Mondmonate ist darauf zurückzuführen, dass eine Reihe von religiösen Pflichten. die im Islam vorgeschrieben sind, auf dem Mondkalender beruhen, in dem die Monate allmählich die Jahreszeiten des Sonnenjahres durchlaufen. (Siddiqi)

"Festgesetzte Zeiten (messer) für die Menschen", das gilt zum Beispiel für die Pilgerzeit, beim Fasten und Fastenbrechen, bei Eheschließung, Scheidung und der Wartefrist (der Frauen nach der Scheidung), bei Transaktionen und beim Handel, bei Geldforderungen. ..und ebenso bei ihren religiösen und weltlichen Angelegenheiten. (Qutb)

375. Bei den Arabern war es eine abergläubische Sitte, vor oder während der Pilgerfahrt ihre Häuser durch die Hintertür zu betreten. Damit wird hier aufgeräumt, denn die Wurzel der Frömmigkeit ist die Liebe zu und die Ehrfurcht vor Allah. "Die Häuser durch die Türen zu betreten" ist zu einem arabischen Sprichwort geworden, das vielerlei Bedeutungen hat. von denen hier einige genannt werden sollen.

1. Wenn man sich einer Gemeinschaft anschließt, soll man ihre Sitten und Bräuche achten;

2. wenn man ein Ziel auf ehrliche Weise erreichen will, soll man dies offen und nicht durch die Hintertür tun;

3. man soll nicht wie die Katze um den heißen Brei schleichen;

4. wenn man ein Unternehmen erfolgreich durchführen will, soll man alle erforderlichen Vorkehrungen treffen. (Juusuf ‘Allii)

Said Qutb zitiert für den in (374) geschilderten Fall einen Hadiis; einen weiteren, in dem der Wortlaut allgemeiner ist: "Abu Daawuud überlieferte auf Grund von Suba, Abu Ishaaq und Al-Barra, der sagte: Wenn die Ansar von ihrer Reise kamen. trat der Mann nicht durch die Vordertür ein."

 

190. Und kämpft auf dem Pfad Allahs gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht (das Maß)376. Wahrlich, Allah liebt nicht diejenigen, die (das Maß) übertreten.377

376. Kriegführung ist nur als Selbstverteidigung und innerhalb klar festgelegter Grenzen erlaubt. Wenn Krieg geführt wird, soll dies mit allen verfügbaren Kräften. jedoch nicht unbarmherzig geschehen; sondern nur, um Frieden und Freiheit für den Dienst an Allah wiederherzustellen. Auf keinen Fall dürfen Frauen, Kinder und alte oder schwache Menschen betroffen sein, Bäume und Äcker zerstört oder ein Friedenschluss verweigert werden, wenn der Feind sich ergibt. (Juusuf ‘Allii)

Qutb fasst den Begriff des Dschihaad weiter als Juusuf ‘Allii, nach dem er "nur als Selbstverteidigung" gestattet ist: "Das Abwendigmachen von der Religion (=Fitna)" ist ein Anschlag auf das Heiligste im menschlichen Leben. Es. ist deshalb schlimmer als Totschlag, schlimmer als einen Menschen zu töten. den Geist oder das Leben zu vernichten. Es ist gleich, ob diese Verfolgung aus bloßer Bedrohung oder wirklicher Schädigung besteht oder aus der Errichtung abträglicher und verderblicher Verhältnisse mit der Absicht, die Menschen vom rechten Weg abirren zu lassen, sie zu verderben und vom Pfade Allahs abwendig zu machen, ihnen den Kufr in verlockenden Farben auszumalen sowie sie zur Abkehr vom Islam zu bewegen. Die islamische Anschauung von der Bekenntnisfreiheit und die Tatsache. dass er ihr diesen hohen Wert im Leben der Menschheit zuerkennt, decken sich mit der Natur des Islam und seiner Ansicht über den Zweck des menschlichen Daseins. Und zwar ist der Zweck des menschlichen Daseins der 'Ibaada (dazu gehört jede gute Tat, mit der man sich Allah zuwendet), und das Wertvollste im Menschen ist die Freiheit des Imaans."

377 Hier sollen zwei Überlieferungen nicht unerwähnt bleiben. Wie Abu Musa berichtet, kam einst ein Mann zum Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und sagte: "Der eine kämpft um Beute, ein anderer, um Ruhm und Ehre zu erlangen und ein weiterer, um seinen Mut und seine Tapferkeit zu beweisen wer von diesen sollte als Kämpfer auf dem Pfad Allahs betrachtet werden?" Darauf antwortete der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm: "Wer mit dem einzigen Ziel kämpft, dass das Wort Allahs obsiegen möge, ist derjenige, der Allah zuliebe kämpft." (Bucharii)

Als Abuu Bakr seine Armee in den Kampf an die syrische Grenze entsandte, gab er ihr folgenden Befehl mit auf den Weg: "Begeht keinen Verrat und weicht nicht vom rechten Weg ab. Auch sollt ihr Kinder, alte Menschen und Frauen weder verletzen noch töten. Zerstört oder verbrennt keine Palmen und fällt keine Obstbäume. Schlachtet weder Schaf- noch andere Herden oder Kamele, es sei denn zu eurem Lebensunterhalt. Wenn ihr bei Leuten vorbeikommen solltet, die sich dem Klosterdasein verschrieben haben, so überlasst sie dem Leben, dem sie sich hingegeben haben." (Tabari)

 

191. Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stößt,378 und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben, denn Verfolgung379 ist schlimmer als Totschlag. Doch kämpfet nicht gegen sie bei der Heiligen Moschee,380 bis sie (selbst) dort gegen euch kämpfen. Wenn sie aber gegen euch (dort) kämpfen, dann tötet sie. Solcherart ist der Lohn für die Kaafir.381

378. Angesichts des vorhergehenden Ajas gilt der Satz "tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt" nur im Zusammenhang mit Kampfhandlungen, die bereits im Gange sind. Dem Islam gegenüber voreingenommene Kritiker haben einen schwerwiegenden Irrtum begangen, indem sie diesen Aja als Rechtfertigung für das wahllose Töten von Kufar betrachteten. (Siddiqi)

379. Das Wort "Fitna" الْفِتْنَةُ hat hier neben "Versuchung" und "Gottlosigkeit" vielfache Bedeutung wie "Verrat", "Treulosigkeit", "mutwillige Verfolgung von Muslimen", "Aggression" usw. All das verursacht weit schlimmeren Schaden und führt zu ernsteren Folgen als Krieg und es ist zur mannhaften Bekämpfung dieser größeren übel, dass Kampf erlaubt, ja manchmal sogar vorgeschrieben ist im Islam. (Darjabaadi)

380. Hier wird auf den Kampf in der Umgebung Mekkas Bezug genommen, weil zur der Zeit der Offenbarung dieses Ajas die Heilige Stadt noch in den Händen arabischen Kaafir war, die den Muslimen das Verrichten der Hadsch nicht gestatteten. (Juusuf ‘Allii)

381. Das heißt für die, die den Islam unterdrücken, im engeren wie im weitesten Sinn. Wenn sie mit Gewalt die Muslime vom Verrichten der religiösen Pflichten abzuhalten trachteten, hatten sie damit der Religion den Krieg erklärt. Es wäre Feigheit, diese Herausforderung unbeachtet zu lassen und diese Art von Unterdrückung nicht auszumerzen. (Juusuf ‘Allii)

 

192. Wenn Sie aber aufhören, so ist Allah verzeihend und barmherzig.382

382. Das heißt, wir sollten in uns jene Eigenschaften entwickeln, die Allah besitzt, an Den wir den Imaan verinnerlicht haben. Er vergibt selbst den schlimmsten Missetätern und lässt ihnen gegenüber Gnade walten. Danach sollten wir uns richten. Wenn wir einen Krieg führen müssen, so sollte dadurch nicht unser Rachedurst gestillt werden, sondern wir sollten es nur für die Sache Allahs tun. So lange der Feind sich gegen Allah auflehnt und im Kampf gegen uns fortfährt, sollten wir ihn bekämpfen. Lässt er jedoch ab, so sollten auch wir die Feindseligkeit sogleich einstellen. (Mauduudi)

 

193. Und kämpfet gegen sie, bis es keine Verfolgung383 (mehr) gibt und der Diin (allein) Allahs ist.384 Wenn sie aber aufhören, so soll es keine Gewalttätigkeit385 geben außer gegen diejenigen, die unrecht tun

383. Das heißt, bis die Kräfte der Kaafir, mit denen sie Unheil zu stiften versuchen, völlig erschöpft sind und die Herrschaft des Islam errichtet ist. (Darjabaadi)

Siehe auch Fußnote 379 zu 2:191(Anm. des Übers.).

384. Das heißt. bis die Herrschaft des Islam. der Religion Allahs, anerkannt ist und Vielgötterei und Kufr ausgemerzt worden sind, so dass der Islam die dominierende Kraft in der Welt ist. Wir haben bereits erklärt, dass der Islam eine vollständige Lebensordnung darstellt. Wenn es also im Qur'an heißt,. ..und der Diin (allein) Allahs ist". so bedeutet das, dass die Lebensweise, die der Islam vorschreibt, in aller Welt vorherrscht und dass alle anderen Weltanschauungen und Systeme ihre Daseinsberechtigung verlieren. (Siddiqi)

Wenn diese Worte zur Zeit ihrer Offenbarung auch an die Menschen auf der Arabischen Halbinsel gerichtet waren. für die es galt, der Herrschaft der Kaafir entgegenzutreten, die durch Terror und Verfolgung die Verbreitung der Religion Allahs zu verhindern suchten, so besitzen sie doch allgemeine Gültigkeit. Die Verpflichtung zum Kampf für Allahs Sache bleibt bis zum Jüngsten Tag bestehen, solange sich diktatorische Regime erheben, die danach trachten, die Menschen durch Gewaltanwendung von der durch Allah vorgeschriebenen Lebensweise abzubringen. Diese Lebensweise ist im Islam, mit dem die Offenbarungen Allahs ihre letzte Form und Vollendung gefunden haben, verkörpert und sie ist für die gesamte Menschheit gültig. Darum steht den Menschen das Recht zu, sich ungehindert über diese allumfassende Lebensordnung zu informieren und es gibt keine Macht der Erde, die der Übermittlung der Botschaft Allahs Einhalt gebieten darf. (Qutb)

385. Das bedeutet, dass jeder Mensch frei bestimmen kann, welchen Weg er in diesem Leben einzuschlagen wünscht. Nichts und niemand außer seinem eigenen Gewissen darf diese wichtigste Entscheidung seines Lebens beeinflussen, vor allem nicht durch Gewaltanwendung oder Bedrohung. Die vollkommene Freiheit bei dieser wichtigsten Entscheidung ist unabdingbare Voraussetzung für die Verantwortung, die jeder Mensch vor Allah zu tragen hat. (Qutb)

 

194. Der Schutzmonat ist für den Schutzmonat386 und (bei Entweihung) der heiligen Dinge ist Wiedervergeltung (erlaubt). Wer nun gegen euch gewalttätig handelt, gegen den handelt in gleichem Maße gewalttätig, wie er gegen euch gewalttätig war, und fürchtet Allah und wisset, dass Allah mit den Mutaqi ist.387

386. Das bedeutet: der heilige Monat, nämlich der Monat, während dem die Menschen sich verpflichten, einander nicht anzugreifen und auf Gewalt zu verzichten, gilt nur für diejenigen, die seine Heiligkeit im erwähnten Sinne beachten und respektieren.

(Anm. d. Übers.)

Die Unverletzlichkeit der vier Monate Mucharram, Radschab, Sul-Qada, und Sul-Hidscha ist hochzuhalten, solange dies die andere Seite auch tut. Doch wenn sie dies nicht tut und angreift, dann haben die Muslime das Recht und die Pflicht, sich nach besten Kräften zu wehren. (Siddiqi)

387. Wer die Unverletzlichkeit der heiligen Monate missachtet, ist damit zu bestrafen, dass er die Sicherheit, die sie ihm bietet, verliert. Allah hat die Ka'ba zu einer Oase der Sicherheit und des Friedens in diesem Gebiet gemacht, ebenso wie die heiligen Monate. leben und Eigentum anderer sind zu schonen und keinem Lebewesen darf Böses angetan werden. Wer diese Schutzvorschriften übertritt, beraubt damit auch sich selbst des Schutzes. Wer das, was anderen heilig ist, angreift, darf seinerseits angegriffen werden. Allerdings sind den Muslimen bei der Wiedervergeltung Schranken auferlegt, die sie nicht überschreiten dürfen. Sie dürfen nur tun, was unbedingt nötig ist, nämlich Gleiches mit Gleichem vergelten, ohne sich zu Übertreibungen hinreißen zu lassen. (Qutb)

 

195. Und spendet auf dem Pfad Allahs und stürzt euch nicht mit eigenen Händen ins Verderben388 und tut Gutes! Wahrlich, Allah liebt diejenigen, die Gutes tun.

388. Auf dem Pfad Allahs zu spenden bedeutet, finanzielle Opfer zu bringen, um zur Verwirklichung der von Allah vorgeschriebenen Lebensweise beizutragen. Das soll besagen: wer sich selbstsüchtig weigert, von seinem Eigentum für Allahs Sache etwas hinzugeben, bringt auf Erden Verderben über sich und im Jenseits Verdammnis. (Mauduudi)

Für den Kampf werden Geldmittel ebenso wie Männer benötigt. Es oblag jedem Muslim. sich selbst mit Waffen einen Reittier und Nahrungsmitteln auszurüsten. Doch gab es Muslime. die zu arm waren. sich selbst mit dem Nötigsten auszustatten

Darum finden sich im Qur’an immer wieder Anordnungen, für die Sache Allahs zu spenden und auch unser Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ermahnte häufig zur Spendenbereitschaft, damit die Kämpfenden ausgestattet werden konnten. Wer diesem Aufruf nicht folge leistet. schadet durch seinen Geiz der eigenen Seele und schwächt die Gemeinschaft, insbesondere innerhalb einer Gesellschaftsordnung, die wie der Islam auf Freiwilligkeit begründet ist. (Qutb)

 

196. Und vollendet den Hadsch und die Umra389 Allah zuliebe. Und wenn ihr daran gehindert werdet, (so bringt) ein Opfertier (dar), das (zu opfern euch) leicht fällt. Und schert nicht eure Häupter, bis das Opfer seinen Bestimmungsort390 erreicht hat. Und wer von euch krank ist oder an seinem Haupt ein Leiden hat,391 der soll Ersatz leisten392 durch Fasten, Mildtätigkeit oder Darbringen eines Opfers.393 Und wenn ihr euch sicher fühlt,394 dann soll der, der die Umra mit dem Hadsch vollziehen möchte, ein Opfertier (darbringen), das (zu opfern ihm) leicht fällt. Und wer keines zu finden vermag, soll drei Tage während des Hadsch fasten und sieben, wenn ihr zurückgekehrt seid. Das sind zusammen zehn. Dies (gilt) für den, dessen Angehörige nicht nahe der Heiligen Moschee wohnen.395Und seid mutaqi und wisset, dass Allah streng ist im Strafen.

389. Hadsch ist die mit allen Riten vollzogene Pilgerfahrt während der ersten zehn Tage des Monats Sul-Hidscha. Umra (auch die kleine Pilgerfahrt genannt) ist der weniger förmliche Besuch der Ka'ba zu irgendeiner beliebigen Zeit des Jahres (Juusuf ‘Allii)

390. Die Meinungen darüber, was als "Bestimmungsort" anzusehen ist, gehen auseinander. Nach Imam Hanifi ist das Haus Allahs in Mekka gemeint, wohin das Opfertier (bzw. dessen Gegenwert in Geld) zu senden ist. Nach Imam Malik und Imam Schafi'i sollte das Opfer dort dargebracht werden, wo sich der am Hadsch Verhinderte befindet (Mauduudi)

391. Und darum gezwungen ist, sein Haupt vor Ablauf der vorgeschriebenen Frist zu scheren. (Darjabaadi)

392. Wörtlich: Loskaufung. (Anm. d. Übers.)

393. Nach einer Überlieferung (Muslim, Kitab-ul-Hadsch) hat unser Prophet Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, angeordnet, dass man in solch einem fall drei Tage fasten oder sechs Bedürftige speisen oder zumindest eine Ziege opfern sollte. (Mauduudi)

394. Das heißt sowohl sicher vor äußeren Gefahren wie auch vor Krankheit. (Siddiqi)

395. Das gleichzeitige Verrichten beider Ibaada Handlungen ist nur Fremden erlaubt, nicht denen, die innerhalb des Heiligen Bezirks oder des Haram leben. (Darjabaadi)

Der Sinn des Opferns und Fastens zwischen Umra und Hadsch liegt darin, dass das Herz ständig sein Gefühl der Verbundenheit mit Allah beibehält. In der Zeitspanne zwischen Beenden der Umra und Beginn der offiziellen Hadschtage sollte der Pilger nicht aus seinen beseligenden Empfindungen herausgerissen werden. (Qutb).

 

Abschnitt 25

197. Der Hadsch findet in den wohlbekannten Monaten396 statt.397 Wer sich in ihnen zum Hadsch entschlossen hat, (soll sich) weder zu Beischlaf oder Frevel noch zu unziemlicher Rede während des Hadsch (hinreißen lassen).398 Und was ihr an Gutem tut, Allah weiß es. Und sorgt vor für die Reise,399 doch wahrlich, die beste Vorsorge für die Reise ist Taqwa. Und fürchtet Mich, O ihr, die ihr einsichtig seid.

396. Das heißt in den Monaten Schauwaal, Sul-Qada und Sul-Hidscha (bis zum 10. oder 13 dieses Monats) Man kann sich also schon im Schauwaal auf die Reise hergeben, die wichtigsten Riten sind jedoch auf die ersten zehn Tage, insbesondere den 8, 9 und 10 des Sul-Hidscha konzentriert. (Juusuf ‘Allii)

397. Wörtlich: Der Hadsch (d.h. die Pilgerfahrt) ist (in) den wohlbekannten Monaten.

(Anm. d Übers)

398. Man sollte diesem erhebenden und läuternden Akt religiöser Pflichterfüllung beseelt von Frömmigkeit, Hingabe und Taqwa nachkommen und sich vor unangehrachter Sprachweise, schlechtem Tun und Streitigkeiten mit anderen hüten. (Siddiqi)

399. Es wird empfohlen, dass die Pilger sich mit Wegzehrung versorgen, damit sie sich nicht aufs Betteln verlegen müssen Doch wird unsere Aufmerksamkeit sogleich wie immer von Physischen aufs Geistige gelenkt. Wenn Vorsorge für unsere Reise hier auf Erden nötig ist, um wie viel wichtiger ist es dann, Vorsorge für die letzte Reise ins Jenseits zu treffen Die beste Art der Vorsorge ist eine richtige Lebensweise, weil diese gleichbedeutend ist mit Taqwa (Juusuf ‘Allii)

 

198. Es ist kein Vergehen von euch, wenn ihr nach der Gunst eures Herrn strebt.400 Und wenn ihr von 'Arafat herbeieilt, dann gedenket Allah bei Maschari-l-Haram?401 Und gedenket Seiner, wie Er euch rechtgeleitet hat, obwohl ihr wahrlich vordem unter jenen wart, die irregehen.

400. ...und nach Mehrung eures Besitzes durch Handelsgeschäfte während der Pilgerfahrt. (Darjabaadi)

Ehrlicher Handel ist sowohl zum Nutzen des Händlers erlaubt, der dadurch seine eigenen Ausgaben decken kann, wie auch im Interesse aller Pilger, die sonst in Ungelegenheiten kämen, wenn es um die Beschaffung lehrensnotwendiger Dinge geht Allerdings darf man sich nicht von Gewinnsucht hinreißen lassen oder gar Betrügereien verüben. Aufrichtiger Handel dagegen ist ein Dienst an der Allgemeinheit und damit an Allah. (Juusuf ‘Allii)

Alles, was man als Muslim, das heißt als sich Allah Hingebender und Allah Gehorchender, tut, insbesondere wenn es sich um den Erwerb des eigenen Lebensunterhalts und des der Eltern, der Frau und der Kinder handelt, gilt als Dienst an Allah und als aufrichtiges Streben für die Sache Allahs. Darum ist es dem Muslim auch keineswegs verwehrt, während der Pilgerfahrt Handel zu treiben oder für Dienste an seinen wohlhabenden Brüdern angemessenen Lohn bzw. Miete usw. zu verlangen. Doch dies soll im Geiste der gegenseitigen Barmherzigkeit und Taqwa geschehen.

Der Pilger wandelt vor dem Angesicht Allahs unter seinen Brüdern aus allen Erdteilen, er denkt an Ihn, huldigt Ihm und dankt Ihm von ganzem Herzen sowohl für Seine materiellen wie auch Seine geistigen Gaben, er dankt Ihm für die Rechtleitung, die ihm zuteil wurde und dafür, dass Er ihn vor dem Einschlagen des irrigen Pfades gerettet hat. Er ist Seines barmherzigen Herrn und Erhalters eingedenk und liebt um Seinetwillen auch Dessen bescheidene Diener, welche genau wie er seihst auf Seinem Pfad wandeln. Er fühlt sich als Bruder unter Brüdern und ist stolz nur in dem Sinn, dass er dem Erhabenen, dem Vergebenden, dem Barmherzigen dienen darf und es kommt ihm überhaupt nicht der Gedanke, dass er womöglich reicher, edler oder mächtiger sein könnte als die anderen Muslime und dass ihm deswegen Sonderrechte zustehen müssten. (Qutb)

401. Das Zusammenkommen aller Pilger am Berge Arafat, östlich von Mekka, am 9. Sul-Hidschdscha stellt den Höhepunkt der Pilgerfahrt dar. Die Muslime stehen dort von Mittag bis zum Sonnenuntergang, vertieft ins Gedenken Allahs. (Siddiqi)

Das Stehen am Berge Arafat ist die so genannte Säule der Hadsch-Riten. (Qutb)

402. Maschari-l-Haram, die heilige Gedenkstätte in Musdalifa zwischen Arafat und Mina, wo der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein langes Gebet verrichtete und die Pilger seinem Vorbild folgend beten und die Nacht verbringen. (Juusuf ‘Allii).

 

199. Dann strömt weiter von wo die Menschen weiterströmen403und bittet Allah um Verzeihung. Wahrlich, Allah ist verzeihend, barmherzig.

403. Die Quraisch waren so stolz darauf, Hüter der Kaaba zu sein, dass sie es für unter ihrer Würde hielten, mit den übrigen Pilgern nach. Arafat zu ziehen und in Musdalifa zurückblieben. Der Qur’an packt dieses Übel des Stolzes an der Wurzel und schreibt vor, dass alle Muslime Allahs Verzeihung erflehen und dass sie gemeinsam bleiben bzw. weiterziehen sollen, denn die Anhänger des Islam sind alle gleich und Unterschiede aufgrund von Herkunft oder gesellschaftlicher Stellung gibt es nicht. (Siddiqi)

 

200. Und wenn ihr eure heiligen Riten beendet habt, dann gedenket Allahs, so wie ihr eurer Väter zu gedenken pflegt404 oder vielmehr mit noch innigerem Gedenken.405 Und unter den Menschen sind welche, die sagen: "Unser Herr, gib uns Gutes in dieser Welt." Doch im Jenseits sollen sie keinen Anteil am Guten haben.406

404. Die kaafir Araber pflegen sich nach Beendigung ihres Hadsch in Mina zu versammeln und mit ihren eigenen Taten und den Errungenschaften ihrer Vorväter zu prahlen. Hier werden sie aufgefordert, von diesem Brauch aus der Zeit der Unwissenheit abzulassen und die Zeit im Gedenken Allahs zu verbringen. (Mauduudi)

405. Die Hadsch, die zu den wichtigsten religiösen Pflichten gehört, fördert die Liebe und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Muslime zueinander. Sie macht die Gemeinschaft zu einem einzigen Organismus, macht aus den Pilgern gleichberechtigte Diener, die unter der barmherzigen Schirmherrschaft ihres Schöpfers. Ernährers und Richters stehen. Gleichzeitig läst es sie ihren Hang zur Unterwerfung unter menschliche Obrigkeit, sei diese nun bedingt durch edle Abstammung oder durch errungene Machtposition, vergessen. Während der Verrichtung der heiligen Riten sind sich die Muslime nur noch des Befehls bewusst, Allahs zu huldigen, Ihn mehr zu verehren als sie je ihre Väter verehrten, und an das künftige Leben zu denken, genauso oder mehr noch als sie an das kurze Erdendasein denken. Auf diese Weise lehrt uns Allah, Ihn in unserem täglichen Gebet darum zu bitten, dass uns sowohl im Diesseits wie im Jenseits Erfolg und Glück beschieden sein möge. (Qutb)

406. Wer ständig nur an die guten Dinge dieser Welt denkt und lediglich um ihrer willen betet, der vernachlässigt all das, was mit dem tatsächlichen Sinn des Lebens und dem Jenseits zu tun hat. Die richtige Einstellung des Muslims besteht darin, weder dieser Welt völlig zu entsagen, noch sich so von ihr umgarnen zu lassen, dass darüber die geistige Zukunft in Vergessenheit gerät. (Juusuf ‘Allii)

 

201. Und unter ihnen sind manche, die sagen: "Unser Herr, gib uns in dieser Welt Gutes und im Jenseits Gutes und verschone uns vor der Strafe des Feuers!"

202. Diesen wird ein Anteil von dem, was sie erworben haben (zugemessen); und Allah ist schnell im berechnen.407

407. Dies ist eine Warnung für die, die das Materielle über alles lieben, und ein Trost für die, die Aufrichtigen die an Allah und Seine letzte Abrechnung den Imaan verinnerlicht haben. Wer Allahs Gebote in den Wind schreibt, sollte nicht meinen, dass er die Strafe dafür bis in eine in weiter Ferne liegende Zukunft aufschieben kann. Ihm wird lediglich eine Frist eingeräumt, damit er seine Einstellung den Leben gegenüber noch zum Guten hin ändern kann. (Siddiqi)

Es gibt zwei Gruppen von Menschen; die einen kümmern sich ausschließlich um dieses Leben und lieben nur diese Welt und sind einzig und allein mit ihr beschäftigt; die anderen haben einen weiteren Horizont und besitzen einen Geist, der sich in höheren Regionen bewegt und stets mit Allah in Verbindung ist. Sie versagen sich zwar keineswegs die guten Dinge dieser Welt, doch sie vergessen darüber nicht, was sie dereinst im Jenseits erwarten wird. Bei all ihren irdischen Angelegenheiten vergessen sie nicht, Allah mit einzubeziehen. (Qutb)

 

203. Und gedenket lobpreisend Allahs während der (bestimmten) Anzahl von Tagen,408 und wer beschleunigt in zwei Tagen aufbricht, für den ist es keine Sünde, und wer länger bleibt, für den ist es (ebenfalls) keine Sünde, wenn er nur mutaqi ist.409 Und fürchtet Allah und wisset, dass ihr zu Ihm zurückkehrt.

408. Dies sind die drei Tage nach dem 10. des Sul-Hidschdscha, die, die Pilger mit Gebeten und Lobpreisungen Allahs in Mina zubringen sollen. (Juusuf ‘Allii)

409. Wörtlich: für den, der mutaqi ist. (Anm. d. Übers.)

Es ist einerlei, ob man Mina früher oder später verlässt. Was zählt, ist aufrichtige Hingabe an Allah. Hier wird eindeutig darauf hingewiesen, dass ein nach außen hin sichtbares Einhalten der Riten bedeutungslos ist, wenn es nicht aus dem Geist ehrlicher Frömmigkeit entspringt, der allem zugrunde liegen muss, was der Mensch tut. (Siddiqi)

Die Tage von Arafat, der Opfertag und die Tage danach sind alle für die Lobpreisung Allahs geeignet. Ob man die ersten beiden Tagen oder die letzten beiden wählt, bleibt sich gleich. (Qutb)

 

204. Und unter den Menschen ist (manch) einer, der dich mit seinem Reden über diese Welt in Gefallen versetzen (mag), und er ruft Allah zum Zeugen an für das, was in seinem Herzen ist. Und dabei ist er der hartnäckigste Widersacher.410

410. Dieser typische, ganz dem Irdischen verhafteten Mensch gibt vor, nur das Beste zu wollen und ruft Heuchlerischerweise sogar Allah zum Zeugen seiner Aufrichtigkeit an. Doch in Wirklichkeit ist er der Todfeind der Wahrheit Allahs, gegen die er mit allen erdenklichen hinterhältigen Mitteln zu Felde zieht. (Mauduudi)

In diesem Abschnitt werden immer wieder deutlich die Wesenszüge zweier Arten von Menschen einander gegenübergestellt. Zum einen handelt es sich um die boshaften, gewandten Heuchler, die stets darum bemüht sind, ihre eigene Person in den Mittelpunkt zu stellen. Ihr Äußeres mag gefallen, doch ihr Charakter muss bei näherem Hinsehen missfallen. So oft man sie auch zur Rechtschaffenheit und Frömmigkeit ermahnt, sie sind nicht bereit, zur Wahrheit zurückzukehren. Anstatt den Versuch zu unternehmen, sich zu bessern, überkommt sie falscher Stolz und sie lehnen sich gegen jene auf, die sie auf den Weg der Wahrhaftigkeit und Güte lenken wollen. Bei der anderen Art von Menschen dagegen handelt es sich um die aufrichtigen Mu`mins, die ganz und gar bereit sind, sich Allah hinzugeben und nur danach trachten, Sein Wohlgefallen zu erlangen.

 

205. Wenn er sich (jedoch) abwendet,411bemüht er sich, überall auf Erden Unheil zu stiften und vernichtet das Ackerland412 und die Nachkommenschaft.413 Und Allah liebt das Unheil nicht.

411. Das heißt, wenn dieser Heuchler sich nach seinen einschmeichelnden Reden wieder dem Alltagsleben zurückgekehrt, richtet er nichts als Unheil an. (Siddiqi)

412. Was hier als "Ackerland" wiedergegeben wird, bedeutet gleichzeitig "Ertrag" oder "Gewinn durch Arbeit", mithin oft auch "weltliche Güter", insbesondere dann "Feldfrüchte", im übertragenen Sinn schließlich menschliche Anstrengungen überhaupt. (Asad)

413. Die Nachkommenschaft von Mensch und Tier. Nach dem Arabischen Wörterbuch von H. Wehr ist "al-harsa wa n-nasl"  الْحَرْثَ وَالنَّسْلَ  die gesamte menschliche Zivilisation.

(Anm. d. Übers.)

Wenn die hier beschriebene Geisteshaltung allgemein Anerkennung findet und zur Grundlage gesellschaftlichen Verhaltens gemacht wird, führt dies zu moralischen Verfall und folglich zu sozialer Zersetzung. (Asad)

 

206. Und wenn ihm gesagt wird: "Fürchte Allah, überwältigt ihn sündhafter Stolz.414 Die Hölle ist ein angemessenes Entgelt415 für ihn, was für eine schlechte Ruhestätte!

414. Oder: treibt ihn der Stolz zu Sündhaftigkeit. (Anm. d. Übers.)

415. Wörtlich: seine Genüge. (Anm. d. Übers.)

 

207. Und unter den Menschen ist manch einer, der sich bereitwillig selbst verkaufen würde im Verlangen nach Allahs Wohlgefallen. Und Allah ist fürwahr überaus gnädig gegen die Ihm Dienenden.416

416. Im Aja 204 ist vom Heuchler die Rede, hier nun im Gegensatz dazu vom wahrhaft Mu`min. Dieser hat nur das eines im Sinn: Allahs Wohlgefallen zu erlangen. Dafür ist er bereit, abgesehen von seinem Besitz, selbst sein Leben hinzugeben. Denn er weiß, dass es nicht wirklich ihm gehört, sondern dass er nur dessen Treuhänder ist und es darum in Übereinstimmung mit den Geboten des rechtmäßigen Eigentümers, Allahs nämlich, einsetzen muss. Dies ist eine schwere Aufgabe, der sich der Mu`min nicht immer gewachsen fühlen mag. Doch er sollte sich dadurch nicht entmutigen lassen, sondern fest auf Allahs unendliche Güte vertrauen und nie müde werden in seinen Bemühungen um das Gute. (Siddiqi)

 

208. O die ihr den Imaan verinnerlicht habt,417 konvertiert allesamt zum Islam418 und folgt nicht den Fußstapfen Schaytaans; wahrlich, er ist euch ein offenkundiger Feind.

417. Einige bedeutende Kommentatoren (zum Beispiel ’Sam’sari, Ra’si) sind der Meinung, dass hier nicht die Muslime sondern jene angesprochen werden, die noch nicht zu völliger Selbsthingabe gelangt sind, also die Juden und Christen. (Asad)

418. Wörtlich: tretet ganz und gar in den Islam oder die Selbsthingabe ein. (Anm. d. Übers.)

Hier ergeht der Aufruf an die Frommen, sich Allahs ohne Zögern hinzugeben, und zwar ohne von Allahs Zeichen oder Wunder oder außergewöhnliche Dinge zu verlangen, wie es die Kinder Israels getan haben. Dieses Hingeben an Allah wird als "Eintreten in den Frieden" bezeichnet. (Qutb)

419. Man sollte sich dem Islam rückhaltlos verschreiben. Alles, die Gedanken ebenso wie das Benehmen und die Bestrebung, sollte den Geboten des Islam untergeordnet werden. Das Leben darf nicht unterteilt werden, so dass man in mancher Hinsicht dem Islam folgt, in anderer nicht. (Mauduudi).

 

209. Und wenn ihr straucheln solltet, nachdem klare Beweise zu euch gekommen sind420 dann wisset, dass Allah allmächtig ist und weise.421

420. Wer strauchelt, nachdem er bereits vom Richtigen überzeugt war, kann der gemeinsamen Sache schaden oder denen, die mit ihm gerechnet haben, Unannehmlichkeiten bereiten. Er sollte aber nicht meinen, dass er Allahs Macht und Weisheit beeinträchtigen könne. Letztendlich fügt er nur sich selbst Schaden zu. (Juusuf' Allii)

421. Wenn Allah hier die Mu`mins daran erinnert, dass Er allmächtig ist, so will das auch besagen, dass sie ganz Ihm ausgesetzt sind, wenn sie Seine Rechtleitung missachten. Dass Allah "weise" ist bedeutet, dass all jenes, was Er den Menschen vorgeschrieben hat, zu ihrem eigenen Besten und ein Segen für sie ist und dass das, was Er ihnen verboten hat, schädlich für sie ist. Folglich würden sich die Menschen selbst in Gefahr begeben, wenn Sie die Anordnungen Allahs nicht befolgen und sich nicht nach Seinen Verboten richten würden. So stellen diese beiden Attribute Allahs zugleich eine Ermahnung und eine Warnung dar. (Qutb)

 

210. Erwarten sie etwa, dass Allah ihnen im Schatten von Wolken erscheine und mit Ihm die Engel doch dann ist die Sache schon entschieden. Und zu Allah werden alle Angelegenheiten zur Entscheidung zurückgebracht.422

422. Wo echter Imaan fehlt, werden alle möglichen Entschuldigungen vorgebracht, nur um Allahs Weisungen nicht befolgen zu müssen. Da heißt es dann: ,,O ja, wir werden den Imaan verinnerlichen, wenn Allah uns mit Seinen Engeln in aller Macht und Herrlichkeit erscheint." Mit anderen Worten: diese Menschen wollen so vorgehen, wie es ihnen gefällt, nicht wie Allah es von ihnen fordert. Doch das geht nicht. Die Entscheidung in allen Dingen ruht einzig bei Allah. (Juusuf ‘Allii)

 

211. Frage die Kinder Israels, wie viele klare Beweise Wir ihnen gegeben haben. Doch wenn jemand die Gunst Allahs mißachtet,422 nachdem sie ihm zuteil geworden ist,423dann ist Allah wahrlich streng im Strafen.424

422. Wörtlich: vertauscht. (Anm. d. Übers.)

Das heißt soviel wie Allahs Gnade mit Undankbarkeit begegnen oder Allahs Gnade gegen Undankbarkeit vertauschen." (Qutb)

423. Wörtlich: nachdem sie zu ihm gekommen ist. (Anm. d. Übers.)

424. Das ist die Strafe Allahs für diejenigen, die Seine Weisungen nicht befolgen und Seinem Ruf nicht Gehör schenken (Qutb)

 

212. Anziehend erscheint denen, die kaafir sind, das diesseitige Leben und sie verhöhnen diejenigen, die den Imaan verinnerlicht haben. Doch die, die mutaqi sind, werden am Tag der Auferstehung über ihnen stehen.425 Und Allahs versorgt wen Er will426, ohne zu rechnen.

425. Dann sollen die Mu`mins ihre wahre Beurteilung durch Allahs gerechtes Ermessen erfahren. Darum sollen sie ihren geraden Weg unbeirrt weiterverfolgen, ohne sich um die Torheit, den Spott oder die falsche Wertschätzung der Kaafir zu kümmern Am Jüngsten Tag, dem Tag der letzten Abrechnung, werden sie eine höhere Stellung einnehmen als jene Spötter (Qutb)

426. Die Gaben Allahs mögen manchmal ungleich verteilt erscheinen, so dass sie gerade jenen zuteil wurden, die sie am wenigsten verdienen. Allahs Gnade ist unbegrenzt, sowohl den Gerechten wie den Ungerechten gegenüber Er weiß sehr wohl, wen Er damit überhäuft. Die Abrechnung aber erfolgt nicht jetzt, sondern erst am Ende, wenn das Gleichgewicht hergestellt wird (Juusuf ‘Allii)

 

213. Die Menschen waren eine einzige Gemeinschaft.427 Dann (als sie uneins wurden) entsandte Allah Propheten als Bringer froher Botschaft und als Warner. Und Er offenbarte ihnen das Buch mit der Wahrheit, um (damit) zu richten zwischen den Menschen über das, worin sie uneins waren. Und nur diejenigen waren aus Missgunst untereinander darin uneins, denen es gegeben worden war, nachdem (doch) klare Beweise zu ihnen gekommen waren. Doch Allah leitet nach Seinem Gebot428 diejenigen, die mu`min sind,429 zur Wahrheit, über die sie uneins waren. Und Allah leitet wen er will auf den geraden Weg.430

427. Hier wird die Theorie der Evolution des Diins zurückgewiesen, nach der die Menschen zuerst die Kräfte der Natur angebetet und dem Polytheismus angehängt haben sollen, ehe sie schließlich an Allah den Imaan verinnerlicht hatten, wobei sie Ihm jedoch Nebengitter an die Seite stellten. Dem widerspricht die Offenbarung im Qur'an, die darauf basiert, dass Allah bereits dem ersten Menschen, Adam, Allahs Segen und Frieden auf ihm, die Wahrheit offenbart und ihn auf den rechten Weg geführt hat. Diesen befolgten auch die Nachkommen Adams lange Zeit Dann jedoch begannen sie neue Diins zu erfinden, und zwar obwohl ihnen die Wahrheit bekannt war. Sie taten dies, weil sie sich mehr verschaffen wollten, als ihnen zustand. Da entsandte Allah Propheten zu ihnen, um sie auf den ursprünglichen Weg zurückzuführen und sie wieder zu einer Gemeinschaft zu machen. (Mauduudi)

428. Wörtlich: mit Seiner Ermächtigung. (Anm. d. Übers.)

429. Er leitet sie, der Reinheit ihrer Seelen wegen, zur Wahrheit, die sie von ganzem Herzen suchen. (Qutb)

430. Allah sucht unter Seinen Dienern diejenigen heraus, die sich aufrichtig nach Seiner Rechtleitung sehnen. (Qutb)

 

214. Meint ihr431 etwa, ihr werdet ins Paradies eingehen, ohne das Gleiches über euch gekommen ist wie über diejenigen, die vor euch dahingegangen sind? Not und Unheil erfasste sie und ließ sie wankend werden, bis (selbst) der Gesandte und diejenigen, die mit ihm mu`min waren, sagten: "Wann (kommt) der Sieg Allahs?"432 Doch wahrlich, Allahs Sieg ist nahe.433

431 Diese Worte sind vornehmlich an die aus Mekka ausgewanderten Muslime gerichtet gewesen, die sehr unter Armut und Hunger zu leiden hatten. (Darjabaadi)

432 Damit soll gesagt werden. dass die verstandesmäßige Erkenntnis der Wahrheit an sich noch nicht zur Glückseligkeit verhelfen kann. Sie muss ergänzt werden durch Opferbereitschaft und geistige Läuterung, der die Erduldung von Leiden vorausgegangen ist. (Asad)

433 Anspruch auf den Sieg Allahs haben vornehmlich jene, die es verdienen, die trotz Leid und Not standhaft bleiben bis zum bitteren Ende. Sie sind es auch, die auf dem Höhepunkt der Heimsuchung davon überzeugt sind, dass Allahs Hilfe sie erreichen wird und dass es keinen besseren Beistand für sie gibt. (Qutb)

 

215. Sie befragen dich, was sie spenden sollen.434 Sprich: "Was immer ihr spendet an Gutem, das sei für die Eltern und die Verwandten und die Waisen und die Armen und den Wanderer. Und was immer ihr an Gutem tut, wahrlich Allah weiß es wohl.435

434. Drei Fragen erheben sich in Bezug auf die Wohltätigkeit:

1. Was sollen wir geben?,

2. wem sollen wir es geben?, und

3. wie sollen wir es geben?

Die Antwort lautet: Gebt alles was gut, nützlich, hilfreich und wertvoll ist. Es kann Geld oder Gut sein, aber auch eine hilfreiche Hand, ein guter Rat, ein freundliches Wort. Wenn man dagegen Unnutzes oder gar Schädliches hergibt, so ist das keine Mildtätigkeit. Und wem sollten wir etwas geben? Es mag verlockend sein, sich Lob in aller Munde zu verdienen, indem man etwas gibt, worüber gesprochen wird. Doch jede milde Gabe wird danach beurteilt, ob sie in selbstloser Absicht gegeben worden ist. Auch sollte darauf geachtet werden, dass dort etwas gespendet wird, wo die Not am größten ist. Und wie sollten wir es geben? Als ob wir uns vor Allahs Angesicht befänden, dadurch wird jegliche Angabe und Unaufrichtigkeit von vornherein ausgeschaltet. (Juusuf ‘Allii)

435. Das Spenden unter Umständen, wie sie vorherrschten, als der Islam verkündet wurde, war zum einen eine Notwendigkeit, damit die Gemeinschaft der Muslime sich der Schwierigkeiten und Kriege erwehren konnte, mit denen sie konfrontiert war, und zum anderen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitgliedern der Gemeinschaft zu stärken. (Qutb)

 

216. Zu kämpfen ist euch vorgeschrieben und es ist euch widerwärtig.436 Doch es mag sein, dass euch etwas widerwärtig ist, was gut ist für euch, und es mag sein, dass euch etwas lieb ist, was schädlich ist für euch.437 Und Allah weiß (es), doch ihr wisst (es) nicht.438

436. Krieg ist, wie es richtig heißt, ein Naturgesetz. Im Islam, der eine praktische Religion ist, ist er erlaubt, doch nur in Fällen, wo es unumgänglich nötig ist. Verfolgt. bedrängt, in Armut lebend, aus ihrer Heimatstadt vertrieben und nur gering an der Zahl wie die Muslime zu der Zeit waren, als diese Aufforderung zum Kampf erging, war es nur natürlich, dass sie nicht gerade darauf erpicht waren, ihr Schwert mit den mächtigen Widersachern zu kreuzen, die nur danach trachteten, sie zu vernichten. Da vermochte nur ein ausdrücklicher Befehl Allahs sie auf das Schlachtfeld zu rufen. (Darjabaadi)

437. Im Leben eines jeden Menschen gibt es Verhasste Dinge, von denen er später feststellt, dass sie ihm doch Gutes gebracht haben. Auch findet er dass manche scheinbaren Annehmlichkeiten ihm in Wirklichkeit Böses beschert haben. Es gibt viele Wünsche. denen man nachtrauert, wenn sie nicht in Erfüllung gehen, obwohl sich später gerade deren Nichterfüllung als Rettung Allahs erweist. Und es gibt zahllose Heimsuchungen, die einem arg zusetzen, die sich jedoch schließlich als Glück bringend herausstellten. Der Mensch sollte sich also Allah anvertrauen. Der, der Alleinwissende ist. (Qutb)

438. Das bedeutet. dass unsere eigene Vorliebe oder Abneigung unwichtig ist, weil wir unfähig sind, die geistigen und moralischen Aspekte von Dingen und Vorgängen richtig zu beurteilen und einzuordnen. Dieser Aja erinnert uns daran, dass der Mensch­ mit seinem begrenzten Einsichtsvermögen nicht in vollem Umfang die Weisheit erfassen kann, die den Geboten Allahs zugrunde liegt. Darum ist er auf prophetische Offenbarungen zu seiner Rechtleitung angewiesen. (Siddiqi)

 

Abschnitt 27

217. Sie befragen dich über das Kämpfen im heiligen Monat.439 Sprich: "Das Kämpfen in ihm ist (ein) schwerwiegendes (Vergehen). Doch Abbringen vom Pfad Allahs und nicht an Ihn den Imaan zu verinnerlichen und (den Zutritt) zur heiligen Moschee (zu verwehren)440 und die Leute daraus zu vertreiben ist (ein) schwerwiegenderes (Vergehen) vor Allah. Und Verfolgung ist schwerwiegender als Totschlag." Und sie werden nicht ablassen (davon), gegen euch zu kämpfen, bis sie euch von eurer Religion abwendig machen, wenn sie dazu imstande sind.441 Wer sich aber unter euch von seiner Religion abwendig machen lässt und als Kaafir stirbt, das sind diejenigen, deren Taten nutzlos sein werden in dieser Welt und im Jenseits.442 Sie werden Bewohner des Feuers sein und darin werden sie (ewig) verweilen.

439. Siehe Suura 2 Aja 194. (Anm. d. Übers.)

440. Nach islamischem Gebot sind die Heiligtümer derer zu schützen, die auch die Unverletzlichkeit anderer respektieren. Unzulässig ist jedoch, dass unter dem Deckmantel der Unantastbarkeit solche Stätten von Leuten besetzt und die Frommen daraus vertrieben werden. Für solches Tun kann niemand den Schutz des heiligen Monats für sich in Anspruch nehmen. (Qutb)

441. Ein Herz, das den Islam gekostet und als wahr erkannt hat, wendet sich nie mehr gänzlich von ihm ab. Allah in Seiner Barmherzigkeit erlaubt den Muslimen, die unerträglicher Pein ausgesetzt sind, sich zum Schein abzuwenden. Innerlich jedoch bleiben sie fest und dem Islam stets verbunden. (Qutb)

442. Zwischen den Anhängern und Gegnern des Islams kann es keinen Frieden geben, solange die Muslime an ihrem Imaan festhalten. Darum wird den Muslimen gesagt, dass sie die Feinde des Islams nicht unterschätzen sollen. Vielmehr sollten sie stets daran denken, dass diejenigen, die versuchen, sie von Islam abtrünnig zu machen, viel ärgere Feinde sind als jene, die lediglich darauf aus sind, sie ihres Hab und Guts zu berauben. Denn während es die letzteren darauf abgesehen haben, ihr irdisches Leben zunichte zu machen, das vergänglich ist, wollen die ersteren das Leben im Jenseits zerstören, das ewig währt. (Mauduudi)

 

218. Wahrlich, jene die den Imaan verinnerlichen und ausgewandert sind443 und sich auf dem Pfad Allahs mit aller Kraft einsetzen,444 die sind es, die auf die Barmherzigkeit Allahs hoffen. Und Allah ist verzeihend, barmherzig.445

443. Hiermit waren zunächst die ersten Muslime in Mekka gemeint. die auf Wunsch unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, nach Medina ausgewandert sind, um in Frieden und in Übereinstimmung mit den islamischen Vorschriften leben zu können. Das Wort "auswandern" hatte aber seit Anbeginn des Islams auch eine tiefere Bedeutung im Sinn von "verlassen des Gebiets" wo das Böse vorherrscht, und Hinwenden zu Allah. Das betrifft sowohl die in der islamischen Geschichte als "Auswanderer" bekannten Muslime, wie auch alle Mu`mins in späterer Zeit, die das verlassen, was zur Sünde verleitet, und, zu Allah "auswandern". (Asad)

444. Das arabische Wort "Dschihaad" heißt soviel wie ,sich aufs äußerste anstrengen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen'. Es ist keinesfalls ein Synonym für den so genannten Heiligen Krieg, sondern hat eine viel weitere Bedeutung als diese. Es bezieht sich auf jegliches ernst gemeintes Bestreben und ein "Mudschahid" ist jemand, der stets sein Ziel im Auge behält, der Pläne zu dessen Erreichung schmiedet und sich dafür mit seiner Zunge und seiner Feder einsetzt, also mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften dafür kämpft. Alle seine Bemühungen sind auf dessen Verwirklichung ausgerichtet und er bekämpft all jene Kräfte, die sich ihm dabei in den Weg stellen und zögert notfalls nicht, auch sein Leben dafür hinzugeben. Der Kampf dieses Menschen wird "Dschihaad" genannt. Daraus ergibt sich eindeutig, dass unter dem "Dschihaad" eines Muslims im allgemeinen nicht ein Vernichtungskrieg gegen Nichtmuslime zu verstehen ist. (Mauduudi)

Anm. des Überarbeiters: Oft wir "Dschihaad" mit "heiliger Krieg" übersetzt jedoch haben die Muslime haben den Krieg nie als etwas heiliges gesehen, diese Bezeichnung stammt aus der christlichen Geschichte der Kreuzzüge.

445. Allah ist gewiss nicht unachtsam Seinen frommen Dienern gegenübel:, die um Seinetwillen Leiden erdulden müssen. Er wird sie für ihre Standhaftigkeit reichlich belohnen und ihnen Seine Barmherzigkeit, auf die sie hoffen, zuteil werden lassen. (Qutb)

 

219. Sie befragen dich über berauschendem Trunk und Glücksspiel.446 Sprich: "In beiden ist großes übel447 und (einiger) Nutzen für die Menschen. Doch ihr übel ist größer als ihr Nutzen.448 Sie befragen dich, was sie spenden sollen. Sprich: "den Überschuss"449 So macht euch Allah die Zeichen klar, damit ihr nachdenkt ­

446. Dies war die erste Vorschrift bezüglich berauschender Getränke und Glücksspiel, die erging. Zunächst wurde lediglich eine Missbilligung dieser Dinge verkündet, die als Vorbereitung für das Verbot dienen sollte. Der nächste Schritt bestand darin, dass den Muslimen das Beten in berauschtem Zustand untersagt wurde. Und schließlich wurde Trinken, Glücksspiel und dergleichen für vollkommen ungesetzlich erklärt. Siehe auch Suura 4 Aja 43 und Suura 5 Aja 90. (Mauduudi)

In den Begriff  berauschenden Getränke sind Drogen mit eingeschlossen; unter Glücksspiel ist jede Art des allzu leichten Gewinns, für den keine tatsächliche Arbeit nötig war, zu verstehen. Versicherungen fallen, wenn sie als geschäftlicher Grundlage abgeschlossen worden sind, nicht unter diese Kategorie, weil dabei statistisch das Risiko berechnet wird und die Versicherungsnehmer dementsprechende Prämien zu entrichten haben. (Juusuf 'Allii)

447. Wörtlich: Sünde oder alles, was dem Sündigen Vorschub leistet. Da das hier verwendete arabische Wort das Gegenteil von "Nutzen" darstellt (wie z.B. Rasi sagt), kann man es auch mit "Schaden" oder "Übel" wiedergeben. (Asad)

448. Im Islam wurde von Anfang an hart durchgegriffen, wenn es sich um die unumstößlichen Prinzipien handelte. Ging es jedoch um von alters her gebräuchliche gesellschaftliche Sitten, so wurde behutsam vorgegangen und ihre Veränderung allmählich herbeigeführt. So war es beispielsweise im Fall von Wein und Glücksspiel, bei des Gewohnheiten, denen man damals sehr zugetan war und die darum einer besonderen "Therapie" bedurften. Mit dem Hinweis darauf, dass im berauschenden Trunk mancher Nutzen ist, sein Schaden aber überwiegt, wurde an die Vernunft der Menschen appelliert, das Trinken zu unterlassen. (Qutb)

449. Anhäufen von Reichtum nützt weder uns noch anderen. Wir sollten unser Vermögen entsprechend unseren Bedürfnissen verwenden; was jedoch überflüssig ist, was wir entbehren können, das sollten wir für gute und mildtätige Zwecke ausgeben. (Juusuf 'Allii)

 

220. Über diese Welt und das Jenseits.450 Sie befragen dich über die Waisen. Sprich: "Ihre Lage zu verbessern ist gut. Und wenn ihr ihre Angelegenheiten mit den euren zusammentut, so sind sie eure Brüder.“451 Und Allah weiß den Unheilstifter von dem zu unterscheiden, der Gutes im Sinn hat.452 Und wenn Allah es gewollt hätte, hätte er euch in Bedrängnis gebracht. Wahrlich, Allah ist allmächtig, weise.

450. Sowohl die Belange des Lebens in dieser Welt wie die des Jenseits müssen von den Muslimen bedacht werden, die für sich und ihre Familien zu sorgen haben, ebenso wie für das Wohl der Allgemeinheit, und zwar so, dass keiner der beiden Bereiche zu kurz kommt. (Siddiqi)

451. Vor der Zeit des Islams war es üblich, dass die mit der Obhut von Waisen Betrauten deren Besitz mit dem ihren zusammentaten, damit Handel trieben und den Unterhalt ihrer Mündel davon bestritten. Dies blieb nicht immer ohne Schädigung der Waisen. Die Muslime wurden in einigen Ajas davor gewarnt, sich am Eigentum der Waisen zu vergreifen. Daraufhin waren sie übereifrig bestrebt, die Belange der Waisen von den ihren zu trennen, was wiederum nicht ohne Benachteiligung für die Elternlosen blieb. In diesem Aja nun wird zur Mäßigung aufgerufen. Die Muslime haben durchaus das Recht, auch über das den Waisen Gehörende zu verfügen, doch müssen sie dabei stets darauf bedacht sein, dies nur zum Wohle der ihnen Anvertrauten zu tun. (Qutb)

452. Waise verdienen dieselbe Liebe und Fürsorge wie leibliche Brüder. Wenn man sich, über das, was für ihren Unterhalt benötigt (Siddiqi)

 

221. Und heiratet keine Götzenanbeterinnen, ehe sie (an Allah allein) den Imaan verinnerlichen. Und eine mu`min Sklavin ist besser als eine Götzenanbeterin, mag sie euch auch noch so gefallen.453 Und verheiratet nicht (mu`min Frauen) mit Götzenanbetern, ehe sie (an Allah allein) den Imaan verinnerlichen. Und ein mu`min Sklave454 ist besser als ein Götzenanbeter, mag er euch auch noch so gut gefallen.455 Jene rufen zum Feuer, doch Allah ruft zum Paradies und zur Verzeihung nach Seinem Gebot456 und macht den Menschen Seine Zeichen klar, damit sie Seiner gedenken.

453. Die Ehe ist eine überaus intime Vereinigung und das Geheimnis des Geschlechtlichen findet seine Erfüllung, wenn enge geistige Harmonie durch das Körperliche ergänzt wird. Wenn der Imaan tatsächlich eine lebensnotwendige Rolle im Leben beider Seiten spielt, dann muss eine unterschiedliche Auffassung auf diesem Gebiet das Leben bei der entscheidender beeinflussen als Unterschiede in Geburt, Rassenzugehörigkeit, Sprache oder die gesellschaftliche Stellung im Leben. Darum ist es nur richtig, dass die beiden Ehepartner in den wichtigsten Dingen des Lebens dieselbe Meinung vertreten und sich einig sind. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass hier unter Imaan oder besser Religion nicht lediglich eine Art von Etikett oder nur Bräuche und Herkunft zu verstehen sind. Die sich Liebenden mögen in verschiedene Diins hineingeboren worden sein, wenn sie aber durch gegenseitige Beeinflussung soweit kommen, dass sie die Wahrheit auf dieselbe Weise erkennen, dann müssen sie sich offen zu deren Vorschriften und zur gesellschaftlichen Brüderlichkeit bekennen. Anderenfalls geraten sie in eine unhaltbare Lage. (Juusuf 'Allii)

454. Obwohl die Mehrheit der Kommentatoren das hier verwendete arabische Wort mit dem Begriff "Sklave" wiedergeben, der dafür üblich ist, sind einige der Meinung, dass es hier für "Leibeigener Allahs" steht, was soviel heißt wie "Mu´min", einerlei ob es sich um einen Freien oder einen Sklaven handelt, denn alle Menschen sind "Leibeigene Allahs". (Asad)

455. Da Absichten und Handeln der Muslime gänzlich verschieden sind von dem, was die Götzendiener im Sinn haben, kann es niemals zu einer Einheitlichkeit im Wollen und Tun kommen, wie sie als Grundlage eines sinnvollen Zusammenlebens unerlässlich ist. (Qutb)

456. Wörtlich: mit Seiner Erlaubnis oder Ermächtigung. (Anm. d. Übers.)

 

Abschnitt 28

222. Und Sie befragen dich über die Monatsblutung.457 Sprich: "Sie ist ein Leiden. So haltet euch fern von den Frauen während der monatlichen Reinigung und kommt ihnen nicht nahe, bis sie rein sind; und wenn sie sich gereinigt haben, dann kommt zu ihnen wie Allah es euch geboten hat.458 Wahrlich, Allah liebt die Reumütigen und die sich rein halten."

457. Die Behandlung der Frauen während der monatlichen Reinigung stellte ein Problem für die Muslime dar. Die Juden behandelten ihre Frauen in dieser Zeit als "Unreine" und lebten gänzlich getrennt von ihnen. Die von den Christen beachteten Gesetze waren sogar noch strenger: "Wenn eine Frau Ausfluss hat, und zwar den monatlichen Blutfluss, dann bleibt sie sieben Tage in ihrer Unreinheit. Jeder, der sie berührt, wird unrein bis zum Abend. Alles, worauf sie während ihrer Unreinheit liegt, wird unrein, ebenso wird alles unrein, worauf sie sitzt. Jeder, der ihr Lager berührt, muss seine Kleider waschen und sich baden; er ist unrein bis zum Abend."

"Wenn eine Frau ihren Blutfluß hat, so soll sie sieben Tage für unrein gelten. Wer sie anrührt, der wird unrein bis zum Abend. Und alles, worauf sie liegt, solange sie ihre Zeit hat, wird unrein, und alles, worauf sie sitzt, wird unrein. Und wer ihr Lager anrührt, der soll seine Kleider waschen und sich mit Wasser abwaschen und unrein sein bis zum Abend" Das dritte Buch Mose Leviticus 15:19-21

Im Gegensatz zu diesen religiösen Gruppierungen gab es viele Leute, die sich bedenkenlos dem Verkehr mit menstruierenden Frauen hingaben. In dieser paradoxen Lage suchten die Muslime Rechtleitung bei unseren Propheten Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm. Die Menstruation wird im Qur’an als Leiden sowohl wie als Unreinheit bezeichnet; doch ist es lediglich das weibliche Organ, das durch die Menstruation verunreinigt ist, nicht der ganze Körper der Frau, Die Muslime dürfen mit ihren Frauen essen und trinken und sie während ihrer Periode auch umarmen und küssen, Nur der Geschlechtsverkehr ist untersagt, und zwar sowohl aus medizinischen wie auch aus hygienischen Gründen. (Siddiqi)

458. Hier handelt es sich ihm die richtige Handlungsweise eingibt. (Mauduudi)

 

223. Eure Frauen sind für euch (wie) ein Feld (das ihr bestellt)459 darum kommt zu eurem Feld wann und wie ihr wollt. Doch schickt (Gutes) für euch voraus.460 Und seid mutaqi und wisset, dass ihr Ihm (dereinst) begegnen werdet. Und verheiße frohe Botschaft den Mu´mins.

459. Die geschlechtliche Bindung zwischen Mann und Frau ist nicht etwas, wofür man sich schämen müsste, oder was leichtfertig behandelt werden sollte, oder was bis zum Exzess führen darf. Sie stellt eine der wichtigsten Tatsachen des Lebens dar und wird hier mit dem Feld des Landmannes verglichen: für ihn ist dies etwas sehr Ernstzunehmendes er sät den Samen aus, um die Ernte einbringen zu können. Doch wählt er dazu die richtige Zeit und Art und Weise der Bestellung. Er sät nicht zur unrechten Jahreszeit und bestellt das Feld auch nicht so, dass er den Boden erschöpft. Er geht weise und überlegt vor, treibt nicht Raubbau. Von diesem Gleichnis ausgehend, begreifen wir, dass auch unter den Menschen beiderlei Geschlechts die Berücksichtigung der gegenseitigen Belange von größter Bedeutung ist, vor allem aber, dass auch diese Dinge einen geistigen Aspekt besitzen.  (Juusuf 'Allii)

Dies ist eine der zahlreichen Stellen im Qur’an. in denen auf das natürliche, gottgegebene Wesen der Sexualität hingewiesen wird. (Asad)

An verschiedenen Stellen im Qur’an werden die vielen Aufgaben der Ehe beschrieben. Zum einen wird sie als ein Band der Liebe und Barmherzigkeit beschrieben. ein anderes Mal, wie hier, da von der Vermehrung und Fortpflanzung die Rede ist. wird sie mit einem Ackerland verglichen.

Der Aja endet mit der Verkündung. dass die Mu´mins, wenn sie zu Allah zurückkehren, nur Gutes zu erwarten haben für das was sie auf Erden an Gutem getan haben. (Qutb)

460. Das heißt, seid stets Allahs eingedenk und zu guten Taten bereit eine eindringliche Ermahnung, dass selbst auf dem Höhepunkt fleischlicher Freuden die moralischen und geistigen Gesichtspunkte nicht vollkommen vergessen werden dürfen. (Darjabaadi)

 

224. Und macht nicht Allah bei euren Schwüren zum Hinderungsgrund461, ehrlich und mutaqi zu sein und Frieden zu stiften zwischen den Menschen.462 Und Allah ist hörend, wissend.

461. Das heißt, man sollte nicht bei Allah schwören, dass man sich irgendeiner guten, nützlichen Tat enthalten werde, Sie nicht zu tun ist schon schlimm genug, doch den Namen Allahs zu diesem Zweck zu missbrauchen wie es die heidnischen Araber zu tun gewohnt waren -ist abscheulich. (Darjabaadi)

462. Es gibt mehrere authentische Überlieferungen (z.B. von Bucharii und Muslim). Denen zufolge unser Prophet Muchammad, Allahs Segen und Frieden auf ihm, gesagt hat: "Wenn jemand einen feierlichen Schwur ablegt (dass er irgend etwas tun oder sich dessen enthalten werde) und dann feststellt, dass etwas anderes die richtigere Handlungsweise wäre, dann sollte er das tun, was richtiger ist; er soll dann seinen Schwur brechen und dafür Buße tun." (Asad)

Da später von den Schwüren im ehelichen Bereich die Rede sein wird, ist hier die genaue Definition der Gelöbnisse festgelegt. (Qutb)

 

225. Allah wird euch nicht eine Unachtsamkeit in euren Schwüren zum Vorwurf machen463, doch macht Er euch das zum Vorwurf, was eure Herzen (in böser Absicht) erworben haben. Und Allah ist verzeihend, nachsichtig.

463. Während für den Bruch eines Schwurs als Buße die Speisung von zehn Bedürftigen oder deren Einkleidung bzw. die Befreiung eines Sklaven vorgeschrieben ist -falls man nicht die Mittel oder Möglichkeiten dazu hat, sind drei Fastentage einzuhalten -, ist für gedankenlos ausgesprochene Schwüre keine Strafe vorgesehen. (Mauduudi)

Obwohl man sie als Muslim, der weiß, dass er vor Allah Rechenschaft abzulegen hat, selbstverständlich zu vermeiden trachten sollte. (Siddiqi)

 

226. Diejenigen, die Enthaltsamkeit von ihren Frauen schwören, sollen vier Monate warten. Wenn sie dann von ihrem Gelübde zurücktreten, ist Allah wahrlich verzeihend, barmherzig.464

464. Unter den Kaafir Arabern herrschte ein Brauch, der sich sehr nachteilig auf verheiratete Frauen auswirkte und der durch den Islam abgeschafft wurde. Ehemänner pflegten damals manchmal aus Zorn oder aus einer Laune heraus bei Allah zu schwören, dass sie sich ihren Frauen nicht nähern wollten. Dies brachte die Frau um ihre ehelichen Rechte, während sie andererseits auf unbegrenzte Zeit gebunden war und keine andere Ehe eingehen konnte. Wurde dies dem Ehemann zum Vorwurf gemacht, so erwiderte er, dass er durch seinen im Namen Allahs abgelegten Schwur gebunden sei. Im Islam werden einerseits gedankenlos ausgesprochene Schwüre verurteilt, andererseits aber sind feierliche, absichtlich eingegangene Gelübde genauestens einzuhalten. In einer so ernsten Angelegenheit, die, die Belange der Frau betreffen, wird dem Mann gesagt, dass sein Gelübde, sofern es nur als Vorwand dienen sollte, nicht zur Entschuldigung herhalten kann. Denn Allah sieht die Absichten, nicht die gedankenlos ausgesprochenen Worte. Die beiden Betroffenen haben eine viermonatige Wartezeit zur Verfügung, um zu einem endgültigen Entschluss zu gelangen und festzustellen, ob eine Versöhnung möglich ist. (Juusuf' Allii)

Der Islam hatte nicht die Absicht, die ausgesprochene Enthaltsamkeit der Männer von ihren Frauen von Anfang an zu verbieten, da sie in manchen Fällen als Heilmittel dienen kann. So zum Beispiel für eine Frau, die ihre Schönheit und ihre Reize dazu benützt, den Mann zu drangsalieren oder zu demütigen, aber auch als Ausweg aus einem Zustand des Überdrusses oder der Unzufriedenheit. Allerdings wird dem Mann nicht die absolute Freiheit zugestanden, zu tun was ihm beliebt, sondern es wird eine Höchsttrennungsdauer von vier Monaten festgesetzt, während der der Mann genug Zeit hat, sich und seine Gefühle zu überprüfen. Danach muss er entweder zu einer vernünftigen Ehe zurückkehren oder aber der Frau ihre Freiheit durch Scheidung zurückgeben. (Qutb)

Die viermonatige Wartezeit ist zudem für die Frau von Bedeutung, da sich innerhalb dieser Zeit herausstellt, ob sie schwanger ist. (Siddiqi)

 

227. Doch wenn sie den festen Entschluss zur Scheidung gefasst haben, dann ist Allah wahrlich hörend, wissend.465

464. Versöhnung wird empfohlen, doch wenn die Eheleute eine Versöhnung nicht wünschen, dann wäre es sinnwidrig, sie weiterhin aneinander zu ketten. Eine Scheidung ist dann die einzig gerechte und richtige Handlungsweise, obwohl- wie es in einem Ausspruch unseres Propheten Muchammed, Allahs Segen und Frieden auf ihm, heißt „unter all dem, was erlaubt ist, die Scheidung am meisten verhasst ist vordem Angesicht Allahs“. Unter diesen Umständen aber wird Allah verzeihen, denn Er weiß ja um die Kümmernisse bei der Seiten und erhört den Hilferuf jener, die zu leiden haben. (Juusuf ‘Allii)

 

228. Geschiedene Frauen sollen selbst drei Perioden abwarten466 und es ist ihnen nicht erlaubt, zu verbergen, was Allah in ihrem Schoß erschaffen hat, wenn sie an Allah den Imaan verinnerlicht haben und an den Jüngsten Tag. Und ihre Ehemänner haben das größere Anrecht, sie in diesem (Fall) zurückzunehmen, wenn sie eine Versöhnung anstreben.467 Und den Frauen stehen die gleichen Rechte zu wie sie (die Männer) über sie haben in angemessener Weise.468 Doch die Männer haben ihnen gegenüber ein gewissen Vorzug.469 Und Allah ist allmächtig, weise.470

466. Diese Wartezeit nach der Scheidung ist für Frauen vorgeschrieben, damit eindeutig festgestellt werden kann, ob eine Schwangerschaft vorliegt. Bei erwachsenen Frauen beträgt sie drei Monatsperioden, bei älteren Frauen, die keine Regel mehr haben. drei Monate, während es bei Gattinnen, mit denen die Ehe noch nicht konsumiert wurde, keine Wartezeit gibt. Im Fall der Schwangerschaft verlängert sich die Wartezeit bis nach der Entbindung. (Siddiqi)

Mit abwarten ist gemeint, bevor sie eine Ehe eingehen. Die Wartezeit ist einerseits da, um eine eventuelle Schwangerschaft feststellen zu können, andererseits ist es eine angemessene Zeit, in der sich die Ehepartner über ihre Gefühle füreinander klar werden können. Die geschiedenen Frauen haben die Pflicht, die Wartezeit einzuhalten und nicht zu verbergen, was Allah in ihren Schößen erschaffen hat. Der Mann dagegen hat die Pflicht, auf jeden Fall in der Wartezeit für den Unterhalt seiner Frau zu sorgen. Hat er dann schließlich die Absicht, in die Ehe zurückzukehren, so darf dies nur mit dem festen Vorsatz geschehen, die Ehe gut weiterzuführen. (Qutb)

467. Im Islam gehen die Bestrebungen dahin, den Ehestand so lang wie irgend möglich zu erhalten, insbesondere wenn Kinder vorhanden sind. Doch darf es nach islamischer Auffassung in solch wichtigen Lebensbereich wie der Liebe und dem Familienlehen keine Beschneidung der Freiheiten von Mann und Frau geben. Voreiligem Handeln wird soweit wie möglich ein Riegel vorgeschoben und die Türen zu einer Aussöhnung bleiben in mehreren Stadien geöffnet. (Juusuf ‘Allii)

468. Hier wird eindeutig festgehalten: den Frauen stehen die gleichen Rechte zu wie den Männern. Man vergleiche damit die Einstellung der Bibel den Frauen gegenüber, wo die Frauen als Strafe für die Sünde Evas ihrem Mann untertan gemacht wird, der das Recht hat. über sie zu herrschen. Im Kanonischen Recht heißt es: "Nur der Mann ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen worden, nicht so die Frau: darum soll die Frau ihm dienen und seine Magd sein. "Im Konzil von Macon (6.Jahrhundert) wurde ernsthaft über die Frage diskutiert, "ob die Frau überhaupt eine Seele hat." (Krafft-Ebing, Psychopaunia Sexuylis, S. 4. n.. 12. Aufl.) Als Ergebnis der Lehren der jüdischen Rabbiner und der christlichen Kirchenväter wurde die Frau im Lauf der Geschichte "als Tor zur Hölle" und als "die Mutter allen Übels" dargestellt. Sie sollte sich schämen beim bloßen Gedanken, dass sie eine Frau ist, wie bei Lecky, History of European Morals, Band 11, S. 142, nachzulesen. (Darjabaadi)

Diese höhere Stufe ist in Verbindung mit dem Recht zu verstehen, das der Mann hat, die Scheidung zurückzunehmen, da er ja derjenige ist, der sie ausgesprochen hat und nicht die Frau. Das daraus erwachsende größere Recht ist von dieser Situation abhängig, hat aber keine allgemeine Gültigkeit, wie viele es verstehen und als Beweis bei unpassender Gelegenheit benützen. (Qutb)

469. Der Unterschied in der wirtschaftlichen Position der beiden Geschlechter macht die Rechte und Pflichten des Mannes ein wenig größer als die der Frau. In Suura 4 Aja 34 des Qur’ans wird von der Pflicht des Mannes, den Unterhalt der Frau zu bestreiten, und von gewissen natürlichen Unterschieden zwischen den Geschlechtern gesprochen. Abgesehen davon sind Mann und Frau jedoch vor dem Gesetz gleichberechtigt, ja in bestimmten Bereichen hat das schwächere Geschlecht sogar einen besonderen Anspruch auf Schutz. (Juusuf' Allii)

470. Allah ist nicht nur allmächtig, sondern auch weise in Seiner Gesetzgebung zum Wohle der Menschen. (Qutb)

 

Abschnitt 29

229. Die (widerrufliche) Scheidung ist (nur) zweimal (erlaubt). Dann (aber sollt ihr) die Frauen471 in angemessener Weise behalten oder im Guten entlassen. Und es ist euch nicht erlaubt, irgend etwas von dem zurückzunehmen, was ihr ihnen gegeben habt472, es sei denn, beide473 befürchten, die Schranken Allahs nicht einhalten zu können. Und wenn ihr474 befürchtet, dass sie die Schranken Allahs nicht einhalten können, dann ist kein Vergehen für sie beide im dem, was sie hingibt, um sich damit loszukaufen.475 Dies sind die Schranken Allahs, so übertretet sie nicht. Und wer die Schranken Allahs übertritt, das sind diejenigen, die unrecht tun.476

471. Wörtlich: sie. (Anm. d. Übers.)

Die Scheidung ist nur als Heilmittel zur Gesundung der Ehe anzusehen, wenn sich kein anderer Ausweg mehr finden lässt. Hat ein Ehepaar zweimal nach Aussprechen der Scheidung die Gelegenheit gehabt, über seine Gefühle füreinander nachzudenken und es kommt schließlich zur dritten Scheidung, so muss dies als Zeichen für die vollkommene Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft betrachtet werden. (Qutb)

472. Um willkürlichem Handeln vorzubeugen, ist das Aussprechen der Scheidung mit dazwischen liegender Aussöhnung nur zweimal erlaubt. Dann müssen Mann und Frau endgültig entscheiden, ob sie im Guten zusammenbleiben oder auseinander gehen wollen. Ist eine Trennung unvermeidlich, so soll der Mann von der wirtschaftlichen schlechter gestellten Frau keine gemachten Geschenke oder die Brautgabe zurückfordern. (Juusuf 'Allii)

473. Das heißt Mann und Frau (Anm. d. Übers.)

474. Hier werden die (Scheidungs-) -Richter oder Verantwortlichen für das Paar angesprochen. (Darjabaadi)

475.Die Kommentatoren stimmen überein, dass es sich hier um das Recht der Frau handelt, die Scheidung von einem ungeliebten Ehemann zu erlangen. Das islamische Recht sieht vor, dass die Frau, die den Ehevertrag aufzukündigen wünscht. ohne dass der Mann sich etwas zu schulden kommen ließ, freiwillig ihre Brautgabe zurückgeben kann. (Asad)

476. Mauduudi fasst die Bedeutung des Wortes "Sulm" in "Verletzung eines Rechts oder einer Pflicht" zusammen. Nach seiner Meinung verletzt der, der gegen Allah ungehorsam ist, drei Grundrechte: "Erstens die Rechte Allahs, Dem absoluter Gehorsam zukommt. Zweitens die Rechte der Dinge und Geschöpfe, deren sich der Mensch in seinem Ungehorsam und entgegen Allahs Willen bedient; beispielsweise seiner eigenen Gliedmaßen und Fähigkeiten, der Mitmenschen oder Engel, die ihm bei der Durchsetzung seines Willens behilflich sind, oder aller Dinge, die er bei seinem üblen Tun benutzt. Denn sie alle haben ein Recht darauf, nur in Übereinstimmung mit den Geboten ihres wirklichen Herrn verwendet zu werden. Es ist also eine Ungerechtigkeit, wenn er die Macht, die er über sie hat, missbraucht. Und drittens verletzt er seine eigenen Rechte, denn sein eigenes Ich hat Anspruch darauf, dass er sein Bestes tut, um es vor dem Verderben zu bewahren. Bringt er jedoch durch seinen Ungehorsam Allahs Zorn über sich, so begeht er sich selbst gegenüber ein Unrecht. Deshalb steht an vielen Stellen im Qur’an das Wort "Sulm" für "Sünde".

 

230. Und wenn der Mann sich (unwiderruflich) von der Frau477 scheidet, dann ist sie ihm nicht mehr (als Gattin) erlaubt, ehe sie nicht einen anderen Gatten geheiratet hat478 Wenn dieser sich von ihr scheidet, ist es kein Vergehen für beide wenn sie zueinander zurückkehren, sofern sie sicher sind, dass sie die Schranken Allahs einhalten können. Dies sind die Schranken Allahs, die Er denen klarmacht, die wissen.479

477. Wörtlich: Und wenn er sich (unwiderruflich) von ihr scheidet. (Anm. d. Übers.)

478. Wird die Scheidung zum dritten Mal ausgesprochen, so ist dies ein Beweis dafür, dass keine Besserung im ehelichen Zusammenleben mehr zu erwarten ist. In diesem Fall ist es angebracht, dass die Eheleute sich andere Partner suchen. Wird die Scheidung jedoch aus Unbedachtsamkeit, Leichtsinn oder Voreiligkeit ausgesprochen, so erfordert dies eine harte Bestrafung, denn der Ehemann muss wissen, dass er nicht leichtfertig mit seinen Rechten spielen darf. Ein Eheleben, das seitens des Mannes nicht entsprechende Achtung findet, sollte beendet werden. (Qutb)

479. Allah hat die Schranken, die Er für Seine Geschöpfe gesetzt hat, weder unverständlich noch unbekannt gelassen, sondern sie im Qur’an für diejenigen klargemacht, die sie kennen und sich danach richten wollen. (Qutb)

 

231. Und wenn ihr euch von (euren) Frauen scheidet und sie nähern sich der Erfüllung ihrer Wartezeit, dann behaltet sie (entweder) in angemessener Weise oder entlässt sie in angemessener Weise. Doch behaltet sie nicht, um ihnen Schaden zuzufügen, indem ihr (die Gesetze Allahs) übertretet.480 Und wer dies tut, der fügt sich selbst Unrecht zu. Und macht euch nicht über die Zeichen Allahs lustig und gedenket der Gnade Allahs, die Er euch erwiesen hat und dessen, was Er euch vom Buch und der Weisheit herabgesandt hat, um euch damit zu ermahnen.481 Und fürchtet Allah und wisset, dass Allah aller Dinge gewahr ist.

480. Diese Wartezeit nach der Scheidung ist für Frauen vorgeschrieben, damit eindeutig festgestellt werden kann, ob eine Schwangerschaft vorliegt. Bei erwachsenen Frauen beträgt sie drei Monatsperioden, bei älteren Frauen, die keine Regel mehr haben. drei Monate, während es bei Gattinnen, mit denen die Ehe noch nicht konsumiert wurde, keine Wartezeit gibt. Im Fall der Schwangerschaft verlängert sich die Wartezeit bis nach der Entbindung. (Siddiqi)

Mit abwarten ist gemeint, bevor sie eine Ehe eingehen. Die Wartezeit ist einerseits da, um eine eventuelle Schwangerschaft feststellen zu können, andererseits ist es eine angemessene Zeit, in der sich die Ehepartner über ihre Gefühle füreinander klar werden können. Die geschiedenen Frauen haben die Pflicht, die Wartezeit einzuhalten und nicht zu verbergen, was Allah in ihren Schößen erschaffen hat. Der Mann dagegen hat die Pflicht, auf jeden Fall in der Wartezeit für den Unterhalt seiner Frau zu sorgen. Hat er dann schließlich die Absicht, in die Ehe zurückzukehren, so darf dies nur mit dem festen Vorsatz geschehen, die Ehe gut weiterzuführen. (Qutb)

Wer sich unrechtmäßigerweise der Erlaubnis Allahs bedient, vor Ablauf der gesetzten Frist das Eheleben wieder aufzunehmen, und zwar mit der Absicht, der Frau Schaden zuzufügen, treibt dadurch Spott mit den Gesetzen Allahs, die Er zur Erhaltung der Ehe geschaffen hat. (Qutb)

Der Mann soll nicht meinen, dass er die ihm eingeräumte Freiheit zu selbstsüchtigen Zwecken missbrauchen darf. Wenn er sich die Gesetze zunutze macht, um der schwächeren Frau Schaden zuzufügen, so tut er dies zu seinem eigenen Nachteil in moralischer und geistiger Hinsicht. (Juusuf ‘Allii)

481. Allah hat dem Menschen die größte Verantwortung auferlegt. Er hat ihm die Schrift und Weisheit mitgegeben, damit er die Welt Rechtleite und als Mitglied der "Gemeinschaft des goldenen Mittelweges" zum Zeugen für rechtschaffene Lebensweise und Wahrhaftigkeit werde. Darum steht es ihm nicht zu, mit der Offenbarung Allahs Spott zu treiben und sich aus Eigennutz der Buchstaben des Gesetzes zu bedienen, um in den eigenen vier Wänden Ungerechtigkeit zu üben, wo doch von ihm erwartet wird, der Welt als Vorbild zu dienen. (Mauduudi)

Abschnitt 30

232. Und wenn ihr euch von (euren) Frauen scheidet und sie nähern sich der Erfüllung der Wartezeit482, dann haltet sie nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten483, wenn sie sich in angemessener Weise einigen. Dies ist eine Ermahnung für denjenigen unter euch, der an Allah den Imaan verinnerlicht hat und an den Jüngsten Tag. Das ist besser für eure Lauterkeit und Reinheit.484 Und Allah weiß (es), doch ihr wisst (es) nicht.485

482. Diese Wartezeit nach der Scheidung ist für Frauen vorgeschrieben, damit eindeutig festgestellt werden kann, ob eine Schwangerschaft vorliegt. Bei erwachsenen Frauen beträgt sie drei Monatsperioden, bei älteren Frauen, die keine Regel mehr haben. drei Monate, während es bei Gattinnen, mit denen die Ehe noch nicht konsumiert wurde, keine Wartezeit gibt. Im Fall der Schwangerschaft verlängert sich die Wartezeit bis nach der Entbindung. (Siddiqi)

483. Entweder einen anderen Gatten oder den früheren, falls sie bereit sind, ihn abermals zu heiraten. (Darjabaadi)

484. Wörtlich: Das ist besser und reiner für euch. (Anm. d. Übers.)

485. Ihr könnte die Weisheit hinter den Geboten Allahs nicht wirklich ermessen. (Siddiqi)

 

233. Und die Mütter sollen ihre Kinder zwei volle Jahre stillen.486 (Das gilt) für die, die das Stillen vollenden wollen.487 Und es obliegt dem, dem das Kind geboren wurde, für ihre Nahrung und Kleidung auf angemessene Weise Sorge zu tragen. Keiner Seele soll mehr aufgebürdet werden, als sie zu tragen vermag.488 Einer Mutter soll nicht wegen ihres Kindes Schaden zugefügt werden und dem, dem das Kind geboren wurde, nicht wegen seines Kindes. Und für den Erben gilt das gleiche.489 Und wenn sie beide490 in gegenseitigem Einvernehmen und nach Beratung (das Kind vorzeitig) entwöhnen wollen, dann ist es kein Vergehen für sie. Und wenn ihr eure Kinder stillen lassen wollt, so ist es kein Vergehen für euch, sofern ihr das, was ihr (als Lohn für das Stillen) vereinbart habt, in angemessener Weise bezahlt.491 Und fürchtet Allah und wisset, dass Allah wohl sieht, was ihr tut.

486. Da dies inmitten der Anweisungen im Zusammenhang mit der Scheidung steht, bezieht es sich vornehmlich auf geschiedene Mütter, in deren Fall es besonders wichtig ist, dass die Interessen der Kinder gewahrt werden. (Juusuf ‘Allii)

487. Das bedeutet, dass eine frühere Beendigung des Stillens ebenfalls zulässig ist. (Siddiqi)

Allah, der Allwissende, empfiehlt den Müttern das Stillen ihrer Kinder zwei Jahre lang, weil dies sowohl für das physische wie auch für das psychische Wohlbefinden das Beste ist. Die neuesten Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass eine zweijährige Stillzeit dem störungsfreien Wachstum des Neugeborenen am zuträglichsten ist. (Qutb)

488. Ein Vater darf die Liebe der Mutter zu ihrem Kind nicht dazu benützen, um sich vor dem vorgeschriebenen Unterhalt zu drücken. Ebenso ist es der Mutter untersagt, die Sorge des Vaters um das Wohl des Kindes dazu zu missbrauchen, ihm finanziell zu überlasten. (Qutb)

489. Das heißt, wenn der Vater stirbt, obliegt dem Erben des Vaters die Pflicht, für das Kind zu sorgen. (Darjabaadi)

490. Das heißt: die Eltern. (Darjabaadi)

491. Die meisten Kommentatoren halten das Wort "fisal" فِصَال  für ein Synonym des Begriffs "Entwöhnung" (vor Beendigung der vollen Frist von zwei Jahren). Abuu Muslim meint jedoch, dass es hier für "Trennung" nämlich des Kindes von seiner Mutter stehe.   (Rasi)

Mir scheint dies die bessere der beiden Interpretationen zu sein, weil es eine Lösung in den Fällen anbietet, wo die beiden Elternteile zu dem Schluss kommen, dass es aus welchen Gründen auch immer nicht fair gegen die geschiedene Mutter ist, sie mit dem Großziehen des Kindes zu belasten, selbst wenn dem Vater die Pflicht obliegt, sie beide materiell zu unterstützen. Allerdings kann auch der Vater andererseits diese Aufgabe nicht allein übernehmen. Man könnte darum die Worte "isaa sallamtum maa aateytum" إِذَاسَلَّمْتُم مَّاآتَيْتُم übersetzt mit: "Sofern ihr für die Sicherheit (des Kindes), das ihr übergebt, Sorge tragt". (Asad)

Wenn es das Wohl des Kindes erfordert, es von einer Amme stillen zulassen, ist es dem Vater auferlegt, die Amme angemessen zu belohnen und sie gut zu behandeln, weil dann zu erwarten ist, dass sich die Amme auch wirklich fürsorglich des Kindes annimmt. (Qutb)

 

234. Und (wenn) diejenigen von euch, die abberufen werden, Gattinnen zurücklassen, (so) sollen diese selbst vier Monate und zehn Tage abwarten.492 Und wenn sie sich der Erfüllung der Wartezeit nähern, so ist es kein Vergehen für euch493, wenn sie in angemessener Weise über sich selbst verfügen. Und Allah ist wohl vertraut mit dem, was ihr tut.

492. Die Witwe darf nicht vor Ablauf dieser Zeit eine neue Ehe eingehen, damit eindeutig festgestellt werden kann, ob sie ein Kind erwartet. Die Wartezeit für die Witwe beträgt entweder vier Monate und zehn Tage oder sie läuft ggf. nach der Geburt des Kindes ab. Auch wenn diese mehr als 130 Tage nach Eintritt des Todesfalles erfolgt. Wird das Kind unmittelbar nach dem Ableben des Ehemannes geboren, so endet damit die Wartezeit. Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass nach islamischem Recht die Wartezeit für eine Witwe länger ist als für eine geschiedene Frau, und zwar aus Achtung vor ihren Gefühlen für den Verstorbenen und zur Stärkung der ehelichen Bande. (Siddiqi)

Der Unterhalt der Witwe während der Wartezeit ist aus der Hinterlassenschaft des Verstorbenen zu bestreiten. (Juusuf ‘Allii)

493. Niemand soll sich der Witwe nach Ablauf der Wartezeit in den Weg stellen, weder ihre eigenen Angehörigen noch die ihres verstorbenen Mannes. Sie hat die volle Freiheit, ihr Leben im Rahmen der Weisungen Allahs ehrbar zu führen und kann sich mit einem Mann ihrer Wahl wiederverheiraten, ohne dass überkommene Sitten oder falscher Stolz sie daran hindern. (Qutb)

 

235. Und es ist kein Vergehen für euch, wenn ihr ihnen gegenüber494 Heiratsabsichten andeutet oder euch insgeheim mit diesem Gedanken tragt. Allah weiß ja, dass ihr an sie denken werdet. Doch trefft nicht heimlich eine Abmachung mit ihnen, außer ihr sprecht ein geziemendes Wort. Und fasst keinen festen Entschluss zum Ehebund, bevor die Wartezeit erfüllt ist.495 Und wisset, dass Allah dessen gewahr ist, was in euren Seelen ist. Darum seid vor Ihm auf der Hut. Und wisset, dass Allah verzeihend ist und nachsichtig.

494. Das heißt, den Witwen gegenüber während ihrer Wartezeit. (Darjabaadi)

495. Ein deutliches Aussprechen von Heiratsanträgen während der Wartezeit ist verboten, weil die Frau zum einen in ihrem ehrenden Andenken an den Toten nicht gestört werden soll und die Gefühle seiner Familie durch eine rasche Wiederverheira­tung nicht verletzt werden dürfen, und zum anderen muss die Frau Gewissheit darüber erlangen können, ob eine Schwanger­schaft vorliegt. Aus all diesen Gründen ist ein offenes Gespräch über eine neue Verbindung unangebracht. Es ist dem Mann jedoch nicht untersagt, gewisse Andeutungen zu machen oder heimlich den Wunsch zu hegen, eine Witwe nach Erfüllung der Wartezeit zu heiraten. (Qutb)

 

Abschnitt 31

236. Es ist kein Vergehen für euch, wenn ihr euch von (euren) Frauen scheidet, bevor ihr sie berührt oder ihnen eine Morgengabe ausgesetzt habt.496 Doch gewähret ihnen Versorgung497, der Wohlhabende nach dem, was er vermag, und der Minderbemittelte nach dem, was er vermag eine Versorgung auf angemessene Weise. (Dies ist) als rechtliche Verpflich­tung (bindend) für die, die Gutes tun.

496. Über diese Morgengabe müssen sich Bräutigam und Braut vor Abschluss des Ehebündnisses einigen. Dabei bleibt die Höhe der Morgengabe dem Ermessen der beiden Vertragsschließenden überlassen (sie kann auch einfach aus einem symbolischen Geschenk bestehen), doch stellt die Aussetzung der Morgengabe einen unabdingbaren Teil des Heiratsvertrages dar. (Asad)

497. Das Lösen einer Verbindung, bevor diese überhaupt zustande kommt, verursacht der Frau seelischen Schmerz und könnte Hassgefühle und Zerwürfnisse bei der Trennung heraufbeschwören. Um ein freundschaftliches Klima zu schaffen und zu unterstreichen, dass es sich um einen fehlgeschlagenen Ehreversuch handelt und nicht um böswilliges Verlassen, sollte der Braut entsprechend den gegebenen Möglichkeiten eine Abfindung gewährt werden, die gleichzeitig eine Form der Entschuldigung darstellt. (Qutb)

 

237. Und wenn ihr euch von ihnen scheidet, bevor ihr sie berührt habt, jedoch nachdem ihr ihnen eine Morgengabe ausgesetzt habt, dann (sollen sie) die Hälfte dessen, was ihr ausgesetzt habt, (erhalten), außer sie erlassen es (euch) oder der, in dessen Hand der Ehebund ist498, erlässt es. Und wenn ihr es erlässt, so kommt das der Taqwa näher. Und vergesst nicht, einander Güte zu erweisen.499 Wahrlich, Allah sieht wohl, was ihr tut.

498. Damit ist der Ehemann gemeint, der üblicherweise den Ehebund auflösen kann. Umso besser steht es ihm an. der Frau gegenüber besonders großzügig zu sein und ihr die volle Morgengabe auszubändigen, selbst wenn er seine Gattin noch nicht berührt hat. (Juusuf ‘Allii)

Nach Qutb ist hier der Vormund gemeint, wenn die Braut minderjährig ist.

499. Güte und Großzügigkeit im Umgang miteinander ist unerlässliche Voraussetzung für eine Verbesserung der menschlichen Beziehung. Das Gemeinschaftsleben kann niemals zufrieden stellend verlaufen, wenn jeder unnachgiebig auf seinen Rechten beharrt. (Mauduudi)

 

238. Achtet auf die (Einhaltung der) Gebete und (ganz besonders) auf das mittlere Gebet.500 Und steht in demütiger Ergebenheit vor Allah.

500. Die Bedeutung des Gebets wird im Zusammenhang mit verschiedenen gesellschaftlichen Bindungen und den daraus erwachsenden Problemen immer wieder hervorgehoben. In Qur’an und Sunna sind zwar eindeutige und klare Gesetze für den reibungslosen Ablauf des Gemeinschaftslebens niedergelegt, aber der Arm des Gesetzes reicht niemals bis in jede Einzelheit Gesetze sind nur wirksam, wenn sie aufrichtig befolgt werden. Dazu ist ein Gefühl der inneren Frömmigkeit und des Imaans erforderlich, das sich durch das Gebet einstellt. So kommt dem Gebet für den Muslim sowohl in seinem persönlichen Leben wie auch im Zusammenleben mit anderen große Bedeutung zu. Mit dem mittleren Gebet ist nach Meinung der Mehrheit der Gelehrten das Nachmittagsgebet ('Asr) gemeint; andere vertreten auch die Ansicht, es sei das Morgengebet. Diese beiden Gebete sind besonders wichtig, weil das Nachmittagsgebet inmitten der Zeit eifrigster Aktivität verrichtet wird, während man sich für das Morgengebet aus dem angenehmsten Schlaf erhebt. Wieder andere Kommentatoren sind der Auffassung, es handle sich nicht um ein zeitlich bestimmtes Gebet, sondern um das am andächtigsten, aus ganzem Herzen verrichtete und von tiefer Liebe zu Allah beflügelte Gebet. (Siddiqi)

Das Einhalten der Gebete bedeutet, sie zu den festgesetzten Zeiten zu verrichten und auf ihre Grundelemente und Bedingungen zu achten. Die besondere Erwähnung des Nachmittagsgebets könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass man es durch den Mittagsschlaf womöglich versäumen könnte. (Qutb)

 

239. Doch wenn ihr in Furcht (vor Gefahren) seid, dann betet zu Fuß oder im Reiten.50l Und wenn ihr in Sicherheit seid, gedenket Allahs, wie Er euch das gelehrt hat, was ihr nicht wusstet.

501. Das heißt in der Stellung, die gerade möglich ist, denn es ist wichtig, das Gebet zur festgesetzten Zeit zu verrichten, selbst wenn man nicht genau die Gebetsrichtung einhalten oder die Verbeugung und Niederwerfung nur durch Gesten andeuten kann. Hierdurch wird die Bedeutung der rechtzeitigen Verrichtung des Gebets selbst unter widrigen Umständen besonders hervor gehoben. (Darjabaadi)

Das Gebet festigt den Menschen in der Not, stellt aber auch Ansprüche an ihn, wenn er im Wohlstand lebt. Jedenfalls verleiht es ihm das Gefühl des Friedens und der Zuversicht, woraus sich die Bedeutung des Gebets gerade auch während der Verwicklung in Kampfhandlungen erklärt. (Qutb)

 

240. Und diejenigen von euch, die abberufen werden, und Gattinnen zurücklassen, sollen ihren Gattinnen Versorgung für ein Jahr vermachen, ohne dass sie (aus dem Haus502) weggehen müssen. Gehen sie jedoch (aus eigenem Entschluss) weg, so ist es kein Vergehen für euch503, wenn sie in angemessener Weise über sich selbst verfügen. Und Allah ist allmächtig, weise.504

502 Das verbleiben der Witwe im Haus ihres verstorbenen Mannes, und zwar für die Dauer eines Jahres, sofern sie sich in dieser Zeit nicht wiederverheiratet, weil ihre Gefühle oder besondere Umstände sie davon abhalten. Sie kann dieses Recht nach Belieben in Anspruch nehmen. Die vorgeschriebene Wartezeit bleibt jedoch in jedem Fall für sie bindend. (Qutb)

503. Mit "euch" ist hier die Gemeinschaft genannt, die für die Beachtung und Einhaltung der islamischen Gesetze seitens ihrer Mitglieder verantwortlich ist. (Qutb)

504. Allahs Gebote sind voll der Weisheit und Nützlichkeit wo wohl für den einzelnen, wie auch für die Gesellschaft. (Siddiqi)

 

241. Und für die geschiedenen Frauen ist (ebenfalls) eine Versorgung505 auf angemessene Weise (auszusetzen).

505. Nach Qutb ist ein Unterschied zwischen Versorgung und Abfindung zu machen. Eine Abfindung ist etwas anderes als eine Versorgung, die bindend vorgeschrieben ist.

506. Die ist eine zusätzliche Vergünstigung für die geschieden Frau, abgesehen von ihren Anspruch auf Auszahlung der Morgengabe. Der Qur’an ermahnt die Muslime, besonders gütig und großzügig den Frauen gegenüber zu sein, die sie verlassen, denn in einem Anflug von Bitterkeit, der sich unvermeidlich bei der Auflösung einer Ehegemeinschaft einstellt, neigen die Menschen dazu, ungerecht und grausam gegen ihre geschiedenen Frauen zu sein. Von "Verpflichtung" wird in diesem Zusammenhang gesprochen, um das Schwergewicht auf die Großzügigkeit zu verlegen, und nicht so sehr auf die unbedingte Notwendigkeit. Diese kann jedoch in dem Fall eintreten, wenn für eine geschiedene Frau keine ausdrücklich festgesetzte Morgengabe vorgesehen ist, obwohl die Ehe vollzogen worden ist. In diesem Fall muss der Ehemann ihr die Morgengabe entsprechend den in seiner Familie üblichen Gepflogenheiten hinsichtlich des Brautgeldes ausbezahlen. (Thanwi)

 

242. So macht euch Allah Seine Zeichen klar; vielleicht werdet ihr begreifen.507

507. Das Nachdenken über Allahs Zeichen soll dazu führen. dass wir die Weisheit, Barmherzigkeit und Gnade Allahs die darin eben durch dieses Nachdenken für uns sichtbar werden, begreifen und uns darum aus voller Überzeugung den von Allah auferlegten Pflichten fügen. (Qutb)

 

Abschnitt 32

243. Hast du nicht über jene nachgedacht508, die ihre Häuser in Todesfurcht509 verließen, (obwohl) sie zu Tausenden waren? Allah sprach zu ihnen: "Sterbt!" Dann gab Er ihnen das Leben (wieder).510 Wahrlich, Allah ist voll der Güte zu den Menschen, doch die meisten Menschen sind nicht dankbar.

508. Wörtlich: Hast du nicht jene gesehen. Nach "Lane" bedeutet "ra'aita", wenn es durch "ila" transitiv gemacht wird, "Nachdenken". Das dazu führt, ermahnt zu werden'. (Siddiqi)

Der Ausdruck "lam tara" أَلَمْ تَرَ hast du nicht gesehen, soll einem einen Vorfall so lebendig vor Augen führen. als ob man dabei gewesen sei, als es sich ereignete. (Qutb)

509. Die Erzählungen im Qur’an sind keine leeren Phrasen ohne tieferen Sinn und Zweck. Vielmehr liegen darin Lehren verborgen. die für die Erziehung der Menschen zum Zusammenleben in der islamischen Gemeinschaft notwendig sind. Wenn uns also hier aus den menschlichen Erfahrungen unserer Vorfahren seit Adams, Allahs Segen und Frieden auf ihm Zeiten die Geschichte jener Menschen (um wen es sich dabei handelt, ist Nebensache) geschildert wird, die vergeblich versuchten, dem Tod zu entfliehen, so geschieht dies, um uns zu lehren, dass Furcht und Angst weder unser Leben zu verlängern noch unser Schicksal von uns abzuwenden vermögen, da dies beides einzig und allein in Allahs Hand liegt. (Qutb)

510. Wir kommen nun zum Thema Dschihaad zurück, das in 2:114-116 bereits angeschnitten wurde. Wir dürfen uns keiner Illusion hingeben: wenn wir nicht bereit sind, für unseren Imaan mit unserem Leben und unserem Besitz zu kämpfen, werden wir beides nur allzu rasch verlieren. Was das Leben betrifft, so hat Allah es gegeben und ein Feigling wird es kaum bewahren können. In der Geschichte der Menschheit ist es immer wieder vorgekommen, dass sich Menschen, die sich trotz ihrer Überzahl einfach vertreiben ließen, dem Untergang preisgegeben sahen, wie sie es für ihre Feigheit verdienten. Doch Allah räumt den Menschen in Seiner Barmherzigkeit immer wieder Bewährungsproben ein. Die Kommentatoren sind sich nicht einig darüber, auf welches geschichtliche Ereignis hier Bezug genommen wird. Doch die Lehre daraus ist für alle Generationen bestimmt und allgemein gültig. (Juusuf ‘Allii)

Die hier gegebene Parabel steht in Verbindung mit dem nachfolgenden Aufruf an die Muslime, ihr Leben bereitwillig für die Sache Allahs zu opfern. Sie wirft Licht auf die Tatsache, dass die Furcht vor dem physischen Tod zum moralischen Tod von Völkern und Gemeinschaften führt, ebenso wie ihre Wiedergeburt davon abhängt, dass sie ihr moralisches Niveau wiedererlangen, indem sie die Todesfurcht überwinden. (Asad)

 

244. Und kämpft511 auf dem Pfad Allahs und wisset, dass Allah hörend ist und wissend.512

511. Das heißt in einem gerechten Krieg in Selbstverteidigung gegen Unterdrückung oder gegen einen nicht herausgeforderten Angriff. (Asad)

512. Für die Sache Allahs müssen wir kämpfen, keinesfalls aber für selbstsüchtige Zwecke oder aus Habgier. Wir werden davor gewarnt, dass Allah um unsere Taten, Worte und wahren Motive weiß, auch wenn wir noch so sehr bestrebt sind, sie vor anderen oder uns selbst zu verbergen. (Juusuf ‘Allii)

 

245. Wer ist es, der Allah ein schönes Darlehen513 gibt, damit Er es ihm um ein Vielfaches verdoppele?514 Und Allah schmälert und mehrt515, und zu Ihm werdet ihr zurückgebracht.

513. Das Spenden für die Sache Allahs wird im übertragenen Sinn als "schönes Darlehen" bezeichnet. Es hat viele gute Merkmale man beweist damit, dass man sich selbst hintan zu stellen vermag; bei anderen Darlehen ist man stets im Zweifel, ob man sein Kapital auch sicher angelegt und die Aussicht hat, etwas davon zurückzubekommen hier dagegen gibt man Allah zuliebe.

Dessen Händen die Schlüssel zu Bedürftigkeit oder Fülle ruhen; es erwachsen einem so viele Segnungen, indem man etwas hingibt, während man durch Knauserigkeit womöglich noch das verliert, was man besitzt. Wenn wir uns vor Augen halten, dass es unser Ziel ist, dereinst zu Allah zurückzukehren, können wir uns dann Seiner Sache verschließen? (Juusuf' Allii)

514. Der Kampf bringt einem ebenso wenig den Tod, wenn einem die Stunde noch nicht geschlagen hat, wie einen das Spenden für eine von Allah empfohlene Sache arm macht. Diese Spende gilt als ein bei Allah gesichertes Darlehen, das Allah vielfach zurückzahlt, im Diesseits als Segen und im Jenseits als Glückseligkeit und Wohlergehen in Allahs Nähe. (Qutb)

515. Das heißt er mehrt die Versorgung so wie es Ihm gefällt. darum sollte man sich nicht davor scheuen, freudig und großzügig für Seine Sache zu spenden. (Darjabaadi)

 

246. Hast du nicht nachgedacht516 über die Ältesten von den Kindern Israa'iils (in der Zeit) nach Muusa, als sie zu einem Propheten, der (unter) ihnen (weilte)517 sagten: "Setze für uns einen König ein,518 damit wir auf dem Pfad Allahs kämpfen." Da fragte er sie519: "Ist es nicht möglich, dass ihr, wenn euch vorgeschrieben ist zu kämpfen, doch nicht kämpfen werdet?" Sie sagten: "Was sollte uns dazu bewegen, dass wir nicht auf dem Pfad Allahs kämpfen, wo wir doch aus unseren Häusern vertrieben und von unseren Kindern (getrennt) worden sind?,,520 Doch als ihnen vorgeschrieben ward zu kämpfen, da wandten sie sich ab521 bis auf wenige von ihnen. Und Allah ist derer gewahr, die Unrecht tun.522

516. Wörtlich: Hast du nicht jene gesehen. Nach Lane bedeutet "ra'aita", wenn es durch "ila" transitiv gemacht wird, "Nachdenken". Das dazu führt, ermahnt zu werden'. (Siddiqi)

Der Ausdruck "lam tara" لَمْ تَرَ  hast du nicht gesehen, soll einem einen Vorfall so lebendig vor Augen führen. als ob man dabei gewesen sei, als es sich ereignete. (Qutb)

517. Hier handelt es sich um den Propheten Samuel.

"...und sprachen zu ihm: Siehe, du bist alt geworden, und deine Söhne wandeln nicht in deinen Wegen. So setze nun einen König über uns, der uns richte, wie ihn alle Heiden haben. Das missfiel Samuel, dass sie sagten: Gib uns einen König, der uns richte. Und Samuel betete zum Herrn. Der Herr aber sprach zu Samuel: Gehorche der Stimme des Volks in allem, was sie zu dir gesagt haben; denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen, dass ich nicht mehr König über sie sein soll. Sie tun dir, wie sie immer getan haben von dem Tage an, da ich sie aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, dass sie mich verlassen und andern Göttern gedient haben. So gehorche nun ihrer Stimme. Doch warne sie und verkünde ihnen das Recht des Königs, der über sie herrschen wird.

Und Samuel sagte alle Worte des Herrn dem Volk, das von ihm einen König forderte, und sprach: Das wird des Königs Recht sein, der über euch herrschen wird: Eure Söhne wird er nehmen für seinen Wagen und seine Gespanne, und dass sie vor seinem Wagen her laufen, und zu Hauptleuten über tausend und über fünfzig, und dass sie ihm seinen Acker bearbeiten und seine Ernte einsammeln, und dass sie seine Kriegswaffen machen und was zu seinen Wagen gehört. Eure Töchter aber wird er nehmen, dass sie Salben bereiten, kochen und backen. Eure besten Äcker und Weinberge und Ölgärten wird er nehmen und seinen Großen geben. Dazu von euren Kornfeldern und Weinbergen wird er den Zehnten nehmen und seinen Kämmerern und Großen geben. Und eure Knechte und Mägde und eure besten Rinder und eure Esel wird er nehmen und in seinen Dienst stellen. Von euren Herden wird er den Zehnten nehmen, und ihr müsst seine Knechte sein. Wenn ihr dann schreien werdet zu der Zeit über euren König, den ihr euch erwählt habt, so wird euch der Herr zu derselben Zeit nicht erhören. Aber das Volk weigerte sich, auf die Stimme Samuels zu hören, und sie sprachen: Nein, sondern ein König soll über uns sein, dass wir auch seien wie alle Heiden, dass uns unser König richte und vor uns her ausziehe und unsere Kriege führe!"
Altes Testament I. Samuel 8:5-20

Er lebte in Rama im Hügelland von Ephrain von 1020 bis 1110 vor Christus und war viele Jahre lang als Oberhaupt und Rechtsgelehrter beim Volk hoch geachtet. (Siddiqi)

518. Die Leute baten Samuel. einen König für sie einzusetzen, weil sie hofften, dieser werde sie aus ihrer üblen Lage befreien während es ihnen in Wirklichkeit am Geist der Einheit und Disziplin mangelte sowie an der Bereitschaft, für die Sache Allahs zu kämpfen. (Juusuf ‘Allii)

519. Wörtlich: Er sagte. (Anm. d. Übers.)

520. Die Lehre die wir dieser Erzählung aus der Geschichte der Kinder Israa'iils entnehmen können ist, dass das standhafte Durchhalten einer Handvoll Muslime ihnen ungeheuren Nutzen und großartige Ergebnisse gebracht hat. So wandelte sich ihre Lage die bis dahin von Erniedrigung und Verachtung geprägt gewesen war, zu einer der Macht und des Ansehens, so dass ihnen als Frucht ihrer Rückkehr zu tiefen Imaan der Sieg zuteil wurde. (Qutb)

521. Wer die Wahrheit von der Lüge wohl zu unterscheiden weiß und trotzdem seiner Pflicht, das Gute gegen das Böse zu verteidigen, nicht nach kommt, begeht ein großes Unrecht. (Qutb).

522. Im Alten Testament sagen die Ältesten der Kinder Israa'iils zu Samuel: ,,Siehe, du bist nun alt geworden... so setze denn einen König über uns ein:" (I. Samuel 8:5). In der Bibel kommt klar zum Ausdruck, dass Allah über die Forderung der Kinder Israa'iils erzürnt war, denn in I. Samuel 8:7 heißt es: "Jahwe aber sagte zu Samuel: "Gib der Stimme des Volkes Gehör in allem, was sie begehren; sie haben ja nicht dich verworfen. sondern mich haben sie verwarfen, dass ich nicht mehr König über sie sei." Samuel begriff sehr wohl, dass die Israeliten nicht deshalb Feigheit vor ihren Feinden an den Tag legten, weil sie keinen starken Anführer hatten, der ihnen Befehle erteilt hätte, sondern dass diese Feigheit ihre Wurzeln in ihrer Angst vor dem Tod und in ihrer großen Liebe zum Leben in dieser Welt und den irdischen Freuden hatte. Darum erinnerte er sie daran, dass sie sich davor hüten sollten, nicht zu ihrem Wort zu stehen. (Siddiqi)

 

247. Und ihr Prophet sagte zu ihnen: "Wahrlich, Allah hat bereits Taaluut zum König über euch eingesetzt.,,523 Da fragten sie524: "Wie kann ihm die Herrschaft über uns zustehen, wo wir doch das (größere) Anrecht auf die Herrschaft haben als er525 und ihm nicht genügend Besitz gegeben ist?" Er sagte: "Wahrlich, Allah hat ihn vor euch auserwählt und hat ihn reichlich an Wissen und körperlichen Vorzügen526 gemehrt.527 Und Allah gibt Seine Herrschaft wen Er will." Und Allah ist allumfassend, wissend.

523. Allah kam den Forderungen der Israa'iiliten nach einen König für sie zu erwählen und so wurde Saul Taaluut, siehe auch Altes Testament I. Samuel 9. 10) auf Befehl Allahs zu ihrem Oberhaupt erkoren, wie vordem Haruun, Daawuud und Isa, Friede sei mit ihnen allen. (Siddiqi)

524. Wörtlich: Sie sagten. (Anm. d. Übers.) 

525. Da die Herrschaftsgewalt Allahs alleiniges Eigentum ist. besitzt Er allein darüber freies Verfügungsrecht. Somit kann Er auserwählen wen Er will, denn Er ist es auch, Der weiß, wie die Dinge am rechten Ort und zur rechten Zeit bestellt sein müssen. (Qutb)

526. Wörtlich: Körper, Leib. (Anm. d. Übers.)

527. Die Juden erhoben Einwände gegen die Herrschaft Taaluuts, weil er nicht über Reichtum verfügte. Die Antwort Allahs ist: "Wenn er nicht reich an Besitz ist, so haben Wir ihn doch reich gemacht an Stärke und Wissen; er ist euch sowohl geistig wie körperlich überlegen." (Darjabaadi)

 

248. Und ihr Prophet sagte zu ihnen: "Wahrlich, ein Zeichen für seine (rechtmäßige) Herrschaft528 soll sein, dass die Bundeslade529 zu euch (zurück) kommen wird; darin ist Frieden530 von eurem Herrn und ein Vermächtnis von dem, was die Nachkommen von Muusa und die Nachkommen von Haruun hinterlassen haben. Sie wird getragen von Engeln. Wahrlich, darin ist ein Zeichen für euch, wenn ihr Mu´mins seid."

528. Die Feinde der Kinder Israa'iils raubten ihnen nach ihrer Unterwerfung ihre Heiligtümer, darunter auch die Bundeslade. Die Rückkehr der Lade mit ihrem Inhalt, von Engeln getragen, stellte ein großes Wunder dar, das den Israa'iiliten Zuversicht und Sicherheit in ihrem Kampf gegen ihre Feinde verleihen sollte. Wie ihnen ihr Prophet sagte, war dieses Wunder auch ein Beweis für die Richtigkeit der Auserwählung Taaluuts zu ihrem König. (Qutb)

529. Obwohl sich in der Bibel eine in manchem etwas vom Qur’an abweichende Darstellung findet über die Bundeslade, können wir doch viel aus ihr lernen. Die Israa'iiliten hielten die Bundeslade für sehr heilig. Sie glaubten, dass mit ihrer Hilfe Allah zu uns kommen und uns aus der Gewalt der Feinde befreien werde. Darum verlieh ihnen die Rückkehr der Lade Frieden und Mut. Die Bundeslade enthielt die geheiligten Vermächtnisse des Hauses Muusas und Haruuns, Allahs Segen und Frieden auf ihnen beiden, nämlich unter anderem Fragmente der Steintafeln mit den Geboten, die Muusas am Berg Sinai empfangen hatte, sowie ein Original der Thora, das unter der Anleitung von Muusa, Allahs Segen und Frieden auf ihm, niedergeschrieben und den Leviten übergeben worden war. Die Lade war von den Philistern erobert worden, doch flößte sie ihnen solche Furcht ein, dass sie, sie schließlich, auf einen Karren gebunden von zwei Milchkühen gezogen, zu den Israeliten zurücksandten. Da sie ohne Wagenlenker zurückkehrte, wurde sie offensichtlich auf Anweisung Allahs von Engeln in die Richtung der Kinder Israels geleitet. (Mauduudi)

530 Asad übersetzt statt "... dass die Bundeslade zu euch (zurück) kommen wird; darin ist Frieden..."; "...dass euch ein Herz gegeben wird, das von eurem Erhalter mit innerem Frieden ausgestattet ist...". Er stützt sich dabei auf Baidawi und Samasari. "Sakina" سَكِينَة bedeutet Sicherheit, Ruhe, Frieden. (Juusuf ' Allii)

 

Abschnitt 33

249. Und als Taaluut mit den Heerscharen auszog, sagte er: "Wahrlich, Allah wird euch an einem Fluss prüfen.531 Wer aus ihm trinkt, gehört nicht zu mir, und wer nicht davon kostet, der gehört wahrlich zu mir, außer dem, der (nicht mehr als) eine Handvoll mit seiner Hand (daraus) schöpft." Und sie tranken (alle) davon außer einigen wenigen von ihnen.532 Und als sie den Fluss überquert hatten, er und diejenigen, die mit ihm den Imaan verinnerlicht haben waren, sagten sie: "Wir haben heute keine Kraft gegen Dschaaluut und seine Heerscharen." Doch diejenigen, die dessen eingedenk waren, dass sie Allah (dereinst) begegnen werden, sagten: "Wie oft hat nicht eine geringe Schar über eine große Schar gesiegt mit Ermächtigung Allahs. Und Allah ist mit den Geduldigen.533

531. Hier wird die Weisheit Allahs sichtbar, Der diesen Mann zum Anführer auserwählte. Taaluut war sich darüber im klaren, dass er hei einem derart ungleichen Kampf über verborgene Kräfte verfügen musste, die, die sichtbare Übermacht des Gegners überstiegen. Er wusste, das solche Kräfte nur in einem starken Willen begründet sein konnten, der imstande war, über Begierden den Sieg davonzutragen und Mühsal und Beschwerlichkeiten geduldig hinzunehmen. So wählte er die Prüfung mit dem Trinken aus, um die Willensstarken von den Wankelmütigen und Schwachen zu trennen. (Qutb)

532. Bei dem Fluss kann es sich um den Jordan oder einen anderen Strom oder Bach gehandelt haben, den Taaluut mit dem israelitischen Heer überqueren musste. Da er um die schlechte Disziplin der Truppen wusste, suchte er durch diese Prüfung die Zuverlässigen von den Unzuverlässigen, die Tapferen von den Feiglingen zu trennen. Es liegt auf der Hand, dass diejenigen, die ihren Durst nicht einmal für eine kurze Weile zu ertragen vermochten, nicht vertrauenswürdig waren angesichts eines Feindes, dem sie schon einmal unterlegen waren. (Mauduudi)

533 Selbst unter der kleinen Schar, die Taaluut die Treue gehalten hatte, waren einige, die durch die große Zahl der Feinde und die Größe und Kraft des gegnerischen Anführers Dschaaluut in Angst und Schrecken versetzt wurden. Doch befand sich darunter eine ganz kleine Gruppe, die fest entschlossen war, allen Gefahren gefasst entgegenzusehen, denn sie hatte vollkommenes Vertrauen in Allah und in die Sache, für die sie zu kämpfen hatte. Sie hatte sich dafür entschieden, standhaft zu bleiben und Allah um Hilfe anzuflehen. Unter ihnen befand sich auch Daawuud siehe Aja 251. (Juusuf ‘Allii)

 

250. Und als sie gegen Dschaaluut und seine Heerscharen in den Kampf zogen, beteten sie.534 "Unser Herr, wappne uns mit Geduld und festige unsere Schritte und hilf uns gegen das Volk der Kaafir."535

534. Wörtlich: sagten sie. (Anm. d. Übers.)

535. Man beachte die wunderschöne Anordnung des Gebets. Standhaftigkeit des Herzens wird zuerst erfleht, dann ein gefestigter Schritt und schließlich der Sieg über die Feinde. (Siddiqi)

Noch eine weitere Prüfung war notwendig, um eine wirklich zuverlässige Gruppe von Mu´mins herauszuschälen, die sich nach nichts anderem als dem Ratschluss Allahs richteten. Diese kleine Gruppe von geduldigen, gefestigten und zuversichtlichen Mu´mins, die weder Furcht noch Angst vor der übermacht des Gegners zeigte, obwohl sie schwach und in der Minderzahl war, konnte über Sieg oder Niederlage entscheiden. Denn sie bezog ihre Kraft aus dem unerschütterlichen Imaan an Allah und aus ihrem Vertrauen darauf, dass Allah den geduldigen Mu´mins beistehen wird. (Qutb)

 

251. Und sie schlugen sie mit Ermächtigung Allahs, und Daawuud536 erschlug Dschaaluut und Allah gab ihm (die) Herrschaft und (die) Weisheit und Er lehrte ihn, was (immer) Er wollte.537 Und wenn Allah nicht die Menschen in Zaum halten würde, die einen durch die anderen, dann wäre die Erde wahrhaftig von Unheil erfüllt.538 Doch Allah ist voll der Güte gegen alle Welt.

536. "Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, dass der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht. So überwand David den Philister mit Schleuder und Stein und traf und tötete ihn. David aber hatte kein Schwert in seiner Hand. Da lief er hin und trat zu dem Philister und nahm dessen Schwert und zog es aus der Scheide und tötete ihn vollends und hieb ihm den Kopf damit ab. Als aber die Philister sahen, dass ihr Stärkster tot war, flohen sie. Und die Männer Israels und Judas machten sich auf, erhoben das Kampfgeschrei und jagten den Philistern nach, bis nach Gat und bis an die Tore Ekrons. Und die Philister blieben erschlagen liegen auf dem Wege von Schaarajim bis nach Gat und Ekron."

König David (1013-973 vor Christus). Siehe Altes Testament I Samuel 17:49-52. (Darjabaadi)

537. Hier wird die ganze Geschichte in wenigen Worten zusammengefasst, während die daraus zu ziehenden Lehren von zahlreichen Gesichtspunkten aus beleuchtet werden. Im Alten Testament werden uns viele Einzelheiten berichtet, während über die allgemeingültige Wahrheit nur wenig gesagt wird. Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war ein ganz einfacher junger Bursche ohne Waffen und Rüstung. Selbst im Lager der Israa'iliten war er kaum bekannt und Dschaaluut machte sich über ihn lustig. Selbst sein eigener älterer Bruder schalt ihn, weil er seine Schafe verlassen hatte, denn oberflächlich besehen war er nichts weiter als ein armer Schafhirte, sein Imaan aber machte ihn zu einem mehr als würdigen Gegner der Heerscharen der Philister. Als Taaluut ihm seine eigenen Waffen und Rüstung anbot, lehnte der junge Held dies ab, denn er war nicht vertraut im Umgang mit ihnen, während er seine Steinschleuder wohl zu gebrauchen wusste. Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, suchte fünf Kieselsteine aus und schoss sie so geschickt mit seiner Schleuder ab, dass er Dschaaluut zu Boden streckte. Dann hob er Dschaaluuts eigenes Schwert auf und erschlug ihn damit. Dies erschreckte die Armee der Philister derart, dass sie die Flucht ergriffen, verfolgt und niedergemacht wurde.

Abgesehen von der wichtigsten Lehre, dass es nämlich sofern wir unseren Fortbestand als Nation und unseren Imaan erhalten wollen unsere Pflicht ist, mutig und standhaft zu kämpfen, enthält die Geschichte Daawuuds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, noch andere Lehren.

1) Es sind nicht Zahlen, sondern Imaan, Entschlossenheit und der Segen Allahs, die zählen;

2) Größe und Kraft sind bedeutungslos im Vergleich zu Wahrhaftigkeit, Mut und vorsichtiger Planung;

3) der Held setzt seine eigenen Waffen ein und die, die erreichbar sind für ihn zur gegebenen Zeit und am entsprechenden Ort, auch wenn die Leute sich deshalb über ihn lustig machen;

4) wenn Allah mit uns ist, können die Waffen des Feindes ein Instrument zu seiner eigenen Zerstörung werden;

5) Charakterstärke setzt sich gegen alle Gefahren durch und flößt auch den zögernden Freunden Mut ein;

6) reiner Imaan bringt den Lohn Allahs mit sich, der sich in vielfältiger Form zeigen kann; in Daawuuds, Allahs Segen und Frieden auf ihm, Fall waren es Herrschaftsgewalt, Weisheit und andere Gaben, denn Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, war nicht nur Schafhirte, Krieger, König, Weiser und Prophet, sondern er war auch mit Talenten auf dem Gebiet der Dichtkunst und des Musizierens begabt. (Juusuf 'Allii)

538. Dawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm, ein kleiner Junge aus dem Volke Israa'iil, war von Allah dazu ausersehen worden, dem Tyrannen Dschaaluut den Untergang zu bereiten. Damit zeigte Allah den Menschen, dass mit Seinem Willen das schier unmöglich Erscheinende hier der Sieg des kleinen Daawuud, Allahs Segen und Frieden auf ihm,  über den Riesen Dschaaluut, oder allgemeiner, der Sieg über starke Machthaber möglich wird. An dieser Erzählung wird klar, dass Allah dem Bösen immer wieder das Gute entgegenstellt und so dafür sorgt, dass die Welt nicht völlig aus den Fugen gerät. (Qutb)

Hier wird uns in knappen Worten das islamische Geschichtskonzept nahe gebracht. Kein Volk und keine Rasse oder Gruppe von Menschen kann auf unbegrenzte Zeit andere Völker beherrschen. Immer wieder geht die Macht an andere über, damit sie unter Beweis stellen können, ob sie ihrer würdig sind. Sie behalten die Zügel der Macht für eine gewisse Zeit in Händen, doch wenn ihre schöpferischen Fähigkeiten dahinschwinden und sie sich zu Tyrannen entwickeln, dann wird ihnen die Macht entrissen und einem anderem Volk zuteil. Es stellt eigentlich eine große Gnade Allahs dar, dass Er die Herrschaftsgewalt zu etwas Vorübergehendem gemacht hat für jedes Volk und nicht zu einem ständigen, ewigwährenden Vorrecht. Wäre es so, dann wäre die Erde zum Brutplatz von Korruption und Unterdrückung geworden. Das Konzept des Aufstiegs und Niedergangs von Völkern erklärt auch die Rolle des Dschihaad im Islam. Der Menschheit wird ausdrücklich gesagt, dass jede Anstrengung, die unternommen wird, um korrupte Leute von den Hebeln der Macht zu entfernen und Mutaqi an ihre Stelle zu setzen, geistige Dimensionen besitzt und Allahs Lohn nach sich zieht. (Siddiqi)

 

252. Dies sind die Zeichen Allahs. Wir lesen sie dir in Wahrheit vor. Und wahrlich, du bist einer der (von Allah) Gesandten.539                              

539. "Einer der (von Allah) Gesandten," hier kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Prophet ein von Allah zu den Menschen Entsandter ist und keineswegs eine Art Halbgott oder eine Inkarnation Allahs. (Darjabaadi)

Allah erzählt Seinem Gesandten, dem Letzten in der Reihe der Propheten, diese Geschichte, um ihn mit den Erfahrungen der Menschheit seit ihrer Entstehung vertraut zu machen. (Qutb)